Freigeisterhaus Foren-Übersicht
 FAQFAQ   SuchenSuchen   MitgliederlisteMitgliederliste   NutzungsbedingungenNutzungsbedingungen   BenutzergruppenBenutzergruppen   LinksLinks   RegistrierenRegistrieren 
 ProfilProfil   Einloggen, um private Nachrichten zu lesenEinloggen, um private Nachrichten zu lesen   LoginLogin 

Anarchie

 
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen   Drucker freundliche Ansicht    Freigeisterhaus Foren-Übersicht -> Kultur und Gesellschaft
Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen  
Autor Nachricht
Nergal
dauerhaft gesperrt



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 11433

Beitrag(#80853) Verfasst am: 25.01.2004, 16:39    Titel: Anarchie Antworten mit Zitat

Denkt ihr Anarchie (in ihrer ursprünglichen Form) ist möglich?
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Woici
ist vollkommen humorlos



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 7437
Wohnort: Em Schwobaländle

Beitrag(#80856) Verfasst am: 25.01.2004, 16:43    Titel: Re: Anarchie Antworten mit Zitat

Nergal hat folgendes geschrieben:
Denkt ihr Anarchie (in ihrer ursprünglichen Form) ist möglich?


nein
_________________
eigentlich bin ich ein ganz netter... und wenn ich freunde hätte, könnten die das auch bestätigen.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden Website dieses Benutzers besuchen ICQ-Nummer
max
registrierter User



Anmeldungsdatum: 18.07.2003
Beiträge: 3055

Beitrag(#80860) Verfasst am: 25.01.2004, 16:48    Titel: Antworten mit Zitat

Was verstehst du unter "ursprünglichen Form"?
_________________
Für die AGENDA 3010! 30-Stunden-Woche mit vollen Lohnausgleich und 10 Euro gesetzlicher Mindestlohn!

The only general I like is called strike
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden
Nergal
dauerhaft gesperrt



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 11433

Beitrag(#80868) Verfasst am: 25.01.2004, 17:08    Titel: Antworten mit Zitat

Gegen alle formen der Herrschaft gewendet, für selbstbestimmung usw.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
nocquae
diskriminiert nazis



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 18183

Beitrag(#80881) Verfasst am: 25.01.2004, 17:29    Titel: Re: Anarchie Antworten mit Zitat

Nergal hat folgendes geschrieben:
Denkt ihr Anarchie (in ihrer ursprünglichen Form) ist möglich?
Nein. Der Versuch, eine Anarchie durchzusetzen, würde in einem Schnelldurchlauf in Gesellsschaftsbildung enden. Zunächst würden Einzelne versuchen, sich faustrechtlich Vorteile zu verschaffen, woraufhin sich Schwächere in Gruppen zusammenschließen, um dies zu unterbinden ...
_________________
In Deutschland gilt derjenige, der auf den Schmutz hinweist, als viel gefährlicher, als derjenige, der den Schmutz macht.
-- Kurt Tucholsky
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden ICQ-Nummer
hefe
registrierter User



Anmeldungsdatum: 15.01.2004
Beiträge: 113
Wohnort: Wendelstein

Beitrag(#80882) Verfasst am: 25.01.2004, 17:31    Titel: Re: Anarchie Antworten mit Zitat

Nergal fragt:
Denkt ihr Anarchie (in ihrer ursprünglichen Form) ist möglich?

Ich denke ja. Sie waere natuerlich nicht unbedingt sofort in der "ursprünglichen Form" umsetzbar. Verschiedene Faktoren muessten sukzessive in der Gesellschaft und vor allem der politischen Willensbildung zugelassen/ eingefuehrt werden. Dazu gehoert auch, dass der Staat mit seinem Bildungsmonopol nicht nur seine, ihm genehmen Staatsideale in den Schulen favorisiert.

Die ueberwiegende Mehrheit spricht von DEMOKRATIE und vergisst dabei hinzuzufuegen, dass wir nur eine bestimmte Form von Demokratie verwirklicht haben: die repraesentative. Wir waehlen Repraesentanten, die nach der Annahme ihres Mandates so ziemlich voellig vergessen, wessen Interessen sie vertreten sollten (siehe imperatives Mandat). Viele politische Taetigkeiten dieser Mandatstraeger richten sich eher an eigenen Interessen und dem der herrschenden Oligarchie aus (siehe Lobbyismus). Mittlerweile ist darueber eine ziemliche Frustration beim Waehlervolk ausgebrochen, was sich in den meist sinkenden Wahlbeteiligungen wiederspiegelt. Teilweise ist es schon so, dass - bezogen auf die Gesamtheit der Einwohner eines Wahlbezirkes - nur noch der Stimmzettel von 20-25 Prozent der Bevoelkerung ausreicht, um einen Politiker die Wahl gewinnen zu lassen.

Mehr Info unter:

www.anarchismus.de
www.anarchie.de
_________________
"Die Skepsis breitet zu spät ihre Segnungen über uns aus, über unsere von Überzeugungen verwüsteten Gesichter" - E. M. Cioran
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
Alzi
registrierter User



Anmeldungsdatum: 22.07.2003
Beiträge: 2760
Wohnort: Oberfranken

Beitrag(#81424) Verfasst am: 26.01.2004, 17:07    Titel: Re: Anarchie Antworten mit Zitat

Nergal hat folgendes geschrieben:
Denkt ihr Anarchie (in ihrer ursprünglichen Form) ist möglich?


In einer kleinen und überschaubaren Gruppe: ja

auch hier kann es "Führer" geben, deren Akzeptanz aber auf eine größere (nützliche) Erfahrung, auf eine schnelle Auffassungsgabe oder auf eine interessantere "Spielleitung" fußt.
Niemand wird gezwungen, sich unterzuordnen, und eine eventuelle Führungsposition kann jederzeit wieder verlorengehen, wenn der Führer abschlafft.

Dagegen kann es in größeren (anonymen) Verbänden keine Anarchie geben - irgend jemand wird eine Situation gegen die Interessen anderer zu seinem eigenen Vorteil nutzen. Die Geschädigten haben keine Möglichkeit, regulierend einzugreifen, da man sich meist nicht einmal kennt oder die Übervorteilung konkret an dieser Person festmachen kann.

Anarchie heißt nicht, "ohne Regeln", sondern "ohne Herrschaft".
_________________
Wer heilt hat recht!
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
AhImSa
registrierter User



Anmeldungsdatum: 17.12.2003
Beiträge: 97
Wohnort: am Mond links vorbei auf den roten Stern

Beitrag(#81457) Verfasst am: 26.01.2004, 17:41    Titel: Re: Anarchie Antworten mit Zitat

Alzi hat folgendes geschrieben:
In einer kleinen und überschaubaren Gruppe: ja

in dieser form wirds von den anarcho-syndicalisten propagandiert, und dass das funktionieren könnte glaub ich auch.

Alzi hat folgendes geschrieben:

auch hier kann es "Führer" geben, deren Akzeptanz aber auf eine größere (nützliche) Erfahrung, auf eine schnelle Auffassungsgabe oder auf eine interessantere "Spielleitung" fußt.
Niemand wird gezwungen, sich unterzuordnen, und eine eventuelle Führungsposition kann jederzeit wieder verlorengehen, wenn der Führer abschlafft.


wiso führer? es langt doch wenn diese gruppe aus gleichberechtigten personen besteht, in der jede ihre besonderen fähigkeiten einbringt, die untereinander jedoch nicht in der wertung abgestuft werden.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden ICQ-Nummer
Teenieschwarm
registrierter User



Anmeldungsdatum: 24.01.2004
Beiträge: 11

Beitrag(#81471) Verfasst am: 26.01.2004, 17:56    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Denkt ihr Anarchie (in ihrer ursprünglichen Form) ist möglich?


Darüber habe ich mit einer sog. "Zecke" mal diskutiert. Wir waren ziemlich schnell am Ende.

Ich gebe den Chat mal wieder:

Ich hat folgendes geschrieben:
Hör mal, sobald Anarchie ausbricht, können die Nazis auch machen was sie wollen. Und als allererstes werden sie auf die Türken und Juden losgehen, und es wird keine "Bullenschweine" geben, die sie daran hindern.

Er hat folgendes geschrieben:
Dann kriegen die aber von uns gehörig eins auf die Fresse.

** Sachlicher Teil der Diskussion Ende **
Ich hat folgendes geschrieben:
Also die Zecken übernehmen die Funktion der "Bullenschweine"?

Er hat folgendes geschrieben:
Ne, aber die Nazis hauen wir zu brei!

Ich hat folgendes geschrieben:
Schonmal auf die Idee gekommen, dass sie vielleicht zahlenmäßig überlegen sind? Was ist, wenn sie gewinnen?

** Er verließ den Chat **

Anarchie ist IMHO ein Wunschdenken, dass hauptsächlich Kiddies entwicklen, die es satt sind, auf ihre Eltern und Lehrer hören zu müssen. Jeder von uns erlebt eine Zeit, in der er Autorität ablehnt, und wenn er etwas intelligenter ist, lässt er sich gerne auf solche Gedankenkonstrukte ein. Meistens vergessen die Kiddies dann eben, dass andere dann auch machen können, was sie wollen. Und das einzige, was Stärkere davon abhält, ihren Willen auf Kosten der anderen durchzusetzen, ist Recht und Ordnung. Sicher funktioniert es auch hier nicht immer perfekt, aber Anarchie würde die Sache total entfesseln. Und wie einer meiner Vorredner sagte, es würde sich in sehr kurzer Zeit wieder eine neue Gesellschaft mit Regeln, Recht und Ordnung bilden.

Wirkliche Anarchie kann man nur auf eine Weise haben: Man lebt alleine, irgendwo, wo das Handeln, wie immer es aussieht, keinen anderen Menschen betrifft.
_________________
Smilie
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Alzi
registrierter User



Anmeldungsdatum: 22.07.2003
Beiträge: 2760
Wohnort: Oberfranken

Beitrag(#81573) Verfasst am: 26.01.2004, 20:21    Titel: Re: Anarchie Antworten mit Zitat

AhImSa hat folgendes geschrieben:
wiso führer? es langt doch wenn diese gruppe aus gleichberechtigten personen besteht, in der jede ihre besonderen fähigkeiten einbringt, die untereinander jedoch nicht in der wertung abgestuft werden.


"Führer" ist keine Wertung.
Nicht nur ein Wortspiel: wenn eine Gruppe in einem unbekannten Gebiet unterwegs ist, dann wird automatisch derjenige zum Führer, der sich dort auskennt, und das kann auch ein Kind sein.

Beim Hausbau muß es jemanden geben, der weiß, wie es funktioniert, der den Überblick hat und die Arbeiten koordiniert.
Das heißt nicht, daß er sich alles herausnehmen kann, denn er muß jeden seiner Ratschläge auf Anfrage gut begründen können.
Kann er das nicht, muß er damit rechnen, daß einige sich gegängelt fühlen und nicht mehr mittun.
_________________
Wer heilt hat recht!
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Teenieschwarm
registrierter User



Anmeldungsdatum: 24.01.2004
Beiträge: 11

Beitrag(#81579) Verfasst am: 26.01.2004, 20:25    Titel: Antworten mit Zitat

@Alzi: Oder er muss stärker sein, dann bleibt er der Führer. Zumindest, solange es keine rechtsstaatliche Ordnung gibt, in der eine Verfassung über den Führern steht.
_________________
Smilie
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Ralf Rudolfy
Auf eigenen Wunsch deaktiviert.



Anmeldungsdatum: 11.12.2003
Beiträge: 26674

Beitrag(#81595) Verfasst am: 26.01.2004, 20:41    Titel: Antworten mit Zitat

Teenieschwarm hat folgendes geschrieben:
Und wie einer meiner Vorredner sagte, es würde sich in sehr kurzer Zeit wieder eine neue Gesellschaft mit Regeln, Recht und Ordnung bilden.

Bei einer anarchistischen Gesellschaft geht es nicht darum, Regeln und Ordnung abzuschaffen, sondern um Regeln und Ordnung, die von jenen, die ihnen unterworfen sind, in freier Vereinbarung gesetzt werden.

Es ist komisch, bei der ganzen Diskussion kommt immer wieder die Auffassung durch, daß man sich selbst selbstverständlich für fähig hält, sein Leben nach selbstbestimmten Regeln zu Leben, nur alle anderen sind dazu nicht fähig und bedürfen der Bevormundung.
_________________
Dadurch, daß ein Volk nicht mehr die Kraft oder Willen hat, sich in der Sphäre des Politischen zu halten, verschwindet das Politische nicht aus der Welt. Es verschwindet nur ein schwaches Volk. (Carl Schmitt)
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Teenieschwarm
registrierter User



Anmeldungsdatum: 24.01.2004
Beiträge: 11

Beitrag(#81598) Verfasst am: 26.01.2004, 20:45    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Bei einer anarchistischen Gesellschaft geht es nicht darum, Regeln und Ordnung abzuschaffen, sondern um Regeln und Ordnung, die von jenen, die ihnen unterworfen sind, in freier Vereinbarung gesetzt werden.


Anarchie bedeutet meines Wissens nach keine Herrschaft. Und selbst in deinem Modell hätte man ja die Möglichkeit, nicht mitzumachen. Und wenn Du solange Diskutieren willst, bis alle einverstanden sind, bist Du bei 100 Leuten schon ewig dran, geschweige dann bei fast 6 Milliarden!

Dein Modell erinnert mich aber eher ein wenig an Kommunismus. Oder man lässt Repräsentanten wählen, das wäre dann eine Demokratie.

Zitat:
Es ist komisch, bei der ganzen Diskussion kommt immer wieder die Auffassung durch, daß man sich selbst selbstverständlich für fähig hält, sein Leben nach selbstbestimmten Regeln zu Leben, nur alle anderen sind dazu nicht fähig und bedürfen der Bevormundung.


Einige sind es in der Tat, und andere in der Tat nicht. Ich halte von unseren 80 Millionen Bürgern auch höchstens eine Million für demokratiefähig. Keine Überheblichkeit, einfache Beobachtung.
_________________
Smilie
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Alzi
registrierter User



Anmeldungsdatum: 22.07.2003
Beiträge: 2760
Wohnort: Oberfranken

Beitrag(#81622) Verfasst am: 26.01.2004, 20:59    Titel: Antworten mit Zitat

Teenieschwarm hat folgendes geschrieben:
Wirkliche Anarchie kann man nur auf eine Weise haben: Man lebt alleine, irgendwo, wo das Handeln, wie immer es aussieht, keinen anderen Menschen betrifft.


Du hast nach meinem Dafürhalten den Gedanken der Anarchie falsch verstanden: Anarchie heißt ohne Herschaft, Anarchie heißt nicht ohne Regeln.

Spontanes Fußballspielen oder Streetball ist Anarchie: niemand ist der Herrscher, alle sind gleichberechtigt.
Das funktioniert, weil alle an einem Strang ziehen, weil alle spielen wollen.
Die nicht spielen wollen, schauen zu oder gehen weg.

Freiwillige Mitarbeit an einem Projekt bedeutet de facto Anarchie.
Als Mitarbeiter habe ich automatisch ein Mitspracherecht.
Nerven mich manche Dinge zu sehr, dann verlange ich Abhilfe, oder ich gehe. Wer an Mitarbeit interessiert ist, der muß den Leuten auch entgegenkommen und sie am Ball halten. Ja, es muß Spaß machen, man soll Freude daran haben.
Sobald der Einzelne keine Wahlfreiheit mehr hat, ohne dadurch gravierende Nachteile in Kauf zu nehmen, kann man mE nicht mehr von einer Anarchie reden.

Wie gesagt, bei größeren Gruppen geht es nicht ohne Herrschaft, das entstandene Machtvakuum würde sofort von potentiellen Diktatoren ausgefüllt werden, was an sich nicht schlecht sein muß.
Ein "guter" Diktator kann ein Volk klug und weise führen - aber das ist dann keine Anarchie.
_________________
Wer heilt hat recht!
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Ralf Rudolfy
Auf eigenen Wunsch deaktiviert.



Anmeldungsdatum: 11.12.2003
Beiträge: 26674

Beitrag(#81626) Verfasst am: 26.01.2004, 21:02    Titel: Antworten mit Zitat

Teenieschwarm hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Bei einer anarchistischen Gesellschaft geht es nicht darum, Regeln und Ordnung abzuschaffen, sondern um Regeln und Ordnung, die von jenen, die ihnen unterworfen sind, in freier Vereinbarung gesetzt werden.


Anarchie bedeutet meines Wissens nach keine Herrschaft. Und selbst in deinem Modell hätte man ja die Möglichkeit, nicht mitzumachen. Und wenn Du solange Diskutieren willst, bis alle einverstanden sind, bist Du bei 100 Leuten schon ewig dran, geschweige dann bei fast 6 Milliarden!


Deswegen beruht eine eine anarchistische Gesellschaft auf kleinen Organisationseinheiten, die es den Mitgliedern erlaubt, nach ihren Vorstellungen zu leben. Daß alle Erdbewohner in allen Details einen gemeinsamen Willen haben, ist selbstverständlich nicht realistisch, aber es ist doch gar nicht notwendig.

Zitat:
Dein Modell erinnert mich aber eher ein wenig an Kommunismus. Oder man lässt Repräsentanten wählen, das wäre dann eine Demokratie.

Richtig, Anarchie bedeutet letztendlich die konsequenteste Verwirklichung des Begriffs Demokratie: Das Volk bestimmt über sich selber. Wie Du es nennst, ist letztlich nicht entscheidend; zuweilen wird auch der Begriff Libertärer oder Freiheitlicher Kommunismus verwendet (als Abgrenzung zum autoritären Kommunismus, der behauptet, daß es ein objektives Gesamtinteresse gibt, das von einer Führungselite durchzusetzen ist).

Was ist das, was sich heute Demokratie nennt, denn anderes als eine reine Zuschauerdemokratie? Man darf alle paar Jahre ein Kreuzchen machen, um ein paar Posten im Staat zu besetzen und ist darüber hinaus von jeder Sachentscheidugn ausgeschlossen.

Zitat:
Zitat:
Es ist komisch, bei der ganzen Diskussion kommt immer wieder die Auffassung durch, daß man sich selbst selbstverständlich für fähig hält, sein Leben nach selbstbestimmten Regeln zu Leben, nur alle anderen sind dazu nicht fähig und bedürfen der Bevormundung.


Einige sind es in der Tat, und andere in der Tat nicht. Ich halte von unseren 80 Millionen Bürgern auch höchstens eine Million für demokratiefähig. Keine Überheblichkeit, einfache Beobachtung.


Und wie meinst Du, kommt das? Sind die einfach zu doof?

Zu welchem Teil zählst Du Dich selber? Und warum?
_________________
Dadurch, daß ein Volk nicht mehr die Kraft oder Willen hat, sich in der Sphäre des Politischen zu halten, verschwindet das Politische nicht aus der Welt. Es verschwindet nur ein schwaches Volk. (Carl Schmitt)
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Teenieschwarm
registrierter User



Anmeldungsdatum: 24.01.2004
Beiträge: 11

Beitrag(#81635) Verfasst am: 26.01.2004, 21:08    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Und wie meinst Du, kommt das? Sind die einfach zu doof?


Exakt! Geh mal auf ein Dieter Bohlen-Konzert und frage die Leute nach ihren Weltanschauungen, danach bist du auch kein Totaldemokrat mehr.

Zitat:
Zu welchem Teil zählst Du Dich selber? Und warum?


Ich würde schon sagen, dass ich demokratiefähig bin, da ich in der Lage bin, auch mehrschichtige Konsequenzen von politischen und gesellschaftlichen Zusammenhängen zu erkennen. Die Mehrheit der Leute ist es nicht.

Menschen sind nunmal nicht gleich. Sie sollten gleichberechtigt sein und die gleichen Chancen haben, aber nicht künstlich gleich gehalten werden. Das sind sie nämlich nicht.

Wer viel weiß und/oder viel arbeitet, der soll auch mehr bekommen, als derjenige, der nicht so viel leistet.
_________________
Smilie
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Alzi
registrierter User



Anmeldungsdatum: 22.07.2003
Beiträge: 2760
Wohnort: Oberfranken

Beitrag(#81638) Verfasst am: 26.01.2004, 21:10    Titel: Antworten mit Zitat

Teenieschwarm hat folgendes geschrieben:
@Alzi: Oder er muss stärker sein, dann bleibt er der Führer. Zumindest, solange es keine rechtsstaatliche Ordnung gibt, in der eine Verfassung über den Führern steht.


Wieso stärker?
Kein Einzelner ist "stärker" als alle anderen.
Der "Starke" bleibt dann eben allein, wenn er sich nur auf seine Stärke beruft, aber sonst nichts für die Gruppe beiträgt.
In meiner Jugend habe ich die Erfahrung gemacht, daß es meist die Cleveren oder Erfahrenen sind, die eine Gruppe anführen, nicht unbedingt die körperlich Stärksten.

Auch bei den "Glatzen" gilt: die Anführer sind nicht die Stärksten, sondern die Cleversten. Und die Starken tun das, was das Cleverle anschafft.
Ein lustiges Beispiel sind Asterix und Obelix: "ich denke und du bist."
_________________
Wer heilt hat recht!
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Alzi
registrierter User



Anmeldungsdatum: 22.07.2003
Beiträge: 2760
Wohnort: Oberfranken

Beitrag(#81645) Verfasst am: 26.01.2004, 21:17    Titel: Antworten mit Zitat

Teenieschwarm hat folgendes geschrieben:
Anarchie bedeutet meines Wissens nach keine Herrschaft. Und selbst in deinem Modell hätte man ja die Möglichkeit, nicht mitzumachen. Und wenn Du solange Diskutieren willst, bis alle einverstanden sind, bist Du bei 100 Leuten schon ewig dran, geschweige dann bei fast 6 Milliarden!

Dein Modell erinnert mich aber eher ein wenig an Kommunismus. Oder man lässt Repräsentanten wählen, das wäre dann eine Demokratie.


Du hast nicht genau gelesen, es ist mE hier unbestritten, daß bei größeren und unübersichtlichen Gruppen Anarchie nicht funktionieren kann - in das Machtvakuum würden sich sofort jede Menge Möchtegerndiktatoren stürzen.
Sie versprächen ihren treuen Anhängern entsprechende Vorteile und ruckzuck wären sie an der Macht.

Bei übersichtlichen Gruppen kann Anarchie sehr gut funktionieren und sie funktioniert auch.
_________________
Wer heilt hat recht!
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Ralf Rudolfy
Auf eigenen Wunsch deaktiviert.



Anmeldungsdatum: 11.12.2003
Beiträge: 26674

Beitrag(#81662) Verfasst am: 26.01.2004, 21:30    Titel: Antworten mit Zitat

Teenieschwarm hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Und wie meinst Du, kommt das? Sind die einfach zu doof?


Exakt! Geh mal auf ein Dieter Bohlen-Konzert und frage die Leute nach ihren Weltanschauungen, danach bist du auch kein Totaldemokrat mehr.


Stimmt. Aber warum sind sie zu doof? Mangelt es tatsächlich an Geistesfähigkeit oder werden die Leute nur doof gehalten? Wessen Bild der Welt von BILD und RTL geprägt wurde, hat unweigerlich einige Fähigkeiten eingebüßt. Und hat das etwa nicht Methode? Beschäftige die Leute mit einem Schwachsinn wie Dschungelshows, und sie sind ruhig.

Zitat:
Zitat:
Zu welchem Teil zählst Du Dich selber? Und warum?


Ich würde schon sagen, dass ich demokratiefähig bin, da ich in der Lage bin, auch mehrschichtige Konsequenzen von politischen und gesellschaftlichen Zusammenhängen zu erkennen. Die Mehrheit der Leute ist es nicht.

Meinst Du nicht, daß jemand, der dauernd die Erfahrung macht, daß sich politisches Engagement nicht lohnt, weil sowieso andere über ihn entscheiden, auch keine Motivation sieht, sich groß drum zu kümmern? Gesellschaftliche Kompetenz muß erlernt werden, und was einer nicht gelernt hat, und wofür es für ihn auch keinen Grund gab, es je zu lernen, das kann er selbstverständlich nicht.

Zitat:
Menschen sind nunmal nicht gleich. Sie sollten gleichberechtigt sein und die gleichen Chancen haben, aber nicht künstlich gleich gehalten werden. Das sind sie nämlich nicht.


Daß Menschen nicht gleicht sind, ist trivial. Jeder hat unterschiedliche Fähigkeiten. Es geht nicht darum, die Menschen zu nivellieren, sondern Bedingungen zu schaffen, die jedem die Entfaltung seiner Fähigkeiten ermöglichen.

Zitat:
Wer viel weiß und/oder viel arbeitet, der soll auch mehr bekommen, als derjenige, der nicht so viel leistet.

Da stimme ich völlig zu, denn das würde ich auch für gerecht empfinden. Nur muß doch mal gefragt werden, ob ein Konzernchef wirklich 100 mal mehr leistet und kann als ein Arbeiter. Nicht gerecht ist es in meinen Augen, wenn ein Konzernboß noch als Abfindung zweistellige Millionensummen scheffelt, während anderen, die den ganzen Tag schuften, das kaum den Lebensunterhalt einbringt.
_________________
Dadurch, daß ein Volk nicht mehr die Kraft oder Willen hat, sich in der Sphäre des Politischen zu halten, verschwindet das Politische nicht aus der Welt. Es verschwindet nur ein schwaches Volk. (Carl Schmitt)
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Ralf Rudolfy
Auf eigenen Wunsch deaktiviert.



Anmeldungsdatum: 11.12.2003
Beiträge: 26674

Beitrag(#81682) Verfasst am: 26.01.2004, 21:47    Titel: Antworten mit Zitat

Teenieschwarm hat folgendes geschrieben:
Wer viel weiß und/oder viel arbeitet, der soll auch mehr bekommen, als derjenige, der nicht so viel leistet.

Dazu noch ergänzend bemerkt: Wer macht wohl die nützlichere Arbeit? Auf wen könnte eine Gesellschaft eher verzichten:
Auf den Modedesigner oder den Schuster?
auf den Betriebswirtschaftler oder den Bäcker?
auf den Stararchitekten oder den Maurer?
auf den Bankboß oder die Putzkraft?
auf den Gentechniker oder den Bauern?
auf den "Superstar" oder die Krankenschwester?
(Liste beliebig fortsetzen)

Und wer "verdient" wohl mehr?
Die Frage kannst Du Dir selbst beantworten.

Sicher, man kann nicht auf Spezialisten verzichten, aber sie sind auch nur Teil eines Ganzen und sollten entsprechend ihren Fähigkeiten bezahlt werden (und somit müßte sich einer wie Dieter Bohlen einen nützlichen Beruf suchen, so ihn keiner fürs Rumkaspern alimentieren mag).
_________________
Dadurch, daß ein Volk nicht mehr die Kraft oder Willen hat, sich in der Sphäre des Politischen zu halten, verschwindet das Politische nicht aus der Welt. Es verschwindet nur ein schwaches Volk. (Carl Schmitt)
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Teenieschwarm
registrierter User



Anmeldungsdatum: 24.01.2004
Beiträge: 11

Beitrag(#81906) Verfasst am: 27.01.2004, 01:09    Titel: Antworten mit Zitat

Die Leute bezahlen aber Bohlen und andere intelektuelle Prostituierte. Und solange sie das tun, haben sie auch das Recht, dieses Geld für sich zu behalten, auch wenn dieses Beispiel mir auch immer wieder ein Dorn im Auge ist und nicht zuletzt ein Grund, wieso ich dieses Land verlassen habe!

Als ganzes, da gebe ich dir recht, ist die Krankenschwester natürlich ungleich wichtiger als Bohlen, aber das könnte sie sich auch deutlich besser bezahlen lassen. Frag mal nach, was in den USA eine Privatschwester so am Tag kostet!

Auch hier regiert das Gesetz von Angebot und Nachfrage. Wenn der Bäcker mir zu teuer wird, kaufe ich meine Brötchen woanders. Außerdem dürfen wir den I-Faktor hier nicht vergessen.

Bis auf einige Ausnahmen können theoretisch fast alle Berufe, die Du auf der "wichtigen" Seite genannt hast, auch von Maschinen mehr oder weniger gut oder sogar besser erfüllt werden.
_________________
Smilie
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Ilja
registrierter User



Anmeldungsdatum: 12.12.2003
Beiträge: 332

Beitrag(#92900) Verfasst am: 18.02.2004, 20:56    Titel: Antworten mit Zitat

Alzi hat folgendes geschrieben:
Teenieschwarm hat folgendes geschrieben:
Anarchie bedeutet meines Wissens nach keine Herrschaft.

Du hast nicht genau gelesen, es ist mE hier unbestritten, daß bei größeren und unübersichtlichen Gruppen Anarchie nicht funktionieren kann - in das Machtvakuum würden sich sofort jede Menge Möchtegerndiktatoren stürzen.


Na dann werde ich das mal bestreiten.

Warum funktioniert Anarchie in kleinen Gruppen? Weil man die anderen kennt und sich auf sie einrichten kann. Weil alle mitkriegen, was man anstellt. In großen Gesellschaften funktioniert Anarchie deswegen nicht, weil man nicht weiss, was der Fremde auf dem Kerbholz hat. Und der braucht daher Versprechen nicht zu halten, er kann es brechen und dann weiterziehen. Deswegen funktioniert Vertrauen nicht, und andere Kontrollmechanismen sind nötig.

Nur, inzwischen gibt es das Internet. Die Möglichkeit, Informationen über 6 Mrd. Leute im Augenblick zugreifbar zu machen, ist da. Also kann auch Vertrauen wieder funktionieren.

Nach dieser Vorrede zum Prinzip: Anarchie ist fehlende Herrschaft, und Herrschaft fehlt, wenn jeder und jede Organisation die Goldene Regel anerkennt. Dies bedeutet ja nicht, dass es keine bewaffneten Organisationen gibt, sondern nur, dass diese anderen bewaffneten Organisationen dieselben Rechte zubilligen wie sich selbst.

Das zweite Prinzip meines Anarchiemodells ist, dass jeder für sich die Rechte, die er jedem anderen zubilligt, und die Einschränkungen, die er sich selbst auferlegt, in eine globale Datenbank schreibt. Zusammen mit den Strafen, die er für eine Verletzung dieser Einschränkungen akzeptiert, und dem für eine Verurteilung zuständigen Gericht.

Eine mögliche Strafe für eine solche Verletzung ist die Veröffentlichung dieser Verletzung in der Datenbank.

So hat jeder seine eigenen Idealgesetze. Allzu gefährlich wird das nicht, denn wenn jemand sich das Recht nehmen will, andere zu ermorden, gibt er damit anderen das Recht, ihn zu ermorden. Es werden sich genug Leute finden, die Tötung im Einvernehmen ok finden, und die können unseren potentiellen Mörder jederzeit umbringen ohne Strafe dafür zu riskieren. Ich denke daher nicht, dass jemand Mord unbestraft lassen wird. Ähnlich funktioniert das mit Raub und Diebstahl.

Trotzdem gibt es natürlich genug Leute, deren Gesetze man selbst nicht billigen wird. Nur kann man das dann schnell feststellen. Technisch dürfte jeder eine Art Handy oder sonstiges Gerät haben, in dem man ein Anforderungsprofil speichert für Leute, mit denen man was zu tun haben will. So schnell wie man anderen guten Tag sagt kann gecheckt werden, ob der andere in das eigene Profil passt oder nicht.

Bisher verwenden wir äußere Merkmale, um in dieser Richtung eine erste Orientierung zu erhalten. Daraus ergeben sich ganz natürlich verschiedenste nationalistische und rassistische Vorurteile. Bräuchten wir dann nicht mehr.

Wir könnten uns auch Pädophiliediskussionen sparen. Die überbesorgte Mama bricht einfach den Kontakt zu Leuten ab, die nicht bereit sind, für Sex mit Kindern in den Knast zu gehen.

Sicherheit würde durch Polizeifirmen gewährleistet. Die schließen Verträge, aber das natürlich nur mit Leuten, die bereit sind, sich hinreichend zivilisiert zu verhalten. Sonderrechte für Polizisten gibt es auf dieser Basis aufgrund freiwilliger Verträge, und nur gegenüber Kunden.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Critic
oberflächlich



Anmeldungsdatum: 22.07.2003
Beiträge: 15979
Wohnort: Arena of Air

Beitrag(#93534) Verfasst am: 20.02.2004, 01:42    Titel: Antworten mit Zitat

Die Frage ist, in wieweit in der menschlichen Natur die Tendenz zur Elitenbildung verwurzelt ist und wieweit sie sich realisiert. Es hat in der Geschichte durchaus auch Phasen gegeben, in denen es keine gesellschaftlichen Eliten gegeben hat, weder in besitztechnischer noch etwa in spiritueller Hinsicht (Häuptlinge oder Priester), sondern i.w. alles in Abstimmung aller miteinander entschieden wurde.

Zumindest deutet etwa die Aufteilung der Parzellen in Catal Hüyük oder in Gesellschaften im Europa der frühen Bronzezeit darauf hin: Es hat keinen privilegierten Besitz gegeben - alle Gebäude waren i.a. gleich groß -, also auch wahrscheinlich keine privilegierte Herrschaft. [Oder die Gemeinschaft war schon so weit, daß sie selbst Teil eines Stammesgebietes, eines Staates war, so daß sich der Sitz der Herrschaft an einem anderen Ort befindet, außerhalb dieses prähistorischen "Kibbuz", oder wie man es nennen sollte.] Eine Gesellschaft ohne Elite, eine basisdemokratische Gesellschaft ohne einen politischen Aufsatz, ist also in Phasen, in denen die Lebensbedingungen vergleichsweise angenehm sind und keine Konflikte mit den Nachbarn herrschen, durchaus möglich. Eine Herrschaft etabliert sich dort, wo ein äußerer Druck herrscht oder die Lebensbedingungen sich verschlechtern, es wird dann jemand etwa als Dorfschulz, Häuptling, Feldherr, Pontifex Maximus auserkoren, der dann entweder in seinem Verständnis als Amtsträger oder als Machtträger agiert. Zumindest das Zweite ist eine tatsächliche Elitenbildung, weil ein Machtträger i.a. danach streben wird, diese Macht um der Macht willen zu behalten, während ein Amtsträger dieses sein Amt als Dienst an der Gemeinschaft begreift. Dies ist aber nicht leicht zu trennen.
_________________
"Die Pentagon-Gang wird in der Liste der Terrorgruppen geführt"

Dann bin ich halt bekloppt. Mit den Augen rollen

"Wahrheit läßt sich nicht zeigen, nur erfinden." (Max Frisch)
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
frajo
dauerhaft gesperrt



Anmeldungsdatum: 25.08.2003
Beiträge: 11440

Beitrag(#93537) Verfasst am: 20.02.2004, 01:59    Titel: Antworten mit Zitat

Critic hat folgendes geschrieben:
Eine Herrschaft etabliert sich dort, wo ein äußerer Druck herrscht oder die Lebensbedingungen sich verschlechtern, es wird dann jemand etwa als Dorfschulz, Häuptling, Feldherr, Pontifex Maximus auserkoren, der dann entweder in seinem Verständnis als Amtsträger oder als Machtträger agiert. Zumindest das Zweite ist eine tatsächliche Elitenbildung, weil ein Machtträger i.a. danach streben wird, diese Macht um der Macht willen zu behalten, während ein Amtsträger dieses sein Amt als Dienst an der Gemeinschaft begreift. Dies ist aber nicht leicht zu trennen.

ich sehe es genau andersherum:
die verbesserung der lebensqualität (durch die erfindung des landbewirtschaftens) führte zwangsläufig zur entstehung von hierarchien.
und zwar deshalb, weil die revolutionäre neuerung, die erstmals die menschen vom joch der ständigen futtermittelsuche befreite und es erlaubte, vorräte für karge zeiten anzulegen, nicht überall gleichzeitig und gleich erfolgreich ausbrach. die kleinen anfänglichen inhomogenitäten in der verteilung der lebensqualität wuchsen an, führten bei den umliegenden noch-jägern in den harten zeiten, wo wild nicht oder nur schwierig zu erlegen war, zum natürlichen versuch, sich aus den vorräten der landbauenden seßhaften zu bedienen, was wiederum diese veranlaßte, eine arbeitsteilung einzuführen: ein teil der leute ging aufs feld, ein anderer bewachte die vorräte. es entstand die soldatenkaste. als nächstes traten die organisatoren und planer auf den plan, die eingeführt wurden, um die bevorratung und die bewachung der vorräte zu managen.
usw. - der stein war ins rollen gekommen und rollt immer noch.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Critic
oberflächlich



Anmeldungsdatum: 22.07.2003
Beiträge: 15979
Wohnort: Arena of Air

Beitrag(#93544) Verfasst am: 20.02.2004, 02:57    Titel: Antworten mit Zitat

frajo hat folgendes geschrieben:

ich sehe es genau andersherum:


Ich weiß natürlich nicht, wie sich das gegenseitig bedingt hat: ob die Menschen sich zuerst gedacht haben, sie müßten ihre Habe schützen, bevor sie überhaupt das erste Mal überfallen wurden, oder ob sie zuerst gedacht haben, sie könnten weiter mit anderen koexistieren, und dann aber überfallen wurden, und eben daraus die Lehre gezogen haben, sie müßten ihre Habe schützen.

Wenn wir von einer Argumentation mit dem "Goldenen Zeitalter" Platons ausgehen, dann gälte das Zweite. Wenn wir aber ansehen, wie etwa Menschenaffen und auch schon Wölfe Revierkämpfe austragen, um ihre Ressourcen zu schützen, könnten wir annehmen, daß die frühen Ackerbauen ihre Ressourcen schon geschützt haben, bevor es überhaupt eine konkrete Bedrohung gegeben hat.

Wenn dies aber der Fall ist, dann haben alle anderen Gruppen auch aufgerüstet, um ihre Ressourcen zu schützen, oder im Fall einer Verknappung eben Nachbarn anzugreifen und deren Ressourcen zu stehlen.

Also bedingt sich der Sachverhalt vielleicht gegenseitig: wenn irgendwann einmal einer angefangen hat, dann muß der andere auch nachziehen, auch wenn er nicht von Anfang an dazu bereit war. Mit den Augen rollen
_________________
"Die Pentagon-Gang wird in der Liste der Terrorgruppen geführt"

Dann bin ich halt bekloppt. Mit den Augen rollen

"Wahrheit läßt sich nicht zeigen, nur erfinden." (Max Frisch)
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
frajo
dauerhaft gesperrt



Anmeldungsdatum: 25.08.2003
Beiträge: 11440

Beitrag(#93551) Verfasst am: 20.02.2004, 06:34    Titel: Antworten mit Zitat

Critic hat folgendes geschrieben:
frajo hat folgendes geschrieben:

ich sehe es genau andersherum:


Ich weiß natürlich nicht, wie sich das gegenseitig bedingt hat: ob die Menschen sich zuerst gedacht haben, sie müßten ihre Habe schützen, bevor sie überhaupt das erste Mal überfallen wurden, oder ob sie zuerst gedacht haben, sie könnten weiter mit anderen koexistieren, und dann aber überfallen wurden, und eben daraus die Lehre gezogen haben, sie müßten ihre Habe schützen.

Wenn wir von einer Argumentation mit dem "Goldenen Zeitalter" Platons ausgehen, dann gälte das Zweite. Wenn wir aber ansehen, wie etwa Menschenaffen und auch schon Wölfe Revierkämpfe austragen, um ihre Ressourcen zu schützen, könnten wir annehmen, daß die frühen Ackerbauen ihre Ressourcen schon geschützt haben, bevor es überhaupt eine konkrete Bedrohung gegeben hat.

Wenn dies aber der Fall ist, dann haben alle anderen Gruppen auch aufgerüstet, um ihre Ressourcen zu schützen, oder im Fall einer Verknappung eben Nachbarn anzugreifen und deren Ressourcen zu stehlen.

Also bedingt sich der Sachverhalt vielleicht gegenseitig: wenn irgendwann einmal einer angefangen hat, dann muß der andere auch nachziehen, auch wenn er nicht von Anfang an dazu bereit war. Mit den Augen rollen

deine überlegungen bestreite ich nicht.
jedoch werden sie nicht der revolutionären umwälzung gerecht, die durch die einführung der agrarwirtschaft stattfand.
natürlich ist anzunehmen, daß verschiedene gruppen von jägern sich immer schon gegenseitig beraubt haben und daß auch entsprechende vorsichtsmaßnahmen (nachtwächter z.b.) schon jahrzehntausende kultiviert worden waren. aber die beute einer jägergruppe reicht immer nur für ein paar tage; wenn es hoch kommt, vielleicht auch für zwei wochen. beutekonkurrenten waren da nicht nur andere jägergruppen, sondern vor allem auch raubtiere und der rasche verderb. der gewinn einer räubergruppe war somit gerade mal für ein paar tage gut.
dies alles änderte sich dramatisch mit der erfindung der landbebauung. auf einmal war es möglich, vorräte für monate anzulegen statt nur für tage. d.h. die diskrepanz zwischen dem jagdertrag und dem ertrag eines raubzugs in der bäuerlichen siedlung betrug größenordnungen. dementsprechend größer war auch der raubanreiz, der von bäuerlichen vorräten ausging, gegenüber dem raubanreiz, der von der beute einer jägergruppe ausging.
die eskalation von angriffs-und verteidigungsmaßnahmen war damit zementiert. nicht ein mythischer menschlicher "charakter" ist ausschlaggebend für die entwicklung, sondern die durch inhomogene versorgungsstrukturen vorgegebenen bahnen für die weiteren 10000 jahre.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:   
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen   Drucker freundliche Ansicht    Freigeisterhaus Foren-Übersicht -> Kultur und Gesellschaft Alle Zeiten sind GMT + 1 Stunde
Seite 1 von 1

 
Gehe zu:  
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben.
Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten.
Du kannst deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten.
Du kannst deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht mitmachen.



Impressum & Datenschutz


Powered by phpBB © 2001, 2005 phpBB Group