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Christenverfolgung - oder wenn Christen wieder mal nur sich sehen.
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Marcellinus
Outsider



Anmeldungsdatum: 27.05.2009
Beiträge: 7429

Beitrag(#2061215) Verfasst am: 10.07.2016, 10:53    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:

Als Atheist möchte nicht dafür haftbar gemacht werden, was andere Atheisten sagen oder tun.


Das passiert, ob du es möchtest oder nicht.
_________________
"Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."

Friedrich Nietzsche
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zelig
Kultürlich



Anmeldungsdatum: 31.03.2004
Beiträge: 25404

Beitrag(#2061218) Verfasst am: 10.07.2016, 11:40    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
Als Atheist möchte nicht dafür haftbar gemacht werden, was andere Atheisten sagen oder tun.


Danke. Der Wahnsinn der Welt wird eher nicht abgemildert, wenn man seinen Regeln folgt und Individuen auf Repräsentanten einer Gruppe reduziert, deren Mitglieder ein gemeinsames Merkmal teilen. So wie es es in diesem Thread geschieht. Ich war mir bisher nicht sicher, aber anscheinend bin ich nicht der einzige, der das so wahrnimmt. Das Lamento über den Wahnsinn muss man wohl als Pathos, gute Seelenmassage werten. Nicht so ganz ernst gemeint.
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vrolijke
Bekennender Pantheist
Moderator



Anmeldungsdatum: 15.03.2007
Beiträge: 46311
Wohnort: Stuttgart

Beitrag(#2061219) Verfasst am: 10.07.2016, 11:49    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:

Als Atheist möchte nicht dafür haftbar gemacht werden, was andere Atheisten sagen oder tun.


Die meisten Menschen haben kein Problem damit, "gschwind" millionen Menschen unter einen Hut zu packen.
Wehren sich aber gleichzeitig vehement, wenn man ihnen Schandtaten vor Augen führt, die jemand aus seinem Land, Stadt, Wohnviertel, Gemeinschaft, Partei, Straße, Haus begangen hat.
Damit will man nichts zu tun haben.
_________________
Glück ist kein Geschenk der Götter; es ist die Frucht der inneren Einstellung.
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Sich stets als unschuldiges Opfer äußerer Umstände oder anderer Menschen anzusehen ist die perfekte Strategie für lebenslanges Unglücklichsein.

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Bravopunk
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Anmeldungsdatum: 08.03.2008
Beiträge: 31679
Wohnort: Woanders

Beitrag(#2061221) Verfasst am: 10.07.2016, 13:31    Titel: Antworten mit Zitat

vrolijke hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:

Als Atheist möchte nicht dafür haftbar gemacht werden, was andere Atheisten sagen oder tun.


Die meisten Menschen haben kein Problem damit, "gschwind" millionen Menschen unter einen Hut zu packen.

(Hervorhebung von mir)

Verwundert Samma. Du schreibst das und siehst da nicht irgendwie eine gewisse Bigoterie drin? Suspekt

vrolijke hat folgendes geschrieben:
Wehren sich aber gleichzeitig vehement, wenn man ihnen Schandtaten vor Augen führt, die jemand aus seinem Land, Stadt, Wohnviertel, Gemeinschaft, Partei, Straße, Haus begangen hat.
Damit will man nichts zu tun haben.


Hat man streng genommen auch nicht. Schulterzucken Solange man zu der Schandtat nicht selbst angestiftet hat... niemand ist verpflichtet das schlechte Gewissen für andere zu spielen. Wird meist eh nicht so gut von denen aufgenommen. skeptisch Ich seh ja gar nicht ein Verantwortung für etwas zu übernehmen, nur weil der Schandtäter zufällig in derselben Gegend wohnt wie ich. NeinNein
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"Hier spricht Ramke. Wer jetzt allein ist, kriegt nur noch den Abschaum!"

Meine Freiheit, deine Freiheit

Kaguya-hime

Kanashikute Yarikirenai
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vrolijke
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Moderator



Anmeldungsdatum: 15.03.2007
Beiträge: 46311
Wohnort: Stuttgart

Beitrag(#2061222) Verfasst am: 10.07.2016, 15:26    Titel: Antworten mit Zitat

Bravopunk hat folgendes geschrieben:
vrolijke hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:

Als Atheist möchte nicht dafür haftbar gemacht werden, was andere Atheisten sagen oder tun.


Die meisten Menschen haben kein Problem damit, "gschwind" millionen Menschen unter einen Hut zu packen.

(Hervorhebung von mir)

Verwundert Samma. Du schreibst das und siehst da nicht irgendwie eine gewisse Bigoterie drin? Suspekt

vrolijke hat folgendes geschrieben:
Wehren sich aber gleichzeitig vehement, wenn man ihnen Schandtaten vor Augen führt, die jemand aus seinem Land, Stadt, Wohnviertel, Gemeinschaft, Partei, Straße, Haus begangen hat.
Damit will man nichts zu tun haben.


Hat man streng genommen auch nicht. Schulterzucken Solange man zu der Schandtat nicht selbst angestiftet hat... niemand ist verpflichtet das schlechte Gewissen für andere zu spielen. Wird meist eh nicht so gut von denen aufgenommen. skeptisch Ich seh ja gar nicht ein Verantwortung für etwas zu übernehmen, nur weil der Schandtäter zufällig in derselben Gegend wohnt wie ich. NeinNein


Hast Du noch nie gesagt oder gedacht: "ist ja klar; so sind se halt die ...?*"

Ich denke, (fast) jede wird das mal gemacht haben.

* ... kann alles mögliche beinhalten; Holländer, Katholen, Moslims, IT-ler, Banker, usw. Beliebig erweiterbar.
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Kramer
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Anmeldungsdatum: 01.08.2003
Beiträge: 30878

Beitrag(#2061259) Verfasst am: 10.07.2016, 23:55    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Als Atheist möchte nicht dafür haftbar gemacht werden, was andere Atheisten sagen oder tun.


Danke. Der Wahnsinn der Welt wird eher nicht abgemildert, wenn man seinen Regeln folgt und Individuen auf Repräsentanten einer Gruppe reduziert, deren Mitglieder ein gemeinsames Merkmal teilen. So wie es es in diesem Thread geschieht. Ich war mir bisher nicht sicher, aber anscheinend bin ich nicht der einzige, der das so wahrnimmt. Das Lamento über den Wahnsinn muss man wohl als Pathos, gute Seelenmassage werten. Nicht so ganz ernst gemeint.


Doch, das war total ernst gemeint. Und nun? Was kann ich tun, damit Du es ernst nimmst? Soll ich mich dafür kreuzigen lassen? Erzähl mir nicht, dass Dich das nicht schon einmal überzeugt hat. Du bist nicht derjenige, der vor einem Kruzifix stand und gesagt hat: Was für ein pathetischer Wahnsinn. Oder doch?
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Bravopunk
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Anmeldungsdatum: 08.03.2008
Beiträge: 31679
Wohnort: Woanders

Beitrag(#2061261) Verfasst am: 11.07.2016, 02:36    Titel: Antworten mit Zitat

vrolijke hat folgendes geschrieben:
Bravopunk hat folgendes geschrieben:
vrolijke hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:

Als Atheist möchte nicht dafür haftbar gemacht werden, was andere Atheisten sagen oder tun.


Die meisten Menschen haben kein Problem damit, "gschwind" millionen Menschen unter einen Hut zu packen.

(Hervorhebung von mir)

Verwundert Samma. Du schreibst das und siehst da nicht irgendwie eine gewisse Bigoterie drin? Suspekt

vrolijke hat folgendes geschrieben:
Wehren sich aber gleichzeitig vehement, wenn man ihnen Schandtaten vor Augen führt, die jemand aus seinem Land, Stadt, Wohnviertel, Gemeinschaft, Partei, Straße, Haus begangen hat.
Damit will man nichts zu tun haben.


Hat man streng genommen auch nicht. Schulterzucken Solange man zu der Schandtat nicht selbst angestiftet hat... niemand ist verpflichtet das schlechte Gewissen für andere zu spielen. Wird meist eh nicht so gut von denen aufgenommen. skeptisch Ich seh ja gar nicht ein Verantwortung für etwas zu übernehmen, nur weil der Schandtäter zufällig in derselben Gegend wohnt wie ich. NeinNein


Hast Du noch nie gesagt oder gedacht: "ist ja klar; so sind se halt die ...?*"

Ich denke, (fast) jede wird das mal gemacht haben.

* ... kann alles mögliche beinhalten; Holländer, Katholen, Moslims, IT-ler, Banker, usw. Beliebig erweiterbar.


Sowas hab ich schon sehr oft gedacht... immer ironisch.
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tillich (epigonal)
hat Spaß



Anmeldungsdatum: 12.04.2006
Beiträge: 21760

Beitrag(#2061286) Verfasst am: 11.07.2016, 13:31    Titel: Antworten mit Zitat

Kramer hat folgendes geschrieben:
Die eigentliche Frage ist nicht, wer ist Täter und wer ist Opfer, sondern: Ab wann kann man davon ausgehen, dass ein Mensch selbstbestimmt handelt? Hatten die Christen im antiken Rom eine Wahl, selbstbestimmt zu entscheiden, ob sie ihr Leben für den Monotheismus opfern? Oder waren sie nur nützliche Opfer für beide Seiten?

Bis in unsere heutige Zeit herein funktionieren doch Konflikte immer nach dem selben Prinzip: Es gibt die Anführer, die die Strategie vorgeben und die Bauernopfer, die dafür ihr Leben - oder ihre Freiheit - lassen. Und es ist ja nicht so, dass der Konflikt zwischen den polytheistischen Römern und den Christen damit geendet hat, dass die Christen Frieden und Nächstenliebe für alle gebracht haben. Die christlichen Märtyrer sind nicht für eine bessere Welt gestorben, sondern für eine Welt, die genauso verkorkst war wie vorher. Die christlichen Herrscher haben ihre Untertanen genauso in Kriegen verheizt wie ihre heidnischen Vorgänger. Die christliche Lehre hat nichts geändert.

Die Opfer der römischen Christenverfolgung waren genau so Opfer der christlichen Lehre UND der Christenverfolgung, wie die deutschen Soldaten im 1. und 2. Weltkrieg Opfer des deutschen Nationalismus und Nationalsozialismus UND Opfer des Krieges/der anderen Kriegsparteien waren. Oder so wie Frauen, die wegen Verstössen gegen das Kopftuchverbot bestraft werden, gleichzeitig Opfer von religiösen Geboten und Verboten in Namen der Selbstbestimmung werden.

Das ist wiederum, wenn nicht Täter-Opfer-Umkehr, dann indestens deren Verwischung. Es gab zu einer bestimmten Phase der Geschichte eine Verfolgung von Christen durch die römische Obrigkeit, und welche Gruppe Täter und welche Opfer war, ist dabei in gar keiner Weise zweifelhaft, sondern völlig eindeutig. (Im Gegensatz übrigens zu den deutschen Opfern des 2. Weltkriegs: Den Krieg hat Deutschland begonnen, die Christenverfolgung aber nicht die christliche Kirche.)

Daran ändern auch Spekulationen zu den internen Prozessen, inwieweit die einfachen Gläubigen ihren Anführern folgten oder selbstbestimmt für ihren Glauben eintraten, überhaupt nichts: Hätte die Obrigkeit nicht verfolgt, hätte auch ein noch so blind vertrauender Gläubiger kein Martyrium zu erleden gehabt.

Ich kenne übrigens zu deinen Spekulationen übrigens auch die genaue Gegenmeinung, nämlich dass es in bestimmten Phasen fanatische Gäubige gegeben habe, die durch Provokationen geradezu das Martyrium gesucht hätten, wogegen die Bischöfe eingeschritten seien. Was von beidem stimmt bzw. stärker der Fall war, weiß ich nicht, dazu kenne ich mich nicht genug aus. Es ist für die Frage, welche Gruppe bei einer organisierten Verfolgung Täter nd welche Opfer ist, auch völlig irrelevant.
_________________
"YOU HAVE TO START OUT LEARNING TO BELIEVE THE LITTLE LIES." -- "So we can believe the big ones?" -- "YES."

(Death / Susan, in: Pratchett, Hogfather)
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schtonk
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Anmeldungsdatum: 17.12.2013
Beiträge: 12078

Beitrag(#2061343) Verfasst am: 12.07.2016, 14:37    Titel: Antworten mit Zitat

jdf hat folgendes geschrieben:
Ich bin ein bisschen verwirrt, dass sich hier das Hauptaugenmerk auf die Antike beschränkt.
...


Dass auch Christen, wie andere Menschengruppen, verfolgt werden und wurden, weiß man.
Es ist aber sinnvoll, auf die Akzentuierung und die damit oft verbundene Instrumentalisierung zu achten. Ein Beispiel aus der heutigen Zeit:

Jörg Lau hat folgendes geschrieben:
...
Aber es gibt tatsächlich wieder Christen, die ihres Glaubens wegen ihr Leben lassen.

[...]

Am Schicksal der christlichen Minderheiten in Ägypten, im Irak, in Syrien und anderswo wird sich zeigen, wie human und tolerant die demokratiehungrigen islamischen Gesellschaften sind.
...

http://www.zeit.de/2012/52/Christen-Minderheit-Nahost


In seinem Artikel verknüpft Lau Demokratiefeindlichkeit mit Unterdrückung von Christen in islamischen/arabischen Ländern als essenzielles Problem.


Dazu eine Kritik in http://www.wissenrockt.de/2013/01/02/mythos-christenverfolgung-28302/ :

Zitat:
Anerkannte Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International oder Human Rights Watch können die immer wieder ins Feld geführte These, die Christen seien weltweit die am stärksten verfolgte Minderheit, nicht bestätigen. Eine einfache Nachfrage von Lau bei diesen Organisationen hätte diese deutlich gemacht.

Stattdessen verhält sich Lau wie Volker Kauder, einer der wichtigsten Kirchenlobbyisten im Bundestag. Er beruft sich auf nicht gegengeprüfte Daten der „Menschenrechtsorganisation Open Doors“ und spricht von 100 Millionen verfolgten und bedrängten Christen weltweit. Lau unterschlägt außerdem den vielsagenden Untertitel des Vereins Open Doors Deutschland („Im Dienst der verfolgten Christen weltweit“), sowie dessen Anerkennung „als religiösen Zwecken dienend“ durch das Finanzamt Hohenheim.

fett von mir


Lau beruft sich also auf Angaben des christlichen Hilfswerkes Open Doors, das bereits in anderer Hinsicht unangenehm aufgefallen ist:

Zitat:
Eine kürzlich veröffentlichte Erhebung über die angeblich systematische Verfolgung von christlichen Flüchtlingen durch Muslime in deutschen Asylbewerberheimen ist nach Recherchen der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" von zweifelhafter Aussagekraft. Das zum evangelikalen Spektrum zählende christliche Hilfswerk "Open Doors" hatte am 9. Mai eine Erhebung über "Religiös motivierte Übergriffe gegen christliche Flüchtlinge in Deutschland" veröffentlicht und von flächendeckenden Fällen von Gewalt und Drangsalierung gegenüber Christen in den Unterkünften berichtet.

Nun bestätigte die Organisation der Zeitung, dass fast zwei Drittel der in der Erhebung aufgeführten mutmaßlichen Opfer aus einer einzigen Gemeinde in Berlin stammten. In der Publikation heißt es aber: "Die Erhebung fand deutschlandweit statt."

http://www.fr-online.de/flucht-und-zuwanderung/fluechtlinge-studie-zu-christenverfolgung-unserioes-,24931854,34270724.html

fett von mir
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Kramer
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Anmeldungsdatum: 01.08.2003
Beiträge: 30878

Beitrag(#2061364) Verfasst am: 12.07.2016, 21:53    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Das ist wiederum, wenn nicht Täter-Opfer-Umkehr, dann indestens deren Verwischung.


Ja, kann man so sehen.
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Kramer
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Anmeldungsdatum: 01.08.2003
Beiträge: 30878

Beitrag(#2061507) Verfasst am: 13.07.2016, 23:28    Titel: Antworten mit Zitat

beachbernie hat folgendes geschrieben:
Es fuehrt kein Weg daran vorbei den Betroffenen selber das uneingeschraenkte Recht zuzugestehen ueber ihr aeusseres Erscheinungsbild selbst zu entscheiden und auch die Gruende, die sie selbst jeweils dafuer haben, ausschliesslich ihnen selber zu ueberlassen. Tut die Frau, was sie tut, weil sie das in irgendeinem alten Buch gelesen hat (wobei es gleichgueltig ist ob das jetzt der Koran, das feministische Manifest, der Talmud oder "Kramers kleines Brevier der Freiheit" ist), weil sie meint, dass ein imaginaeres Wesen das so will oder weil sie das ausgewuerfelt hat und der Wuerfel halt mal so gefallen ist, so ist dies ausschliesslich ihre eigene Angelegenheit. Alles andere ist Unfreiheit und im guenstigsten Falle hoechstens noch Paternalismus.


"Sind wir eure Kuscheltiere?" - Der arabischstämmige Psychologe Ahmed Mansour beklagt paternalistische Klischees von Linksliberalen und Grünen

Zitat:
Der Psychologe ist verblüfft darüber, dass man sich im Land der aufklärerischen Religionskritiker Kant, Hegel, Marx und Weber zwar über Zustände in kirchlichen Kinderheimen empört, aber Religionskritiker unter Muslimen selbst dann "mit Argwohn betrachtet", wenn ihre Kritik "ebenso berechtigt" ist. Eine Erklärung sieht er darin, dass das "links-grüne Lager" aus einer unbewusst paternalistisch-entmündigenden Haltung heraus meint, "Kritik an unserer Religion sei zu kränkend für uns, wir Muslime seien nicht fähig, kritisch zu denken und uns von verkrusteten Traditionen zu lösen".

Kritische Muslime wie er brauchen seiner Ansicht nach aber keine gutgemeinte Entmündigung und wollen nicht "für die 'Opferrolle' gecastet werden", sondern "als gleichberechtigte Bürger gleiche Rechte und Pflichten wahrnehmen" und "die Solidarität der Demokraten im Land". Werden Debatten in der "Mitte der Gesellschaft" tabuisiert und unterdrückt, dann besetze eine "neue Rechte" das Thema nicht "politisch aufklärend, soziologisch klar und religionsanalytisch", sondern rassistisch.
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beachbernie
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Anmeldungsdatum: 16.04.2006
Beiträge: 45792
Wohnort: Haida Gwaii

Beitrag(#2061510) Verfasst am: 13.07.2016, 23:47    Titel: Antworten mit Zitat

Kramer hat folgendes geschrieben:
beachbernie hat folgendes geschrieben:
Es fuehrt kein Weg daran vorbei den Betroffenen selber das uneingeschraenkte Recht zuzugestehen ueber ihr aeusseres Erscheinungsbild selbst zu entscheiden und auch die Gruende, die sie selbst jeweils dafuer haben, ausschliesslich ihnen selber zu ueberlassen. Tut die Frau, was sie tut, weil sie das in irgendeinem alten Buch gelesen hat (wobei es gleichgueltig ist ob das jetzt der Koran, das feministische Manifest, der Talmud oder "Kramers kleines Brevier der Freiheit" ist), weil sie meint, dass ein imaginaeres Wesen das so will oder weil sie das ausgewuerfelt hat und der Wuerfel halt mal so gefallen ist, so ist dies ausschliesslich ihre eigene Angelegenheit. Alles andere ist Unfreiheit und im guenstigsten Falle hoechstens noch Paternalismus.


"Sind wir eure Kuscheltiere?" - Der arabischstämmige Psychologe Ahmed Mansour beklagt paternalistische Klischees von Linksliberalen und Grünen

Zitat:
Der Psychologe ist verblüfft darüber, dass man sich im Land der aufklärerischen Religionskritiker Kant, Hegel, Marx und Weber zwar über Zustände in kirchlichen Kinderheimen empört, aber Religionskritiker unter Muslimen selbst dann "mit Argwohn betrachtet", wenn ihre Kritik "ebenso berechtigt" ist. Eine Erklärung sieht er darin, dass das "links-grüne Lager" aus einer unbewusst paternalistisch-entmündigenden Haltung heraus meint, "Kritik an unserer Religion sei zu kränkend für uns, wir Muslime seien nicht fähig, kritisch zu denken und uns von verkrusteten Traditionen zu lösen".

Kritische Muslime wie er brauchen seiner Ansicht nach aber keine gutgemeinte Entmündigung und wollen nicht "für die 'Opferrolle' gecastet werden", sondern "als gleichberechtigte Bürger gleiche Rechte und Pflichten wahrnehmen" und "die Solidarität der Demokraten im Land". Werden Debatten in der "Mitte der Gesellschaft" tabuisiert und unterdrückt, dann besetze eine "neue Rechte" das Thema nicht "politisch aufklärend, soziologisch klar und religionsanalytisch", sondern rassistisch.


Wie kommst Du darauf, dass ich Muslime entmuendigen wollte? Oder ist es fuer Dich "Entmuendigung", wenn ich sage, man soll es den Leuten selbst ueberlassen wie sie sich anziehen? Am Kopf kratzen
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Kramer
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Anmeldungsdatum: 01.08.2003
Beiträge: 30878

Beitrag(#2061511) Verfasst am: 14.07.2016, 00:08    Titel: Antworten mit Zitat

beachbernie hat folgendes geschrieben:
Oder ist es fuer Dich "Entmuendigung", wenn ich sage, man soll es den Leuten selbst ueberlassen wie sie sich anziehen? Am Kopf kratzen


Ja. In diesem Fall schon.
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beachbernie
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Anmeldungsdatum: 16.04.2006
Beiträge: 45792
Wohnort: Haida Gwaii

Beitrag(#2061514) Verfasst am: 14.07.2016, 02:40    Titel: Antworten mit Zitat

Kramer hat folgendes geschrieben:
beachbernie hat folgendes geschrieben:
Oder ist es fuer Dich "Entmuendigung", wenn ich sage, man soll es den Leuten selbst ueberlassen wie sie sich anziehen? Am Kopf kratzen


Ja. In diesem Fall schon.



Lachen


Eine Meisterleistung im Neusprech, an der George Orwell seine wahre Freude haette. Sehr glücklich
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zelig
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Anmeldungsdatum: 31.03.2004
Beiträge: 25404

Beitrag(#2061592) Verfasst am: 15.07.2016, 07:00    Titel: Antworten mit Zitat

Kramer hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Als Atheist möchte nicht dafür haftbar gemacht werden, was andere Atheisten sagen oder tun.


Danke. Der Wahnsinn der Welt wird eher nicht abgemildert, wenn man seinen Regeln folgt und Individuen auf Repräsentanten einer Gruppe reduziert, deren Mitglieder ein gemeinsames Merkmal teilen. So wie es es in diesem Thread geschieht. Ich war mir bisher nicht sicher, aber anscheinend bin ich nicht der einzige, der das so wahrnimmt. Das Lamento über den Wahnsinn muss man wohl als Pathos, gute Seelenmassage werten. Nicht so ganz ernst gemeint.


Doch, das war total ernst gemeint. Und nun? Was kann ich tun, damit Du es ernst nimmst? Soll ich mich dafür kreuzigen lassen? Erzähl mir nicht, dass Dich das nicht schon einmal überzeugt hat. Du bist nicht derjenige, der vor einem Kruzifix stand und gesagt hat: Was für ein pathetischer Wahnsinn. Oder doch?


Ich hätte es anders formulieren sollen. Man tappt so leicht in Fallen, die man eigentlich kennt. Heute die Meldung über Nizza. Meine reflexhafte Reaktion, wann der verdammte Scheiß endlich ein Ende hat, und das aufsteigende Gefühl, daß die muslimische Welt mal einen Weg finden muss, ihren fehlgeleiteten Söhnen humane Werte zu vermitteln. Das ich aber beschämt wieder einfange: Ich weiß zu diesem Zeitpunkt überhaupt nichts über die konkreten Umstände, nichts über den Täter und seine Motivation. Aber ich habe die Tat auf eine ganze Welt projeziert. In diesen Diskussionen ist der Keim für diesen immer gleichen, verführerischen Fehler gelegt, der ein wesentlicher Bestandteil für den Wahnsinn der Welt ist. Sein erfolgreiches Wirken über die vermutlich gesamte Kulturgeschichte könnte ein Grund sein zu resignieren.
Wenn ich das so schreibe, und ausgehend vom Statement smallies, ist das nachvollziehbar?
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Kramer
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Anmeldungsdatum: 01.08.2003
Beiträge: 30878

Beitrag(#2061621) Verfasst am: 15.07.2016, 14:53    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Ich weiß zu diesem Zeitpunkt überhaupt nichts über die konkreten Umstände, nichts über den Täter und seine Motivation. Aber ich habe die Tat auf eine ganze Welt projeziert. In diesen Diskussionen ist der Keim für diesen immer gleichen, verführerischen Fehler gelegt, der ein wesentlicher Bestandteil für den Wahnsinn der Welt ist. Sein erfolgreiches Wirken über die vermutlich gesamte Kulturgeschichte könnte ein Grund sein zu resignieren.
Wenn ich das so schreibe, und ausgehend vom Statement smallies, ist das nachvollziehbar?


Damit ich das richtig verstehe: Die Ursache für den Wahnsinn, die Du hier meinst, ist das zu schnelle Fällen von Urteilen, obwohl man noch gar nicht alles weiss?
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zelig
Kultürlich



Anmeldungsdatum: 31.03.2004
Beiträge: 25404

Beitrag(#2061623) Verfasst am: 15.07.2016, 15:03    Titel: Antworten mit Zitat

Kramer hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Ich weiß zu diesem Zeitpunkt überhaupt nichts über die konkreten Umstände, nichts über den Täter und seine Motivation. Aber ich habe die Tat auf eine ganze Welt projeziert. In diesen Diskussionen ist der Keim für diesen immer gleichen, verführerischen Fehler gelegt, der ein wesentlicher Bestandteil für den Wahnsinn der Welt ist. Sein erfolgreiches Wirken über die vermutlich gesamte Kulturgeschichte könnte ein Grund sein zu resignieren.
Wenn ich das so schreibe, und ausgehend vom Statement smallies, ist das nachvollziehbar?


Damit ich das richtig verstehe: Die Ursache für den Wahnsinn, die Du hier meinst, ist das zu schnelle Fällen von Urteilen, obwohl man noch gar nicht alles weiss?


Ich meine die Neigung, Urteile zu verallgemeinern.
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Kramer
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Anmeldungsdatum: 01.08.2003
Beiträge: 30878

Beitrag(#2061628) Verfasst am: 15.07.2016, 16:05    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Ich meine die Neigung, Urteile zu verallgemeinern.


Das ist nicht das, was ich meinte. Aber ich konnte auch schon smallie nicht folgen.
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smallie
resistent!?



Anmeldungsdatum: 02.04.2010
Beiträge: 3613

Beitrag(#2061943) Verfasst am: 17.07.2016, 20:00    Titel: Antworten mit Zitat

Kramer hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Ich meine die Neigung, Urteile zu verallgemeinern.


Das ist nicht das, was ich meinte. Aber ich konnte auch schon smallie nicht folgen.

Ich denke, ich weiß, was du meinst.

Wie begründet man selbstzerstörerische Handlungen?


tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
<schnipp>
Ich kenne übrigens zu deinen Spekulationen übrigens auch die genaue Gegenmeinung, nämlich dass es in bestimmten Phasen fanatische Gäubige gegeben habe, die durch Provokationen geradezu das Martyrium gesucht hätten, wogegen die Bischöfe eingeschritten seien. Was von beidem stimmt bzw. stärker der Fall war, weiß ich nicht, dazu kenne ich mich nicht genug aus. Es ist für die Frage, welche Gruppe bei einer organisierten Verfolgung Täter nd welche Opfer ist, auch völlig irrelevant.

Paul Johnson bestätigt das. Ich kenn mich aber nicht genug aus, um Paul Johnson zu bestätigen. zwinkern


Zitat:
A History of Christianity
Paul Johnson - 1976

Die verwegeneren christlichen Sekten - später als Heretiker bezeichnet - zogen naturgemäß mehr Aufmerksamkeit von Kritikern und römischen Beamten auf sich. ... Ein Grund für das Streben der Kirche nach Einheitlichkeit und damit gegen Häresie, waren die Anfeindungen, die sich aus unorthodoxen Praktiken ergaben. [...] Die Mehrheit der frühen Märtyrer waren Christen eines Schlages, den die Kirche später häretisch nennen sollte.

Ingatius, gemartert in Rom um das Jahr 117 bat seine einflussreichen Freunde darum, nicht einzugreifen und für den Herrn zu leiden. Diese Haltung wäre zu Ende des Jahrhunderts als Häresie betrachtet worden.


The wilder Christians sects - later branded as heretics - naturally attracted more attention from critics and Roman officials. [...] One reason why the Church strove for uniformity, and so against heresy, was that nonorthodox practices tended to attract more attention and therefore hostility. [...] The great majority of the early martyrs were Christians of a type which the Church would later classify as heretic.

Ignatius, martyred at Rome around 117, begged his influential friends not to intervene and deprive him of suffering in the Lord; this attitude would have been regarded as heretical later in the century, when the saintly Polycarp, Bishop of Smyrna, set the pattern by doing nothing to provoke the authorities.



Eine "schöne" Geschichte dazu:

Zitat:
Einige Christen gingen zum Gouverneur und verlangten, hingerichtet zu werden. Einige wurden hingerichtet, bis der Gouverneur sagte: Ihr Armseeligen, wenn ihr sterben wollt, dann springt von einer Klippe oder nehmt einen Strick."

The earliest Christian martyrs, tortured and killed by Roman officials enforcing worship of the emperors, won so much fame among their co-religionists that others wished to imitate them to such an extent that a group presented themselves to the governor of Asia, declaring themselves to be Christians, and calling on him to do his duty and put them to death. He executed a few, but as the rest demanded it as well, he responded, exasperated, "You wretches, if you want to die, you have cliffs to leap from and ropes to hang by."

https://en.wikipedia.org/wiki/Anti-Christian_policies_in_the_Roman_Empire



tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Es ist für die Frage, welche Gruppe bei einer organisierten Verfolgung Täter nd welche Opfer ist, auch völlig irrelevant.

Soweit sind wir uns einig.

Bleibt noch die Frage, zu welchen Opfern man im Namen der guten Sache bereit ist. Wäre Jesus, der Märtyrer, eigentlich auch als Häretiker einzustufen?



Kramer hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Das Lamento über den Wahnsinn muss man wohl als Pathos, gute Seelenmassage werten. Nicht so ganz ernst gemeint.


Doch, das war total ernst gemeint. Und nun? Was kann ich tun, damit Du es ernst nimmst? Soll ich mich dafür kreuzigen lassen? Erzähl mir nicht, dass Dich das nicht schon einmal überzeugt hat. Du bist nicht derjenige, der vor einem Kruzifix stand und gesagt hat: Was für ein pathetischer Wahnsinn. Oder doch?

Das Kruzifix ist die philosophische Achillesferse des Christentums.

Das wurde von Leuten aus den unterschiedlichsten Ecken moniert. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

    - im Islam gilt die Vorstellung vom Kreuzestod als blasphemisch.

    - Denis Diderot: "Der Gott, er Gott tötet, um Gott zu besänftigen."

    - Patti Smith: "Jesus died for somebodies' sins, but not mine."

    - gab's da nicht diesen geschassten deutschen Theologen, der den Kreuzestod als historischen Unfall sah, statt als göttlichen Plan?


Soweit aus logischer/theologischer Sicht. Mögliche Antworten müssen sich an praktischen Problem bewähren. In China kennt man eine Sammlung von 36 Stratagemen:


    36. Stratagem: Weglaufen ist das Beste aller Stratageme.


In aussichtsloser Lage hat Selbstschutz oberste Priorität. Nur dann kann ich auch zukünftig noch etwas für meine Sache tun. Warum sollte ich mein Leben wegwerfen, um einem höheren Ideal zu dienen? Wäre dem Ideal nicht besser gedient, wenn ich bliebe und mich für das Ideal einsetzte?


PS: eine einschlägige Arbeit zu dem Problem.

Zitat:
The evolution of costly displays, cooperation and religion: credibility enhancing displays and their implications for cultural evolution
Joseph Henrich - 2009

Das Bedeutende am Märtyrertum ist nicht, daß nun jeder weiß, der Märtyrer war überzeugter Anhänger der Gruppe, sondern daß die Hingabe anderer Anhänger durch diese CRED - credibility enhancing display - glaubwürdigkeitserhöhende Darbietung - gesteigert wird.

Zwei Fallbeispiele. Zum Ersten heißt es oft, auf von damaligen Beobachtern, daß christliche Märtyrer, die öffentlich hingerichtet wurden, wesentlich zur Verbreitung des frühen Christentums beigetragen haben.

Ignatius, Bischof von Antioch, jubelte über die Gelegenheit, die "Leidenschaft seines Gottes nacherleben" zu können, als er dazu verurteilt wurde, in Rom von wilden Tieren zerrissen zu werden. Auf dem Weg nach Rom schrieb er Briefe an die christlichen Gemeinden, daß sie Rettungsversuche unterlassen und ihm erlauben sollten, seinen Weg zu gehen und zu sterben. Justin, ein platonischer Philosoph, war nach eigener Aussage von der Göttlichkeit Jesu überzeugt und konvertierte, als er Folter und Tod einiger Märtyrer mitangesehen hatte. Später wurde Justin selbst zum Märtyrer.



The most important thing about martyrdom is not that everyone now knows the martyr is a committed member of the group (signaling), but that observing this CRED increases the commitment of the (still living) learners — i.e., some moderates become radicals in the process.

Two cases help illustrate this point. First, early Christian martyrs, executed in public events, are believed by many (Stark, 1997), including observers at the time, to have substantially fueled the spread of early Christianity.

Ignatius, Bishop of Antioch, after being condemned to be ripped apart by wild beasts in a Roman amphitheatre exulted in his opportunity to “imitate the passion of my God!” He then wrote letters to Christian communities along the road to Rome, who might attempt a rescue, pleading with them to allow him to go and die.

A Platonist philosopher, Justin, explains that he was convinced of the divinity of Jesus and converted to Christianity, after personally witnessing the commitment demonstrated by the torture and death of some martyrs. Justin was later martyred himself (Pagels, 1989).

This reasoning explains why the oppression of religious minorities, or other ideologically committed groups, may actually energize the spread of these groups. Governmentdirected crackdowns, involving torture and execution, provide the faithful with opportunities for CREDs. Interested members with low commitment might not otherwise have the opportunity to observe a potent CRED from a prestigious leader, such as seeing them crucified, stoned, beheaded, eaten by wild cats, etc. Making these displays public is a really bad idea if you want to stamp out a religious movement.

http://www.hecc.ubc.ca/files/2012/07/evolution-of-costly-displays-_henrich-2009.pdf

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smallie
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Beitrag(#2062708) Verfasst am: 23.07.2016, 18:38    Titel: Antworten mit Zitat

Bleibt noch die Frage nach dem Warum? Warum wurden Christen verfolgt?


Laut Johnson sei es nicht klar, warum das römische Imperium überhaupt mit den Christen in Konflikt geriet. Dazu noch einige Zitate, vor allem von römischer Seite.

Tertullian, ein christlicher Autor, bekennt sich zum Reich:

Paul Johnson hat folgendes geschrieben:
"Wir werden immer Fürbitte für die Kaiser halten. Wir beten für sie, damit sie lange leben, gefestigt herrschen, für sichere Heimat, tapfere Armeen, einen treuen Senat, ein ehrliches Volk, eine ruhige Welt und für alles, wofür Mensch und Kaiser ebenfalls beten würden. [...] Ich habe das Recht zu sagen, der Kaiser ist eher unserer als eurer, denn er wurde von unserem Gott erwählt."

"We are for ever making intercession for the emperors. We pray for them a long life, a secure rule, a safe home, brave armies, a faithful senate, an honest people, a quiet world, and everything for which a man and a Caesar may pray. [...] I have a right to say, Caesar is more ours than yours, appointed as he is by our God."

Ähnliches kennt man seit "Gebt dem Kaiser was des Kaisers ist."



Hier rückt ein ungenannter Autor die Christen in Nähe von Kannibalismus und Inzest:

Paul Johnson hat folgendes geschrieben:
[Die Christen sind] "ein ungebildetes Volk von Analphabeten und Hilfsarbeitern. Eine Bande ehrloser und verachteter Halunken, aus dem untersten Bodensatz der Bevölkerung stammend, dumme Männer und leichtgläubige Frauen. Bei ihren nächtlichen Versammlungen, feierlichen Festen und barbarischen Mahlen ist das Versprechen der Einheit kein heiliges Ritual, sondern ein Verbrechen.

Thus an anti-Christian writer c. 180 calls them 'people ignorant of learning, unlettered and unskilled in the meanest arts'. They Were 'a gang of discredited and proscribed desperadoes', formed from 'the lowest dregs of the population, ignorant men and credulous women'. At their 'nocturnal gatherings, solemn feasts and barbarous meals, the bond of union is not a sacred rite but crime'.

Diese Anschuldigung war verbreitet. Spätestens seit Plinius mußte sie als unberechtigt gelten. In einem Brief an den Kaiser schrieb er lapidar:

Plinius hat folgendes geschrieben:
Dementsprechend hielt ich es für zwingend, die Wahrheit durch Folter zweier weiblicher Sklaven herauszufinden, die Diakoninnen genannt wurden. Ich fand nichts außer verderbten und übermäßígen Aberglauben.


Accordingly, I judged it all the more necessary to find out what the truth was by torturing two female slaves who were called deaconesses. But I discovered nothing else but depraved, excessive superstition.

http://faculty.georgetown.edu/jod/texts/pliny.html

Deaconesses? Weibliche Würdenträger in der Frühkirche?



Die Monatanisten gehörten zu den oben erwähnten Häretikern.

Paul Johnson hat folgendes geschrieben:
"Wahrsagerei", das große Vergehen der Montanisten wurde vom Staat schwer verurteilt. Sie verursachte plötzliche und unvorhersagbare Bewegungen der Massen, Panik und wirtschaftlichen Ausfall. Es gibt Berichte über frühe Bischöfe aus dem Balkan, die ihre Herde aufgrund geistiger Eingebungen aus den Städten oder von den Feldern führten. Rom wäre schlimm dran gewesen mit solchem Volk.

'Prophesying', the great offence of the Montanists, was strongly disapproved of by the State. It caused sudden and unpredictable crowd movements, panic and disruption of the economy. We hear of early bishops in the Balkans leading their flocks out of the towns, or away from the fields, in response to spirit instructions. Rome could be severe with such people.




Marc Aurelius sprach vom labilen Geist der Menschen aufgrund einer abergläubischer Furcht des Göttlichen. Außerdem mochte er den schieren Widerspruchsgeist der Christen nicht.

Paul Johnson hat folgendes geschrieben:
Marcus Aurelius, a reasonable man, justified persecuting Christians by arguing that it was dangerous to upset 'the unstable mind of man by superstitious fear of the divine'. And then he disliked the 'sheer spirit of opposition' of Christians. The more obdurate were, of course, members of Christian revivalist groups, 'speaking with tongues'.


Soweit einige Stimmen aus der damaligen Zeit.




Natürlich kann ich der Versuchung nicht widerstehen, dem ganzen ein Konzept überzustülpen. zwinkern

Zitat:
Not by Genes alone
Boyd & Richerson 2005

Frauen aus der Mittelschicht konvertierten häufig zum Christentum, vermutlich weil sie in christlichen Gemeinden höheren Status genossen sowie sichere Ehen. Die römischen Normen erlaubten Konkubinate, verheiratete Männer lebten offen in außereheliche Affären. Im Gegensatz dazu forderten christliche Normen treue Monogamie. Von heidnischen Witwen wurde erwartet, wieder zu heiraten, damit verloren sie die Hoheit über all ihren Besitz. Christliche Witwen konnten ihren Besitz behalten.

Middle-class women were particularly likely to convert to Christianity, probably because the had higher status and greater marital security within the Christian community. Roman norms allowed concubinage, and merried man freely engaged in extramarital affairs. In contrast, Christian norms required faithful monogamy. Pagan widows were requiered to remarry, and when they did they lost control of all their property. Christian widows could retain property [...]


Das passt dazu:

Paul Johnson hat folgendes geschrieben:
[Kaiser] Julian merkte bitter an, welche wichtige Rolle die Frauen spielten. Führenden Bürgern von Antioch sagte er: "Jeder von euch erlaubt seiner Frau alles aus euren Häusern zu den Galileern [Christen] zu tragen. Die Frauen verköstigen die Armen auf eure Kosten, und die Christen ernten das Lob."

Mit weiblichen Konvertiten begann die Durchsetzung der Oberschicht mit Christen. Sie erzogen ihre Kinder als Christen; manchmal darin endend, daß auch ihre Männer konvertierten.


Julian noted bitterly the important role played by Christian women. He told leading citizens of Antioch: 'Each one of you allows his wife to carry out everything from his house to the Galileans. The wives feed the poor at your expense, and the Galileans get the credit.'

Women converts began the Christian penetration of the upper-classes and then brought their children up as Christians; sometimes they ended by converting their husbands.


Weiter heißt es bei Plinius, die Tempel stünden leer und Opferfleisch könne nicht mehr verkauft werden.


Vor meinem inneren Auge sehe ich, wie die erboste Opferfleischgilde vor Plinius steht und sich beklagt, die Christen verdürben ihnen das Geschäft - Gegenmaßnahmen müßten her. Sie werden nicht die einzigen Beschwerdeführer gewesen sein. Ich sehe, wie der Oberschicht ihre Pfründe wegbrechen und die Untertanen und Weiber davon laufen.

Insgesamt ergibt sich für mich ein Bild eines sozialen Umschwungs, einer Revolution. Derartiges läuft selten reibungslos ab - darum auch die Verfolgung. Das ist so naheliegend, daß es schon fast wieder plump ist.


EDIT: die gröbsten Fehler korrigiert.
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Zuletzt bearbeitet von smallie am 24.07.2016, 01:04, insgesamt einmal bearbeitet
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Beitrag(#2062710) Verfasst am: 23.07.2016, 18:47    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
Deaconesses? Weibliche Würdenträger in der Frühkirche?

http://www.bibleserver.com/text/NG%C3%9C/R%C3%B6mer16
https://de.wikipedia.org/wiki/Phoibe_%28Bibel%29
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vrolijke
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Beitrag(#2088961) Verfasst am: 18.03.2017, 20:23    Titel: Verfolgungen aufgrund religiöse oder andere ideologische Überzeugungen Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
vrolijke hat folgendes geschrieben:
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:


vrolijke hat folgendes geschrieben:
Wenn der Gesetzgeber einschreitet, macht man einen auf Märtyrer.
Immer wieder die gleichen Geschichten.

Na, ich würde sagen, wenn man wegen religiöser Handlungen oder deren Verweigerung verfolgt wird, muss man nicht auf Märtyrer "machen", sondern man ist einer.

Klar doch! Wenn man nicht beschneiden darf, oder Schächten.

Du lenkst ab. Oben ging es um Juden und Christen im römischen Reich. Da war nicht so etwas das Thema, sondern Ablehnung bis Verfolgung, weil man bei den religiösen Handlungen der Mehrheit nicht mitmachen wollte. Und wenn ich von Verfolgung spreche, denn meine ich echte Verfolgung, von der du sehr genau weißt, dass es sie gab, und nicht ein simples Verbot einer eigenen, mehr oder weniger wichtigen Handlung.

Nicht dass ich dagegen wäre, diese Themen zu diskutieren, hier ist es aber einfach Abenkung vom Diskussionsverlauf. Ich hatte auf die von dir aufgebrachte, angebliche "Toleranz" der Römer reagiert.

Im römischen Reich gab es keine religiöse Handlungen die man mitmachen mußte.

Sie wurden verfolgt, weil sie die römische Gesellschaft infrage stellten.
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smallie
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Beitrag(#2088969) Verfasst am: 18.03.2017, 21:12    Titel: Antworten mit Zitat

Guckst du zum Beispiel ab hier:

http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=2060843#2060843
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vrolijke
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Beitrag(#2088971) Verfasst am: 18.03.2017, 21:22    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
Guckst du zum Beispiel ab hier:

http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=2060843#2060843

Hat ich glatt vergessen.
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Beitrag(#2088977) Verfasst am: 18.03.2017, 22:44    Titel: Re: Verfolgungen aufgrund religiöse oder andere ideologische Überzeugungen Antworten mit Zitat

vrolijke hat folgendes geschrieben:
Sie wurden verfolgt, weil sie die römische Gesellschaft infrage stellten.

Apostelgeschichte 17:
"Sie setzen sich alle über die Verordnungen des Kaisers hinweg, indem sie behaupten, ein anderer sei der ´wahre` Herrscher, nämlich Jesus."

Andere Übersetzung: "Sie alle haben den Kaiser verraten, denn sie fordern die Menschen auf, einem anderen König, diesem Jesus, die Treue zu halten."
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Beitrag(#2088985) Verfasst am: 19.03.2017, 00:30    Titel: Re: Verfolgungen aufgrund religiöse oder andere ideologische Überzeugungen Antworten mit Zitat

vrolijke hat folgendes geschrieben:
Im römischen Reich gab es keine religiöse Handlungen die man mitmachen mußte.

Sie wurden verfolgt, weil sie die römische Gesellschaft infrage stellten.

Äh ... ja. Du hast es jetzt selbst in den Thread verschoben, wo ich das schon mal richtig gestellt habe. Lies es einfach nach.
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vrolijke
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Beitrag(#2089039) Verfasst am: 19.03.2017, 19:26    Titel: Re: Verfolgungen aufgrund religiöse oder andere ideologische Überzeugungen Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
vrolijke hat folgendes geschrieben:
Im römischen Reich gab es keine religiöse Handlungen die man mitmachen mußte.

Sie wurden verfolgt, weil sie die römische Gesellschaft infrage stellten.

Äh ... ja. Du hast es jetzt selbst in den Thread verschoben, wo ich das schon mal richtig gestellt habe. Lies es einfach nach.

Wir haben uns dort nur im Kreis gedreht.

Ich denke Kramers Text beschreibt es ganz gut. http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=2061039#2061039
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