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narzistische Hohepriester der Wissenschaft
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Lamarck
Radikaler Konstruktivist



Anmeldungsdatum: 28.03.2004
Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main

Beitrag(#204927) Verfasst am: 02.11.2004, 11:30    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Martin!

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Doch, aber nicht die Mathematik! Die Mathematik "gibt" es nicht im ontologischen Sinn; sie ist ein rein "ideelles Konstrukt" - eine Ausgeburt unserer Gehirne.

Ja freilich, genauso wie die Physik und die Soziologie.

Du meinst wahrscheinlich eher den Unterschied zwischen dem Status der Objekte der Mathematik und der Physik. Mithilfe der Mathematik modellieren wir formale Systeme, mithilfe der Physik dagegen (meist) physikalische Systeme (von denen Realisten zusätzlich meinen, sie existierten absolut).

Ja, der Unterschied zwischen formalen und empirischen Wissenschaften gehört auch in gewisser Weise zum Thema. Mir geht es um folgendes: Theorien, Gleichungen, Gesetze etc. sind Ideen und als solche ausschließlich Teil unseres Weltbildes. Ein paar Menschen gehen aber davon aus, daß es Dinge gibt, die nicht nur in unserem Weltbild, sondern auch in der Welt an sich auftauchen. Letzteres umspannt den Gegenstandsbereich aller empirischen Wissenschaften. Ersteres sind bestenfalls begriffliche Repräsentationen derselben.


Wenn das nun schon zum Thema gehört: Es ist ja unbestritten nichts besseres zu haben als eine Theorie. Du machst dann aber nur einen anthropozentrischen Kunstgriff und unterscheidest das "Wahre" vom "Realen". Niemand betreibt Empirie ohne Theorie (wenn auch zuweilen unbewußt). Hier einige Fragen an den Konventionalisten in Dir: Welche Dinge existieren denn in 'Deiner' Welt an sich'? Wie ist es möglich, die hiervon unabhängige Welt der "Ideen" zu erfinden? Und warum ist das gedankliche Konstrukt von der Kreiszahl π konstant und nicht beliebig?


Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Aber es ging um "natürlich" im Sinne von abstrakt vs. real.


Formal: Die Abstraktion ist eine Ableitung. Wenn ich also alle Ableitungen zurückverfolge, komme ich dann auf Deine ursprüngliche (idealistische ?) "Realität"?

Aber welche Grammatik benutzt Du hier? Teufel


Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Step hat folgendes geschrieben:
Das ändert natürlich nichts daran, daß ein Gedanke dennoch ein Kostrukt ist. Aber das Entstehen von Konstrukten ist eben vollständig natürlich, in dem Sinne, daß hinreichend komplexe Simulatoren eben denken.

Darauf können wir uns einigen. Ich wollte nur andeuten, daß ein paar Leute aufgrund radikalkonstruktivistischer Verwirrungen den Unterschied zwischen formalen und empirischen Wissenschaften bzw. Systemen nicht ganz verstanden haben. Mr. Green


Das allerdings muß erst noch gezeigt werden ... .


Cheers,

Lamarck
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„Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)

„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.” (John Maynard Smith)

„Computers are to biology what mathematics is to physics.” (Harold Morowitz)
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Lamarck
Radikaler Konstruktivist



Anmeldungsdatum: 28.03.2004
Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main

Beitrag(#204949) Verfasst am: 02.11.2004, 12:00    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Nagarjuna!

Nagarjuna hat folgendes geschrieben:
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Meines Wissens sind alle Versuche nachzuweisen, daß mit Ausnahme des Menschen auch noch andere Primaten über Zahl- oder Mengenbegriffe verfügen, bislang fehlgeschlagen. Oder gibt es eine Studie, von der ich noch nichts weiß? Mit den Augen rollen

Vor kurzem lief im Fernsehen eine Dokumentation, die ich leider nicht ganz gesehen habe. Wie auch immer, es wurden Tests gezeigt, die mit wild lebenden Affen durchgeführt wurden. Es wurden zwei Platten vertikal aufgestellt, sodass der Affe nicht sehen konnte, was dahinter ist. Dem Affen wurde gezeigt, wie Obst hinter die Platten gelegt wird. Der Affe lief darauf dorthin, wo das meiste Obst war. Allerdings wurde die Auswahl zufällig, sobald die Anzahl von Früchten eine bestimmte Zahl überschritt. Ich glaube, dass ungefähr 5 die Grenze war, weiß es aber leider nicht mehr ganz genau.

Ein weiterer Test wurde in einem Labor durchgeführt: Auf einem größerem Touchscreen wurden mehrere Gruppen von Symbolen, die sich auch bei jedem Durchgang änderten, gezeigt, wobei der Affe bei der kleinsten Anzahl von Symbolen anfangen musste und bei der größten endete. Die maximale Anzahl lag um 10 herum. Gelang dem Affen die richtige Reihenfolge, bekam er als Belohnung etwas zum Essen. Es ist erstaunlich, aber nach nur sehr kurzem Training konnte der Affe diese Aufgabe mit sehr hoher Zuverlässigkeit und erstaunlicher Geschwindigkeit lösen.

Leider weiß ich nicht, wer diese Experimente durchgeführt hat.


Letzteres geht auf Brannon, E. M. & Terrace, H. S. (2000) zurück:

http://www.apa.org/releases/monkeys.html



Cheers,

Lamarck
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pyrrhon
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Anmeldungsdatum: 22.05.2004
Beiträge: 8770

Beitrag(#204954) Verfasst am: 02.11.2004, 12:16    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Lamarck!

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Letzteres geht auf Brannon, E. M. & Terrace, H. S. (2000) zurück:

http://www.apa.org/releases/monkeys.html

Danke! Sehr glücklich

~ Nagarjuna
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Lamarck
Radikaler Konstruktivist



Anmeldungsdatum: 28.03.2004
Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main

Beitrag(#204981) Verfasst am: 02.11.2004, 12:58    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Martin!

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Mit Deiner Aussage "Mathematik ist Fiktion" wirst Du Dir viele Freunde machen. zwinkern Jedenfalls ist eine Welt an sich im fiktionalem Gehalt nicht zu überbieten.

Doch - z.B. von Supernaturalisten und platonischen Idealisten zwinkern


Jeder Wahn ist Fiktion, aber nicht jede Fiktion ist Wahn. Mr. Green


Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Schließlich kannst Du das nicht beweisen.

Das ist, wie schon betont, kein wissenschaftlich tragfähiger Einwand. Sonst wären wir da stehen geblieben, wo die Positivisten einst waren. Was kann man überhaupt beweisen?


Eben. Deshalb mußt Du als Realist mittels Perseveration Zuflucht zu Deinem metaphysischen Geschwurbel nehmen. Natürlich nur aus Gründen der heuristischen Fruchtbarkeit. Denn wie auch sonst kann aus einer erfundenen Antwort eine reale Frage konstruiert werden?!


Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Interessant ist bei der 'fiktionalen' Mathematik aber das Auftreten von Regelmäßigkeiten (ich will hier nur mal wieder mein Lieblingsbeispiel, die Kreiszahl π, aufgreifen). Wenn dem nicht so wäre, würde Mathematik nicht nur nichts nützen, es gäbe sie erst gar nicht. Die genannten Regelmäßigkeiten erkennst Du nur in einem iterativen Prozess der Abstraktion; in der Tat also Mustererkennung als Basis jeglicher geistiger Leistung. Das gilt für alle Regelmäßigkeiten, also sowohl für die Mathematik als auch für Deine von Dir sogenannten "natürlichen Dingen".

Stimmt, und? Schließt die Gesetzmäßigkeit neuronaler Muster und Abstraktionsleistungen aus, daß sie adaptiv aufgrund der Rückkopplung mit einer ebenso gesetzmäßigen Außenwelt entstanden sind? Irgendwie sehe ich Deinen Einwand nicht. Schulterzucken


Was koppelt hier mit was zurück? Sind die Gesetze der "Außenwelt" Dinge an sich oder nicht vielmehr Konstrukte? Stehen die Gesetze der "Außenwelt" untereinander in Verbindung? Oder mit denen der "Innenwelt"?


Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Könnte ich nun also sagen, Du bist nur gegenüber der Mathematik Radikaler Konstruktivist? Teufel

Wenn Du statt Mathematik "Weltbilder" und statt radikal "gemäßigt" sagst, sind wir uns einig. zwinkern


Könnte ich nun also sagen, Du bist nur gegenüber den "Weltbildern" "gemäßigter" Konstruktivist? Teufel


Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Warum kann aber Mathematik als "nichtnatürliches Ding" kommuniziert werden?

Vermutlich deshalb, weil die Abstraktionsleistung adaptiv entstanden, das heißt von einer ontischen Prüfinstanz für tauglich befunden wurde. Schließlich ist sie ein hervorragendes Mittel, um uns die Außenwelt durch Hypothesenbildung besser zu erschließen. zwinkern


Ich muß doch gelegentlich bei dieser ontischen Prüfinstanz Dienstaufsichtsbeschwerde einlegen.

Und wie schon gesagt: Es ist alles Abstraktion - letztlich auch das Konkrete. Und Du solltest fürderhin Ontologie nicht mit Kausalität verwechseln.

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
BTW, wolltest Du nicht auch noch etwas zu Gutmann schreiben?


Wenn Du möchtest.


Cheers,

Lamarck
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Lamarck
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Anmeldungsdatum: 28.03.2004
Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main

Beitrag(#205007) Verfasst am: 02.11.2004, 13:26    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Thomas!

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Warum kann aber Mathematik als "nichtnatürliches Ding" kommuniziert werden?

irgendwie sehe ich das Problem nicht. Es 'gibt' irgendwelche Strukturen mit irgendwelchen Regelmäßigkeiten, die wir, je nach Weltbild, erkennen oder modellieren. Die gelingede Kommunikation ist doch plausibler, wenn wir annehmen, dass wir _über_ 'real existierende' Dinge sprechen, als wenn wir 'nur' über Konstrukte reden, die beliebig sind.

Warum sollte uns die Interaktion mit dem 'An sich Seienden' nicht im Lauf der Evolution viable Muster im Gehirn verdrahtet haben? Warum sollte 'die Mathematik' nicht dazu gehören?


Erkennen = modellieren. Und erneut: Konstrukte sind nicht beliebig. Und auch viable Muster sind nicht identisch mit dem "An sich Seienden". Dann ergibt sich aber die Frage der Relation. Ein Abbild 1 : 1 schließt Du aus. Was hältst Du hier von einer n : n-Relation, wobei n = ?

Dann wäre noch zu klären, woher die viablen Muster kommen. Für Dich wären sie also letztlich keine Erfindung von Dir selbst, sondern des "An sich Seienden". Damit wären diese Konstrukte aber wiederum "Dinge an sich".


Cheers,

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Klaus-Peter
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Anmeldungsdatum: 10.01.2004
Beiträge: 1534

Beitrag(#205038) Verfasst am: 02.11.2004, 14:05    Titel: Antworten mit Zitat

Lamarck hat folgendes geschrieben:

Dann wäre noch zu klären, woher die viablen Muster kommen. Für Dich wären sie also letztlich keine Erfindung von Dir selbst, sondern des "An sich Seienden". Damit wären diese Konstrukte aber wiederum "Dinge an sich".

Nein. Es ist nicht zu klären, woher die "viablen Muster" kommen. Die hast Du konstruiert. Die Frage ist, warum manche Muster viabel sind und manche nicht. Und auf diese Frage hattest Du noch nie eine Antwort.
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Darwin Upheaval
Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator



Anmeldungsdatum: 23.01.2004
Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden

Beitrag(#205040) Verfasst am: 02.11.2004, 14:09    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Lamarck,

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Es ist ja unbestritten nichts besseres zu haben als eine Theorie.


Das ist doch schon einmal sehr erfreulich, daß wir uns darauf einigen können. Jetzt ist nur noch die Frage offen, ob man der wissenschaftlichen Methodik gerecht wird, wenn man Theorien und Hypothesen deshalb über die Klinge springen läßt, weil sie etwas postulieren, was nicht im strengen Sinn bewiesen werden kann. zwinkern


Lamarck hat folgendes geschrieben:
Niemand betreibt Empirie ohne Theorie (wenn auch zuweilen unbewußt).


Bingo! Und Du treibst Wissenschaft ebenso auf der Basis des hypothetischen Realismus, wie Deine Streitgespräche im FGH. Vermutlich auch, ohne Dir dessen bewußt zu sein. Zumindest würdest Du es gar nicht erst versuchen, wenn Du etwas anderes vertreten würdest, als eine realistische Ontologie. Versuche doch nur nur einmal, die Paläontologie in Paläokonstruktologie umzubenennen und beobachte, wie die Motivation der Wissenschafter exponentiell nach unten geht... Teufel


Lamarck hat folgendes geschrieben:
Hier einige Fragen an den Konventionalisten in Dir: Welche Dinge existieren denn in 'Deiner' Welt an sich'? Wie ist es möglich, die hiervon unabhängige Welt der "Ideen" zu erfinden? Und warum ist das gedankliche Konstrukt von der Kreiszahl π konstant und nicht beliebig?


Keine Ahnung, auf welches Scheinproblem Du anspielst. Die Frage, welche Dinge "real" existieren, ist zunächst einmal logisch unabhängig von der Frage, ob es Dinge an sich gibt (Realitätshypothese). Die Tatsache, daß es verschiedene Grade der Tauglichkeit von Phänotypen, Weltbildern und Theorien gibt, macht die Realitätshypothese für jeden, der das Phänomen zu erklären hat, zu einer überaus plausiblen Annahme.

In Abhängigkeit des "Viabilitätsgrades" von Theorien und Weltbildern, kann man sich dann in einem "circulus virtuosus", in dem Beobachten und Theoretisieren stets handinhand gehen, schrittweise an die Frage heranhangeln, hinter welchen theoretischen Begriffen man eine reale Entität vermutet. Diese Vorgehensweise des theoretischen Erschließens einer hypothetischen Wirklichkeit ist für die Wissenschaft etwas völlig Normales.


Lamarck hat folgendes geschrieben:
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Aber es ging um "natürlich" im Sinne von abstrakt vs. real.


Formal: Die Abstraktion ist eine Ableitung. Wenn ich also alle Ableitungen zurückverfolge, komme ich dann auf Deine ursprüngliche (idealistische ?) "Realität"? Aber welche Grammatik benutzt Du hier? Teufel


Siehe oben.


Lamarck hat folgendes geschrieben:
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Step hat folgendes geschrieben:
Das ändert natürlich nichts daran, daß ein Gedanke dennoch ein Kostrukt ist. Aber das Entstehen von Konstrukten ist eben vollständig natürlich, in dem Sinne, daß hinreichend komplexe Simulatoren eben denken.

Darauf können wir uns einigen. Ich wollte nur andeuten, daß ein paar Leute aufgrund radikalkonstruktivistischer Verwirrungen den Unterschied zwischen formalen und empirischen Wissenschaften bzw. Systemen nicht ganz verstanden haben. Mr. Green


Das allerdings muß erst noch gezeigt werden ... .


Wenn die Radikalkonstruktivisten recht hätten, gäbe es nichts außer Gedankenkonstrukten (Introspektion). Eine Trennung in "formal-abstrakte" und "empirische" (bzw. empirisch zu erforschende) Systeme wäre dann rein künstlich, weil den empirischen Wissenschaften buchstäblich die Gegenstands-Bereiche fehlten. Mathematische Lösungsverfahren auf der Basis von Gedankenexperimenten wären hierfür also völlig ausreichend.

Dem ist aber nicht so. Menschen unterscheiden für gewöhnlich zwischen formalen und (sagen wir einmal) empirisch zu erschließenden Systemen. Meist sind sie auch einigermaßen erfolgreich in der Lage, zwischen Introspektion und der hypothetischen (empirisch zugänglichen) "Exosphäre" zu unterscheiden, auch wenn zunächst nicht immer klar ist, welche Eigenschaften dieser Außenwelt "dazukonstruiert" werden. All dies ist ihnen schlicht angeboren. Jemand, der diese Unterscheidung nicht treffen kann, wird für gewöhnlich als psychisch krank eingestuft. Man muß hier also der Phänomenwelt keine Gewalt antun, wenn man feststellt, daß der Realismus hierfür die plausibelste Erklärung liefert.

Grüße

Martin
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"Science is a candle in the dark." - Carl Sagan

www.ag-evolutionsbiologie.de
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Lamarck
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Beitrag(#205185) Verfasst am: 02.11.2004, 17:50    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Klaus-Peter!

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Lamarck hat folgendes geschrieben:

Dann wäre noch zu klären, woher die viablen Muster kommen. Für Dich wären sie also letztlich keine Erfindung von Dir selbst, sondern des "An sich Seienden". Damit wären diese Konstrukte aber wiederum "Dinge an sich".

Nein. Es ist nicht zu klären, woher die "viablen Muster" kommen. Die hast Du konstruiert. Die Frage ist, warum manche Muster viabel sind und manche nicht. Und auf diese Frage hattest Du noch nie eine Antwort.


Zur Viabilität hatte ich doch reichlich geschrieben. Jedenfalls ist im einfachsten Fall hier nur die Etablierung einer negativen Rückkopplungsschleife nötig. Das ist nun ein System. Aus der Sicht der Steuerungs- und Regelungstechnik ergibt sich dann etwa die vergleichbare Frage: Was weiß die Heizung von der Realität? In diesem Sinne wärst Du also eine Heizungssteuerung, die aufgrund der Auspegelung der Störgrößen hier einen Hinweis auf absolute Wahrheit (vulgo: "An sich seiendes") zu sehen meint.

Der Begriff "Viable Muster" ist hier übrigens eine Erfindung von Martin. Ich dagegen sage: Muster sind viabel, sonst wären sie keine Muster. Und Muster existieren eben nicht ohne Mustererkennung (Wie erkennt also ein Automat Muster?). Eben wie Du sagtest: Die habe ich konstruiert. Wenn ich sie aber konstruiert habe, kommen sie nicht von einer "Welt an sich".

Im übrigen hege ich die Vermutung, Du verwechselst den Radikalen Konstruktivismus mit dem Konstruktiven Realismus!?


Cheers,

Lamarck
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Anmeldungsdatum: 23.01.2004
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Beitrag(#205196) Verfasst am: 02.11.2004, 18:13    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Lamarck,

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Es ist nicht zu klären, woher die "viablen Muster" kommen. Die hast Du konstruiert. Die Frage ist, warum manche Muster viabel sind und manche nicht. Und auf diese Frage hattest Du noch nie eine Antwort.


Zur Viabilität hatte ich doch reichlich geschrieben. Jedenfalls ist im einfachsten Fall hier nur die Etablierung einer negativen Rückkopplungsschleife nötig.


Ja, aber Rückkopplung mit was? Viabel im Hinblick worauf? Was ist es denn, das dies bewertet? Um diese Fragen geht es doch!

Darüber hinaus besteht immer noch allgemeines Rätselraten darüber, was Du eigentlich vertrittst. Akzeptierst Du den Realismus immerhin als nützliche Heuristik? Oder glaubst Du sogar, daß es eine "Welt an sich" (im Sinne einer ontologischen Seins-Aussage, wie jemand spekuliert) tatsächlich gibt, erlaubst Dir aber nur keine Aussagen darüber zu treffen, weil Dir der direkte epistemologische Zugang zu dieser Außenwelt fehlt? Oder lehnst Du die Existenz einer wie auch immer gearteten "Welt an sich" kategorisch ab?

Grüße

Martin
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Lamarck
Radikaler Konstruktivist



Anmeldungsdatum: 28.03.2004
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Beitrag(#205210) Verfasst am: 02.11.2004, 18:35    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Martin!

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Es ist ja unbestritten nichts besseres zu haben als eine Theorie.

Das ist doch schon einmal sehr erfreulich, daß wir uns darauf einigen können. Jetzt ist nur noch die Frage offen, ob man der wissenschaftlichen Methodik gerecht wird, wenn man Theorien und Hypothesen deshalb über die Klinge springen läßt, weil sie etwas postulieren, was nicht im strengen Sinn bewiesen werden kann. zwinkern


Jedenfalls mußt Du einen hinreichenden Grund haben, etwas zu postulieren. Und sei es nur, um als narzistischer Hohepriester der Wissenschaft wider besseren Wissens liebgewonnene Theorien und Hypothesen nicht über die Klinge springen zu lassen ... . Mr. Green


Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Niemand betreibt Empirie ohne Theorie (wenn auch zuweilen unbewußt).

Bingo! Und Du treibst Wissenschaft ebenso auf der Basis des hypothetischen Realismus, wie Deine Streitgespräche im FGH. Vermutlich auch, ohne Dir dessen bewußt zu sein. Zumindest würdest Du es gar nicht erst versuchen, wenn Du etwas anderes vertreten würdest, als eine realistische Ontologie. Versuche doch nur nur einmal, die Paläontologie in Paläokonstruktologie umzubenennen und beobachte, wie die Motivation der Wissenschafter exponentiell nach unten geht... Teufel


Das klingt jetzt aber gar ein wenig nach '"Atheismus ist auch nur eine Religion", "Evolution ist auch nur eine Theorie" und "Nichtontologen sind auch Ontologen". Durch Begrifflichkeiten änderst Du keine Motive. Da muss doch schon was anderes hinzukommen ... . Aber von mir aus betreibe nur Paläontologie oder Paläokonstruktologie "an sich". Teufel


Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Hier einige Fragen an den Konventionalisten in Dir: Welche Dinge existieren denn in 'Deiner' Welt an sich'? Wie ist es möglich, die hiervon unabhängige Welt der "Ideen" zu erfinden? Und warum ist das gedankliche Konstrukt von der Kreiszahl π konstant und nicht beliebig?


Keine Ahnung, auf welches Scheinproblem Du anspielst. Die Frage, welche Dinge "real" existieren, ist zunächst einmal logisch unabhängig von der Frage, ob es Dinge an sich gibt (Realitätshypothese). Die Tatsache, daß es verschiedene Grade der Tauglichkeit von Phänotypen, Weltbildern und Theorien gibt, macht die Realitätshypothese für jeden, der das Phänomen zu erklären hat, zu einer überaus plausiblen Annahme.

In Abhängigkeit des "Viabilitätsgrades" von Theorien und Weltbildern, kann man sich dann in einem "circulus virtuosus", in dem Beobachten und Theoretisieren stets handinhand gehen, schrittweise an die Frage heranhangeln, hinter welchen theoretischen Begriffen man eine reale Entität vermutet. Diese Vorgehensweise des theoretischen Erschließens einer hypothetischen Wirklichkeit ist für die Wissenschaft etwas völlig Normales.


Du kannst beobachten und theoretisieren nicht trennen. Bleibt also eine Beobachtung übrig, oder eine Theorie, die Beobachtung genannt wird? Mit "plausibler Annahme" und "völlig Normales" pfeifst Du im wahrsten (sic!) Sinne des Wortes im Walde. Das hat der Radikale Konstruktivist nun nicht nötig und kann auf die Frage beharren:

Welche Dinge existieren denn in 'Deiner' Welt an sich'? Wie ist es möglich, die hiervon unabhängige Welt der "Ideen" zu erfinden? Und warum ist das gedankliche Konstrukt von der Kreiszahl π konstant und nicht beliebig?

Versuche, dies zu beantworten und Du wirst schon vor gewissen "Scheinproblemen" zu stehen kommen. zwinkern


Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Aber es ging um "natürlich" im Sinne von abstrakt vs. real.

Formal: Die Abstraktion ist eine Ableitung. Wenn ich also alle Ableitungen zurückverfolge, komme ich dann auf Deine ursprüngliche (idealistische ?) "Realität"? Aber welche Grammatik benutzt Du hier? Teufel

Siehe oben.


Sehe ich oben nicht. Wie komme ich also von 'abstrakt' zu 'konkret'? - Vgl. übrigens "Satz des Martins"!


Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Step hat folgendes geschrieben:
Das ändert natürlich nichts daran, daß ein Gedanke dennoch ein Kostrukt ist. Aber das Entstehen von Konstrukten ist eben vollständig natürlich, in dem Sinne, daß hinreichend komplexe Simulatoren eben denken.

Darauf können wir uns einigen. Ich wollte nur andeuten, daß ein paar Leute aufgrund radikalkonstruktivistischer Verwirrungen den Unterschied zwischen formalen und empirischen Wissenschaften bzw. Systemen nicht ganz verstanden haben. Mr. Green

Das allerdings muß erst noch gezeigt werden ... .

Wenn die Radikalkonstruktivisten recht hätten, gäbe es nichts außer Gedankenkonstrukten (Introspektion). Eine Trennung in "formal-abstrakte" und "empirische" (bzw. empirisch zu erforschende) Systeme wäre dann rein künstlich, weil den empirischen Wissenschaften buchstäblich die Gegenstands-Bereiche fehlten. Mathematische Lösungsverfahren auf der Basis von Gedankenexperimenten wären hierfür also völlig ausreichend.

Dem ist aber nicht so. Menschen unterscheiden für gewöhnlich zwischen formalen und (sagen wir einmal) empirisch zu erschließenden Systemen. Meist sind sie auch einigermaßen erfolgreich in der Lage, zwischen Introspektion und der hypothetischen (empirisch zugänglichen) "Exosphäre" zu unterscheiden, auch wenn zunächst nicht immer klar ist, welche Eigenschaften dieser Außenwelt "dazukonstruiert" werden. All dies ist ihnen schlicht angeboren. Jemand, der diese Unterscheidung nicht treffen kann, wird für gewöhnlich als psychisch krank eingestuft. Man muß hier also der Phänomenwelt keine Gewalt antun, wenn man feststellt, daß der Realismus hierfür die plausibelste Erklärung liefert.


Nun haben aber die Radikalkonstruktivisten recht und Du solltest daher vorsichtig sein, ein Ergebnis a la "plausibelste Erklärung" am Anfang der Argumentation zu stellen. Denken ist immer Introspektion. Und manche denken eben, sie fliegen mit dem Hypothesenraumschiff durch das Realitätsuniversum und entdecken Ontologie-Galaxien, die noch nie zuvor ein Mensch "an sich" gesehen hat ... . Gröhl... Gröhl... Gröhl...


Cheers,

Lamarck
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Anmeldungsdatum: 10.01.2004
Beiträge: 1534

Beitrag(#205258) Verfasst am: 02.11.2004, 20:07    Titel: Antworten mit Zitat

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Aus der Sicht der Steuerungs- und Regelungstechnik ergibt sich dann etwa die vergleichbare Frage: Was weiß die Heizung von der Realität?

Eben. Die Heizung wird von der realen Aussentemperatur rückgekoppelt. Wer erzeugt bei Dir die reale Rückkopplung?

Zitat:
Im übrigen hege ich die Vermutung, Du verwechselst den Radikalen Konstruktivismus mit dem Konstruktiven Realismus!?

Was soll ein konstruktiver Realismus sein? Wer vertritt den?

Gruss

KP
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El Schwalmo
Naturalistischer Ignostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9073

Beitrag(#205462) Verfasst am: 03.11.2004, 00:03    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Lamarck,

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Warum kann aber Mathematik als "nichtnatürliches Ding" kommuniziert werden?

irgendwie sehe ich das Problem nicht. Es 'gibt' irgendwelche Strukturen mit irgendwelchen Regelmäßigkeiten, die wir, je nach Weltbild, erkennen oder modellieren. Die gelingede Kommunikation ist doch plausibler, wenn wir annehmen, dass wir _über_ 'real existierende' Dinge sprechen, als wenn wir 'nur' über Konstrukte reden, die beliebig sind.

Warum sollte uns die Interaktion mit dem 'An sich Seienden' nicht im Lauf der Evolution viable Muster im Gehirn verdrahtet haben? Warum sollte 'die Mathematik' nicht dazu gehören?


Erkennen = modellieren.


damit habe ich kein Problem. Uns scheint nur zu trennen, _was_ wir modellieren. Nur Modelle oder Modelle _von_ etwas.

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Und erneut: Konstrukte sind nicht beliebig.


In meinem Weltbild ist das trivial. Warum gilt das in Deinem?

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Und auch viable Muster sind nicht identisch mit dem "An sich Seienden".


Meine Rede seit Anno LeipzigEinUndLeipzig.

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Dann ergibt sich aber die Frage der Relation. Ein Abbild 1 : 1 schließt Du aus.


Ein 1:1-Abbild wäre so etwas wie eine Landkarte im Maßstab 1:1.

Mein Problem ist eher, dass wir selbst falls wir eine irgendwie 'richtige' Abbildung hätten, gar nicht feststellen könnten, _ob_ wir sie haben.

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Was hältst Du hier von einer n : n-Relation, wobei n = 8 ?


Nichts, weil nicht alle viabel sind.

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Dann wäre noch zu klären, woher die viablen Muster kommen. Für Dich wären sie also letztlich keine Erfindung von Dir selbst,


Natürlich sind die _Muster_ meine Erfindung. Die _Viabilität_ beruht auf der selektierenden 'Wirk'lichkeit.

Lamarck hat folgendes geschrieben:
sondern des "An sich Seienden". Damit wären diese Konstrukte aber wiederum "Dinge an sich".


Nein. Sie sind _Konzepte_, keine Dinge.

Grüßle

Thomas
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Darwin Upheaval
Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator



Anmeldungsdatum: 23.01.2004
Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden

Beitrag(#205565) Verfasst am: 03.11.2004, 10:34    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Lamarck,

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Das ist doch schon einmal sehr erfreulich, daß wir uns darauf einigen können. Jetzt ist nur noch die Frage offen, ob man der wissenschaftlichen Methodik gerecht wird, wenn man Theorien und Hypothesen deshalb über die Klinge springen läßt, weil sie etwas postulieren, was nicht im strengen Sinn bewiesen werden kann. zwinkern


Jedenfalls mußt Du einen hinreichenden Grund haben, etwas zu postulieren. Und sei es nur, um als narzistischer Hohepriester der Wissenschaft wider besseren Wissens liebgewonnene Theorien und Hypothesen nicht über die Klinge springen zu lassen ... . Mr. Green


Stimmt. Die Frage, weshalb ein Weltbild A im Gegensatz zu B "überlebensadäquat" ist, ist IMAO solch ein hinreichender Grund. Auf diese Frage hast Du noch nie eine Antwort gehabt.


Lamarck hat folgendes geschrieben:
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Bingo! Und Du treibst Wissenschaft ebenso auf der Basis des hypothetischen Realismus, wie Deine Streitgespräche im FGH. Vermutlich auch, ohne Dir dessen bewußt zu sein. Zumindest würdest Du es gar nicht erst versuchen, wenn Du etwas anderes vertreten würdest, als eine realistische Ontologie. Versuche doch nur nur einmal, die Paläontologie in Paläokonstruktologie umzubenennen und beobachte, wie die Motivation der Wissenschafter exponentiell nach unten geht... Teufel


Das klingt jetzt aber gar ein wenig nach '"Atheismus ist auch nur eine Religion", "Evolution ist auch nur eine Theorie" und "Nichtontologen sind auch Ontologen".


Nein. Es geht darum, daß Du einen "verkappten Realismus" vertrittst, wenn Du versuchst, in der Forschung etwas voranzutreiben.


Lamarck hat folgendes geschrieben:
Durch Begrifflichkeiten änderst Du keine Motive. Da muss doch schon was anderes hinzukommen ... . Aber von mir aus betreibe nur Paläontologie oder Paläokonstruktologie "an sich". Teufel


Polemik allein war noch nie ein Ersatz für ein Argument. Fakt ist, daß es bei Theorien, Weltbildern und Phänotypen abgestufte Grade der Tauglichkeit gibt. Fakt ist ferner, daß sich ein paar Menschen darüber Gedanken machen, warum dem so ist. Und Fakt ist, daß eben diese Menschen auf der Basis realistischer Voraussetzungen etwas über die Welt erfahren wollen. Wenn Du glaubst, ihnen das ausreden und die Wissenschaft radikalkonstruktivistisch reformieren zu können, nur zu!


Lamarck hat folgendes geschrieben:
Welche Dinge existieren denn in 'Deiner' Welt an sich'? Wie ist es möglich, die hiervon unabhängige Welt der "Ideen" zu erfinden? Und warum ist das gedankliche Konstrukt von der Kreiszahl π konstant und nicht beliebig? Versuche, dies zu beantworten und Du wirst schon vor gewissen "Scheinproblemen" zu stehen kommen. zwinkern


Sorry, wir drehen uns im Kreis. Ich habe Dir klar und deutlich geantwortet. Wenn Du die hypothetico-deduktive Methode und den "circulus virtuosus" nicht akzeptierst oder Dich damit schlicht nicht auseinandersetzen willst, kann ich Dir nicht helfen. Schulterzucken


Lamarck hat folgendes geschrieben:
Nun haben aber die Radikalkonstruktivisten recht und Du solltest daher vorsichtig sein, ein Ergebnis a la "plausibelste Erklärung" am Anfang der Argumentation zu stellen.


Die Einschätzung ergibt sich im Hinblick auf die Frage, warum bestimmte Welbilder überlebensadäquat sind. Das ist kein a priori-"Wissen".


Lamarck hat folgendes geschrieben:
Denken ist immer Introspektion. Und manche denken eben, sie fliegen mit dem Hypothesenraumschiff durch das Realitätsuniversum und entdecken Ontologie-Galaxien, die noch nie zuvor ein Mensch "an sich" gesehen hat ... . Gröhl... Gröhl... Gröhl...


Mag sein. Es gibt eben ein paar Menschen, deren Zielsetzung realistischerweise darin besteht, das hinter dem Phänomen verborgene Faktum durch Theorienbildung zu erschließen. Man nennt sie für gewöhnlich Wissenschaftler. Verzeih', wenn diese Vorstellung nicht in Dein anthropozentrisches Weltbild paßt.

Grüße

Martin
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Zuletzt bearbeitet von Darwin Upheaval am 03.11.2004, 10:55, insgesamt einmal bearbeitet
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Darwin Upheaval
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Beitrag(#205567) Verfasst am: 03.11.2004, 10:39    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Klaus-Peter,

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Aus der Sicht der Steuerungs- und Regelungstechnik ergibt sich dann etwa die vergleichbare Frage: Was weiß die Heizung von der Realität?

Eben. Die Heizung wird von der realen Aussentemperatur rückgekoppelt. Wer erzeugt bei Dir die reale Rückkopplung?


Du vergißt, daß die Außentemperatur nicht existiert. Vielmehr steht ein Gedankenkonstrukt mit einem anderen Gedankenkonstrukt in Rückkopplung, das aus irgendwelchen Gründen ein viables Regel-Konstrukt als output liefert zwinkern

[Nachtrag 11:13 Uhr]: Nein, im Ernst - ich versteh' Lamarcks "Problem" nicht. Wenn er fragt, wie es kommen kann, daß wir "Ideen" von der Wirklichkeit erfinden, läßt sich das auf der Basis der EE begründen. Natürlich entstehen Weltbilder im Kopf. Wir haben auch nichts anderes außer Weltbilder (AKA Konstrukte) zur Hand - ist doch geschenkt!

Interessant wird's doch erst, wenn man eine "Ebene höher" ansetzt und weiterfragt, warum manche Weltbilder überhaupt überlebensadäquat sind. Welche Instanz "fällt die Urteile"? Der Rest ist stinknormale Hypothesenbildung - Hypothesen, die sich nicht aufgrund von Beweisen sondern aufgrund von Konsistenzargumenten bewähren.

Grüße

Martin
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Klaus-Peter
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Beitrag(#205796) Verfasst am: 03.11.2004, 16:26    Titel: Antworten mit Zitat

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Du vergißt, daß die Außentemperatur nicht existiert. Vielmehr steht ein Gedankenkonstrukt mit einem anderen Gedankenkonstrukt in Rückkopplung, das aus irgendwelchen Gründen ein viables Regel-Konstrukt als output liefert zwinkern

Hallo Martin,

das führt jetzt noch weiter vom Thema ab, aber dahinter steckt ein ganz existentielles Problem unserer Zeit: Die Welt wird immer komplexer, unsere Modelle komplizierter, und die Ausbildung theoretischer. Das Problem: Viele der heutigen Studenten kennen zwar die "high-sophisticated" Modelle, mit denen man Probleme löst (ich denke mal beispielhaft an Portfolio-Analysen, formale Projektplanungsmethoden oder Objektorientierte Software-Analyse), aber sie kennen die dahinterstehenden Probleme nicht mehr oder nur rudimentär. Das Problem kommt nun daher, dass die Beschäftigung mit den Methoden schon so interessant ist und zu so komplexen Problemen führt, dass die dahinter stehenden wirklichen Probleme ins Hintertreffen geraten. Eine wirklich gute Projektplanung (oder Software-Analyse) lebt aber von der dauernden Rückkopplung (=Kritik) durch die dahinterstehenden realen Probleme. Wehe dem Projektleiter, der eine Mannschaft von Frischlingen hat, die anfangen, mit den UML-Tools zu onanieren. Deshalb muss man immer einen alten knarzigen Hasen hinzustecken, der sie wieder auf den Boden holt.

In den Naturwissenschaften gibt es etablierte Mechanismen, die die Überflieger auf den Boden holen. In der Philosophie gibt es die offenbar nicht. Deshalb können solche Heissluftbläser wie Watzlawick und Co. mühelos abheben. Was mich bloss wirklich schockiert: Dass auch noch so sorgfältiges Nachbohren nicht hilft, um die Luftballons zum Platzen zu bringen.

Gruss

KP
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pyrrhon
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Beitrag(#205897) Verfasst am: 03.11.2004, 17:32    Titel: Antworten mit Zitat

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Was mich bloss wirklich schockiert: Dass auch noch so sorgfältiges Nachbohren nicht hilft, um die Luftballons zum Platzen zu bringen.

Wenn ich es richtig verstehe, dann führt konsequenter radikaler Konstruktivismus letztendlich zum Solipsismus und jemand, der nicht zumindest hypothetisch von einer realen Welt ausgeht, hält doch konsequenterweise seine Diskussionspartner und deren Argumente nicht für real. Lässt Du Dich von Personen und Argumenten überzeugen, die Du nicht für real hältst?

~ Nagarjuna
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Beitrag(#205996) Verfasst am: 03.11.2004, 18:28    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Nagarjuna,

Nagarjuna hat folgendes geschrieben:
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Was mich bloss wirklich schockiert: Dass auch noch so sorgfältiges Nachbohren nicht hilft, um die Luftballons zum Platzen zu bringen.

Wenn ich es richtig verstehe, dann führt konsequenter radikaler Konstruktivismus letztendlich zum Solipsismus und jemand, der nicht zumindest hypothetisch von einer realen Welt ausgeht, hält doch konsequenterweise seine Diskussionspartner und deren Argumente nicht für real. Lässt Du Dich von Personen und Argumenten überzeugen, die Du nicht für real hältst?


So kann man das natürlich auch sehen. zwinkern

Ich habe heute kurz mit Martin Mahner über das Thema diskutiert. Nach seiner Auffassung scheint der Knackpunkt u.a. darin zu bestehen, daß der radikale Konstruktivismus selber metaphysische Annahmen machen muß, wenn er davon ausgehen will, daß seine Thesen richtig sind. Gleichzeitig lehnt er es aber ab, solche zu machen, weil er ja vorgibt, keine Metaphysik zu vertreten. Das macht ihn zu einer inkonsistenten Philosophie.

In Mahners neuem Buch wird das Thema leider nur am Rande angeschnitten. Er verweist hierzu aber auf eine Arbeit von Wendel, die man sich einmal genauer ansehen müßte:

Wendel, H.J. (1990): Moderner Relativismus: Zur Kritik antirealistischer Sichtweisen des Erkenntnisproblems. Mohr-Siebeck, Tübingen.

Grüße

Martin
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Beitrag(#206068) Verfasst am: 03.11.2004, 19:20    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Martin!

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
In Mahners neuem Buch wird das Thema leider nur am Rande angeschnitten. Er verweist hierzu aber auf eine Arbeit von Wendel, die man sich einmal genauer ansehen müßte:

Wendel, H.J. (1990): Moderner Relativismus: Zur Kritik antirealistischer Sichtweisen des Erkenntnisproblems. Mohr-Siebeck, Tübingen.

Vielen Dank für die Literatur-Tipps! (Meinst Du, wie ich vermute, mit dem Buch von Mahner das Buch mit dem Titel "Über die Natur der Dinge" (Amazon)?) Leider ist das Buch von Wendel nicht mehr lieferbar, allerdings bin ich auf ein anderes Buch vom selben Autor gestoßen:

Wendel, Hans J. (2001): Die Grenzen des Naturalismus. Mohr-Siebeck, Tübingen.

Amazon hat folgendes geschrieben:
Hans Jürgen Wendel zieht die Grenze zwischen Naturalismus und naivem Naturalismus: Zwischen der sinnvollen Einbeziehung einzelwissenschaftlicher Forschung und der Überzeugung, die Naturwissenschaft könne alle mögliche Erkenntnis allein erbringen.

Kennst Du es zufällig? Es könnte mich nämlich interessieren.

~ Nagarjuna
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El Schwalmo
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Beitrag(#206122) Verfasst am: 03.11.2004, 20:10    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Martin,

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:

Ich habe heute kurz mit Martin Mahner über das Thema diskutiert. Nach seiner Auffassung scheint der Knackpunkt u.a. darin zu bestehen, daß der radikale Konstruktivismus selber metaphysische Annahmen machen muß, wenn er davon ausgehen will, daß seine Thesen richtig sind. Gleichzeitig lehnt er es aber ab, solche zu machen, weil er ja vorgibt, keine Metaphysik zu vertreten. Das macht ihn zu einer inkonsistenten Philosophie.


vielleicht solltest Du dazu noch das, was Mahner unter 'Metaphysik' versteht, mit dem vergleichen, was Lamarck darunter versteht.

Kann auch sein, dass das mit 'Solipsismus' nicht zutreffend ist. Man kann durchaus _ontologisch_ Realist sein, und erkennen, dass man diesen _methodologisch_ nicht 'braucht'. Ist zwar nicht meine Auffassung, aber ich kann sie nachvollziehen.

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:

In Mahners neuem Buch wird das Thema leider nur am Rande angeschnitten.


Stimmt. S. 92ff ein paar durchaus interessante Überlegungen. Auf S. 125 steht dann in etwa das, was ich auch vertrete:

Zitat:

Diese Thesen gehören zu einem gemäßigten Konstruktivismus, der angesichts unseres bisherigen Wissens über das Gehirn Bestandteil auch einer realistischen Erkenntnistheorie sein muss [...]. Wir haben als Materialisten selbstredend keinen Bedarf an antirealistischen Positionen wie dem radikalen Konstruktivismus, der zudem inkohärent ist [...]


An beiden genannten Stellen zitieren die Autoren Wendels Arbeit von 1990.

Grüßle

Thomas
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Darwin Upheaval
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Beitrag(#206138) Verfasst am: 03.11.2004, 20:27    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Thomas,

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:

Ich habe heute kurz mit Martin Mahner über das Thema diskutiert. Nach seiner Auffassung scheint der Knackpunkt u.a. darin zu bestehen, daß der radikale Konstruktivismus selber metaphysische Annahmen machen muß, wenn er davon ausgehen will, daß seine Thesen richtig sind. Gleichzeitig lehnt er es aber ab, solche zu machen, weil er ja vorgibt, keine Metaphysik zu vertreten. Das macht ihn zu einer inkonsistenten Philosophie.


vielleicht solltest Du dazu noch das, was Mahner unter 'Metaphysik' versteht, mit dem vergleichen, was Lamarck darunter versteht.


Wenn ich ihn richtig verstanden habe, lehnt er jede Form der Metaphysik ab. Auch Hypothesen über das Sein und Werden einer realen (vom erkennenden Subjekt unabhängigen) Welt, wie sie Mahner und Bunge vertreten.


Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Kann auch sein, dass das mit 'Solipsismus' nicht zutreffend ist. Man kann durchaus _ontologisch_ Realist sein, und erkennen, dass man diesen _methodologisch_ nicht 'braucht'. Ist zwar nicht meine Auffassung, aber ich kann sie nachvollziehen.


Das Frage ist, was ein radikaler Konstruktivist wie Lamarck überhaupt vertritt. Auch noch so wohlwollendes Nachfragen hatte keine (eindeutige bzw. kohärente) Antwort zur Folge. Ich vermute, daß Lamarck jede Form realistischen Denkens radikal ablehnt - auch die Idee, daß es außer seinen Gedankenkonstrukten noch etwas weiteres gibt. Bestenfalls akzeptiert er den Realismus ab und an als "brauchbare" Heuristik. Aber das soll er selber sagen.


Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:

In Mahners neuem Buch wird das Thema leider nur am Rande angeschnitten.


Stimmt. S. 92ff ein paar durchaus interessante Überlegungen. Auf S. 125 steht dann in etwa das, was ich auch vertrete:

Zitat:

Diese Thesen gehören zu einem gemäßigten Konstruktivismus, der angesichts unseres bisherigen Wissens über das Gehirn Bestandteil auch einer realistischen Erkenntnistheorie sein muss [...]. Wir haben als Materialisten selbstredend keinen Bedarf an antirealistischen Positionen wie dem radikalen Konstruktivismus, der zudem inkohärent ist [...]


An beiden genannten Stellen zitieren die Autoren Wendels Arbeit von 1990.


Stimmt. Auf das hier Zitierte können wir uns einigen. Auch ich bin selbstverständlich ein "gemäßigter" Konstruktivist zwinkern

Grüße

Martin
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Beitrag(#206248) Verfasst am: 03.11.2004, 21:51    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Martin!

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Nagarjuna hat folgendes geschrieben:
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Was mich bloss wirklich schockiert: Dass auch noch so sorgfältiges Nachbohren nicht hilft, um die Luftballons zum Platzen zu bringen.

Wenn ich es richtig verstehe, dann führt konsequenter radikaler Konstruktivismus letztendlich zum Solipsismus und jemand, der nicht zumindest hypothetisch von einer realen Welt ausgeht, hält doch konsequenterweise seine Diskussionspartner und deren Argumente nicht für real. Lässt Du Dich von Personen und Argumenten überzeugen, die Du nicht für real hältst?

So kann man das natürlich auch sehen. zwinkern

Ich habe heute kurz mit Martin Mahner über das Thema diskutiert. Nach seiner Auffassung scheint der Knackpunkt u.a. darin zu bestehen, daß der radikale Konstruktivismus selber metaphysische Annahmen machen muß, wenn er davon ausgehen will, daß seine Thesen richtig sind. Gleichzeitig lehnt er es aber ab, solche zu machen, weil er ja vorgibt, keine Metaphysik zu vertreten. Das macht ihn zu einer inkonsistenten Philosophie.

In Mahners neuem Buch wird das Thema leider nur am Rande angeschnitten. Er verweist hierzu aber auf eine Arbeit von Wendel, die man sich einmal genauer ansehen müßte:

Wendel, H.J. (1990): Moderner Relativismus: Zur Kritik antirealistischer Sichtweisen des Erkenntnisproblems. Mohr-Siebeck, Tübingen.


Da brauchst Du nur mich fragen:

In seiner Habil von 1990 greift Wegner im wesentlichen die auf dem metaphysischen Fundament des Realismus stehende Wittgenstein'sche Leiter an (Du erinnerst Dich noch an meine ersten Postings?) und glaubt, mit diesem Angriff den Aufstieg zu einer relativistischen Plattform die Grundlage zu entziehen. Die trägt sich aber von selbst: Der Konstruktivismus wird selbst zum Konstrukt. Nun aber hier ein Zitat aus seinem Vorläufer:

Zitat:
"(3) Alle diese Schwierigkeiten ließen sich für die Radikalen Konstruktivisten nur vermeiden, indem sie a limine ihr Verständnis vom instrumentalistischem Charakter der Erkenntnis schon voraussetzen, d. h. letztlich von der metaphysischen Voraussetzung einer nichtrealistischen Deutung aller Erkenntnis ausgehen würden. Dann würde allerdings die These, im Erkennen, wie es durch die neurophysiologischen und kybernetischen Theorien des Gehirns als eines selbstreferentiellen Systems von qualitativ unspezifischen Zuständen beschrieben wird, würden keine Darstellungsleistungen erbracht, auf einer petitio principii beruhen. Denn diese würde schon aus den metaphysischen Voraussetzungen folgen. Damit wäre zudem der angestrebte naturalistische Standpunkt zugunsten der vorausgesetzten instrumentalistischen Metaphysik verlassen." Wendel, H. J. (1989): "Wie erfunden ist die Wirklichkeit?" DELFIN XII 6/2 (1989), S. 87-89.


Aber das Argument, "der Relativismus setze zumindest ein Absolutes, nämlich die Geltung seiner selbst voraus und widerspreche sich damit" hat ja schon Adorno als armselig bezeichnet (Adorno, T. W. (1966): Negative Dialektik. S. 46). Wenn dies nun aber in der Umkehrung als elenktischer Beweis in Verbindung mit dem Münchhausen-Trilemma gegen den archimedischen Punkt des Rationalimus gerichtet wird, so bleibt Wendel nur noch, die Kinnlade nach unten zu klappen.


Cheers,

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Beitrag(#206287) Verfasst am: 03.11.2004, 22:34    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Klaus-Peter!

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Aus der Sicht der Steuerungs- und Regelungstechnik ergibt sich dann etwa die vergleichbare Frage: Was weiß die Heizung von der Realität?

Eben. Die Heizung wird von der realen Aussentemperatur rückgekoppelt. Wer erzeugt bei Dir die reale Rückkopplung?


Gotcha! Willst Du etwa behaupten, Heizungen verfügen über eine ihr eigene Realität? zwinkern





Das obige wirst Du kennen. Wo ist nun der Realitätsdetektor? Ist U (s) real? Oder vielleicht Y (s)? Der Regelkreis, das Konzept, die Gleichung, alles? In diesem Zusammenhang ist es eben ein Fehler, von realer Aussentemperatur oder irrealer Eingangsspannung zu reden. Zumal dies aus der Rückkopplungsgleichung sowieso durch Deduktion herausfallen würde ... .


Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Im übrigen hege ich die Vermutung, Du verwechselst den Radikalen Konstruktivismus mit dem Konstruktiven Realismus!?

Was soll ein konstruktiver Realismus sein? Wer vertritt den?


Hier wollte ich Dir zunächst vorschlagen, selber zu googeln. Im eigentlichen konstruiert der Konstruktive Realismus seine eigene, hier nun wirklich beliebige Realität. Einige Witzbolde verwenden diese Bezeichnung aber, um Piaget eines gemäßigten Konstruktivismus zu bezichtigen, was eine ziemliche Unverschämtheit ist. Aus ökonomischen Gründen also: Vergiss es!


Cheers,

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step
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Beitrag(#206301) Verfasst am: 03.11.2004, 22:46    Titel: Antworten mit Zitat

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Ist U (s) real? Oder vielleicht Y (s)? Der Regelkreis, das Konzept, die Gleichung, alles?

"real" bezeichnet gewisse Wahrnehmungen, die z.B. ein System hervorbringt, das durch einen Regelkreis modelliert werden kann, nicht aber der Regelkreis als Bild auf dem Papier oder als Gedanke in unserem Kopf. Wohl aber wieder das Papier oder der Gedanke als solche.

Findest Du es nicht natürlich, daß wir unsere Wahrnehmungen klassifizieren und einer bestimmten Klasse (mit zugegeben unscharfen Rändern) das modellhafte Attribut "real" zuweisen? Scheint dies nicht weite Bereiche der Welt besser zu modellieren als die Verwischung dieses Unterschieds?

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Lamarck
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Beitrag(#206332) Verfasst am: 03.11.2004, 23:25    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Martin!

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Es ist nicht zu klären, woher die "viablen Muster" kommen. Die hast Du konstruiert. Die Frage ist, warum manche Muster viabel sind und manche nicht. Und auf diese Frage hattest Du noch nie eine Antwort.

Zur Viabilität hatte ich doch reichlich geschrieben. Jedenfalls ist im einfachsten Fall hier nur die Etablierung einer negativen Rückkopplungsschleife nötig.

Ja, aber Rückkopplung mit was? Viabel im Hinblick worauf? Was ist es denn, das dies bewertet? Um diese Fragen geht es doch!

Darüber hinaus besteht immer noch allgemeines Rätselraten darüber, was Du eigentlich vertrittst. Akzeptierst Du den Realismus immerhin als nützliche Heuristik? Oder glaubst Du sogar, daß es eine "Welt an sich" (im Sinne einer ontologischen Seins-Aussage, wie jemand spekuliert) tatsächlich gibt, erlaubst Dir aber nur keine Aussagen darüber zu treffen, weil Dir der direkte epistemologische Zugang zu dieser Außenwelt fehlt? Oder lehnst Du die Existenz einer wie auch immer gearteten "Welt an sich" kategorisch ab?


Das scheint sich spätestens nach dem 5. Posting zu wiederholen. zwinkern

Spiele es also noch einmal, Sam: Rückgekoppelt wird mit sich selbst, Viabilität kannst Du evolutionsmäßig gleichsetzen z. B. mit Überleben (= Schleife: viabel ist, was sich als nicht unmöglich herausstellt) und Betragensnoten gibt es nur in der Schule. Du entgegnest dann: "Das ist doch nicht realistisch!" und ich erwidere: "Da hast Du recht!"

Und ebenfalls mehrfach erwähnt (z. B. Stichwort: Lapsus Newton/QM "aufs Brot geschmiert"): In der Tat benutze ich "Realismus" als nützliche Heuristik. Und zwar richtig und ohne metaphysische Hintergedanken. Will heißen: Anstatt einer "Realität an sich" verwende ich eine "Realität als ob". Das ist ja gerade das Radikale am Radikalen Konstruktivismus: Es existiert keine ontologische Realität und in meinem Erkennen existiert auch 'nur' meine Realität.


Cheers,

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El Schwalmo
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Beitrag(#206347) Verfasst am: 03.11.2004, 23:34    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Lamarck,

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Will heißen: Anstatt einer "Realität an sich" verwende ich eine "Realität als ob".


das ist in etwa das, was ich unter _hypothetischer_ Realismus verstehe.

Vielleicht mit einer kleinen Marginalie: das 'als ob' bezieht sich auf eine an sich seiende Realität.

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Das ist ja gerade das Radikale am Radikalen Konstruktivismus: Es existiert keine ontologische Realität


Was ist eine 'ontologische Realität'?

Falls Du darunter eine 'an sich seiende Welt' verstehst, würde mich interessieren, wie Du _begründest_, dass es die nicht gibt.

Lamarck hat folgendes geschrieben:
und in meinem Erkennen existiert auch 'nur' meine Realität.


Das ist wieder ein anderer Thread.

Grüßle

Thomas
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Beitrag(#206372) Verfasst am: 03.11.2004, 23:48    Titel: Antworten mit Zitat

Hi step!

step hat folgendes geschrieben:
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Ist U (s) real? Oder vielleicht Y (s)? Der Regelkreis, das Konzept, die Gleichung, alles?

"real" bezeichnet gewisse Wahrnehmungen, die z.B. ein System hervorbringt, das durch einen Regelkreis modelliert werden kann, nicht aber der Regelkreis als Bild auf dem Papier oder als Gedanke in unserem Kopf. Wohl aber wieder das Papier oder der Gedanke als solche.

Findest Du es nicht natürlich, daß wir unsere Wahrnehmungen klassifizieren und einer bestimmten Klasse (mit zugegeben unscharfen Rändern) das modellhafte Attribut "real" zuweisen? Scheint dies nicht weite Bereiche der Welt besser zu modellieren als die Verwischung dieses Unterschieds?


Das, was ein hinreichend komplexes (d. h. 'denkendes') System aktiv hervorbringt, ist eine subjektive Bewertung. Mit anderen Worten: Real = nützlich.


Cheers,

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Beitrag(#206394) Verfasst am: 04.11.2004, 00:04    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Thomas!

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Will heißen: Anstatt einer "Realität an sich" verwende ich eine "Realität als ob".

das ist in etwa das, was ich unter _hypothetischer_ Realismus verstehe.

Vielleicht mit einer kleinen Marginalie: das 'als ob' bezieht sich auf eine an sich seiende Realität.


Das ist ein gewaltiger Unterschied: Das eine steht in der Tradition des Platonismus. Das andere nicht.


Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Das ist ja gerade das Radikale am Radikalen Konstruktivismus: Es existiert keine ontologische Realität

Was ist eine 'ontologische Realität'?

Falls Du darunter eine 'an sich seiende Welt' verstehst, würde mich interessieren, wie Du _begründest_, dass es die nicht gibt.


Ja: Ontisch bzw. ontologisch = "an sich seiend". Mache es handfest und versuche, eine Theorie der Realität aufzustellen. Du wärst dann der Erste.


Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Lamarck hat folgendes geschrieben:
und in meinem Erkennen existiert auch 'nur' meine Realität.

Das ist wieder ein anderer Thread.


Eigentlich nicht. Aber Schuld daran ist sowieso nur der Martin mit seiner Stichelei. Cool


Cheers,

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Beitrag(#206435) Verfasst am: 04.11.2004, 00:52    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Martin!

Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:

Ich habe heute kurz mit Martin Mahner über das Thema diskutiert. Nach seiner Auffassung scheint der Knackpunkt u.a. darin zu bestehen, daß der radikale Konstruktivismus selber metaphysische Annahmen machen muß, wenn er davon ausgehen will, daß seine Thesen richtig sind. Gleichzeitig lehnt er es aber ab, solche zu machen, weil er ja vorgibt, keine Metaphysik zu vertreten. Das macht ihn zu einer inkonsistenten Philosophie.

vielleicht solltest Du dazu noch das, was Mahner unter 'Metaphysik' versteht, mit dem vergleichen, was Lamarck darunter versteht.

Wenn ich ihn richtig verstanden habe, lehnt er jede Form der Metaphysik ab. Auch Hypothesen über das Sein und Werden einer realen (vom erkennenden Subjekt unabhängigen) Welt, wie sie Mahner und Bunge vertreten.


Lamarck sagt: Wissenschaft statt 'Metaphysik'. Und selbstverständlich interessiert mich als Naturwissenschaftler auch die Natur. Und um dies noch einmal zu wiederholen: Als Radikaler Konstruktivist gehe ich von einem epistemologischen Solipsismus aus. Schließlich ist ein Solipsismus grundsätzlich nicht zu widerlegen. Da ich mir aber aus meiner eigenen Emergenz heraus Gedanken mache und aus Nützlichkeitserwägungen optimistisch bin, lehne ich einen echten Solipsismus ab. Wenn ich aber den Solipsismus ablehne, dann ist es wiederum nützlich, von einer Welt, die im wesentllichen auch ohne mich existiert, auszugehen. Das ist bei Realisten auch nicht anders. Aber weil diese nicht schwindelfrei sind, sind ihre Augen mit dem Tuch der Metaphysik verbunden.


Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Kann auch sein, dass das mit 'Solipsismus' nicht zutreffend ist. Man kann durchaus _ontologisch_ Realist sein, und erkennen, dass man diesen _methodologisch_ nicht 'braucht'. Ist zwar nicht meine Auffassung, aber ich kann sie nachvollziehen.

Das Frage ist, was ein radikaler Konstruktivist wie Lamarck überhaupt vertritt. Auch noch so wohlwollendes Nachfragen hatte keine (eindeutige bzw. kohärente) Antwort zur Folge. Ich vermute, daß Lamarck jede Form realistischen Denkens radikal ablehnt - auch die Idee, daß es außer seinen Gedankenkonstrukten noch etwas weiteres gibt. Bestenfalls akzeptiert er den Realismus ab und an als "brauchbare" Heuristik. Aber das soll er selber sagen.


Denken reicht. Und in einer Fortsetzung des vorherigen Abschnitts: Es gibt auch Deine Gedankenkonstrukte. Allerdings von meiner Warte aus betrachtet, mit einer winzigen solipsistischen Unsicherheit. Du bist in Deinem Hypothetischen Realismus ähnlich unsicher, glaubst aber, die Ontologie würde Dir hier das Händchen führen.


Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben:
In Mahners neuem Buch wird das Thema leider nur am Rande angeschnitten.

Stimmt. S. 92ff ein paar durchaus interessante Überlegungen. Auf S. 125 steht dann in etwa das, was ich auch vertrete:
Zitat:
Diese Thesen gehören zu einem gemäßigten Konstruktivismus, der angesichts unseres bisherigen Wissens über das Gehirn Bestandteil auch einer realistischen Erkenntnistheorie sein muss [...]. Wir haben als Materialisten selbstredend keinen Bedarf an antirealistischen Positionen wie dem radikalen Konstruktivismus, der zudem inkohärent ist [...]

An beiden genannten Stellen zitieren die Autoren Wendels Arbeit von 1990.

Stimmt. Auf das hier Zitierte können wir uns einigen. Auch ich bin selbstverständlich ein "gemäßigter" Konstruktivist zwinkern


Mir kommt der Begründungsgang arg inkohärent vor. Die Erkenntnis, Realismus ungleich Nichtrealismus, ist aber sicherlich zutreffend. Darauf muß man erst mal kommen. Mr. Green


Cheers,

Lamarck
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„Computers are to biology what mathematics is to physics.” (Harold Morowitz)
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El Schwalmo
Naturalistischer Ignostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9073

Beitrag(#206464) Verfasst am: 04.11.2004, 07:18    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Lamarck,

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Will heißen: Anstatt einer "Realität an sich" verwende ich eine "Realität als ob".

das ist in etwa das, was ich unter _hypothetischer_ Realismus verstehe.

Vielleicht mit einer kleinen Marginalie: das 'als ob' bezieht sich auf eine an sich seiende Realität.


Das ist ein gewaltiger Unterschied: Das eine steht in der Tradition des Platonismus. Das andere nicht.


irgendwie sieht mir das nicht nach einem Argument für eine Position aus.

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Lamarck hat folgendes geschrieben:
Das ist ja gerade das Radikale am Radikalen Konstruktivismus: Es existiert keine ontologische Realität

Was ist eine 'ontologische Realität'?

Falls Du darunter eine 'an sich seiende Welt' verstehst, würde mich interessieren, wie Du _begründest_, dass es die nicht gibt.


Ja: Ontisch bzw. ontologisch = "an sich seiend". Mache es handfest und versuche, eine Theorie der Realität aufzustellen. Du wärst dann der Erste.


Auch das sieht mir nicht gerade nach einem Argument gegen die Existenz einer an sich seienden Welt aus.

Lamarck hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Lamarck hat folgendes geschrieben:
und in meinem Erkennen existiert auch 'nur' meine Realität.

Das ist wieder ein anderer Thread.


Eigentlich nicht. Aber Schuld daran ist sowieso nur der Martin mit seiner Stichelei. 8)


Ich werde den Verdacht nicht los, dass Deine Position nur durch persönlichen Geschmack zu begründen ist (wie meine auch). Einen heuristischen Mehrwert hast Du nicht aufzeigen können, ein Argument gegen eine an sich seiende Welt hast Du nicht gebracht.

Erinnert mich irgendwie an die FET. Wenn man die Kontrastverschärfung abzieht, bleibt ein kleines Kernchen übrig, das man problemlos ins eigene Weltbild integrieren kann.

Grüßle

Thomas
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El Schwalmo
Naturalistischer Ignostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9073

Beitrag(#206468) Verfasst am: 04.11.2004, 08:18    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Lamarck,

Lamarck hat folgendes geschrieben:

Das, was ein hinreichend komplexes (d. h. 'denkendes') System aktiv hervorbringt, ist eine subjektive Bewertung. Mit anderen Worten: Real = nützlich.


interessant wäre nun, zu erklären, wie 'nützlich' zustande kommt. Die subjektive Bewertung ist zunächst eine subjektive Bewertung. _Wodurch_ wird sie denn nun 'nützlich'? Welche _Instanz_ entscheidet das?

Ist wieder wie mit FET und 'innerer Selektion'. Viel Gerede um Fehlkonstruktionen, aber totale Ausblendung, _woran_ sie scheitern. Solange das nicht _externe_Faktoren sind, bliebe nur ein Eidos. Aber dann wärst Du dort, wo Du absolut nicht sein möchtest.

Grüßle

Thomas
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