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Rassismus?!
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Myron
Metaphysischer Materialist



Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3481

Beitrag(#2147616) Verfasst am: 19.08.2018, 17:44    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
DonMartin hat folgendes geschrieben:

"Rasse" beinhaltet keine Wertung. Weder beim Hund noch beim Menschen.

Der Rassebegriff wurde doch nur etabliert, um Wertungen vornehmen zu können. Mit den Augen rollen


Man kann sehr wohl zwischen dem deskriptiven Aspekt und dem evaluativen/normativen Aspekt unterscheiden.
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Myron
Metaphysischer Materialist



Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3481

Beitrag(#2147617) Verfasst am: 19.08.2018, 17:50    Titel: Antworten mit Zitat

Critic hat folgendes geschrieben:
Vielleicht ist die Anwendung des Begriffes "Rasse" auf den Menschen ja verpönt, weil er natürlich a. diese Geschichte hat, aber b. auch deshalb, weil er im Zusammenhang mit Hunden oder Pferden oder gemeinhin Tieren gebraucht wird…


Das Grimm'sche Wörterbuch definiert "Rasse" als "Tier- oder Menschenart". Die Rede von Menschenrassen ist bei vielen allein deshalb verpönt, weil sie glauben, dass Menschen keine Tiere, sondern gottähnliche übertierische Wesen sind. Doch sie haben unrecht: Menschen sind Tiere! Homo sapiens ist eine Tierart, genauer eine Affenart.
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Myron
Metaphysischer Materialist



Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3481

Beitrag(#2147618) Verfasst am: 19.08.2018, 18:00    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:

Die Aufladung ist nicht auf die Vergangenheit beschränkt. Noch nicht einmal auf gegenwärtige Rasseideologien. Das wurde ja mitzitiert: "Die Bezeichnung „Rasse“ legt grundsätzlich die Vorstellung von qualitativen Unterschieden nahe, wie es von der Nutztier-Zucht bekannt ist."


Jede (nicht-x-beliebige) Einteilung von Dingen in Arten (Rassen, Gattungen, Sorten, Spezies, Typen) erfolgt auf der Grundlage qualitativer Gleichheiten/Ähnlichkeiten und qualitativer Ungleichheiten/Unterschiede, denn eine Menge qualitativ identischer Dinge kann nicht in zwei verschiedene Arten aufgeteilt werden.
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Myron
Metaphysischer Materialist



Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3481

Beitrag(#2147620) Verfasst am: 19.08.2018, 18:26    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Für mich ist die Diskussion eigentlich abgehakt.
Seit
http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=2121901#2121901


"Die Diversität des modernen Menschen ist ein interessantes Thema. In den seriösen Wissenschaften spricht man wohl von Populationen. Der Begriff "Rasse" wird vermieden. Was sinnvoll ist, wenn man das Thema nicht ideologisch aufladen will." – Zelig

Je nach Definition von "Rasse" stellt sich immer noch die Frage, ob es menschliche Populationen gibt, die Rassen entsprechen. Die Stammbaum-Grafik (siehe Link!) stellt evolutionäre Abstammungslinien dar, und…

"A second definition defines races as distinct evolutionary lineages within a species. An evolutionary lineage is a population of organisms characterized by a continuous line of descent such that the individuals in the population at any given time are connected by ancestor/descendent relationships."

Quelle: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3737365/

Das heißt, es stellt sich die Frage, ob es menschliche Rassen (Subspezies) im Sinne unterschiedlicher Abstammungspopulationen (wie oben definiert) innerhalb von Homo sapiens gibt.
Die Antwort des Autors des obigen Textes: Nein!

"There is strong evidence against lineage races in humans. Hence, there are no races in humans under the lineage definition."
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Myron
Metaphysischer Materialist



Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3481

Beitrag(#2147621) Verfasst am: 19.08.2018, 18:31    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Soziobiologie halt. Übertragung biologischer Begriff auf soziale Tatbestände. Geht eigentlich immer schief. ist aber im Moment mal wieder Mode, auch und gerade in säkularen Kreisen.


Rassen sind de facto auch eine soziale Kategorie. Es gibt so etwas wie "Sozialrassen" in der gesellschaftlichen Wirklichkeit. Wenn du z.B. als Gefangener in einem amerikanischen Gefängnis die sozialrassische Segregation zwischen Weißen und Schwarzen ignorierst, wirst du mit deinem Leben bezahlen.
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Marcellinus
Outsider



Anmeldungsdatum: 27.05.2009
Beiträge: 7429

Beitrag(#2147622) Verfasst am: 19.08.2018, 18:33    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Soziobiologie halt. Übertragung biologischer Begriff auf soziale Tatbestände. Geht eigentlich immer schief. ist aber im Moment mal wieder Mode, auch und gerade in säkularen Kreisen.


Rassen sind de facto auch eine soziale Kategorie. Es gibt so etwas wie "Sozialrassen" in der gesellschaftlichen Wirklichkeit. Wenn du z.B. als Gefangener in einem amerikanischen Gefängnis die sozialrassische Segregation zwischen Weißen und Schwarzen ignorierst, wirst du mit deinem Leben bezahlen.

Ich habe nicht vor, das auszuprobieren.
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"Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."

Friedrich Nietzsche
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smallie
resistent!?



Anmeldungsdatum: 02.04.2010
Beiträge: 3626

Beitrag(#2147623) Verfasst am: 19.08.2018, 18:44    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
DonMartin hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Wer trotzdem am Menschenrasse-Begriff festhalten will, soll halt eben Rassisten in ihrer Meinung über unterschiedlich wertvolle "Menschenrassen" bestätigen.

"Rasse" beinhaltet keine Wertung. Weder beim Hund noch beim Menschen.

Der Rassebegriff wurde doch nur etabliert, um Wertungen vornehmen zu können. Mit den Augen rollen

Darwin verwendet in der Abstammung des Menschen das Wort Rasse immer wieder. Gleichzeitig hat Darwin Sklaverei und Rassismus verabscheut. Weiter halten Leute wie Ernst Mayr, A. F. Edwards, Richard Dawkins oder Jerry Coyne am Rassebegriff fest. Warum tun sie das, haben diese Menschen eine Agenda?

Gegenwärtig findet in Dresden eine Ausstellung zur Erfindung der Rassen statt. Darwin, Mayr, Edwards, Dawkins oder Coyne werden nicht genannt, zumindest findet die Suchmaschine nichts entsprechendes. Wenigstens eine Fußnote zu den abweichenden Meinungen hätte drin sein müssen.

Hältst du diese Auslassung für richtig?
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smallie
resistent!?



Anmeldungsdatum: 02.04.2010
Beiträge: 3626

Beitrag(#2147624) Verfasst am: 19.08.2018, 18:49    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Wer trotzdem am Menschenrasse-Begriff festhalten will, soll halt eben Rassisten in ihrer Meinung über unterschiedlich wertvolle "Menschenrassen" bestätigen. Bin ja kein Sprachwächter.

Die ZEIT möchte Rasse durch Hautfarbe, Herkunft oder Ethnie ersetzen. Bitteschön:

    Wer trotzdem am Hautfarbe- und Herkunftsbegriff festhalten will, soll halt eben Rassisten in ihrer Meinung über unterschiedlich wertvolle Hautfarben und Ethnien bestätigen.

Mein innerer Sprachwächter schlägt auch bei dieser Formulierung an.





Das Schlußwort gebe ich A. F. Edwards. Der sagte in A. W. F. Edwards - Human Genetic Diversity: Lewontin's Fallacy

smallie hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Es ist ein gefährlicher Fehler, die moralische Gleichwertigkeit aller Menschen mit biologischer Gleichheit zu begründen. Jeder biologische Unterschied wäre dann ein Argument für moralische Ungleichheit.

But it is a dangerous mistake to premise the moral equality of human beings on biological similarity because dissimilarity, once revealed, then becomes an argument for moral inequality.


Warum ist das nicht konsensfähig?
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beachbernie
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Anmeldungsdatum: 16.04.2006
Beiträge: 45792
Wohnort: Haida Gwaii

Beitrag(#2147636) Verfasst am: 19.08.2018, 21:33    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Kurz vorausgeschickt, damit wir nicht aneinander vorbei reden: eigentlich sind es mindestens zwei Themen, über die wir gerade sprechen.

1) Sinn oder Unsinn des biologischen Rassebegriffs
2) Gesellschaftliche Umstände bei der Verwendung des Wortes "Rasse", insbesondere im Deutschen


Mich persönlich interessiert noch ein dritter Punkt:

3) Wissenschaftliche Argumente renommierter Fachleute werden von anderen Fachleuten und von der Öffentlichkeit ignoriert.


Für mich ist die Diskussion eigentlich abgehakt.

Seit
http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=2121901#2121901
und
http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=2121998#2121998


Ich poste die Links, wenn sich jemand ohne Kenntnis der Problematik auf das Glatteis begibt. Du hast Kenntnis. Wer trotzdem am Menschenrasse-Begriff festhalten will, soll halt eben Rassisten in ihrer Meinung über unterschiedlich wertvolle "Menschenrassen" bestätigen. Bin ja kein Sprachwächter.


Ich wundere mich auch, weshalb diese Diskussion immer wieder auf's Neue aufgewärmt wird. Man kennt die Standpunkte und ich halte die Debatte genauso wie Du fuer längst abgehakt und zufriedenstellend entschieden. Schulterzucken
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beachbernie
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Anmeldungsdatum: 16.04.2006
Beiträge: 45792
Wohnort: Haida Gwaii

Beitrag(#2147637) Verfasst am: 19.08.2018, 21:37    Titel: Antworten mit Zitat

DonMartin hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
DonMartin hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Genau. Deswegen vermeidet man den Begriff. Er ist ideologisch aufgeladen.

Nur wenn man ständig im braunen Mist herumstöbern möchte.

Als ob die Nazis die ersten und einzigen gewesen wären, die mit dem Rassebegriff Ideologie betrieben hätten. Mit den Augen rollen

Die andern sind längst vergessen.
Die Nazis holt man halt immer wieder aus der Gruft, statt sie endlich verschimmeln zu lassen.


Nein. Die anderen sind nicht vergessen. Die Sklaverei in den USA wirkt z.B. bis heute nach, genauso wie der auf blankem Rassismus beruhende Kolonialismus in Afrika, um noch ein weiteres Beispiel zu nennen und der Rassismus gegen die Nachkommen der Ureinwohner in Kanada wird gerade erst richtig aufgearbeitet (Stichwort: "residential schools").
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schtonk
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Anmeldungsdatum: 17.12.2013
Beiträge: 12078

Beitrag(#2147650) Verfasst am: 19.08.2018, 22:19    Titel: Antworten mit Zitat

Ein sehr guter Artikel zum Thema "Rassen" vom Wissenschaftsjournalisten Jörg Albrecht in der FAZ.
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zelig
Kultürlich



Anmeldungsdatum: 31.03.2004
Beiträge: 25404

Beitrag(#2147652) Verfasst am: 19.08.2018, 22:32    Titel: Antworten mit Zitat

schtonk hat folgendes geschrieben:
Ein sehr guter Artikel zum Thema "Rassen" vom Wissenschaftsjournalisten Jörg Albrecht in der FAZ.


Faszinierende Grafik. Sogar mit Literatur-Tip (Die letzten und die ersten Menschen)
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Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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Critic
oberflächlich



Anmeldungsdatum: 22.07.2003
Beiträge: 15979
Wohnort: Arena of Air

Beitrag(#2147655) Verfasst am: 19.08.2018, 23:47    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
DonMartin hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Wer trotzdem am Menschenrasse-Begriff festhalten will, soll halt eben Rassisten in ihrer Meinung über unterschiedlich wertvolle "Menschenrassen" bestätigen.

"Rasse" beinhaltet keine Wertung. Weder beim Hund noch beim Menschen.

Der Rassebegriff wurde doch nur etabliert, um Wertungen vornehmen zu können. Mit den Augen rollen


(1) Es gab natürlich auch schon Rassismen, ohne daß der Begriff "Rasse" überhaupt erfunden war. Das scheint sogar Einteilungen der Art "wir und die" inhärent zu sein: Wenn man beobachtet, wie dort Gruppen gebildet werden, wird man demnach beobachten, daß diejenigen, die die Einteilung vorgenommen haben, die Gruppe, zu der sie selbst gehören, mit positiven Eigenschaften versehen, die andere Gruppe mit negativen Eigenschaften.

Der Mechanismus, eine Gruppe höher zu bewerten als die andere, scheint indessen zwar nicht zwingend, aber doch sehr häufig aufzutreten, sobald es um die Einteilung von Menschen geht: Die politische "Doktrin" des "separate but equal", wie sie beispielsweise in den US-amerikanischen Südstaaten bis in die 1960er Jahre hinein geübt wurde, hat zwar etwas Anderes suggeriert, tatsächlich wurden aber die Schwarzen schlechter behandelt. (Gut, es war natürlich auch nicht erwünscht, Schwarze gleich zu behandeln. Bei Chancengleichheit hätte das ja dazu führen können, daß ein Weißer plötzlich einen schwarzen Vorgesetzten hat. Das Konstrukt diente ja in seiner Ausgestaltung letztlich dazu, die "weiße Herrschaft" zu erhalten.) Das US-Verfassungsgericht hat das auch letztendlich festgestellt, daß eine Aufteilung immer zu einer Ungleichbehandlung führe (WP: "Separate but equal").

Bereits bei Platon findet sich die Vorstellung, alles "Unathenische" sei "weibisch (bzw. weiblich), fremd, feige, verlogen, standpunktlos, primitiv oder dekadent". Aristoteles attestierte den "Barbaren" ein "sklavisches" Wesen - freilich wird das häufig als "Protorassismus" bezeichnet, weil er ja zumindest von einer Entwicklungsfähigkeit ausging: wenn es dort erst einmal politische Institutionen gäbe wie in Athen, dann würden diese Leute sich auch zivilisatorisch weiterentwickeln. Und auch die Römer gingen ja davon aus, daß man Bewohner anderer Länder "zivilisieren" könne, indem man sie mit den Errungenschaften der griechischen und römischen Kulturen zusammenbringe (WP: Rassismus).


(2) Wo der Begriff "Rasse" erscheint, ist er auch schon früh mit Vorstellungen einer festgeschriebenen Unterschiedlichkeit von Menschen assoziiert: Der erste literarische Nachweis stamme demnach aus dem Jahr 1438, als ein Priester sie gleich in Bezug zur mittelalterlichen Ständeordnung setzte, quasi direkt mit der Vorstellung einer Ungleichwertigkeit wie auch einer Unveränderlichkeit - aus einem "Sein" folge auch ein "Sollen", die Standeszugehörigkeit sei gewissermaßen eine "ererbte" Eigenschaft, die sich in unterschiedlichen Wesenszügen äußere. Und bereits 1449, als die Doktrin der "limpiezza de sangre" erfunden wurde, meinte man, "Juden, Mauren oder Häretiker" seien eine eigene "Rasse": Es ging ja darum, Nachkommen von getauften Juden, Muslimen etc. den Zugang zu Ämtern zu verwehren, und man argumentierte mit der fehlenden "Blutreinheit" - deren Glaube würde sich gewissermaßen weitervererben, demnach könnten sie niemals "echte" Christen sein (WP: Rasse, "Limpiezza de sangre").


(3) Bereits zu der Zeit, als der Begriff "Rasse" auftauchte, wurde er analog auf Menschen wie auf die Tierzucht angewendet.

Ein Dackelzüchter wird natürlich nicht notwendigerweise einen Bernhardiner oder einen Mops oder gar einen "Mischlingshund", dem er auf der Straße begegnet, per se als "weniger lebenswert" beurteilen, aber er wünscht sich von "seinen" Hunden bestimmte Eigenschaften, also etwa "ein ausgeprägtes Selbstbewußtsein", "hohe Intelligenz", eine bestimmte Gestalt etc., die er dann ggf. in die nächste Generation fortpflanzen bzw. bei den Nachkommen verbessern will, das geschieht dann durch geeignete Wahl der Fortpflanzungspartner nach den erwünschten Merkmalen. Und er möchte andere Welpen, die nicht diesen Vorstellungen entsprechen, "möglichst nicht haben", er entscheidet demnach schon nach Maßstäben, ob diejenigen Hunde die "Rasse" weiterbringen. Also hat man in gewisser Weise schon mit dem Begriff "Rasse" auch eine Wertung(smöglichkeit) geschaffen, einen gewissermaßen Standard, an dem diejenigen gemessen werden, ob sie zu der "Rasse" gehören oder nicht.
_________________
"Die Pentagon-Gang wird in der Liste der Terrorgruppen geführt"

Dann bin ich halt bekloppt. Mit den Augen rollen

"Wahrheit läßt sich nicht zeigen, nur erfinden." (Max Frisch)


Zuletzt bearbeitet von Critic am 20.08.2018, 01:28, insgesamt 4-mal bearbeitet
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schtonk
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Anmeldungsdatum: 17.12.2013
Beiträge: 12078

Beitrag(#2147657) Verfasst am: 19.08.2018, 23:55    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
schtonk hat folgendes geschrieben:
Ein sehr guter Artikel zum Thema "Rassen" vom Wissenschaftsjournalisten Jörg Albrecht in der FAZ.


Faszinierende Grafik. Sogar mit Literatur-Tip (Die letzten und die ersten Menschen)

Hab ich mir gleich im Antiquariat bestellt.
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smallie
resistent!?



Anmeldungsdatum: 02.04.2010
Beiträge: 3626

Beitrag(#2147660) Verfasst am: 20.08.2018, 00:49    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
schtonk hat folgendes geschrieben:
Ein sehr guter Artikel zum Thema "Rassen" vom Wissenschaftsjournalisten Jörg Albrecht in der FAZ.


Faszinierende Grafik. Sogar mit Literatur-Tip (Die letzten und die ersten Menschen)

Olaf Stapeldon. Das Buch macht eine sehr breite Perspektive auf. Soweit ich mich erinnern kann, fand ich's ein bisschen trocken. Sirius, die Geschichte eines intelligenten Hundes, hat mir mehr gesagt. Ist menschlicher.



Was den Artikel betrifft: da steht viel richtiges drin. Das hier ist allerdings falsch.

Jörg Albrecht, FAZ hat folgendes geschrieben:
Wenn schon die Verhaltensgenetik an ihre Grenzen stößt, indem sie Familienstammbäume analysiert, gilt das umso mehr für ein weiteres Spezialfach: die Populationsgenetik. Wer sich vornimmt, Rassen zu definieren (oder Subpopulationen, Ethnien, Volksgruppen, wie immer man das nennen mag), der bekommt es mit statistischen Fallstricken aller Art zu tun.
...
Je nachdem, wie sich der Forscher festlegt, kommen bei der Untersuchung von Populationen völlig unterschiedliche Resultate zustande.

Völlig unterschiedliche Resultate stimmt einfach nicht. Was wird jetzt aus dem Konsens, daß die Meinungsunterschiede hauptsächlich semantischer Natur sind?


Myron hat derartige Tendenzen weiter oben schon festgestellt.

Myron hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Für mich ist die Diskussion eigentlich abgehakt.
Seit
http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=2121901#2121901

<schnipp>

Das heißt, es stellt sich die Frage, ob es menschliche Rassen (Subspezies) im Sinne unterschiedlicher Abstammungspopulationen (wie oben definiert) innerhalb von Homo sapiens gibt.
Die Antwort des Autors des obigen Textes: Nein!

"There is strong evidence against lineage races in humans. Hence, there are no races in humans under the lineage definition."

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smallie
resistent!?



Anmeldungsdatum: 02.04.2010
Beiträge: 3626

Beitrag(#2147661) Verfasst am: 20.08.2018, 01:07    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:

Die Aufladung ist nicht auf die Vergangenheit beschränkt. Noch nicht einmal auf gegenwärtige Rasseideologien. Das wurde ja mitzitiert: "Die Bezeichnung „Rasse“ legt grundsätzlich die Vorstellung von qualitativen Unterschieden nahe, wie es von der Nutztier-Zucht bekannt ist."


Jede (nicht-x-beliebige) Einteilung von Dingen in Arten (Rassen, Gattungen, Sorten, Spezies, Typen) erfolgt auf der Grundlage qualitativer Gleichheiten/Ähnlichkeiten und qualitativer Ungleichheiten/Unterschiede, denn eine Menge qualitativ identischer Dinge kann nicht in zwei verschiedene Arten aufgeteilt werden.

Das ist das schönste Argument, das ich seit einer Weile gehört habe, weil es Begriffe ernst nimmt, die durch stetigen Gebrauch schon etwas verschlissen waren. Vielen Dank.

Ich werde morgen noch grinsen. Mr. Green
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fwo
Caterpillar D9



Anmeldungsdatum: 05.02.2008
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Wohnort: im Speckgürtel

Beitrag(#2147668) Verfasst am: 20.08.2018, 10:28    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
DonMartin hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Wer trotzdem am Menschenrasse-Begriff festhalten will, soll halt eben Rassisten in ihrer Meinung über unterschiedlich wertvolle "Menschenrassen" bestätigen.

"Rasse" beinhaltet keine Wertung. Weder beim Hund noch beim Menschen.

Der Rassebegriff wurde doch nur etabliert, um Wertungen vornehmen zu können. Mit den Augen rollen

Soziobiologie halt. Übertragung biologischer Begriff auf soziale Tatbestände. Geht eigentlich immer schief. ist aber im Moment mal wieder Mode, auch und gerade in säkularen Kreisen.

Das mit der Soziobiologie ist jetzt sehr gewagt - die ist noch relativ neu: Die Anfänge kann man zwei Jahrzehnte früher ansetzen, aber das grundlegende Werk "The new Sythesis" von Wilson ist von 1976, und der Gegenstand der Soziobiologie ist die Entstehung des Sozialverhaltens.

Prinzipiell liegt tillich da schon richtiger, auch wenn er das nicht nur auf den Rassebegriff beschränken sollte: Bereits die Selbstbezeichnungen der Völker, deren eigentliche Bedeutung immer "Mensch" war, machten damit die anderen zu Un-Menschen, die Griechen sagten dann Barbaren dazu, die man auch versklaven durfte.

Das wurde dann, unser Christ tillich wird das bestätigen können, durch die Religionszugehörigkeit ersetzt, die diese Wertigkeit dann aufnahm, so dass nur genuin christliche Völker, eben keine Heiden, nicht versklavt werden durften. Interessanterweise hält der Islam immer noch ganz offiziell an genau dieser Wertung fest, ohne, dass unsere Rasse-Gegner daran Anstoß nehmen und ohne dass die Begriffe Gläubiger bzw. Ungläubiger deshalb verpönt wären.

Innerhalb der Biologie wurde am Anfang Rasse und Art nicht sauber getrennt, wie überhaupt der Artbegriff eine Zeit brauchte, um in die Richtung zu gehen, in der wir ihn heute benutzen. Damit wurde dann die Rasse synonym zur Unterart und transportierte natürlich die Wertungen, die man schon vorher mit den in ihnen enthaltenen Völkern / Ethnien / verband.

Das eigentliche Vorurteil, nämlich die Minderwertigkeit der anderen Gruppen, egal wie man sie nennt, ist also sehr viel älter als der Begriff Rasse.

Nun hat die Wissenschaft in den letzten Jahrzehnten viel Arbeit darin investiert, genau diese Vorurteile zu widerlegen. Nur kommt das "draußen" nicht so richtig an, wenn der Begriff Rasse, der längst Allgemeingut geworden ist, in der Wissenschaft nicht mehr benutzt wird, stattdessen all die anderen Begriffe, ob sie nun die Ethnie, das "Volk", oder die Religion bezeichnen, die historisch genauso belastet sind wie der Rassebegriff.

Wer das unbedingt am Rassebegriff festmachen will, hängt einem Fetisch an.
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fwo
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Beiträge: 25892
Wohnort: im Speckgürtel

Beitrag(#2147669) Verfasst am: 20.08.2018, 10:36    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Weil die Entwicklung der letzten ca 50 Jahre gezeigt hat, dass die Ausweisung unerwünschter Begriffe in PC-Listen durch die gerade Meinungsführenden bzw. die, die sich dafür hielten, nicht zu den erwünschten Denkveränderungen in der Gesellschaft geführt haben.

Das ist kein vernünftiger Grund, diesen Begriff zu verwenden. Mit den Augen rollen

Überhaupt hast du meine Frage kein Bisschen beantwortet. Ich habe hier ja die Geschichte des Rassebegriffs dargestellt. Er war immer essenzialistisch konnotiert und bezeichnete nie auch nur annähernd das, was Myron dargestellt hat. Warum ausgerechnet diesen Begriff für was ganz anderes aufnehmen als für das, für was er immer gebraucht wurde. Ich habe nach einer plausible Begründung dafür gefragt, warum man dieses Wort für das, was Myron beschreibt, verwenden sollte, obwohl es historisch immer für etwas völlig anderes verwendet wurde. Dass PC-Wortverbote keine gesellschaftlichen Denkveränderungen bewirken, mag sein, ist aber überhaupt keine Antwort auf meine Frage, warum man hier den Rassenbegriff verwendet. Es sei denn, du wolltest hier ernsthaft behaupten, Biologen nähmen diesen Begriff buchstäblich nur zu dem Zweck wieder auf, um damit gegen PC zu protestieren. Sorry, aber das kannst du nicht ernst meinen. Sowas ist kein wissenschaftlich seriöses Vorgehen.

Oder anders gesagt: Du bist der einzige hier, der überhaupt mit Political Correctness argumentiert. Meine Argumentation war nicht politisch sondern begriffshistorisch.

fwo hat folgendes geschrieben:
Der Erfolg der AfD ist mit Sicherheit nicht nur auf einen Grund zurückzuführen, aber die zunehmende Kommunikationsunfähigkeit durch von beiden Seiten ausgehobene PC-Gräben, nämlich die Listen der Vokabeln, anhand derer man den jeweils anderen sicher erkennen zu können glaubt, gehört an prominenter Stelle mit dazu.

Welche Rolle leistet denn die Wiederaufnahme des Wortes "Rasse" durch Biologen für etwas völlig anderes als das, was man historisch immer schon "Rasse" genannt hat, dazu, diesen Graben zu überwinden?

Die Frage, die Du hier stellst, wurde schon sehr ausführlich beantwortet, ich kann die Antwort einfach so zusammenfassen: Weil der Begriff Rasse immer noch benutzt wird.

Ausführlicher habe ich das hier dargestellt:
fwo hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
....
Ich kann überhaupt nicht verstehen, warum jemand, der oder die sicher mit Rassismus nichts zu tun hat, darauf besteht, über menschliche Rassen zu sprechen, anstatt alles dafür zu tun, auch verbal, um sich von Rassisten abzugrenzen.

Diese Frage wurde in diesem Thread einige Male beantwortet, weil ich meine eigenen Antworten schneller finde, nehme ich mal eine:
fwo hat folgendes geschrieben:
....
Ich kann übrigens der Argumentation zu den Gefahren dieser Forschung und insbesondere zur Benutzung des Begriffs Rasse nicht ganz folgen. Der Begriff Rasse existiert, genauso wie das Bestreben jedes Menschen, seine Welt zu kategoriesieren. Wie Kitcher auch feststellt, ist es ziemlich egal, ob da Cluster oder Varietät oder sonstwas gesagt wird - in der Öffentlichkeit kommt Rasse an.

Jetzt kann ich natürlich hingehen und den Forschungsgegenstand verteufeln, um keine Rassisten zu füttern oder ich kann hingehen und erzählen, diese Einteilung, von der jeder bei sich feststellt, dass sie bei ihm zu hinreichend genauen Ergebnissen führt, gäbe es gar nicht. Da greift sich dieser Jedermann allerdings - mit Recht - an den Kopf. Ich halte es für sinnvoller, diesen Begriff wieder in die Wissenschaft zurückzuholen und ihn dabei so zu präzisieren, dass man weniger Unfug damit anstellen kann. Man kann Begriffe nicht verbieten - aber man kann sie neu besetzen.
...


@alle: Dieser Thread ist nicht so fürchterlich lang, es lohnt sich durchaus, ihn ab Seite 4 mal zu überfliegen, um die Diskussion nicht zu wiederholen.

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Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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smallie
resistent!?



Anmeldungsdatum: 02.04.2010
Beiträge: 3626

Beitrag(#2147705) Verfasst am: 20.08.2018, 20:25    Titel: Antworten mit Zitat

Muß den Fluß des Threads kurz unterbrechen.

Wollte mehr zum FAZ-Artikel schreiben. Dann ist mir die Kinnlade runtergefallen. Geschockt Auf die Zukunft bezogen schreibt Albrecht:

Jörg Albrecht, FAZ hat folgendes geschrieben:
Es ist nicht ausgeschlossen, dass es in Zukunft im großen Stil gated communities geben wird, die sich gegen ihre Mitmenschen abschotten und hohe Zäune errichten, um einen Lebensstil zu schützen, der durch Auswahl möglicher Partner, künstliche Befruchtung und gezieltes genome editing auf eine genetische Elite hinsteuert.

Schaut euch mal den Stammbaum im Artikel an. Die Blätter des indischen Zweiges sind:

    Niedere Kasten
    Stammes-Inder
    Mittler Kasten
    Höhere Kasten

Also quasi historische gated communities mit gezielter Partnerauswahl.

Umpff. Hat jemand davon schon mal gehört, daß die indische Kastenstruktur genetische Unterschiede zwischen den Kasten hervorbrachte?






















(Falls ja, ist Marcellinus vs. Soziobiolgie argumentativ erledigt. Zustimmung )
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44135

Beitrag(#2147734) Verfasst am: 21.08.2018, 09:38    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Ich halte es für sinnvoller, diesen Begriff wieder in die Wissenschaft zurückzuholen und ihn dabei so zu präzisieren, dass man weniger Unfug damit anstellen kann. Man kann Begriffe nicht verbieten - aber man kann sie neu besetzen.

Du bist also der Meinung, die Wiederaufnahme des Rassenbegriffs in der Biologie sei eine antirassistische Maßnahme.

...So charmant das auch aussieht, aber ernsthaft glauben, dass das funktioniert, kann nur jemand, der nicht versteht, wie Rassismus funktioniert.

Übrigens finde ich Effô Tisettis Beiträge dazu ziemlich gut. Das ist in etwa auch meine Position:

http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=1446027#1446027
http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=1446052#1446052

So wie ich das sehe, gehst du mit dem Argument sowohl soziologisch als auch begriffshistorisch enorm naiv vor. Begriffe, und gerade welche mit einer solchen Geschichte, lassen sich eben nicht mal eben neu besetzen. Als Strukturen des Begreifens tragen sie ihre bisherigen Verwendungen wie einen Index mit sich und werden nur dadurch überhaupt verstehbar. Darf ich in dem Kontext auch nochmal daran erinnern, dass der Begriff der Menschenrasse ursprünglich überhaupt nicht aus der Biologie stammt?
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fwo
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Beitrag(#2147740) Verfasst am: 21.08.2018, 11:34    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Ich halte es für sinnvoller, diesen Begriff wieder in die Wissenschaft zurückzuholen und ihn dabei so zu präzisieren, dass man weniger Unfug damit anstellen kann. Man kann Begriffe nicht verbieten - aber man kann sie neu besetzen.

Du bist also der Meinung, die Wiederaufnahme des Rassenbegriffs in der Biologie sei eine antirassistische Maßnahme.

...So charmant das auch aussieht, aber ernsthaft glauben, dass das funktioniert, kann nur jemand, der nicht versteht, wie Rassismus funktioniert.

Übrigens finde ich Effô Tisettis Beiträge dazu ziemlich gut. Das ist in etwa auch meine Position:

http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=1446027#1446027
http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=1446052#1446052

So wie ich das sehe, gehst du mit dem Argument sowohl soziologisch als auch begriffshistorisch enorm naiv vor. Begriffe, und gerade welche mit einer solchen Geschichte, lassen sich eben nicht mal eben neu besetzen. Als Strukturen des Begreifens tragen sie ihre bisherigen Verwendungen wie einen Index mit sich und werden nur dadurch überhaupt verstehbar. Darf ich in dem Kontext auch nochmal daran erinnern, dass der Begriff der Menschenrasse ursprünglich überhaupt nicht aus der Biologie stammt?

Wenn also jetzt das einzige noch verbliebene Argument darin besteht, dass ich zu naiv bin und das nicht verstehe, kann ich nur antworten, dass ich es nicht als theoretisches Konzept zu verstehen brauche, weil ich es praktisch erfahren habe - ich hatte meine bewusste Kindheit in den 60ern.

Worum es Dir geht, sind doch die nicht direkt steuerbaren gefühlsmäßigen Inhalte, die Wörter auch transportieren, und die nicht direkt vermittelt werden (können) sondern während der Sozialisation durch den wiederholten Kontext entstehen ohne direkt ausgesprochen zu werden.

PC existierte in den 60ern noch nicht als Begriff, als Prozess natürlich, wenn auch nicht mit dem Versuch es öffentlich zu steuern. Die Leute waren zum großen Teil noch diejenigen, die ca. 20 Jahre vorher mit mehr oder weniger Überzeugung in den Krieg gezogen waren und mehr oder weniger bewusst mit angesehen und dabei geschwiegen hatten, wie man die Juden gesammelt und weggebracht hatte. Das waren die Leute, die wilhelminisch sozialisiert waren und darauf noch eine Gehirnwäsche erfahren hatten, die - der kalte Krieg setzte praktisch direkt nach dem Zusammenbruch des dritten Reiches ein, man brauchte alle, auch für den Wiederaufbau - weder eine "Rückwäsche" erfahren hatten, noch sich zum größeren Teil bewusst mit dem dritten Reich auseinandergesetzt hatten. Das Thema war einfach tabuisiert, nur in Wahlkämpfen war die Gefühlsebene manchmal zu erkennen, z.B. bei der Behandlung der der "Fahnenflucht".

Das soll als "Temporalkolorit" reichen, ich erspare Dir auch die Beschreibung der einzelnen Szenen und woran man die vorhandene Konnotation erkennen konnte, ich fasse nur meine Erfahrung zusammen:
Jude war damals noch in erheblichen Teilen der Gesellschaft negativ konnotiert, was aber nur im privaten Umfeld gezeigt wurde. Meine Frau hatte ihre bewusste Kindheit hauptsächlich in den 70ern und ist regelrecht erschrocken, als sie in den 80ern bei ägyptischen Gaststudenten einem offenen Judenhass begegnete, weil sie selbst nicht einmal die negative Konnotation noch mitbekommen hat.
Das Wort Neger bezeichnete für mich in meiner Kindheit einen Menschen mit anderer Hautfarbe, mehr nicht, und ich weiß, wovon ich da rede, weil wir - mein Vater arbeitete als Lehrer an einer amerikanischen Highschool - regelmäßig amerikanischen Besuch zu Hause hatten, ich war auch einmal mit in einem Ferienlager dieser Schule, das von meinem Vater betreut wurde. Neger wurde so "naiv" benutzt, wie etwa Lindgren es in Pipi Langstrumpf benutzt und erhielt den Schimpfwortcharakter erst nachträglich erneut durch die "nicht-naive" Bearbeitung im Rahmen der historisch bewussten political correctness.

Wir haben den Begriff Rasse ungefähr seit den 80ern mit Gewalt aus den anthropologischen Lehrbüchern gestrichen, um den Leuten zu erzählen, dass es biologisch gar keine Möglichkeit gibt, die Menschheit mit einer reproduzierbaren Sicherheit in Untergruppen einzuteilen. Gleichzeitig beginnt die Medizin zu erkennen, dass es da Stoffwechselunterschiede zwischen Gruppen gibt, die mit vorherigen Rassekonzepten übereinstimmen und in der Rechtsmedizin wird an Knochen festgefestellt, welche Hautfarbe ein Mensch hatte.

Effos Argument, auf dessen Seite Du Dich da stellst, hatte deshalb in der Diskussion auch keinen Bestand:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Noseman hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Effô Tisetti hat folgendes geschrieben:
Das eigentliche "Problem" liegt doch darin begründet, dass zuweilen die biologische Betrachtung hergenommen wird, um "ein" soziales Konstrukt zu begründen.

es soll sogar vorkommen, dass PC biologisch begründet werden soll.

Kannst Du bitte ein Beispiel nennen? Kann ich mir im Moment irgendwie nicht vorstellen; stehe aufm Schlauch.

zum Beispiel dass durch Befunde aus der Biologie gezeigt werden soll, dass es keine 'Rassen' beim Menschen gibt (geben kann oder was auch immer).

Aber, wie ich schon mehrfach schrieb, Biologie ist ein Thread, was man daraus macht, ein anderer. Naturalistische Fehlschlüsse sollten ihre Zeit gehabt haben.


Und jetzt darfst Du versuchen, mir zu erklären, was ich nicht verstehe, trotz des Risikos, wieder an meiner Dummheit zu scheitern. Nicht mit der Erwähnung der Dummheit der anderen Seite aufzuhören macht erst die Diskussion aus.
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Ahriman
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Beitrag(#2147748) Verfasst am: 21.08.2018, 12:55    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Gleichzeitig beginnt die Medizin zu erkennen, dass es da Stoffwechselunterschiede zwischen Gruppen gibt, die mit vorherigen Rassekonzepten übereinstimmen und in der Rechtsmedizin wird an Knochen festgefestellt, welche Hautfarbe ein Mensch hatte.

Das ist schon sehr lange bekannt. Ein guter Arzt kümmert sich bei bestimmten Krankheiten eingehend darum, wer die Vorfahren seines Patienten waren. Fragt mal niederländische Mediziner, die haben da schon ältere Erfahrungen.
Zu leugnen, daß es bei Menschen Rassenunterschiede gibt ist absolute Blödheit. Und wer das Wort "Rasse" nicht mehr gebrauchen will, weil es von den Nazis verdorben wurde, dem sollte man auch verbieten, einen Volkswagen auf der Autobahn zu fahren. Die hat ja der Hitler beide erfunden. Geschockt Mit den Augen rollen zornig
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unquest
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Beitrag(#2147753) Verfasst am: 21.08.2018, 13:35    Titel: Antworten mit Zitat

Ahriman hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Gleichzeitig beginnt die Medizin zu erkennen, dass es da Stoffwechselunterschiede zwischen Gruppen gibt, die mit vorherigen Rassekonzepten übereinstimmen und in der Rechtsmedizin wird an Knochen festgefestellt, welche Hautfarbe ein Mensch hatte.

Das ist schon sehr lange bekannt. Ein guter Arzt kümmert sich bei bestimmten Krankheiten eingehend darum, wer die Vorfahren seines Patienten waren. Fragt mal niederländische Mediziner, die haben da schon ältere Erfahrungen.
Zu leugnen, daß es bei Menschen Rassenunterschiede gibt ist absolute Blödheit. Und wer das Wort "Rasse" nicht mehr gebrauchen will, weil es von den Nazis verdorben wurde, dem sollte man auch verbieten, einen Volkswagen auf der Autobahn zu fahren. Die hat ja der Hitler beide erfunden. Geschockt Mit den Augen rollen zornig

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fwo
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Beitrag(#2147757) Verfasst am: 21.08.2018, 13:53    Titel: Antworten mit Zitat

unquest hat folgendes geschrieben:
....
Die erste Autobahn geht auf das Konto von Adenauer - nicht Hitler.

Völlig OT - aber : Interessanter Artikel.
Ich muss gestehen, dass auch ich diesbezüglich bis jetzt Opfer der NS-Propaganda war.
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Tarvoc
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Beitrag(#2147762) Verfasst am: 21.08.2018, 14:38    Titel: Antworten mit Zitat

fwo, auf ein Argument von mir bist du jetzt noch gar nicht eingegangen, nämlich auf das, dass der Begriff "Rasse" ursprünglich überhaupt nicht aus der Biologie stammt.

Du verkürzt also den Zeitraum, um den es in meiner These geht. Der Rassebegriff wurde nicht zu irgendeinem Zeitpunkt nachträglich mit Metaphysik und Sein-Sollen-Fehlschlüssen verdorben. Er wurde initial überhaupt nur dafür geprägt, genau solche Inhalte zu transportieren - und zwar nicht von Biologen, sondern von Theologen. Meine These ist, dass der Rassebegriff von vorne herein überhaupt nie in die Biologie hätte aufgenommen werden sollen. Schon sein Eingang in die philosophische Anthropologie war ein Fehler, und dieser ging seinem Eingang in die Humanbiologie zumindest teilweise zeitlich voraus (obwohl sich das z.T. auch überschneidet). Man hätte ihn den Theologen und religiösen Metaphysikern überlassen sollen. Deshalb greift Ahrimans Vorwurf auch ins Leere, ich wolle den Begriff vermeiden, weil die Nazis ihn verdorben hätten. Die Nazis interessieren mich in dieser Diskussion buchstäblich Null und ich habe auch nie mit ihnen argumentiert.
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fwo
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Beitrag(#2147767) Verfasst am: 21.08.2018, 14:52    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
fwo, auf ein Argument von mir bist du jetzt noch gar nicht eingegangen, nämlich auf das, dass der Begriff "Rasse" ursprünglich überhaupt nicht aus der Biologie stammt.

Du verkürzt also den Zeitraum, um den es in meiner These geht. Der Rassebegriff wurde nicht zu irgendeinem Zeitpunkt nachträglich mit Metaphysik und Sein-Sollen-Fehlschlüssen verdorben. Er wurde initial überhaupt nur dafür geprägt, genau solche Inhalte zu transportieren - und zwar nicht von Biologen, sondern von Theologen. Meine These ist, dass der Rassebegriff von vorne herein überhaupt nie in die Biologie hätte aufgenommen werden sollen. Schon sein Eingang in die philosophische Anthropologie war ein Fehler, und dieser ging seinem Eingang in die Humanbiologie zumindest teilweise zeitlich voraus (obwohl sich das z.T. auch überschneidet). Man hätte ihn den Theologen und religiösen Metaphysikern überlassen sollen. Deshalb greift Ahrimans Vorwurf auch ins Leere, ich wolle den Begriff vermeiden, weil die Nazis ihn verdorben hätten. Die Nazis interessieren mich in dieser Diskussion buchstäblich Null und ich habe auch nie mit ihnen argumentiert.

Nur - was nutzt diese historische Betrachtung, wenn auf der einen Seite der Rassebegriff schon lange als biologisch in der Bevölkerung angekommen ist und auf der anderen Seite biologische Rassen auch für alle erkennbar sind?

Die einzig sinnvolle Möglichkeit, die ich da erkennen kann, ist, den Rassebegriff innerhalb der Biologie auf den Inhalt zu beschränken, den er biologisch nur haben kann - und der schließt Wertungen aus.

Ich bin übrigens hier, d.h. auf dieser Seite durchaus auf den historischen Aspekt eingegangen.
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Tarvoc
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Beitrag(#2147768) Verfasst am: 21.08.2018, 15:00    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Die einzig sinnvolle Möglichkeit, die ich da erkennen kann, ist, den Rassebegriff innerhalb der Biologie auf den Inhalt zu beschränken, den er biologisch nur haben kann - und der schließt Wertungen aus.

Vielleicht gibt es hier keine guten Lösungen mehr. Die Weichen stehen schon viel zu lange schief. Zumindest würde ich dazu raten, mit diesem Begriff nur reflektiert und wohlüberlegt umzugehen. Den Biologen stünde es hier m.E. gut zu Gesicht, u.A. auch zu Begriffshistorikern für ihre eigenen Begriffe zu werden - oder zumindest nicht denjenigen, die begriffs- und ideengeschichtliche Betrachtungen machen wollen, gleich die Anti-PC-Keule um die Ohren zu hauen. Ich hab' hier ja nicht dafür argumentiert, dass man Biologen dieses Wort verbieten sollte. Aber den Biologen muss diesmal klar sein, was das für ein Begriff ist, mit dem sie da hantieren.
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Beitrag(#2147775) Verfasst am: 21.08.2018, 16:24    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Die einzig sinnvolle Möglichkeit, die ich da erkennen kann, ist, den Rassebegriff innerhalb der Biologie auf den Inhalt zu beschränken, den er biologisch nur haben kann - und der schließt Wertungen aus.

Vielleicht gibt es hier keine guten Lösungen mehr. Die Weichen stehen schon viel zu lange schief. Zumindest würde ich dazu raten, mit diesem Begriff nur reflektiert und wohlüberlegt umzugehen. Den Biologen stünde es hier m.E. gut zu Gesicht, u.A. auch zu Begriffshistorikern für ihre eigenen Begriffe zu werden - oder zumindest nicht denjenigen, die begriffs- und ideengeschichtliche Betrachtungen machen wollen, gleich die Anti-PC-Keule um die Ohren zu hauen. Ich hab' hier ja nicht dafür argumentiert, dass man Biologen dieses Wort verbieten sollte. Aber den Biologen muss diesmal klar sein, was das für ein Begriff ist, mit dem sie da hantieren.

Es ist nicht der Begriff, von dem diese Gefahr ausgeht, sondern ein simplifiziertes und falsches Menschenbild, das historisch natürlich auch in allen benutzten Begriffen vorhanden war.

Das Menschenbild der Biologen dürfte am Anfang des Studiums kaum von dem der übrigen Studienanfänger zu unterscheiden sein, auch wenn bestimmte Menschen bestimmte Studienfächer wählen, bzw. wählen wollen - nicht jeder kommt in das Fach, das er will. Zu meiner Studienzeit waren da ziemlich viele Anfänger, die - von den Hautfarben abgesehen - das geburtliche Tabula-rasa-Konzept für das richtige hielten. Wenn die dann erfuhren, dass in der Anthropologie etwas anderes vertreten wird, haben die sich gerne in der Botanik spezialisiert, wo sie dann auf die seltenen Exemplare trafen, die, weil die Anthropologie ihre rassistischen Vorstellungen nicht bestätigen wollte, aus Enttäuschung auch in der Botanik gelandet waren (Ein bisschen eine Karikatur, aber ich habe ein derartiges Zusammentreffen wirklich einmal erlebt). Und ich habe bei meinem Anfang 1974 auch keinen Rassisten unter den Dozenten erlebt (eine halbe bzw. ungeklärte Ausnahme - aber das bedürfte einer längeren Erklärung). Den Anthropologen Knussmann, den ich hier mal zitiert habe, habe ich im Gegenteil als in dieser Hinsicht äußerst sensibel in Erinnerung. Rassisten gab es 1974 in der Anthropologie in Hamburg höchstens nach der Definition, dass jeder, der von biologischen Rassen ausgeht, ein Rassist ist, eine gesellschaftlich übrigens sehr beliebte Definition.

Ansonsten habe ich keine weiteren Bedenken gegen Deine Mahnung, sondern möchte ihr nur die andere entgegenhalten, dass bitte alle einmal nachsehen, welche Teile ihres Menschenbildes einer wissenschaftlichen Überprüfung standhalten. Es wird immer ein Bild sein, das es regelmäßig zu aktualisieren gilt.
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Myron
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Beitrag(#2147802) Verfasst am: 21.08.2018, 18:38    Titel: Antworten mit Zitat

In seinem (noch nicht in einer Fachzeitschrift veröffentlichten) sehr guten Aufsatz "On the Ontology of Race" (PDF) unterscheidet Michael Hardimon (unter anderem) zwischen einem gewöhnlichen Rassenbegriff, der in sich nicht rassistisch ist, und einem rassistischen ("racialist", was sich im Deutschen nur wie "racist(ic)" mit "rassistisch" übersetzen lässt):

"The logical core says that to count as a race, a human group must satisfy three conditions:
(1) it must be distinguished from other groups by visible physical features
(2) its members must be linked by a common ancestry
(3) its members must originate from a distinctive geographic location."


Was also hier bei der Einteilung zählt, sind körperliche (physiognomische) Ähnlichkeiten bzw. Unähnlichkeiten, Abstammungsbeziehungen und ursprüngliche Lebensräume.

"To count as a racialist race, a group must, in addition to satisfying conditions (1)-(3):
(4) exhibit a fixed set of fundamental, “heritable” physical, moral, intellectual and
cultural characteristics common and peculiar to it;
(5) display a “strict” correlation between its distinctive visible physical features and the constellation of moral, intellectual, and cultural characteristics common and peculiar to it;
(6) possess a hidden or underlying biological structure—a biological “essence.”
It is also part of the racialist concept of race as traditionally understood that
(7) Races can be hierarchically ordered on the basis of the moral, intellectual, and cultural characteristics of their members.
Conditions (4) – (7) constitute the specifically racialist features of the ordinary conception of race."


Rassistisch wird der gewöhnliche Rassenbegriff also erst dann wenn Rassen essenzialistisch aufgefasst werden, d.h. wenn jeder Rasse als einer (angeblich) natürlichen Art ein feststehendes, unveränderliches Wesen—eine Essenz—zugeschrieben wird, das aus einer Menge bestimmter biologischer Eigenschaften besteht, deren Besitz sowohl notwendig als auch hinreichend für die Zugehörigkeit zur betreffenden Art ist, sodass die dadurch bestimmten Rassen klar und scharf voneinander getrennt sind.

Das allein ist aber noch keine ausreichende Definition des rassistischen Rassenbegriffs, weil der Art-Essenzialismus nicht in sich rassistisch ist. Es muss nämlich die Annahme hinzugefügt werden, dass die biologische Essenz einer Rasse mit einer ethologischen (verhaltensbezogenen) und psychologischen Essenz einhergeht, die für intellektuelle, kulturelle und moralische Wesensunterschiede zwischen den Rassen verantwortlich ist.

Mit dem rassistischen Rassenbegriff werden also ("gottgegebene") biologisch-ethologisch-psychologische Rassenessenzen postuliert, anhand deren eine evaluative/normative Hierarchisierung von Rassen vorgenommen wird: "niedere" ("minderwertige", "unterlegene") Rassen versus "höhere"("höherwertige", "überlegene") Rassen.
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Myron
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Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3481

Beitrag(#2147804) Verfasst am: 21.08.2018, 18:56    Titel: Antworten mit Zitat

Apropos Ontology of Race, damit die Frage nach der Existenz von Rassen vernünftig beantwortet werden kann, muss zunächst geklärt werden, was Rassen überhaupt sind. Laut Grimm'schem Wörterbuch ist eine Rasse eine Tier- oder Menschenart (was nicht dem streng biologischen Artbegriff entspricht, dem nach Rassen keine Arten = Spezies, sondern Unterarten = Subspezies sind), sodass man sich allgemeiner mit der Ontologie von Arten befassen muss. Es liegt hier ja eine Begriffsfamilie vor: Art, Gattung, Sorte, Spezies, Rasse, Typ.

Die Ontologie von Arten (Gattungen, Sorten, Spezies, Rassen, Typen):

1. Antirealismus: Es gibt keine Arten.

2. Realismus

2.1 reduktiver Realismus: Es gibt Arten und sie sind…
2.1.1 Objekte:
2.1.1.1 abstrakte: Mengen/Klassen (im logisch-mathematischen Sinn)
2.1.1.2 konkrete: Summen/Aggregate (im mereologischen Sinn)
2.1.1.2.1 Gruppen, Populationen (strukturierte Summen)
2.1.2 komplexe/strukturelle Attribute [Universalien] (Eigenschaftsfamilien/-gruppen, "property clusters"/"property structures")

2.2 nichtreduktiver Realismus: Es gibt Arten und sie sind fundamentale Entitäten: substanzielle Formen/Universalien ("Washeiten"/"Quidditäten" im platonisch-aristotelischen Sinn—im Gegensatz zu "Wieheiten"/Qualitäten [und auch Quantitäten] als nichtsubstanziellen Universalien)
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