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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#238609) Verfasst am: 05.01.2005, 20:18 Titel: |
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Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Dabei ist das letztlich genauso, wie wir uns darüber klar sein müssen, wann wir etwas als "rot" oder "böse" bezeichnen. | können wir das? Kennst Du den Unterschied zwischen 'Nacht' und 'Tag', wenn gerade Dämmerung ist? Wir sollten nur, wenn wir über etwas reden, dem wir Eigenschaften wie 'gut' oder 'rot' zuweisen, angeben können, was wir darunter verstehen. Das ist ein anderer Thread als 'da draußen gibt es etwas, das 'rot' oder 'böse' ist'. |
Das sehe ich zum Teil anders - auch wenn der Vergleich wie jeder nur unvollkommen ist. Ja, wir können (hinreichend genau) sagen, was wir unter "rot" oder "böse" verstehen. In dem Moment, wo wir erklären konnten, was rot von gelb differenziert, können wir Aussagen mit "rot" in einer Diskussion bewerten, z.B. kann ich gegen oder für die Aussage "dieses Auto ist rot" intersubjektiv nachvollziehbar argumentieren. Es kann auch sein, daß ein Begriff(spaar) eine Situation nicht hinreichend differenziert, z.B. "helle Farbe", das ändert aber im Prinzip nichts.
In unserem Fall werden ständig Aussagen über die Realität, die Welt usw. gemacht (jetzt mal ganz unabhängig vom Ontologiestreit), oder Fragen dazu gestellt. Gegen oder für diese Aussagen (bzw. die sinnvolle Teilmenge davon) kann man nur argumentieren, wenn man sich auf eine Differenzierung von "real" einigt, also eine Abgrenzung gegenüber "nicht real".
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Nur daß bei "real" die Wichtigkeit erst an den Grenzen der Welt auffällt, denn nur dort ist "real" nicht mehr trivial. | Ich wage die Vermutung, dass wir 'real' gar nicht definieren können. Und, ehrlich gesagt, auch gar nicht müssen, weil sich das ständig ändert. |
Wenn sich die Bedeutung von "real" ständig ändert, woher weißt Du dann, wie sie sich ändert? Nach welchen Kriterien ändert sie sich? Oder meinst Du, der Begriff sei so schwammig, daß man ihn gar nicht sinnvoll benutzen kann?
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Daher scheint mir das auch nicht so wichtig zu sein als die Einsicht in die Grenzen unserer Erkenntnis. |
Diesen Satz verstehe ich nicht. Die Grenzen der Erkenntnis stehen doch gar nicht als Alternative zur Diskussion.
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#238616) Verfasst am: 05.01.2005, 20:29 Titel: |
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modorok hat folgendes geschrieben: | Dann versuchs ich einmal. Alles was in irgendeiner Art und Weise den Beobachter der Realität direkt oder indirekt beeinflusst ist real. |
1. Du solltest "Realität" nicht in der Def. verwenden, sonst ist sie zirkulär. Denn natürlich ist etwas, das ich als real bezeichne, immer noch real, wenn ich es beobachte. Besser also:
"Alles was ... den Beobachter direkt oder indirekt beeinflusst, ist real".
2. Wie entscheidest Du mit Deiner Definition, ob die Person, die Du im Spiegel zu sehen meinst, eine reale Person ist?
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
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(#238646) Verfasst am: 05.01.2005, 21:39 Titel: |
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Hi step,
da hast Du Dir doch einige Mühen gemacht ... .
step hat folgendes geschrieben: | Lassen wir doch mal die Ontologie außenvor, meine Frage nach den Kriterien für Realität ist ja erstmal ganz unabhängig davon, wie absolut die Realität nun ist. Was führte z.B. dazu, daß man den Äther als nicht mehr real ansah, oder wie entscheidet Ihr, wenn jemand z.B. behauptet, virtuelle Teilchen oder das Innere schwarzer Löcher seien real?
Mein Vorschlag war:
step hat folgendes geschrieben: | Komplexität und Autonomie, "Wenn umfassende Berechnungen nötig sind, damit wir die Illusion haben, eine bestimmte Größe sei wirklich, dann bezeichnen wir diese Größe als wirklich." |
Bisher habe ich folgende Antworten erhalten:
[...]
All diese sind entweder keine Kriterien für Realität (sondern nur eine poetische Umschreibung oder sowas), oder ich kann i.a. als real angesehene Phänomene angeben, die sie widerlegen oder zumindest fragwürdig erscheinen lassen. Einige (z.B. Wygotsky, Lamarck) haben gar keine eigene Definition versucht, sondern nur auf Unstimmigkeiten in den Antworten anderer hingewiesen.
Es wundert mich, daß viele hier eine Philosophie verkünden, in der "Realität" eine wesentliche Rolle spielt, aber niemand sieht die Notwendigkeit, sich darüber klarzuwerden, wann genau wir etwas als real bezeichnen. Dabei ist das letztlich genauso, wie wir uns darüber klar sein müssen, wann wir etwas als "rot" oder "böse" bezeichnen. Nur daß bei "real" die Wichtigkeit erst an den Grenzen der Welt auffällt, denn nur dort ist "real" nicht mehr trivial. |
Der Realitätsbegriff ist nur für jemanden trivial, der sich keine Gedanken macht. Obwohl ich meine Ansichten hierzu schon durchaus reichlich in anderen Threads geäußert habe, hier nun eine komprimierte Definition von mir:
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Realität ist eine Illusion. Mit diesem Begriff ist der Kunstgriff des menschlichen Gehirns verbunden, um sich mittels gewisser Setzungen heuristisch betätigen zu können. Sozial und damit umgangssprachlich ist hiermit die Manifestation einer gewissen Autorität (= Subjektivität!) verknüpft ("Das ist die Realität!"; "Das ist nun mal so!"; "Du leidest wohl unter Realitätsverlust"; "Fakten, Fakten, Fakten!" etc.). Ein Prüfverfahren zur Unterscheidung des "realem" vom "irrealem" ist nicht möglich. Es verbleibt nur die (wiederum subjektive) Konsistenz der eigenen Argumentation. Auch wenn Realität eine Illusion ist, ist diese Positionierung gleichwohl nicht relativistisch, da die Konkretisierung der Illusion nicht willentlich produziert wird. |
Der Weltenäther war also bis zu dem Zeitpunkt "real", bis sich anderer Ansichten durchgesetzt haben. Nun gilt er aber als nicht mehr "real", sondern als Irrtum. Da sich dieses ad infinitum fortsetzen lässt, vermute ich, dass dies generell alle Ansichten betrifft; "Wahrheit" befindet sich damit im unendlichen und ist somit nicht letztgültig fassbar. Das betrifft selbstverständlich auch meine hier geäußerten Ansichten. Ontologie ist der Versuch, diese für manche unbefriedigende "Realität" zu umgehen, ist aber nur getarnte Heuristik. Was aber hier zählt, ist der allgemeine Zwang zu Organisation. Das lässt sich durchaus auch als Emergenz verstehen.
Cheers,
Lamarck
_________________ „Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)
„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.” (John Maynard Smith)
„Computers are to biology what mathematics is to physics.” (Harold Morowitz)
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#238655) Verfasst am: 05.01.2005, 21:59 Titel: |
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Hi Step,
ich habe mit einer Gegenfrage geantwortet, weil ich ungefähr so denke:
Wirklich ist das, von dem jemand behauptet, daß es wirklich ist.
Ich glaube aber, das ist was ganz anderes als die Frage danach was existiert, oder was Existenz überhaupt ist. Oder ob beispielsweise nur Objekten der Raumzeit die Eigenschaft „Existenz“ zugewiesen werden darf (ich geh davon aus, daß Du diese Meinung vertrittst).
Grüße
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#239103) Verfasst am: 06.01.2005, 21:39 Titel: |
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Hi step,
step hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Dabei ist das letztlich genauso, wie wir uns darüber klar sein müssen, wann wir etwas als "rot" oder "böse" bezeichnen. | können wir das? Kennst Du den Unterschied zwischen 'Nacht' und 'Tag', wenn gerade Dämmerung ist? Wir sollten nur, wenn wir über etwas reden, dem wir Eigenschaften wie 'gut' oder 'rot' zuweisen, angeben können, was wir darunter verstehen. Das ist ein anderer Thread als 'da draußen gibt es etwas, das 'rot' oder 'böse' ist'. |
Das sehe ich zum Teil anders - auch wenn der Vergleich wie jeder nur unvollkommen ist. Ja, wir können (hinreichend genau) sagen, was wir unter "rot" oder "böse" verstehen.
In dem Moment, wo wir erklären konnten, was rot von gelb differenziert, können wir Aussagen mit "rot" in einer Diskussion bewerten, z.B. kann ich gegen oder für die Aussage "dieses Auto ist rot" intersubjektiv nachvollziehbar argumentieren. Es kann auch sein, daß ein Begriff(spaar) eine Situation nicht hinreichend differenziert, z.B. "helle Farbe", das ändert aber im Prinzip nichts. |
ich stimme mir Dir zwar überein, aber das war eigentlich nicht mein Punkt (kann sein, dass ich mich unklar ausgedrückt habe, kann sein, dass ich an Dir vorbei geredet habe). Ich hoffe, dass das weiter unten klarer wird.
step hat folgendes geschrieben: | In unserem Fall werden ständig Aussagen über die Realität, die Welt usw. gemacht (jetzt mal ganz unabhängig vom Ontologiestreit), oder Fragen dazu gestellt. Gegen oder für diese Aussagen (bzw. die sinnvolle Teilmenge davon) kann man nur argumentieren, wenn man sich auf eine Differenzierung von "real" einigt, also eine Abgrenzung gegenüber "nicht real". |
ACK, aber s.u.
step hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Nur daß bei "real" die Wichtigkeit erst an den Grenzen der Welt auffällt, denn nur dort ist "real" nicht mehr trivial. | Ich wage die Vermutung, dass wir 'real' gar nicht definieren können. Und, ehrlich gesagt, auch gar nicht müssen, weil sich das ständig ändert. |
Wenn sich die Bedeutung von "real" ständig ändert, woher weißt Du dann, wie sie sich ändert? |
Vermutlich war mein Fehler, nicht zwischen der _Definition_ und der _Attribuierung_ von 'real' zu unterscheiden. Kann sein, dass wir dasselbe schon mit 'wahr' hatten. Ich sehe kein Problem darin, den _Begriff_ zu definieren, aber ich sehe keine Möglichkeit, eine wahre Aussage _als_ wahr zu erkennen. Ähnliche Probleme habe ich mit 'real'.
step hat folgendes geschrieben: | Nach welchen Kriterien ändert sie sich? |
Keine Ahnung. Ich konstatiere nur, dass es Entitäten 'gab', die es irgendwann nicht mehr 'gab', beispielsweise Äther oder Protoplasma (sensu Haeckel).
step hat folgendes geschrieben: | Oder meinst Du, der Begriff sei so schwammig, daß man ihn gar nicht sinnvoll benutzen kann? |
Der _Begriff_ ist nicht schwammig, nur die _Anwendung_. Streng genommen müsstest Du wahre Aussagen über Sachverhalte machen können, um etwas als 'real' zu klassifizieren. Da AFAIK außerhalb formaler Systeme (und möglicherweise historischer Sachverhalte) noch keiner zeigen konnte, _dass_ etwas wahr ist, sehe ich hier ein Problem.
Recht anschaulich, wenn auch nicht ganz meiner Auffassung entsprechend, hat Mahner das in
Mahner, M. (2004) 'Stichwort: Wahrheit' Naturwissenschaftliche Rundschau 57 (11):645-646
dargestellt.
step hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Daher scheint mir das auch nicht so wichtig zu sein als die Einsicht in die Grenzen unserer Erkenntnis. |
Diesen Satz verstehe ich nicht. Die Grenzen der Erkenntnis stehen doch gar nicht als Alternative zur Diskussion. |
Wenn ich mich richtig erinnere, stand Deine Definition von 'real' zur Diskussion. Ich muss, ehrlich gesagt, zugeben, dass mir nicht klar geworden ist, ob Du diese Definition heuristisch oder ontisch verstehst. Aus irgendwelchen Gründen habe ich damals nicht mitdiskutiert, vielleicht sollten wir das nachholen.
Grüßle
Thomas
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#239137) Verfasst am: 06.01.2005, 22:35 Titel: |
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Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Vermutlich war mein Fehler, nicht zwischen der _Definition_ und der _Attribuierung_ von 'real' zu unterscheiden. |
Das schien mir auch so.
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Kann sein, dass wir dasselbe schon mit 'wahr' hatten. Ich sehe kein Problem darin, den _Begriff_ zu definieren, aber ich sehe keine Möglichkeit, eine wahre Aussage _als_ wahr zu erkennen. Ähnliche Probleme habe ich mit 'real'. |
Aber Du weist (als hyp. Realist, ebenso wie ich) bestimmten Objekten dennoch das (in Deinem Sinne heuristische) Attribut "real" zu, anderen wiederum "nicht real", "Illusion" oder was auch immer. Offensichtlich weil sie bestimmte Kriterien erfüllen. Welche?
Einfache Geister geben häufig zu enge Kriterien an, etwa "kann ich sehen" oder "Energie".
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Nach welchen Kriterien ändert sie sich? | Keine Ahnung. Ich konstatiere nur, dass es Entitäten 'gab', die es irgendwann nicht mehr 'gab', beispielsweise Äther oder Protoplasma (sensu Haeckel). |
Was hat dazu geführt, daß es den Äther plötzlich nicht mehr "gab"? Irgendein Kriterium galt nicht mehr. Es wundert mich, daß Dich so wenig interessiert, welches genau das gewesen ist - oder für Dich heute in einem solchen Fall wäre.
[...]
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Wenn ich mich richtig erinnere, stand Deine Definition von 'real' zur Diskussion. Ich muss, ehrlich gesagt, zugeben, dass mir nicht klar geworden ist, ob Du diese Definition heuristisch oder ontisch verstehst. |
Bei mir immer nur heuristisch . Wie ich bereits erklärt habe, ist die Frage nach Kriterien der Wirklichkeit aber ziemlich unabhängig von unserem Ontologiestreit.
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#239314) Verfasst am: 07.01.2005, 09:35 Titel: |
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Hi step,
[ ... ]
step hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Kann sein, dass wir dasselbe schon mit 'wahr' hatten. Ich sehe kein Problem darin, den _Begriff_ zu definieren, aber ich sehe keine Möglichkeit, eine wahre Aussage _als_ wahr zu erkennen. Ähnliche Probleme habe ich mit 'real'. |
Aber Du weist (als hyp. Realist, ebenso wie ich) bestimmten Objekten dennoch das (in Deinem Sinne heuristische) Attribut "real" zu, anderen wiederum "nicht real", "Illusion" oder was auch immer. Offensichtlich weil sie bestimmte Kriterien erfüllen. Welche? |
vermutlich soziologische (die der 'scientific community'). Ich vermute, dass man gar keine strengen Kriterien aufstellen kann. Das liegt daran, dass es 'da draußen', wie schon ein 'Klassiker' sagte, 'Atome und leeren Raum' gibt, der Rest aber 'Meinung' sei. Das heißt, dass wir diese 'Welt' erst begrifflich strukturieren (müssen?). Hier liegt natürlich immer ein Problem, dass wir auch reifizieren. 'Gibt' es eine 'Schwerkraft' wie es einen 'Stein' gibt? 'Gibt' es Planeten oder nur Materie, die um andere kreist?
Wenn sich die Bilder ändern, ändert sich auch das 'Inventar' an dem, was es 'gibt' (AKA Ontologie im Sinne von Mahner / Bunge). Daher scheinen mir keine Kriterien für 'real' angebbar.
step hat folgendes geschrieben: | Einfache Geister geben häufig zu enge Kriterien an, etwa "kann ich sehen" oder "Energie". |
Das ist nun wirklich zu einfach.
step hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Nach welchen Kriterien ändert sie sich? | Keine Ahnung. Ich konstatiere nur, dass es Entitäten 'gab', die es irgendwann nicht mehr 'gab', beispielsweise Äther oder Protoplasma (sensu Haeckel). |
Was hat dazu geführt, daß es den Äther plötzlich nicht mehr "gab"? Irgendein Kriterium galt nicht mehr. Es wundert mich, daß Dich so wenig interessiert, welches genau das gewesen ist - oder für Dich heute in einem solchen Fall wäre. |
Hmmm, kennst Du
Collins, H.; Pinch, T. (1999) 'Der Golem der Forschung. Wie unsere Wissenschaft die Natur erfindet' Berlin, Berlin
Darin wird recht anschaulich (S. 39ff und auch sehr ausführlich aufgrund der Diskussion, die losgetreten wurde, im Nachwort) geschildert, welche Probleme eigentlich hinter dem Michelson-Morley-Experiment und anderen Experimenten, die die Relativitätstheorie beweisen sollten, standen. Sehr interessant sind auch die dort angegebenen Unterschiede im Denken von Physikern und anderen Wissenschaftlern. Sehr anschaulich hat das Mermin (S. 190) formuliert.
Wenn Du das Buch haben solltest, wäre das möglicherweise ein sehr guter Aufhänger, um unsere grundlegenden weltanschaulichen Differenzen zu klären. Ich kann Dir gerne ein paar Passagen mailen.
[...]
step hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Wenn ich mich richtig erinnere, stand Deine Definition von 'real' zur Diskussion. Ich muss, ehrlich gesagt, zugeben, dass mir nicht klar geworden ist, ob Du diese Definition heuristisch oder ontisch verstehst. |
Bei mir immer nur heuristisch ;-) . Wie ich bereits erklärt habe, ist die Frage nach Kriterien der Wirklichkeit aber ziemlich unabhängig von unserem Ontologiestreit. |
Ich bin mir sicher, dass das nicht der Fall ist. Aber ich muss mir den Beginn des Threads erst noch genauer durchlesen, weil mir Deine Definition bisher eher unverständlich ist. Es macht keinen Sinn, sie auf Systeme anzuwenden, die ich kenne.
Grüßle
Thomas
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#239409) Verfasst am: 07.01.2005, 12:59 Titel: |
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Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | ... Aber Du weist (als hyp. Realist, ebenso wie ich) bestimmten Objekten dennoch das (in Deinem Sinne heuristische) Attribut "real" zu, anderen wiederum "nicht real", "Illusion" oder was auch immer. Offensichtlich weil sie bestimmte Kriterien erfüllen. Welche? | vermutlich soziologische (die der 'scientific community'). Ich vermute, dass man gar keine strengen Kriterien aufstellen kann. Das liegt daran, dass es 'da draußen', wie schon ein 'Klassiker' sagte, 'Atome und leeren Raum' gibt, der Rest aber 'Meinung' sei. Das heißt, dass wir diese 'Welt' erst begrifflich strukturieren (müssen?). Hier liegt natürlich immer ein Problem, dass wir auch reifizieren. 'Gibt' es eine 'Schwerkraft' wie es einen 'Stein' gibt? 'Gibt' es Planeten oder nur Materie, die um andere kreist? |
Genau, wir reifizieren munter, machen uns aber über die Bedingungen dafür kaum Gedanken. Meiner Ansicht nach macht es für unsere Modelle der "normalen" Welt Sinn, auch emergente Phänomene zu reifizieren. Wenn man z.B. einen Organismus auf emergenter Ebene beschreibt etwa im Rahmen der Soziobiologie), so ist er legitim "real", weil er bzgl. der Soziobiologie die Kriterien von Komplexität und Autonomie erfüllt. Wenn man ihn allerdings reduziert, sind diese Kriterien nicht mehr o.w. erfüllt, bzw. sind nur noch für seine Bestandteile und deren Wechselwirkungen erfüllt. Für die meisten biologischen - und selbst für die meisten physikalischen - Phänomene braucht man solche Kriterien nicht, weil die Reifizierung sich nahezu trivial aus der Anschauung ergibt. Interessant wird es in den Bereichen, wo die Anschauung nicht mehr trivial mit Komplexität und Autonomie korreliert, etwa in der QM oder exotischen Raumzeitbereichen. Der Soziologe könnte im Prinzip drauf pfeifen, aber sobald man versucht, Aussagen oder Fragen zu formulieren, die seinen Bereich überschreiten (also z.B. Aussagen über Welt, Determinismus, VR/Simulation, oder auch philosophische Interpretationen der QM), muß man sich mE diesen Fragen stellen, oder man produziert Quatsch.
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Wenn sich die Bilder ändern, ändert sich auch das 'Inventar' an dem, was es 'gibt' (AKA Ontologie im Sinne von Mahner / Bunge). |
Ja klar. Und zwar weil eine verbesserte Theorie die Bewertung von Komplexität und Autonomie verschiebt.
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Daher scheinen mir keine Kriterien für 'real' angebbar. |
Wieso? Daraus folgt doch nur, daß die Bewertung anhand der Kriterien sich nach dem Stand der Wissenschaft ändert. Aber das wissen wir ja eh. Die Kriterien geben uns also eine Art Handhabe, die Realität nach der derzeit besten Theorie zu beurteilen, und offenbaren darüberhinaus etwas über die Hintergründe der Tatsache, daß wir sinnvoll reifizieren können, sagen also etwas über die Welt aus.
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Was hat dazu geführt, daß es den Äther plötzlich nicht mehr "gab"? Irgendein Kriterium galt nicht mehr. Es wundert mich, daß Dich so wenig interessiert, welches genau das gewesen ist - oder für Dich heute in einem solchen Fall wäre. | Hmmm, kennst Du
Collins, H.; Pinch, T. (1999) 'Der Golem der Forschung. Wie unsere Wissenschaft die Natur erfindet' Berlin, Berlin
Darin wird recht anschaulich (S. 39ff und auch sehr ausführlich aufgrund der Diskussion, die losgetreten wurde, im Nachwort) geschildert, welche Probleme eigentlich hinter dem Michelson-Morley-Experiment und anderen Experimenten, die die Relativitätstheorie beweisen sollten, standen. Sehr interessant sind auch die dort angegebenen Unterschiede im Denken von Physikern und anderen Wissenschaftlern. Sehr anschaulich hat das Mermin (S. 190) formuliert.
Wenn Du das Buch haben solltest, wäre das möglicherweise ein sehr guter Aufhänger, um unsere grundlegenden weltanschaulichen Differenzen zu klären. Ich kann Dir gerne ein paar Passagen mailen. |
Nee, hab ich nicht. Wenn Du es mailen kannst, lese ich es gerne. Habe aber über das MME sonst schon einiges gelesen.
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Es macht keinen Sinn, [die Definition] auf Systeme anzuwenden, die ich kenne. |
Wie gesagt, interessant wird diese Thematik erst, wenn unsere Realität "ausfranst".
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#239905) Verfasst am: 08.01.2005, 11:22 Titel: |
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Hi step,
step hat folgendes geschrieben: | Genau, wir reifizieren munter, machen uns aber über die Bedingungen dafür kaum Gedanken. Meiner Ansicht nach macht es für unsere Modelle der "normalen" Welt Sinn, auch emergente Phänomene zu reifizieren. Wenn man z.B. einen Organismus auf emergenter Ebene beschreibt etwa im Rahmen der Soziobiologie), |
das verstehe ich nicht. Was bedeutet 'Beschreibung auf emergenter Ebene'?
step hat folgendes geschrieben: | so ist er legitim "real", weil er bzgl. der Soziobiologie die Kriterien von Komplexität und Autonomie erfüllt. |
Dann könntest Du auch 'Gott' so als real bezeichnen. Er ist dann ein emergentes Mem, gewaltig komplex und autonom.
step hat folgendes geschrieben: | Wenn man ihn allerdings reduziert, sind diese Kriterien nicht mehr o.w. erfüllt, bzw. sind nur noch für seine Bestandteile und deren Wechselwirkungen erfüllt. |
Dann ist es aber kein _Organismus_ mehr, sondern nur ein Haufen Elementarteilchen.
step hat folgendes geschrieben: | Für die meisten biologischen - und selbst für die meisten physikalischen - Phänomene braucht man solche Kriterien nicht, weil die Reifizierung sich nahezu trivial aus der Anschauung ergibt. Interessant wird es in den Bereichen, wo die Anschauung nicht mehr trivial mit Komplexität und Autonomie korreliert, etwa in der QM oder exotischen Raumzeitbereichen. Der Soziologe könnte im Prinzip drauf pfeifen, aber sobald man versucht, Aussagen oder Fragen zu formulieren, die seinen Bereich überschreiten (also z.B. Aussagen über Welt, Determinismus, VR/Simulation, oder auch philosophische Interpretationen der QM), muß man sich mE diesen Fragen stellen, oder man produziert Quatsch. |
Vermutlich muss ich doch noch näher nachlesen, was Du unter 'Autonomie' und 'Komplexität' verstehst. Irgendwie macht das für mich noch keinen Sinn. In den von Dir genannten Bereichen hast Du nur noch Modelle, weil Dir die Anschauung fehlt. Vermutlich ist hier 'real' kein Attribut, das man sinnvoll auf ein System anwenden kann.
step hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Wenn sich die Bilder ändern, ändert sich auch das 'Inventar' an dem, was es 'gibt' (AKA Ontologie im Sinne von Mahner / Bunge). |
Ja klar. Und zwar weil eine verbesserte Theorie die Bewertung von Komplexität und Autonomie verschiebt. |
Den Zusammenhang kann ich nicht erkennen.
step hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Daher scheinen mir keine Kriterien für 'real' angebbar. |
Wieso? Daraus folgt doch nur, daß die Bewertung anhand der Kriterien sich nach dem Stand der Wissenschaft ändert. Aber das wissen wir ja eh. Die Kriterien geben uns also eine Art Handhabe, die Realität nach der derzeit besten Theorie zu beurteilen, und offenbaren darüberhinaus etwas über die Hintergründe der Tatsache, daß wir sinnvoll reifizieren können, sagen also etwas über die Welt aus. |
Das kann ich beim besten Wille nicht nachvollziehen. Du sagst nur etwas darüber aus, ob Modelle funktionieren, in dem Sinne, dass sie nicht scheitern. Was Du so über das 'Sein des Seienden' (AKA 'Welt an sich') aussagen kannst, scheint mir nicht viel zu sein. Solange der Solipsismus nicht widerlegt ist, nicht einmal, dass es eine derartige Welt überhaupt gibt.
[ ... ]
step hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Es macht keinen Sinn, [die Definition] auf Systeme anzuwenden, die ich kenne. |
Wie gesagt, interessant wird diese Thematik erst, wenn unsere Realität "ausfranst". |
Nein, interessant war sie schon immer (schon die alten Griechen und vermutlich auch schon Menschen vor denen, die entweder nicht schreiben konnten oder die man nicht mehr kennt) haben sich darüber Gedanken gemacht. Und, ehrlich gesagt, so viel weiter als die Menschen damals sind wir auch nicht. Wir können vielleicht besser begründen, warum wir nichts wissen.
Klar ist natürlich, dass das 'Ausfransen' ganz gewaltig die Menschen mit der Nase auf derartige Probleme gestoßen hat, die meinten, mit der Baconschen Methode genau diese Probleme nicht zu haben. Und es ist kein Zufall, dass die Wissenschaftstheorie als Disziplin entstand, als die Quantenmechanik den Menschen zeigte, dass unsere Denke an Grenzen gerät, wenn man Systeme betrachtet, auf Umgang mit denen unsere Schwabbelware nicht in Jahrmillionen Evolution feingetunt und verdrahtet wurde. Blöderweise waren (und sind) die meisten Wissenschaftstheoretiker Physiker. Biologen kommen mit dieser Denke oft nicht besonders klar.
Grüßle
Thomas
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#239924) Verfasst am: 08.01.2005, 12:18 Titel: |
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Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Meiner Ansicht nach macht es für unsere Modelle der "normalen" Welt Sinn, auch emergente Phänomene zu reifizieren. Wenn man z.B. einen Organismus auf emergenter Ebene beschreibt (etwa im Rahmen der Soziobiologie), ... | das verstehe ich nicht. Was bedeutet 'Beschreibung auf emergenter Ebene'? |
Man modelliert z.B. die sozialen Beziehungen zwischen Organismen, die selbst als "Atome" vorausgesetzt werden.
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | ... so ist er legitim "real", weil er bzgl. der Soziobiologie die Kriterien von Komplexität und Autonomie erfüllt. | Dann könntest Du auch 'Gott' so als real bezeichnen. Er ist dann ein emergentes Mem, gewaltig komplex und autonom. |
Nein, er ist weder komplex noch autonom auf irgendeiner Ebene, denn keine Theorie, die ihn beinhaltet, kann etwas voraussagen. Deswegen benötige ich keinen Rechenaufwand, um ihn zu simulieren. AKA "Gottes Wege sind unergründlich".
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Wenn man ihn allerdings reduziert, sind diese Kriterien nicht mehr o.w. erfüllt, bzw. sind nur noch für seine Bestandteile und deren Wechselwirkungen erfüllt. | Dann ist es aber kein _Organismus_ mehr, sondern nur ein Haufen Elementarteilchen. |
Ja, wenn auch mit Wechselwirkungen / Anordnungen, die es nahelegen, einen emergenten "Organismus" zu definieren.
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | In den von Dir genannten Bereichen hast Du nur noch Modelle, weil Dir die Anschauung fehlt. |
Ich habe immer nur Modelle, auch die "Anschauung" in der Biologie ist nur modellhaft. Es ist kein prinzipieller Unterschied, ob ich von Zellen oder Photonen spreche. Beide erfüllen auf ihrer Ebene gleichermaßen die Realitätskriterien.
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Vermutlich ist hier 'real' kein Attribut, das man sinnvoll auf ein System anwenden kann. |
Es sei denn, man definiert entsprechende Kriterien. Wenn man das aber nicht tut, muß man mit Aussagen unfd Fragen über "Realität", "Welt" usw. sehr vorsichtig werden. Ich denke nicht, daß wir das durchhalten.
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Daher scheinen mir keine Kriterien für 'real' angebbar. |
Wieso? Daraus folgt doch nur, daß die Bewertung anhand der Kriterien sich nach dem Stand der Wissenschaft ändert. Aber das wissen wir ja eh. Die Kriterien geben uns also eine Art Handhabe, die Realität nach der derzeit besten Theorie zu beurteilen, und offenbaren darüberhinaus etwas über die Hintergründe der Tatsache, daß wir sinnvoll reifizieren können, sagen also etwas über die Welt aus. | Das kann ich beim besten Wille nicht nachvollziehen. Du sagst nur etwas darüber aus, ob Modelle funktionieren, in dem Sinne, dass sie nicht scheitern. |
Ja, dem würde ich zustimmen.
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Was Du so über das 'Sein des Seienden' (AKA 'Welt an sich') aussagen kannst, scheint mir nicht viel zu sein. |
Richtig, ich mache keinerlei ontologische Aussage
Der Witz ist, daß mit meinen (oder auch anderen) Kriterien für Realität der Begriff "Wirklichkeit" - und auch das Wissen über die Funktionsweise des Für-wirklich-haltens - heuristisch werden kann, also zu einem Teil der Wissenschaft. Ähnlich wie es beispielsweise mit "Bewußtsein" oder "Leben" schon geschehen ist.
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#239929) Verfasst am: 08.01.2005, 12:31 Titel: |
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Hi step,
[ ... ]
meine Antwort wird ein Weilchen dauern. Es macht keinen Sinn, etwas über Deinen Ansatz zu sagen, bevor ich den Anfang des Threads gelesen habe.
Bis denne,
Grüßle
Thomas
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#241401) Verfasst am: 10.01.2005, 11:32 Titel: |
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Hi Step,
[...]
step hat folgendes geschrieben: | Aber Du weist (als hyp. Realist, ebenso wie ich) bestimmten Objekten dennoch das (in Deinem Sinne heuristische) Attribut "real" zu, anderen wiederum "nicht real", "Illusion" oder was auch immer. Offensichtlich weil sie bestimmte Kriterien erfüllen. Welche?
Einfache Geister geben häufig zu enge Kriterien an, etwa "kann ich sehen" oder "Energie". |
Nur am Rande: Bunge und Mahner sehen den Besitz von Energie als die einzige universelle Eigenschaft von (realen) Dingen (= Entitäten) an! Dabei wird Energie als die Fähigkeit eines Dings definiert, von einem Zustand in einen anderen überzugehen. Angesichts der Tatsache, daß sich alle Dinge dynamisch verhalten, sollte man also vorsichtig damit sein, den Besitz von Energie vorschnell als einfältiges Kriterium zu bezeichnen. Es sei denn, Du kannst mir (hypothetisch) reale Dinge nennen, die nicht veränderbar sind bzw. keine Zustandsänderung durchmachen können. Oder anders herum: Nenn' mir ein abstraktes Objekt, das Energie besitzt bzw. veränderbar ist. Ergo: Real ist nur, was Energie besitzt.
Eine andere Frage ist natürlich, wie man ein postuliertes (veränderliches) Ding erkennt bzw. mit welchem Grade der Sicherheit man annehmen kann, daß ein theoretisches Konstrukt auch eine reale (ontologische) Entsprechung hat. Hier stehen den Realwissenschaftlern eine Reihe von (natürlich hypothetischen) "Wahrheitskriterien" zur Verfügung, wie z.B. empirische Adäquatheit, externe Konsistenz u. dgl. - aber das ist, wie gesagt, ein anderer Thread.
Grüße
Martin
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#241743) Verfasst am: 10.01.2005, 21:47 Titel: |
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Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Es sei denn, Du kannst mir (hypothetisch) reale Dinge nennen, die nicht veränderbar sind bzw. keine Zustandsänderung durchmachen können. |
Veränderung bedeutet, daß etwas zu einem bestimmten Zeitpunkt anders ist als zu einem anderen Zeitpunkt. Die Definition gilt also nur für Teile der Welt, die in der Raumzeit auf bestimmte Weise eingebettet sind, also z.B. nicht für die Zeit selbst oder im Bereich unterhalb der Planck-Zeit.
Zudem: was heißt "sich verändern"? Heißt es sich sichtbar/meßbar verändern?
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Oder anders herum: Nenn' mir ein abstraktes Objekt, das Energie besitzt bzw. veränderbar ist. |
Das Spiegelbild oder der Traum von einer Person sind veränderbar, aber - so vermuten wir - keine reale Personen. Die "schattenhaften" Photonen in der multiversalen Beschreibung des Doppelspaltversuchs wechselwirken, aber sind sie real? Virtuelle Teilchenpaare? Das Alter der Erde verändert sich, aber ist es real?
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Eine andere Frage ist natürlich, wie man ein postuliertes (veränderliches) Ding erkennt bzw. mit welchem Grade der Sicherheit man annehmen kann, daß ein theoretisches Konstrukt auch eine reale ... Entsprechung hat. |
Eigentlich ging mein thread eher in diese Richtung, also nach welchen Kriterien unterschiede ich Realität von z.B. Virtualität oder Illusion.
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Hier stehen den Realwissenschaftlern eine Reihe von (natürlich hypothetischen) "Wahrheitskriterien" zur Verfügung, wie z.B. empirische Adäquatheit, externe Konsistenz u. dgl. |
Klingt interessant.
gruß/step
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Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
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(#242046) Verfasst am: 11.01.2005, 03:33 Titel: |
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Hi Martin,
na, schon wieder frisch?
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Aber Du weist (als hyp. Realist, ebenso wie ich) bestimmten Objekten dennoch das (in Deinem Sinne heuristische) Attribut "real" zu, anderen wiederum "nicht real", "Illusion" oder was auch immer. Offensichtlich weil sie bestimmte Kriterien erfüllen. Welche?
Einfache Geister geben häufig zu enge Kriterien an, etwa "kann ich sehen" oder "Energie". |
Nur am Rande: Bunge und Mahner sehen den Besitz von Energie als die einzige universelle Eigenschaft von (realen) Dingen (= Entitäten) an! Dabei wird Energie als die Fähigkeit eines Dings definiert, von einem Zustand in einen anderen überzugehen. Angesichts der Tatsache, daß sich alle Dinge dynamisch verhalten, sollte man also vorsichtig damit sein, den Besitz von Energie vorschnell als einfältiges Kriterium zu bezeichnen. Es sei denn, Du kannst mir (hypothetisch) reale Dinge nennen, die nicht veränderbar sind bzw. keine Zustandsänderung durchmachen können. Oder anders herum: Nenn' mir ein abstraktes Objekt, das Energie besitzt bzw. veränderbar ist. Ergo: Real ist nur, was Energie besitzt.
Eine andere Frage ist natürlich, wie man ein postuliertes (veränderliches) Ding erkennt bzw. mit welchem Grade der Sicherheit man annehmen kann, daß ein theoretisches Konstrukt auch eine reale (ontologische) Entsprechung hat. Hier stehen den Realwissenschaftlern eine Reihe von (natürlich hypothetischen) "Wahrheitskriterien" zur Verfügung, wie z.B. empirische Adäquatheit, externe Konsistenz u. dgl. - aber das ist, wie gesagt, ein anderer Thread. |
Ich habe doch da ein klein wenig anderes Physik-Verständnis, als Bunge und Mahner hier oder auch an anderer Stelle verlauten lassen. Wenn der Welle-Teilchen-Dualismus gilt, dann lässt sich auch das Atom u. a. als stehende Welle auffassen. Woran soll nun der Energiebegriff festgemacht werden? Und leicht lässt sich sagen: "Alles was ist, ist Energie." Was wird dann aber aus den Dingen?
Das die Zustände von Dingen sich nun verändern können ("Dynamik" ist hierfür eine arg ungünstige Bezeichnung) liegt auf der Hand: Was sind denn das anderes als Eigenschaften? Die Ziel-Relation ist das, was sich hier nicht ändert. Aber auch das sind nur begriffliche Zuordnungen. Das Konstrukt "Bezugspunkt zur Eigenschaft" nennst Du halt nur einfach "Ding" bzw. Repräsentation von "Realität". Was hier als "Dinge" bezeichnet werden, sind allerdings nur Begriffe. Begriffe müssen nun aber einigermaßen statisch sein, den sie beruhen letztlich auf subjektiven Konventionen. Ein Tisch ist ein Tisch, selbst wenn er in Deinem Sinne "irreal" oder "virtuell" ist. Und was Du hier Ontologie nennst, ist genaugenommen der Kontext. Also:
{Kontext {Ding, Eigenschaft}} ∈ Konstrukt
Cheers,
Lamarck
_________________ „Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)
„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.” (John Maynard Smith)
„Computers are to biology what mathematics is to physics.” (Harold Morowitz)
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#242362) Verfasst am: 11.01.2005, 18:27 Titel: |
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Hi Step,
step hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Es sei denn, Du kannst mir (hypothetisch) reale Dinge nennen, die nicht veränderbar sind bzw. keine Zustandsänderung durchmachen können. |
Veränderung bedeutet, daß etwas zu einem bestimmten Zeitpunkt anders ist als zu einem anderen Zeitpunkt. Die Definition gilt also nur für Teile der Welt, die in der Raumzeit auf bestimmte Weise eingebettet sind, also z.B. nicht für die Zeit selbst oder im Bereich unterhalb der Planck-Zeit. |
Den Einwand hatte ich schon erwartet.
Nach meinem Dafürhalten enhält Dein Argument eine ontologische Mißformulierung: Dinge sind nicht in die Raumzeit eingebettet, weil Raum und Zeit keine autonome Existenz haben. Vielmehr konstituieren sich aus den Dingen. Ohne veränderliche Objekte gäbe es weder Raum noch Zeit. Daher ist Zeit selbstverständlich ebenso wenig eine Entität wie der Raum.
Step hat folgendes geschrieben: | Zudem: was heißt "sich verändern"? Heißt es sich sichtbar/meßbar verändern? |
Jein. Dinge verändern sich, wenn sich der Wert einiger ihrer Eigenschaften (z.B. Form, Farbe, Masse, Zusammensetzung usw.) verändert. Graphisch läßt sich dies als Kurve im Zustandsraum darstellen. Näheres dazu wie gesagt in:
Bunge, M.; Mahner, M. (2004): Über die Natur der Dinge. Materialismus und Wissenschaft
Step hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Oder anders herum: Nenn' mir ein abstraktes Objekt, das Energie besitzt bzw. veränderbar ist. |
Das Spiegelbild oder der Traum von einer Person sind veränderbar, aber - so vermuten wir - keine reale Personen. |
Stimmt, weil Spiegelbilder und Träume nicht veränderlich sind. Andernfalls müßten sie ja substanzielle Eigenschaften besitzen, was nicht der Fall ist. Veränderlich sind auch in diesem Fall nur die materiellen Substrate (sprich: gespiegelte Personen oder das träumende Gehirn). In einer Welt ohne Gehirne gibt es mit anderen Worten keine Träume und in einer Welt ohne Dinge keine Spiegelbilder.
Step hat folgendes geschrieben: | [quote=“Die "schattenhaften" Photonen in der multiversalen Beschreibung des Doppelspaltversuchs wechselwirken, aber sind sie real? Virtuelle Teilchenpaare? |
Natürlich. Auch Photonen und Quasi-Teilchen haben Eigenschaften, deren Werte sich ändern können.
Step hat folgendes geschrieben: | Das Alter der Erde verändert sich, aber ist es real? |
Auch das ist aus Sicht des Materialismus eine ontologische Mißformulierung: Was sind verändert, ist ja nicht das Alter selbst, sondern der Wert des Alters. Andernfalls müßte es so etwas wie eine konkrete, unabhängig von den Dingen existierende „Alters-Entität“ geben. „Alter“ ist hingegen lediglich eine Eigenschaft (z.B. der Erde) und als solche nur begrifflich von den Dingen abstrahierbar. Und wie alle Abstrakta, so hat auch das Alter keinen (verändlichen) Zustand. So läßt sich z.B. auch nicht behaupten, daß sich aus der Zahl 3 durch Wachstum die Zahl 4 entwickelt.
Step hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Eine andere Frage ist natürlich, wie man ein postuliertes (veränderliches) Ding erkennt bzw. mit welchem Grade der Sicherheit man annehmen kann, daß ein theoretisches Konstrukt auch eine reale ... Entsprechung hat. |
Eigentlich ging mein thread eher in diese Richtung, also nach welchen Kriterien unterschiede ich Realität von z.B. Virtualität oder Illusion. |
Dazu braucht man, wie gesagt, methodologische Kriterien.
Grüße
Martin
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#242384) Verfasst am: 11.01.2005, 18:48 Titel: |
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Hi Lamarck,
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Ich habe doch da ein klein wenig anderes Physik-Verständnis, als Bunge und Mahner hier oder auch an anderer Stelle verlauten lassen. Wenn der Welle-Teilchen-Dualismus gilt, dann lässt sich auch das Atom u. a. als stehende Welle auffassen. Woran soll nun der Energiebegriff festgemacht werden? |
Nun, auch einer stehenden Welle kann man substanzielle Eigenschaften zuordnen, wie z.B. eine de-Broglische Wellenlänge, einen Bahndrehimpuls, Spin etc., deren Werte sich ändern können. Demnach kann eine stehende Welle verschiedene (Energie-)Zustände haben.
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Und leicht lässt sich sagen: "Alles was ist, ist Energie." Was wird dann aber aus den Dingen? |
Nein, nach meinem Verständnis ist Energie keine Substanz, sondern eine Eigenschaft von (materiellen) Substanzen – genauso wie Masse, Form etc. In meinen Augen gibt es somit keine Energie ohne dazugehöriges, materielles Ding.
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Das die Zustände von Dingen sich nun verändern können ("Dynamik" ist hierfür eine arg ungünstige Bezeichnung) liegt auf der Hand: Was sind denn das anderes als Eigenschaften? |
Heißt das, Du vertrittst Dinge als Eigenschaften? Dies wäre insofern problematisch, als Eigenschaften (als Abstrakta) gar keinen Zustand haben und demzufolge auch nicht verändlich sind. Hier gilt das, was ich Step schon geschrieben habe: Ein begrifflicher Gegenstand (wie z.B. die Zahl 3) wird nicht dadurch zu einem anderen, indem man ihn durch einen anderen (z.B. die Zahl 4) ersetzt.
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Die Ziel-Relation ist das, was sich hier nicht ändert. |
Was verstehst Du unter einer "Ziel-Relation"?
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Aber auch das sind nur begriffliche Zuordnungen. Das Konstrukt "Bezugspunkt zur Eigenschaft" nennst Du halt nur einfach "Ding" bzw. Repräsentation von "Realität". |
So ungefähr. Bloß gehe ich eben davon aus, daß das theoretische Konstrukt "Bezugspunkt zur Eigenschaft" eine ontologische Entsprechung hat (siehe unten). Schließlich muß es irgend etwas geben, an dem das Konstrukt scheitert oder sich bewährt - aber das hatten wir schon.
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Was hier als "Dinge" bezeichnet werden, sind allerdings nur Begriffe. |
Das gilt aber nur für den radikalen Konstruktivisten, nicht so für den Materialisten. Wie gesagt: aus meiner Sicht repräsentieren viele (nicht alle) theoretischen Begriffe auch ontische Bezugsobjekte („Dinge“, „Entitäten“), die selbst keine begrifflichen (abstrakten) Objekte sind.
Welche Begriffe eine Entität beschreiben und welche nicht, läßt sich natürlich nur mutmaßen - genauer: theoretisch (mithilfe axiologischer Prinzipien) erschließen. Wie Du ja weißt, sehe ich letzteres als das eigentliche Ziel der empirischen (Real-)Wissenschaften an – auch auf die Gefahr hin, daß Du dies wieder als unerlaubten Zirkel wertest.
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Begriffe müssen nun aber einigermaßen statisch sein, den sie beruhen letztlich auf subjektiven Konventionen. Ein Tisch ist ein Tisch, selbst wenn er in Deinem Sinne "irreal" oder "virtuell" ist. |
Ja, aber im Gegensatz zu den begrifflichen Repräsentationen gehe ich davon aus, daß das dazugehörige Ding nicht statisch ist. So hat der Begriff „Tisch“ selbst keinen Zustand, aber die ontische Entsprechung dessen, was wir „Tisch“ nennen, kann praktisch unendlich viele verschiedene Zustände einnehmen. Genau genommen ist der Begriff „Tisch“ nur eine - in diesem Fall wohl eher künstliche - Objektklasse. (Künstlich deshalb, weil Tische nicht notwendigerweise ähnliche oder gesetzmäßig miteinander verbundene Eigenschaften haben müssen – so könnte u.U. auch ein Nagelbrett oder eine Klobrille als Tisch fungieren.)
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Und was Du hier Ontologie nennst, ist genaugenommen der Kontext. Also:
{Kontext {Ding, Eigenschaft}} ∈ Konstrukt |
Das verstehe ich nicht - welche Relation ist hier mit „Kontext“ gemeint?
Grüße
Martin
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step registriert
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Wohnort: Germering
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(#242500) Verfasst am: 11.01.2005, 22:08 Titel: |
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Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Nach meinem Dafürhalten enhält Dein Argument eine ontologische Mißformulierung: Dinge sind nicht in die Raumzeit eingebettet, ... |
Da hast Du übrigens recht, aber der hyp. Realist sieht das meist anders. Die Formulierung "Veränderbarkeit eines Dings", vermutlich auch einfach "Ding", impliziert bereits eine solche Einbettung (Differentiation nach der Zeit).
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | ... weil Raum und Zeit keine autonome Existenz haben. Vielmehr konstituieren sich aus den Dingen. Ohne veränderliche Objekte gäbe es weder Raum noch Zeit. Daher ist Zeit selbstverständlich ebenso wenig eine Entität wie der Raum. |
Obwohl ich das für falsch halte, zeigt es doch auf interessante Weise, daß Du mein Autonomiekriterium selbst anwendest!
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Step hat folgendes geschrieben: | Das Spiegelbild oder der Traum von einer Person sind veränderbar, aber - so vermuten wir - keine reale Personen. | Stimmt, weil Spiegelbilder und Träume nicht veränderlich sind. Andernfalls müßten sie ja substanzielle Eigenschaften besitzen, was nicht der Fall ist. |
Zusammengenommen argumentierst Du:
Spiegelbild ist nicht substantiell -> Spiegelbild ist nicht veränderlich -> Spiegelbild ist nicht real. Damit haben wir Dein Wirklichkeitskriterium "Veränderlichkeit" schon auf "mindestens substanziell" zurückgeführt.
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Step hat folgendes geschrieben: | [quote=“Die "schattenhaften" Photonen in der multiversalen Beschreibung des Doppelspaltversuchs wechselwirken, aber sind sie real? Virtuelle Teilchenpaare? | Natürlich. Auch Photonen und Quasi-Teilchen haben Eigenschaften, deren Werte sich ändern können. |
Sind die schattenhaften Photonen in der multiversalen Beschreibung des Doppelspaltversuchs also auch mindestenz substantiell?
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Step hat folgendes geschrieben: | Das Alter der Erde verändert sich, aber ist es real? | Auch das ist aus Sicht des Materialismus eine ontologische Mißformulierung: Was sind verändert, ist ja nicht das Alter selbst, sondern der Wert des Alters. |
Und ist der Wert des Alters real? Naja, ok, war kein gutes Beispiel. Irgendwo habe ich mal was zu Ding + Eigenschaft geschrieben, muß noch mal nachschauen.
gruß/step
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Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
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(#242721) Verfasst am: 12.01.2005, 02:53 Titel: |
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Hi Martin!
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Ich habe doch da ein klein wenig anderes Physik-Verständnis, als Bunge und Mahner hier oder auch an anderer Stelle verlauten lassen. Wenn der Welle-Teilchen-Dualismus gilt, dann lässt sich auch das Atom u. a. als stehende Welle auffassen. Woran soll nun der Energiebegriff festgemacht werden? |
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Nun, auch einer stehenden Welle kann man substanzielle Eigenschaften zuordnen, wie z.B. eine de-Broglische Wellenlänge, einen Bahndrehimpuls, Spin etc., deren Werte sich ändern können. Demnach kann eine stehende Welle verschiedene (Energie-)Zustände haben. | |
Sicher, aber das war hier nicht der Punkt. Mahner/Bunge halten aber auch ein Feld für ein Ding (Obwohl sich hier im Band "Natur der Dinge" doch etwas getan zu haben scheint - ich habe dieses Buch bisher allerdings nur schnell überflogen). Was war also zuerst da: Die Energie oder das elektomagnetische Feld?
Interessant ist hier Deine Erwähnung von substanziellen Eigenschaften : Heisst das gar, es gibt für Dich nicht-substanzielle Eigenschaften?
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Und leicht lässt sich sagen: "Alles was ist, ist Energie." Was wird dann aber aus den Dingen? |
Nein, nach meinem Verständnis ist Energie keine Substanz, sondern eine Eigenschaft von (materiellen) Substanzen – genauso wie Masse, Form etc. In meinen Augen gibt es somit keine Energie ohne dazugehöriges, materielles Ding. |
Wie unterscheidest Du denn die Dinge - doch nur anhand der Eigenschaften! Wenn aber Deine o. g. Aussage richtig wäre, könntest Du "Ding" jeweils deduktiv herauskürzen; es braucht dann keinen "Äther der Dinge".
Ferner könntest Du Dinge nicht ohne Eigenschaften auseinanderhalten; d. h. die Dinge besitzen keine Individualität. Was aber wäre ein Ding ohne Eigenschaft? Genau, das gibt es auch für Dich nicht. Aber wenn Dinge "real" sind, warum dann nicht auch die zugehörigen Eigenschaften? Wie 'kleben' aber dann die Eigenschaften an den Dingen? Welche "Dinge" benötige ich für eine Wettervorhersage? Und wenn nun 'nur' die Eigenschaften "existieren"? Vielleicht sind Dinge nur eine Eigenschaft der Welt?
Die Aussage "Alles was ist, ist Energie." ist durchaus Stand der Physik: E = m · c² Wo ist hier ein Ding?
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Das die Zustände von Dingen sich nun verändern können ("Dynamik" ist hierfür eine arg ungünstige Bezeichnung) liegt auf der Hand: Was sind denn das anderes als Eigenschaften? |
Heißt das, Du vertrittst Dinge als Eigenschaften? Dies wäre insofern problematisch, als Eigenschaften (als Abstrakta) gar keinen Zustand haben und demzufolge auch nicht verändlich sind. Hier gilt das, was ich Step schon geschrieben habe: Ein begrifflicher Gegenstand (wie z.B. die Zahl 3) wird nicht dadurch zu einem anderen, indem man ihn durch einen anderen (z.B. die Zahl 4) ersetzt. |
In der Tat: Für mich gibt es letztlich nur begriffliche Gegenstände. Durchaus könnte mich eine Menge von Eigenschaften veranlassen, von einem Ding zu sprechen. Anderes könnte mich veranlassen, von Größen von Dimensionen (was hier auch dimensionslose Größen beinhalten soll) zu reden, etwa von einem Gewicht von 100 g. Nach subjektiven Nützlichkeitsaspekten ordne ich hier etwa eine Tafel Zartbitter-Schokolade mit einem Kakao-Gehalt von mindestens 70 % und einem Preis von 1 Euro zu. Mit diese Beispiel läßt sich in vielerlei Hinsicht spielen; hier soll allerdings nur mal die Frage aufgeworfen werden: Der Kakao-Gehalt ist ebenso eine Eigenschaft wie das Gewicht der Tafel. Der Kakao ist aber andererseits in Deinem Sinne wiederum ein Ding - was passiert also mit dem Ding Kakao, wenn ich dieses Dingens esse? - Was mit dem Kakao passiert, weiß ich, was aber wird aus dem Ding und warum kommt das Ding Kakao nicht dem Ding Schokolade oder dem Ding Tafel - z. B. bei den gemeinsam geteilten Eigenschaften - in die Quere?
Ergo: Genaugenommen veränderst Du auch nicht die Dinge, sondern vielmehr die Zuordnung der entsprechenden Eigenschaften! Nimm also einem beliebigen Ding alle Eigenschaften weg, d. h. verändere die jeweiligen Eigenschaften hin zu einer Größe von der Mächtigkeit 0 - was also bleibt hier übrig? Ersatzweise: Wieviele Eigenschaften muß ein Ding mindestens besitzen?
Und einem Begriff liegt letztlich in irgendeiner Form eine Definition (allgemeiner: Konvention) zugrunde. Also: Ändert sich der Kontext, ändert sich gegebenfalls die Definition und damit der Begriff. Übrigens: Versuche doch mal, 'Veränderung' zu definieren ... .
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Die Ziel-Relation ist das, was sich hier nicht ändert. |
Was verstehst Du unter einer "Ziel-Relation"? |
Die Zuordnung eines Abstraktums in seinen Kontext, wie es bsw. die Frage "Was ist rot?" vorraussetzt.
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Aber auch das sind nur begriffliche Zuordnungen. Das Konstrukt "Bezugspunkt zur Eigenschaft" nennst Du halt nur einfach "Ding" bzw. Repräsentation von "Realität". |
So ungefähr. Bloß gehe ich eben davon aus, daß das theoretische Konstrukt "Bezugspunkt zur Eigenschaft" eine ontologische Entsprechung hat (siehe unten). Schließlich muß es irgend etwas geben, an dem das Konstrukt scheitert oder sich bewährt - aber das hatten wir schon. |
An welcher 'ontologischen' "Entsprechung" könnte z. B. die Zahl 3 oder der Kakao scheitern?
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Was hier als "Dinge" bezeichnet werden, sind allerdings nur Begriffe. |
Das gilt aber nur für den radikalen Konstruktivisten, nicht so für den Materialisten. Wie gesagt: aus meiner Sicht repräsentieren viele (nicht alle) theoretischen Begriffe auch ontische Bezugsobjekte („Dinge“, „Entitäten“), die selbst keine begrifflichen (abstrakten) Objekte sind.
Welche Begriffe eine Entität beschreiben und welche nicht, läßt sich natürlich nur mutmaßen - genauer: theoretisch (mithilfe axiologischer Prinzipien) erschließen. Wie Du ja weißt, sehe ich letzteres als das eigentliche Ziel der empirischen (Real-)Wissenschaften an – auch auf die Gefahr hin, daß Du dies wieder als unerlaubten Zirkel wertest. |
Axiologie?!
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Begriffe müssen nun aber einigermaßen statisch sein, den sie beruhen letztlich auf subjektiven Konventionen. Ein Tisch ist ein Tisch, selbst wenn er in Deinem Sinne "irreal" oder "virtuell" ist. |
Ja, aber im Gegensatz zu den begrifflichen Repräsentationen gehe ich davon aus, daß das dazugehörige Ding nicht statisch ist. So hat der Begriff „Tisch“ selbst keinen Zustand, aber die ontische Entsprechung dessen, was wir „Tisch“ nennen, kann praktisch unendlich viele verschiedene Zustände einnehmen. Genau genommen ist der Begriff „Tisch“ nur eine - in diesem Fall wohl eher künstliche - Objektklasse. (Künstlich deshalb, weil Tische nicht notwendigerweise ähnliche oder gesetzmäßig miteinander verbundene Eigenschaften haben müssen – so könnte u.U. auch ein Nagelbrett oder eine Klobrille als Tisch fungieren.) |
Gibt es den andere als künstliche Objektklassen (vulgo: Abstrakta)? Deine "ontischen Entsprechungen" bezeichne ich hier hinreichend mit Eigenschaften.
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Und was Du hier Ontologie nennst, ist genaugenommen der Kontext. Also:
{Kontext {Ding, Eigenschaft}} ∈ Konstrukt |
Das verstehe ich nicht - welche Relation ist hier mit „Kontext“ gemeint? |
Denke einfach etwa an die Probleme der Spracherkennung durch den Computer.
Cheers,
Lamarck
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#243058) Verfasst am: 12.01.2005, 19:57 Titel: |
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Hi Step,
step hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Nach meinem Dafürhalten enhält Dein Argument eine ontologische Mißformulierung: Dinge sind nicht in die Raumzeit eingebettet, ... |
Da hast Du übrigens recht, aber der hyp. Realist sieht das meist anders. Die Formulierung "Veränderbarkeit eines Dings", vermutlich auch einfach "Ding", impliziert bereits eine solche Einbettung (Differentiation nach der Zeit). |
Nein, weil der Zustandsraum, mit dessen Hilfe sich die Veränderung von Dingen grafisch darstellen läßt, ohne Raum und Zeit auskommt.
Step hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | ... weil Raum und Zeit keine autonome Existenz haben. Vielmehr konstituieren sich aus den Dingen. Ohne veränderliche Objekte gäbe es weder Raum noch Zeit. Daher ist Zeit selbstverständlich ebenso wenig eine Entität wie der Raum. |
Obwohl ich das für falsch halte, |
Nun, wenn Du die Raumzeit als eine respektable Entität ansiehst, müßtest Du auch den ontologischen Status von Feldlinien anerkennen. Letztlich charakterisieren beide aber nur, wie sich Dinge in Kraftfeldern verhalten. Daher sind sie genauso real, wie das Längen- und Breitengradnetz, auf dem so mancher bislang erfolglos versucht hat, zu balancieren.
Step hat folgendes geschrieben: | zeigt es doch auf interessante Weise, daß Du mein Autonomiekriterium selbst anwendest! |
Welches "Autonomiekriterium"?
Step hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Step hat folgendes geschrieben: | Das Spiegelbild oder der Traum von einer Person sind veränderbar, aber - so vermuten wir - keine reale Personen. | Stimmt, weil Spiegelbilder und Träume nicht veränderlich sind. Andernfalls müßten sie ja substanzielle Eigenschaften besitzen, was nicht der Fall ist. |
Zusammengenommen argumentierst Du:
Spiegelbild ist nicht substantiell -> Spiegelbild ist nicht veränderlich -> Spiegelbild ist nicht real. Damit haben wir Dein Wirklichkeitskriterium "Veränderlichkeit" schon auf "mindestens substanziell" zurückgeführt. |
"Substantiell" bedeutet hier einfach so viel wie strukturiert oder "einen Zustand besitzend". Und nur etwas, das einen Zustand einnehmen kann, ist veränderlich. Abstrakte Dinge besitzen keinen Zustand und sind demnach nicht veränderlich. Wo ist jetzt Dein Problem?
Step hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Step hat folgendes geschrieben: | [quote=“Die "schattenhaften" Photonen in der multiversalen Beschreibung des Doppelspaltversuchs wechselwirken, aber sind sie real? Virtuelle Teilchenpaare? | Natürlich. Auch Photonen und Quasi-Teilchen haben Eigenschaften, deren Werte sich ändern können. |
Sind die schattenhaften Photonen in der multiversalen Beschreibung des Doppelspaltversuchs also auch mindestenz substantiell? |
Natürlich wäre auch ein Multiversum verändlich, demzufolge materiell und somit auch hypothetisch real. Es gibt nur nicht viel, das für eine solch wilde Spekulation sprechen könnte. Deine multiverse Ontologie ist selbst für Anhänger einer Ontologie nach Mahner und Bunge zu ontologisch...
Step hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Step hat folgendes geschrieben: | Das Alter der Erde verändert sich, aber ist es real? | Auch das ist aus Sicht des Materialismus eine ontologische Mißformulierung: Was sind verändert, ist ja nicht das Alter selbst, sondern der Wert des Alters. |
Und ist der Wert des Alters real? Naja, ok, war kein gutes Beispiel. Irgendwo habe ich mal was zu Ding + Eigenschaft geschrieben, muß noch mal nachschauen. |
Bin gespannt.
Grüße
Martin
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#726465) Verfasst am: 20.05.2007, 18:14 Titel: |
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Hier
http://www.quantum.at/fileadmin/quantum/documents/FAZ.pdf
kann man auf Anton Zeilingers HP einen FAZ-Artikel über einen Versuch lesen, der vermuten lässt, daß wir selbst nichtlokale realistische Theorien ober Bord werfen müssen. Ich kann anhand des Artikels nicht erkennen, um was für Versuche es sich handelt. Soweit ich aber als Laie zusammenfassen kann, konnte man in der Quantentheorie einen Realitätsbegriff nur unter Aufgabe der Lokalität aufrechterhalten. Nun aber scheint selbst dies nicht mehr zur Rettung des Realitätsbegriff zu reichen. Fachleute mögen es mir um die Ohren hauen.
Zwei Dinge interessieren mich. Hat hier jemand ein Nature-Abo? Dann könnte sie/er hier nachschauen und etwas dazu erklären .
Dann noch die Aussage
Zitat: | Dass der physikalische Realismus gerade Philosophen so teuer ist, findet nun wiederum
Anton Zeilinger erstaunlich. „Mich verblüfft, wie konservativ die Philosophen sind“, sagt er
und hofft auf einen Denker, der die Quantenphysik endlich einmal so klar auf den
philosophischen Punkt bringt, wie Kant es seinerzeit mit der Newtonschen Physik tat.
„Davon könnte dann auch die Physik etwas lernen.“ | , die ich nicht nachvollziehen kann. Denn wo sonst, außer in den idealistischen Strömungen, scheint das, was Zeilinger -anscheinend- zeigt, gedanklich eingebettet zu sein: nämlich daß Realität eine Konstruktion ist.
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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Lars unregistrierter User
Anmeldungsdatum: 23.05.2004 Beiträge: 240
Wohnort: Berlin
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(#729025) Verfasst am: 24.05.2007, 16:50 Titel: |
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Lamarck hat folgendes geschrieben: | Die Aussage "Alles was ist, ist Energie." ist durchaus Stand der Physik: E = m · c² Wo ist hier ein Ding?  |
Gerade Diese Formel zeigt eigentlich jedem, der auch nur annähernd etwas von Physik versteht, dass die Aussage "Alles was ist, ist Energie." nicht nur nicht gegenwärtiger Stand der Physik ist, sondern schon von den Grundlagen der Physik her ganz einfach ausgemachter Blödsinn!
In Physikalischen Formeln kommen grundsätzlich keine Dinge vor, sondern Eigenschaften. Sie beschreiben auch keine Dinge, sondern Beziehungen zwischen Eigenschaften. Das "m" steht nicht etwa für "Materie" sondern für "Masse". Die Formel sagt auch nicht, dass man Masse (oder gar Materie) in Energie umwandeln könnte, sondern nur dass beide äquivalent sind. Das heißt, dass es sich im Grunde nur um zwei verschiedene Beschreibungsweisen derselben Eigenschaft handelt.
Umgewandelt werden dagegen Dinge. Zum Beispiel Materie in Strahlung. Die Strahlung hat aber nach der Umwandlung genau soviel Masse und Energie, wie vorher die Materie. Der Unterschied besteht nur darin, dass man bei der Materie leichter die Masse messen kann, während bei der Strahlung die Energie leichter zugänglich ist.
Tatsächlich gilt für die Energie ein Erhaltungssatz, der es völlig unmöglich macht, dass die Materie vor der Umwandlung eine andere Energie haben könnte als danach die Strahlung.
Dinge sind zwar über ihre Eigenschaften definiert, das macht Dinge und Eigenschaften aber nicht gleich.
Eigenschaften sind nämlich nicht über Dinge definiert, sondern über Beziehungen, die durch sogenannte Definitionsgleichungen ausgedrückt werden.
Das Verhältnis zwischen Dingen und ihren Eigenschaften in der Physik ist dasselbe, wie das zwischen Vektoren und ihren Dimensionen in der Mathematik.
Naturlich hat jeder Vektor Dimensionen, deshalb sind die Dimensionen aber trotzdem keine Vektoren.
Man könnte also höchstens behaupten: "Alles was ist, hat Energie". Aber auch das entspricht zwar (wenn man behauptet "Alles was ist, sind Elementarteilchen (und Felder)") dem gegenwärtigren Stand der Physik, ist aber trotzdem bei weitem nicht fundamental genug, um als Grundlage einer Philosophischen Definition von "Realität" zu dienen.
Es wäre nämlich durchaus denkbar, das Masse und Energie nur emergente Eigenschaften von Kollektiven von gegenüber Elementarteilchen grundlegenderen Entitäten sind, für die selbst weder Masse noch Energie definiert werden können.
Energie ist in der Physik (egal was irgendwelche Biologen sagen) nämlich nicht die Fähigkeit sich zu verändern, sondern sehr viel spezifischer die Fähigkeit Arbeit zu verrichten. Masse ist ein Gemeinsamer Begriff für die äquivalenten Eigenschaften Schwere und Trägheit. Für keinen dieser Begriffe kann es eine Garantie geben, dass sie auch in einer zukünftigen grundlegenderen Theorie unterhalb der heutigen Quantenfeldtheorien noch sinnvoll definierbar sein werden.
_________________ 1. Mose 6, 5-6:
Und der Mensch sah, daß die Bosheit des Gottes im Himmel groß war und alles Sinnen der Gedanken seines Herzens nur böse den ganzen Tag.
Und es reute den Menschen, daß er den Gott im Himmel gemacht hatte, und es bekümmerte ihn in sein Herz hinein.
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Lars unregistrierter User
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(#729053) Verfasst am: 24.05.2007, 17:45 Titel: |
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Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | Hi Step,
step hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Nach meinem Dafürhalten enhält Dein Argument eine ontologische Mißformulierung: Dinge sind nicht in die Raumzeit eingebettet, ... |
Da hast Du übrigens recht, aber der hyp. Realist sieht das meist anders. Die Formulierung "Veränderbarkeit eines Dings", vermutlich auch einfach "Ding", impliziert bereits eine solche Einbettung (Differentiation nach der Zeit). |
Nein, weil der Zustandsraum, mit dessen Hilfe sich die Veränderung von Dingen grafisch darstellen läßt, ohne Raum und Zeit auskommt.
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Völlig richtig, man kann ja grundsätzlich Für jede Eigenschaft eines Dings betrachten, wie andere Eigenschaften von ihr abhängig sind.
Letztlich geht es nur darum einen vollständigen Satz von Eigenschaften (eben einen physikalischen "Zustand") zu haben, aus denen sich alle anderen Eigenschaften berechnen lassen.
Einige der vier Raumzeitkoordinaten können Teil dieser Beschreibung des Zustandes sein, müssen aber nicht. Stattdessen benutzt man dann andere Größen, die mit den Raumzeitkoordinaten in einer eindeutigen Beziehung stehen.
Die Raumzeitkoordinaten werden damit Eigenschaften des Objektes wie alle anderen auch.
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Lars unregistrierter User
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(#729064) Verfasst am: 24.05.2007, 18:06 Titel: |
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Lamarck hat folgendes geschrieben: | hier soll allerdings nur mal die Frage aufgeworfen werden: Der Kakao-Gehalt ist ebenso eine Eigenschaft wie das Gewicht der Tafel. Der Kakao ist aber andererseits in Deinem Sinne wiederum ein Ding - was passiert also mit dem Ding Kakao, wenn ich dieses Dingens esse? - Was mit dem Kakao passiert, weiß ich, was aber wird aus dem Ding und warum kommt das Ding Kakao nicht dem Ding Schokolade oder dem Ding Tafel - z. B. bei den gemeinsam geteilten Eigenschaften - in die Quere?
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Du wirfst hier einfach nur verschiedene Emergenzebenen durcheinander!
Die Schokolade hat eben nicht die Eigenschaft "Kakao", sondern Die Eigenschaft "Kakaogehalt". Das ist nicht dasselbe. Weder ist Schokolade "Kakao", noch hat Kakao "Kakaogehalt"
Verdauung beschreibt man aber am besten nicht auf der Ebene von Nahrungsmitteln sondern auf der Ebene chemischer Verbindungen (Nährstoffen).
Du kannst Die Schokolade selbst als Ding betrachten, dann hat sie einen Kakaogehalt. Du kannst sie aber auch als Ansammlung von Dingen Betrachten, nämlich von Molekülen, aber auch dann findest du gerade in diesem Beispiel witzigerweise auch keinen Kakao, sondern Moleküle, die auch in Kakaopulver zu finden sind. Die Eigenschaften von Schokolade und Kakaopulver sind aber keine Eigenschaften dieser Moleküle, sondern emergente Eigenschaften, die erst durch die verschiedene Anordnung der Moleküle entstehen.
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step registriert
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(#729274) Verfasst am: 24.05.2007, 21:50 Titel: |
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Lars hat folgendes geschrieben: | Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Die Formulierung "Veränderbarkeit eines Dings" ... impliziert bereits eine solche Einbettung (Differentiation nach der Zeit). | Nein, weil der Zustandsraum, mit dessen Hilfe sich die Veränderung von Dingen grafisch darstellen läßt, ohne Raum und Zeit auskommt. | Völlig richtig, man kann ja grundsätzlich Für jede Eigenschaft eines Dings betrachten, wie andere Eigenschaften von ihr abhängig sind.
Letztlich geht es nur darum einen vollständigen Satz von Eigenschaften (eben einen physikalischen "Zustand") zu haben, aus denen sich alle anderen Eigenschaften berechnen lassen.
Einige der vier Raumzeitkoordinaten können Teil dieser Beschreibung des Zustandes sein, müssen aber nicht. Stattdessen benutzt man dann andere Größen, die mit den Raumzeitkoordinaten in einer eindeutigen Beziehung stehen.
Die Raumzeitkoordinaten werden damit Eigenschaften des Objektes wie alle anderen auch. |
Letzteres sehe ich durchaus ebenso, allein die ursprüngliche Verwendung von "Veränderung" als Realitätskriterium schien mir die Vorstellung einer Zeitachse zu implizieren. Vielleicht ist der Begriff "veränderlich" ungünstig, denn nach Eurer Definition wäre ein reales Ding etwas, das mittels eines Zustandsraums modelliert werden kann. Bzw. alles, was einen physikalischen Zustand (Satz von Eigenschaften) hat. Richtig?
BTW: Könntest Du mal ein Beispiel nennen für ein reales Ding, das "veränderlich" ist, aber dessen Raumzeitkoordinaten bei diesen Veränderungen konstant bleiben?
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Lars unregistrierter User
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(#729428) Verfasst am: 25.05.2007, 01:04 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Lars hat folgendes geschrieben: | Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Die Formulierung "Veränderbarkeit eines Dings" ... impliziert bereits eine solche Einbettung (Differentiation nach der Zeit). | Nein, weil der Zustandsraum, mit dessen Hilfe sich die Veränderung von Dingen grafisch darstellen läßt, ohne Raum und Zeit auskommt. | Völlig richtig, man kann ja grundsätzlich Für jede Eigenschaft eines Dings betrachten, wie andere Eigenschaften von ihr abhängig sind.
Letztlich geht es nur darum einen vollständigen Satz von Eigenschaften (eben einen physikalischen "Zustand") zu haben, aus denen sich alle anderen Eigenschaften berechnen lassen.
Einige der vier Raumzeitkoordinaten können Teil dieser Beschreibung des Zustandes sein, müssen aber nicht. Stattdessen benutzt man dann andere Größen, die mit den Raumzeitkoordinaten in einer eindeutigen Beziehung stehen.
Die Raumzeitkoordinaten werden damit Eigenschaften des Objektes wie alle anderen auch. |
Letzteres sehe ich durchaus ebenso, allein die ursprüngliche Verwendung von "Veränderung" als Realitätskriterium schien mir die Vorstellung einer Zeitachse zu implizieren. Vielleicht ist der Begriff "veränderlich" ungünstig, denn nach Eurer Definition wäre ein reales Ding etwas, das mittels eines Zustandsraums modelliert werden kann. Bzw. alles, was einen physikalischen Zustand (Satz von Eigenschaften) hat. Richtig? |
Ich verstehe den Begriff "Veränderung" einfach allgemeiner. "Veränderung" ist für mich jede Ableitung irgendeiner Koordinate des Zustandsraumes nach einer anderen. Ableitungen nach der Zeit sind für mich "(generalisierte) Geschwindigkeiten" So wird ja zum Beispiel die Veränderung der chemischen Zusammensetzung mit der Zeit während einer chemischen Reaktion als "Reaktionsgeschwindigkeit" bezeichnet.
Veränderlichkeit würde so also einfach bedeuten, dass das Ding im Zustandsraum eine Ausdehnung hat. Hat es eine Ausdehnung längs der Zeitachse, kann ich Geschwindigkeiten angeben.
step hat folgendes geschrieben: |
BTW: Könntest Du mal ein Beispiel nennen für ein reales Ding, das "veränderlich" ist, aber dessen Raumzeitkoordinaten bei diesen Veränderungen konstant bleiben? |
Ich würde sagen ein Quantenobjekt, das gleichzeitig in mehreren sich überlagernden Zuständen existiert, kann man als so etwas ansehen. Es hätte ja in einem Zustandsraum mit Zeitachse tatsächlich eine Ausdehnung senkrecht zur Zeitachse.
Tatsächlich erscheint mir eine Betrachtungsweise in der auch die raumzeitlichen Koordinaten in gleicher Weise ausschließlich Eigenschaften von Objekten sind wie andere Eigenschaften auch, intuitiv besser zur Quantenmechanik zu passen, als eine in der Objekte in eine Art absolute Raumzeit eingebettet sind.
Die "spukhaften Fernwirkungen" bei nichtlokalen Ereignissen werden für mich nämlich wesentlich weniger spukhaft, wenn ich mir Vorstelle, dass die weit auseinanderliegenden Raumkoordinaten nur eine Eigenschaft unter Vielen sind und die Objekte bezüglich anderer nicht raumzeitlicher Koordinaten durchaus dicht beieinander liegen können.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#730126) Verfasst am: 25.05.2007, 19:42 Titel: |
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Lars hat folgendes geschrieben: | Veränderlichkeit würde so also einfach bedeuten, dass das Ding im Zustandsraum eine Ausdehnung hat. |
Also wäre Dein Realitätskriterium, daß etwas in mindestens einer Quantenzahl (oder Zustandsraumdimension) mehrere Werte hat, richtig?
Nun könnte ich jedoch alles mögliche zur Zustandsraumdimension erklären. Zum Beispiel könnte ein Theologe behaupten, die immaterielle Seele habe eine Spinquantenzahl mit den Zuständen (Himmel/Hölle) und sei demzufolge real. Nach welchem Kriterium unterschiedest Du, was eine berechtigte Zustandskoordinate ist und was nicht? Meine Vermutung ist, daß Du doch noch ein tieferes Kriterium für Physikalität benötigst.
Lars hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | BTW: Könntest Du mal ein Beispiel nennen für ein reales Ding, das "veränderlich" ist, aber dessen Raumzeitkoordinaten bei diesen Veränderungen konstant bleiben? | Ich würde sagen ein Quantenobjekt, das gleichzeitig in mehreren sich überlagernden Zuständen existiert, kann man als so etwas ansehen. Es hätte ja in einem Zustandsraum mit Zeitachse tatsächlich eine Ausdehnung senkrecht zur Zeitachse. |
Ja, Zustimmung. Aber auch hier die Frage, woran Du das "existiert" festmachst.
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
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(#730966) Verfasst am: 26.05.2007, 20:00 Titel: |
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Lars hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | hier soll allerdings nur mal die Frage aufgeworfen werden: Der Kakao-Gehalt ist ebenso eine Eigenschaft wie das Gewicht der Tafel. Der Kakao ist aber andererseits in Deinem Sinne wiederum ein Ding - was passiert also mit dem Ding Kakao, wenn ich dieses Dingens esse? - Was mit dem Kakao passiert, weiß ich, was aber wird aus dem Ding und warum kommt das Ding Kakao nicht dem Ding Schokolade oder dem Ding Tafel - z. B. bei den gemeinsam geteilten Eigenschaften - in die Quere?
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Du wirfst hier einfach nur verschiedene Emergenzebenen durcheinander!
Die Schokolade hat eben nicht die Eigenschaft "Kakao", sondern Die Eigenschaft "Kakaogehalt". Das ist nicht dasselbe. Weder ist Schokolade "Kakao", noch hat Kakao "Kakaogehalt"
Verdauung beschreibt man aber am besten nicht auf der Ebene von Nahrungsmitteln sondern auf der Ebene chemischer Verbindungen (Nährstoffen).
Du kannst Die Schokolade selbst als Ding betrachten, dann hat sie einen Kakaogehalt. Du kannst sie aber auch als Ansammlung von Dingen Betrachten, nämlich von Molekülen, aber auch dann findest du gerade in diesem Beispiel witzigerweise auch keinen Kakao, sondern Moleküle, die auch in Kakaopulver zu finden sind. Die Eigenschaften von Schokolade und Kakaopulver sind aber keine Eigenschaften dieser Moleküle, sondern emergente Eigenschaften, die erst durch die verschiedene Anordnung der Moleküle entstehen. |
Mit einem Wort: Reale Entitäten sind solche, denen man Eigenschaften zuordnen kann, die veränderbar sind. In dem erwähnten Beispiel sind nun sowohl die Schokolade, der Kakao, die darin enthaltenen Glucosemoleküle und die Protonen, aus denen die Glucose aufgebaut ist, real, weil diese eine Zustandsänderung erfahren können. Zahlen und mathematische Terme sind hingegen Abstrakta ohne ontischen Status, weil es unsinnig wäre zu fragen, "wie geht es der 5 denn heute"?
Natürlich ist es im Einzelfall recht schwierig, über den ontologischen Status einer postulierten Entität zu befinden. Repräsentiert z.B. die Eichsymmetrie in der GUT nun reale Eichbosonen oder handelt es sich nur um einen mathematischen Kniff? Was ist mit dem 26 Raumdimensionen? Und folgt aus den Gleichungen von Dirac die Existenz von Antimaterie und virtuellen Teilchen? Um hier eine Entscheidung zu treffen, bedarf es des Wechselspiels aus Theoretisieren und Experimentieren (Vollmer sprach hier von einem "virtuosen Zirkel" der schrittweiser Annäherung an die Fakten). Nur wenn unter der Annahme real existierender "Eichbosonen", "Antielektronen" usw. experimentell bestätigbare Vorhersagen möglich sind und sich die Annahmen kohärent in das interdisziplinäre Theoriensystem einfügen, erscheint es gerechtfertigt, die postulierten Objekte in den Rang hypothetischer Realität zu erheben.
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
www.ag-evolutionsbiologie.de
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Er_Win dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 31.01.2008 Beiträge: 4482
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(#970871) Verfasst am: 03.04.2008, 17:04 Titel: Re: Kriterien für Wirklichkeit |
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Er_Win hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Kival hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Nun ist es aber inzwischen so, daß auch Begriffe wie "Kausalität", "Realität" usw. selbst reduziert bzw. erklärt werden (müssen). Die Begriffe "Realität" und auch "Naturgesetzlichkeit" können heutzutage operationalisert werden und werden damit selbst zu Phänomenen erklärender Theorien. |
Nun klingt das tatsächlich so als wäre das Usus oder herrschender Konsens, was es definitiv nicht ist. Eine so strikt anti-metaphyisische Haltung ist im wissenschaftstheoretischen Bereich doch eher selten. Normalerweise werden tatsächlich Kausalität und Realität vorausgesetzt. |
Stimmt. Ich hatte überlegt, ob ich noch was von Physik dazuschreibe, es dann aber bleibenlassen. Aber im Grunde ist der Zwang, die Realität als solche erklären zu müssen, spätestens seit der Quantentheorie offensichtlich. Dazu übrigens ein sehr schöner Artikel über Hugh Everett III im neusten Spektrum der Wissenschaft, in dem vor allem sehr schön klar wird, was so unschön an "echtem Zufall" un der KI ist. |
ja der Artikel ist lesenswert.
Worauf meine Frage abzielte war das "Wie" dieser (angeblichen) Operationalisierbarkeit ! Denn ich bin wie kival der Überzeugung, daß diese Meinung eher die einer Minderheit ist, deshalb wär's ja interessant darüber nachzudenken, wohin das führt, dazu bedarf es aber einer Theorie und nicht nur eines Schlagwortes ...
Erwin |
step hat folgendes geschrieben: | Aus meiner Sicht trifft es das folgende ganz gut:
Zitat: | Wenn eine Größe nach der einfachsten Erklärung komplex und autonom ist, dann bezeichnen wir sie als wirklich. |
nach der einfachsten Erklärung komplex: Unsere Erklärungen für eine hinreichend komplexe Größe würden verkompliziert, wenn wir diese Größe nicht für wirklich halten. Deswegen halten wir z.B. die Planenten für wirklich, weil wir sonst viel kompliziertere Erklärungen für kosmische Planetarien, Engel oder sowas finden müßten.
autonom: Die Größe bezieht ihre Komplexität nicht von anderer Seite. |
Eigentlich brauche ich dazu nicht mehr viel schreiben, da das, was ich schreiben würde schon von anderen gesagt worden ist, insbesondere von:
- Klaus-Peter
- El Schwalmo
- Darwin Upheaval
- Lars
Auf rein formaler Ebene muss ich deiner "Definition" vorwerfen, daß sie nur eine "Verschiebung" bringt, denn was genau soll denn "komplex" in dem Zusammenhang sein ? Autonom ist *imho* einigermaßen klar, zumindest ich verstehe darunter unterscheidbar und daß die erstgenannten Def.-Eigenschaften dem "fraglichen Ding" selbst zukommen.
Erwin
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
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(#971004) Verfasst am: 03.04.2008, 20:13 Titel: |
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Auch ich muß da nicht viel schreiben, Du hast ja keine neuen Punkte gebracht oder gar eine eigene Definition.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Er_Win dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 31.01.2008 Beiträge: 4482
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(#972614) Verfasst am: 05.04.2008, 13:27 Titel: |
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Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | Natürlich. Auch Photonen und Quasi-Teilchen haben Eigenschaften, deren Werte sich ändern können.
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können sie deshalb real sein - in dem Sinne, daß ihnen Wirklichkeit im RZK zukommt ?
das zB. sieht Weiss in seinem naturphilosophischen Ansatz anders und ich neige dazu ihm zuzustimmen: Diese "Eigenschaften" treten nur in der konkreten Realisierung *aka* Messung auf und schon die kausale, mechanistische Vorstellung leitet fehl - Quanten sind unvorstellbar und nicht real sondern Konstrukte die nicht realisierten Möglichkeiten entsprechen. Insoferne sind sie nicht Teil des RZK, sondern Voraussetzung dafür.
Siehe zB. seinen philosophischen Aufsatz im Zusammenhang mit einem Vortrag bzw. den Experimenten von Zeilinger in Wien 2006:
http://www.vabene.at/html/weiss/teleport.htm
@lars
Zitat: | Die "spukhaften Fernwirkungen" bei nichtlokalen Ereignissen werden für mich nämlich wesentlich weniger spukhaft, wenn ich mir Vorstelle, dass die weit auseinanderliegenden Raumkoordinaten nur eine Eigenschaft unter Vielen sind ... |
das wäre auch eine Möglichkeit, aber eben eine andere, als Raum/Zeit für Quanten als nicht existent anzunehmen. Interessant ist in dem Zusammenhang auch noch die Frage nach der Kontinuität der Wirklichkeit im RZK. Nach Zenon u.a. ist die nicht gegeben. Was im RZK wirkt, ist nicht kontinuierlich, sondern gequantelt sowohl in Raum- als auch Zeit-Sicht.
Erwin
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