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Yog-Sothoth
einfach nur zu faul ...



Anmeldungsdatum: 25.08.2008
Beiträge: 184
Wohnort: elbflorenz

Beitrag(#1305184) Verfasst am: 12.06.2009, 01:07    Titel: Antworten mit Zitat

Hornochse hat folgendes geschrieben:
Die Spaltung zwischen einem orthodoxen Kommunisten und Nietzsche setzt grundsätzlicher an: Bei Fragen von Kollektivismus und Individualismus, Objektivität und Perspektivismus u.a.


genau, das meinte ich unter anderem auch. dass er solche fragen (z.b. individualismus "vs." kollektivismus) schon bei anderen betrachtungen, beispielsweise das christentum usw, abhandelte, und dann nur in knappen worten auf den sozialismus ausdehnte. so z.b. einen "kollektivismus" des christemtums mit dem des sozialismsus identifiziert und so eine betrachtung und kritik des "christlichen kollektivismus" für ihn ausreichte.
so bliebe dann auch ein grundsätzlicher unterschied zwischen nietzsches denken und dem sozialismus erhalten.

Zitat:

Man kann Nietzsche zu recht als Elitaristen, Rassisten uvm. bezeichen - doch all das lässt weite Teile seiner Argumentation, seines Standpunktes unbeschadet. Die ausschließliche Fokussierung von offensichtlichen und heute von der überwiegenden Mehrheit geächteten Positionen wird mit einer Vehemenz betrieben, die für mich darauf hindeutet, dass es hier nur um die Ausschaltung eines ungeliebten Autors geht, mit dessen tatsächlich brauchbaren Argumenten man sich nicht auseinandersetzen will.


ja, man könnte genau so gut kant (und wahrscheinlich vielen anderen autoren der damaligen zeit) rassismus vorwerfen und seine philosophie verwerfen.
_________________
hm ...
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Hornochse
Orthographiefetischist



Anmeldungsdatum: 22.07.2007
Beiträge: 8223
Wohnort: Bundeshauptstadt

Beitrag(#1305189) Verfasst am: 12.06.2009, 01:20    Titel: Antworten mit Zitat

Yog-Sothoth hat folgendes geschrieben:
so bliebe dann auch ein grundsätzlicher unterschied zwischen nietzsches denken und dem sozialismus erhalten.


Auf jeden Fall, wenngleich der Antagonismus hier weniger drastisch ausfällt.

Yog-Sothoth hat folgendes geschrieben:
Zitat:

Man kann Nietzsche zu recht als Elitaristen, Rassisten uvm. bezeichen - doch all das lässt weite Teile seiner Argumentation, seines Standpunktes unbeschadet. Die ausschließliche Fokussierung von offensichtlichen und heute von der überwiegenden Mehrheit geächteten Positionen wird mit einer Vehemenz betrieben, die für mich darauf hindeutet, dass es hier nur um die Ausschaltung eines ungeliebten Autors geht, mit dessen tatsächlich brauchbaren Argumenten man sich nicht auseinandersetzen will.


ja, man könnte genau so gut kant (und wahrscheinlich vielen anderen autoren der damaligen zeit) rassismus vorwerfen und seine philosophie verwerfen.


Genau. Über Fragen wie diese haben wir hier schon x-Seiten geschrieben.
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Alles könnte anders sein - und fast nichts kann ich ändern.

- Niklas Luhmann -
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Skeptiker
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Anmeldungsdatum: 14.01.2005
Beiträge: 16834
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Beitrag(#1305295) Verfasst am: 12.06.2009, 10:56    Titel: Nietzsche und sein Kampf gegen den Sozialismus Antworten mit Zitat

Yog-Sothoth hat folgendes geschrieben:
Yogosh hat folgendes geschrieben:
Hornochse hat folgendes geschrieben:
Nietzsche stellt für viele orthodoxe Kommunisten aller Facetten eine ernsthafte Bedrohung dar. Solche Reaktionen sind da zu erwarten. zwinkern


Das ist mir neu. Und das meine ich jetzt kein bißchen rhetorisch. Kannst Du das kurz skizzieren? Ich würde gerne wissen warum. Aus dem Bauch raus würde ich vermuten dass Nietzsches Denken viel zu weit entfernt ist um einen orthodoxen Kommunisten zu verunsichern.


vielleicht kann ich deine frage auch beantworten.
wenn ich mich recht erinnere, dann soll in nietzsches schriften z.b. nicht einmal das wort "marx" vorkommen. bei "kommunismus" steht es glaube ich ähnlich (oder nur ein zwei mal). es gibt allerings einige wenige stellen bei denen er sich dem sozialismus widmet, vor allem bei "menschliches allzumenschliches".
augenscheinlich hat sich nietzsche mit dem sozialismus wenig beschäftigt, nahm ihn nicht besonders wahr, ignorierte ihn oder maß ihm keine besondere bedeutung bei. vielleicht war es eine dieser möglichkeiten.
oder aber er widmete sich ihm nicht besonders, weil er ihn an anderer stelle schon mit abhandelte. es ist ja kein geheimnis, dass sich nietzsches denken gegen den "pöbel" richtete, gegen die sklavenmoral etc. ich meine, dass er sich nicht sonderlich damit beschäftigte, weil er glaubte, ihn damit schon kritisiert zu haben. eben als konzept der "schwachen und missratenen", weshalb es keiner besonderen beachtung mehr bedurfte.
das wäre zumindest eine möglichkeit, die ich für wahrscheinlich halte.


Also, ich will mal ein paar Dinge klarstellen:

Erstens geht es nicht nur um Nietzsche. Sondern der steht eigentlich nur für eine gesamte reaktionäre und antiaufklärerische Strömung, die das Ziel hat, die Errungschenschaften der französischen Revolution zu revidieren. Vom Bestreben, weitergehende gesellschaftliche Revolutionierungen zu verhindern, mal ganz zu schweigen. Allerdings hat insbesondere N. hier schon eine exponierte Position, weil er es schafft, die fortschrittsfeindlichen Bestrebungen der reaktionärsten Schichten und Klassen auf den Punkt zu bringen.

Insofern sind Nietzsche & co. also nicht nur eine Bedrohung für den Marxismus, sondern für die Menschheit insgesamt, bzw. für jeden Fortschritt, der mehr ist als nur ein Fortschritt in der Produktions- und Waffentechnologie oder polizeilicher Methoden der Aufstandsbekämpfung.

Insofern nimmt sein Kampf gegen den Sozialismus nicht nur eine Nebenposition in seiner Philosophie ein, sondern dieser Kampf ist der Kern.

Und auch seine angebliche "Kritik" des Christentums richet sich ganz gezielt ausschließlich gegen dessen humane Anteile. Er redet dann hier und da von der "Umwertung der Moral", was nichts anderes meint als die Vernichtung jeder humanistischen Moral und deren Ersetzung durch fachistoide Rücksichtslosigkeit.

Die Ablehnung der sogenannten "Herdentiermoral" ist bei näherem Hinsehen die Ablehnung des Klassenkampfes gegen die Herrschenden, welche er als Elite ansieht oder aber als geborene Elite sehen möchte. Da steckt also auch ein astreiner Sozialdarwinismus drin, weniger ein Rassismus übrigens.

Der Marxismus mit seiner ausgefeilten Analyse der Kapitalstruktur war ihm natürlich unbekannt. Aber das, was ihm an sozialistischen Strömungen bekannt war, das war ihm eine Bedrohung der bürgerlichen Klassenherrschaft. Ein paar Jahre nach Nietzsches Tod wurde ein untalentierter Anstreicher von der deutschen herrschenden "Elite" zum Führer gegen die Bedrohung des Kommunismus berufen. Dieser Führer verkörperte zweifellos alle militaristischen Tugenden, die Nietzsche im preußischen Soldatentum erblickte. Und wie Mussolini schon sagte, besteht der Faschismus in seinem Kern darin, den Marxismus mit Stumpf und Stiel auszurotten.

Da die von mir angegebene Quelle offenbar von Euch nicht gelesen wurde, zitiere ich im folgenden mal daraus. Ist etwas länger, aber eine schöne Chronik, die auch den gesellschaftlichen Kontext noch mal klar aufzeigt:

Zitat:
1871, unmittelbar nach dem Sturz der Pariser Kommune schreibt Nietzsche: „Wir dürfen wieder hoffen! Unsere deutsche Mission ist noch nicht vorbei! ich bin mutiger als je: denn noch nicht alles ist unter französisch-jüdischer Verflachung und ‚Eleganz’ und unter dem gierigen Trieben der ‚Jetztzeit’ zugrunde gegangen. Es gibt doch noch Tapferkeit, und zwar deutsche Tapferkeit, die etwas innerlich anderes ist als der élan unserer bedauernswerten Nachbarn. Über den Kampf der Nationen hinaus hat uns jener internationale Hydrakopf erschreckt, der plötzlich so furchtbar zum Vorschein kam, als Anzeiger ganz anderer Zukunftskämpfe.“

1873: „Mein Ausgangspunkt ist der preußische Soldat: hier ist eine wirkliche Convention, hier ist Zwang, Ernst und Disciplin, auch in Betreff der Form.“ (S. 284)

1873: „Die allgemeinste Bildung, d.h. die Barbarei ist eben die Voraussetzung des Communismus ... Die allgemeine Bildung geht in Haß gegen die wahre Bildung über ... Keine Bedürfnisse haben ist für das Volk das größte Unglück, erklärte einmal Lassalle. Daher die Arbeiterbildungsvereine: als deren Tendenz mir mehrfach bezeichnet worden ist, Bedürfnisse zu erzeugen ... Also der Trieb nach möglichster Verallgemeinerung der Bildung hat seine Quelle in einer völligen Verweltlichung, in einer Unterordnung der Bildung als eines Mittels unter den Erwerb, unter das roh verstandene Erdenglück.“ (S. 285)

Anfang der 1870er Jahre: „Und wenn es wahr sein sollte, daß die Griechen an ihrem Sklaventum zugrunde gegangen sind, so ist das andere viel gewisser, daß wir an dem Mangel des Sklaventums zugrunde gehen werden.“ (S. 286)

Zweite Hälfte der 1870 Jahre: „Eine höhere Kultur kann allein dort entstehen, wo es zwei unterschiedene Kasten der Gesellschaft gibt: die der Arbeitenden und die der Müßigen, zu wahrer Muße Befähigten; oder, mit stärkerem Ausdruck: die Kaste der Zwangs-Arbeit und die Kaste der Frei-Arbeit.“ (S. 292)

1878: DasVolk ist vom Sozialismus, als einer Lehre von der Veränderung des Eigentumserwerbs, am entferntesten: und wenn es erst einmal die Steuerschraube in den Händen hat, durch die großen Majoritäten seiner Parlamente, dann wird es mit der Progressivsteuer dem Kapitalisten-, Kaufmanns- und Börsenfürstentum an den Leib gehen und in der Tat langsam einen Mittelstand schaffen, der den Sozialismus wie eine überstandene Krankheit vergessen darf.“ (S. 293)

1887: „Fügen wir uns in die Tatsachen: das Volk hat gesiegt – oder ‚die Sklaven’ oder ‚der Pöbel’ oder ‚die Herde’ oder wie sie es zu nennen belieben ...’Die Herren’ sind abgetan; die Moral des gemeinen Mannes hat gesiegt ... Die ‚Erlösung’ des Menschengeschlechts (nämlich von den ‚Herren’) ist auf dem besten Wege; alles verjüdelt oder verchristelt oder verpöbelt sich zusehens (was liegt an Worten!). Der Gang dieser Vergiftung durch den ganzen Leib der Menschheit hindurch, scheint unaufhaltbar...“ (S. 294)

1887: „Das Problem – wohin? Es bedarf eines neuen Terrorismus.“

1888: „Wen hasse ich unter dem Gesindel von Heute am besten? Das Sozialisten-Gesindel, die Tschandala-Apostel, die den Instinkt, die Lust, das Genügsamkeits-Gefühl des Arbeiters untergraben, - die ihn neidisch machen, die ihn Rache lehren ... Das Unrecht liegt niemals in ungleichen Rechten, es liegt im Anspruch auf ‚gleiche’ Rechte...“

1888: „Die Dummheit, im Grund die Instinkt-Entartung, welche heute die Ursache aller Dummheiten ist, liegt darin, daß es eine Arbeiterfrage gibt. Über gewisse Dinge fragt man nicht: erster Imperativ des Instinkts. – Ich sehe durchaus nicht ab, was man mit dem europäischen Arbeiter machen will, nachdem man erst eine Frage aus ihm gemacht hat. Er befindet sich viel zu gut, um nicht Schritt für Schritt mehr zu fragen, unbescheidner zu fragen. Er hat zuletzt die große Zahl für sich. Die Hoffnung ist vollkommen vorüber, daß hier sich eine bescheidene und selbstgenügsame Art Mensch, ein Typus Chinese zum Stande herausbilde: und dies hätte Vernunft gehabt, dies wäre geradezu eine Notwendigkeit gewesen. ... man hat den Arbeiter militärtüchtig gemacht, man hat ihm das Koalitions-Recht, das politische Stimmrecht gegeben: was Wunder, wenn der Arbeiter seine Existenz heute bereits als Notstand (moralisch ausgedrückt als Unrecht -) empfindet? aber was will man? Nochmals gefragt. Will man einen Zweck, muß man auch die Mittel wollen. Will man Sklaven, so ist man ein Narr, wenn man sie zu Herren erzieht.-“ (S. 295)

80er Jahre (Wille zur Macht): Über die „Herren der Erde“: „Offenbar werden sie erst nach ungeheuren sozialistischen Krisen sichtbar werden und sich konsolidieren.“ (S. 296)

Die Philosophie von Nietzsche ist aphoristisch, jeder kann sich aus dieser herausholen, was in seine Ideologie passt. Dennoch hat dieses widersprüchliche Denken nach Lukács einen systematischen Bezugspunkt, der sich trotz seiner „politischen Naivität“ und „ökonomischen Unwissenheit“ (S. 292) durch sein gesamtes Werk durchhält: Dies ist der Kampf gegen den Sozialismus. Die Zitate aus den verschiedenen Perioden seines Werkes belegen diesen Gedanken eindrücklich.


http://www.erinn16.erinnyen.de/rezension_2.htm


Erst wenn man diese Dinge berücksichtigt, hat man eine Basis für eine Diskussion - oder auch ein gutes Referat ...-! Cool

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Beitrag(#1305344) Verfasst am: 12.06.2009, 11:56    Titel: Re: Nietzsche und sein Kampf gegen den Sozialismus Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Und auch seine angebliche "Kritik" des Christentums richet sich ganz gezielt ausschließlich gegen dessen humane Anteile.


[...]
Erst wenn man diese Dinge berücksichtigt, hat man eine Basis für eine Diskussion - oder auch ein gutes Referat ...-!


Könntest Recht haben. Seine Religionslehrerin würde Dir vermutlich eine Eins plus mit Sternchen geben.
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Yog-Sothoth
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Beitrag(#1305400) Verfasst am: 12.06.2009, 13:29    Titel: Re: Nietzsche und sein Kampf gegen den Sozialismus Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
[...]


von meiner position aus kann ich das natürlich nicht so unerwidert stehen lassen. zwinkern

ich werde einfach auch einmal ein paar textstücke von nietzsche anführen, welche das bild vielleicht etwas gerade rücken:

" [...] die gebildeten stände und staaten werden von einer großartig verächtlichen geldwirtschaft fortgerissen. niemals war die welt mehr welt, nie ärmer an liebe und güte." (schopenhauer als erzieher 4)

" der mensch ist gegen alles, was er nur vorübergehend besitzt, ohne vorsorge und aufopferung, er verfährt damit ausbeuterisch, als räuber oder liederlicher verschwender. wenn plato [und die sozilisten] mein[en], die selbstsucht werde mit der aufhebung des besitzes aufgehoben, so ist [ihnen] zu antworten, dass, nach abzug der selbstsucht, vom menschen jedenfalls nicht die vier kardinaltugenden übrigbleiben werden [...] platos utopische grundmelodie, die jetzt noch von den sozialisten fortgesungen wird, beruht auf einer mangelhaften kenntnis des menschen: [...] er glaubte, wie das ganze altertum an gut und böse wie an weiß und shwarz." (mennschliches allzumenschliches 2, wan. 285)

"die arbeiter in europa [...] sollen ein zeitalter des großen ausschwärmens im europäischen bienenstock heraufführen, wie dergleichen bisher noch nicht erlebt wurde, und, durch diese tat der freizügigkeit im großen stil, gegen die maschine, das kapital und die jetzt ihnen drohende wahl protestieren, entweder sklave des staates oder sklave einer umsturzpartei werden zu müssen." (morgenröte 206)

"der besitz besitzt. - nur bis zu einem gewissen grad macht der besitz den menschen unabhängiger, freier; eine stufe weiter - und der besitz wird zum herrn, der besitzer zum sklaven" (menschliches allzumenschliches 2, mei. 317)

" [...] die drei großen feinde der unabhänhgigkeit [...] sind die habenichtse, die reichen und die parteien." (menschliches allzumenschliches 2, wan. 293)

"wenn drei viertel der höheren gesellschaft dem erlaubten betrug nachhängt und am schlechten gewissen der börse und der spekulation zu tragen hat: was treibt sie? [...] eine furchtbare ungeduld darüber, dass das geld sich zu langsam häuft, und eine ebenso furchtbare lust und liebe zu gehäuftem geld drängt sie bei tag und bei der nacht. in dieser ungeduld und dieser lieber aber kommt jener fanatismus des machtgelüstes wieder zum vorschein, welcher ehemals durch den glauben, im besitz der wahrheit zu sein, entzündet wurde [...] was man ehedem "um gottes willen" tat, tut man jetz um des geldes willen, das heißt, um dessen willen, was jetzt am höchsten machtgefühl und gewissen gibt." (morgenröte 204)

"unsere zeit verträgt nur eine einzige gattung von reichen, solche, welche sich ihres reichtums schämen. hört man von jemandem "er ist sehr reich", so hat man [...] sich gewaltsam seiner humanität [zu] erinnern, um mit einem solchen reichen so verkehren zu können, dass er von unserem ekelgefühl nichts merkt." (menschliches allzumenschliches 2, wan. 209)

"eigentlich ist ja selbst noch alle kaufmanns-moral nur die verklärung der seeräuber-moral: so wohlfeil wie möglich kaufen - womöglich für nichts als die unternehmungskosten -, so teuer wie möglich verkaufen." (menschliches allzumenschliches 2, wan. 22)

das wars, was ich in kürze finden konnte. wahrscheinlich gibt es viel mehr ähnliche stellen.
es stört mich nicht, dass du ihn als antihumanist und antisozialist darstellst. das war er noch heutigem maßstab ohne zweifel.
aber ich verstehe nicht, warum du und andere ihn als "kapitalisten", "reaktionär" oder was auch immer bezeichnest. womöglich hast du hunderte seiten und zitatsammlungen, die zig philosophen als "reaktionäre" "entlarven"...
wenn man nietzsche liest (was du mit sicherheit nicht, oder nur auszugsweise getan hast), dann erfährt man recht schnell, dass nietzsche nicht nur die unteren schichten der damaligen gesellschaft kritisiert, sondern genauso auch die oberen. klar gab es auch eine zeit von "deutscher euphorie" in den frühen 70ern, diese war allgmein in allen schichten verbreitet. aber nietzsche löste sich wenig später auch von dieser. verabschiedete sich vom nationalismus, zog als staatenloser durch europa und sah sich als guter europäer - beschwor diesen herauf.
für nietzsche gab es keinen großen unterschied zwischen den damaligen schichten der gesellschaft, da alle aus dem sklavenaufstand der moral hervorgegangen sind. du kannst nicht einfach sagen, dass nietzsche die arbeiter mit dem sklavenstand, und das bürgertum mit dem herrenstand gleichsetzte. nietzsche machte keine politischen unterscheidungen! er unterschied nach moral. und durch den sieg der sklavenmoral gab es keine herren im sinne nietzsches in deutschland oder europa. diesen müssen erst noch geschaffen werden.
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Zumsel
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Beiträge: 4667

Beitrag(#1305434) Verfasst am: 12.06.2009, 14:28    Titel: Antworten mit Zitat

@ CH1o.t.4

Na, das geht doch schon mal in die richtige Richtung. Trotzdem noch einige Anmerkungen:

CH1o.t.4 hat folgendes geschrieben:
Nietzsche selbst bevorzugt die Herrenmoral, da nur die zum ultimativen Ziel der Menschheit führen wird: dem Übermenschen.


Nein, das kann man so nicht ausdrücken . Wie Yog-Sothoth schon empfohlen hat, solltest du den "Übermenschen" vielleicht besser rauslassen.

CH1o.t.4 hat folgendes geschrieben:
Man solle den Zustand des sich unterwerfenden Kamels8 ein Kamel beugt sich doch auf die Knie, wenn es sein Herr reiten will, oder Zumsel?) verlassen, den Zustand der Schwäche, der noch Religion und metaphysische Gedanken braucht.


Wenn du diesen Bogen unbedingt spannen willst (ich wäre mit "Zarathustra"-Interpretationen ausgesprochen vorsichtig), müsstest du das Kamel eher mit dem asketischen Ideal, wie es in der "Genealogie" beschrieben wird, in Verbindung bringen. Für Philosophie, für "Geistigkeit", galt das entsagende, trieb- und damit lebensverneinende Leben lange Zeit als Voraussetzung. Der Geist als Kamel nimmt alle Entsagungen auf sich, er sieht seine Ehre gerade darin, ein letztlich degeneriertes Leben zu ertragen. Auf dieser Stufe der Geistigkeit richtet sich alles Wollen auf die Negation des Lebens. Denn der Mensch braucht ein Ziel und "will lieber noch das Nichts wollen, als nicht wollen".

CH1o.t.4 hat folgendes geschrieben:
Der Löwe reißt die bestehende Moral ein, wirkt aber erstmal nur destruktiv, und schafft nichts neues.


Der Kampf des Löwen gegen den Drachen ist der Kampf des "ich will" gegen das "du sollst". Es geht also darum, Freiheit zu schaffen.

CH1o.t.4 hat folgendes geschrieben:
Daher müsse der Nihilsmus überwunden werden, und deshalb braucht es dann die dritte Verwandlung zum Kinde


Der Nihilismus ist allerdings schon vor der Vernichtung des Drachen da. Denn auch das demütige, entsagende Leben des Kamels ist bereits Ausdruck des Nihilismus. Doch es stellt sich hier die Frage: Was war eigentlich vor der Verwandlung des Geistes zum Kamel? Was ging diesem Nihilismus voraus. Wie konnte es passieren, dass der Wille der Schwachen zur Macht kam und Herr wurde über alles Starke, Aktive und Bejahende? Vielleicht hilft ein Blick in die Götzen-Dämmerung, genauer ins Kapitel über "Das Problem des Sokrates". Nietzsche sieht hier die Ursprünge des griechischen Moralismus in dem notwendig gewordenen Kampf gegen "entartete" Instinkte. Sokrates sah sich demnach mit der dekadenten Maßlosigkeit seiner Zeitgenossen konfrontiert ("überall waren die Instinkt in Anarchie; überall war man fünf Schritt weit vom Excess") und reagierte darauf seinerseits mit der maßlosen Überbetonung der Vernunft gegenüber dem Instinkt. "Die Triebe wollen den Tyrannen machen, man muss einen Gegen-Tyrannen erfinden der stärker ist." Der Glaube an den Gegensatz von Vernunft und Leib, von Seele und Körper, wurde etabliert. Aber durch die Bekämpfung der Triebe wird der Nihilismus nicht überwunden, nur sein Ausdrück ändert sich. Die Triebe zu bekämpfen, heißt das Leben selber zu bekämpfen. Die Verdammung urmenschlicher Regung ist in ihrem Kern lebensfeindlich. Damit ist allerdings keineswegs ein Plädoyer zugunster der bedingungslosen Hingabe an blinde Triebe gehalten. Denn genau diese Zügellosigkeit machte ja erst für das (Gegen-)Gift der "Kastratenmoral" empfänglich. Was not tut ist also ein völliger Neubeginn. Und dafür bedarf es des Kindes. So gesehen herrscht der Nihilismus in jedem hier beschriebenen Stadium. Und die Frage, ob das Kind ihn zu überwinden vermag, bleibt offen.

CH1o.t.4 hat folgendes geschrieben:
Dieser Übermensch hat den Mesnchen selbst überwunden, ernennt sich selbst zu Gott und schafft und gestaltet seine eigene Ordnung. Er ist nur noch Mensch, für ihn gibt es kein Gut oder Böse mehr, es geht nur noch um das Streben nach mehr Macht, dem "Willen zur Macht". Dabei muss dieser Mensch hart zu sich selbst sein und auch gebenüber anderen, Mitleid kennt er nicht, da er nicht mehr nach Schwäche und Angleichung strebt, sondern danach, die Mesnchheit zu einem wahren Kunstwerk zu machen. Dabei meint das "Über" jedoch nicht generell, so etwas wie eine höhere Stufe über den schwachen Menschen, sonder eher "Hinüber", die Überwindung des Menschen selbst.
Der Wille zur Macht, meint auch nicht so etwas wie herrschaft, eher Macht im Sinne von Können, Selbstbereicherung, und Selbstkontrolle.


Nietzsches Vorstellungen über den besagten Neubeginn, also das Ergebnis der angestrebten "Umwertung aller Werte" sind äußerst wage. Er sah das als Aufgabe zukünftiger Philosophen. Es ist jedoch keineswegs so, dass er einem erbarmungslosen, platten Sozialdarwinismus das Wort gerdet hätte. Darin erkannte er wohl eher den Ausdruck des primitiven Geschmacks englischen Denkens.

CH1o.t.4 hat folgendes geschrieben:
War Nietzsche jetzt Nihilist? Oder nicht? Weil eigentlich wollte er ihn ja überwinden.


Richtig, er wollte ihn überwunden sehen, konnte dieses Ziel aber selbst noch nicht verwirklichen. Er ist gewissermaßen nicht über das Stadium des Löwen hinausgekommen. Die Verwandlung zum Kind geschah höchstens in Teilen. Damit bekämpfte er den Nihilismus zwar, blieb ihm aber zugleich selber verhaftet.

CH1o.t.4 hat folgendes geschrieben:
Und war er jetzt Atheist oder nicht? Weil wenn er vom Tod Gottes spricht, meint er da wirklich Gott, oder nur das, was Menschen als Gott, oder göttliche Ordnung verkaufen?


Erkenntnistheoretisch war er lupenreiner Atheist. Der "Tod Gottes" hat aber noch eine weitere Kompenente. Gott war Jahrhunderte lang wie selbstverständli8ch das Zentrum abenländischen Denkens:

"Wohin ist Gott? Was haben wir gemacht? haben wir denn das Meer ausgetrunken? Was war das für ein Schwamm, mit dem wir den ganzen Horizont um uns auslöschten? Wie brachten wir dies zu Stande, diese ewige feste Linie wegzuwischen, auf die bisher alle Linien und Maaße sich zurückbezogen, nach der bisher alle Baumeister des Lebens bauten, ohne die es überhaupt keine Perspektive, keine Ordnung, keine Baukunst zu geben schien? Stehen wir denn selber noch auf unseren Füßen? Stürzen wir nicht fortwährend? Und gleichsam abwärts, rückwärts, seitwärts, nach allen Seiten? Haben wir nicht den unendlichen Raum wie einen Mantel eisiger Luft um uns gelegt? Und alle Schwerkraft verloren, weil es für uns kein Oben, kein Unten mehr giebt? Und wenn wir noch leben und Licht trinken, scheinbar wie wir immer gelebt haben, ist es nicht gleichsam durch das Leuchten und Funkeln von Gestirnen, die erloschen sind? Noch sehen wir unsren Tod, unsere Asche nicht, und dies täuscht uns und macht uns glauben, daß wir selber das Licht und das Leben sind—aber es ist nur das alte frühere Leben im Lichte, die vergangne Menschheit und der vergangne Gott, deren Strahlen und Gluthen uns immer noch erreichen—auch das Licht braucht Zeit, auch der Tod und die Asche brauchen Zeit! Und zuletzt, wir Lebenden und Leuchtenden: wie steht es mit dieser unserer Leuchtkraft? verglichen mit der vergangner Geschlechter? Ist es mehr als jenes aschgraue Licht, welches der Mond von der erleuchteten Erde erhält?"
(Handschriftlicher Nachlass)

Der Tod Gottes stellt aber zugleich eine Befreiung dar:

"In der That, wir Philosophen und "freien Geister" fühlen uns bei der Nachricht, dass der "alte Gott todt" ist, wie von einer neuen Morgenröthe angestrahlt; unser Herz strömt dabei über von Dankbarkeit, Erstaunen, Ahnung, Erwartung, - endlich erscheint uns der Horizont wieder frei, gesetzt selbst, dass er nicht hell ist, endlich dürfen unsre Schiffe wieder auslaufen, auf jede Gefahr hin auslaufen, jedes Wagniss des Erkennenden ist wieder erlaubt, das Meer, unser Meer liegt wieder offen da, vielleicht gab es noch niemals ein so "offnes Meer"."
(Die fröhliche Wissenschaft)
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Beitrag(#1305901) Verfasst am: 12.06.2009, 21:48    Titel: Re: Nietzsche und sein Kampf gegen den Sozialismus Antworten mit Zitat

Noseman hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Und auch seine angebliche "Kritik" des Christentums richet sich ganz gezielt ausschließlich gegen dessen humane Anteile.


[...]
Erst wenn man diese Dinge berücksichtigt, hat man eine Basis für eine Diskussion - oder auch ein gutes Referat ...-!


Könntest Recht haben. Seine Religionslehrerin würde Dir vermutlich eine Eins plus mit Sternchen geben.


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Beitrag(#1305903) Verfasst am: 12.06.2009, 21:49    Titel: Re: Nietzsche und sein Kampf gegen den Sozialismus Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Noseman hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Und auch seine angebliche "Kritik" des Christentums richet sich ganz gezielt ausschließlich gegen dessen humane Anteile.


[...]
Erst wenn man diese Dinge berücksichtigt, hat man eine Basis für eine Diskussion - oder auch ein gutes Referat ...-!


Könntest Recht haben. Seine Religionslehrerin würde Dir vermutlich eine Eins plus mit Sternchen geben.


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Beitrag(#1306012) Verfasst am: 12.06.2009, 22:58    Titel: Re: Nietzsche und sein Kampf gegen den Sozialismus Antworten mit Zitat

Yog-Sothoth hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
[...]


von meiner position aus kann ich das natürlich nicht so unerwidert stehen lassen. zwinkern

ich werde einfach auch einmal ein paar textstücke von nietzsche anführen, welche das bild vielleicht etwas gerade rücken:


Ist es denn schief? Am Kopf kratzen

Yog-Sothoth hat folgendes geschrieben:
" [...] die gebildeten stände und staaten werden von einer großartig verächtlichen geldwirtschaft fortgerissen. niemals war die welt mehr welt, nie ärmer an liebe und güte." (schopenhauer als erzieher 4)


Ja ja, die böse Geldwirtschaft! Durch Geld wird die Welt ärmer!

Kapitalismuskritik für Arme, würde ich sagen.

Yog-Sothoth hat folgendes geschrieben:
" der mensch ist gegen alles, was er nur vorübergehend besitzt, ohne vorsorge und aufopferung, er verfährt damit ausbeuterisch, als räuber oder liederlicher verschwender. wenn plato [und die sozilisten] mein[en], die selbstsucht werde mit der aufhebung des besitzes aufgehoben, so ist [ihnen] zu antworten, dass, nach abzug der selbstsucht, vom menschen jedenfalls nicht die vier kardinaltugenden übrigbleiben werden [...] platos utopische grundmelodie, die jetzt noch von den sozialisten fortgesungen wird, beruht auf einer mangelhaften kenntnis des menschen: [...] er glaubte, wie das ganze altertum an gut und böse wie an weiß und shwarz." (mennschliches allzumenschliches 2, wan. 285)


Und wieder mal die alte Leier vom "Wesen des Menschen". Der Überpsychologe spricht. Andere haben keine Ahnung. Argumente? Wozu, wenn Behauptungen doch reichen. (Wobei man sich fragt, was er überhaupt sagen will, denn keineswegs wollen die Sozialisten den Egoismus abschaffen.)

Yog-Sothoth hat folgendes geschrieben:
"die arbeiter in europa [...] sollen ein zeitalter des großen ausschwärmens im europäischen bienenstock heraufführen, wie dergleichen bisher noch nicht erlebt wurde, und, durch diese tat der freizügigkeit im großen stil, gegen die maschine, das kapital und die jetzt ihnen drohende wahl protestieren, entweder sklave des staates oder sklave einer umsturzpartei werden zu müssen." (morgenröte 206)


Die europäischen Arbeiter sollen sich keiner Umsturzpartei anschließen. Ansonsten können sie ruhig weiter schuften für ihren Herren und einen Gotteslohn. So will es Zaratustra.

Yog-Sothoth hat folgendes geschrieben:
"der besitz besitzt. - nur bis zu einem gewissen grad macht der besitz den menschen unabhängiger, freier; eine stufe weiter - und der besitz wird zum herrn, der besitzer zum sklaven" (menschliches allzumenschliches 2, mei. 317)


Das kann BILD besser.

Yog-Sothoth hat folgendes geschrieben:
" [...] die drei großen feinde der unabhänhgigkeit [...] sind die habenichtse, die reichen und die parteien." (menschliches allzumenschliches 2, wan. 293)


Er kennt keine Parteien mehr, sondern nur noch gleiche Volksgenossen. Na ja, aber so ein paar Sklavenarbeiter für die sich schämenden reichen Kapitalherren wären dann doch nicht ganz so schlecht - auch wegen der höheren Kultur und so.

Yog-Sothoth hat folgendes geschrieben:
"wenn drei viertel der höheren gesellschaft dem erlaubten betrug nachhängt und am schlechten gewissen der börse und der spekulation zu tragen hat: was treibt sie? [...] eine furchtbare ungeduld darüber, dass das geld sich zu langsam häuft, und eine ebenso furchtbare lust und liebe zu gehäuftem geld drängt sie bei tag und bei der nacht. in dieser ungeduld und dieser lieber aber kommt jener fanatismus des machtgelüstes wieder zum vorschein, welcher ehemals durch den glauben, im besitz der wahrheit zu sein, entzündet wurde [...] was man ehedem "um gottes willen" tat, tut man jetz um des geldes willen, das heißt, um dessen willen, was jetzt am höchsten machtgefühl und gewissen gibt." (morgenröte 204)


Geld ist der neue Götze. Was haben wir gelacht!

Yog-Sothoth hat folgendes geschrieben:
"unsere zeit verträgt nur eine einzige gattung von reichen, solche, welche sich ihres reichtums schämen. hört man von jemandem "er ist sehr reich", so hat man [...] sich gewaltsam seiner humanität [zu] erinnern, um mit einem solchen reichen so verkehren zu können, dass er von unserem ekelgefühl nichts merkt." (menschliches allzumenschliches 2, wan. 209)


Ein reicher, der sich öffentlich schämt, verursacht keine Ekelgefühle. Darauf arbeitet der Großgeist hin. Wenn wir den nicht hätten!

Yog-Sothoth hat folgendes geschrieben:
"eigentlich ist ja selbst noch alle kaufmanns-moral nur die verklärung der seeräuber-moral: so wohlfeil wie möglich kaufen - womöglich für nichts als die unternehmungskosten -, so teuer wie möglich verkaufen." (menschliches allzumenschliches 2, wan. 22)


Immer dieses raffende Kapital! Gelobt sei das schaffende Kapital

Yog-Sothoth hat folgendes geschrieben:
das wars, was ich in kürze finden konnte.


Aber es waren ja immerhin BILDende Sprüche dabei. Für sowas braucht man eben Philosophen.

Yog-Sothoth hat folgendes geschrieben:
wahrscheinlich gibt es viel mehr ähnliche stellen.


Das ist stark zu vermuten, dass es ähnliche Stellen gibt. So wie bei Bananen mit Druckstellen. die haben dann auch hier und da ähniche Stellen.

Yog-Sothoth hat folgendes geschrieben:
es stört mich nicht, dass du ihn als antihumanist und antisozialist darstellst. das war er noch heutigem maßstab ohne zweifel.


Ich würde mich an Deiner Stelle von irgednwelchen Belegen auch nicht weiter stören lassen. Tu einfach so, als sei nichts geschehen!

Yog-Sothoth hat folgendes geschrieben:
aber ich verstehe nicht, warum du und andere ihn als "kapitalisten", "reaktionär" oder was auch immer bezeichnest. womöglich hast du hunderte seiten und zitatsammlungen, die zig philosophen als "reaktionäre" "entlarven"...


Die hängen bei mir als Trphäen an der Wand. Ich musste anbauen.

Yog-Sothoth hat folgendes geschrieben:
wenn man nietzsche liest (was du mit sicherheit nicht, oder nur auszugsweise getan hast), dann erfährt man recht schnell, dass nietzsche nicht nur die unteren schichten der damaligen gesellschaft kritisiert, sondern genauso auch die oberen.


Da kannste mal sehen, wie gerecht er war. Jeder hat halt sein Fett abbekommen.

Nur, was ein bisschen fehlt, ist die Analyse, wo die ökonomischen Klassen herkommen. Aber dass beide Scheiße sind, das ist bei ihm so sicher wie das Amen in seiner Kirche.

Yog-Sothoth hat folgendes geschrieben:
klar gab es auch eine zeit von "deutscher euphorie" in den frühen 70ern, diese war allgmein in allen schichten verbreitet. aber nietzsche löste sich wenig später auch von dieser. verabschiedete sich vom nationalismus, zog als staatenloser durch europa und sah sich als guter europäer - beschwor diesen herauf.


Die Idee von Großeuropa ist nun mal schon etwas älter.

Es ist ja auch ein Irrtum zu glauben, dass Faschismus einfach mit Rassismus und Nationalismus zu definieren ist. Das wäre eine sehr oberflächliche Sicht, die den Kern glatt verfehlt.

Übrigens ist die heutige EU tatsächlich ein imperialistisches Projekt und diejnigen, die es betreiben, bezeichnen sich auch als "gute Europäer", die für "Freiheit" und dergleichen kämpfen. Aber die EU ist im wesentlichen ein Konkurrenzunternehmen zu den imperialistischen Blöcken Nordamerika, Südostasien und nun auch Russland und China.

Yog-Sothoth hat folgendes geschrieben:
für nietzsche gab es keinen großen unterschied zwischen den damaligen schichten der gesellschaft, da alle aus dem sklavenaufstand der moral hervorgegangen sind. du kannst nicht einfach sagen, dass nietzsche die arbeiter mit dem sklavenstand, und das bürgertum mit dem herrenstand gleichsetzte. nietzsche machte keine politischen unterscheidungen! er unterschied nach moral. und durch den sieg der sklavenmoral gab es keine herren im sinne nietzsches in deutschland oder europa. diesen müssen erst noch geschaffen werden.


Die "neue Moral" dient aber zur stärkeren Legitimation der Klassenausbeutung.

Kennst Du sein Gedicht vom Soldaten (oder so ähnlich) aus Zarathustra? Vielleicht kann das ja mal jemand hier zitieren, vielleicht Zumsel.

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Beitrag(#1306345) Verfasst am: 13.06.2009, 17:36    Titel: Antworten mit Zitat

Zumsel hat folgendes geschrieben:

Richtig, er wollte ihn überwunden sehen, konnte dieses Ziel aber selbst noch nicht verwirklichen. Er ist gewissermaßen nicht über das Stadium des Löwen hinausgekommen. Die Verwandlung zum Kind geschah höchstens in Teilen. Damit bekämpfte er den Nihilismus zwar, blieb ihm aber zugleich selber verhaftet.


Dazu noch eine Ergänzung: Die Schaffung neuer Werte ist für Nietzsche tatsächlich eine beinahe übermenschliche Aufgabe, die nicht von heute auf morgen geschehen wird, sondern u.U. Jahrhunderte in Anspruch nimmt. Denn es ist ja keineswegs damit getan, Begriffe durch andere zu ersetzen. Unsere ganze Kultur nebst ihrer Sprache beruht noch auf den Vorstellungen der alten Philosophen und Moralisten. Der Löwe mag den Drachen zwar getötet haben, aber er zehrt, bis er zum Kind werden kann, doch noch von dessen Fleisch. So mag zum Beispiel der Dualismus von Körper und Geist als metaphysches Konstrukt überhohlt sein, aber die scharfe Trennung existiert nach wie vor. Dieser Dualismus gehört aufgehoben. Allerdings nicht im dialektischen Sinne (auch das wäre nur ein Verharren in den alten Kategorien). Was nötig ist, ist eine Analyse unseres Denkens selbst und der Kultur, aus der es erwachsen ist. Untrennbar damit verbunden ist eine fundamentale Kritik an unseren Sprachgewohnheiten.

@ Skeptiker

Also ein "Gedicht vom Soldaten" im Zarathustra ist mir nicht bekannt. Aber es gibt tatsächlich ein Kapitel, in dem Zarathustra zu Soldaten spricht. Wenn du das allerdings schon für den "Gipfel" hältst, kennst du offenbar die wirklichen Hardcorestellen nicht.
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Beitrag(#1306347) Verfasst am: 13.06.2009, 17:42    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Ich liebe den, welcher arbeitet und erfindet, dass er dem Übermenschen das Haus baue und zu ihm Erde, Tier und Pflanze vorbereite: denn so will er seinen Untergang.
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Beitrag(#1306397) Verfasst am: 13.06.2009, 20:00    Titel: Re: Nietzsche und sein Kampf gegen den Sozialismus Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
[...]


ich glaube nicht, dass es sich lohnt, mit dir über nietzsche zu diskutieren. da hast dir eine fertige meinung über ihn gebildet, auf grund deiner ideologie (die auch wegebreiter und legitimation für diktaturen und unrechtsregimen war) an die du auch keine kritik heran lässt. es tut mir leid - ich würde gerne in diesem thread über nietzsche konstruktiv diskutieren...

Zitat:

Kennst Du sein Gedicht vom Soldaten (oder so ähnlich) aus Zarathustra? Vielleicht kann das ja mal jemand hier zitieren, vielleicht Zumsel.

Dieses Gedicht ist wirklich der Gipfel ...-



hier ein link, wenn du " vom krieg und kriegsvolke" meinst: http://gutenberg.spiegel.de/?id=5&xid=1961&kapitel=21&cHash=90a556f8dcals3010#gb_found

aber ich hoffe du weißt, dass es dabei nur um einen "krieg" im übertragenen sinne geht. um eine geistige auseinandersetzung.


das von folgsam angeführte zitat möchte ich nicht ganz unkommentiert lassen: "untergang" bedeutet im "zarathustra" nicht unbedingt elimination, es wird schon "untergang" gesagt, als sich zarathustra aus seiner einsamkeit zu dem menschen begibt.
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Beitrag(#1306409) Verfasst am: 13.06.2009, 20:16    Titel: Antworten mit Zitat

Ich bin dem Zitat in tiefer Sympathie verbunden, sofern man das von einem Zitat sagen kann.

Ich verstehe es so, dass nach Nietzsche "Untergang" etwas erstrebenswertes ist, solange damit ein Aufgang verbunden ist. Ob für sich selbst oder die nach einem kommen ist nicht so wichtig.
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Beitrag(#1306487) Verfasst am: 13.06.2009, 22:13    Titel: Re: Nietzsche und sein Kampf gegen den Sozialismus Antworten mit Zitat

Yog-Sothoth hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
[...]


ich glaube nicht, dass es sich lohnt, mit dir über nietzsche zu diskutieren. da hast dir eine fertige meinung über ihn gebildet, auf grund deiner ideologie (die auch wegebreiter und legitimation für diktaturen und unrechtsregimen war) an die du auch keine kritik heran lässt. es tut mir leid - ich würde gerne in diesem thread über nietzsche konstruktiv diskutieren...


Wie willst Du so was konstruktiv diskutieren? Es gibt Dinge, die kann man nicht konstruktiv diskutieren, weil nichts Konstruktives in ihnen drin ist.

Yog-Sothoth hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Kennst Du sein Gedicht vom Soldaten (oder so ähnlich) aus Zarathustra? Vielleicht kann das ja mal jemand hier zitieren, vielleicht Zumsel.

Dieses Gedicht ist wirklich der Gipfel ...-


hier ein link, wenn du " vom krieg und kriegsvolke" meinst: http://gutenberg.spiegel.de/?id=5&xid=1961&kapitel=21&cHash=90a556f8dcals3010#gb_found


Ah ja, genau das war es. Danke auch Zumsel für seine Bemühungen.

Yog-Sothoth hat folgendes geschrieben:
aber ich hoffe du weißt, dass es dabei nur um einen "krieg" im übertragenen sinne geht. um eine geistige auseinandersetzung.


"kurzer Frieden, langer Frieden" - "was liegt am lang-leben": solche Textstellen deuten nicht auf eine geistige Auseinandersetzung hin, ebensowenig die Uniform. Außerdem unterliegt der Kämpfer gerade in der intellektuellen Auseinandersetzung, bzw. diese bedeutet ihm gar nichts; steht doch drin. Wichtig ist ihm nur der Sieg, nicht die intellektuelle Argumentation.

Während des 2. Weltkrieges haben die Wehrmachts- und SS-Soldaten Zaratustra-Bibeln in die Hände bekommen, um ihre Kriegmoral zu stärken.



Hier auch ein Soldatengedicht, diesmal von Bertolt Brecht:

Zitat:
Und als der Krieg im vierten Lenz
Keinen Ausblick auf Frieden bot
Da zog der Soldat seine Konsequenz
Und starb den Heldentod.

Der Krieg war aber noch nicht gar
Drum tat es dem Kaiser leid
Daß sein Soldat gestorben war:
Es schien ihm noch vor der Zeit.

Der Sommer zog über die Gräber her
Und der Soldat schlief schon
Da kam eines Nachts eine militär-
ische ärztliche Kommission.

Es zog die ärztliche Kommission
Zum Gottesacker hinaus
Und grub mit geweihtem Spaten den
Gefallnen Soldaten aus.

Der Doktor besah den Soldaten genau
Oder was von ihm noch da war
Und der Doktor fand, der Soldat war k. v.
Und er drückte sich vor der Gefahr.


http://www.himmlischevier.de/flugschrift/gedicht.shtml





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Beitrag(#1306695) Verfasst am: 14.06.2009, 12:36    Titel: Re: Nietzsche und sein Kampf gegen den Sozialismus Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Während des 2. Weltkrieges haben die Wehrmachts- und SS-Soldaten Zaratustra-Bibeln in die Hände bekommen, um ihre Kriegmoral zu stärken.


Diese Legende kannte ich bisher nur bezüglich des ersten Weltkriegs. Der wahre Kern ist wohl, dass Nietzsche zu Beginn des 20.Jahrhunderts schwer in Mode war und daher auch von einigen intellektuelleren Soldaten mit an die Front genommen wurde. Neben Nietzsches "Zarathustra" war übrigens auch Goethes "Faust" recht beliebt. Es wurden aber nicht von seiten der Regierung systhematisch Bücher verteilt. Das ist schlicht Unfug, eine typische Legende eben. Ebenso wie die Behauptung, Nietzsche sei sei ein beliebter Philosoph der Nazis gewesen. Befürworter und Gegner Nietzsches hielten sich im Dritten Reich etwa die Waage. Wobei angemerkt werden muss, dass die Befürworter sich vor allem auf die Schrift "Der Wille zur Macht" beriefen.Dieses Werk ist allerdings, wie man heute weiß, eine Fälschung. Und selbst bei den Befürworten war Nietzsche weit davon entfernt, einen überragenden Rang als Vordenker und Vorbild einzunehmen.

Wie dem auch sei: Wer diese doch etwas fruchtlose und langweilige Nietzsche-und-die Nazis-Diskussion unbedingt führen möchte, sollte das vielleicht besser in einem anderen Thread tun. Hier passt es nicht rein und verwirrt nur unnötig.
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Beitrag(#1306722) Verfasst am: 14.06.2009, 13:35    Titel: Re: Nietzsche und sein Kampf gegen den Sozialismus Antworten mit Zitat

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Während des 2. Weltkrieges haben die Wehrmachts- und SS-Soldaten Zaratustra-Bibeln in die Hände bekommen, um ihre Kriegmoral zu stärken.


Diese Legende kannte ich bisher nur bezüglich des ersten Weltkriegs. Der wahre Kern ist wohl, dass Nietzsche zu Beginn des 20.Jahrhunderts schwer in Mode war und daher auch von einigen intellektuelleren Soldaten mit an die Front genommen wurde. Neben Nietzsches "Zarathustra" war übrigens auch Goethes "Faust" recht beliebt. Es wurden aber nicht von seiten der Regierung systhematisch Bücher verteilt. Das ist schlicht Unfug, eine typische Legende eben. Ebenso wie die Behauptung, Nietzsche sei sei ein beliebter Philosoph der Nazis gewesen. Befürworter und Gegner Nietzsches hielten sich im Dritten Reich etwa die Waage. Wobei angemerkt werden muss, dass die Befürworter sich vor allem auf die Schrift "Der Wille zur Macht" beriefen.Dieses Werk ist allerdings, wie man heute weiß, eine Fälschung. Und selbst bei den Befürworten war Nietzsche weit davon entfernt, einen überragenden Rang als Vordenker und Vorbild einzunehmen.

Wie dem auch sei: Wer diese doch etwas fruchtlose und langweilige Nietzsche-und-die Nazis-Diskussion unbedingt führen möchte, sollte das vielleicht besser in einem anderen Thread tun. Hier passt es nicht rein und verwirrt nur unnötig.


Oh, Du hast Recht. Es war tatsächlich im 1. WK, wo 150.000 Exemplare von Nietzsches Schwester vertrieben wurden und an den Krieger gebracht werden konnten. Kriegsteilnehmer des 1. WK war allerdings auch ein gewisser Hitler und vielleicht hat der ja auch ein Exemplar bekommen. Auf jeden Fall wurde der Zaratustra so doch ziemlich verbreitet und bekannt unter den reaktionären Kreisen der Wehrmacht, die dann ja anschließend eine Revision der Niederlage im 1. WK betreiben wollten und nicht nur das, wie man weiß.

Die Debatte um Nietzsche und die Nazis ist natürlich tiefergehend. Das muss hier nicht vertrieft werden. Oben ging es nur darum, das besagte Kriegsgedicht des deutschen Philosophen in seinem Sinne zu interpretieren.

Dass seine Schwester nicht nur seine Werke vertrieben, sondern Teile daraus auch gefälscht hat, ist bekannt. Aber sie stammt eben auch aus dem selben Stall. Was ändert das an der reaktionären Strömung insgesamt?

Ohne die Nietzsches hätte es womöglich auch einen deutschen und italienischen Faschismus gegeben. Schließlich gab es in Europa noch andere Sozialdarwinisten, Antisemiten, Kriegshetzer und Arbeiterfeinde, welche sozusagen das "geistige" Erbe der mittelalterlichen Christenkirche antraten. Die angebliche Zerstörung der Religion war bei näherem Hnsehen lediglich deren Umformulierung und Anpassung an neue bürgerliche Herrschaftsstrukturen, die es zu sichern galt. Mehr Geheimnis ist nicht an dem "Tode Gottes", der Überwindung der Zwischenphase und der Schaffung neuer "10 Gebote".

Leute wie Luther, Nietzsche oder Butter Verwesier werden ja heute keineswegs als das gesehen, was sie waren. Ihre Werke werden gereinigt, geschönt, künstlich gerundet. Und das ist die wahre Legende, an der die Aufklärung heute zu knabbern hat. Denn das hat schon eine verhängnisvolle politische Funktion, um die heutigen Herrschaftsstrukturen zu legitimieren.

Ich finde es auch für einen Schüleraufsatz schlecht, dieses verlogene Schönreden fortzuführen. Denn was man einmal falsch gelernt hat, das muss man erstmal wieder mühsam korrigieren. Da wäre es schon besser, wenn dort auch die Stellen erwähnt würden, die in der BILD oder der FAZ für gewöhnlich weggelassen werden ...-

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Beitrag(#1307075) Verfasst am: 14.06.2009, 22:29    Titel: Re: Nietzsche und sein Kampf gegen den Sozialismus Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die Debatte um Nietzsche und die Nazis ist natürlich tiefergehend...

Dass seine Schwester nicht nur seine Werke vertrieben, sondern Teile daraus auch gefälscht hat, ist bekannt. Aber sie stammt eben auch aus dem selben Stall.


Klar, was auch sonst... Lachen
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Beitrag(#1307083) Verfasst am: 14.06.2009, 22:39    Titel: Re: Nietzsche und sein Kampf gegen den Sozialismus Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:

"kurzer Frieden, langer Frieden" - "was liegt am lang-leben": solche Textstellen deuten nicht auf eine geistige Auseinandersetzung hin, ebensowenig die Uniform. Außerdem unterliegt der Kämpfer gerade in der intellektuellen Auseinandersetzung, bzw. diese bedeutet ihm gar nichts; steht doch drin. Wichtig ist ihm nur der Sieg, nicht die intellektuelle Argumentation.


du suchst dir deine textstellen aber auch raus wie du willst, kann das sein?

wollen wir uns mal ansehen, was nietzsche wirklich, und im zusammenhang geschrieben hat:

Zitat:
Meine Brüder im Kriege! Ich liebe euch von Grund aus, ich bin und war Euresgleichen. Und ich bin auch euer bester Feind. So lasst mich denn euch die Wahrheit sagen!


zarathustra ist/war ein soldat? wohl kaum. er lebte viele jahre in den bergen und kämpfte dort einen krieg, einen krieg der gedanken. (und komm jetzt bitte nicht mit: "aber nietzsche hat im deutsch-französischen krieg gekämpft!" diese vaterländerei hat er selber später abgelehnt)

Zitat:
Ich sehe viel Soldaten: möchte ich viel Kriegsmänner sehn! »Ein-form« nennt man's, was sie tragen: möge es nicht Ein-form sein, was sie damit verstecken!


so so, uniformität... nietzsche scheint bei seinen "kriegsmännern" nichts gegen eine äußere zu haben, aber eine innere wünscht er sich nicht. er will unter seinen "soldaten" individuen.
das spricht doch komplett dagegen, was ein herrführer will. er will durchgehende uniformität, ein ungehindertes funktionieren der soldaten.
deswegen können wir wohl kaum von einem richtigen soldaten ausgehen. ich vermute daher eher, dass es sich um eine art gelehrte handelt, welche eine gewisse "uniformität" besitzen, beispielsweise ein gewisses gebaren "tragen" und sich dadurch gleichen.
du kannst doch nicht einfach auf die wörter zeigen und sagen, dass sie genau das bedeuten, was sie heißen. und dann auch noch auf einzelne wörter... es handelt sich unter anderem um ein künstlerisches werk, bei dem du bild- und bedeutungsebene nicht gleichsetzen kannst!

Zitat:
Ihr dürft nur Feinde haben, die zu hassen sind, aber nicht Feinde zum Verachten. Ihr müsst stolz auf euern Feind sein: dann sind die Erfolge eures Feindes auch eure Erfolge.


ich kann mir nicht vorstellen, dass ein militärischer ausbilder das seinen untergebenen beibringen würde.
doch auf der ebene eines geistigen krieges ist es durchaus logisch: selbst bei der niederlage in einer debatte, kann ich wie in einem sieg bei einer solchen etwas lernen.


etwas wichtiges noch: nietzsche will hier nicht auf alle menschen schließen. er spricht das kriegsvolk an. er meint eine menschengruppe ausgemacht zu haben, die einen kriegertypus des geistes darzustellen scheint. diese spricht er an. ihnen will er befehlen. niergendwo steht, dass nietzsche - oder eher zarathustra - alle menschen unter seinem denken und befehlen sammeln und anführen will, sondern nur das "kriegsvolk".


es könnte gut einer der gründe für ungerechtfertigte (es gibt natürlich auch gerechtfertigte!) kritik sein. das man nietzsche liest, aber nicht versteht. nietzsches stil ist mit bildern gespickt, er will damit gefühle auslösen. wie ich schon schrieb: man greift die bildebene an, ohne die bedeutungsebene zu erkennen oder gar zu verstehen...
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Beitrag(#1310420) Verfasst am: 20.06.2009, 18:05    Titel: Re: Nietzsche und sein Kampf gegen den Sozialismus Antworten mit Zitat

Yog-Sothoth hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
"kurzer Frieden, langer Frieden" - "was liegt am lang-leben": solche Textstellen deuten nicht auf eine geistige Auseinandersetzung hin, ebensowenig die Uniform. Außerdem unterliegt der Kämpfer gerade in der intellektuellen Auseinandersetzung, bzw. diese bedeutet ihm gar nichts; steht doch drin. Wichtig ist ihm nur der Sieg, nicht die intellektuelle Argumentation.


du suchst dir deine textstellen aber auch raus wie du willst, kann das sein?


Nein! Völlig ausgeschlossen! Cool

Yog-Sothoth hat folgendes geschrieben:
wollen wir uns mal ansehen, was nietzsche wirklich, und im zusammenhang geschrieben hat:


Ja genau, lass uns Bibelkunde treiben! Ballancer ick hör dir trapsen.

Yog-Sothoth hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Meine Brüder im Kriege! Ich liebe euch von Grund aus, ich bin und war Euresgleichen. Und ich bin auch euer bester Feind. So lasst mich denn euch die Wahrheit sagen!


zarathustra ist/war ein soldat? wohl kaum. er lebte viele jahre in den bergen und kämpfte dort einen krieg, einen krieg der gedanken. (und komm jetzt bitte nicht mit: "aber nietzsche hat im deutsch-französischen krieg gekämpft!" diese vaterländerei hat er selber später abgelehnt)


Osama bin Laden lebt auch in den Bergen, hört man sich zuraunen. Auch er verbreitet Botschaften an seine Brüder im Geiste. Ist er nicht auch ein Krieger der Gedanken? (Wenn auch kein Krieger für die Wahrheit?) Sehr glücklich

Yog-Sothoth hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Ich sehe viel Soldaten: möchte ich viel Kriegsmänner sehn! »Ein-form« nennt man's, was sie tragen: möge es nicht Ein-form sein, was sie damit verstecken!


so so, uniformität... nietzsche scheint bei seinen "kriegsmännern" nichts gegen eine äußere zu haben, ...


Es geht nicht darum, ob N. was gegen äußere Uniformen hat, sondern dass seine Krieger etwas tragen, was man gemeinhin "Uniform" nennt (weil es offenbar eine solche ist). Das ist also schon mal Fakt und nicht Wunsch oder Nichtwunsch.

Yog-Sothoth hat folgendes geschrieben:
... aber eine innere wünscht er sich nicht. er will unter seinen "soldaten" individuen. das spricht doch komplett dagegen, was ein herrführer will. er will durchgehende uniformität, ein ungehindertes funktionieren der soldaten.
deswegen können wir wohl kaum von einem richtigen soldaten ausgehen. ich vermute daher eher, dass es sich um eine art gelehrte handelt, welche eine gewisse "uniformität" besitzen, beispielsweise ein gewisses gebaren "tragen" und sich dadurch gleichen.


Das nennt man aber nicht Uniform. Und wenn ein "Gebaren" uniform wäre, so wäre es eben keine Individualität. Und schon gar nicht fechten seine Krieger intellektuelle Kämpfe aus. So steht es zu lesen. Guck noch mal hin!

Die Art von "Individualität" erinnert mich an den "Bürger in Uniform", von der die Bundeswehr ständig faselt. Auch denen soll am Lang-Leben in Afghanistan wohl nicht gelegen sein. "Was liegt am Lang-Leben?" heisst es oben. Sollen damit wissenschaftliche Debatten gemeint sein? Doch wohl kaum. Ganz im Gegenteil.

Yog-Sothoth hat folgendes geschrieben:
du kannst doch nicht einfach auf die wörter zeigen und sagen, dass sie genau das bedeuten, was sie heißen. und dann auch noch auf einzelne wörter... es handelt sich unter anderem um ein künstlerisches werk, bei dem du bild- und bedeutungsebene nicht gleichsetzen kannst!


Ach ja, ist ja alles nur symbolisch. Mach mir den Ballancer! Mit den Augen rollen

Yog-Sothoth hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Ihr dürft nur Feinde haben, die zu hassen sind, aber nicht Feinde zum Verachten. Ihr müsst stolz auf euern Feind sein: dann sind die Erfolge eures Feindes auch eure Erfolge.


ich kann mir nicht vorstellen, dass ein militärischer ausbilder das seinen untergebenen beibringen würde. doch auf der ebene eines geistigen krieges ist es durchaus logisch: selbst bei der niederlage in einer debatte, kann ich wie in einem sieg bei einer solchen etwas lernen.


Ja aber sind denn Gegner in einer Debatte Feinde? Und tragen die also dann auch äußere Uniformen und womöglich auch noch innere? Feinde werden in der Regel getötet. Und Kriege, Terror und Aufrüstung werden oft damit gerechtfertigt, dass der Feind übermächtig sei. Warum sollte man gegen unterlegene Gegner aufrüsten usw.? Besiegt eine Armee einen "großen Feind", so kann sich der Sieg samt Opfern und Kriergskosten zuhause besser verkaufen lassen.

Wie hätte es ausgesehen, wenn die Wehrmacht nur Luxemburg in Schutt und Asche geschossen hätte? Das ist alles schon durchaus im Sinne der Propaganda nach dem Tenor: Es droht dem Abendland eine große Gefahr, alle unterschiedlichen - und ach so individuellen - Bürger sollen ihre Differenzen für den Moment begraben und gemeinsam dagegen in den Krieg ziehen.

Der Kern ist doch aber der, dass z.B. der 2. Weltkrieg nicht nur ein "normaler" imperialistischer Krieg war, sondern auch ein Krieg gegen den angeblichen Kommunismus. Und dieser wird ja vom Bürgertum überhaupt als die Gefahr und das zu Hassende schlechthin angesehen. Und genau diese antikommunistischen Kriege wurden und werden bis heute auch als Kriege des angeblichen "Individualismus" gegen den "Kollektivismus" hingedreht. Bitte mal drauf achten! Es passt einfach, wie die Faust aufs Auge.

Yog-Sothoth hat folgendes geschrieben:
etwas wichtiges noch: nietzsche will hier nicht auf alle menschen schließen. er spricht das kriegsvolk an. er meint eine menschengruppe ausgemacht zu haben, die einen kriegertypus des geistes darzustellen scheint. diese spricht er an. ihnen will er befehlen. niergendwo steht, dass nietzsche - oder eher zarathustra - alle menschen unter seinem denken und befehlen sammeln und anführen will, sondern nur das "kriegsvolk".


Was ist denn ein "Kriegertypus des Geistes"? Ist das sowas wie ein Gotteskrieger?

Yog-Sothoth hat folgendes geschrieben:
es könnte gut einer der gründe für ungerechtfertigte (es gibt natürlich auch gerechtfertigte!) kritik sein. das man nietzsche liest, aber nicht versteht. nietzsches stil ist mit bildern gespickt, er will damit gefühle auslösen. wie ich schon schrieb: man greift die bildebene an, ohne die bedeutungsebene zu erkennen oder gar zu verstehen...


Du hast Recht, er möchte keine Gedanken sondern Gefühle ansprechen, deshalb seine Bildersprache. Das ist sogar ein großes Tam-tam zur Ausschaltung des Denkens, möchte ich mal behaupten.

Und nun ein kleiner Artikel aus der JW zum Thema:

Zitat:
Losurdos Nietzsche auf deutsch

Vor sieben Jahren erschien Domenico Losurdos »Nietzsche der aristokratische Rebell. Intellektuelle Biographie und kritische Bilanz« auf italienisch. In Italien schrieben alle bedeutenden Zeitungen von der des Vatikan bis zu Il Manifesto über das Buch, am 23. Februar 2003 veröffentlichte die Frankfurter Allgemeine Zeitung eine inzwischen legendäre Rezension von Kurt Flasch unter dem Titel »Und er war doch ein Zerstörer der Vernunft«. Der Philosophiehistoriker legte dar, daß das Politische in Nietzsches Werk in der bundesdeutschen Tradition unter dem Eindruck der Nazi-Begeisterung für dessen Werke und unter dem Einfluß Martin Heideggers als »Unaussprechliches« behandelt wurde. Nietzsche diente und dient als Referenzguru für die Adepten der Postmoderne und Dekonstruktivisten, für die neuesten Varianten von Anti-Aufklärung. Flasch faßte dann Losurdos Ansatz so zusammen: »Sein Nietzsche ist ein ganz und gar politischer Denker, auch noch in seinen abstraktesten Passagen. Als bloße Behauptung wäre das nicht neu; aber Losurdo führt seine These in einer minutiösen Analyse des Gesamtwerks Nietzsches durch. Dies macht die Bedeutung dieses 1200-Seiten-Buches aus.«

Das läßt sich noch genauer ausdrücken: Losurdo weist nicht nur detailliert die Gegnerschaft Nietzsches zur Französischen Revolution und zum Sozialismus als Konstante seiner Arbiten nach, lehnt aber eine unmittelbare Verbindung Nietzsches mit dem Naziregime ab. Es kann nur vermutet werden, warum sich kein deutscher Verlag fand, das so wohlwollend besprochene Werk hier zu veröffentlichen. Nun hat sich der Argument-Verlag endlich bereitgefunden. Ihm und Herausgeber Jan Rehmann ist für eine Großtat zu danken – und natürlich dem Autor. Eine ausführliche Besprechung veröffentlicht jW demnächst, zuvor bieten wir zweimal die Gelegenheit, mit Domenico Losurdo und Jan Rehmann zu diskutieren.(jW)

Domenico Losurdo: Nietzsche, der aristokratische Rebell. Intellektuelle Biographie und kritische Bilanz. Argument/InkriT, Berlin 2009, 1061 Seiten, 98 Euro


http://www.jungewelt.de/2009/06-20/016.php


Die Frage der unmittelbaren Verbindung zum deutschen Faschismus kann in der Tat noch mal gesondert diskutiert werden. Aber dafür sind Diskussionen ja da ...-

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Beitrag(#1312911) Verfasst am: 24.06.2009, 16:31    Titel: Re: Nietzsche und sein Kampf gegen den Sozialismus Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Yog-Sothoth hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
"kurzer Frieden, langer Frieden" - "was liegt am lang-leben": solche Textstellen deuten nicht auf eine geistige Auseinandersetzung hin, ebensowenig die Uniform. Außerdem unterliegt der Kämpfer gerade in der intellektuellen Auseinandersetzung, bzw. diese bedeutet ihm gar nichts; steht doch drin. Wichtig ist ihm nur der Sieg, nicht die intellektuelle Argumentation.


du suchst dir deine textstellen aber auch raus wie du willst, kann das sein?


Nein! Völlig ausgeschlossen! Cool


och komm, wir wollen hier doch beide diskutieren. flapsige antworten hast du doch bestimmt nicht nötig.

Zitat:

Yog-Sothoth hat folgendes geschrieben:
wollen wir uns mal ansehen, was nietzsche wirklich, und im zusammenhang geschrieben hat:


Ja genau, lass uns Bibelkunde treiben! Ballancer ick hör dir trapsen.


ich höre nichts.
willst du wirklich den "zarathustra" mit der bibel vergleichen bzw deren entstehung? der "zarathustra" wurde inherhalb von wenigen jahren veröffentlicht. zum teil enstand ein teil in wenigen wochen. außerdem wurde das buch von einem autor geschrieben.
ein vergleich mit der bibel ist wohl nicht angebracht.
du sezierst doch auch nicht einen satz in seine einzelnen worte, analysiert diese isoliert und versuchst dann aussagen über den ganzen satz zu treffen. das ist doch unsinn. klar muss man einzelheiten betrachten, aber man muss auch seinen blick erweitern, einzelheiten mit anderen in verbindung setzen etc. erst dann kann man einen text verstehen.

Zitat:

Yog-Sothoth hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Meine Brüder im Kriege! Ich liebe euch von Grund aus, ich bin und war Euresgleichen. Und ich bin auch euer bester Feind. So lasst mich denn euch die Wahrheit sagen!


zarathustra ist/war ein soldat? wohl kaum. er lebte viele jahre in den bergen und kämpfte dort einen krieg, einen krieg der gedanken. (und komm jetzt bitte nicht mit: "aber nietzsche hat im deutsch-französischen krieg gekämpft!" diese vaterländerei hat er selber später abgelehnt)


Osama bin Laden lebt auch in den Bergen, hört man sich zuraunen. Auch er verbreitet Botschaften an seine Brüder im Geiste. Ist er nicht auch ein Krieger der Gedanken? (Wenn auch kein Krieger für die Wahrheit?) Sehr glücklich


erwartest du darauf eine ernste antwort?

Zitat:

Yog-Sothoth hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Ich sehe viel Soldaten: möchte ich viel Kriegsmänner sehn! »Ein-form« nennt man's, was sie tragen: möge es nicht Ein-form sein, was sie damit verstecken!


so so, uniformität... nietzsche scheint bei seinen "kriegsmännern" nichts gegen eine äußere zu haben, ...


Es geht nicht darum, ob N. was gegen äußere Uniformen hat, sondern dass seine Krieger etwas tragen, was man gemeinhin "Uniform" nennt (weil es offenbar eine solche ist). Das ist also schon mal Fakt und nicht Wunsch oder Nichtwunsch.


was meinst du, warum er "ein-form" und nicht "uniform" verwendet? könnte es nicht doch sein, dass er damit keine kleidung meint?

Zitat:

Yog-Sothoth hat folgendes geschrieben:
... aber eine innere wünscht er sich nicht. er will unter seinen "soldaten" individuen. das spricht doch komplett dagegen, was ein herrführer will. er will durchgehende uniformität, ein ungehindertes funktionieren der soldaten.
deswegen können wir wohl kaum von einem richtigen soldaten ausgehen. ich vermute daher eher, dass es sich um eine art gelehrte handelt, welche eine gewisse "uniformität" besitzen, beispielsweise ein gewisses gebaren "tragen" und sich dadurch gleichen.


Das nennt man aber nicht Uniform. Und wenn ein "Gebaren" uniform wäre, so wäre es eben keine Individualität. Und schon gar nicht fechten seine Krieger intellektuelle Kämpfe aus. So steht es zu lesen. Guck noch mal hin!

Die Art von "Individualität" erinnert mich an den "Bürger in Uniform", von der die Bundeswehr ständig faselt. Auch denen soll am Lang-Leben in Afghanistan wohl nicht gelegen sein. "Was liegt am Lang-Leben?" heisst es oben. Sollen damit wissenschaftliche Debatten gemeint sein? Doch wohl kaum. Ganz im Gegenteil.


nein, vielleicht heißt es deswegen "ein-form". warum sollten diese "krieger" individuell sein? wie ich schon schrieb, meint nietzsche eine gruppe/art von menschen entdeckt zu haben, die keine individualität besitzen.
physische kämpfe scheinen es aber auch nicht zu sein. steht dort etwas von töten, abschlachten, erschießen? nietzsche verstand seine auseinandersetzung mit dem christentum als "krieg".
und wofür steht wohl krieg bei heraklit? "der krieg ist der vater aller dinge." heraklit war ein kriegsfetischist, wohl kaum... es geht wohl mehr um die miteinader streitenden gegensätze der welt, nicht vorrangig die der menschen.
nichts "mit büger in uniform", einen kampf traut nietzsche dem pöbel gar nicht zu. sie suchen, nach ihm, nach sicherheit. egal ob physisch oder psychisch.

Zitat:

Yog-Sothoth hat folgendes geschrieben:
du kannst doch nicht einfach auf die wörter zeigen und sagen, dass sie genau das bedeuten, was sie heißen. und dann auch noch auf einzelne wörter... es handelt sich unter anderem um ein künstlerisches werk, bei dem du bild- und bedeutungsebene nicht gleichsetzen kannst!


Ach ja, ist ja alles nur symbolisch. Mach mir den Ballancer! Mit den Augen rollen


spar dir ballancer. das tut hier nichts zur sache.
wie ich schon schrieb, du scheinst keine ahnung von literatur zu haben. es ist keine wissenschaftliche abhandlung! dieses werk hat (auch) künstlerische ansprüche.

Zitat:

Yog-Sothoth hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Ihr dürft nur Feinde haben, die zu hassen sind, aber nicht Feinde zum Verachten. Ihr müsst stolz auf euern Feind sein: dann sind die Erfolge eures Feindes auch eure Erfolge.


ich kann mir nicht vorstellen, dass ein militärischer ausbilder das seinen untergebenen beibringen würde. doch auf der ebene eines geistigen krieges ist es durchaus logisch: selbst bei der niederlage in einer debatte, kann ich wie in einem sieg bei einer solchen etwas lernen.


Ja aber sind denn Gegner in einer Debatte Feinde? Und tragen die also dann auch äußere Uniformen und womöglich auch noch innere? Feinde werden in der Regel getötet. Und Kriege, Terror und Aufrüstung werden oft damit gerechtfertigt, dass der Feind übermächtig sei. Warum sollte man gegen unterlegene Gegner aufrüsten usw.? Besiegt eine Armee einen "großen Feind", so kann sich der Sieg samt Opfern und Kriergskosten zuhause besser verkaufen lassen.

Wie hätte es ausgesehen, wenn die Wehrmacht nur Luxemburg in Schutt und Asche geschossen hätte? Das ist alles schon durchaus im Sinne der Propaganda nach dem Tenor: Es droht dem Abendland eine große Gefahr, alle unterschiedlichen - und ach so individuellen - Bürger sollen ihre Differenzen für den Moment begraben und gemeinsam dagegen in den Krieg ziehen.

Der Kern ist doch aber der, dass z.B. der 2. Weltkrieg nicht nur ein "normaler" imperialistischer Krieg war, sondern auch ein Krieg gegen den angeblichen Kommunismus. Und dieser wird ja vom Bürgertum überhaupt als die Gefahr und das zu Hassende schlechthin angesehen. Und genau diese antikommunistischen Kriege wurden und werden bis heute auch als Kriege des angeblichen "Individualismus" gegen den "Kollektivismus" hingedreht. Bitte mal drauf achten! Es passt einfach, wie die Faust aufs Auge.


du scheinst eine ausgeprägte irrationale abneigung gegenüber nietzsche zu haben. anders kann ich mir das hier nicht erklären. wilde assoziationsketten... ich wüsste mal zu gerne, wo der nationalsozialismus individualistisch war... was wir uns hier aber sparen, da es o.t. wäre.
und immer dieses "nazi-argument". damit könnte ich auch auf marx, engels und lenin einprügeln. nach ihrem tod (wobei lenin wohl den grundstein oder das ganze fundament legte) haben ihre nachfolger die idee von der "diktatur des proletariats" umgesetzt. böse geistige vordenker, ganz ganz böse!!! und du willst doch nicht bestreiten, dass nach marx diese "diktatur" ohne gewalt ablaufen sollte... böser marx!!!

Zitat:

Yog-Sothoth hat folgendes geschrieben:
etwas wichtiges noch: nietzsche will hier nicht auf alle menschen schließen. er spricht das kriegsvolk an. er meint eine menschengruppe ausgemacht zu haben, die einen kriegertypus des geistes darzustellen scheint. diese spricht er an. ihnen will er befehlen. niergendwo steht, dass nietzsche - oder eher zarathustra - alle menschen unter seinem denken und befehlen sammeln und anführen will, sondern nur das "kriegsvolk".


Was ist denn ein "Kriegertypus des Geistes"? Ist das sowas wie ein Gotteskrieger?


ich würde als so einen kriegertypus z.b. thomas huxley oder richard dawkins ansehen. "krieger im geiste" ist wohl die beste bezeichnung für diese beiden menschen.

Zitat:

Yog-Sothoth hat folgendes geschrieben:
es könnte gut einer der gründe für ungerechtfertigte (es gibt natürlich auch gerechtfertigte!) kritik sein. das man nietzsche liest, aber nicht versteht. nietzsches stil ist mit bildern gespickt, er will damit gefühle auslösen. wie ich schon schrieb: man greift die bildebene an, ohne die bedeutungsebene zu erkennen oder gar zu verstehen...


Du hast Recht, er möchte keine Gedanken sondern Gefühle ansprechen, deshalb seine Bildersprache. Das ist sogar ein großes Tam-tam zur Ausschaltung des Denkens, möchte ich mal behaupten.


deute meine aussagen nicht falsch! ich sagte, er will gefühle ansprechen, sagte aber nicht, dass er damit die gedanken vernachlässigt. bei nietzsche spielen beide ein rolle, und er verknüpft sie in seiner philosphie.
ich empfehle dir mal das buch "nietzsche für anfänger. also sprach zarathustra". darin geht es unter anderem auch um den ton in diesem werk. das nietzsche damit eine stimmung übermitteln will, wodurch seine gedanken erst verstehbar sein würden. (inwiefern das wirklich so ist, darüber lässt sich natürlich streiten)


Zitat:
[...]


ich habe das buch nicht gelesen, und werde es wahrscheinlich auch nicht tun.
hast du dich einmal direkt mit nietzsches philosophie beschäftigt, oder übernimmst du nur die meinung von ideologisch beeinflussten kritikern? (eigentlich kannst du dir die antwort sparen, es liegt wohl auf der hand...

edit: vielleicht solltest du die textstelle auch nicht allzu exemplarisch für den "zarathustra" und nietzsches denken nehmen. immerhin sind es 1 bis 2 seiten. im vergleich zu den restlichen über dreihundert seiten doch etwas wenig, um für ein werk bestimmend zu sein.
_________________
hm ...
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pewe
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Anmeldungsdatum: 20.01.2008
Beiträge: 3377

Beitrag(#1330718) Verfasst am: 18.07.2009, 15:39    Titel: Antworten mit Zitat

Hier übrigens ein Sonderheft der gkpn zu Nietzsche. Friedrich Nietzsche zum 100 Todestag
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44125

Beitrag(#1330722) Verfasst am: 18.07.2009, 15:43    Titel: Re: Nietzsche und sein Kampf gegen den Sozialismus Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Ja genau, lass uns Bibelkunde treiben! Ballancer ick hör dir trapsen.

Wir können natürlich auch jegliche Literaturwissenschaft fahren lassen und uns mit allen Büchern nur noch so beschäftigen wie mit "Die Kleine Raupe Nimmersatt". Cool
_________________
Geh mir aus der Sonne, Alexander!
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Defätist
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Anmeldungsdatum: 09.06.2010
Beiträge: 8557

Beitrag(#2032116) Verfasst am: 21.11.2015, 00:44    Titel: Antworten mit Zitat

In Anbetracht eines in einem anderen Thread aufgegriffenen Themas:

Zitat:
Und es ist weiter die Frage zu stellen, warum Nietzsche seit dem Ende des 19. Jahrhunderts bis heute als Katalysator spätbürgerlicher irrationalistischer Ideologeme wirken konnte - wobei diese katalysatorische Funktion meist gerade mit einer willkürlichen, historisch-philologische Genauigkeit ignorierenden Ausschlachtung seines Werks verbunden ist.


Aus:
Aspekte einer marxistischen Nietzsche-Kritik
http://www.trend.infopartisan.net/trd0900/t140900.htm

Falls schon in einem der anderen 100 Nietzsche-Threads verlinkt, bitte einfach links liegen lassen.
showtime
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