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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1700323) Verfasst am: 30.10.2011, 01:17 Titel: |
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Also, erst mal möchte ich Dich fragen, warum Du meine moralische / ethische Position so genau prüfen willst? Ich meine, das hat doch erstens mit diesem Thread nichts zu tun und zweitens bin ich nur irgend ein Idiot im Internet, der zufällig in diesem Thread postet. Was bringt Dir das?
Aber egal, ich will Dir dennoch Deine Fragen beantworten, obgleich, und das ist vielleicht wichtig, ich mir keineswegs sicher über meine ethische / moralische Position bin, die ist im Wandel. Dennoch aber kann ich andere Positionen wie die von Harris kritisieren, denn das ist auf jeden Fall nicht die Position, die ich befürworten kann.
Nun gut.
Myron hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: |
Meiner Meinung nach gibt es keine (und kann es auch keine) Definition von "gut" geben. Entweder weißt Du, was ich meine, wenn ich "gut" sage oder Du weißt es nicht. "Gut" ist einfach ein grundlegender Begriff, der auf nichts anderes zurückgeführt werden kann. |
Das ist auch die Meinung von G. E. Moore und der ethischen Intuitionisten, welche allerdings an das Bestehen objektiver moralischer Wahrheiten/Tatsachen glauben. Der ethische Intuitionismus heißt so, weil seine Anhänger glauben, dass die grundlegenden moralischen Wahrheiten/Tatsachen von geistig reifen und gesunden Personen intuitiv erkannt werden können, weil sie selbstverständlich oder unmittelbar einleuchtend (selbstevident) sind. |
Ich bin eher kein moralischer Intuitionist, ich bin Pragmatiker. Ich weiß nicht, wer eine "geistig reife und gesunde Person" ist und solange ich das nicht weiß, (und das nicht hinreichend prüfen / feststellen kann), finde ich diese Einstellung wenig fruchtbringend.
Ich sehe auch keinen per se einleuchtenden Grund, warum nicht zwei Menschen, die beide geistig reif und gesund sind, zu unterschiedlichen moralischen Bewertungen kommen können. Dann zu sagen, der eine der beiden müsse entweder nicht geistig reif oder nicht gesund sein kommt mir vor wie eine petitio principii.
Allerdings auf der anderen Seite gibt es vielleicht noch ein kleines Missverständnis: ich behaupte ja gar nicht, dass es keine grundlegenden moralischen Wahrheiten / Tatsachen geben könne, die gibt es meiner Ansicht nach zumindest in extremen Fällen: es ist moralisch falsch, (und das ist wahr, eine Tatsache), einen Menschen zu versklaven oder einen Menschen just for fun zu foltern.
Das Problem für mich ergibt sich erst, wenn man keine Extremfälle betrachtet, sondern solche, bei denen es unterschiedliche Auffassungen gibt, die von ähnlichen Grundlagen (denen von Menschen - eine Ethik der Borg oder dergleichen interessiert mich hier nicht) ausgehen, aber diese anders bewerten. Ich glaube, in dem Falle gibt es keine letztliche Wahrheit der einen oder anderen Auffassung und in dem Sinne bin ich moralischer Relativist.
Myron hat folgendes geschrieben: | Apropos Definition, wie wär's mit dieser:
"X ist (moralisch) gut"
=def
"X hat empfehlens-, lobens- oder wünschenswerte Eigenschaften oder Folgen"
("X" bezieht sich entweder auf handelnde Personen oder deren Handlungen.) |
Damit bin ich nicht einverstanden, das kommt mir zirkulär vor. Etwas ist nur dann empfehlens-, lobens- oder wünschenswert!, wenn es gut ist. Und also muss man wieder wissen, was "gut" bedeutet, bevor man das bewerten kann.
Zuletzt bearbeitet von AgentProvocateur am 30.10.2011, 01:18, insgesamt einmal bearbeitet |
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Myron Pansomatist
Anmeldungsdatum: 01.07.2007 Beiträge: 3625
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(#1700325) Verfasst am: 30.10.2011, 01:18 Titel: |
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Gensler erwähnt die vier ersten Phasen ethischer Entwicklung, wie sie von Lawrence Kohlberg gesehen werden:
"1. Punishment/obedience: 'bad' is what brings punishment.
2. Rewards: 'good' is what brings you what you want.
3. Parental approval: 'good' is what pleases Mommy and Daddy.
4. Social approval: 'good' is what is socially approved."
———
"1. Bestrafung/Gehorsam: Schlecht ist, was zu Bestrafungen führt.
2. Belohnungen: Gut ist, wodurch ich bekomme, was ich will.
3. Elterliche Billigung: Gut ist, was Mami und Papi zufriedenstellt.
4. Gesellschaftliche Billigung: Gut ist, was gesellschaftlich gebilligt wird."
[© meine Übers.]
(Gensler, Harry J. Ethics: A Contemporary Introduction. 2nd ed. New York: Routledge, 2011. p. 14)
Phase 5 ist dann wohl (als höchster intellektueller Reifegrad):
5. Selbstständiges ethisches Nachdenken, unabhängige Gebrauchmachung von der sittlichen Vernunft: moralphilosophische Bestimmung des Guten.
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Myron Pansomatist
Anmeldungsdatum: 01.07.2007 Beiträge: 3625
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(#1700341) Verfasst am: 30.10.2011, 02:47 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Also, erst mal möchte ich Dich fragen, warum Du meine moralische / ethische Position so genau prüfen willst? Ich meine, das hat doch erstens mit diesem Thread nichts zu tun und zweitens bin ich nur irgend ein Idiot im Internet, der zufällig in diesem Thread postet. Was bringt Dir das? |
Es ist mir lediglich darum gegangen klarzustellen, was der (nichtdeskriptive) moralische Relativismus beinhaltet.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: |
Ich weiß nicht, wer eine "geistig reife und gesunde Person" ist und solange ich das nicht weiß, (und das nicht hinreichend prüfen / feststellen kann), finde ich diese Einstellung wenig fruchtbringend. |
Psychologisch lässt sich das grundsätzlich schon feststellen.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: |
Ich sehe auch keinen per se einleuchtenden Grund, warum nicht zwei Menschen, die beide geistig reif und gesund sind, zu unterschiedlichen moralischen Bewertungen kommen können. Dann zu sagen, der eine der beiden müsse entweder nicht geistig reif oder nicht gesund sein kommt mir vor wie eine petitio principii. |
Das ist ein gewichtiger Einwand gegen den Intuitionismus. Denn auch die Intuitionisten streiten darüber, welche vermeintlichen moralischen Intuitionen wirklich wahr sind und welche nicht.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: |
Allerdings auf der anderen Seite gibt es vielleicht noch ein kleines Missverständnis: ich behaupte ja gar nicht, dass es keine grundlegenden moralischen Wahrheiten / Tatsachen geben könne, die gibt es meiner Ansicht nach zumindest in extremen Fällen: es ist moralisch falsch, (und das ist wahr, eine Tatsache), einen Menschen zu versklaven oder einen Menschen just for fun zu foltern. |
Das macht dich zu einem moralischen Realisten (und damit auch zu einem moralischen Kognitivisten).
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: |
Das Problem für mich ergibt sich erst, wenn man keine Extremfälle betrachtet, sondern solche, bei denen es unterschiedliche Auffassungen gibt, die von ähnlichen Grundlagen (denen von Menschen - eine Ethik der Borg oder dergleichen interessiert mich hier nicht) ausgehen, aber diese anders bewerten. Ich glaube, in dem Falle gibt es keine letztliche Wahrheit der einen oder anderen Auffassung und in dem Sinne bin ich moralischer Relativist. |
Ich bezweifle, dass man stimmigerweise sowohl moralischer Realist als auch moralischer Relativist sein kann.
Denn Ersterer meint, dass es moralische Wahrheiten/Tatsachen an sich gibt, die mehr sind als nur "Wahrheiten"/"Tatsachen" für mich/uns/eine bestimmte Gruppe oder Gesellschaft. (Ich verwende Anführungszeichen, weil der Begriff einer Wahrheit/Tatsache für X eigentlich ein Unbegriff ist bzw. mit dem Begriff des Fürwahrhaltens identisch ist.)
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: |
Myron hat folgendes geschrieben: |
"X ist (moralisch) gut"
=def
"X hat empfehlens-, lobens- oder wünschenswerte Eigenschaften oder Folgen"
("X" bezieht sich entweder auf handelnde Personen oder deren Handlungen.) |
Damit bin ich nicht einverstanden, das kommt mir zirkulär vor. Etwas ist nur dann empfehlens-, lobens- oder wünschenswert!, wenn es gut ist. Und also muss man wieder wissen, was "gut" bedeutet, bevor man das bewerten kann. |
Wenn man
"X hat empfehlens-, lobens- oder wünschenswerte Eigenschaften oder Folgen"
als
"X hat Eigenschaften oder Folgen, die es verdienen, empfohlen, gelobt oder gewünscht zu werden"
definiert, dann schwindet der Anschein der Zirkularität, findest du nicht?
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1700364) Verfasst am: 30.10.2011, 10:38 Titel: |
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Myron hat folgendes geschrieben: | Ich bezweifle, dass man stimmigerweise sowohl moralischer Realist als auch moralischer Relativist sein kann.
Denn Ersterer meint, dass es moralische Wahrheiten/Tatsachen an sich gibt, die mehr sind als nur "Wahrheiten"/"Tatsachen" für mich/uns/eine bestimmte Gruppe oder Gesellschaft. |
Sehe ich ebenso. Wir hatten allerdings zu Beginn eine Diskussion über die Ansicht, es gebe zwar keine absolute (quasi vorgegebene) Moral, jedoch für jede Gruppe eine optimale, die sich aus ihrem jeweiligen Sein ableite. Anhänger dieser Meinung wären dann je nach Sichtweise moralische Relativisten oder Realisten.
Myron hat folgendes geschrieben: | Wenn man
"X hat empfehlens-, lobens- oder wünschenswerte Eigenschaften oder Folgen"
als
"X hat Eigenschaften oder Folgen, die es verdienen, empfohlen, gelobt oder gewünscht zu werden"
definiert, dann schwindet der Anschein der Zirkularität, findest du nicht? |
Auch hier stimme ich Dir zu, ich finde die Definition nicht zirkulär, was man besser sieht, wenn man das "verdienen" klarer auf die Gesellschaft bezieht oder gleich ganz wegläßt:
"Eine Handlung wird "gut" genannt, wenn sie von der Allgemeinheit gewünscht wird."
Myron hat folgendes geschrieben: | Gensler erwähnt die vier ersten Phasen ethischer Entwicklung, wie sie von Lawrence Kohlberg gesehen werden:
... "1. Bestrafung/Gehorsam: Schlecht ist, was zu Bestrafungen führt.
2. Belohnungen: Gut ist, wodurch ich bekomme, was ich will.
3. Elterliche Billigung: Gut ist, was Mami und Papi zufriedenstellt.
4. Gesellschaftliche Billigung: Gut ist, was gesellschaftlich gebilligt wird."
[© meine Übers.]
(Gensler, Harry J. Ethics: A Contemporary Introduction. 2nd ed. New York: Routledge, 2011. p. 14) |
Ich bezweifle, daß (1.) und (2.) unbedingt die ersten Phasen der Moralität darstellen müssen.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Arno Gebauer registrierter User
Anmeldungsdatum: 30.01.2005 Beiträge: 698
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(#1700559) Verfasst am: 30.10.2011, 18:29 Titel: |
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Hallo,
"Kann Wissenschaft moralische Fragen beantworten?"
Das ist nicht die Aufgabe der Wissenschaft.
Moral ist eine Wichtigtuerei des Menschen vor der Natur.
Solche Vorhaben maßen sich immer nur die Religionen an!
Die Moral des Christentums ist das größte Kapitalverbrechen am Leben ! ( F. Nietzsche )
Viele Grüße
Arno
_________________ Trennung von Staat und Kirche !
Die geistigen Brandstifter des Holocausts waren die Kirchen! Sie haben viele Jahrhunderte lang gegen die Juden gehetzt!
Nie mehr Zeit und Geld für reiche Kirchen!!!!
Keine Kinder mehr in Kirchenhände!
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Tom der Dino registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.07.2011 Beiträge: 3949
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(#1700568) Verfasst am: 30.10.2011, 18:51 Titel: |
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Arno Gebauer hat folgendes geschrieben: | Hallo,
"Kann Wissenschaft moralische Fragen beantworten?"
Das ist nicht die Aufgabe der Wissenschaft.
Moral ist eine Wichtigtuerei des Menschen vor der Natur.
Solche Vorhaben maßen sich immer nur die Religionen an!
Die Moral des Christentums ist das größte Kapitalverbrechen am Leben ! ( F. Nietzsche )
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Also sollte der Mensch aufhören wichtigzutun und lieber der Natur folgen? Was bedeutet das? Was sagt denn die Natur? Und was wäre das anderes als eine wissenschaftlich begründete Moral?
_________________ Am Anfang war ......das Experiment.
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Myron Pansomatist
Anmeldungsdatum: 01.07.2007 Beiträge: 3625
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(#1700575) Verfasst am: 30.10.2011, 19:02 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: |
Myron hat folgendes geschrieben: | Gensler erwähnt die vier ersten Phasen ethischer Entwicklung, wie sie von Lawrence Kohlberg gesehen werden:
... "1. Bestrafung/Gehorsam: Schlecht ist, was zu Bestrafungen führt.
2. Belohnungen: Gut ist, wodurch ich bekomme, was ich will.
3. Elterliche Billigung: Gut ist, was Mami und Papi zufriedenstellt.
4. Gesellschaftliche Billigung: Gut ist, was gesellschaftlich gebilligt wird."
[© meine Übers.]
(Gensler, Harry J. Ethics: A Contemporary Introduction. 2nd ed. New York: Routledge, 2011. p. 14) |
Ich bezweifle, daß (1.) und (2.) unbedingt die ersten Phasen der Moralität darstellen müssen. |
Man kann bei 1 und 2 von elementarer ethischer Konditionierung sprechen, wie man sie auch bei den Menschenaffen und deren Umgang mit ihrem Nachwuchs findet. Moralphilosophische Diskussionen führen bei Kleinkindern nicht weit.
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Mahone registrierter User
Anmeldungsdatum: 22.12.2008 Beiträge: 842
Wohnort: Munich
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(#1700578) Verfasst am: 30.10.2011, 19:20 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Myron hat folgendes geschrieben: | Dem moralischen Relativismus nach bedeutet "gut" "gesellschaftlich gutgeheißen"; und Aussagen darüber, was in welcher Gesellschaft gutgeheißen wird und was nicht, haben durchaus einen Wahrheitswert. |
Nö, ich glaube, ich habe ziemlich gut erklärt, was ich unter moralischem Relativismus verstehe:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | "Es gibt moralische Meinungsunterschiede zwischen Menschen aus einer oder aus verschiedenen Gesellschaften, die weder durch Verweis auf (moralische oder nicht-moralische) Tatsachen noch durch rationale und vollständige Argumentation überwunden werden können." |
Mag ja sein, dass das nicht Deinem Begriff von moralischem Relativismus entspricht, dann bin ich eben nach Deinem Begriff von 'moralischem Relativismus' kein moralischer Relativist. Aber das ist mir völlig egal, ich bin einfach nur moralischer Relativist nach meinem Begriff und mehr muss ich auch nicht sein.
Ich finde es ehrlich gesagt ein bisschen unredlich, mir was anderes unterschieben zu wollen als das, was ich gesagt habe. |
Stimme ich zu,
ich hatte auch gerade was in dem anderem Thread geschrieben,
was hier vielleicht auch passt, also nochmal (leicht abgewandelt):
Mahone hat folgendes geschrieben: |
Um mal ein Beispiel zu bringen:
Ich könnte hier eine komplett sozialdarwinistische Gesellschaft postulieren,
in der jeder der zu schwach ist sich durch zu setzen einfach aussortiert wird.
Die, die überleben sind glücklich, und wer gekillt wird, ist einfach nicht mehr da,
und hat auch kene Schmerzen.
Nach ein paar Generationen hätten sich auch die Eltern,
daran gewöhnt, dass man zu einem schwächlicherem Kind eher weniger emotionale Beziehung aufbaut, und würden auch nicht sonderlich trauern.
Nach einer Weile hätte diese Gesellschaft Moralische Standards,
und wenn jemand mit sowas "irrationalem" wie "Minderheiten-Schutz" ankäme,
würde er nur verächtlich belächelt.
Also warum regeln wir die Gesellschaft nicht einfach so ?
Meiner Meinung ist es nun schon schwer ein dermassen bizarres Szenario,
als "objektiv" schlechtere Gesellschaft wirklich stichhaltig zu diskreditieren.
Wieso meinen dann Leute es ginge bei derart nuanciertem Themen
des Aufbaus unserer heutigen hochkomplexen Gesellschaft ?
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Allerdings gibt es auch durchaus viele Dinge die sich eben durch "Reduktion"
wie step es nannte, als Trugschlüsse entlarven lassen.
Es gibt sozusagen viele "Falsch" aber kein "Richtig".
Ich bin kein Mathematiker,
aber intuitiv erinnert es mich etwas an dieses Drei-Körper-Problem.
Zuviele Faktoren die sich gegenseitig beeinflussen,
als dass man die Gleichung sauber auflösen könnte.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1700583) Verfasst am: 30.10.2011, 19:30 Titel: |
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Myron hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Das Problem für mich ergibt sich erst, wenn man keine Extremfälle betrachtet, sondern solche, bei denen es unterschiedliche Auffassungen gibt, die von ähnlichen Grundlagen (denen von Menschen - eine Ethik der Borg oder dergleichen interessiert mich hier nicht) ausgehen, aber diese anders bewerten. Ich glaube, in dem Falle gibt es keine letztliche Wahrheit der einen oder anderen Auffassung und in dem Sinne bin ich moralischer Relativist. |
Ich bezweifle, dass man stimmigerweise sowohl moralischer Realist als auch moralischer Relativist sein kann.
Denn Ersterer meint, dass es moralische Wahrheiten/Tatsachen an sich gibt, die mehr sind als nur "Wahrheiten"/"Tatsachen" für mich/uns/eine bestimmte Gruppe oder Gesellschaft. |
Ich denke aber, man kann das stimmigerweise doch tun. Ich möchte nochmal auf mein o.g. Verständnis von moralischem <s>Realismus</s> Relativismus hinweisen:
"Es gibt moralische Meinungsunterschiede zwischen Menschen aus einer oder aus verschiedenen Gesellschaften, die weder durch Verweis auf (moralische oder nicht-moralische) Tatsachen noch durch rationale und verständige Argumentation überwunden werden können."
Wie oben schon gesagt, kann ich DMR und MMR insofern nicht unterschreiben, als diese nur von Meinungsunterschieden zwischen Gesellschaften ausgehen.
Die Kritik im SEP-Artikel daran teile ich: Gesellschaften / Gruppen sind nicht abgesondert, einheitlich und statisch und außerdem gehört man nicht nur einer Gruppe an, sondern meheren Gruppen.
Natürlich bin ich (und meine Werte / meine Moral) dadurch beeinflusst, welchen Gruppen ich angehöre, aber die Werte der Gruppen sind wiederum dadurch beeinflusst, dass ich ihnen angehöre. Und das ist nicht nur auf die Gruppen, denen ich angehöre, beschränkt, sondern meine Werte können auch durch Gruppen, denen ich nicht angehöre, beeinflusst werden.
Wenn Du mich unbedingt ein eine im SEP-Artikel passende Schublade stecken willst, dann wohl in diese: Mixed Positions: A Rapprochement between Relativists and Objectivists?.
Nochmal zum moralischen Realismus: ich denke nicht, dass es ausgeschlossen / unlogisch ist, sowohl zu meinen, es gäbe bestimmte moralischen Wahrheiten / Fürwahrhalten, insofern, als bestimmte moralische Praktiken als universell moralisch falsch angesehen werden, (z.B.: einen Menschen just for fun zu foltern), aber auch zu meinen, es könne dennoch moralische Fragen geben, bei denen es keine letztgültige einzig richtige Lösung gibt.
Ob Du das nun letztlich als moralischen Realismus oder Objektivismus oder Relativismus bezeichnen willst, ist vielleicht einfach Geschmackssache.
Und dann auch nochmal zur Frage der Defintion von "gut": ich möchte meine Behauptung, "gut" sei nicht definierbar, erst mal wieder zurückziehen, ich bin mir da gerade nicht mehr sicher. Aber eigentlich interessiert mich diese Frage im Moment auch nicht so besonders, sondern diese: was bedeutet es, wenn man etwas als "gut" bezeichnet?
Ich meine, das bedeutet nicht: 'it is habitual' und es bedeutet auch nicht: "gut ist, was von der Mehrheit gebilligt wird". Denn: die Fragen: "Ist das, was gewohnheitsmäßig getan macht, gut oder schlecht?" und "Ist das, was von der Mehrheit gebilligt wird, gut oder schlecht?" sind meiner Ansicht nach sinnvolle Fragen, (und das wären sie nicht, wenn sie Tautologien wären, wenn also "gut" einfach durch "habitual" oder durch "von der Mehrheit gebilligt" ersetzt werden könnte).
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Edit: durchgestrichen und kursiv.
Zuletzt bearbeitet von AgentProvocateur am 30.10.2011, 21:48, insgesamt einmal bearbeitet |
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1700584) Verfasst am: 30.10.2011, 19:33 Titel: |
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Mahone hat folgendes geschrieben: | Es gibt sozusagen viele "Falsch" aber kein "Richtig". |
Ja, was ich im Beitrag vorher mit mehr Worten ausdrücken wollte, könnte man auch so in kurz sagen.
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Myron Pansomatist
Anmeldungsdatum: 01.07.2007 Beiträge: 3625
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(#1700592) Verfasst am: 30.10.2011, 20:01 Titel: |
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Mahone hat folgendes geschrieben: |
Es gibt sozusagen viele "Falsch" aber kein "Richtig". |
Wenn es falsch ist, X zu tun/nicht zu tun, dann ist es richtig, X nicht zu tun/zu tun, und umgekehrt.
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Tom der Dino registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.07.2011 Beiträge: 3949
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(#1700595) Verfasst am: 30.10.2011, 20:07 Titel: |
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Mahone hat folgendes geschrieben: |
Um mal ein Beispiel zu bringen:
Ich könnte hier eine komplett sozialdarwinistische Gesellschaft postulieren,
in der jeder der zu schwach ist sich durch zu setzen einfach aussortiert wird.
Die, die überleben sind glücklich, und wer gekillt wird, ist einfach nicht mehr da,
und hat auch kene Schmerzen.
Nach ein paar Generationen hätten sich auch die Eltern,
daran gewöhnt, dass man zu einem schwächlicherem Kind eher weniger emotionale Beziehung aufbaut, und würden auch nicht sonderlich trauern.
Nach einer Weile hätte diese Gesellschaft Moralische Standards,
und wenn jemand mit sowas "irrationalem" wie "Minderheiten-Schutz" ankäme,
würde er nur verächtlich belächelt.
Also warum regeln wir die Gesellschaft nicht einfach so ?
Meiner Meinung ist es nun schon schwer ein dermassen bizarres Szenario,
als "objektiv" schlechtere Gesellschaft wirklich stichhaltig zu diskreditieren.
Wieso meinen dann Leute es ginge bei derart nuanciertem Themen
des Aufbaus unserer heutigen hochkomplexen Gesellschaft ?
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So schwer ist es nicht diese Gesellschaft zu diskreditieren. Wenn solch eine Gesellschaft stabil wäre, hätte sie sich mit einiger Wahrscheinlichkeit 1. entwickelt und 2. es würde sie noch geben. Der Umstand, dass eine solche Gesellschaft aber nicht existiert, lässt zumindest vermuten, Punkt 1. dass sie untergegangen ist, was für eine Gesellschaft nicht optimal ist , oder Punkt 2. dass es bessere Gesellschaftsformen gibt die ihr den Rang abliefen (letztendlich ist sie dann auch untergegangen)
Konkret an deinem Beispiel würde man kritisieren können, dass in dem Moment in dem Eltern keinen Schmerz mehr spüren, wenn ihre Kinder getötet werden, weil sie "zu schwach" sind, es weniger Antrieb gibt überhaupt auf Kinder zu achten oder sie zu bekommen. Interessanterweise hat die Natur unglaublich vielen verschiedenen Spezies einen Mutterinstinkt und Verhaltensweisen mitgegeben, die das Leben des Kindes höherbewerten als das jeweils eigene. (Insofern ist deine vorgeschlagene Gesellschaft eher antidarwinistisch ). Aber zurück zum Thema. Bevor der Beschützungsinstinkt abgeschafft wäre, würden sich Verbände formieren die in der Summe stärker sind, sodass es möglich ist, ihre Kinder zu schützen. Allein daraus folgen schon neue Gesellschaften. Innerhalb dieser Verbände kommt es zur Entwicklung größerer Solidarität. --> eine natürliche Entwicklung der Gesellschaft, weg von deiner vorgeschlagenen --> deine ist nicht optimal.
Wenn es nicht zu solchen Verbänden kommen würde, hättest du das Problem, dass die Bevölkerung nur sehr langsam, wenn überhaupt wächst. Andere noch existierende solidarischere Gesellschaften würden einfach aufgrund der Bevölkerungsentwicklung die Vorherrschaft gewinnen.
Ohne andere Gesellschaften und ohne Aufteilung bleibt deine vorgeschlagene Gesellschaft sehr klein und läuft Gefahr einfach auszusterben.
Falls es doch ein Szenario gibt, in dem diese Gesellschaft bevorteilt ist, fällt es mir im Moment nicht ein. Es gibt aber in jedem Fall einen Haufen objektiv bessere Gesellschaften. Deshalb ist deine nicht die optimale.
_________________ Am Anfang war ......das Experiment.
Zuletzt bearbeitet von Tom der Dino am 30.10.2011, 20:09, insgesamt einmal bearbeitet |
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Mahone registrierter User
Anmeldungsdatum: 22.12.2008 Beiträge: 842
Wohnort: Munich
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(#1700596) Verfasst am: 30.10.2011, 20:07 Titel: |
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Wenn man eine Sache nicht tut, gibt es noch tausend andere Sachen,
die man stattdessen tun könnte.
@Dino:
War mir klar.
Ich denke ich könnte da auch schon eine unangreifbare Gesellschaft zu konstruieren,
die unserem jetzigen Moralempfinden trotzdem sehr widerspricht. War bloss zu faul.
Den Punkt den ich dabei machen wollte versteht man, oder ?
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Tom der Dino registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.07.2011 Beiträge: 3949
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(#1700600) Verfasst am: 30.10.2011, 20:19 Titel: |
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Mahone hat folgendes geschrieben: | Wenn man eine Sache nicht tut, gibt es noch tausend andere Sachen,
die man stattdessen tun könnte.
@Dino:
War mir klar.
Ich denke ich könnte da auch schon eine unangreifbare Gesellschaft zu konstruieren,
die unserem jetzigen Moralempfinden trotzdem sehr widerspricht. War bloss zu faul.
Den Punkt den ich dabei machen wollte versteht man, oder ? |
Ja, den versteht man, ich wollte nur darauf hinaus, dass es objektive Faktoren gibt, die man zur Beurteilung einer Moral heranziehen kann und damit eine wissenschaftliche Begründung bekommt.
Ich formuliere es mal so. Das 3-Körper-Problem ist ein mathematisches. Es hindert aber die Natur nicht daran trotzdem 3 Körper miteinander wechselwirken zu lassen. Auch wenn es völlig chaotisch wird, wird es trotzdem.
Ich wäre dir sehr verbunden, wenn du eine unangreifbarere Gesellschaft konstruierst, die in Ihrer Ethik der unsrigen widerspricht. Daran könnte man dann auch testen ob und welche Kriterien noch für die Optimale Ethik heranzuziehen wären.
_________________ Am Anfang war ......das Experiment.
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Mahone registrierter User
Anmeldungsdatum: 22.12.2008 Beiträge: 842
Wohnort: Munich
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(#1700608) Verfasst am: 30.10.2011, 20:29 Titel: |
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Woah,
ich meine der grossen Sci-Fi Roman steht schon auch noch auf meiner To-Do-Liste,
aber da sitz ich schon noch ein bisschen dran.
Und "unangreifbar" ist hier eh niemand.
Wie war das inoffizielle FGH-Motto ?
"Haarespalten ist was für Grobmotoriker."
Aber deine Einwände kann man auch schon wieder gut relativieren.
Du argumentierst zum Beispiel recht evolutionär,
dass diese Gesellschaft nicht so erfolgreich wäre.
Gerade da könnte man sagen dass Viele das nicht mal subjektiv als sehr moralisch ansehen würden.
Aber darum gehts ja nicht mal.
Sagen wir einfach mal es gäbe so eine Gesellschaft, sie wäre stabil,
und ihre Mitglieder behaupten sie wären glücklich damit.
Wer könnte jetzt sagen sie wären uns moralisch unterlegen, und warum ?
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Myron Pansomatist
Anmeldungsdatum: 01.07.2007 Beiträge: 3625
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(#1700612) Verfasst am: 30.10.2011, 20:39 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: |
Ich denke aber, man kann das stimmigerweise doch tun. Ich möchte nochmal auf mein o.g. Verständnis von moralischem Realismus hinweisen:
"Es gibt moralische Meinungsunterschiede zwischen Menschen aus einer oder aus verschiedenen Gesellschaften, die weder durch Verweis auf (moralische oder nicht-moralische) Tatsachen noch durch rationale und verständige Argumentation überwunden werden können." |
Aber das ist doch nicht die Definition des moralischen Realismus.
Siehe: http://plato.stanford.edu/entries/moral-realism
Der moralische Realismus (MR) besteht in der Ansicht, dass es objektive moralische Tatsachen und Eigenschaften gibt, die weder gesellschafts- noch geistabhängig und damit keine konventionellen sozialen ("sozial konstruierten") Tatsachen sind.
Wenn man allerdings die Bedingung der Gesellschafts- und Geistunabhängigkeit fallen lässt, dann kann man den MR im engeren Sinn, den objektivistischen MR (OMR), von einem MR im weiteren Sinn, einem intersubjektivistischen MR (ISMR) abgrenzen, der das Vorhandensein moralischer Tatsachen postuliert, aber diese nicht als objektive natürliche oder nichtnatürliche Tatsachen, sondern als eine Art von sozialen (oder kulturellen) Tatsachen betrachtet, wobei diese konventioneller Natur sind, d.h. durch intellektuelle und soziale Aktivitäten "konstruiert" werden.
Zumindest der ISMR scheint mit dem Relativismus vereinbar zu sein, da Konventionen ja nicht per se global gelten.
CONSTRUCTIVISM IN METAETHICS: http://plato.stanford.edu/entries/constructivism-metaethics
Es scheint mir ziemlich schwierig zu sein, eine solche Mischposition stimmig auszuformulieren und ins theoretische Gleichgewicht zu bringen.
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Tom der Dino registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.07.2011 Beiträge: 3949
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(#1700614) Verfasst am: 30.10.2011, 20:40 Titel: |
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Mahone hat folgendes geschrieben: | Woah,
ich meine der grossen Sci-Fi Roman steht schon auch noch auf meiner To-Do-Liste,
aber da sitz ich schon noch ein bisschen dran.
Und "unangreifbar" ist hier eh niemand.
Wie war das inoffizielle FGH-Motto ?
"Haarespalten ist was für Grobmotoriker."
Aber deine Einwände kann man auch schon wieder gut relativieren.
Du argumentierst zum Beispiel recht evolutionär,
dass diese Gesellschaft nicht so erfolgreich wäre.
Gerade da könnte man sagen dass Viele das nicht mal subjektiv als sehr moralisch ansehen würden. | Warum? was ist denn unmoralisch an evolutionärer Moral? Oder versteh ich dich falsch? Letztendlich hat uns die Natur so gebaut (teleonomisch gemeint) dass wir mit unseren Lebensumständen glücklich sind. Die Liebe zu den eigenen Kindern ist bedingungslos und das erfahrene Glück so immens, weil die Evolution uns dahin gebracht hat. Glück ist ein Produkt der Evolution, wie sollte es auch anders sein.
Mahone hat folgendes geschrieben: | Aber darum gehts ja nicht mal.
Sagen wir einfach mal es gäbe so eine Gesellschaft, sie wäre stabil,
und ihre Mitglieder behaupten sie wären glücklich damit.
Wer könnte jetzt sagen sie wären uns moralisch unterlegen, und warum ? |
Die Stabilität einer Gesellschaft ist für mich eines der Hauptkriterien einer optimalen Gesellschaft. Indem du die Stabilität als Vorraussetzung implementierst, muss ich dir zustimmen bzw. ich kann dir nicht mehr widersprechen.
Ich muss dann allerdings davon ausgehen, dass es sich bei deiner Gesellschaft um eine andere Spezies handelt.
Außerdem bewerte ich hier keine Moral/Ethik. Das könnte ich nur vor dem Hintergrund meiner eigenen Moral und ich kann nicht einfach davon ausgehen, dass meine die optimale Moral ist.
_________________ Am Anfang war ......das Experiment.
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Myron Pansomatist
Anmeldungsdatum: 01.07.2007 Beiträge: 3625
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(#1700624) Verfasst am: 30.10.2011, 21:02 Titel: |
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Zurück zum eigentlichen Thema:
Die Wissenschaft kann zwar die Frage beantworten, welche psychosozialen Um- oder Zustände de facto der Gesundheit, dem Wohlbefinden, dem Glück, dem Frieden oder der Wohlfahrt zuträglich sind, aber sie kann die normative Ethik nicht durch bloße Tatsachenbeschreibungen ersetzen. Denn sie setzt ja voraus, dass es sich bei dem Erwähnten um Grundwerte handelt, deren Verwirklichung wünschens- und anstrebenswert ist.
Daraus, dass eine Handlung H die Folge F hat, kann man nicht unmittelbar ableiten, dass man die Handlung H ausführen soll.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1700627) Verfasst am: 30.10.2011, 21:07 Titel: |
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Myron hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Ich denke aber, man kann das stimmigerweise doch tun. Ich möchte nochmal auf mein o.g. Verständnis von moralischem Realismus hinweisen:
"Es gibt moralische Meinungsunterschiede zwischen Menschen aus einer oder aus verschiedenen Gesellschaften, die weder durch Verweis auf (moralische oder nicht-moralische) Tatsachen noch durch rationale und verständige Argumentation überwunden werden können." |
Aber das ist doch nicht die Definition des moralischen Realismus.
Siehe: http://plato.stanford.edu/entries/moral-realism |
Erst mal nur dazu: sorry, das war mein Fehler, ich meinte: moralischer Relativismus. (Bisher musste ich alle meine Postings nachträglich korrigieren, weil ich jedesmal "Realismus" statt "Relativismus" geschrieben hatte, weiß nicht wieso ).
Edit: ich habe das oben korrigiert, das ist sonst zu missverständlich.
Zuletzt bearbeitet von AgentProvocateur am 30.10.2011, 21:47, insgesamt einmal bearbeitet |
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Myron Pansomatist
Anmeldungsdatum: 01.07.2007 Beiträge: 3625
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(#1700631) Verfasst am: 30.10.2011, 21:22 Titel: |
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Myron hat folgendes geschrieben: |
Die Wissenschaft kann zwar die Frage beantworten, welche psychosozialen Um- oder Zustände de facto der Gesundheit, dem Wohlbefinden, dem Glück, dem Frieden oder der Wohlfahrt zuträglich sind, aber sie kann die normative Ethik nicht durch bloße Tatsachenbeschreibungen ersetzen. Denn sie setzt ja voraus, dass es sich bei dem Erwähnten um Grundwerte handelt, deren Verwirklichung wünschens- und anstrebenswert ist. |
Sind "Wohlbefinden" ("well-being") und "Wohlfahrt" ("welfare") überhaupt als gänzlich wertfreie Begriffe verwendbar? Ich denke nicht.
Wenn ich recht habe, dann hat Harris mit seiner "wissenschaftlichen Ethik" ein Problem, da "well-being" ja sein zentraler Begriff ist.
"Kernsatz ist die Aussage: 'Werte sind Fakten über das Wohlbefinden von bewusst denkenden Lebewesen'." (http://hpd.de/node/12134)
Ich würde dagegen sagen, dass Werte Sachen oder Sachverhalte sind, die uns etwas wert sind, die wir für wertvoll erachten; und dazu zählt Wohlbefinden.
Die Wissenschaft kann uns sagen, was wir de facto für wertvoll bzw. wertlos erachten; aber sie kann uns nicht sagen, was wir für wertvoll bzw. wertlos erachten sollen.
Zuletzt bearbeitet von Myron am 30.10.2011, 21:33, insgesamt 4-mal bearbeitet |
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1700635) Verfasst am: 30.10.2011, 21:28 Titel: |
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Myron hat folgendes geschrieben: |
Es scheint mir ziemlich schwierig zu sein, eine solche Mischposition stimmig auszuformulieren und ins theoretische Gleichgewicht zu bringen. |
Ja, das ist es wohl. Allerdings meine ich, dass das bei anderen Positionen nicht einfacher sein wird, von daher ist das alleine kein Grund gegen diese Mischposition. Z.B. extremer moralischer Skeptizismus und auch Kulturrelativismus scheinen mir absurde Positionen zu sein. Auf der anderen Seite aber meine ich auch, dass dem (moderater) moralischer Skeptizismus und eben auch dem (im Sinne der SEP moderater) Relativismus gute Argumente zugrunde liegen. Letztlich läuft es für mich auf die Position hinaus, bei der ich die wenigsten Probleme sehe - was aber natürlich nicht heißt, dass es keine gäbe.
Übrigens, noch was: ich habe hier von Anfang an noch einen (philosophie-theoretischen) Fehler gemacht: moralischer Relativismus ist nicht die Gegenposition zu moralischem Realismus, sondern zu moralischem Objektivismus.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1700640) Verfasst am: 30.10.2011, 21:38 Titel: |
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Myron hat folgendes geschrieben: | Myron hat folgendes geschrieben: |
Die Wissenschaft kann zwar die Frage beantworten, welche psychosozialen Um- oder Zustände de facto der Gesundheit, dem Wohlbefinden, dem Glück, dem Frieden oder der Wohlfahrt zuträglich sind, aber sie kann die normative Ethik nicht durch bloße Tatsachenbeschreibungen ersetzen. Denn sie setzt ja voraus, dass es sich bei dem Erwähnten um Grundwerte handelt, deren Verwirklichung wünschens- und anstrebenswert ist. |
Sind "Wohlbefinden" ("well-being") und "Wohlfahrt" ("welfare") überhaupt als gänzlich wertfreie Begriffe verwendbar? Ich denke nicht.
Wenn ich recht habe, dann hat Harris mit seiner "wissenschaftlichen Ethik" ein Problem, da "well-being" ja sein zentraler Begriff ist. |
Hier übrigens mal eine Antwort von Harris auf die Kritik an seinem TED-Vortrag.
Besonders erhellend finde ich die leider nicht, nur eines ist mE erst mal wichtig: "well-being" kann man wohl nicht einfach mit "Wohlbefinden" übersetzen, (denn zumindest ich assoziiere damit zu sehr was hedonistisches).
Und noch was: hier gibt es einen Artikel in der SEP zu "well-being".
Ich denke, dass Harris in die Richtung der Objective List Theories geht - aber sicher bin ich mir nicht.
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#1700646) Verfasst am: 30.10.2011, 21:48 Titel: |
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Myron hat folgendes geschrieben: | Myron hat folgendes geschrieben: |
Die Wissenschaft kann zwar die Frage beantworten, welche psychosozialen Um- oder Zustände de facto der Gesundheit, dem Wohlbefinden, dem Glück, dem Frieden oder der Wohlfahrt zuträglich sind, aber sie kann die normative Ethik nicht durch bloße Tatsachenbeschreibungen ersetzen. Denn sie setzt ja voraus, dass es sich bei dem Erwähnten um Grundwerte handelt, deren Verwirklichung wünschens- und anstrebenswert ist. |
Sind "Wohlbefinden" ("well-being") und "Wohlfahrt" ("welfare") überhaupt als gänzlich wertfreie Begriffe verwendbar? Ich denke nicht.
Wenn ich recht habe, dann hat Harris mit seiner "wissenschaftlichen Ethik" ein Problem, da "well-being" ja sein zentraler Begriff ist.
"Kernsatz ist die Aussage: 'Werte sind Fakten über das Wohlbefinden von bewusst denkenden Lebewesen'." (http://hpd.de/node/12134) |
Das habe ich so ähnlich geschrieben, nur statt "Wohlbefinden" schreibe ich "Lebensbedürfnisse". Diese sind nicht subjektiv, sondern eine objektive Grundlage dafür, dass Lebewesen überhaupt leben und gedeihen können - ebenfalls nicht bloß in der Einbildung.
Myron hat folgendes geschrieben: | Ich würde dagegen sagen, dass Werte Sachen oder Sachverhalte sind, die uns etwas wert sind, die wir für wertvoll erachten; und dazu zählt Wohlbefinden.
Die Wissenschaft kann uns sagen, was wir de facto für wertvoll bzw. wertlos erachten; aber sie kann uns nicht sagen, was wir für wertvoll bzw. wertlos erachten sollen. |
Da wird nichts "erachtet". Da gibt es Bedürfnisse, die objektiv erfüllt sein müssen, damit eine bewusste Spezies gedeiht.
Anders gesagt: Moral wird hier keineswegs gesetzt und schon gar nicht beliebig, sondern Moral ist feststellbar, erkennbar, sie ist Gegenstand der Erforschung, um sie entdecken.
Diesen Ansatz von Harris finde ich ganz bemerkenswert und ich teile ihn. Neben Dawkins ist er einer der wenigen Sterne am ansonsten recht dunklen Himmel der anglo-amerikanischen Aufklärung.
_________________ °
K.I.Z - Frieden
Das ist Postmoderne Ideologie! Psychologe und Philosoph analysieren RASSISMUS-Video
Informationsstelle Militarisierung e.V.
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Myron Pansomatist
Anmeldungsdatum: 01.07.2007 Beiträge: 3625
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(#1700652) Verfasst am: 30.10.2011, 21:59 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: |
Erst mal nur dazu: sorry, das war mein Fehler, ich meinte: moralischer Relativismus. (Bisher musste ich alle meine Postings nachträglich korrigieren, weil ich jedesmal "Realismus" statt "Relativismus" geschrieben hatte, weiß nicht wieso ). |
Okay, ich verstehe. Kann passieren.
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Myron Pansomatist
Anmeldungsdatum: 01.07.2007 Beiträge: 3625
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(#1700656) Verfasst am: 30.10.2011, 22:04 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: |
Übrigens, noch was: ich habe hier von Anfang an noch einen (philosophie-theoretischen) Fehler gemacht: moralischer Relativismus ist nicht die Gegenposition zu moralischem Realismus, sondern zu moralischem Objektivismus. |
Ich sehe keinen Unterschied zwischen diesen beiden Ismen: Beide postulieren eine moralische Wirklichkeit und moralische Wahrheiten, deren Wahrsein objektiv, d.h. gesellschafts-, geist- und meinungsunabhängig ist.
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Myron Pansomatist
Anmeldungsdatum: 01.07.2007 Beiträge: 3625
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(#1700657) Verfasst am: 30.10.2011, 22:07 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: |
Und noch was: hier gibt es einen Artikel in der SEP zu "well-being". |
Der ist mir bereits bekannt.
Die drei unterschiedlichen Auslegungen des Begriffs "Wohlbefinden"/"Wohlsein":
Wohlbefinden/Wohlsein als
1. angenehmes, wohliges Erleben (Empfinden/Fühlen)
2. Bedürfnisbefriedigung, Wunscherfüllung
3. Werteverwirklichung/verwirklichte Werte
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Myron Pansomatist
Anmeldungsdatum: 01.07.2007 Beiträge: 3625
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(#1700662) Verfasst am: 30.10.2011, 22:18 Titel: |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: |
Da wird nichts "erachtet". Da gibt es Bedürfnisse, die objektiv erfüllt sein müssen, damit eine bewusste Spezies gedeiht. |
Ja, es gibt bestimmte natürliche Grundbedürfnisse wie Essen und Trinken, deren Befriedigung überlebensnotwendig ist. Wir erachten Essen und Trinken für sinn- und wertvolle Handlungen, weil wir – von einigen Ausnahmen abgesehen – leben und überleben wollen.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1700709) Verfasst am: 31.10.2011, 01:08 Titel: |
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Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Warum? was ist denn unmoralisch an evolutionärer Moral? Oder versteh ich dich falsch? Letztendlich hat uns die Natur so gebaut (teleonomisch gemeint) dass wir mit unseren Lebensumständen glücklich sind. Die Liebe zu den eigenen Kindern ist bedingungslos und das erfahrene Glück so immens, weil die Evolution uns dahin gebracht hat. Glück ist ein Produkt der Evolution, wie sollte es auch anders sein. |
Was ist "evolutionäre Moral"?
In dem Zusammenhang mal einen Link zu einer Studie, nach der Eltern häufiger depressiv sind als Kinderlose.
Sollte man nun daraus schließen - weil das sicher auch evolutionär entstanden ist - dass Kinderkriegen moralisch schlechter ist als kinderlos zu bleiben? Doch wohl eher nicht. Oder?
Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Die Stabilität einer Gesellschaft ist für mich eines der Hauptkriterien einer optimalen Gesellschaft. |
Aber es wäre eine Gesellschaft denkbar, die aus sich heraus beschließt, (oder deren Mitglieder unabhängig jeder für sich - mehr oder weniger zufällig - beschließen), keinen Nachwuchs mehr zu bekommen. Wäre das deswegen eine weniger gute Gesellschaft als eine, die regelmäßig Nachwuchs bekommt?
Käme wohl darauf an, was die anderen Hauptkriterien sind und wie die jeweils erfüllt sind und wie man die gegeneinander gewichtet. Und wohl auch davon, ob es eine optimale Lösung in dem Sinne, dass alle diese Kriterien gleichzeitig optimiert werden können, überhaupt geben kann, (denn in dem Falle bräuchte man nicht darüber nachzudenken, wie man die einzelnen Kriterien gegeneinander abwägen kann). Ich habe da so meine Zweifel - denn ich meine, dass es inkommensurable (und auch widersprüchliche) Moral-Kriterien und es daher keine einfache / endgültige Lösung des Problemes gibt. Und über diese Kriterien und deren Gewichtung dreht sich mE letztlich der Streit bei der Frage nach einer optimalen, wissenschaftlich erforschbaren / festlegbaren Moral / Ethik. Wie will Wissenschaft (der Wissenschaftsbetrieb) dafür eine Lösung anbieten, wie könnte die aussehen, wie könnte man sich das auch nur im Ansatz vorstellen? Wie kann man z.B. durch Messungen im Gehirn, also durch Neurowissenschaft sowas beantworten? Welche Werte zählen sollen und in welchem Maße?
Anders gesagt: wie kann man vom Sein aufs Sollen schließen und zwar konkret? Zum Beispiel in Bezug auf die Frage "Freiheit vs. Gleichheit"?
So oder so müssen wir das zwar tun, (eine immer bessere / verbesserte Moral / Ethik finden, bzw. zumindest aber moralische Entscheidungen treffen, mögliche Optionen nach besser und schlechter moralisch zu bewerten), aber wenn man der Ansicht ist, dass dies durch den Wissenschaftsbetrieb (bzw. spezielle Experten für Moral / Ethik) besser erledigt werden kann als durch die momentane Vorgehensweise, (ein mehr oder vielleicht auch weniger umfassender gesellschaftlicher Diskurs / Konsens inkl. Berücksichtigung aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse), dann ist die Frage (auch an Harris): wie genau soll oder kann das vonstatten gehen? Wie kann man sich das konkret vorstellen?
Wenn wir unsere Ziele / Werte und deren Gewichtungen und Verhältnisse untereinander eindeutig und konsensfähig festlegen könnten, dann könnten wir uns an eine solche Optimierungsfunktion machen, bzw. die Berechnung der Wissenschaft übertragen. Aber das können wir schlicht nicht und das ist das Problem.
Selbst wenn es hypothetisch eine optimale Moral / Ethik geben sollte, dann bleibt immer noch die praktische Frage, wie wir die finden könnten und wie die Kriterien und deren Gewichtung festgestellt werden könnten.
Und solange es keine Antwort darauf gibt, nur die Behauptung von Harris, man könne das irgendwie und irgendwann mal auf eine unbestimmte Weise im Wissenschaftsbetrieb ermitteln: solange ist diese Behauptung mE irrelevant. Kann sein oder auch nicht, (wer kennt schon die Zukunft exakt?), aber das ist für uns heute nicht relevant.
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Myron Pansomatist
Anmeldungsdatum: 01.07.2007 Beiträge: 3625
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(#1700712) Verfasst am: 31.10.2011, 02:39 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: |
Hier übrigens mal eine Antwort von Harris auf die Kritik an seinem TED-Vortrag. |
Harris ist ethischer Objektivist/Realist und metaphysischer Naturalist, was bedeutet, dass moralische Tatsachen für ihn natürliche Tatsachen sein müssen. Da er außerdem Konsequenzialist ist, muss er mit folgender Definition arbeiten:
Verhalten/Handlung X ist gut =def X hat Folgen, die (auf natürliche Weise) das Wohlbefinden oder/und die Wohlfahrt fördern.
Ich denke jedoch, dass durch die Auszeichnung eines Verhaltens oder einer Handlung mit dem Prädikat "gut" keine Beschreibung, sondern eine Vorschreibung (Empfehlung/Befehl/Gebot) zum Ausdruck gebracht wird:
"Ich empfehle oder befehle dir, X zu tun (Du sollst X tun), weil X Folgen hat, die (auf natürliche Weise) das Wohlbefinden oder/und die Wohlfahrt fördern."
Der präskriptive bzw. normative Aspekt, d.h. dass X empfehlenswert/befehlenswert ist und getan werden soll/sollte, lässt sich aber nicht aus dem deskriptiven Aspekt logisch ableiten. Und die obige Definition macht es Harris unmöglich, diejenigen Handlungen zu empfehlen/befehlen, die das Wohlbefinden oder die Wohlfahrt fördern. Denn dieser zufolge bedeutet "gut" eben nicht "empfehlens-/befehlenswert"; und wenn Harris sagt, dass diejenigen Handlungen gut sind, die das Wohlbefinden oder die Wohlfahrt fördern, dann spricht er damit eine Tautologie aus, nämlich, dass Handlungen, die das Wohlbefinden oder die Wohlfahrt fördern, das Wohlbefinden oder die Wohlfahrt fördern.
Doch wenn ich weiß, dass X das Wohlbefinden oder die Wohlfahrt fördernde Folgen hat, dann weiß ich damit noch nicht, ob X gut ist, und ob ich X tun soll oder nicht.
Das ist das unlösbare Grundproblem aller naturalistischen Reduktionen des Normativen/Präskriptiven aufs rein Deskriptive.
Das soll natürlich mitnichten heißen, dass wissenschaftlich festgestellte natürliche Tatsachen für die moralische Meinungsbildung belanglos sind. Der Punkt ist lediglich, dass sich das Normative nicht naturalistisch aufs Deskriptive reduzieren oder dadurch definieren lässt.
(Wenn ich mein moralisches Urteil, dass X gut (empfehlens-/befehlenswert) ist, damit begründe, dass X das Wohlsein oder die Wohlfahrt fördert, dann verwende ich "gut" und "wohlseins-/wohlfahrtsfördernd" nicht als Synonyme, d.h. dann behaupte ich nicht, dass "gut" "wohlseins-/wohlfahrtsfördernd" bedeutet: "X ist gut, weil es wohlseins-/wohlfahrtsfördernd ist" impliziert nicht "'Gut' bedeutet 'wohlseins-/wohlfahrtsfördernd'".)
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Myron Pansomatist
Anmeldungsdatum: 01.07.2007 Beiträge: 3625
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(#1700713) Verfasst am: 31.10.2011, 03:29 Titel: |
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Myron hat folgendes geschrieben: |
Harris ist ethischer Objektivist/Realist und metaphysischer Naturalist, was bedeutet, dass moralische Tatsachen für ihn natürliche Tatsachen sein müssen. Da er außerdem Konsequenzialist ist, muss er mit folgender Definition arbeiten:
Verhalten/Handlung X ist gut =def X hat Folgen, die (auf natürliche Weise) das Wohlbefinden oder/und die Wohlfahrt fördern.
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"If we define 'good' as that which supports well-being, as I will argue we must, …"
(Harris, Sam. The Moral Landscape: How Science Can Determine Human Values. New York: Free Press, 2010. p. 12)
Für Harris bedeutet "gut" (im moralischen Sinn des Wortes) also "wohlseinsfördernd", und dadurch werden moralische Fragen zu erfahrungswissenschaftlich behandelbaren Tatsachenfragen:
Führt das Verhalten, die Handlung, die Einstellung/Haltung X zu wohltuenden Tatsachen, d.h. zu angenehmen, gesunden, schönen Erlebnissen oder zur Befriedigung von Bedürfnissen oder zur Erfüllung von Wünschen oder zur Verwirklichung von Werten?
Falls ja, dann ist X per definitionem moralisch gut oder richtig; und falls nein, dann ist X per definitionem moralisch schlecht/böse oder falsch/unrichtig.
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