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Zur Anwendbarkeit eines systemtheoretischen Evolutionsbegriffes
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fwo
Caterpillar D9



Anmeldungsdatum: 05.02.2008
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Beitrag(#1708973) Verfasst am: 02.12.2011, 21:12    Titel: Zur Anwendbarkeit eines systemtheoretischen Evolutionsbegriffes Antworten mit Zitat

Dieser Thread wurde aus Norbert Hoerster aus GBS ausgetreten abgetrennt. -fwo-
DerBernd hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Schlecht wird eine Handlung erst durch die Existenz eines Bewertungsschemas und einer Situation, in der die Handlung dann so zu bewerten ist.


Das Bewertungsschema können wir, wenn wir uns innerhalb der christlichen Lehre bewegen, als bekannt vorraussetzen, es ist offenbart durch Jesus, die Bibel, usw.. Es ist nicht nötig, für das Bewertungsschema selbst eine evolutionäre Erklärung zu geben oder dergleichen; dagegen würden Christen vermutlich heftig protestieren. Sie sind ja keine moralischen Biologisten, etwa in Fortführung Wilsons.
Es reicht vollkommen aus zu zeigen, dass wir (vielleicht im Gegensatz zu anderen Tieren) bestimmte starke Neigungen in uns haben, die uns dazu drängen, die Moralvorstellungen der Kirche zu übertreten.

Lass gut sein und blamier dich nicht weiter. Du hast keinen blassen Schimmer, was Evolution ist und wie sie funktioniert.
OT: Nur so als Hinweis:
Evolution ist ein Prozess, der sich grundsätzlich überall einstellt, wo sich als veränderliche Kopien vermehrende Einheiten im Wettbewerb um eine begrenzte Ressource befinden. Das ist unabhängig davon, ob diese Vermehrung eine Selbstreproduktion ist, oder durch Matrizen von außerhalb.

In der Zoologie haben wir handelnde Systeme, die für ihre Handlungen ein allgemeines Wissen von der Welt benötigen, auf dessen Basis erst die jeweilige Situation so spezifisch erfahren werden kann, dass ein "sinnvolles" (der Vermehrung nicht abträgliches) Verhalten möglich ist. Mit einher zur zunehmenden Komplexität der Datenverarbeitung innerhalb der Organismen geht die Tendenz, das nötige Wissen von der Welt nicht mehr genetisch zu fixieren, sondern zunehmend von individuellen Lernprozessen abhängig zu machen. Der evolutive Vorteil dieser Strategie liegt in der schnelleren Anpassungsfähigkeit der Organismen.

Das Wesen der Art Mensch, sein Wissen von der Welt und damit die Bandbreite seines Handelns nicht mehr genetisch, sondern in der Tradition (Kultur) zu speichern, stellt in diesem Ausmaß evolutionär etwas Neues dar. Dabei ist es zwangsläufig, dass sich beim Menschen parallel zur genetischen eine kulturelle Evolution - wahrscheinlich mit Wechselwirkungen zwischen beiden - einstellt.

Dabei ist die kulturelle Evolution etwas komplexer, weil wir es hier mit mehrstufigen Systemen zu tun haben, und die Kultur sich nur langsam und weniger durch "Fehler" als durch mehr oder weniger gewollte Variation ändert, in verschiedenen Bereichen / Linien künstlich fixiert wird ("heilige Bücher" usw.) und die Vermehrungsfreude der Träger höchstens bedingt von der Kultur abhängt, indem sie negativ vom wirtschaftlichen Erfolg gesteuert wird. Außerdem war es in der Geschichte bisher so, dass der Erfolg einer Kultur nicht nur über die Vermehrungsfreude ihrer Träger, sondern auch über deren wirtschaftlichen und kriegerischen Erfolg gesteuert wurde.

Das sind so ganz grob umrissen die Grundlage für die Entwicklung der Moral (Gut und Böse) als Basis eines sinnvollen (=der Vermehrung nicht abträgliches) Soziallebens. Gleichzeitig gibt es immer noch ältere, genetisch fixierte Verhaltensmuster, die auch noch heute innerhalb des sonst eher regelbestimmten Verhaltens einen Sinn (s.o.) haben und deshalb genetisch noch existieren.

Innerhalb des weitgehend regelbestimmten menschlichen Verhaltens müsste soetwas wie eine Erbsünde, die ja für alle Gesellschaften mit ihren unterschiedlichen Lebensformen und Moralen eine Gültigkeit haben müsste, aus einer genetisch fixierten Tendenz zum Regelbruch bestehen, evolutiv ein ziemliches Todesurteil für Mitglieder einer Art, deren spezifische Stärke gerade in der Möglichlickeit eines Lebens nach äußeren Regen besteht.

Das einzige, was man mit ein bisschen Gewalt noch als angeborenen Hang zum Regelbruch umdeuten kann, ist die testosterongesteuerte Explorationsphase heranwachsender Männchen. Diese "Erbsünde" hat allerdings aus christlicher Sich den Nachteil, im Wesentlichen den Männern vorbehalten zu sein - das ist es also nicht.

Wenn Du also in der Erbsünde etwas anderes als ein erfolgreiches kulturelles Konstrukt sehen willst, dass mit der automatischen Erzeugung eines schlechten Gewissens für eine bessere Steuerbarkeit der Gruppenmitglieder sorgte, solltest Du dich etwas mehr anstrengen.

fwo
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Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.

The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.

Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).


Zuletzt bearbeitet von fwo am 04.12.2011, 05:56, insgesamt einmal bearbeitet
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DerBernd
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Anmeldungsdatum: 16.10.2010
Beiträge: 1043

Beitrag(#1708982) Verfasst am: 02.12.2011, 22:06    Titel: Re: Norbert Hoerster aus GBS ausgetreten Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Lass gut sein und blamier dich nicht weiter. Du hast keinen blassen Schimmer, was Evolution ist und wie sie funktioniert.


Ich behaupte auch gar nicht, dass ich von Biologie große Ahnung habe.
Aber ich glaube mein Verständnis reicht aus, um die Grenze zwischen Biologie und Moral bzw. Wissenschaftstheorie im Allgemeinen zu unterscheiden. Du dagegen hälst deine Biologie anscheind für eine Art Metawissenschaft für alles und jedes - gerade die Haltung, die Hoerster in dem Artikel kritisiert.

Zitat:
Das sind so ganz grob umrissen die Grundlage für die Entwicklung der Moral (Gut und Böse) als Basis eines sinnvollen (=der Vermehrung nicht abträgliches) Soziallebens. [...] Das einzige, was man mit ein bisschen Gewalt noch als angeborenen Hang zum Regelbruch umdeuten kann


Ich habe doch erklärt, dass es darum nicht geht. Eine genetische Erklärung der Moral ist ewtas anders als eine normative. Zu erklären, warum wir so etwas wie Moral entwickelt haben, ist etwas anderes als über den Inhalt einer konkreten Moralvorstellung zu diskutieren - oder über deren Grund der Geltung (Offenbarung, usw).
Ich sehe nicht ein, warum sich ein Theologe von deinen Ausführungen irgendwie beeindruckt sein sollte - sie gehen am Thema, das ihn interessiert, schlichtweg vorbei. Für ihn ist etwa außerehelicher Sex moralisch schlecht (von Gott so offenbart) und er sieht, dass der Mensch von seiner Psyche her so beschaffen ist, dass sich sehr, sehr viele nicht daran halten werden - und das nicht nur im Jugendalter. Eben eine sündige Natur des Menschen, die Probleme hat, sich an die göttlichen Offenbarungen zu halten.
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Capreolus
registrierter User



Anmeldungsdatum: 08.08.2011
Beiträge: 100

Beitrag(#1708986) Verfasst am: 02.12.2011, 22:20    Titel: Re: Norbert Hoerster aus GBS ausgetreten Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
DerBernd hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Schlecht wird eine Handlung erst durch die Existenz eines Bewertungsschemas und einer Situation, in der die Handlung dann so zu bewerten ist.


Das Bewertungsschema können wir, wenn wir uns innerhalb der christlichen Lehre bewegen, als bekannt vorraussetzen, es ist offenbart durch Jesus, die Bibel, usw.. Es ist nicht nötig, für das Bewertungsschema selbst eine evolutionäre Erklärung zu geben oder dergleichen; dagegen würden Christen vermutlich heftig protestieren. Sie sind ja keine moralischen Biologisten, etwa in Fortführung Wilsons.
Es reicht vollkommen aus zu zeigen, dass wir (vielleicht im Gegensatz zu anderen Tieren) bestimmte starke Neigungen in uns haben, die uns dazu drängen, die Moralvorstellungen der Kirche zu übertreten.

Lass gut sein und blamier dich nicht weiter. Du hast keinen blassen Schimmer, was Evolution ist und wie sie funktioniert.
OT: Nur so als Hinweis: ...


Ihr redet imho aneinander vorbei. Bernd will dir erklären, wie manche Christen die Erbsünde verstehen, nämlich als Sammlung von genetisch fixierten Verhaltensweisen, die im Widerspruch zu den christlichen Moralvorstellungen stehen.

Beispiel: Michael Dowd - Thank God for Evolution

Das einzige, was Bernd über die Evolution ausgesagt hat, ist dass einige menschliche Verhaltensweisen, die christlicherseits nicht gern gesehen werden, genetisch fixiert sind. Und da im Christentum recht viel als sündig gilt, kannst du Bernd selbst eigentlich nur so hart angreifen, wenn du ein beinharter Behaviorist bist ... kam mir bis jetzt aber eigentlich nicht so vor.

Edit: Bernd war schneller. zwinkern
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fwo
Caterpillar D9



Anmeldungsdatum: 05.02.2008
Beiträge: 25902
Wohnort: im Speckgürtel

Beitrag(#1708990) Verfasst am: 02.12.2011, 22:33    Titel: Re: Norbert Hoerster aus GBS ausgetreten Antworten mit Zitat

DerBernd hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
....
Du dagegen hälst deine Biologie anscheind für eine Art Metawissenschaft für alles und jedes - gerade die Haltung, die Hoerster in dem Artikel kritisiert.

Wer lesen kann, ist im Vorteil. Die Evolution wurde zwar in der Biologie zuerst beschrieben, ist aber kein spezifisch biologisches Phänomen. Dass Hoerster genau das nicht begriffen hat, davon handelt übrigens mein erster Post in diesem Thread.
DerBernd hat folgendes geschrieben:
....
Ich sehe nicht ein, warum sich ein Theologe von deinen Ausführungen irgendwie beeindruckt sein sollte - sie gehen am Thema, das ihn interessiert, schlichtweg vorbei. Für ihn ist etwa außerehelicher Sex moralisch schlecht (von Gott so offenbart) und er sieht, dass der Mensch von seiner Psyche her so beschaffen ist, dass sich sehr, sehr viele nicht daran halten werden - und das nicht nur im Jugendalter. Eben eine sündige Natur des Menschen, die Probleme hat, sich an die göttlichen Offenbarungen zu halten.

Wenn Du dich so sehr darum kümmerst, wie man Theologen beeindruckt, solltest Du dich vielleicht zuerst einmal darum kümmern, was die unter der Erbsünde verstehen. Es ist etwas völlig Anderes als
Zitat:
unsere Dispositionen, unsere Neigung schlechtes zu tun, die evolutionär genauso entstanden sind,...
, sonst wäre weder bereits der Neugeborene Mensch im Stand der Erbsünde, noch könnte dieser Stand durch die Taufe getilgt werden.

Davon ab hast Du jedoch immer noch nicht unsere evolutionär entstandene Neigung, Schlechtes zu tun, gezeigt. Diese Formulierung ist so allgemein, dass Du sie nicht einfach auf irgendein im Christentum unerwünschtes Verhalten reduzieren kannst. Was meinst Du denn, warum ich so neugierig geworden bin. zwinkern

fwo
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tillich (epigonal)
hat Spaß



Anmeldungsdatum: 12.04.2006
Beiträge: 21804

Beitrag(#1708997) Verfasst am: 02.12.2011, 22:50    Titel: Re: Norbert Hoerster aus GBS ausgetreten Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Die Evolution wurde zwar in der Biologie zuerst beschrieben, ist aber kein spezifisch biologisches Phänomen.

... sagen vor allem übergriffige Biologen gerne. zwinkern
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Kramer
postvisuell



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Beiträge: 30878

Beitrag(#1709012) Verfasst am: 02.12.2011, 23:06    Titel: Re: Norbert Hoerster aus GBS ausgetreten Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Die Evolution wurde zwar in der Biologie zuerst beschrieben, ist aber kein spezifisch biologisches Phänomen.

... sagen vor allem übergriffige Biologen gerne. zwinkern


Lieber übergriffige Biologen als langweilende Theologen.
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fwo
Caterpillar D9



Anmeldungsdatum: 05.02.2008
Beiträge: 25902
Wohnort: im Speckgürtel

Beitrag(#1709033) Verfasst am: 03.12.2011, 00:01    Titel: Re: Norbert Hoerster aus GBS ausgetreten Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Die Evolution wurde zwar in der Biologie zuerst beschrieben, ist aber kein spezifisch biologisches Phänomen.

... sagen vor allem übergriffige Biologen gerne. zwinkern

Wikipedia hat folgendes geschrieben:
Evolution (Systemtheorie)

Evolution (vom lateinischen evolvere = abwickeln, entwickeln; PPP evolutum) ist in der Systemtheorie ein Prozess, bei dem durch Reproduktion oder Replikation von einem System Kopien hergestellt werden, die sich voneinander und von ihrem Ursprungssystem durch Variation unterscheiden und bei dem nur ein Teil dieser Kopien auf Grund von Selektion für einen weiteren Kopiervorgang zugelassen werden....

fwo hat folgendes geschrieben:
....
OT: Nur so als Hinweis:
Evolution ist ein Prozess, der sich grundsätzlich überall einstellt, wo sich als veränderliche Kopien vermehrende Einheiten im Wettbewerb um eine begrenzte Ressource befinden. Das ist unabhängig davon, ob diese Vermehrung eine Selbstreproduktion ist, oder durch Matrizen von außerhalb.

In der Zoologie haben wir ...

Das hat nur insofern mit einem übergriffigen Biologen zu tun, als ich diesen Gedanken nicht nachzulesen brauchte, weil ich ihn schon vor ca. 35 Jahren selbst hatte und damals war er tatsächlich noch nicht so verbreitet. Deshalb kommt der bei mir auch in einer eigenen Formulierung. Inzwischen ist das jedoch schon lange überall nachzulesen. Deine Behauptung wundert mich deshalb etwas - ich gehe davon aus, dass Du erheblich belesener bist als so ein übergriffiger Biologe.

fwo
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Marcellinus
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Beitrag(#1709037) Verfasst am: 03.12.2011, 00:06    Titel: Re: Norbert Hoerster aus GBS ausgetreten Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
....
OT: Nur so als Hinweis:
Evolution ist ein Prozess, der sich grundsätzlich überall einstellt, wo sich als veränderliche Kopien vermehrende Einheiten im Wettbewerb um eine begrenzte Ressource befinden. Das ist unabhängig davon, ob diese Vermehrung eine Selbstreproduktion ist, oder durch Matrizen von außerhalb.

Nur so aus Neugier, hast du mal außerhalb der Biologie ein Beispiel?
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Beitrag(#1709046) Verfasst am: 03.12.2011, 01:07    Titel: Re: Norbert Hoerster aus GBS ausgetreten Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:

fwo hat folgendes geschrieben:
....
OT: Nur so als Hinweis:
Evolution ist ein Prozess, der sich grundsätzlich überall einstellt, wo sich als veränderliche Kopien vermehrende Einheiten im Wettbewerb um eine begrenzte Ressource befinden. Das ist unabhängig davon, ob diese Vermehrung eine Selbstreproduktion ist, oder durch Matrizen von außerhalb.

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Marcellinus
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Beitrag(#1709048) Verfasst am: 03.12.2011, 01:12    Titel: Re: Norbert Hoerster aus GBS ausgetreten Antworten mit Zitat

L.E.N. hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:

fwo hat folgendes geschrieben:
....
OT: Nur so als Hinweis:
Evolution ist ein Prozess, der sich grundsätzlich überall einstellt, wo sich als veränderliche Kopien vermehrende Einheiten im Wettbewerb um eine begrenzte Ressource befinden. Das ist unabhängig davon, ob diese Vermehrung eine Selbstreproduktion ist, oder durch Matrizen von außerhalb.

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Ja, das hatte ich befürchtet. Ähnlich geistreich, als wenn Physiker versuchen, die Biologie zu erklären.
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Beitrag(#1709050) Verfasst am: 03.12.2011, 01:14    Titel: Re: Norbert Hoerster aus GBS ausgetreten Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
L.E.N. hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:

fwo hat folgendes geschrieben:
....
OT: Nur so als Hinweis:
Evolution ist ein Prozess, der sich grundsätzlich überall einstellt, wo sich als veränderliche Kopien vermehrende Einheiten im Wettbewerb um eine begrenzte Ressource befinden. Das ist unabhängig davon, ob diese Vermehrung eine Selbstreproduktion ist, oder durch Matrizen von außerhalb.

Nur so aus Neugier, hast du mal außerhalb der Biologie ein Beispiel?


http://www.amazon.de/Evolutionstheorien-Natur-Sozialwissenschaften-Campus-Einf%C3%BChrungen/dp/3593372061

Ja, das hatte ich befürchtet. Ähnlich geistreich, als wenn Physiker versuchen, die Biologie zu erklären.


was konkret kritisierst du?
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Capreolus
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Anmeldungsdatum: 08.08.2011
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Beitrag(#1709053) Verfasst am: 03.12.2011, 01:29    Titel: Re: Norbert Hoerster aus GBS ausgetreten Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
L.E.N. hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:

fwo hat folgendes geschrieben:
....
OT: Nur so als Hinweis:
Evolution ist ein Prozess, der sich grundsätzlich überall einstellt, wo sich als veränderliche Kopien vermehrende Einheiten im Wettbewerb um eine begrenzte Ressource befinden. Das ist unabhängig davon, ob diese Vermehrung eine Selbstreproduktion ist, oder durch Matrizen von außerhalb.

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http://www.amazon.de/Evolutionstheorien-Natur-Sozialwissenschaften-Campus-Einf%C3%BChrungen/dp/3593372061

Ja, das hatte ich befürchtet. Ähnlich geistreich, als wenn Physiker versuchen, die Biologie zu erklären.


Hm, zwei weitere Beispiele, für nicht biologische Evolution, vielleicht gefallen die dir besser:

Mich würde auch interessieren, was in dem sozialwissenschaftlichen Buch so (fürchterliches) drinsteht.
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fwo
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Anmeldungsdatum: 05.02.2008
Beiträge: 25902
Wohnort: im Speckgürtel

Beitrag(#1709135) Verfasst am: 03.12.2011, 15:38    Titel: Re: Norbert Hoerster aus GBS ausgetreten Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
....
OT: Nur so als Hinweis:
Evolution ist ein Prozess, der sich grundsätzlich überall einstellt, wo sich als veränderliche Kopien vermehrende Einheiten im Wettbewerb um eine begrenzte Ressource befinden. Das ist unabhängig davon, ob diese Vermehrung eine Selbstreproduktion ist, oder durch Matrizen von außerhalb.

Nur so aus Neugier, hast du mal außerhalb der Biologie ein Beispiel?

Leider keines aus der direkten Beobachtung. Aber Gegenfrage: Wie stellst Du dir die Entstehung der Sprachen vor?
Ist bei der Vorraussetzung "sich als veränderliche Kopien vermehrende Einheiten im Wettbewerb um eine begrenzte Ressource" bei gleichzeitigem Überwiegen der Kopiertreue überhaupt etwas anders als eine Evolution mit Aufspaltungen in verschiedene (und wahrscheinlich auch verschieden erfolgreiche) Kopierlienien möglich? Ich sehe das nicht.

Das heißt für mich, dass z.B. die Sprachen so entstanden sein müssen. Insgesamt haben wir jedoch bei kulturellen Objekten Schwierigkeiten mit der Klassifikation, u.a. wegen deren Vermögen ineinander aufzugehen, einander zu übernehmen usw.. Vielleicht begibst Du dich nochmal in unsere Diskussion über die Meme, da war das Thema.

fwo
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Kival
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Anmeldungsdatum: 14.11.2006
Beiträge: 24071

Beitrag(#1709193) Verfasst am: 03.12.2011, 19:16    Titel: Re: Norbert Hoerster aus GBS ausgetreten Antworten mit Zitat

Capreolus hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
L.E.N. hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:

fwo hat folgendes geschrieben:
....
OT: Nur so als Hinweis:
Evolution ist ein Prozess, der sich grundsätzlich überall einstellt, wo sich als veränderliche Kopien vermehrende Einheiten im Wettbewerb um eine begrenzte Ressource befinden. Das ist unabhängig davon, ob diese Vermehrung eine Selbstreproduktion ist, oder durch Matrizen von außerhalb.

Nur so aus Neugier, hast du mal außerhalb der Biologie ein Beispiel?


http://www.amazon.de/Evolutionstheorien-Natur-Sozialwissenschaften-Campus-Einf%C3%BChrungen/dp/3593372061

Ja, das hatte ich befürchtet. Ähnlich geistreich, als wenn Physiker versuchen, die Biologie zu erklären.


Hm, zwei weitere Beispiele, für nicht biologische Evolution, vielleicht gefallen die dir besser:

Mich würde auch interessieren, was in dem sozialwissenschaftlichen Buch so (fürchterliches) drinsteht.


Ich glaube nicht, dass deine Beispiele zwangsläufig der systemtheoretischen Interpretation von Evolution folgen. Fwo vermitelt hier aber den Eindruck, dass wäre die einzig wahre, vernünftige Definition von Evolution, während es natürlich auch in der Biologie bei weitem nicht alle sind. Ich kann nicht einschätzen, wie stark die Strömung in der Tradition von Maturana und co. in der Evolutionsbiologie ist, aber es ist definitiv nicht die einzige Strömung, die es dort gibt.

Noch seltsamer wird dann die Formulierung, Evolution sei schon immer auf mehr als die Biologie bezogen gewesen. Das stimmt natürlich mehr oder weniger für den systemtheoretischern Evolutionsbegriff, der seine Ursprünge wohl eher in der Kybernetik hat, aber eben nicht auf den älteren Evolutionsbegriff in der Biologie, wie man ihn dann beispielsweise bei Darwin findet.

Während die Systemtheorie für die Biologie vielleicht noch unproblematisch sein mag (hier habe ich nur nicht gut begründete Zweifel), sieht sie sich dann in der Soziologie dem eklatanten Problem gegenüber, den Bezug zur Grundlage von Gesellschaften, nämlich den Menschen, zu verlieren. Die Systemtheorie ist hier bestenfalls für eine oberflächliche Beschreibung von Vorgängen geeignet, ohne dabei reale Mechanismen zu beschreiben. Das hängt sicherlich auch mit der Verbindung zum radikalen Konstruktivismus zusammen, den fwo aber wohl ablehnt (?).

Diese Diskussion gehört in dieser Tiefe hier eigentlich nicht herein, aber da es ja anscheinend als Argument gegen Hoerster verwendet wurde/wird, wollte ich das hier nicht so stehen lassen. Zur allgemeinen Problematik schreibe ich später noch etwas, grundsätzlich finde ich aber erschreckend, wie hier mit einem Abweichler umgegangen wird. Haben wir jetzt wieder Häretiker an der Aufklärung?
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fwo
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Beitrag(#1709242) Verfasst am: 03.12.2011, 21:01    Titel: Re: Norbert Hoerster aus GBS ausgetreten Antworten mit Zitat

Kival hat folgendes geschrieben:
Capreolus hat folgendes geschrieben:
...
Hm, zwei weitere Beispiele, für nicht biologische Evolution, vielleicht gefallen die dir besser:

Mich würde auch interessieren, was in dem sozialwissenschaftlichen Buch so (fürchterliches) drinsteht.


Ich glaube nicht, dass deine Beispiele zwangsläufig der systemtheoretischen Interpretation von Evolution folgen. Fwo vermitelt hier aber den Eindruck, dass wäre die einzig wahre, vernünftige Definition von Evolution, während es natürlich auch in der Biologie bei weitem nicht alle sind. Ich kann nicht einschätzen, wie stark die Strömung in der Tradition von Maturana und co. in der Evolutionsbiologie ist, aber es ist definitiv nicht die einzige Strömung, die es dort gibt.

Noch seltsamer wird dann die Formulierung, Evolution sei schon immer auf mehr als die Biologie bezogen gewesen. Das stimmt natürlich mehr oder weniger für den systemtheoretischern Evolutionsbegriff, der seine Ursprünge wohl eher in der Kybernetik hat, aber eben nicht auf den älteren Evolutionsbegriff in der Biologie, wie man ihn dann beispielsweise bei Darwin findet.

Während die Systemtheorie für die Biologie vielleicht noch unproblematisch sein mag (hier habe ich nur nicht gut begründete Zweifel), sieht sie sich dann in der Soziologie dem eklatanten Problem gegenüber, den Bezug zur Grundlage von Gesellschaften, nämlich den Menschen, zu verlieren. Die Systemtheorie ist hier bestenfalls für eine oberflächliche Beschreibung von Vorgängen geeignet, ohne dabei reale Mechanismen zu beschreiben. Das hängt sicherlich auch mit der Verbindung zum radikalen Konstruktivismus zusammen, den fwo aber wohl ablehnt (?).

Diese Diskussion gehört in dieser Tiefe hier eigentlich nicht herein, aber da es ja anscheinend als Argument gegen Hoerster verwendet wurde/wird, wollte ich das hier nicht so stehen lassen. Zur allgemeinen Problematik schreibe ich später noch etwas, grundsätzlich finde ich aber erschreckend, wie hier mit einem Abweichler umgegangen wird. Haben wir jetzt wieder Häretiker an der Aufklärung?

Auch an dich die Frage: Ist bei der Vorraussetzung "sich als veränderliche Kopien vermehrende Einheiten im Wettbewerb um eine begrenzte Ressource" bei gleichzeitigem Überwiegen der Kopiertreue überhaupt etwas anders als eine Evolution mit Aufspaltungen in verschiedene (und wahrscheinlich auch verschieden erfolgreiche) Kopierlinien möglich? Zeig das doch bitte, und wenn Du das nicht kannst, dann gilt: Evolution ist die logische Folge solcher Voraussetzungen und tritt zwangsläufig da auf, wo diese Voraussetzungen gegeben sind.

Die beiden Beispiele von Capreolus bieten diese Voraussetzungen und passen deshalb auch. Dann sage ich nicht, dass Evolution schon immer auf mehr als die Biologie bezogen gewesen sei. Ich habe gesagt, dass sie in der Biologie gefunden wurde. Das bedeutet natürlich, dass sie sehr lange auch nur auf die Biologie bezogen wurde, eben bis man die Allgemeinheit dieses Modells erkannt hat (s.o.). Deshalb gibt es ja auch heute noch jede Menge von Leuten, die sofort anfangen, etwas von Biologismus zu faseln, wenn jemand das Wort Evolutiuon in einem anderen Zusammenhang in den Mund zu nehmen wagt.

Zur Anwendung in der Kulturbetrachtung ist zu sagen, dass wir es auch hier mit relativ konservativen Kopiervorgängen zu tun haben, dass also so etwas wie Evolution stattfinden muss, auch wenn das alles etwas komplexer ist und wir es hier mit einen Gewirr von Strängen unterschiedlicher Konservativität zu tun haben. Außerdem erschöpft sich die Aussagekraft hier auch bereits damit, dass man fesstellt, dass hier evolutive Prozesse wirken und dann noch mit etwas Glück eine Stammbaumrekonstruktion für bestimmte erstellt. Es ist eine strukturelle Betrachtung, die den Typ eines übergreifenden Prozesses feststellt, ohne nach dem warum oder wohin zu fragen und ohne so zu tun, als könnte sie das. Was ist dagegen einzuwenden? Oder siehst Du jetzt auch die Biologen am Werk, wenn die Linguisten heute hingehen und einen Stammbaum der Sprachen entwerfen? Das geht ja so für ganze Kulturen aus den oben skizzierten Gründen leider nicht so einfach wie bei dem Teilobjekt Sprache. Wobei auch ein Stammbaum immer nur die Beschreibung eines Wegenetzes ist und nicht beansprucht, Begründungen für die Gabelungen zu liefern, er stellt nur fest, dass da eine ist.

Nochmal: Wo ist da das Problem?

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Beiträge: 24071

Beitrag(#1709271) Verfasst am: 03.12.2011, 21:57    Titel: Antworten mit Zitat

@fwo

Du hast die Kritik überhaupt nicht verstanden. Haben wir schon irgendeinen Thread dazu? Hier sollten wir das nicht diskutieren.
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Marcellinus
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Anmeldungsdatum: 27.05.2009
Beiträge: 7429

Beitrag(#1709278) Verfasst am: 03.12.2011, 22:07    Titel: Re: Norbert Hoerster aus GBS ausgetreten Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:

Zur Anwendung in der Kulturbetrachtung ist zu sagen, dass wir es auch hier mit relativ konservativen Kopiervorgängen zu tun haben, dass also so etwas wie Evolution stattfinden muss, auch wenn das alles etwas komplexer ist und wir es hier mit einen Gewirr von Strängen unterschiedlicher Konservativität zu tun haben. Außerdem erschöpft sich die Aussagekraft hier auch bereits damit, dass man fesstellt, dass hier evolutive Prozesse wirken und dann noch mit etwas Glück eine Stammbaumrekonstruktion für bestimmte erstellt. Es ist eine strukturelle Betrachtung, die den Typ eines übergreifenden Prozesses feststellt, ohne nach dem warum oder wohin zu fragen und ohne so zu tun, als könnte sie das. Was ist dagegen einzuwenden? Oder siehst Du jetzt auch die Biologen am Werk, wenn die Linguisten heute hingehen und einen Stammbaum der Sprachen entwerfen? Das geht ja so für ganze Kulturen aus den oben skizzierten Gründen leider nicht so einfach wie bei dem Teilobjekt Sprache. Wobei auch ein Stammbaum immer nur die Beschreibung eines Wegenetzes ist und nicht beansprucht, Begründungen für die Gabelungen zu liefern, er stellt nur fest, dass da eine ist.

Wo das Problem ist? Schon Sprache wird nicht so weitergegeben. Wie bringst du zB. Veränderung der Sprache durch Wanderungen oder Kolonisierung darin unter?

Entscheidend ist, daß ein übergreifender Evolutionsbegriff sich beziehen muß auf die Entwicklungseigentümlichkeiten der verscheidenen Objektbereiche. Wenn man diese Welt ganz grob unterteilt in die physikalische, biologische und soziale Ebene, dann sieht man leicht, daß in allen so etwas wie Entwicklung passiert, will heißen autonome, selbststeuernde Prozesse, die zwar kein Ziel, aber durchaus eine beschreibbare Richtung haben: hin zu mehr Komplexität.

Auf der physikalisch-chemischen Ebene bedeutet dies die Entwicklung zunehmend komplexerer Atome und Moleküle, auf der biologischen Ebene die Entwicklung von Einzellern bis hin zu komplexen, gruppenbildenden Organismen (zu denen wir gehören) und schließlich auf der sozialen Ebene die Entwicklung von Gesellschaften, in denen sich immer mehr Menschen in zunehmend längeren und engeren wechselseitigen Abhängigkeiten befinden.

Auf der physikalischen Ebene findet diese Entwicklung vor allem in den Fusionsprozessen von Sonnen statt. Auf der biologischen Ebene haben wir die Prozesse von Mutation und Selektion und auf der gesellschaftlichen Ebene haben wir soziale Prozesse, deren Komplexität wir über weite Strecken noch nicht durchschauen. Wenn da zwischen den Entwicklungsprozessen der einzelnen Ebenen Ähnlichkeiten auftauchen, dürfte das eher die Ausnahme als die Regel sein.

Versuche, Modelle aus der Biologie in die Soziologie zu übertragen, gab es mit der Soziobiologie und der Mem-Theorie schon einmal und beide können als gescheitert angesehen werden.
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Beitrag(#1709285) Verfasst am: 03.12.2011, 22:52    Titel: Antworten mit Zitat

Ich finde das Beispiel Sprache zeigt gerade, wie die Idee einer evolutionären Entwicklung auf andere Bereiche angewedet werden kann, wenn auch nicht 1zu1.
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Marcellinus
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Beitrag(#1709310) Verfasst am: 03.12.2011, 23:57    Titel: Antworten mit Zitat

L.E.N. hat folgendes geschrieben:
Ich finde das Beispiel Sprache zeigt gerade, wie die Idee einer evolutionären Entwicklung auf andere Bereiche angewedet werden kann, wenn auch nicht 1zu1.

Können ja. nur kommt nichts Geistreiches dabei heraus, was man nicht vorher schon mitgebracht hat. Modelle sind dazu da, Zusammenhänge zu erklären. Die Mem-Theorie, denn darum handelt es sich eigentlich, erklärt aber nichts, sondern es geht nur darum, eine Theorie zu verteidigen, die man mit aller Gewalt auf andere Bereiche übertragen will. Eigentlich geht es um die Rechtfertigung einer Ideologie.
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unquest
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Beitrag(#1709315) Verfasst am: 04.12.2011, 00:05    Titel: Re: Norbert Hoerster aus GBS ausgetreten Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:

Versuche, Modelle aus der Biologie in die Soziologie zu übertragen, gab es mit der Soziobiologie und der Mem-Theorie schon einmal und beide können als gescheitert angesehen werden.

Eigentlich sollte man es seit Galton schon besser wissen. zwinkern
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fwo
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Beitrag(#1709355) Verfasst am: 04.12.2011, 06:43    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
L.E.N. hat folgendes geschrieben:
Ich finde das Beispiel Sprache zeigt gerade, wie die Idee einer evolutionären Entwicklung auf andere Bereiche angewedet werden kann, wenn auch nicht 1zu1.

Können ja. nur kommt nichts Geistreiches dabei heraus, was man nicht vorher schon mitgebracht hat. Modelle sind dazu da, Zusammenhänge zu erklären. Die Mem-Theorie, denn darum handelt es sich eigentlich, erklärt aber nichts, sondern es geht nur darum, eine Theorie zu verteidigen, die man mit aller Gewalt auf andere Bereiche übertragen will. Eigentlich geht es um die Rechtfertigung einer Ideologie.

Sorry, aber mir geht es nicht um die Mem-Theorie, was ich von der halte, haben wir eigentlich schon mal in einem anderen Thread geklärt. Zur Betrachtung einer Evolution der Sprache:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
...
Wo das Problem ist? Schon Sprache wird nicht so weitergegeben. Wie bringst du zB. Veränderung der Sprache durch Wanderungen oder Kolonisierung darin unter?...

Wie wird Sprache nicht weitergegeben? Ist es nicht so, dass die Sprache der Kindergeneration eine leicht veränderte aber immer noch sehr konservative Kopie der Sprache der Elterngeneration ist? Können Eltern und Kinder sich nicht mehr verständigen?
Was ist mit Wanderungen? Meinst Du soetwas wie eine lokale Isolation und demensprechend Fixierung (Ausschluss aus der Drift der Hauptpopulation) mit zusätzlichen Einsprengseln (Bastardisierungstendenzen) in der neuen Umgebung wie z.B. das "stehengebliebene" Deutsch, das wir bei den Donauschwaben, in Namibia, oder den Amish finden? Wo ist das Problem?

Zumindest für die Vergangenheit ist das alles einfach - dass wir heute im Zeitalter der weltweiten Kommunikation da mehr Schwierigkeiten bekommen, ist auch klar - damit kämpft die Humangenetik allerdings auch, wenn wir uns mal an die Diskussion über die Erkennbarkeit menschlicher Subspezies erinnern.

Ansonsten ist der Hinweis auf die kosmische Entwicklung Kabbes, wir haben da weder Kopiervorgänge noch einen Wettbewerb um Ressourcen, da ist der Evolutionsbegriff überhaupt nicht sinnvoll anzuwenden, es sei denn man benutzt ihn als Synonym für Entwicklung, das tue ich aber ausdrücklich nicht. Und bei der Soziobiologie vertust Du dich nur: Die ist innerhalb der Biologie ein Meilenstein und wird eigentlich nur bei der Anwendung auf homo sapiens von einigen Leuten angefeindet, teils vielleicht zu Recht, teils aus Unverständnis. Ich halte das im Wesentlichen für Reviergeschrei - tillichs Formulierung von den "übergriffigen Biologen" ist da sehr vielsagend.

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Lamarck
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Beitrag(#1709379) Verfasst am: 04.12.2011, 11:46    Titel: Re: Norbert Hoerster aus GBS ausgetreten Antworten mit Zitat

Hi Kival!


Kival hat folgendes geschrieben:

Ich glaube nicht, dass deine Beispiele zwangsläufig der systemtheoretischen Interpretation von Evolution folgen. Fwo vermitelt hier aber den Eindruck, dass wäre die einzig wahre, vernünftige Definition von Evolution, während es natürlich auch in der Biologie bei weitem nicht alle sind. Ich kann nicht einschätzen, wie stark die Strömung in der Tradition von Maturana und co. in der Evolutionsbiologie ist, aber es ist definitiv nicht die einzige Strömung, die es dort gibt.

Noch seltsamer wird dann die Formulierung, Evolution sei schon immer auf mehr als die Biologie bezogen gewesen. Das stimmt natürlich mehr oder weniger für den systemtheoretischern Evolutionsbegriff, der seine Ursprünge wohl eher in der Kybernetik hat, aber eben nicht auf den älteren Evolutionsbegriff in der Biologie, wie man ihn dann beispielsweise bei Darwin findet.

Während die Systemtheorie für die Biologie vielleicht noch unproblematisch sein mag (hier habe ich nur nicht gut begründete Zweifel), sieht sie sich dann in der Soziologie dem eklatanten Problem gegenüber, den Bezug zur Grundlage von Gesellschaften, nämlich den Menschen, zu verlieren. Die Systemtheorie ist hier bestenfalls für eine oberflächliche Beschreibung von Vorgängen geeignet, ohne dabei reale Mechanismen zu beschreiben. Das hängt sicherlich auch mit der Verbindung zum radikalen Konstruktivismus zusammen, den fwo aber wohl ablehnt (?).

Diese Diskussion gehört in dieser Tiefe hier eigentlich nicht herein, aber da es ja anscheinend als Argument gegen Hoerster verwendet wurde/wird, wollte ich das hier nicht so stehen lassen. Zur allgemeinen Problematik schreibe ich später noch etwas, grundsätzlich finde ich aber erschreckend, wie hier mit einem Abweichler umgegangen wird. Haben wir jetzt wieder Häretiker an der Aufklärung?


Die Systemtheorie hat ihre Ursprünge in der Biologie. Ausgehend von seiner "Biophysik des Fließgleichgewichts" hat diese Ludwig von Bertalanffy entwickelt:








Fließgleichgewichte beruhen auf Prinzipien der Rückkopplung, die Systemtheorie ist schon die entsprechende Verallgemeinerung. Die hier zu erkennenden Phänomene der Steuerung und Regelung führen zu einem nahtlosen Übergang in die Kybernetik. Dieser Titel war bahnbrechend; mathematisch und im Optimismus bezüglich des Potentials zur Verallgemeinerung (Mensch & Maschine! Darin steckt dann auch die Idee des Cyborgs. Die heute nicht zuletzt medizinisch relevante Systembiologie geht diesbezüglich ebenfalls letztlich auf Wiener zurück):









Kybernetik wird als Begriff heute kaum mehr erwähnt; es erfolgte - wohl aus pragmatischen Gründen - dase Aufsplitten in die zwangsläufig anwendungsorienten Ingenieurstechniken: Steuerungs- und Regelungstechnik, Informatik, Robotik, ... . Von der Biologie (hier vor allem die Physiologie) ergeben sich dann lt. Riedl (der dafür ziemliche Prügel einstecken musste) dann auch Schnittstellen zur Evolution:









In der Soziologie sieht die Systemtheorie immer etwas seltsam aus: Kaum ein einführendes Werk verzichtet da auf ein physikalische Fundament, um dann mittels einer großen Lücke auf Gesellschaften überzuleiten. Hier trifft sicherlich Deine Kritik an Oberflächlichkeiten. Systeme sind allerdings naturgemäß schon von gewisser Universalität - was selbstverständlich nicht bedeutet, dass diese sich nicht naturwissenschaftlich exakt behandeln lassen... .




Cheers,

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Zuletzt bearbeitet von Lamarck am 04.12.2011, 11:58, insgesamt einmal bearbeitet
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Kival
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Beitrag(#1709382) Verfasst am: 04.12.2011, 11:55    Titel: Re: Norbert Hoerster aus GBS ausgetreten Antworten mit Zitat

Lamarck hat folgendes geschrieben:
In der Soziologie sieht die Systemtheorie immer etwas seltsam aus: Kein einführendes Werk verzichtet da auf ein physikalische Fundament, um dann mittels einer großen Lücke auf Gesellschaften überzuleiten. Systeme sind wohl schon etwas sehr universelles ... .


Ehrlich gesagt kenne ich kein einziges Werk der Systemtheorie in der Soziologie, welches sich auch physikalische Fundamente bezieht. Luhmann beispielsweise bezieht sich explizit auf Kybernetik und Biologie, gerne auch auf Neurobiologie (um seinen operativen Konstruktivismus zu rechtfertigen). Auch bei Parsons, dem zweiten (oder eher ersten) "großen" Systemtheoretiker in der Soziologie sehe ich keine physikalischen Bezüge, nur einige auf die Biologie und die soziologischen Klassiker. Mag sein, dass das Zufall ist, aber mich wundert schon, wie Du auf die Idee kommst, hier würde in erster Linie von einem physikalischen Fundament ausgegangen.

Ansonsten mag der erste Autor der Systemtheorie Biologie gewesen sein, den Beitrag der Kybernetik darf man aber auf keinen Fall unterschtzen. Entscheidend für mein Argument war aber, dass die systemtheoretische Interpretation von Evolution eine relativ neue Erscheinung ist und auch nicht die einzig existierende.
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Tom der Dino
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Beitrag(#1709389) Verfasst am: 04.12.2011, 12:09    Titel: Re: Norbert Hoerster aus GBS ausgetreten Antworten mit Zitat

Kival hat folgendes geschrieben:
Lamarck hat folgendes geschrieben:
In der Soziologie sieht die Systemtheorie immer etwas seltsam aus: Kein einführendes Werk verzichtet da auf ein physikalische Fundament, um dann mittels einer großen Lücke auf Gesellschaften überzuleiten. Systeme sind wohl schon etwas sehr universelles ... .


Ehrlich gesagt kenne ich kein einziges Werk der Systemtheorie in der Soziologie, welches sich auch physikalische Fundamente bezieht. Luhmann beispielsweise bezieht sich explizit auf Kybernetik und Biologie, gerne auch auf Neurobiologie (um seinen operativen Konstruktivismus zu rechtfertigen). Auch bei Parsons, dem zweiten (oder eher ersten) "großen" Systemtheoretiker in der Soziologie sehe ich keine physikalischen Bezüge, nur einige auf die Biologie und die soziologischen Klassiker. Mag sein, dass das Zufall ist, aber mich wundert schon, wie Du auf die Idee kommst, hier würde in erster Linie von einem physikalischen Fundament ausgegangen.

Ansonsten mag der erste Autor der Systemtheorie Biologie gewesen sein, den Beitrag der Kybernetik darf man aber auf keinen Fall unterschtzen. Entscheidend für mein Argument war aber, dass die systemtheoretische Interpretation von Evolution eine relativ neue Erscheinung ist und auch nicht die einzig existierende.


Fett von mir.

Gibt es einen prinzipiellen Unterschied zwischen Biologie und Physik? Da die Biologie auf der Chemie und Physik beruht und die Chemie ebenfalls auf der Physik beruht, ist eine Berufung auf die Biologie doch äquivalent mit einer Berufung auf die Physik.
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Lamarck
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Beitrag(#1709395) Verfasst am: 04.12.2011, 12:44    Titel: Re: Norbert Hoerster aus GBS ausgetreten Antworten mit Zitat

Hi Kival!


Kival hat folgendes geschrieben:

Ehrlich gesagt kenne ich kein einziges Werk der Systemtheorie in der Soziologie, welches sich auch physikalische Fundamente bezieht. Luhmann beispielsweise bezieht sich explizit auf Kybernetik und Biologie, gerne auch auf Neurobiologie (um seinen operativen Konstruktivismus zu rechtfertigen). Auch bei Parsons, dem zweiten (oder eher ersten) "großen" Systemtheoretiker in der Soziologie sehe ich keine physikalischen Bezüge, nur einige auf die Biologie und die soziologischen Klassiker. Mag sein, dass das Zufall ist, aber mich wundert schon, wie Du auf die Idee kommst, hier würde in erster Linie von einem physikalischen Fundament ausgegangen.



Da muss ich wohl zunächst etwas sensibilisieren - schaue Dir nur mal Luhmanns 'Modell der Kommunikation' an ... . zwinkern

BTW: Gerade Parsons hantiert im Zusammenhang mit seinem Strukturfunktionalismus mit Prozessen, die er als Bestandteil einer "soziokulturellen Evolution" begreift.




Kival hat folgendes geschrieben:

Ansonsten mag der erste Autor der Systemtheorie Biologie gewesen sein, den Beitrag der Kybernetik darf man aber auf keinen Fall unterschtzen.


Zwischen Systemtheorie und Kybernetik besteht kein eigentlicher Unterschied (Oder, wenn Du es so willst: Die Kybernetik ist die Praxis der Systemtheorie).




Kival hat folgendes geschrieben:

Entscheidend für mein Argument war aber, dass die systemtheoretische Interpretation von Evolution eine relativ neue Erscheinung ist und auch nicht die einzig existierende.


Die systemtheoretische Sicht hat ihren Ursprung in der Biologie und ist gleichwohl erst relativ spät in der Evolutionsbiologie explizit berücksichtigt worden. Natürlich ist ein Begriff wie 'Ökosystem' ein systemtheoretischer, selbst wenn dieser vor der Systemtheorie Bertalanffys entstanden ist ... .




Cheers,

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Kival
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Beitrag(#1709399) Verfasst am: 04.12.2011, 12:49    Titel: Re: Norbert Hoerster aus GBS ausgetreten Antworten mit Zitat

Zitat:
Zitat:
Ehrlich gesagt kenne ich kein einziges Werk der Systemtheorie in der Soziologie, welches sich auch physikalische Fundamente bezieht. Luhmann beispielsweise bezieht sich explizit auf Kybernetik und Biologie, gerne auch auf Neurobiologie (um seinen operativen Konstruktivismus zu rechtfertigen). Auch bei Parsons, dem zweiten (oder eher ersten) "großen" Systemtheoretiker in der Soziologie sehe ich keine physikalischen Bezüge, nur einige auf die Biologie und die soziologischen Klassiker. Mag sein, dass das Zufall ist, aber mich wundert schon, wie Du auf die Idee kommst, hier würde in erster Linie von einem physikalischen Fundament ausgegangen.


Fett von mir.

Gibt es einen prinzipiellen Unterschied zwischen Biologie und Physik? Da die Biologie auf der Chemie und Physik beruht und die Chemie ebenfalls auf der Physik beruht, ist eine Berufung auf die Biologie doch äquivalent mit einer Berufung auf die Physik.


Ich hatte Lamarck so verstanden, dass er physikalisch im Gegensaz zu Biologie hier betrachtete. In etwa so:

Soziologische Systemtheorie:

Physik->Soziales System

Eigentlich fehlen aber:

Physik->Chemie->Biologie->Soziales System

(natürlich nur sehr verkürzt).

Ich weiß jetzt aber gar nicht mehr, was er mit physikalisch eigentlich sagen will.
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Kival
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Beitrag(#1709401) Verfasst am: 04.12.2011, 12:54    Titel: Re: Norbert Hoerster aus GBS ausgetreten Antworten mit Zitat

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Hi Kival!


Kival hat folgendes geschrieben:

Ehrlich gesagt kenne ich kein einziges Werk der Systemtheorie in der Soziologie, welches sich auch physikalische Fundamente bezieht. Luhmann beispielsweise bezieht sich explizit auf Kybernetik und Biologie, gerne auch auf Neurobiologie (um seinen operativen Konstruktivismus zu rechtfertigen). Auch bei Parsons, dem zweiten (oder eher ersten) "großen" Systemtheoretiker in der Soziologie sehe ich keine physikalischen Bezüge, nur einige auf die Biologie und die soziologischen Klassiker. Mag sein, dass das Zufall ist, aber mich wundert schon, wie Du auf die Idee kommst, hier würde in erster Linie von einem physikalischen Fundament ausgegangen.



Da muss ich wohl zunächst etwas sensibilisieren - schaue Dir nur mal Luhmanns 'Modell der Kommunikation' an ... . zwinkern

BTW: Gerade Parsons hantiert im Zusammenhang mit seinem Strukturfunktionalismus mit Prozessen, die er als Bestandteil einer "soziokulturellen Evolution" begreift.


Ich kenne beides und weiß nicht, was das mit Physik zu tun hat. Bleiben wir mal bei Luhmanns Modell der Kommunikation, da ich damit zur Zeit sowieso beschäftigt bin: Was ist hier die physikalische Grundlage? Was ist das fehlende zwischen Physik und sozialem System bei Luhmanns Kommunikationsmodell? Ignorieren wir mal soweit, dass ich von Luhmanns Kommunikationsmodell ungefähr so viel halte wie von dem größten Rest seiner Theorie, nämlich nichts. zwinkern
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Beitrag(#1709418) Verfasst am: 04.12.2011, 13:50    Titel: Re: Norbert Hoerster aus GBS ausgetreten Antworten mit Zitat

Hi Kival!


Kival hat folgendes geschrieben:

Ich hatte Lamarck so verstanden, dass er physikalisch im Gegensaz zu Biologie hier betrachtete. In etwa so:

Soziologische Systemtheorie:

Physik->Soziales System

Eigentlich fehlen aber:

Physik->Chemie->Biologie->Soziales System

(natürlich nur sehr verkürzt).

Ich weiß jetzt aber gar nicht mehr, was er mit physikalisch eigentlich sagen will.


In der Physik (bzw. in der physikalischen Methodik) begründet. Ein wie auch immer gearteter Reduktionismus ist hierdurch nicht angesprochen.




Cheers,

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Beitrag(#1709421) Verfasst am: 04.12.2011, 14:19    Titel: Re: Norbert Hoerster aus GBS ausgetreten Antworten mit Zitat

Hi Kival!


Kival hat folgendes geschrieben:

Lamarck hat folgendes geschrieben:

Kival hat folgendes geschrieben:

Ehrlich gesagt kenne ich kein einziges Werk der Systemtheorie in der Soziologie, welches sich auch physikalische Fundamente bezieht. Luhmann beispielsweise bezieht sich explizit auf Kybernetik und Biologie, gerne auch auf Neurobiologie (um seinen operativen Konstruktivismus zu rechtfertigen). Auch bei Parsons, dem zweiten (oder eher ersten) "großen" Systemtheoretiker in der Soziologie sehe ich keine physikalischen Bezüge, nur einige auf die Biologie und die soziologischen Klassiker. Mag sein, dass das Zufall ist, aber mich wundert schon, wie Du auf die Idee kommst, hier würde in erster Linie von einem physikalischen Fundament ausgegangen.


Da muss ich wohl zunächst etwas sensibilisieren - schaue Dir nur mal Luhmanns 'Modell der Kommunikation' an ... . zwinkern

BTW: Gerade Parsons hantiert im Zusammenhang mit seinem Strukturfunktionalismus mit Prozessen, die er als Bestandteil einer "soziokulturellen Evolution" begreift.


Ich kenne beides und weiß nicht, was das mit Physik zu tun hat. Bleiben wir mal bei Luhmanns Modell der Kommunikation, da ich damit zur Zeit sowieso beschäftigt bin: Was ist hier die physikalische Grundlage? Was ist das fehlende zwischen Physik und sozialem System bei Luhmanns Kommunikationsmodell? Ignorieren wir mal soweit, dass ich von Luhmanns Kommunikationsmodell ungefähr so viel halte wie von dem größten Rest seiner Theorie, nämlich nichts. zwinkern


Ich finde augenblicklich nicht die originale Luhmannsche Grafik im Netz, dies hier ist naturgemäß ähnlich:








Bei Sender/Empfänger mag man zwar Assoziationen an einen Briefkasten haben; diese Begriffe eignen sich aber aufgrund ihres Hintergrunds assoziativ für physikalisch-technische Definitionen, die zudem für die eigenen Zwecke definiert werden. Beim Luhmannschen Kommunikationsmodell kann es sich folglich nur um eine Analogie zu physikalisch-technischen Begründungen handeln. Eigenständige - hier: soziologische - methodische Begründungen werden allerdings ausgespart. Soziologie ist aber offensichtlich doch etwas anderes als Fernmeldetechnik. Solche unreflektierten Analogien bilden also eine gewisse Fehlerquelle (nennen wir es 'Soziologismus'). Im Extremfall:








Anderes Beispiel: So wird berechtigt vom genetischen Code geredet. Diese Berechtigung erstreckt sich aber nur über einem gewissen Bereich, da 'Code' hier über einen gewissen metaphorischen Gehalt verfügt. Die Frage, wer diesen 'Code' geschrieben hat, ist somit mit einer gewissen Vorsicht zu begegnen ... . Auch ist es nicht nötig, in einem Lehrbuch der Genetik die Grundlagen von C++ zu erörtern .....




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mat-in
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Beitrag(#1709442) Verfasst am: 04.12.2011, 16:38    Titel: Re: Norbert Hoerster aus GBS ausgetreten Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
....
OT: Nur so als Hinweis:
Evolution ist ein Prozess, ...

Nur so aus Neugier, hast du mal außerhalb der Biologie ein Beispiel?

Evolutionäre Algorytmen beispielsweise finden in der Informatik für Problemlösungen Anwendung die man anders gar nicht angehen könnte. Beispiel:

Wir wollen 20 Schulklassen auf 20 Räume verteilen. Natürlich gibt es spezielle Räume, Sportunterricht im Chemieraum macht keinen Sinn, mehr Klassen gleichzeitig in den Chemieunterricht stecken als es Chemieräume gibt auch nicht... und so weiter. Das ganze ist unheimlich komplex als Problem und es gibt keine "eindeutige" beste Lösung die ein Computer vor Ende des Schuljahres Ausspucken könnte.

Man geht also so vor, daß man Die Klassen über die Räume verteilt, bewertet wie gut das ganze ist (minuspunkte für Sport im Chemieraum, usw). Dann verändert man das ganze ein par mal und bewertet erneut. Dann verändert man das am besten bewertete wieder ein par mal und bewertet diese Veränderungen. So kommt man in relativ wenigen Rechenschritten zu einem an die Bedingungen (klassen, ressoucren) angepaßten sehr guten Stundenplan.

Praktische Anwendung zum Beispiel hier zu sehen:
http://www.dschensky.de/Software/stundenplan.htm
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