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Was haben Atheisten dem Paradies und der Hölle entgegenzusetzen?
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reign
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Anmeldungsdatum: 21.07.2006
Beiträge: 1880

Beitrag(#642623) Verfasst am: 17.01.2007, 01:08    Titel: Antworten mit Zitat

Latenight hat folgendes geschrieben:
* Rein technisch gesehen sind Szenarien denkbar, in denen die Teile des Körpers, die sämtliche Informationen über die entsprechende Person enthalten, auf einen anderen Träger kopiert werden können. Das so kopierte Bewusstsein empfindet sich als und ist identisch mit dem "Original" und erlebt durch diese Kopie keinen Bruch in seiner erinnerten Biographie oder irgendwelchen individuellen Eigenschaften.

Das ist technisch nicht denkbar. Die Kopie empfindet sich als sich selbst und nicht als jemand anderes (das Original). Identisch mit dem Original ist sie nie, denn nicht zwei Personen können zur gleichen Zeit den gleichen Raum einnehmen. Die "Kopie" kann nur ein Model des Originals sein, d.h. verlustbehaftet.
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kolja
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Beiträge: 16631
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Beitrag(#642632) Verfasst am: 17.01.2007, 01:30    Titel: Antworten mit Zitat

Kramer hat folgendes geschrieben:
Aber warum sollte das Original ein paar Minuten früher sterben wollen?

Es wird nicht sterben.

Ohne präzise Begriffe kommen wir nicht weiter, das habe ich weiter oben schonmal geschrieben. Es gibt kein identisch bleibendes "Ich", unser Gehirn erzeugt nur eine endlose Folge von nicht-identischen Ich-Zuständen (wenn wir bei Bewusstsein sind), die sich teilweise an die vorangehenden Ich-Zustände erinnern können. Für unser Empfinden und unseren Alltagssprachgebrauch ist das ohne Bedeutung, aber beim Beamen müssen wir aufpassen und uns präziser ausdrücken.

Unpräzise: "Ich werde Ereignis xy erleben".
Präzise: einem Ich-Zustand(1) ist bewusst, dass es später einen Ich-Zustand(2) geben wird, der xy erleben und sich an Ich-Zustand(1) erinnern wird.

Unpräzise: "Ich werde zu Zeitpunkt x sterben".
Präzise: einem Ich-Zustand(1) ist bewusst, dass es nach Zeitpunkt x keine weiteren Ich-Zustände mehr geben wird, die sich an Ich-Zustand(1) erinnern.

In diesem Sinne kann das Gehirn, bevor es sich beamen lässt, sagen: "Ich werde auf der anderen Seite ankommen, ohne zu sterben" - weil es darauf vertraut, dass nach dem Kopieren nur die Kopie weitere Ich-Zustände erzeugen wird!

Und wenn etwas schiefgeht und das Original-Gehirn nach Erzeugen der Kopie weitere Ich-Zustände erzeugt, dann werden nun beide Gehirne sagen: "Mist, Ich will aber nicht sterben".
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Zuletzt bearbeitet von kolja am 17.01.2007, 01:44, insgesamt 4-mal bearbeitet
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kolja
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Anmeldungsdatum: 02.12.2004
Beiträge: 16631
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Beitrag(#642633) Verfasst am: 17.01.2007, 01:39    Titel: Antworten mit Zitat

Latenight hat folgendes geschrieben:
Das so kopierte Bewusstsein empfindet sich als und ist identisch mit dem "Original" und erlebt durch diese Kopie keinen Bruch in seiner erinnerten Biographie oder irgendwelchen individuellen Eigenschaften

Empfindet sich als identisch: Ja.

Ist identisch: Nein. Nichtmal mein Jetzt-Bewusstsein ist identisch mit meinem Vor-einer-Sekunde-Bewusstsein.

Latenight hat folgendes geschrieben:
Für meine Begriffe wäre dies ein Leben nach dem Tod.

Nein, die Bezeichnung halte ich für unsinnig, siehe auch meine Definition von "sterben" im vorangehenden Beitrag.

Die "Person" würde nicht sterben, sondern einen plötzlichen Wechsel des Substrats überleben. Das ist nichts ungewöhnliches, weil die Materie des Gehirns ohnehin ständig ausgewechselt wird. Der Unterschied bestände eher darin, dass das Substrat plötzlich und nicht schleichend gewechselt wird, und dass es durch eine andere "Technologie" ausgetauscht wird.

Latenight hat folgendes geschrieben:
Einen solchen Zustand würde ich als "jenseitig" bezeichnen. Losgelöst von einem sterblichen Körper.

Auch nicht wirklich. Immerhin ist ja auch das neue Substrat materiell, muss mit Energie versorgt, gewartet und gepflegt werden, damit es nicht kaputt geht, usw.
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Latenight
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Anmeldungsdatum: 17.05.2005
Beiträge: 2549

Beitrag(#642636) Verfasst am: 17.01.2007, 01:55    Titel: Antworten mit Zitat

reign hat folgendes geschrieben:
Das hat aber nichts mit dem Jenseits, wie es diverse Religionen verstehen zu tun. Das religiöse Jenseits ist losgelöst von Materie/Energie. Geist. Natürlich eine höchst unausgegorene Idee, genau wie Gott.

"Jenseits" ist tatsächlich ein recht unscharfer Begriff. Auf jeden Fall ist der beschriebene Zustand ein anderer als der, den man unter "Diesseits" versteht. Und was nicht "diesseits" des biologischen Todes ist, verstehe ich als "jenseits". Der Zustand zeichnet sich durch die Existenz eines Bewusstseins jenseits eines sterblichen biologischen Körpers aus, sowie eine Verlängerung des "Lebens" um potenziell den Faktor unendlich.

reign hat folgendes geschrieben:
Das ist technisch nicht denkbar. Die Kopie empfindet sich als sich selbst und nicht als jemand anderes (das Original). Identisch mit dem Original ist sie nie, denn nicht zwei Personen können zur gleichen Zeit den gleichen Raum einnehmen. Die "Kopie" kann nur ein Model des Originals sein, d.h. verlustbehaftet.

Wenn man -rein theoretisch- eine exakte Kopie von allen neuronalen Verschaltungen und Zuständen anlegt, wie soll sich das Bewustsein, das aus diesem System entsteht, vom "Original" verschieden empfinden können? Es denkt und fühlt auf exakt derselben Basis wie das "Original", hat exakt dieselben Erinnerungen (in deren Rahmen es tatsächlich ständig und exakt denselben Ort im Raum wie das Original einnimmt).
Wie kolja schon geschrieben hat. Es gibt im Gehirn keine übergeordnete Instanz, die ein "Ich" repräsentiert. Das was du als "ich" bezeichnest ist ein höchst instabiles Konstrukt, das aus dem Zusammenspiel unterschiedlicher vernetzter neuronaler Systeme ständig neu rekonstruiert wird.
Das ist -soweit ich informiert bin- der aktuelle Stand der Kognitionswissenschaft (der zweite Absatz, nicht der erste)
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Kramer
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Anmeldungsdatum: 01.08.2003
Beiträge: 30878

Beitrag(#642638) Verfasst am: 17.01.2007, 01:56    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:

Unpräzise: "Ich werde Ereignis xy erleben".
Präzise: einem Ich-Zustand(1) ist bewusst, dass es später einen Ich-Zustand(2) geben wird, der xy erleben und sich an Ich-Zustand(1) erinnern wird.


Das ist theoretische Sophisterei. Fakt ist, dass ich, wenn ich hungrig bin, ich mich auf das Essen freue. Und ich habe nichts davon, wenn jemand anderes meinen Teller leert, egal, ob das jemand ganz anderes oder eben eine identische Kopie ist. Ich werde nicht satt sein - und daran ändert auch die präzise Betrachtung, dass nicht der Ich-Zustand(1) sein wird, der nicht satt sein wird, sondern der Ich-Zustand(2). Wir erleben unser Ich als kontinuierlich, wir haben eine Erinnerung an die Vergangenheit und Erwartungen an die Zukunft. Und wir haben Erinnerungen daran, dass Erwartungen eingetroffen sind oder nicht. Würde man eine völlig identische Kopie von mir erstellen, die fortan mein Leben weiterlebt, dann würde diese Kopie erleben, ob sich meine Erwartungen erfüllen. Würde ich (das Original) als eingesperrter Beobachter weiterexistieren, könnte ich zuschauen, wie meine Kopie all das verwirklicht, was ich geplant und erhofft habe, bzw. wie es daran scheitert. Ich würde es aber nicht selber erleben. Würde man mich beim Kopiervorgang vernichten, wäre das die gleiche Situation, nur dass ich nicht mehr erleben würde, wie meine Kopie als ich weiterlebt. In beiden Situationen weiss ich vorher, dass es sich um etwas ganz anderes handeln wird, als der Gang von Ich-Zustand(1) in ein Restaurant, das als Ich-Zustand(2) ein Essen bestellt und als Ich-Zustand(3) satt das Restaurant verlässt.
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kolja
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Beitrag(#642643) Verfasst am: 17.01.2007, 02:06    Titel: Antworten mit Zitat

Kramer hat folgendes geschrieben:
Das ist theoretische Sophisterei.

Nö, moderne Neurologie.

Kramer hat folgendes geschrieben:
Wir erleben unser Ich als kontinuierlich [...]

Ja sicher. Daraus folgt aber nicht, dass es "wirklich" ein kontinuierliches "Ich" oder "Selbst" gibt, während Deine ganze Argumentation dies aber zwingend vorraussetzt. Wie schon gesagt, unsere ganze Sprache und damit auch unser Denken (!) ist durchwoben von dieser irreführenden Annahme. Du demonstrierst eindrucksvoll, wie Du Dich von der Struktur unserer Sprache täuschen lässt, bzw. diese Struktur als "Abbild der Wirklichkeit" fehlinterpretierst.
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Kramer
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Beiträge: 30878

Beitrag(#642646) Verfasst am: 17.01.2007, 02:11    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:

Und wenn etwas schiefgeht und das Original-Gehirn nach Erzeugen der Kopie weitere Ich-Zustände erzeugt, dann werden nun beide Gehirne sagen: "Mist, Ich will aber nicht sterben".


Ich begreife nicht, warum die nicht siehst, welch skandalöse Folgen daraus erwachsen. Es gibt zwei Situationen:

1. Ein Gehirn wird kopiert und zeitgleich mit dem Erwachen der Kopie zerstört.
2. Ein Gehirn wird kopiert, aber das Original wird später zerstört.

Welche Magie soll da stattfinden, dass es für das Original einen Unterschied macht, ob es während des Kopiervorgangs vernichtet wird oder später? Das Original wird zerstört. Und wenn es möglich ist, eine Kopie zu erstellen, ohne das Original zu zerstören, dann ist es auch möglich, dass das Original die Kopie sieht und sie nicht als "Ich" empfindet, sondern als Kopie. Und selbst wenn es sich dabei nur um eine Verzögerung von wenigen Sekunden handelt, das Original weiss, dass es gleich getötet wird und dass es nichts davon hat, dass die Kopie die gleichen Erinnerungen teilt. Den tollen Urlaub auf dem Mars wird die Kopie verbringen, während das Original sterben wird.
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kolja
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Beitrag(#642651) Verfasst am: 17.01.2007, 02:20    Titel: Antworten mit Zitat

Kramer hat folgendes geschrieben:
Ich begreife nicht, warum die nicht siehst, welch skandalöse Folgen daraus erwachsen. Es gibt zwei Situationen:

1. Ein Gehirn wird kopiert und zeitgleich mit dem Erwachen der Kopie zerstört.
2. Ein Gehirn wird kopiert, aber das Original wird später zerstört.

Welche Magie soll da stattfinden, dass es für das Original einen Unterschied macht, ob es während des Kopiervorgangs vernichtet wird oder später?

Das habe ich doch äußerst gründlich erklärt. Diese Erklärung hast Du als "Sophisterei" zurückgewiesen, weil sie sich nicht mit deiner intuitiven Ich-Empfindung kompatibel ist. Was soll ich da noch machen?

Kramer hat folgendes geschrieben:
Das Original wird zerstört.

Die Unterscheidung von Original und Kopie ist eh unwichtig, weil die beiden Bewusstseinszustände nicht erkennen können, ob sie Original oder Kopie sind.

Kramer hat folgendes geschrieben:
Und wenn es möglich ist, eine Kopie zu erstellen, ohne das Original zu zerstören, dann ist es auch möglich, dass das Original die Kopie sieht und sie nicht als "Ich" empfindet, sondern als Kopie.

Auch dieses Problem hätten beide gleichermaßen.

Kramer hat folgendes geschrieben:
Und selbst wenn es sich dabei nur um eine Verzögerung von wenigen Sekunden handelt, das Original weiss, dass es gleich getötet wird und dass es nichts davon hat, dass die Kopie die gleichen Erinnerungen teilt. Den tollen Urlaub auf dem Mars wird die Kopie verbringen, während das Original sterben wird.

Darum sollte das Gehirn am besten bewusstlos sein, wenn es kopiert wird. Es wäre nicht anders als einschlafen und an einem anderen Ort wieder aufwachen.

Woran erkennst Du eigentlich morgens, dass Dein Gehirn nachts nicht durch eine Kopie ersetzt wurde?
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Latenight
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Beiträge: 2549

Beitrag(#642653) Verfasst am: 17.01.2007, 02:22    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
Ist identisch: Nein. Nichtmal mein Jetzt-Bewusstsein ist identisch mit meinem Vor-einer-Sekunde-Bewusstsein.

Ganz deiner Meinung.
Entscheidend finde ich an der Stelle aber nicht die technische Identität zum Kopierzeitpunkt oder hinterher, sondern die identische Biographie und Lerngeschichte, auf die die "Kopie" ab ihrem Entstehungszeitpunkt zurückgreift, um das "ich" zu rekonstruieren.
Selbstverständlich würde die Entwicklung von Original und Kopie schnell auseinandergehen, aber ausgehend von einer bis zum Kopiezeitpunkt identischen Biographie und "Persönlichkeit".

kolja hat folgendes geschrieben:
Nein, die Bezeichnung halte ich für unsinnig, siehe auch meine Definition von "sterben" im vorangehenden Beitrag.

Deine Definition verstehe ich.
Nur schließt die Definition dann bei Menschen, die an einen unsterbliche Seele glauben ein Todeskonzept aus und sie ist auch nicht mit den Kriterien vereinbar, nach denen der Tod amtlich festgestellt wird.
Deswegen würde ich es durchaus sinnvoll finden, mit Tod ein endgültiges Ende aller physiologischen Prozesse eines Körpers zu verstehen. Das trifft auch meiner Meinung nach die Frage, die zur Beschäftigung mit Jenseitskonzepten motiviert: "Gibt es ein Ichempfinden, nachdem der Körper aufhört zu existieren?"

kolja hat folgendes geschrieben:
Auch nicht wirklich. Immerhin ist ja auch das neue Substrat materiell, muss mit Energie versorgt, gewartet und gepflegt werden, damit es nicht kaputt geht, usw.

Zumindest reicht das nicht an ein Konzept einer immateriellen Seele heran, einverstanden. Der Wechsel ist für mich allerdings gravierend genug, um den darauf folgenden Zustand vom vorherigen abzugrenzen. Und rein subjektiv dürfte das Lebensgefühl für ein Bewusstsein nach dem Übertritt deutlich näher an der Materielosigkeit als am vorherigen körperlichen sein.
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Kramer
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Anmeldungsdatum: 01.08.2003
Beiträge: 30878

Beitrag(#642658) Verfasst am: 17.01.2007, 02:32    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
Daraus folgt aber nicht, dass es "wirklich" ein kontinuierliches "Ich" oder "Selbst" gibt, während Deine ganze Argumentation dies aber zwingend vorraussetzt. Wie schon gesagt, unsere ganze Sprache und damit auch unser Denken (!) ist durchwoben von dieser irreführenden Annahme. Du demonstrierst eindrucksvoll, wie Du Dich von der Struktur unserer Sprache täuschen lässt, bzw. diese Struktur als "Abbild der Wirklichkeit" fehlinterpretierst.


Nein, ich demonstriere, dass ich mir von wissenschaftlichen Theorien nicht erklären lasse, dass es egal ist, ob ich weiterexistiere, oder eine identische Kopie von mir. Auch wenn es wissenschaftlich erklärbar ist, dass Liebe nur ein evolutionär entstandener Prozess ist und all die sensationellen Gefühle, die man dabei erlebt, biochemische Vorgänge im Körper sind, ändert das nichts daran, dass es sich verdammt gut anfühlt.

Du verstrickst Dich hier in einen naturalistischen Fehlschluss: Weil es wissenschaftlich erklärbar ist, dass es eigentlich kein "Ich" gibt, wie wir es empfinden, ist es richtig, Individuen zu kopieren und die Originale beim Kopiervorgang zu vernichten.

Würde man herausfinden, dass Homosexualität neurologische Gründe hat, die sich einfach beheben lassen, ohne dass der "Patient" sich hinterher schlecht fühlt, hätten wir eine ähnliche Situation. Homosexuellen, die sich gegen diese Behandlung wehren, weil sie die Homosexualität als Teil ihrer Identität empfinden, könnte man aus neurologischer Sicht vorwerfen, dass sie ein falsches Verständnis vom "Ich" haben. "Natürlich habt Ihr Euch bisher als homosexuell empfunden und ihr erlebt das als Kontinuität, aber das tut ihr nur, weil Ihr nicht wisst, wie Eurer Gehirn funktioniert. Ihr geht von irreführenden Annahmen aus, weil Ihr Eure homosexuelle Identität als 'Abbild der Wirklichkeit' fehlinterpretiert."

So, wie Du mir gerade absprichst, selber definieren zu dürfen, was ich als "mein Ich" empfinde, könnte man dann auch Homosexuellen das Recht zur Selbstdefinition absprechen und ihre empfundene Identität als Fehlinterpretation der Wirklichkeit abtun.
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Kramer
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Anmeldungsdatum: 01.08.2003
Beiträge: 30878

Beitrag(#642660) Verfasst am: 17.01.2007, 02:37    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
Darum sollte das Gehirn am besten bewusstlos sein, wenn es kopiert wird. Es wäre nicht anders als einschlafen und an einem anderen Ort wieder aufwachen.


Das ist doch kein Argument. Du schaffst nur künstlich Bedingungen, um meine Einwände auszuschliessen. Natürlich würde die Kopie es so empfinden, als wäre sie eingeschlafen und an einem anderen Ort wieder aufgewacht. Das Orignal würde aber erleben, dass es vernichtet wird, wenn man die Bedingungen verändert. Das ändert am Vorgang gar nichts: Original wird kopiert, vernichtet und die Kopie gilt fortan als Original.
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Latenight
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Anmeldungsdatum: 17.05.2005
Beiträge: 2549

Beitrag(#642661) Verfasst am: 17.01.2007, 02:38    Titel: Antworten mit Zitat

Nur noch kurz bevors ab in die Kiste geht. Das finde ich eine wirklich spannende und kontruktive Diskussion. Gut Nacht Sehr glücklich
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kolja
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Anmeldungsdatum: 02.12.2004
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Beitrag(#642664) Verfasst am: 17.01.2007, 02:43    Titel: Antworten mit Zitat

Latenight hat folgendes geschrieben:
Deswegen würde ich es durchaus sinnvoll finden, mit Tod ein endgültiges Ende aller physiologischen Prozesse eines Körpers zu verstehen. Das trifft auch meiner Meinung nach die Frage, die zur Beschäftigung mit Jenseitskonzepten motiviert: "Gibt es ein Ichempfinden, nachdem der Körper aufhört zu existieren?"

Damit klebst Du aber stark an den derzeitigen Begriffe von "Körper" und "Tod", die natürlich von unseren derzeitigen Lebenswirklichkeiten geprägt werden. Wenn sich diese technologisch bedingt so drastisch verändern sollten, wie hier spekuliert, dann würden wir auch diese Begriffe entsprechend anders verwenden.

Wenn man "Tod" konsequent auf den biologischen Körper beziehen will: wie nennt man es denn, wenn das simulierte Bewusstsein aufhört zu existieren, z.B. weil der Computer kaputt geht? Den "zweiten Tod", den "richtigen Tod"? Das erscheint mir nicht besonders sinnvoll.

Latenight hat folgendes geschrieben:
Und rein subjektiv dürfte das Lebensgefühl für ein Bewusstsein nach dem Übertritt deutlich näher an der Materielosigkeit als am vorherigen körperlichen sein.

Kommt darauf an, ob man einen Körper mitsimuliert. Mir erscheint eine körperlose Existenz überhaupt nicht reizvoll. Ich würde auch weiter mit den biologisch Lebenden interagieren wollen.
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Kramer
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Anmeldungsdatum: 01.08.2003
Beiträge: 30878

Beitrag(#642666) Verfasst am: 17.01.2007, 02:56    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:

Woran erkennst Du eigentlich morgens, dass Dein Gehirn nachts nicht durch eine Kopie ersetzt wurde?


Woran erkennst Du, dass die Welt nicht letzte Nacht komplett erschaffen wurde? Wenn jemand mein Gehirn durch eine Kopie ersetzt, werde ich das natürlich nicht erkennen, aber ich halte die Vorstellung für absurd. Wenn das möglich wäre, würden wir in einem absurden Universum leben, in dem z.B. morgen unsere Rollen in dieser Diskussion, unsere Erinnerungen an unsere heutigen Beiträge und unsere Beiträge von heute so manipuliert wären, dass wir mit vertauschten Rollen weiterdiskutieren, als wäre nichts gewesen.
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kolja
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Anmeldungsdatum: 02.12.2004
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Beitrag(#642667) Verfasst am: 17.01.2007, 03:01    Titel: Antworten mit Zitat

Kramer hat folgendes geschrieben:
Auch wenn es wissenschaftlich erklärbar ist, dass Liebe nur ein evolutionär entstandener Prozess ist und all die sensationellen Gefühle, die man dabei erlebt, biochemische Vorgänge im Körper sind, ändert das nichts daran, dass es sich verdammt gut anfühlt.

Kein passender Vergleich. Ich bestreite nicht die Wichtigkeit der Ich-Illusion für Dein Erleben, sondern korrigiere ontologische Fehlschlüsse aus dieser Illusion. Ein passenderer Vergleich zur Liebe wäre folgender: "Ich liebe diese Frau, offenbar existiert eine Art unsichtbare Verbindung zwischen uns. Diese Verbindung existiert wirklich, das ist nicht nur ein Gefühl!"

Kramer hat folgendes geschrieben:
Du verstrickst Dich hier in einen naturalistischen Fehlschluss: Weil es wissenschaftlich erklärbar ist, dass es eigentlich kein "Ich" gibt, wie wir es empfinden, ist es richtig, Individuen zu kopieren und die Originale beim Kopiervorgang zu vernichten.

Unsinn, ich mache keine Aussagen über "richtig" und "falsch".

Ich stelle genau eine Sachbehauptung auf: würde man ein Gehirn kopieren, dann würden weder die Vorlage noch die Kopie merken, ob sie Vorlage oder Kopie sind. Alles andere folgt daraus.

Kramer hat folgendes geschrieben:
So, wie Du mir gerade absprichst, selber definieren zu dürfen, was ich als "mein Ich" empfinde, könnte man dann auch Homosexuellen das Recht zur Selbstdefinition absprechen und ihre empfundene Identität als Fehlinterpretation der Wirklichkeit abtun.

Gleicher Fehler wie bei der Liebe: bei HS hier wird nicht aus einem Empfinden auf irgend ein real existierendes Etwas geschlossen, beim "Ich" schon.
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Beiträge: 16631
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Beitrag(#642668) Verfasst am: 17.01.2007, 03:03    Titel: Antworten mit Zitat

Kramer hat folgendes geschrieben:
Wenn jemand mein Gehirn durch eine Kopie ersetzt, werde ich das natürlich nicht erkennen [...]

Richtig. Würdest Du, wenn Du es herausfindest, eine Identitätskrise bekommen?
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Kramer
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Beitrag(#642671) Verfasst am: 17.01.2007, 03:17    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:

Ich stelle genau eine Sachbehauptung auf: würde man ein Gehirn kopieren, dann würden weder die Vorlage noch die Kopie merken, ob sie Vorlage oder Kopie sind. Alles andere folgt daraus.


Das ist doch für die Vorlage widerlegt. Du gehst lediglich von einer Situation aus, in der die Vorlage das nicht mehr bemerkt, weil sie vernichtet wurde. Allerdings gibt es ja beim Beamen ein entscheidendes Indiz dafür, wer die Vorlage und wer die Kopie ist: Wenn beide überleben, dann weiss die Vorlage, dass sie das Orignal ist, weil sie sich noch am Ursprungsort befindet. Und sollte die Vorlage mitbekommen, dass die Kopie erfolgreich gebeamt wurde, aber lediglich die Zerstörung des Originals verzögert statfindet, dann weiss das Original, dass es gleich vernichtet wird, während die Kopie quicklebendig aus dem Transporter schreitet.

Wäre ich die Vorlage, würde ich mich nicht in Deinen Beamer legen, weil ich weiss, dass ich darin vernichtet werde. Dass ich meine eigene Vernichtung nur mitbekomme, wenn es zu einer Fehlfunktion kommt, ändert ja nichts daran, dass ich vernichtet werde - und dass ich das vorher weiss. Denn sollte es zu einer Fehlfunktion kommen, erlebe ich unter Umständen, dass meine Kopie unabhängig von mir existiert, ohne dass ich das Erleben der Kopie teilen kann. Ich weiss, dass ich mich auf dem Mars mit einer Frau verabredet habe, um mit ihr zu schlafen - und ich weiss, dass ich nicht mit dieser Frau schlafen werde, sondern stattdessen gleich vernichtet werde.
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Kramer
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Beiträge: 30878

Beitrag(#642672) Verfasst am: 17.01.2007, 03:18    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
Wenn jemand mein Gehirn durch eine Kopie ersetzt, werde ich das natürlich nicht erkennen [...]

Richtig. Würdest Du, wenn Du es herausfindest, eine Identitätskrise bekommen?


Aber natürlich. Ich würde eine komplette Krise bekommen.
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Kramer
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Anmeldungsdatum: 01.08.2003
Beiträge: 30878

Beitrag(#642675) Verfasst am: 17.01.2007, 03:31    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:

Unsinn, ich mache keine Aussagen über "richtig" und "falsch".


Doch, Du sprichst von "irreführenden Annahmen". Was anderes als "falsch" sollen "irreführenden Annahmen" denn sein?

Zitat:
Gleicher Fehler wie bei der Liebe: bei HS hier wird nicht aus einem Empfinden auf irgend ein real existierendes Etwas geschlossen, beim "Ich" schon.


Nein, ich schliesse beim "Ich" nicht auf ein real existierendes Etwas, sondern auf ein Etwas, ohne das ich Realität - auch Liebe - gar nicht erfahren kann. Ich kann mein Ich nicht wegdefinieren, ohne gleichzeitig die Realität zu verneinen, die dieses Ich erlebt. Eine Ich-lose Existenz ist für mich nicht existent.
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pyrrhon
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Anmeldungsdatum: 22.05.2004
Beiträge: 8770

Beitrag(#642697) Verfasst am: 17.01.2007, 09:00    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
Ich stelle genau eine Sachbehauptung auf: würde man ein Gehirn kopieren, dann würden weder die Vorlage noch die Kopie merken, ob sie Vorlage oder Kopie sind. Alles andere folgt daraus.

Aber selbst wenn das der Fall ist (was beim Beamen ja nicht der Fall ist, wie Kramer schon geschrieben hat), dann gibt es immer noch zwei Ichs, die voneinander unabhängig sind und lediglich die Gemeinsamkeit haben, dass sie auf einen einziges Ich zurückgehen. Warum sollte man überhaupt das eine Ich töten dürfen und das andere nicht? (Die Bezeichnungen "Original" und "Kopie" sind meiner Meinung nach überhaupt irreführend, weil beide Ichs in jeder Hinsicht autonom, als verschieden anzusehen und im Grunde genommen Originale sind.) Du schreibst selber, dass es für beide Ichs bezüglich des Erlebens keinen Unterschied macht, aber gerade das macht es in meinen Augen so problematisch, irgendeines der beiden Ichs zu töten.
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kolja
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Anmeldungsdatum: 02.12.2004
Beiträge: 16631
Wohnort: NRW

Beitrag(#642707) Verfasst am: 17.01.2007, 10:35    Titel: Antworten mit Zitat

Kramer hat folgendes geschrieben:
Das ist doch für die Vorlage widerlegt.

Meine Aussage war natürlich so gemeint, dass die beiden nur Rückschlüsse aus Indizien ziehen könnten, aber kein immanentes Wissen über ihren Status hätten. Aber das schreibst Du ja selber.

Man könnte auch gemein sein und Vorlage und Kopie noch im bewusstlosen Zustand vertauschen. Beim Erwachen würde die Kopie aus den Indizien ("ich stehe im Kopierer") schließen, sie wäre das Original, und das Original ("ich stehe im Assemblierer") würde denken, es sei die Kopie ...

Kramer hat folgendes geschrieben:
Denn sollte es zu einer Fehlfunktion kommen, erlebe ich unter Umständen, dass meine Kopie unabhängig von mir existiert, ohne dass ich das Erleben der Kopie teilen kann.

Das würde ich auch keinem zukünftigen "Ich" von mir zumuten wollen, darum würde ich auch nur ein solches Verfahren benutzen, wenn solche Fehlfunktionen ausgeschlossen sind.

Kramer hat folgendes geschrieben:
Doch, Du sprichst von "irreführenden Annahmen". Was anderes als "falsch" sollen "irreführenden Annahmen" denn sein?

Du hast mir einen naturalistischen Fehlschluss unterstellt, und den hätte ich nur gemacht, wenn ich "richtig" und "falsch" im Sinne einer ethischen / normativen Aussage gebraucht hätte: "es ist falsch, einen Menschen zu töten". Ich stelle aber nur Sachbehauptungen auf: "die Behauptung, dass der Mond aus Käse besteht, ist falsch".

Kramer hat folgendes geschrieben:
Nein, ich schliesse beim "Ich" nicht auf ein real existierendes Etwas, sondern auf ein Etwas, ohne das ich Realität - auch Liebe - gar nicht erfahren kann. Ich kann mein Ich nicht wegdefinieren, ohne gleichzeitig die Realität zu verneinen, die dieses Ich erlebt. Eine Ich-lose Existenz ist für mich nicht existent.

Du Ärmster. Die Ontologisierung Deiner Ich-Illusion scheint für Dich echt wichtig zu sein. Wenn jemand so empfindet, sollte man ihn nicht bedrängen, Beamen als Transportmittel zu benutzen. Aber was wäre, wenn Deine Frau das etwas rationaler sieht und sich beamen lässt? Wäre sie dann nicht mehr Deine Frau?

pyrrhon hat folgendes geschrieben:
Aber selbst wenn das der Fall ist (was beim Beamen ja nicht der Fall ist, wie Kramer schon geschrieben hat), dann gibt es immer noch zwei Ichs, die voneinander unabhängig sind und lediglich die Gemeinsamkeit haben, dass sie auf einen einziges Ich zurückgehen. Warum sollte man überhaupt das eine Ich töten dürfen und das andere nicht? (Die Bezeichnungen "Original" und "Kopie" sind meiner Meinung nach überhaupt irreführend, weil beide Ichs in jeder Hinsicht autonom, als verschieden anzusehen und im Grunde genommen Originale sind.) Du schreibst selber, dass es für beide Ichs bezüglich des Erlebens keinen Unterschied macht, aber gerade das macht es in meinen Augen so problematisch, irgendeines der beiden Ichs zu töten.

Vorsicht: das einzige "Ich", von dem wir sinnvoll reden können, ist die Folge von "Ich-Zuständen". Ein bewusstloses oder schlafendes Gehirn hat vorübergehend gar kein "Ich". Und das neue "Ich", welches im erwachenden Gehirn entsteht, ist verschieden von dem "Ich", welches vor dem Einschlafen da war, es hat lediglich seine Erinnerungen daran. Wurde das Gehirn dupliziert, dann würde das gleichermaßen für beide "Ichs" in den erwachenden Gehirne gelten.

Die Vernichtung der Vorlage würde also nicht erlebt werden.

Jetzt wird irgend jemand einwenden: nach dieser Logik dürfte man auch schlafende / bewusstlose Menschen töten. Ist aber nicht so, wenn man genauer analysiert, warum wir nicht getötet werden wollen: wir wollen nicht erleben, wie uns bewusst wird, dass unser "Ich" gleich verlöschen und dann nie mehr erwachen wird, und wir wollen uns auch nicht schlafen legen mit der Befürchtung, dass unser "Ich" nie mehr erwachen wird! Beide Befürchtungen wären aber beim Beamen gegenstandslos, wenn sichergestellt wäre, dass nicht nach dem Duplizieren zwei "Ichs" erwachen.
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Tarvoc
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Beitrag(#642726) Verfasst am: 17.01.2007, 11:02    Titel: Re: Was haben Atheisten dem Paradies und der Hölle entgegenzusetzen? Antworten mit Zitat

Latenight hat folgendes geschrieben:
Mittlerweile ist es anerkannt, dass der Cortex, in dem unsere ratio "sitzt" nur die zweite Geige spielt. Eine Strategie, die auf rationaler Überzeugung basiert, kann nicht funktionieren.

Ich habe aber nicht von rationaler Überzeugung geredet. Wo steht bitte in meinem Posting irgendwas von "rational" oder "Überzeugung"? Mit den Augen rollen

Latenight hat folgendes geschrieben:
Deswegen sind auch sog. kognitive Therapiekonzepte [...]

Von "kognitiven" Therapiekonzepten habe ich auch nicht gesprochen.
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musikdusche
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Beitrag(#642753) Verfasst am: 17.01.2007, 12:14    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:

Jetzt wird irgend jemand einwenden: nach dieser Logik dürfte man auch schlafende / bewusstlose Menschen töten. Ist aber nicht so, wenn man genauer analysiert, warum wir nicht getötet werden wollen: wir wollen nicht erleben, wie uns bewusst wird, dass unser "Ich" gleich verlöschen und dann nie mehr erwachen wird, und wir wollen uns auch nicht schlafen legen mit der Befürchtung, dass unser "Ich" nie mehr erwachen wird! Beide Befürchtungen wären aber beim Beamen gegenstandslos, wenn sichergestellt wäre, dass nicht nach dem Duplizieren zwei "Ichs" erwachen.


Ich finde koljas Ausführungen so haarsträubend wie einleuchtend. Es geht jetzt viellecht OT, aber nehmen wir an, wir reden über eine schwerstbehinderte Person, die sich ihrer eigenen Zukunft nicht wirklich bewusst werden kann. In dem Falle wäre also eine Tötung gerechtfertigt?
Und ein weiterer Kritikpunkt wäre: Das Schlimme an der oben skizzierten Tötung im Schlaf wäre offenbar nicht die Tötung selbst, sondern die Tatsache, dass man sich davor fürchtet.
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Latenight
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Beitrag(#642758) Verfasst am: 17.01.2007, 12:20    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Von "kognitiven" Therapiekonzepten habe ich auch nicht gesprochen.

Bei kognitiven Therapiekonzepten geht man vor, wie von dir beschrieben und versucht durch Information und Argumentation Störungsbilder zu bearbeiten.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Ich habe aber nicht von rationaler Überzeugung geredet. Wo steht bitte in meinem Posting irgendwas von "rational" oder "Überzeugung"?

Die Ausgangsfrage war, wie ein Atheist das Fehlen gewisser irrationaler Konzepte kompensieren kann.
Soll die Stärkung eines rational fundierten Weltbildes etwa nicht auch mit rational begründeten Methoden erfolgen?

Und Einstellungen, erst recht religiöse, durch Sachargumente (also auf kognitiver Ebene) bearbeiten zu wollen, funktioniert nur leidlich. Wenn man dem Stand der Forschung glauben mag. Übrigens bei sehr intelligenten und sehr dummen Menschen schlechter als bei durchschnittlich bemittelten.

Will ich auch nicht weiter diskutieren, ist mir nur aufgefallen.



kolja hat folgendes geschrieben:
Damit klebst Du aber stark an den derzeitigen Begriffe von "Körper" und "Tod", die natürlich von unseren derzeitigen Lebenswirklichkeiten geprägt werden. Wenn sich diese technologisch bedingt so drastisch verändern sollten, wie hier spekuliert, dann würden wir auch diese Begriffe entsprechend anders verwenden.

Richtig, damit klebe ich an einem Konzept, das von unserer Lebenswirklichkeit geprägt ist. Und ja auch in der Diskussion in unserem Rahem ständig so auftaucht. Die einen sagen, wenn der Körper nicht mehr lebt kommt die Seele in den Himmel oder in die Hölle, für die anderen fährt die Seele in einen anderen Körper und für wieder andere sind dann die Lichter ganz aus.
Der Tod des biologischen Körpers stellt also den zentralen Scheidepunkt in den Konzepten dar, die hier in der Regel auftauchen.

Meiner Meinung nach ist das Konzept der ausgehenden Lichter von unserem jetzigen Kenntnisstand auch sehr wahrscheinlich. Allerdings will ich zeigen, dass es nicht angebracht ist, dieses Konzept zum universal gültigen letzten Schluß und als einzige, mit der Ratio vereinbare Alternative zu behandeln. Und eben beispielsweise so weit zu gehen, diesbezüglich in Kategorien von "Lüge" und "Wahrheit" zu urteilen.
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hikanio
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Beitrag(#642761) Verfasst am: 17.01.2007, 12:26    Titel: Human? Angst! Antworten mit Zitat

Hmm worüber wird hier nun eigentlich diskutiert?
Das Zerstören eines Menschen ist in jedem Falle inhuman, grausam und verabscheuenswert. Egal ob es sich um eine Kopie oder ein Original handelt.
Dabei ist es auch völlig unerheblich, ob eine für die Umwelt perfekte Kopie geschaffen wurde und damit die Umwelt den Mord am Original komplett ignorieren kann.

Just my 2 cents...

Rainer
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Latenight
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Beitrag(#642763) Verfasst am: 17.01.2007, 12:31    Titel: Antworten mit Zitat

musikdusche hat folgendes geschrieben:
Es geht jetzt viellecht OT, aber nehmen wir an, wir reden über eine schwerstbehinderte Person, die sich ihrer eigenen Zukunft nicht wirklich bewusst werden kann. In dem Falle wäre also eine Tötung gerechtfertigt?


Der Unterschied zwischen dem kopierten "Original" und der schwersbehinderten Person liegt meiner Meinung nach in der Kontinuität des "Ichempfindens".

Wird der behinderte Mensch getötet, hört dieses eine einzigartige Bewusstsein auf zu existieren.
In koljas Fall existiert dieses eine einzigartige Bewusstsein jedoch weiter. Es wird allerdings unterbunden, dass das "Original" als eigenständiges zweistes Bewusstsein weiterexistiert und sich in eine eigene Richtung entwickelt.
Das ethische Problem hinter der Frage nach den Rechten des "Originals" liegt meinem Empfinden nach näher an der Empfängnisverhütung als am Mord. Ohne jetzt wirklich in eine von beiden Kategorien zu passen.
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kolja
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Beitrag(#642790) Verfasst am: 17.01.2007, 13:05    Titel: Antworten mit Zitat

musikdusche hat folgendes geschrieben:
Ich finde koljas Ausführungen so haarsträubend wie einleuchtend.

Ah, das ist doch mal ein Kompliment nach meinem Geschmack.

musikdusche hat folgendes geschrieben:
Es geht jetzt viellecht OT, aber nehmen wir an, wir reden über eine schwerstbehinderte Person, die sich ihrer eigenen Zukunft nicht wirklich bewusst werden kann. In dem Falle wäre also eine Tötung gerechtfertigt?

Ganz allgemein finde ich die leichtfertige Tötung eines empfindungsfähigen Lebewesens niemals gerechtfertigt, Latenight hat es bereits formuliert. Aber ich gebe zu, dass die Gründe gegen eine Tötung von Personen mit einem Bewusstsein ihrer selbst als in der Zeit kontinuierlich existierende Wesen schwerwiegender sind.

musikdusche hat folgendes geschrieben:
Und ein weiterer Kritikpunkt wäre: Das Schlimme an der oben skizzierten Tötung im Schlaf wäre offenbar nicht die Tötung selbst, sondern die Tatsache, dass man sich davor fürchtet.

Vielleicht etwas allgemeiner formuliert: weil wir selber nicht im Schlaf getötet werden wollen, fühlen wir uns in einer Gesellschaft mit einem entsprechenden Tötungstabu+Gesetzen+Abschreckungsmaßnahmen deutlich wohler. Außerdem gibt es da noch die Hinterbliebenen, die unter dem Verlust der Person leiden würden.
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Zuletzt bearbeitet von kolja am 17.01.2007, 13:08, insgesamt 2-mal bearbeitet
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kolja
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Beitrag(#642791) Verfasst am: 17.01.2007, 13:06    Titel: Re: Human? Angst! Antworten mit Zitat

hikanio hat folgendes geschrieben:
Dabei ist es auch völlig unerheblich, ob eine für die Umwelt perfekte Kopie geschaffen wurde und damit die Umwelt den Mord am Original komplett ignorieren kann.

Moment: es ging hier nicht (nur) um die Frage, ob die Umwelt den Unterschied bemerken würde, sondern vielmehr um die Frage, ob die Person selbst ihn bemerken würde.
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Tarvoc
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Beitrag(#642797) Verfasst am: 17.01.2007, 13:16    Titel: Antworten mit Zitat

Latenight hat folgendes geschrieben:
und versucht durch Information und Argumentation Störungsbilder zu bearbeiten.

Ich sprach aber nicht davon, dass man gegen einen Höllenglauben "argumentiert". Sondern davon, dass man seine Wirkungsweise als Machtmittel verstehen lernt.

Latenight hat folgendes geschrieben:
Die Ausgangsfrage war, wie ein Atheist das Fehlen gewisser irrationaler Konzepte kompensieren kann.

Nein. Die Ausgangsfrage war, wie der Atheismus das Fehlen von Machtmitteln wie z.B. dem Höllenglauben kompensieren kann.

Latenight hat folgendes geschrieben:
Soll die Stärkung eines rational fundierten Weltbildes etwa nicht auch mit rational begründeten Methoden erfolgen?

Von einem "rational fundierten Weltbild", wobei darunter sowieso sehr Verschiedenes verstanden werden kann und verstanden wird, habe ich aber auch nicht gesprochen.

Latenight hat folgendes geschrieben:
Und Einstellungen, erst recht religiöse, durch Sachargumente (also auf kognitiver Ebene) bearbeiten zu wollen, funktioniert nur leidlich.

Von "Sachargumenten auf kognitiver Ebene" habe ich aber ebenfalls nicht gesprochen.
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Zuletzt bearbeitet von Tarvoc am 17.01.2007, 13:28, insgesamt 8-mal bearbeitet
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hikanio
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Beitrag(#642798) Verfasst am: 17.01.2007, 13:17    Titel: Re: Human? Angst! Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
hikanio hat folgendes geschrieben:
Dabei ist es auch völlig unerheblich, ob eine für die Umwelt perfekte Kopie geschaffen wurde und damit die Umwelt den Mord am Original komplett ignorieren kann.

Moment: es ging hier nicht (nur) um die Frage, ob die Umwelt den Unterschied bemerken würde, sondern vielmehr um die Frage, ob die Person selbst ihn bemerken würde.


Schon klar. Mir geht es um die Sinnhaftigkeit dieser "hypothetischen " Diskussion über modernen Mord. Seitenweise intellektuell anspruchsvolle Diskussion über die mentale Erfahrung der eigenen Vernichtung.

Mir ging es ursprünglich bei diesem Thread um Ideen, mit der die Aufklärung in unserer Gesellschaft wieder vorangetrieben werden kann.

Gruss

Rainer
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