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Ferndiagnosen
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Diligentia
wúxìng



Anmeldungsdatum: 31.12.2017
Beiträge: 205

Beitrag(#2122790) Verfasst am: 23.01.2018, 18:58    Titel: Antworten mit Zitat

Kramer hat folgendes geschrieben:
Diligentia hat folgendes geschrieben:
Auch wenn es sogen. Schnittmengen gibt, eine Frage sollte zu Anfang geklärt werden:
„Was ist der Unterschied zwischen psychischen und geistigen Erkrankungen?“


Keine Ahnung. Gibt es einen? Ich vermute, "Geisteskrankheit" meint das gleiche, ist aber veraltet. Man spricht heute eher von psychischen Störungen.

Zitat:
und eine zweite gleich hinterher:
„Warum sind geistige/psychische Erkrankungen für Betroffene, faktisch immer noch, geradezu ein Garant für Diskriminierung?“


Weil alles häufig in einen Topf geworfen wird. "Fachärzte vermuten bei Donald T. eine psychische Erkrankung" heisst halt für viele "Donald T. ist verrückt". Und verrückt ist dann halt alles, was irgendwie gaga ist, obwohl es riesige Unterschiede bei psychischen Störungen gibt. Ich denke ja, dieses ständige Beziehungskarussell in Hollywood ("Wer hat sich neu verliebt? Wer trennt sich?") ist auch Ausdruck psychischer Probleme der Stars. Die sind häufig nicht beziehungsfähig. Das wird aber in der Öffentlichkeit nicht als Anlass zur Diskriminierung genommen, sondern gilt als "Hollywood-Lifestyle" und wird oft auch beneidet. Wenn ein Künstler ein Workaholic ist und über seine Kunst sein soziales Leben vernachlässigt, sieht man von aussen nur die bewundernswerte Produktivität dieses Menschen, auch wenn er vielleicht unter seiner Isolation leidet.

Aber mit psychischen Erkrankungen verbindet man eher Versagen, einen Mangel an Leistungsfähigkeit, vielleicht unterstellt man auch übertriebene Wehleidigkeit: "Das ist doch nur Show". Auf jeden Fall offenbart derjenige, der sich öffentlich zu einer psychischen Störung bekennt einen wunden Punkt, seine verletzliche Seite. Wenn dann jemand seine Finger genau in diese Wunde bohrt, sollte man sich fragen, wer wirklich das Problem ist. erjenige, der sich offen zu seinen Schwäche bekennt oder derjenige, der diese Information scham- und gnadenlos ausnutzt?


Auch wenn meine Fragen rhetorisch gemeint waren, weil ich die, mich zufriedenstellenden, Antworten dafür habe (mühseligst über Jahrzehnte selbst erarbeitet): Danke für dein Feedback. Leider bringt es m.E. auch nicht mehr Klärung, sondern bestätigt eigentlich die allgemeinen Missverständlichkeiten und nebulösen Definitionen in diesem Bereich. Dafür kann kein Laie was; ich verorte die Ursache bei den Fachleuten und sogen. „Experten“, die – meinen Recherchen nach - sich selbst darüber nicht im Klaren sind. … auch wenn sie diesen Eindruck in der Öffentlichkeit erwecken.


Das wäre m.E. noch kein Weltuntergang, hätte diese Verwirrung nicht zur Folge, dass ein nicht unmaßgeblicher Teil von Patienten real diskriminiert werden, oder eine berechtigte Angst vor Diskriminierung haben. Das aber verweist auf eine andere Ebene, nämlich die gesamtgesellschaftliche, wie wir Menschen untereinander diesbezügl. umgehen. Und m.E. trägt unsere „christl.“ Religion eine erhebliche Mitverantwortung dafür. Denn, vergessen wir nicht: Psychisch oder geistig Erkrankte waren/sind „christl.“ interpretiert: Teufels-Besessenheit! Und der Teufelsglaube geht einher mit der Angst vor dem Bösen.

Und dass man die „christl.“ Angst vor dem Bösen immer noch aktivieren kann, hat Ex-US-Präsid. G.W. Bush der Weltöffentlichkeit bewiesen, als er sie in der „Achse des Bösen“ beschwor und seine und andere Nationen in Nahost-Kriege schickte. Jedes einzelne Mitglied unserer Gesellschaft hat m.E. noch viel zu lernen, um der Diskriminierung von psych./geistig Erkrankten ein Ende zu bereiten.


Zu Ferndiagnose allgem.:

Ferndiagnosen halte ich grundsätzlich für nicht akzeptabel. Sie können nichts weiter sein, als Spekulationen. Meist mit dem erheblichen Risiko der Diskreditierung anderer Menschen.

Einzige Ausnahme: Eine Ferndiagnose von einer fachkundigen Person, die zusätzlich die zu diagnostizierende Person persönlich gut kennt, also vorher schon gut kennengelernt hat (passiert tatsächlich rel. häufig, z.B. bei telef. Arzt-Patienten-Gesprächen). Nur in so einem Fall halte ich eine Ferndiagnose für akzeptabel.


Was D. Trump angeht:

Da ich ihn nicht persönlich kenne, kann auch ich nur spekulieren. Berücksichtige ich eine kürzlich gesehene Lebenslauf-Doku über ihn, reflektiere seine Kindheit, Jugend und Elternbeziehung, verknüpfe es mit seinem allseits bekannten Auftreten und Äußerungen, und erinnere mich an seinen Amtseid – geleistet auf gleich zwei (!) Bibeln, dann gibt mir sein Verhalten schon auch zu denken.

Nachdem aber Verhalten nicht gleichbedeutend ist mit authentischer Person, insbes. nicht bei Personen des öffentl. Lebens, halte ich allein schon deshalb eine (Fern-)Diagnose, die diesen Namen verdient, als Unfug.

Eher würde mich interessieren, was so alles durch die US-amerikanische Administration ausgeheckt wird, während die Weltöffentlichkeit sich nahezu tagtäglich über die Person Trump echauffiert und kaum noch einen Blick hinter diese Trump-Kulisse trifft. Quasi das Pendant zum Fussball-EM-Effekt, als hier die ganze Nation im Kicker-Rausch war und Politiker unbeachtet unangenehme Projekte umsetzten.

… aber man wird’s ja früher oder später erleben.
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Meine posts ≠ zwangsläufigem Allgemeingültigkeits-Anspruch
Namensnennung bei Zitaten= © geschuldet + ≠ Personenkult Zitierter

Auch wenn 50 Millionen etwas Dummes sagen,
bleibt es trotzdem eine Dummheit.

Anatole France

Nur weil Descartes einst imstand' war zu denken,
heißt das noch lang' nicht, dass DU bist.

Lisa Eckhart
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Kramer
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Anmeldungsdatum: 01.08.2003
Beiträge: 30878

Beitrag(#2122813) Verfasst am: 23.01.2018, 22:55    Titel: Antworten mit Zitat

Diligentia hat folgendes geschrieben:

Nachdem aber Verhalten nicht gleichbedeutend ist mit authentischer Person, insbes. nicht bei Personen des öffentl. Lebens, halte ich allein schon deshalb eine (Fern-)Diagnose, die diesen Namen verdient, als Unfug.



Es mag ja sein, dass der wahre Donald Trump eine ganz andere Person ist. Aber was für ein Mensch mag er sein, dass er sich für seine öffentliche Rolle als Präsident der Vereinigten Staaten so eine Schiessbudenfigur ausdenkt? "Für meine erste Amtshandlung habe ich mir überlegt, erst mal voll einen auf Memme zu machen, wenn die Presse nicht schreibt, dass hundertausendmal mehr Menschen bei meiner Inauguration waren als beim ollen Obama. Klar weiss ich jetzt schon, dass es weniger sein werden, aber erst mal so richtig einen auf Drama Queen machen, das kommt immer gut."
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Diligentia
wúxìng



Anmeldungsdatum: 31.12.2017
Beiträge: 205

Beitrag(#2122826) Verfasst am: 24.01.2018, 01:42    Titel: Antworten mit Zitat

Kramer hat folgendes geschrieben:
Diligentia hat folgendes geschrieben:

Nachdem aber Verhalten nicht gleichbedeutend ist mit authentischer Person, insbes. nicht bei Personen des öffentl. Lebens, halte ich allein schon deshalb eine (Fern-)Diagnose, die diesen Namen verdient, als Unfug.



Es mag ja sein, dass der wahre Donald Trump eine ganz andere Person ist. Aber was für ein Mensch mag er sein, dass er sich für seine öffentliche Rolle als Präsident der Vereinigten Staaten so eine Schiessbudenfigur ausdenkt? "Für meine erste Amtshandlung habe ich mir überlegt, erst mal voll einen auf Memme zu machen, wenn die Presse nicht schreibt, dass hundertausendmal mehr Menschen bei meiner Inauguration waren als beim ollen Obama. Klar weiss ich jetzt schon, dass es weniger sein werden, aber erst mal so richtig einen auf Drama Queen machen, das kommt immer gut."

Ich denke, er verhält sich sicher schon seit einigen Jahrzehnten so. Inwieweit er allerdings unter dem Einfluss von Beratern steht (wie eigentl. jede ernsthaft prominente Person) kann ich nicht abschätzen. Sicher dürfte sein sein, dass er nicht so autark ist, wie er sich darstellt. Und wenn ihm auch der Ruf voraus eilt, politisch gesehen beratungsresistent zu sein: was seine Auftritte angeht, muss das nicht zutreffen.

Und inwieweit sein, seit Jahrzehnten wohlbekanntes Verhalten auch durch Macher in der Partei der Republikaner quasi "genutzt" wurde, kann ich auch nicht beurteilen. Dass sowas in der Politik keine Seltenheit ist, ist mir allerdings klar. Politik ist wohl mit das schmutzigste Geschäft, das es auf diesem Planeten gibt. Und die USA ist die Show-Nation per se. Kombiniert man "Schmutziges Geschäft" mit "Show", dann lässt sich evtl. erahnen, dass es eigentlich unmöglich ist, definitive Aussagen - bzw. stimmige Ferndiagnosen - zu treffen.

Trump ferndiagnostisch stimmig analysieren zu wollen, ist m.E. eher verschwendete mentale Energie. zwinkern

Für wichtiger halte ich, absehen zu können, was von der US-Administration (bekanntermaßen die Weltmacht) in naher Zukunft zu erwarten ist, weil sie auch unsere Zukunft bestimmen wird.
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Kramer
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Anmeldungsdatum: 01.08.2003
Beiträge: 30878

Beitrag(#2122829) Verfasst am: 24.01.2018, 06:44    Titel: Antworten mit Zitat

Diligentia hat folgendes geschrieben:

Ich denke, er verhält sich sicher schon seit einigen Jahrzehnten so. Inwieweit er allerdings unter dem Einfluss von Beratern steht (wie eigentl. jede ernsthaft prominente Person) kann ich nicht abschätzen.


Aber auch darüber gibt es doch Informationen aus der Zeit, als Trump "nur" Milliardär war. Zum Beispiel von Tony Schwartz, dem Ghostwriter von Trumps erstem Bestseller. Eine recht unterhaltsame Quelle sind die Trump-Files auf der Webseite motherjones.com: https://www.motherjones.com/politics/2016/10/trump-files-watch-donald-get-mercilessly-booed-wrigley-field/ (Die Links zu den anderen 102 Beiträgen finden sich unter dem Artikel).


Zitat:
Kombiniert man "Schmutziges Geschäft" mit "Show", dann lässt sich evtl. erahnen, dass es eigentlich unmöglich ist, definitive Aussagen - bzw. stimmige Ferndiagnosen - zu treffen.


Ich recycle dafür mal einen älteren Beitrag von mir:

Kramer hat folgendes geschrieben:

So unglaublich das klingen mag: Ich denke, bei bestimmten Persönlichkeitsstörungen ist in bestimmten Einzelfällen eine Ferndiagnose einfacher zu erstellen als eine klassische Diagnose im klinischen/therapeutischen Umfeld. Das hat mehrere Gründe. Wer an einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung leidet sucht sich eher selten die Hilfe eines Psychologen, und wenn er sich Hilfe sucht, dann nicht, weil er bei sich eine Persönlichkeitsstörung vermutet, sondern meist wegen Begleiterscheinungen seiner Störung, Burnout, Beziehungsprobleme, Drogensucht,...

Es kommt also niemand zum Psychologen und sagt "Ich brauche Hilfe, denn ich gehe kaltherzig mit meinen Mitmenschen um, hintergehe meine Familie und bin ein notorischer Lügner." Da der Narzisst das Problem nie bei sich selber sucht, wird er seinem Psychologen erzählen, dass seine Mitmenschen ihn unfair behandeln, dass keiner ihn versteht, dass er sich ständig bemüht und seine Leistungen dennoch nicht anerkannt werden. Oder so etwas in der Art.

Der in dem von Dir verlinkten ZEIT-Artikel zitierte Paul Appelbaum hat also durchaus Recht, wenn er sagt:

Zitat:
"Ein fähiger Therapeut braucht Monate und manchmal eine noch viel längere Zeit, während derer er eine Person regelmäßig sieht und bohrende Fragen stellt, bevor er entscheidet, ob bei ihr eine Störung vorliegt."


Das liegt aber nicht daran, dass es eine Geheimwissenschaft ist, eine narzisstische Störung zu diagnostizieren. Die grösste Schwierigkeit liegt darin, die Selbstauskünfte eines narzisstisch Gestörten richtig einzuordnen. Im Normalfall sitzt der Psychologe einem zunächst wildfremden Menschen gegenüber und die einzige Quelle für eine Diagnose ist das, was der Patient selbst über sich erzählt. Um da zum Kern vorzudringen, braucht es tatsächlich Monate und bohrende Fragen.

Wenn der Therapeut den Verdacht hat, sein Patient könne eine narzisstische Störung haben, dann muss er irgendwie heraus finden, ob der Patient im Umgang mit seinen Mitmenschen typische narzisstische Verhaltensweisen aufweist. Keine leichte Aufgabe, wenn man annehmen muss, dass der Patient ein notorischer Lügner ist und unter einer völlig überzogenen Selbsteinschätzung leidet.

Bei einer Figur wie Trump gibt es diese Probleme gar nicht. Ein Psychologe muss nicht erst komplizierte Fragetechniken einsetzen, um heraus zu finden, dass Trump ein notorischer Lügner ist. In Interviews, Tweets, Reden und bei anderen Gelegenheiten hat Trump genug Material geliefert, dass ein Psychologe nur auswerten muss. Dazu gibt es Aussagen von Menschen aus Trumps Umfeld, von Menschen, die mal für ihn gearbeitet haben, ehemaligen Geschäftspartnern, Tonbandaufzeichnungen von Telefonaten mit der Presse, bei denen er sich als sein Presseprecher John Barron ausgab, um zu verkünden, mit wem Trump gerade so alles Geschlechtsverkehr hat. Und dann benennt er auch noch seinen jüngsten Sohn nach seinem sexprahlerischem Alter Ego. Oha.

Die Merkmale einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung sind keine verborgenen innerseelischen Vorgänge, die man nur bei einer intensiven Seelenschau ergründen kann. Hier geht es um charakteristische Verhaltensweisen im Umgang mit anderen Menschen.

Und bei Trump macht es dann letztendlich die Masse. Er erfüllt so gut wie jedes Kriterium für eine narzisstische Störung und für jedes Kriterium findet man mehr als nur ein Beispiel und darunter sind sehr viele Beispiele, die schon für sich alleine reichen, um zu sagen "Oha, der hat sie aber nicht alle beisammen!"
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Kramer
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Anmeldungsdatum: 01.08.2003
Beiträge: 30878

Beitrag(#2122830) Verfasst am: 24.01.2018, 07:29    Titel: Antworten mit Zitat

Diligentia hat folgendes geschrieben:
Für wichtiger halte ich, absehen zu können, was von der US-Administration (bekanntermaßen die Weltmacht) in naher Zukunft zu erwarten ist, weil sie auch unsere Zukunft bestimmen wird.


Ein genauer Blick auf Trumps Charakter ist da nicht hinderlich. Trumps Egomanie ist ja kein Ausrutscher, sondern nur die besonders plakative Version einer von Egomanen infiltrierten - wenn nicht sogar dominierten - Elite.

Vielleicht ist ein Trump ein Anlass dafür, vermeintlich altbewährte Weisheiten mal neu zu überprüfen. Z.B. die, dass es keine gerechte Weltordnung geben kann, weil der Mensch im Grunde genommen egoistisch ist. Nein, nicht der Mensch ist egoistisch, einige Menschen sind überegoistisch. Ich bin überzeugt davon, dass der weitaus grössere Teil der Menschheit aus hilfsbereiten, friedliebenden und am Allgemeinwohl interessierten Menschen besteht. Die meisten Menschen sind bereit, zu teilen, wenn sie sehen, dass ein anderer nichts hat. Nur haben die meisten nichts, was sie teilen können. Und die wenigen, die mehr als genug hätten, wollen oft nicht teilen.

Aber das alles scheint kaum noch jemanden zu interessieren. Politiker sind halt so. Die lügen uns was vor, wirtschaften in die eigene Tasche, mauscheln in Hinterzimmern mit den Lobbyisten - das ist doch alles ganz normal. Nein, ist es nicht. Aber ich habe keine Hoffnung, dass sich daran je was ändern wird, wenn man sogar bei Trump die Dysfunktionalität nicht sehen möchte.
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fwo
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Anmeldungsdatum: 05.02.2008
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Beitrag(#2122837) Verfasst am: 24.01.2018, 10:16    Titel: Antworten mit Zitat

Kramer hat folgendes geschrieben:
Diligentia hat folgendes geschrieben:
Für wichtiger halte ich, absehen zu können, was von der US-Administration (bekanntermaßen die Weltmacht) in naher Zukunft zu erwarten ist, weil sie auch unsere Zukunft bestimmen wird.


Ein genauer Blick auf Trumps Charakter ist da nicht hinderlich. Trumps Egomanie ist ja kein Ausrutscher, sondern nur die besonders plakative Version einer von Egomanen infiltrierten - wenn nicht sogar dominierten - Elite.

Vielleicht ist ein Trump ein Anlass dafür, vermeintlich altbewährte Weisheiten mal neu zu überprüfen. Z.B. die, dass es keine gerechte Weltordnung geben kann, weil der Mensch im Grunde genommen egoistisch ist. Nein, nicht der Mensch ist egoistisch, einige Menschen sind überegoistisch. Ich bin überzeugt davon, dass der weitaus grössere Teil der Menschheit aus hilfsbereiten, friedliebenden und am Allgemeinwohl interessierten Menschen besteht. Die meisten Menschen sind bereit, zu teilen, wenn sie sehen, dass ein anderer nichts hat. Nur haben die meisten nichts, was sie teilen können. Und die wenigen, die mehr als genug hätten, wollen oft nicht teilen.

Aber das alles scheint kaum noch jemanden zu interessieren. Politiker sind halt so. Die lügen uns was vor, wirtschaften in die eigene Tasche, mauscheln in Hinterzimmern mit den Lobbyisten - das ist doch alles ganz normal. Nein, ist es nicht. Aber ich habe keine Hoffnung, dass sich daran je was ändern wird, wenn man sogar bei Trump die Dysfunktionalität nicht sehen möchte.

Da sind zwei Sachen drin, die ich für nicht ganz richtig halte:
1: Es sind zwar sehr viele Menschen bereit zu teilen, aber üblicherweise alle nur innerhalb der eigenen Gruppe. Sich nur als Teil der Menschheit zu sehen, gelingt nur einer Minderheit, und ich werde auch den Verdacht nicht los, dass diese Sicht in purer Form auch dann nicht von Erfolg gekrönt wäre, wenn sie sich durchsetzte.
2: Ich vermute, dass Du "die Politik" insgesamt zu negativ siehst. Das statistische Phänomen, dass die die Politik genauso wie auch die Wirtschaftsführung sich signifikant in ihrem Anteil an Asozialen von der restlichen Bevölkerung unterscheidet, würde ich sofort unterschreiben - in dieser Form ist es auch wissenschaftlich belegt.
Dabei habe ich im Prinzip nichts dagegen, das genauso zu formulieren wie Du, solange klar ist, dass man hier Verteilungsunterschiede charakterisiert und nicht Menschen. (In diesem Sinne spreche ich ja auch davon, dass Muslime erheblich fundamentalistischer sind als Christen, aber es hindert mich nicht, mich freundlich mit meinem muslimischen Nachbarn zu unterhalten, weil das für mich keine Aussage zu Einzelpersonen ist.)

Zum einen "leiden" auch Politiker natürlich unter dem Punkt 1: Sie sind nicht nur Menschen allgemein, sondern wurden gewählt, um für Gruppen zu handeln: Sowohl für ihren Staat also auch für ihre Partei. Und als drittes mindestens noch in dem Sinne für sich, als sie normalerweise davon überzeugt sind, über die richtige Weltsicht zu verfügen. Das bedeutet dann aber auch, dass sie davon überzeugt sind, dass es für das große Ganze fatal wäre, käme der politische Gegner an die Macht - ihr Handeln berücksichtigt also auch taktische und strategische Argumente, bei denen uns häufig - das ist auch beabsichtigt - die Hintergrundinformation fehlt.
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Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.

The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.

Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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Kramer
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Anmeldungsdatum: 01.08.2003
Beiträge: 30878

Beitrag(#2122844) Verfasst am: 24.01.2018, 14:19    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:

1: Es sind zwar sehr viele Menschen bereit zu teilen, aber üblicherweise alle nur innerhalb der eigenen Gruppe. Sich nur als Teil der Menschheit zu sehen, gelingt nur einer Minderheit, und ich werde auch den Verdacht nicht los, dass diese Sicht in purer Form auch dann nicht von Erfolg gekrönt wäre, wenn sie sich durchsetzte.


Dieses Gruppendenken ist ja nicht in Stein gemeisselt und hat Gründe, die immer mehr an Bedeutung verlieren. Die Welt wird immer kleiner und die Menschen rücken - z.B. mit dem Internet - näher zusammen. Aber das wäre schon wieder eine neues Thema.

Zitat:
2: Ich vermute, dass Du "die Politik" insgesamt zu negativ siehst. Das statistische Phänomen, dass die die Politik genauso wie auch die Wirtschaftsführung sich signifikant in ihrem Anteil an Asozialen von der restlichen Bevölkerung unterscheidet, würde ich sofort unterschreiben - in dieser Form ist es auch wissenschaftlich belegt.
Dabei habe ich im Prinzip nichts dagegen, das genauso zu formulieren wie Du, solange klar ist, dass man hier Verteilungsunterschiede charakterisiert und nicht Menschen.


Ich vermute mal, Du beziehst Dich auf die Sätze ab "Politiker sind halt so." Das war nicht meine persönliche Meinung, sondern nur die Wiedergabe einer Haltung, mit der falsches Verhalten von Politikern oft klein geredet wird, wenn es denn mal auftritt: So sind die halt, damit muss man leben.
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vrolijke
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Beitrag(#2122851) Verfasst am: 24.01.2018, 16:02    Titel: Antworten mit Zitat

Kramer hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:

1: Es sind zwar sehr viele Menschen bereit zu teilen, aber üblicherweise alle nur innerhalb der eigenen Gruppe. Sich nur als Teil der Menschheit zu sehen, gelingt nur einer Minderheit, und ich werde auch den Verdacht nicht los, dass diese Sicht in purer Form auch dann nicht von Erfolg gekrönt wäre, wenn sie sich durchsetzte.


Dieses Gruppendenken ist ja nicht in Stein gemeisselt und hat Gründe, die immer mehr an Bedeutung verlieren. Die Welt wird immer kleiner und die Menschen rücken - z.B. mit dem Internet - näher zusammen. Aber das wäre schon wieder eine neues Thema.


So ist es. Vor allem wenn man bedenkt, dass die Definition häufiger mal wechselt.
Bereits die Kreuzzügen wurden dazu benutzt interne Unruhen zu exportieren.
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Das funktioniert immer noch.
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Glück ist kein Geschenk der Götter; es ist die Frucht der inneren Einstellung.
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Skeptiker
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Beitrag(#2122852) Verfasst am: 24.01.2018, 16:26    Titel: Das Schwein verschlingt das Verlustschwein. Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
1: Es sind zwar sehr viele Menschen bereit zu teilen, aber üblicherweise alle nur innerhalb der eigenen Gruppe. Sich nur als Teil der Menschheit zu sehen, gelingt nur einer Minderheit, und ich werde auch den Verdacht nicht los, dass diese Sicht in purer Form auch dann nicht von Erfolg gekrönt wäre, wenn sie sich durchsetzte.


Es gibt so viele Menschen auf der Welt, die sich ehrenamtlich für gute Zwecke engagieren, die gerne für wohltätige Zwecke spenden und sich sehr für Menschen einsetzen, die nicht zu ihrer peer group oder sonstwie zu ihrer Gemeinschaft gehören. Ich würde sogar sagen, dass die Mehrheit der Menschheit solidarisch mit anderen Menschen ist, selbst wenn sie das nicht immer durch die genannten Aktionen ausdrücken.

Unnormal ist dagegen aus meiner Sicht (und wohl auch empirisch) eine Solidarität, die sich nur auf *die eigene Horde* beschränkt.

fwo hat folgendes geschrieben:
2: Ich vermute, dass Du "die Politik" insgesamt zu negativ siehst. Das statistische Phänomen, dass die die Politik genauso wie auch die Wirtschaftsführung sich signifikant in ihrem Anteil an Asozialen von der restlichen Bevölkerung unterscheidet, würde ich sofort unterschreiben - in dieser Form ist es auch wissenschaftlich belegt.
Dabei habe ich im Prinzip nichts dagegen, das genauso zu formulieren wie Du, solange klar ist, dass man hier Verteilungsunterschiede charakterisiert und nicht Menschen. (In diesem Sinne spreche ich ja auch davon, dass Muslime erheblich fundamentalistischer sind als Christen, aber es hindert mich nicht, mich freundlich mit meinem muslimischen Nachbarn zu unterhalten, weil das für mich keine Aussage zu Einzelpersonen ist.)

Zum einen "leiden" auch Politiker natürlich unter dem Punkt 1: Sie sind nicht nur Menschen allgemein, sondern wurden gewählt, um für Gruppen zu handeln: Sowohl für ihren Staat also auch für ihre Partei. Und als drittes mindestens noch in dem Sinne für sich, als sie normalerweise davon überzeugt sind, über die richtige Weltsicht zu verfügen. Das bedeutet dann aber auch, dass sie davon überzeugt sind, dass es für das große Ganze fatal wäre, käme der politische Gegner an die Macht - ihr Handeln berücksichtigt also auch taktische und strategische Argumente, bei denen uns häufig - das ist auch beabsichtigt - die Hintergrundinformation fehlt.


Das Schwein verschlingt das Verlustschwein.

(Originalversion: "Das Sein bestimmt das Bewusstsein.")

Die Menschen werden zum einen geprägt - d.h. versaut - durch undemokratische und inhumane Strukturen der Verhältnisse.

Zum anderen bringen jedoch auch sehr viele bereits charakterliche Prädispositionen aus ihrer Sozialisation mit (, wobei diese auch bereits von der gesellschaftlichen Stellung der Familie beeinflusst wird).

Somit ist der "Marsch durch die Institutionen", wie ihn sich einige arg iedalistische 68er gewünscht hatten, als eine Illusion verpufft.

----

Was nun solche charakterlichen Extremfälle wie Trump betrifft, so spielen sie sicherlich eine Rolle als treibende Kräfte in Richtung reaktionärer Politik. Aber insgesamt gehen sie unter im Rauschen der allgemein herrschenden bürgerlichen Politik, so dass letzten Endes irgend welche charakterlichen Analysen - wie etwa von Adorno betrieben - die Struktur bürgerlicher Gesellschaften nicht wirklich erklären oder zum Besseren wenden können, wie ich meine.
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Kramer
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Beitrag(#2122853) Verfasst am: 24.01.2018, 16:39    Titel: Re: Das Schwein verschlingt das Verlustschwein. Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Was nun solche charakterlichen Extremfälle wie Trump betrifft, so spielen sie sicherlich eine Rolle als treibende Kräfte in Richtung reaktionärer Politik. Aber insgesamt gehen sie unter im Rauschen der allgemein herrschenden bürgerlichen Politik, so dass letzten Endes irgend welche charakterlichen Analysen - wie etwa von Adorno betrieben - die Struktur bürgerlicher Gesellschaften nicht wirklich erklären oder zum Besseren wenden können, wie ich meine.


Wenn Dir Trump als Beispiel zu bürgerlich ist, können wir auch gerne Lenin, Stalin, Mao oder Pol Pot nehmen. Ich finde Łobaczewskis "politische Ponerologie"zwar reichlich dubios - was auch an dem komischen UFO-Kult liegen mag, der sie jetzt propagiert -, aber es ist bestimmt kein Zufall, dass sie jenseits des antifaschistischen Schutzwalls entstanden ist. Mit den Augen rollen
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Beitrag(#2122854) Verfasst am: 24.01.2018, 17:07    Titel: Re: Das Schwein verschlingt das Verlustschwein. Antworten mit Zitat

Kramer hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Was nun solche charakterlichen Extremfälle wie Trump betrifft, so spielen sie sicherlich eine Rolle als treibende Kräfte in Richtung reaktionärer Politik. Aber insgesamt gehen sie unter im Rauschen der allgemein herrschenden bürgerlichen Politik, so dass letzten Endes irgend welche charakterlichen Analysen - wie etwa von Adorno betrieben - die Struktur bürgerlicher Gesellschaften nicht wirklich erklären oder zum Besseren wenden können, wie ich meine.


Wenn Dir Trump als Beispiel zu bürgerlich ist, können wir auch gerne Lenin, Stalin, Mao oder Pol Pot nehmen. Ich finde Łobaczewskis "politische Ponerologie"zwar reichlich dubios - was auch an dem komischen UFO-Kult liegen mag, der sie jetzt propagiert -, aber es ist bestimmt kein Zufall, dass sie jenseits des antifaschistischen Schutzwalls entstanden ist. Mit den Augen rollen


Das, was Łobaczewski abliefert, ist doch der übliche Schmonz und alles andere als originell. Und ein Wissenschaftler ist er auch nicht.

Es gibt statt dessen wirklich originelle Werke wie etwa:



Die subjektlose Gewalt. Zu Wesen und Entstehung bürgerlicher Staatsgewalt

Die Rollen von Stalin, Pol Pot u.a. spielten allerdings in der Tat eine ganz andere Rolle als bestimmte Führerfiguren in bürgerlichen Systemen, was aber ein besonderes Thema ist.

Auch bürgerliche Ökonomen vertreten vielfach die Ansicht, dass sich das persönliche Verhalten der Unternehmeschefs unter'm Strich statistisch heraus mittelt.
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Kramer
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Beitrag(#2122856) Verfasst am: 24.01.2018, 17:27    Titel: Re: Das Schwein verschlingt das Verlustschwein. Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Das, was Łobaczewski abliefert, ist doch der übliche Schmonz und alles andere als originell. Und ein Wissenschaftler ist er auch nicht.


Da weisst Du mehr als ich.
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Kramer
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Beitrag(#2122876) Verfasst am: 24.01.2018, 23:46    Titel: Re: Das Schwein verschlingt das Verlustschwein. Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Die subjektlose Gewalt. Zu Wesen und Entstehung bürgerlicher Staatsgewalt


Kannst Du mal in eigenen Worten erklären, was das mit dem Thema zu tun haben soll? Und bitte nur halb so langweilig wie der verlinkte Text. Ist ja eine Zumutung, das zu lesen.
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Beitrag(#2122899) Verfasst am: 25.01.2018, 13:10    Titel: Re: Das Schwein verschlingt das Verlustschwein. Antworten mit Zitat

Kramer hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Das, was Łobaczewski abliefert, ist doch der übliche Schmonz und alles andere als originell. Und ein Wissenschaftler ist er auch nicht.


Da weisst Du mehr als ich.


Łobaczewski soll ein Antisemit sein und sein Paradigma von *Gut* und *Böse* scheint mir rein christlich inspiriert. Nicht, dass es das nicht gibt, gut und böse. Aber so erklärt man keine Politik.

Kramer hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Die subjektlose Gewalt. Zu Wesen und Entstehung bürgerlicher Staatsgewalt


Kannst Du mal in eigenen Worten erklären, was das mit dem Thema zu tun haben soll? Und bitte nur halb so langweilig wie der verlinkte Text. Ist ja eine Zumutung, das zu lesen.


Das Buch selbst ist harte Kost, das kann ich bestätigen, eine über 600 Seiten dicke Schwarte.

Gerstenberger beschreibt darin in vielen kleinen Schritten, wie aus den Feudalregimen (Ancien Régimes) langsam der bürgerliche Staat heutiger Zeit entsteht, bei dem sich nicht nur eine politische Öffentlichkeit heraus bildet, sondern sich politische Macht nach und nach vom Adel und vor allem von bestimmten (konkreten) Personen ablöst zugunsten von institutionellen Regierungsinstitutionen.

Der Anfang des Textes beginnt denn auch mit der herausfordernden Frage:

Zitat:
"Subjektlose Gewalt", welch irritierender Titel für einen Vortrag über Staat im Kapitalismus. Hat nicht George Bush den Golf-Krieg begonnen, Margaret Thatcher in Großbritannien die Deregulierung der Wirtschaft eingeleitet, und hat nicht Helmut Kohl maßgeblich die deutsche Einheit herbeigeführt? Waren und sind solche Regierungschefs nicht Subjekte der Staatsgewalt?


Ja, sind sie es oder nicht? Sind sie es gar im Sinne der Partei- und Staatsführer in der Sowjetunion oder der VR China?

Gerstenberger zeigt, dass sie es nicht mehr sind, selbst wenn es so scheint. Und sie knüpft dabei auch an das Marx'sche Konzept der "Charaktermaske" an.

Sicher hat jede Person, auch ein Unternehmenschef, auch ein Regierungschef einen eigenen persönlichen Charakter. Aber dieser persönliche Charakter muss zu der Funktion passen, welche die Person ausübt, während die frühere personale Herrschaft umgekehrt darin bestand, dass der Charakter der Herrschenden der Politik nicht nur der Form nach, sondern auch dem Inhalt nach den Stempel aufdrückte.

Die Charaktermaske dagegen, agiert in strukturell in ganz bestimmter Weise determinierten Zusammenhängen, so dass man in der bürgerlichen Gesellschaft das Phänomen hat, dass ganz verschiedene Charaktere mehr oder weniger die gleiche, um nicht zu sagen: die selbe Politik fabrizieren.

Allerdings gibt es immer auch Ausnahmesituationen, z.B. in Zeiten von Krisen (= Verwertungskrisen des Kapitals). In solchen Fällen ist das Kapital bereit, von den normalen bürgerlichen Formen der Geschäftsführung abzugehen und offen diktatorische Elemente einzusetzen, wo sich dann auch extreme Charaktere für eine Zeit lang ausleben dürfen, etwa Hitler, Mussolini, Franco, Pinochet, Erdogan oder eben Trump.

Aber auch diese *Führer* haben als Ketten- und Bluthunde lediglich eine etwas längere Leine als die gewohnt *zivilen* bürgerlichen Charaktermasken. Und auch deren extremere Persönlichkeiten werden funktional verwendet.

Ich hoffe, ich habe verständlich gemacht warum eine Fokussierung auf die charakterlichen Merkmale von solchen wie Trump letzten Endes nicht die mit ihm verbundene Politik erklären kann. Darum ging es mir eigentlich nur. Trotzdem bringt eine *Ferndiagnose* seines Charakters dennoch insofern Licht in die Sache, weil man so indirekt erschließen kann, welche Krisenpolitik durchgesetzt werden soll. Denn für jedes Krisenregiment braucht es passende Charaktere.
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Kramer
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Beitrag(#2122901) Verfasst am: 25.01.2018, 13:30    Titel: Antworten mit Zitat

Das erklärt alles nicht, was das mit dem Thema zu tun haben soll, sondern zeigt nur, dass Du lieber ein anderes Thema diskutieren möchtest. Vor allem fällt auf, dass Du in der Liste der Despoten prominente Namen auslässt, was beweist, dass Du zur eigentlichen Frage nichts beizutragen hast. Denn das Problem der narzisstisch/soziopathisch geprägten Elite besteht in allen Gesellschaften, nicht nur im Kapitalismus.
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Skeptiker
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Beitrag(#2122905) Verfasst am: 25.01.2018, 14:06    Titel: Antworten mit Zitat

Kramer hat folgendes geschrieben:
Das erklärt alles nicht, was das mit dem Thema zu tun haben soll, sondern zeigt nur, dass Du lieber ein anderes Thema diskutieren möchtest. Vor allem fällt auf, dass Du in der Liste der Despoten prominente Namen auslässt, was beweist, dass Du zur eigentlichen Frage nichts beizutragen hast. Denn das Problem der narzisstisch/soziopathisch geprägten Elite besteht in allen Gesellschaften, nicht nur im Kapitalismus.


Der letzte Satz ist vollkommen richtig: "... das Problem der narzisstisch/soziopathisch geprägten Elite besteht in allen Gesellschaften ..."

Nur bedeutet die "subjektlose Gewalt" in der hiesigen Gesellschaftsformation, dass der Einfluss von Narzismus und Soziopathie im Rauschen der ökonomischen Strukturzwänge aufgeht, nicht ganz untergeht, aber zu einem untrennbaren Bestandteil letzterer wird.

In einer sozialistischen Staatsstruktur hat dagegen das Subjekt eine ganz andere Rolle. Das muss man auch anders diskutieren.

Ich gebe zu, dies ist bislang noch nicht so ausführlich diskutiert worden.

Im Kapitalismus ist jedenfalls Narzismus/Soziopathie so etwas wie ein stabilisierender Faktor (aus der Sicht des Kapitals), für einen vernünftigen Sozialismus sehe ich es dagegen umgekehrt. Hier gefährden Narzismus und Soziopathie die sozialistische Weiterentwickung von Grund auf.

Das sind deshalb zwei Themen.
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Kramer
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Beitrag(#2122907) Verfasst am: 25.01.2018, 14:16    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
In einer sozialistischen Staatsstruktur hat dagegen das Subjekt eine ganz andere Rolle. Das muss man auch anders diskutieren.

Ich gebe zu, dies ist bislang noch nicht so ausführlich diskutiert worden.


Das lassen wir auch mal schön bleiben - jedenfalls in diesem Thread. Wenn Du über die Rolle des Subjektes in einer sozialistischen Staatsstruktur diskutieren möchtest, kannst Du dazu ja einen eigenen Thread aufmachen. Ich schlage dafür die Überschrift "Das Subjekt in der sozialistischen Staatsstruktur" vor. Mit so einer sexy Überschrift wirst Du Dich bestimmt kaum vor begeisterten Kommentaren retten können.
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Diligentia
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Beitrag(#2122908) Verfasst am: 25.01.2018, 14:27    Titel: Re: Das Schwein verschlingt das Verlustschwein. Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
[...]
Łobaczewski soll ein Antisemit sein und sein Paradigma von *Gut* und *Böse* scheint mir rein christlich inspiriert. Nicht, dass es das nicht gibt, gut und böse. […]

Im subjektiven Empfinden gibt es sicher „gut“ und „böse“. Aber nachdem das, über jahrtausende religiös behauptete nominative „Gute“ bzw. „Böse“ (das es m.E. nicht gibt) in Menschenköpfen via Kindererziehung (?!?) mental weitervererbt wurde, sind diese Begriffe diskussionsuntauglich geworden. Die Allgem. Menschenrechte als Prüfstein zugrunde gelegt, erfüllen die Vokablen „konstruktiv“ und „destruktiv“ den Anspruch auf Verständigung unmissverständlicher.



Skeptiker hat folgendes geschrieben:
[...]
Aber auch [...] *Führer* haben als Ketten- und Bluthunde lediglich eine etwas längere Leine als die gewohnt *zivilen* bürgerlichen Charaktermasken. Und auch deren extremere Persönlichkeiten werden funktional verwendet.

Ich hoffe, ich habe verständlich gemacht warum eine Fokussierung auf die charakterlichen Merkmale von solchen wie Trump letzten Endes nicht die mit ihm verbundene Politik erklären kann. Darum ging es mir eigentlich nur. Trotzdem bringt eine *Ferndiagnose* seines Charakters dennoch insofern Licht in die Sache, weil man so indirekt erschließen kann, welche Krisenpolitik durchgesetzt werden soll. Denn für jedes Krisenregiment braucht es passende Charaktere.

.............Daumen hoch!
(Fettdruck von mir)



Kramer hat folgendes geschrieben:
[@Skeptiker*]
Das erklärt alles nicht, was das mit dem Thema zu tun haben soll, [...]. Denn das Problem der narzisstisch/soziopathisch geprägten Elite besteht in allen Gesellschaften, nicht nur im Kapitalismus. [...]

Ich denke, das hat schon mit dem Thema zu tun. Wenn ich richtig verstehe, geht’s hier um Ferndiganosen allgem. und um diejenige bezügl. Trump im besonderen. Und beides finde ich in "Skeptikers" posting wieder.

*Einfügung von mir.
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Skeptiker
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Beitrag(#2122914) Verfasst am: 25.01.2018, 15:01    Titel: Antworten mit Zitat

Kramer hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
In einer sozialistischen Staatsstruktur hat dagegen das Subjekt eine ganz andere Rolle. Das muss man auch anders diskutieren.

Ich gebe zu, dies ist bislang noch nicht so ausführlich diskutiert worden.


Das lassen wir auch mal schön bleiben - jedenfalls in diesem Thread. Wenn Du über die Rolle des Subjektes in einer sozialistischen Staatsstruktur diskutieren möchtest, kannst Du dazu ja einen eigenen Thread aufmachen. Ich schlage dafür die Überschrift "Das Subjekt in der sozialistischen Staatsstruktur" vor. Mit so einer sexy Überschrift wirst Du Dich bestimmt kaum vor begeisterten Kommentaren retten können.


Die Überschrift klingt gräuslich. Nein

Da kommen bestimmt ganz viele Kommentare dazu.

Über "die subjektlose Gewalt", bzw. Herrschaft, trotz Trump, ohne Trump, jenseits Trump sollte man aber nachdenken, finde ich.

Das mit der Ferndiagnose habe ich deshalb relativiert, wenn auch nicht ganz verworfen.
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Kramer
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Beitrag(#2122916) Verfasst am: 25.01.2018, 16:13    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Im Kapitalismus ist jedenfalls Narzismus/Soziopathie so etwas wie ein stabilisierender Faktor (aus der Sicht des Kapitals) (...)


Das ist falsch. Es stimmt nur dann, wenn die Rücksichtslosigkeit der "Psychos" sich gerade mal gegen die Konkurrenz (oder andere Ziele ausserhalb des eigenen Unternehmens/der eigenen Organisation) richtet - und auch dann nur für diejenigen, die von der Rücksichtslosigkeit profitieren. Da diese Individuen aber vor allem nur ihren eigenen Vorteil sehen, kann sich deren Handeln auch sehr schnell gegen das eigene Unternehmen richten. Psychopathen und ähnlich Gestörte in Führungspostionen richten einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden an. Das hat dazu geführt, dass es inzwischen einen ganzen Berufszweig gibt, der sich mit dem Profiling von Führungskräften beschäftigt, denn sie sind langfristig gesehen immer eine Gefahr für die Stabilität eines Unternehmens.
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Marcellinus
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Beiträge: 7429

Beitrag(#2122917) Verfasst am: 25.01.2018, 16:40    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Im Kapitalismus ist jedenfalls Narzismus/Soziopathie so etwas wie ein stabilisierender Faktor (aus der Sicht des Kapitals), für einen vernünftigen Sozialismus sehe ich es dagegen umgekehrt. Hier gefährden Narzismus und Soziopathie die sozialistische Weiterentwickung von Grund auf.


„Vernünftiger Sozialismus“? Ist das so etwas wie der „ideale, nicht existierende Sozialismus“? zwinkern
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fwo
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Beitrag(#2122918) Verfasst am: 25.01.2018, 17:17    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Im Kapitalismus ist jedenfalls Narzismus/Soziopathie so etwas wie ein stabilisierender Faktor (aus der Sicht des Kapitals), für einen vernünftigen Sozialismus sehe ich es dagegen umgekehrt. Hier gefährden Narzismus und Soziopathie die sozialistische Weiterentwickung von Grund auf.


„Vernünftiger Sozialismus“? Ist das so etwas wie der „ideale, nicht existierende Sozialismus“? zwinkern

Das ist auf jeden Fall immer der Sozialismus, der die schlechten Eigenschaften des sonstigen Sozialismus, auf die gerade jemand hingewiesen hat, nicht hat - sonst wäre er ja nicht vernünftig.

Man könnte aber auch sagen, der vernünftige Sozialismus ist eine Variante des wahren Schotten.
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Kramer
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Beitrag(#2122920) Verfasst am: 25.01.2018, 17:22    Titel: Re: Das anhaltende Elend der Psychiatrie Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:

Und um vom Extrem mal wieder wegzukommen, erst Recht dient die Küchenpsychologie im Diskurs vor allem der nicht sachbezogenen Abwertung von Argumenten und Personen. In einer fairen Diskussion verzichtet man darauf.


Um noch mal darauf zurück zu kommen: Auch wenn etwaige Ferndiagnosen im internationalen Diskurs mit und über Trump keine Rolle spielen, gehe ich jede Wette ein, dass sie in den Beratungen darüber, wie man mit Trump umgeht, eine nicht zu kleine Rolle spielen. Politiker wie Merkel, Macron oder Trudeau werden Dossiers auf dem Schreibtisch liegen haben, in denen auf Trumps narzisstische Persönlichkeit und die Dos and Don'ts im Umgang mit solchen Charakteren eingegangen wird.
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