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Der Rücktritt vom Rücktritt vom Rücktritt...
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Nordseekrabbe
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Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 31152
Wohnort: Dresden

Beitrag(#34897) Verfasst am: 30.09.2003, 22:02    Titel: Der Rücktritt vom Rücktritt vom Rücktritt... Antworten mit Zitat

Diese dauernden Rücktrittsdrohungen von Bundeskanzler Schröder (heute soll er wieder mit Rücktritt gedroht haben, wenn seine Reformen bis Ende des Jahres auch von seiner eigenen Partei nicht auf den Weg gebracht seien...) nerven mich langsam richtig. Es ist dies jetzt glaube ich schon die insgesamt 7. Rücktrittsdrohung des Bundeskanzlers.

Hat der Mann denn nichts anderes zu tun - bzw. ist seine Argumentationskette für seine Reformen denn so dünn besiedelt - das er andauernd und permanent mit Rücktritt drohen muss? Dann bleiben ja die Regeln der Demokratie bzw. des menschlichen Miteinanders vollkommen ausser Kraft gesetzt.

Und das bei einer SPD, die gottseidank eben gerade nicht als Kanzler-Abnickpartei gilt, sondern als Diskussionspartei. Es brodelt also ausserordentlich und man darf also auf den kommenden SPD-Bundesparteitag in Bochum gespannt sein.

Aber zurück zum Thema: Auch Friedrich Merz hat sich dies, bei aller sonstigen Opposition, ja scheinbar vom Kanzler abgeguckt...

Also: Was bloß ist mit unseren Politikern los? Mit den Augen rollen Frage
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Gast






Beitrag(#34900) Verfasst am: 30.09.2003, 22:07    Titel: Re: Der Rücktritt vom Rücktritt vom Rücktritt... Antworten mit Zitat

Nordseekrabbe hat folgendes geschrieben:
Diese dauernden Rücktrittsdrohungen von Bundeskanzler Schröder (heute soll er wieder mit Rücktritt gedroht haben, wenn seine Reformen bis Ende des Jahres auch von seiner eigenen Partei nicht auf den Weg gebracht seien...) nerven mich langsam richtig. Es ist dies jetzt glaube ich schon die insgesamt 7. Rücktrittsdrohung des Bundeskanzlers.

Hat der Mann denn nichts anderes zu tun - bzw. ist seine Argumentationskette für seine Reformen denn so dünn besiedelt - das er andauernd und permanent mit Rücktritt drohen muss? Dann bleiben ja die Regeln der Demokratie bzw. des menschlichen Miteinanders vollkommen ausser Kraft gesetzt.

Und das bei einer SPD, die gottseidank eben gerade nicht als Kanzler-Abnickpartei gilt, sondern als Diskussionspartei. Es brodelt also ausserordentlich und man darf also auf den kommenden SPD-Bundesparteitag in Bochum gespannt sein.

Aber zurück zum Thema: Auch Friedrich Merz hat sich dies, bei aller sonstigen Opposition, ja scheinbar vom Kanzler abgeguckt...

Also: Was bloß ist mit unseren Politikern los? Mit den Augen rollen Frage


Das ist die Mitte - verlogen, populistisch und widerwärtig. Fast noch schlimmer als die Rechten - die sagen wenigstens gleich, mit welchem Abschaum sie sich ins Bett legen. Ungustiöses im Blickfeld
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max
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Anmeldungsdatum: 18.07.2003
Beiträge: 3055

Beitrag(#35767) Verfasst am: 03.10.2003, 12:24    Titel: Antworten mit Zitat

Nordseekrabbe hat folgendes geschrieben:
Und das bei einer SPD, die gottseidank eben gerade nicht als Kanzler-Abnickpartei gilt, sondern als Diskussionspartei. Es brodelt also ausserordentlich und man darf also auf den kommenden SPD-Bundesparteitag in Bochum gespannt sein.

Du redest wirklich von der heutigen SPD, die bis jetzt jede Massnahme von Schröder abgenickt hat? Es wird sicher auf dem Parteitag brodeln. Aber es wird wieder die Politik Schröders abgesegnet werden, da es doch darum geht, die SPD an der Macht zu halten. Da scheint es aber vielen egal zu sein, welche Politik dabei vertreten wird. Und die, für Inhalte wichtig sind, treten in Massen aus der SPD aus.

Hier ein netter Artikel zur heutigen Sozialdemokratie:
Schröder, Bush und die "Agenda 2010"
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Critic
oberflächlich



Anmeldungsdatum: 22.07.2003
Beiträge: 16142
Wohnort: Arena of Air

Beitrag(#35887) Verfasst am: 03.10.2003, 21:58    Titel: Antworten mit Zitat

Insbesondere werden SPD-intern (Münte hat ja anläßlich der dieswöchigen Abstimmungen wieder gegrollt) Kritiker mit ähnlichen Worten bedacht wie Gegner der Bush-Junta oder Menschen, die es ablehnen, für Ariel "Bulldozer" Scharon Frauen und Kinder zu töten: "Sie sind ignorant, und sie werden mit schwerer Bestrafung zu rechnen haben. Sie sind moralischen Argumenten überhaupt nicht mehr zugänglich." Traurig
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Dann bin ich halt bekloppt. Mit den Augen rollen

"Wahrheit läßt sich nicht zeigen, nur erfinden." (Max Frisch)
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Heike J
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Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 26284

Beitrag(#86312) Verfasst am: 06.02.2004, 12:57    Titel: Antworten mit Zitat

Nun ist es wohl soweit: Schröder gibt Vorsitz an Müntefering ab
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ric
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Beitrag(#86313) Verfasst am: 06.02.2004, 13:00    Titel: Antworten mit Zitat

Heike Jackler hat folgendes geschrieben:
Nun ist es wohl soweit: Schröder gibt Vorsitz an Müntefering ab
Wo hast Du das her? Am Kopf kratzen
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ric
Gast






Beitrag(#86316) Verfasst am: 06.02.2004, 13:02    Titel: Antworten mit Zitat

ric hat folgendes geschrieben:
Heike Jackler hat folgendes geschrieben:
Nun ist es wohl soweit: Schröder gibt Vorsitz an Müntefering ab
Wo hast Du das her? Am Kopf kratzen
Ach ja. Idee

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,285174,00.html
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defensor_fidei
Gast






Beitrag(#86319) Verfasst am: 06.02.2004, 13:05    Titel: Antworten mit Zitat

Es wird Zeit, daß Schröder als Verantwortlicher in allen Bereichen seinen Hut insgesamt nimmt ...

Er sollte Platz machen für einen fähigeren Menschen.
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frajo
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Anmeldungsdatum: 25.08.2003
Beiträge: 11440

Beitrag(#86389) Verfasst am: 06.02.2004, 14:06    Titel: Antworten mit Zitat

defensor_fidei hat folgendes geschrieben:
Es wird Zeit, daß Schröder als Verantwortlicher in allen Bereichen seinen Hut insgesamt nimmt ...

Er sollte Platz machen für einen fähigeren Menschen.

wir müssen anfangen, in strukturen zu denken.
es spielt fast keine rolle, wer auf diesem posten sitzt - das geflecht aus abhängigkeiten, aus einflußmöglichkeiten und möglichkeiten, beeinflußt zu werden, prägt mehr als jede individuelle note.

daher sind, wenn etwas geändert werden soll, nicht (nur) namen, sondern strukturen zu verändern.
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ric
Gast






Beitrag(#86399) Verfasst am: 06.02.2004, 14:12    Titel: Antworten mit Zitat

frajo hat folgendes geschrieben:
...daher sind, wenn etwas geändert werden soll, nicht (nur) namen, sondern strukturen zu verändern.
Bundesrat abschaffen.
Eine Regierung sollte endlich die volle Verantwortung für ihre Handlungen übernehmen.
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defensor_fidei
Gast






Beitrag(#86402) Verfasst am: 06.02.2004, 14:14    Titel: Antworten mit Zitat

frajo hat folgendes geschrieben:
defensor_fidei hat folgendes geschrieben:
Es wird Zeit, daß Schröder als Verantwortlicher in allen Bereichen seinen Hut insgesamt nimmt ...

Er sollte Platz machen für einen fähigeren Menschen.

wir müssen anfangen, in strukturen zu denken.
es spielt fast keine rolle, wer auf diesem posten sitzt - das geflecht aus abhängigkeiten, aus einflußmöglichkeiten und möglichkeiten, beeinflußt zu werden, prägt mehr als jede individuelle note.

daher sind, wenn etwas geändert werden soll, nicht (nur) namen, sondern strukturen zu verändern.


Das mit den "Strukturen" - da stimme ich dir voll zu, frajo.

Dennoch werden die politischen Entscheidungen - so wie sie zur Zeit in Deutschland über die Köpfe der Menschen "verfügt" werden - immer wieder dem Kanzler angelastet. Und zurecht finde ich.

Aber wie sollen denn die Strukturen ad hoc geändert werden - so mal auf die Schnelle? Das geht IMHO nicht.

Schröder und seine Genossen traten in einer Periode an, da das Zusammenwachsen von West und Ost noch nicht vollzogen war. Die Probleme, wie sie sich heute zeigen, sind doch - IMHO - immer noch von der Wiedervereinigung beeinflußt.

Schröder & Co. haben im Sinne einer konsequenten Politik versagt. Die Kontinuität ist nicht gewahrt geblieben. Skandale haben ihr Übriges beigetragen - wie die jüngsten Beispiele immer noch zeigen. Jeder will noch seine Vorteile ziehen.

Ich habe auch kein Lösungskonzept. Gutgemeinte Ratschläge sind mit Sicherheit von uns politischen Laien fehl am Platze.
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frajo
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Anmeldungsdatum: 25.08.2003
Beiträge: 11440

Beitrag(#86432) Verfasst am: 06.02.2004, 14:46    Titel: Antworten mit Zitat

defensor_fidei hat folgendes geschrieben:
frajo hat folgendes geschrieben:
defensor_fidei hat folgendes geschrieben:
Es wird Zeit, daß Schröder als Verantwortlicher in allen Bereichen seinen Hut insgesamt nimmt ...

Er sollte Platz machen für einen fähigeren Menschen.

wir müssen anfangen, in strukturen zu denken.
es spielt fast keine rolle, wer auf diesem posten sitzt - das geflecht aus abhängigkeiten, aus einflußmöglichkeiten und möglichkeiten, beeinflußt zu werden, prägt mehr als jede individuelle note.

daher sind, wenn etwas geändert werden soll, nicht (nur) namen, sondern strukturen zu verändern.


Das mit den "Strukturen" - da stimme ich dir voll zu, frajo.

Dennoch werden die politischen Entscheidungen - so wie sie zur Zeit in Deutschland über die Köpfe der Menschen "verfügt" werden - immer wieder dem Kanzler angelastet. Und zurecht finde ich.

natürlich ist jeder politiker verantwortlich dafür, daß er (a) politiker ist, (b) sich den nun einmal vorhandenen strukturen zur verfügung stellt. ein mensch mit anstand kann derzeit in D kaum ein höheres amt übernehmen.
wir müssen die (klammheimliche) argumentation/rechtfertigung dieser leute verstehen, bevor wir darangehen könne, etwas zu ändern:
"ja, ich weiß, mir sind in allen wichtigen angelegenheiten die hände gebunden; ja, ich weiß, ich muß auch vielen entscheidungen zustimmen, die mir eigentlich gegen den strich gehen. aber wenn ich es nicht täte, dann täte es jemand anderes, und dann käme es noch schlimmer."
so kommt das böse in die welt - seit 10000 jahren.
dennoch, es reicht bei weitem nicht, köpfe rollen zu lassen (es ist weder hinreichend noch notwendig, um präzise zu sein). selbst wenn es jeden monat einen neuen kanzler in D gäbe, würde sich an den verhältnissen nichts ändern, absolut nichts.

Zitat:
Aber wie sollen denn die Strukturen ad hoc geändert werden - so mal auf die Schnelle? Das geht IMHO nicht.
was tausende von jahren aufgetürmt wurde, bricht nicht an einem vormittag zusammen; das sind kinderträume. das dekonstruieren des lange konstruierten ist langwierig und schwierig, wollen wir verhindern, daß uns die herabfallenden trümmer erschlagen.

Zitat:
Schröder und seine Genossen traten in einer Periode an, da das Zusammenwachsen von West und Ost noch nicht vollzogen war. Die Probleme, wie sie sich heute zeigen, sind doch - IMHO - immer noch von der Wiedervereinigung beeinflußt.

die begriffe "zusammenwachsen" und "wiedervereinigung" sind nachgerade zynisch. ich pflegeauch nicht mit meinen brötchen zusammenzuwachsen, sondern ich futtere sie, auf daß es mir wohlergehe und ich (nicht das brötchen) länger lebe auf erden.
der ganze vereinnahmungsprozeß hat kaum etwas mit namen wie "schröder" oder "kohl" zu tun, aber sehr viel mit der entwicklung von profitraten.

Zitat:
Schröder & Co. haben im Sinne einer konsequenten Politik versagt. Die Kontinuität ist nicht gewahrt geblieben. Skandale haben ihr Übriges beigetragen - wie die jüngsten Beispiele immer noch zeigen. Jeder will noch seine Vorteile ziehen.

keineswegs "versagt". sie füllen die rolle, für die sie sich zur verfügung gestellt haben, so gut aus, wie es jeder andere (deutsche - in den USA sind etwas andere qualitäten gefragt) darsteller täte.
daß sie irgendwann an jemand anderen die rolle abtreten müssen, gehört zur inszenierung dessen, was sich im D der jetztzeit "demokratie" nennt. ihre entlohnung ist nicht so übel, verglichen mit dem, was den rollenverweigerern im politischen theater/ränke/spiel ins haus zu stehen pflegt.
Zitat:
Ich habe auch kein Lösungskonzept.
das mußt du auch nicht; es gibt reichlich ideen und vorstellungen; seit langer zeit und in ständiger weiterentwicklung.
Zitat:
Gutgemeinte Ratschläge sind mit Sicherheit von uns politischen Laien fehl am Platze.

nur ratschlägen zu folgen, ohne den eigenen verstand zu bemühen, läuft mit an sicherheit grenzender wahrscheinlichkeit auf mitläufertum hinaus.
nicht jeder mensch, der nicht in der politik aktiv ist, muß deshalb auch ein politischer laie sein. bei manchem treiben ist es sinnvoller, sich zu verweigern - zu widersagen.
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Nordseekrabbe
linker Autist



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 31152
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Beitrag(#86627) Verfasst am: 06.02.2004, 21:00    Titel: Antworten mit Zitat

Heike Jackler hat folgendes geschrieben:
Nun ist es wohl soweit: Schröder gibt Vorsitz an Müntefering ab


Ein überfälliger Schritt. Bundeskanzler und Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) in einer Hand - das konnte gerade bei der debattierfreudigen und Programmpartei SPD nicht gut gehen. Mit den Augen rollen Ausrufezeichen

Allerdings halte ich persönlich Franz Müntefering (der ja dafür seinen Posten als SPD-Generalsekretär abgibt) als SPD-Vorsitzenden auch nicht gerade für toll... Mit den Augen rollen

Müntefering ist ein linientreuer SPD-Parteisoldat, wie er im Buche steht... Mit den Augen rollen Geschockt
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Burkard Schulte-Vogelheim
Gast






Beitrag(#86838) Verfasst am: 07.02.2004, 11:20    Titel: Antworten mit Zitat

Nordseekrabbe hat folgendes geschrieben:
Ein überfälliger Schritt. Bundeskanzler und Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) in einer Hand - das konnte gerade bei der debattierfreudigen und Programmpartei SPD nicht gut gehen. Mit den Augen rollen Ausrufezeichen



Was war dann Willy Brandt? Der beste Bundeskanzler den die BRD je hatte und auf lange Sicht wohl auch bleiben wird. Willy Brandt, ein Intellektueller, international geachtet als Antifaschist, geachtet gleichermaßen bei Künstlern und Arbeitern. Von keinem seiner Nachfolger kann man dieses auch nur annähernd berichten.
Reichskanzler und Parteivorsitzende waren des weiteren Friedrich Ebert, Philipp Scheidemann und Hermann Müller und bis zur Kanzlerschaft Helmut Schmidts war es für die deutsche Sozialdemokratie eine Selbstverständlichkeit, daß der Vorsitzende auch der Kanzlerkandidat ist. Eine Ausnahme in dieser Reihe stellte Rudolf Scharping dar, der wohl eher eine Verlegenheitslösung war.

Was ist nun falsch gelaufen? Schröder wurde 1998 Kanzler vor allem, weil "der Dicke" vom Wähler als unerträglich empfunden wurde. Unerträglich seiner penetranten Selbstgerechtigkeit wegen, unerträglich in der Maßlosigkeit einen Platz in der "Gechichte" einzunehmen und unerträglich auch der politische Stillstand. Nicht unerträglich die durch die "geistig moralische Wende" (H. Kohl 1983) manifestierte gesellschaftliche Entsolidarisierung. Sowohl Lafontaine als auch Schröder war es bewußt, daß ein Programm gegen die "soziale Kälte" nicht mehrheitsfähig gewesen wäre, folgerichtig setzten sie dort an, wo Kohl aufhörte. Schröder, ein Konkursverwalter, Lafontaine, eine traurige Gestalt. Mehr war nicht drin. Mehr war nicht drin, im Bündnis mit dem Resozialisationsverein ehemaliger "Staatsfeinde". Schröder, ein kleiner Mann, der "was geworden" ist. Schröder, der bis auf die Figur seinen Vorgänger kopierte. Schröder, der Medienkanzler, der dem Pöbel das Wort redete. Kein Intellektueller, kein Visionär wie Willy Brandt oder Otto Wels.
Der Deutschen Arbeiterbewegung und damit auch der Sozilademokratie sei zu wünschen, daß sie nicht, wie nach Schmidt, die nach Schröder folgenden Jahre in der Opposition konzeptionslos verstreichen läßt, sondern für das eintritt, was sie von allen anderen Parteien unterscheidet: Für Solidartät.
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max
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Beitrag(#86890) Verfasst am: 07.02.2004, 13:39    Titel: Antworten mit Zitat

Burkard Schulte-Vogelheim hat folgendes geschrieben:
Schröder wurde 1998 Kanzler vor allem, weil "der Dicke" vom Wähler als unerträglich empfunden wurde. Unerträglich seiner penetranten Selbstgerechtigkeit wegen, unerträglich in der Maßlosigkeit einen Platz in der "Gechichte" einzunehmen und unerträglich auch der politische Stillstand. Nicht unerträglich die durch die "geistig moralische Wende" (H. Kohl 1983) manifestierte gesellschaftliche Entsolidarisierung. Sowohl Lafontaine als auch Schröder war es bewußt, daß ein Programm gegen die "soziale Kälte" nicht mehrheitsfähig gewesen wäre, folgerichtig setzten sie dort an, wo Kohl aufhörte.

Nach Umfragen von 1998 war die Mehrheit für klassische sozialdemokratische Reformen, also Ausbau des Sozialstaats. Es bestand ein krasser Gegensatz zwischen den Erwartungen in die SPD und ihren damals vertretenen Programm. Schröder setzte nicht deshalb Kohls Politik fort, weil eine andere Politik nicht mehrheitsfähig gewesen wäre, sondern weil er selbst inzwischen so weit ein Teil des Establishments geworden war, dass sich der Genosse der Bosse eine Politik gegen diese gar nicht mehr vorstellen konnte. Da die Bosse nicht für mehr soziale Gerechtigkeit, sondern für Angriffe auf die Arbeiterrechte und den Sozialstaat sind, hat Schröder diese Forderungen aufgegeben. Lafontaine hingegen musste erkennen, dass er seine reformistischen Positionen gegen das Kapital und den rechten Flügel der SPD alleine gestützt auf parlamentarische Mittel nicht durchsetzen konnte, was ihn zur Kapitulation und Rücktritt bewegte. Die Entwicklung der SPD seit 1998 ist typisch für reformistische Parteien. Statt ihre Strategie angesichts der heutigen Realität zu ändern, werfen sie lieber ihre politische Ziele über Bord und übernehmen konservative und neoliberale Positionen
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Nordseekrabbe
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Beitrag(#86900) Verfasst am: 07.02.2004, 14:01    Titel: Antworten mit Zitat

Burkard Schulte-Vogelheim hat folgendes geschrieben:
Nordseekrabbe hat folgendes geschrieben:
Ein überfälliger Schritt. Bundeskanzler und Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) in einer Hand - das konnte gerade bei der debattierfreudigen und Programmpartei SPD nicht gut gehen. Mit den Augen rollen Ausrufezeichen



Was war dann Willy Brandt? Der beste Bundeskanzler den die BRD je hatte und auf lange Sicht wohl auch bleiben wird.



Ganz genau. Aber Willy Brandt vermochte es auch, seine Partei hinter zu sich zu haben mit seiner Politik. Eine Eigenschaft, die man bei Gerhard Schröder vergeblich gesucht hat.
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max
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Beitrag(#86995) Verfasst am: 07.02.2004, 16:22    Titel: Antworten mit Zitat

Nordseekrabbe hat folgendes geschrieben:
Aber Willy Brandt vermochte es auch, seine Partei hinter zu sich zu haben mit seiner Politik. Eine Eigenschaft, die man bei Gerhard Schröder vergeblich gesucht hat.

Was aber auch für Brandt anfangs einfacher war, da es zu Beginn seiner Regierungszeit es noch möglich war soziale Reformen (also Verbesserungen) zu machen ohne dabei die Profite zu verringern. Aber schon zu Ende seiner Regierung änderte sich dies. Schmidt gab in der Konsequenz auch jeden Versuch auf Reformen durchzuführen. Schmidt war auch der erste Kanzler, der eine neoliberale Wirtschaftspolitk machte, was gemeinsam mit anderen rechten Massnahmen dafür verantwortlich war, dass die SPD die Unterstützung der Wähler verlor. Schmidt leitete eine Periode politischer Frustration ein, sprich die Regierungszeit Kohls.

Schröder kann heute keine klassische sozialdemokratische Politik machen, weshalb die Massenaustritte aus der SPD die logische Konsequenz sind. Auch Brandt könnte heute, wenn er auf der Basis einer reformistischen Politik verbleibt, keine andere Politik machen. Er würde wahrscheinlich noch einmal kapitulieren und zurücktreten und einem Genossen der Bosse Platz machen.
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frajo
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Beitrag(#87023) Verfasst am: 07.02.2004, 16:48    Titel: Antworten mit Zitat

angesichts der posthumen brandt-verehrung eine frage:
unter welcher kanzlerschaft wurden die berufsverbote eingeführt?
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Nordseekrabbe
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Beitrag(#87095) Verfasst am: 07.02.2004, 20:38    Titel: Antworten mit Zitat

frajo hat folgendes geschrieben:
angesichts der posthumen brandt-verehrung eine frage:
unter welcher kanzlerschaft wurden die berufsverbote eingeführt?


Hm..unter der von Willy Brandt? Mit den Augen rollen Frage

Das wird aber damit häufig nicht in Verbindung gebracht. Die Kanzlerschaft Willy Brandts wird mit der neuen Ostpolitik dieses Mannes in Verbindung gebracht, dem Aufbrechen von verkrusteten Strukturen in der Bundesrepublik Deutschland, dem Kniefall in Warschau... und auch der Guillome-Affäre. Mit den Augen rollen Smilie
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Beitrag(#87112) Verfasst am: 07.02.2004, 21:05    Titel: Antworten mit Zitat

Nordseekrabbe hat folgendes geschrieben:
frajo hat folgendes geschrieben:
angesichts der posthumen brandt-verehrung eine frage:
unter welcher kanzlerschaft wurden die berufsverbote eingeführt?


Hm..unter der von Willy Brandt? Mit den Augen rollen Frage

Das wird aber damit häufig nicht in Verbindung gebracht. Die Kanzlerschaft Willy Brandts wird mit der neuen Ostpolitik dieses Mannes in Verbindung gebracht, dem Aufbrechen von verkrusteten Strukturen in der Bundesrepublik Deutschland, dem Kniefall in Warschau... und auch der Guillome-Affäre. Mit den Augen rollen Smilie

tja, auch der heilige willy hat seine schattenseiten. Böse
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Burkard Schulte-Vogelheim
Gast






Beitrag(#87258) Verfasst am: 08.02.2004, 06:45    Titel: Antworten mit Zitat

frajo hat folgendes geschrieben:
angesichts der posthumen brandt-verehrung eine frage:
unter welcher kanzlerschaft wurden die berufsverbote eingeführt?


Nun, wie und unter welchem Klima in D. der Ministerpräsidentenerlaß 1972 zu Stande kam, das müßte doch bekannt sein. Bekannt sollte sein, wie die beiden Arbeiterparteien miteinander umgingen, dabei, so fürchte ich, würde die KPD um einiges schlechter wegkommen, als die SPD. Nicht so bekannt ist, daß trotz Unvereinbarkeitsbeschlüsse der SPD die, oft freundschaftlichen Kontake zwischen Kommunisten und Sozialdemokraten weiter bestanden. Freundschaften, die u.a. in der Hölle von Buchenwald entstanden, manifestiert durch den Buchenwald-Schwur. 1971 bestand die reale Gefahr, daß die noch junge DKP - und gegen sie wurden die Berufsverbote fast ausschließlich angewendet - verboten wurde. In NRW gab es Verhandlungen zwischen DKP, vertreten durch ihren Bezirksvorsitzenden Manfred Kappluck und dem damaligen Justizminister Dr. Dieter Posser, ehemaliger Anwalt verfolgter Kommunisten, wie das Verbot abzuwenden sei. Man einigigte sich, daß 2 Lehrer, die der DKP angehörten in den Schuldienst übernommen wurden, gleichzeitig dem Juristen Volker Goetz ein Berufsverbot auferlegt wurde, Volker Goetz, heute ein erfolgreicher Anwalt im Rheinland, ein Bauernopfer also. Von 1972 - 1975 kam es kaum zu Berufsverboten, von da an, bis 1982, wurde schon die Nähe zur DKP existenzbedrohend. Diese neue Form der Kommunistenverfolgung veranlaßten Willy Brandt 1978 im "Vorwärts" den Ministerpräsidentenerlaß als schweren Fehler einzugestehen.
Es hat nichts mit Verehrung zu tun, bezeugt man Willy Brandt Respekt. Respekt vor dem Mann, der 20jährig Deutschland verlassen mußte. Respekt dem Mann, der 1936 als Vertreter der Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP) gemeinsam mit Rudolf Breitscheidt für die SPD und Wilhelm Pieck für die KPD zur Einheitsfront aufrief. Und Respekt vor dem Mann, der als einziger Bundeskanzler der alten BRD international geachtet wurde. Geachtet, weil er zur Schuld Deutschlands stand und sich nicht, wie seine Nachfolger hinter "einer Pflicht" oder , noch schlimmer, "der Gnade der späten Geburt" versteckte.
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Burkard Schulte-Vogelheim
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Beitrag(#87261) Verfasst am: 08.02.2004, 07:43    Titel: Antworten mit Zitat

max hat folgendes geschrieben:
Nach Umfragen von 1998 war die Mehrheit für klassische sozialdemokratische Reformen, also Ausbau des Sozialstaats. Es bestand ein krasser Gegensatz zwischen den Erwartungen in die SPD und ihren damals vertretenen Programm.


Das stimmt und diese Mehrheit bestünde auch heute noch. Tapfer allerdings um die Frage nach den Kosten und den Kräfteverhältnissen zwischen Kapital und Staat gedrückt, bleibt dieser Wunsch ein frommer und unverbindlich. Wäre eine Mehrheit auch bereit gewesen, die unabwägbaren Risiken zu tragen, würden dem Kapital Schranken auferlegt? Und höchst fraglich, ob eine Mehrbelastung zu Gunsten sozial Schwacher ebenso mehrheitsfähig gewesen wäre. Schon der Schwindel mit der "Öko"-Steuer, der ja nichts anderes war, als eine einseitige Entlastung des Kapitals, in Erwägung der Kräfteverhälnisse aber durchaus legitim, zeigte deutlich, wie Schröder einen Teil seiner Wähler einschätzte.
Bereitschaft zur Solidarität, Bereitschaft also zu höheren Steuern, zu höheren Sozialabgaben? Gesellschaftliche Solidarität in D. als Selbstverständlichkeit oder im besten Sinne des Wortes als Leitkultur? Ein Konsens, der sich ganz bürgerlich auf den Artikel 1. des GG. beruft? Das doch wohl nicht. Das wußte Schröder, das wußte Lafontaine und so handelten sie. Es waren Untertanen oder, noch schlimmer "Kleine Leute", die an Wunder glauben wollten und der Regierung Schröder zur Mehrheit verhalfen. Untertanen, denen der Medienkanzler über die Bildzeitung prachtvoll das Wort redete. Klassenbewußte Arbeiter waren es nicht. Solidarität mit den Arbeitslosen, den Sozialhilfeempfängern? Ach was, Faulenzer, Sozialschmarotzer(!), alles O-Ton des Vorsitzenden einer sozialdemokratischen Partei und kaum einer widersprach.
Halten wir sozialistische Utopien einmal außen vor, dann bleibt festzustellen, daß solange keine mehrheitliche Bereitschaft zur Solidarität vorhanden ist, die SPD immer nur eine Interimslösung ist, die der Union den Weg bereitet. Solange also klassenbewußte Sozialdemokraten in den Betrieben, und die gibt es gar nicht mal so wenig, alleine gelassen werden bei ihrem unermüdlichen und äußerst mühsamen Ringen um Solidarität, solange wird sich nichts ändern und die SPD gerät in Gefahr überflüssig zu werden. Schadenfreude von "links" ist hier fehl am Platz denn die Gefahr, daß sich die übelsten Strömungen in der Arbeiterbewegung - und von denen gibt es viele - durchsetzen, die ist real.
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max
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Anmeldungsdatum: 18.07.2003
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Beitrag(#87267) Verfasst am: 08.02.2004, 10:05    Titel: Antworten mit Zitat

Burkard Schulte-Vogelheim hat folgendes geschrieben:
Schadenfreude von "links" ist hier fehl am Platz denn die Gefahr, daß sich die übelsten Strömungen in der Arbeiterbewegung - und von denen gibt es viele - durchsetzen, die ist real.

Die grösste Gefahr, dass sich rechte Ideen in der Arbeiterklasse verbreiten, geht aber offensichtlich von der SPD aus. Das geht von Schüren rassistischer Ideen ("Das Boot ist voll", Schily), Verbreitung neoliberaler ("wir müssen doch alle verzichten", "Eigenverantwortung", "Flexibilität", Hetze gegen Arbeitslose, Sozialhilfeempfänger etc.) und nationalistischer Ideologien ("Deutscher Weg", EU als besserer Imperialismus) zum Militarismus ("Deutschland wird am Hindukusch verteidigt", Kriegsminister Struck). Es gibt noch Leute an der Basis in der SPD, die gegen diese Ideen ankämpfen. Das Problem ist aber, dass solche Ideen aus dem Mund eines SPDlers ein anderes Gewicht haben, als wenn sie von einem bekannten Rechten kommen. Ich habe schon oft genug erlebt, dass Leute, die diese Ideen immer bekämpften so lange sie von der Union und "ihrer" Presse verbreitet wurde, aber sie selbst übernahmen, als diese auch von führenden SPDlern und "liberalen" Zeitungen verbreitet wurden.

Es ist klar, dass das Klassenbewusstsein und die Solidarität momentan gering ist, aber dagegen muss angekämpft werden. Es reicht nicht ein Problem festzustellen, es braucht einen Brauch mit den ehemaligen linken Parteien und einen politischen Neuanfang, der auch die Konsequenzen aus der Geschichte zieht. Und dazu gehört auch das komplette Versagen des Reformismus. Am besten lassen sich deren Misserfolge an den ursprünglichen Zielen und nicht an den heutigen stark degenerierten Ideen feststellen. Bernstein, Kautsky & Co meinten, dass es einen friedlichen, graduellen Übergang zum Sozialismus geben würde und deshalb nur für Bildung der Arbeiterklasse und für Reformen gekämpft werden müsste. Nach über 100 Jahren sind wir aber keinen Schritt näher an diesem Ziel. Diese politischen Vorstellungen sind gescheitert. Genauso sind die stalinistischen (und ihre maoistischen Abarten) Strategien gescheitert. Die stalinistischen Parteien sind heute von der Sozialdemokratie nicht mehr unterscheidbar, die ihrerseits kaum mehr Unterschiede zu den bürgerlichen Parteien aufweist. Die heutige marxistische Linke ist klein und zersplittert, was durch die historischen Entwicklung und unterschiedliche Schlussfolgerungen aus dieser bedingt ist. Es bringt aber nichts, jetzt Einheit um jeden Preis anzustreben, wenn die Folge die Wiederholung der alten Fehler ist und viel Aufbauarbeit wieder verschwendet wird, indem ein Partei à la SPD oder Grüne aufgebaut wird, die dann zwangsläufig degenerieren muss.
Burkard Schulte-Vogelheim hat folgendes geschrieben:
Wäre eine Mehrheit auch bereit gewesen, die unabwägbaren Risiken zu tragen, würden dem Kapital Schranken auferlegt?

Diese Frage ist nicht beantwortbar, wenn niemand es versucht und niemand versucht entsprechende Ideen zu propagieren. Von Seiten der SPD, Grüne und PDS gab es keine Versuche und die restliche Linke ist einfach organisatorisch noch nicht dazu in der Lage.
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frajo
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Beitrag(#87292) Verfasst am: 08.02.2004, 11:48    Titel: Antworten mit Zitat

Burkard Schulte-Vogelheim hat folgendes geschrieben:
frajo hat folgendes geschrieben:
angesichts der posthumen brandt-verehrung eine frage:
unter welcher kanzlerschaft wurden die berufsverbote eingeführt?


Nun, wie und unter welchem Klima in D. der Ministerpräsidentenerlaß 1972 zu Stande kam, das müßte doch bekannt sein.
kommt drauf an. das allgemeinwissen beim abitur verblaßt in den folgenden jahrzehnten ebenso zugunsten spezialwissens wie die erinnerung sowohl zu verklären als auch zu dämonisieren vermag.
Zitat:
Bekannt sollte sein, wie die beiden Arbeiterparteien miteinander umgingen,

sie sind - außerhalb von GlaBotKi - nie gleichstark gewesen. die formulierung "die beiden gehen miteinander um" ist geeignet, einiges, vor allem die wahren kräfte- und damit die verantwortungverhältnisse, zu verschleiern. die DKP war nie in der situation, landes- oder bundesgesetze mit zu beeinflussen. sie war auch nie in der lage, SPD-angehörige in existenznot zu bringen.
Zitat:
dabei, so fürchte ich, würde die KPD um einiges schlechter wegkommen, als die SPD.

das verstehe ich nicht. die KPD als partei existierte nicht, als die SPD tausende von menschen in existenznot stürzte.
Zitat:
Nicht so bekannt ist, daß trotz Unvereinbarkeitsbeschlüsse der SPD die, oft freundschaftlichen Kontake zwischen Kommunisten und Sozialdemokraten weiter bestanden.

ich spreche nicht von kommunisten, die in freundschaftlichen beziehungen zu sozialdemokraten standen, sondern von menschen, die in existentielle not gestürzt wurden.
Zitat:
Freundschaften, die u.a. in der Hölle von Buchenwald entstanden, manifestiert durch den Buchenwald-Schwur. 1971 bestand die reale Gefahr, daß die noch junge DKP - und gegen sie wurden die Berufsverbote fast ausschließlich angewendet - verboten wurde.

gegen die in amt und würden stehenden völkerrechtsbrecher und schreibtischtöter von heute sind die damals ihrer existenz beraubten menschen (ich spreche nicht von irgendwelchen parteien) ausbünde von wahrern der FDGO.
Zitat:
In NRW gab es Verhandlungen zwischen DKP, vertreten durch ihren Bezirksvorsitzenden Manfred Kappluck und dem damaligen Justizminister Dr. Dieter Posser, ehemaliger Anwalt verfolgter Kommunisten, wie das Verbot abzuwenden sei.

großkopfeten unter sich.
Zitat:
Man einigigte sich, daß 2 Lehrer, die der DKP angehörten in den Schuldienst übernommen wurden, gleichzeitig dem Juristen Volker Goetz ein Berufsverbot auferlegt wurde, Volker Goetz, heute ein erfolgreicher Anwalt im Rheinland, ein Bauernopfer also.

es handelte sich nicht nur um drei fälle. du versuchst, das unrecht, die tausende betreffende menschliche sauerei, kleinzureden.

Zitat:
Von 1972 - 1975 kam es kaum zu Berufsverboten, von da an, bis 1982, wurde schon die Nähe zur DKP existenzbedrohend. Diese neue Form der Kommunistenverfolgung veranlaßten Willy Brandt 1978 im "Vorwärts" den Ministerpräsidentenerlaß als schweren Fehler einzugestehen.
Es hat nichts mit Verehrung zu tun, bezeugt man Willy Brandt Respekt.

ich habe nichts gegen respekt. ich habe nur etwas gegen schönrednerei.

Zitat:
Respekt vor dem Mann, der 20jährig Deutschland verlassen mußte. Respekt dem Mann, der 1936 als Vertreter der Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP) gemeinsam mit Rudolf Breitscheidt für die SPD und Wilhelm Pieck für die KPD zur Einheitsfront aufrief. Und Respekt vor dem Mann, der als einziger Bundeskanzler der alten BRD international geachtet wurde. Geachtet, weil er zur Schuld Deutschlands stand und sich nicht, wie seine Nachfolger hinter "einer Pflicht" oder , noch schlimmer, "der Gnade der späten Geburt" versteckte.

ja, im vergleich mit anderen auf dem kanzlersessel war w.b. ein lichtblick.
seinen job hatte er jedoch jenen zu verdanken, die sich von ihm (zunächst) vertreten fühlten.
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Nav
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Beitrag(#87304) Verfasst am: 08.02.2004, 12:00    Titel: Antworten mit Zitat

Das klingt mir alles aber schon stark nach Joseph McCarthy. Erbrechen

Willy Brandt mag vieles geleistet haben, aber er hat die Demokratie verraten. So wie die SPD letztendlich dann auch den ersten Teil ihres Namens ("Sozial...") verraten hat.

Warum, warum nur muß ich da an den Begriff "Gelbe Gewerkschaft" denken? Weinen

Abgestumpft und durch Lügen geblendet, eingelullt... das ist das wahre Gesicht der heutigen deutschen "Sozialdemokratie".

Ich bin nur froh, daß wir hier in Österreich wenigstens noch ein paar anständige Leute bei den Roten haben (Fischer, Gusenbauer, Broukal,...), aber auch hier gab es schon Verbrecher wie einen Sinowatz oder einen Androsch oder gar diesen Löschnak (der eigentlich mehr ein FPÖ'ler als eine Roter war).
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Nordseekrabbe
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Beitrag(#87437) Verfasst am: 08.02.2004, 16:23    Titel: Antworten mit Zitat

Nav hat folgendes geschrieben:

Willy Brandt mag vieles geleistet haben, aber er hat die Demokratie verraten.


Von ihm stammt der Ausspruch: "...mehr Demokratie wagen." zwinkern
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Beitrag(#87444) Verfasst am: 08.02.2004, 16:28    Titel: Antworten mit Zitat

Nordseekrabbe hat folgendes geschrieben:
Nav hat folgendes geschrieben:

Willy Brandt mag vieles geleistet haben, aber er hat die Demokratie verraten.


Von ihm stammt der Ausspruch: "...mehr Demokratie wagen." zwinkern


Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern? zwinkern
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Nordseekrabbe
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Beitrag(#87446) Verfasst am: 08.02.2004, 16:33    Titel: Antworten mit Zitat

narziss hat folgendes geschrieben:
Nordseekrabbe hat folgendes geschrieben:
Nav hat folgendes geschrieben:

Willy Brandt mag vieles geleistet haben, aber er hat die Demokratie verraten.


Von ihm stammt der Ausspruch: "...mehr Demokratie wagen." zwinkern


Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern? zwinkern


Viele der Genossinnen und Genossen, die ich kenne bzw. kannte, sind in der Zeit der Bundeskanzlerschaft von Willy Brandt in die SPD eingetreten.
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Beitrag(#87671) Verfasst am: 08.02.2004, 22:55    Titel: Antworten mit Zitat

Nordseekrabbe hat folgendes geschrieben:
Viele der Genossinnen und Genossen, die ich kenne bzw. kannte, sind in der Zeit der Bundeskanzlerschaft von Willy Brandt in die SPD eingetreten.

... und haben jetzt ihre Illusionen verloren und treten wegen der rechten Politik des Genossen der Bossen in Massen aus der Partei aus.
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Burkard Schulte-Vogelheim
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Beitrag(#87919) Verfasst am: 09.02.2004, 11:59    Titel: Antworten mit Zitat

[quote="frajo"][kommt drauf an. das allgemeinwissen beim abitur verblaßt in den folgenden jahrzehnten ebenso zugunsten spezialwissens wie die erinnerung sowohl zu verklären als auch zu dämonisieren vermag.
[quote]

Wie es um das "Allgemeinwissen nach dem Abitur" bestellt ist, weiß ich nicht, da ich nur 8 Jahre die Volksschule besuchte. Bekannt sein dürfte trotzdem das FDJ-Verbot 1952. Bekannt sein des Weiteren das geringe Wahlergebnis der KPD 1949, bekannt daß sie 1953 an der 5%-Hürde scheiterte. Bekannt sein dürfte auch, daß die Ideologie des Antikommunismus, wie es Alexander Mitscherlich in seinem Buch "Die Unfähigkeit zu trauern" sehr richtig feststellte, nahtlos von Nazi-Deutschland auf die BRD überging; nicht nur diese. Und in diesem Klima war das KPD-Verbot folgerichtig, gegen eine Partei, die noch nicht einmal ansatzweise staatsgefährdend war. Das KPD-Verbot hatte zur Folge, daß fast alle Mitglieder dieser Partei mindestens einige Wochen Untersuchungshaft kassierten, bei anderen die Untersuchungshaft durch Prozeßverschleppung die eigentlich Haftzeit bei weitem überschritt. Das KPD-Verbot begünstigte die Denunziation eines jeden, der nicht konform mit der Adenauer-Republik war. Verfolgt wurden weit mehr als die KPD je an Mitgliedern hatte. Verfolgt wurden "Christen gegen den Atomkrieg", die "Deutsche Friedensunion", Anhänger des "Stockholmer Appells", es reichte außerdem die Denunziation der KPD-Nähe um zumindest in Untersuchungshaft genommen zu werden. Daß die Verfolgten häufig mit den gleichen Staatsanwälten und Richtern konfrontiert wurden, mit denen sie schon im NS-Staat Bekanntschaft machten, das sei nur am Rande erwähnt...
Über dieses Klima, geprägt von Untertanengeist, Mißgunst und Denunziation, berichtet Dieter Posser in seinem Buch "Anwalt im kalten Krieg". Man kann sich aber auch in den Stadtarchiven oder denen des Deutschen Gewerkschaftsbundes kundig machen, wenn nun "das Allgemeinwissen" verblaßt.
Unter den Gesichtspunkten, welche Auswirkungen ein DKP-Verbot gehabt hätte, war das Abwägen Willy Brandts durchaus legitim, zumal der Antikommunismus auch in der SPD und den Gewerkschaften stark verwurzelt war. Bekannt sind evtl. die maßlosen Sanktionen im Rahmen der RAF-Hysterie, verglichen mit der Verfolgung im Rahmen des KPD-Verbotes waren sie harmlos. Willy Brandt zeigte Größe, als er den Fehler des Ministerpräsidentenerlaß offen eingestand, deshalb auch, mein Respekt.

Zitat:
sie sind - außerhalb von GlaBotKi - nie gleichstark gewesen. die formulierung "die beiden gehen miteinander um" ist geeignet, einiges, vor allem die wahren kräfte- und damit die verantwortungverhältnisse, zu verschleiern. die DKP war nie in der situation, landes- oder bundesgesetze mit zu beeinflussen. sie war auch nie in der lage, SPD-angehörige in existenznot zu bringen.


Ich habe nirgendwo behauptet, daß die beiden Arbeiterparteien gleichstark waren, auch in Gladbeck in Bottrop nicht. Politisch war die DKP wie schon die KPD in der BRD bedeutungslos. Wenn von Arbeiterparteien die Rede ist, dann deshalb, weil beide Parteien über einen, ihrer Größe entsprechend, relevanten Arbeiteranteil verfügen, der in den Betrieben Betriebsgruppen stellt und eine Kontinuität in Betriebsrats- und Gewerkschaftsarbeit zeigt. Das haben beide Parteien, bzw. im Osten noch die andere sozialdemokratische Partei, allen anderen Parteien vorraus, was den Terminus "Arbeiterpartei" rechtfertigt. Über die Qualität kann man an anderer Stelle diskutieren.

Zitat:
das verstehe ich nicht. die KPD als partei existierte nicht, als die SPD tausende von menschen in existenznot stürzte
.


Es würde nun den Rahmen sprengen die Fehler, die zur Spaltung der Arbeiterklasse führten, oder sie gar zu analysieren, hier aufzuführen. Ich kann also nur in Stichworten darauf eingehen, warum ich die Fehler der KPD für gravierender halte: da ist vor allem die unselige "Sozialfaschimustheorie", da ist des weiteren die RGO-Politik, da ist die Unfähigkeit, gemeinsam mit den republikanischen Kräften sich auf einen gemeinsamen Kandidaten zur Reichspräsidentenwahl 1930 zu einigen - wohin das führte, das dürfte wohl bekannt sein. Nach dem Krieg dann u. a. in den Gewerkschaften der Versuch, gegen bestehende Beschlüsse eines Verbots der Fraktionsbildung zu verstoßen. Auf die Weise verlor die KPD u. a. den ehemaligen Buchenwaldhäftling Willy Bleicher, der, zu Recht, in der Einheitsgewerkschaft die größte Errungenschaft der Arbeiterbewegung sah, an die SPD. Gleichzeitig ermöglichte diese falsche Politik den Gewerkschaften reihenweise Kommunsten auszuschließen. Berüchtigt bei diesem Prozeß dabei die IG-Bau und die IG-Bergbau. Halbwegs ungeschoren kamen Kommunisten in der IG-Metall davon, u. a. Willy Bleichers wegen. Bei ihrer Gründung 1968 nannte Max Reimann diese Fehler und noch einige anderen, beim Namen. Auch hierzug seien die Archive der Arbeiterparteien und des DGB's empfohlen.


Zitat:
großkopfeten unter sich.


Das mußt Du mir näher erklären, denn dem Anschein nach verfügst Du über Kenntnisse betr. der Personen Manfred Kappluck und Dieter Posser, die die meinen überschreiten. Da bitte ich also um Aufklärung.

Zitat:
es handelte sich nicht nur um drei fälle. du versuchst, das unrecht, die tausende betreffende menschliche sauerei, kleinzureden.


Hier wird nichts kleingeredet, es wird festgestellt, unter welchen Abwägungen der Ministerpräsidentenerlaß zum Tragen kam. Die Berufsverbotspraxis begann nicht 1971, in diesem Jahr wurde die Regelanfrage beim VS eingeführt. Die Verhandlungen zwischen Kappluck und Posser wurden geführt um überhaupt Kommunisten den Eintritt in den Staatsdienst zu ermöglichen. So wahnsinnig die Hysterie auch war, die sich unter Helmut Schmidt entwickelte, so sei doch nicht vergessen, daß im Zusammenhang mit dem KPD-Verbot weit mehr Berufsverbote verhängt wurden als nach 1972. Du schreibst von "Tausenden Fällen", sicher bist Du besser informiert als ich. Mir sind ca. 950 Fälle - das ist schlimm genug - bekannt. Auch da meine Bitte um Aufklärung.

Zitat:
ich habe nichts gegen respekt. ich habe nur etwas gegen schönrednerei.


Wo ich hier schönrede weiß ich nicht. Die Person Willy Brandt aber auf den Ministerpräsidenterlaß und noch so einige anderen Fehler zu reduzieren, das ist reichlich oberflächlich.
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