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Ist die Philosophie tot?
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Marcellinus
Outsider



Anmeldungsdatum: 27.05.2009
Beiträge: 7429

Beitrag(#2056078) Verfasst am: 18.05.2016, 12:56    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:

Die Wirklichkeit kann sich nicht als widersprüchlich erweisen, da logische Unmöglichkeit physikalische Unmöglichkeit einschließt. Wenn ein Physiker behauptet, widersprüchliche physikalische Tatsachen festgestellt zu haben, dann weiß ich a priori, dass dies eine falsche Behauptung ist. Das logische Nichtwiderspruchsgesetz ist keine empirische Hypothese, die durch Beobachtungen widerlegt werden kann.


Sondern? Was ist das "logische Nichtwiderspruchsgesetz" dann? Eine "ewige Wahrheit"?


Ja, eine ewige, notwendige Wahrheit, eine, die in allen möglichen Welten besteht. In unmöglichen Welten besteht sie nicht, aber die wirkliche Welt ist ja keine von diesen, da sie eine der möglichen Welten ist.


Ich habe mal ein bißchen nach dem Stichwort „Nichtwiderspruchsgesetz“ gesucht, und fand dort als Antwort auf deinen Glauben an diese „ewige, notwendige Wahrheit in allen möglichen Welten“, von der a priori feststehe, „daß das logisch Unmögliche physikalisch unmöglich sei“, unter der Überschrift „Physik muß man nicht „glauben““, folgende Antwort:

„Logik ist die Lehre des vernünftigen Schlussfolgerns. (Wikipedia)

Sie beruht also auf dem was jemandem zu einem bestimmten Zeitpunkt "vernünftig" erscheint. Insofern unterscheidet sie sich dadurch von der Mathematik, die ausgehend von sehr einfachen Grundgesetzen komplexe und belastbare Aussagen möglich macht.

Physik ist die Repräsentation der Mathematik in der Wirklichkeit und sie kümmert sich nicht darum, ob wir etwas als "vernünftig" ansehen oder nicht. Das spannende an der Quantenphysik ist ja eben die Tatsache, dass die geltenden Gesetze im kleinen den Erfahrungen des Alltags widersprechen. Insofern muss sich der "gesunde Menschenverstand" gelegentlich der Beobachtung beugen. Dem Einen mag es "logisch" erscheinen, dass man nach dem Tod in den Himmel kommt, dem Anderen, dass vom Vollmond bestrahltes Wasser mit kosmischer Energie aufgeladen wird, oder dass die Alltags Erfahrung, ein Objekt kann nicht gleichzeitig an zwei verschiedenen Orten sein, in der Größenordnung der Quantenwelt weiterhin uneingeschränkt gültig ist.

Die Aufgabe der Wissenschaft und in diesem Fall der Physik ist es, diese naheliegenden und "logischen" Schlussfolgerungen akribisch zu prüfen und den Glauben von der Wirklichkeit zu unterscheiden. Manchmal mit überraschenden Resultaten. Mit zunehmender Erkenntnis ändert sich dann auch die Ansicht was "vernünftig" und demnach "logisch" ist.“

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"Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."

Friedrich Nietzsche
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Marcellinus
Outsider



Anmeldungsdatum: 27.05.2009
Beiträge: 7429

Beitrag(#2056081) Verfasst am: 18.05.2016, 12:59    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
"Mögliche Welten". Meiner Ansicht nach eines derjenigen aus der Philosophie stammenden Konzepte, die man am besten möglichst schnell möglichst gründlich wieder loswird. Pfeifen

(Nachtrag: Ich hab' nichts gegen die Mehrwelteninterpretation der Quantenmechanik, insoweit ich sie überhaupt verstehe. Leider meinen Philosophen mit "mögliche Welt" aber was anderes.)


Sind Spekulationen über "mögliche Welten" nicht eh besser in der Science Fiction aufgehoben? Zumindest sind sie dort weit unterhaltsamer. zwinkern
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Friedrich Nietzsche
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zelig
Kultürlich



Anmeldungsdatum: 31.03.2004
Beiträge: 25405

Beitrag(#2056084) Verfasst am: 18.05.2016, 13:29    Titel: Antworten mit Zitat

Die Rede von den möglichen Welten hatte oder hat den Sinn, daß man überlegt, ob man sich überhaupt Umstände vorstellen kann, unter denen eine Angelegenheit sich anders Verhalten könnte. Jedenfalls in diesem Zusammenhang. Hypothetische Überlegungen werden in allen Wissenschaften angestellt. Es ist zum Beispiel ein herausforderndes Rätsel, warum die Naturkonstanten genau die Werte haben, die unsere Existenz überhaupt ermöglichen. Die Anfangsbedingungen unseres Universum scheinen nämlich sehr speziell zu sein. So daß die Existenz eines toten Universums sehr viel plausibler erscheint, als die des unsrigen. Physiker und Astronomen stellen laufend hypothetische Gedanken zu den möglichen Welten mit anderen Startbedingungen an - damit wir unsere Welt besser verstehen lernen.
Auf die Logik bezogen könnte man zB überlegen, ob eine Aussage in irgendeiner denkbaren Realität zugleich wahr und nicht wahr sein könnte. Wenn man zu der Auffassung gelangt (und ich glaube das ist der Stand der Dinge), daß das nicht der Fall ist, dann handelt es wohl tatsächlich um eine "ewige Wahrheit", um die spöttische Formulierung aufzugreifen.
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smallie
resistent!?



Anmeldungsdatum: 02.04.2010
Beiträge: 3658

Beitrag(#2056112) Verfasst am: 18.05.2016, 17:09    Titel: Antworten mit Zitat

Myron und zelig haben bereits erkannt, wo's hapert.

Das selbe noch mal in meinen Worten:

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
In der dialektischen Logik gilt im Gegensatz zur klassischen Logik nicht einfach der Satz des *tertium non datur*, sondern das in der klassischen Logik ausgeschlossene Dritte wird z.B. als Synthese und Weiterentwicklung zweier widersprüchlicher Positionen vorgestellt.

Ich denke, hier liegt ein Mißverständnis vor. Du meinst natürlichsprachliche Sätze und Begriffe seien ebenso präzise wie formallogische.

Vermutlich gibt einen Jargon, für das was ich sagen will, aber ich kenne ihn nicht. Deshalb in meinen Privatbegriffen. Man muß unterscheiden zwischen:

    - formaler Logik
    - Domänen- oder Weltenlogik


In der formalen Logik geht es um Schlußregeln und Wahrheitswerte.

    wahr & wahr --> wahr
    wahr & falsch --> falsch

    a & (a ==> b) ==> b




In der Weltenlogik geht es um die Gegenstände der Welt und ihre Beziehungen.

Ich bau mal schnell eine Beispielwelt. Sie hat einen Himmel mit Sonnenschein oder Wolken, darunter eine Wiese. Wenn es regnet, ist die Wiese naß. Nach einer Stunde Sonnenschein ist sie wieder trocken. Aus diesem Weltwissen lassen sich mittels formaler Logik Fakten ableiten. Die Wiese ist naß? Dann muß es vor höchstens einer Stunde geregnet haben.

Was formale Logik nicht leisten kann: neues Weltwissen herzuleiten ohne relevante, neue Beobachtungen.

    - es regnet, aber die Wiese wird nicht naß. Klar, da hat jemand einen Schirm aufgestellt.
    - es hat nicht geregnet, trotzdem ist die Wiese an einer Stelle naß. Klar, an dieser Stelle hat sich eine Kuh erleichtert.


Neue Elemente der "Domänenlogik" wie der Schirm und die Kuh lassen sich nicht formal aus meiner Beispielwelt erschließen. Genau das scheint Hegel aber mittels der dialektischen Logik zu versuchen.


Siehe auch Myrons Zitat:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
Die Errichtung spekulativer Luftschlösser à la Hegel is zu Recht "out" (...)

"Unsere Zeit glaubt nicht mehr an die Möglichkeit, durch dialektische Begriffsentwicklung die Gedanken oder den Sinn der Wirklichkeit a priori zu erkennen. ....

(Paulsen, Friedrich. Einleitung in die Philosophie. 15. Aufl. Stuttgart: Cotta, 1906. S. 16)




Zurück zum Thema *tertium non datur*, das ausgeschlossene Dritte.

Natürliche Sprache arbeitet mit schwammigen Begriffen. Bei dieser Schwammigkeit ist Drittes nie ausgeschlossen. Begriffe wandeln sich. Partikel heißt immer noch Partikel, aber gestern dachte man ein Partikel ist etwas wie ein Ziegelstein, heute denkt man, ein Partikel ist ein Wellenpaket. Der Fehler ist zu meinen, die Ziegelnatur von Partikeln sei bewiesen, sobald sie für Ziegel von einem Kubikmillimeter aufwärts bewiesen ist.


Drei saloppe Beispiele:

    (1) entweder eine ganze Zahl ist gerade oder sie ist ungerade.
    (2) entweder man lebt, oder man ist tot.
    (3) entweder man ist weiblich, oder man ist männlich.


Bei (1) ist das ausgeschlossene Dritte berechtigt.
Bei (2) müßte ich exotische Beispiele bringen, damit es falsch wäre. Meh, gut, Vieren sind jetzt nicht so exotisch.
(3) ist falsch. Es gibt XX, XY, XYY, XXY und so weiter. Wir haben noch nicht mal Namen für diese Kombinationen von Geschlechtschromosomen.


Diese Begriffswandlungen oder Begriffsunschärfen lassen sich nicht formal herleiten, sie müssen intuitiv und durch Beobachtung gefunden werden. Sonst hätten bereits die Menschen der Antike die ganze Welt durch Nachdenken erklären können. Dümmer als wir waren sie nicht - es fehlten ihnen nur die notwendigen Beobachtungen.



PS:

Der Satz vom ausgeschlossenen Dritten spielt auch in der Geschichte der Mathematik eine Rolle. Aber das würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen. Vielleicht komm ich nochmal darauf zurück, wenn es passt.
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Myron
Metaphysischer Materialist



Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3526

Beitrag(#2056113) Verfasst am: 18.05.2016, 17:09    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Ich habe mal ein bißchen nach dem Stichwort „Nichtwiderspruchsgesetz“ gesucht, und fand dort als Antwort auf deinen Glauben an diese „ewige, notwendige Wahrheit in allen möglichen Welten“, von der a priori feststehe, „daß das logisch Unmögliche physikalisch unmöglich sei“, unter der Überschrift „Physik muß man nicht „glauben““, folgende Antwort:

"Logik ist die Lehre des vernünftigen Schlussfolgerns." (Wikipedia)

Sie beruht also auf dem was jemandem zu einem bestimmten Zeitpunkt "vernünftig" erscheint. Insofern unterscheidet sie sich dadurch von der Mathematik, die ausgehend von sehr einfachen Grundgesetzen komplexe und belastbare Aussagen möglich macht.


Die obige Definition ist psychologistisch, weil sie Denkvorgänge zum Gegenstand der Logik macht, was der Vater der modernen formalen Logik, Gottlob Frege, aufs Schärfste kritisiert hat. Nicht Denkvorgänge, sondern Zusammenhänge von Gedanken bilden den Gegenstand der Logik, wobei Gedanken im Sinne Freges keine konkreten, psychischen Sachen, d.h. keine Denkungen, sind, sondern abstrakte Sachen, die weder psychischer noch physischer Natur sind. Fregesche Gedanken sind Aussagen, aber keine sprachlichen Aussagesätze, sondern dasjenige Übersprachliche, was Aussagesätze aussagen. Im Englischen wird dafür das Wort "proposition" gebraucht. Entsprechend heißt die Aussagenlogik ("Gedankenlogik") im Englischen "propositional logic".

Was schlussfolgerndes Denken vernünftig macht, ist Folgerichtigkeit, welches Merkmal durch die logischen Gesetze bestimmt wird. Diese sind keine psychologischen Denkgesetze. Man muss nicht logisch, d.h. folgerichtig, denken, und viele tun es ja auch nicht; aber wenn man logisch denken und sozusagen die Spur der Wahrheit verfolgen will, dann muss man sich nach den logischen Gesetzen richten.

"Wie die Ethik kann man auch die Logik eine normative Wissenschaft nennen. Wie muss ich denken, um das Ziel, die Wahrheit, zu erreichen? Die Beantwortung dieser Frage erwarten wir von der Logik, aber wir verlangen nicht von ihr, dass sie auf das Besondere jedes Wissensgebietes und deren Gegenstände eingehe; sondern nur das Allgemeinste, was für alle Gebiete des Denkens Geltung hat, anzugeben, weisen wir der Logik als Aufgabe zu. Die Regeln für unser Denken und Fürwahrhalten müssen wir [als] bestimmt denken durch die Gesetze des Wahrseins. Mit diesen sind jene gegeben. Wir können mithin auch sagen: die Logik ist die Wissenschaft der allgemeinsten Gesetze des Wahrseins."

(Frege, Gottlob. "Logik." 1897. In Gottlob Frege: Schriften zur Logik und Sprachphilosophie; Aus dem Nachlass, hrsg. v. Gottfried Gabriel, 4. Aufl., 35-73. Hamburg: Meiner, 2001. S. 38-9)

Fußnote:
Frege war ein logischer Absolutist oder Monist in dem Sinne, dass er glaubte, es gebe nur ein korrektes logisches System mit universeller Geltung. Ich weiß, dass einige Logiker anderer Meinung sind und einen logischen Relativismus oder Pluralismus vertreten, welcher in einen reinen Konventionalismus münden kann, dem zufolge logische Systeme oder Kalküle nichts weiter als formale Spiele mit konventionellen, d.h. willkürlich festgelegten, Regeln sind.

Logical Pluralism: http://plato.stanford.edu/entries/logical-pluralism/
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Marcellinus
Outsider



Anmeldungsdatum: 27.05.2009
Beiträge: 7429

Beitrag(#2056115) Verfasst am: 18.05.2016, 17:17    Titel: Antworten mit Zitat

Ich denke zwar, daß das geht am Problem, „daß das logisch Unmögliche physikalisch unmöglich sei“, vorbei geht, aber das macht nichts.
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Myron
Metaphysischer Materialist



Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3526

Beitrag(#2056117) Verfasst am: 18.05.2016, 17:18    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
"Mögliche Welten". Meiner Ansicht nach eines derjenigen aus der Philosophie stammenden Konzepte, die man am besten möglichst schnell möglichst gründlich wieder loswird. Pfeifen

(Nachtrag: Ich hab' nichts gegen die Mehrwelteninterpretation der Quantenmechanik, insoweit ich sie überhaupt verstehe. Leider meinen Philosophen mit "mögliche Welt" aber was anderes.)

Sind Spekulationen über "mögliche Welten" nicht eh besser in der Science Fiction aufgehoben? Zumindest sind sie dort weit unterhaltsamer. zwinkern


Über die Ontologie möglicher Welten müssen wir hier nicht streiten, weil ich diesen Begriff lediglich zur Veranschaulichung gebraucht habe.

Possible Worlds: http://plato.stanford.edu/entries/possible-worlds/

Impossible Worlds: http://plato.stanford.edu/entries/impossible-worlds/
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Myron
Metaphysischer Materialist



Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3526

Beitrag(#2056118) Verfasst am: 18.05.2016, 17:19    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Ich denke zwar, daß das geht am Problem, „daß das logisch Unmögliche physikalisch unmöglich sei“, vorbei geht, aber das macht nichts.


Worauf genau bezieht sich "das"?
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Marcellinus
Outsider



Anmeldungsdatum: 27.05.2009
Beiträge: 7429

Beitrag(#2056125) Verfasst am: 18.05.2016, 17:36    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Ich denke zwar, daß das geht am Problem, „daß das logisch Unmögliche physikalisch unmöglich sei“, vorbei geht, aber das macht nichts.


Worauf genau bezieht sich "das"?


Welches "das"? Smilie
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smallie
resistent!?



Anmeldungsdatum: 02.04.2010
Beiträge: 3658

Beitrag(#2056126) Verfasst am: 18.05.2016, 17:40    Titel: Re: Realität und Dialektik Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Wie Waldwuffel richtig erkannt hat, müsste man dann die *klassische Logik* ändern, bzw. ihren beschränkten Gültigkeitsbereich angeben, so wie es ja auch für die Newton'sche Physik geschehen ist, die eben nur für kleine Geschwindigkeiten Sinn macht.

Nun ja. Newton selbst hegte Zweifel an der logischen Richtigkeit seiner Gravitationstheorie. Es leuchtete ihm nicht ein, wie eine Wirkung - etwa wenn ich hier einen Stuhl verrücke, instantan und ohne Übertragungsmedium auf den Mond und alle andere Gestirne wirken sollte.

Diese Details geraten bei der allgemeinen Darstellung Newtons gerne unter die Räder. So was sollte im Physikunterricht eigentlich auch erwähnt werden.


Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Und hier macht es eben Sinn, wenn Heisenberg davon spricht, dass sich Physik immer mehr der Dialektik annähert. Er hat eben erkannt, dass die herkömmliche, statische Logik der umfassenden Wirklichkeit nicht mehr gerecht wird ...-

Du traust dich was. Du traust dich aus ein paar dürren Zeilen herauszulesen, wie Heisenberg zur Hegelschen Dialektik stand?


Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Zitat:
„Die Natur offenbart uns immer mehr ihren dialektischen Charakter, gerade im Bereich der Elementarteilchen. Aber die meisten Menschen können die Dialektik nicht vertragen – auch die Regierenden können das nicht. Dialektik schafft Unruhe und Unordnung. Die Menschen wollen eindeutige und konfektionierte Ansichten zur Verfügung haben.“

http://www.linksnet.de/de/artikel/24102

Quellenbezug: Robert Havemann Bibliographie: Mit unveröffentlichten Texten aus dem Nachlass
von Werner Theuer, Bernd Florath, S. 288 f.



All dies ist ja wohl kaum zu ignorieren und sollte demzufolge im weiteren Diskussionsverlauf berücksichtigt werden anstatt immer die selben dümmlichen Klischees wieder zu käuen ...-

Diese drei Sätze machen Heisenberg nicht zum Hegelianer. zwinkern Da möchte ich erst den Zusammenhang kennen, in dem sie gesagt wurden.

Hier einige Zitate aus Heisenbergs Der Teil und das Ganze. Heisenberg erzählt von einem Gespräch zwischen ihm, Wolfgang Pauli und Otto Laporte.

Das trug sich 1921 zu. Damals war das Bohrsche Atommodell noch kein Jahrzehnt alt.

Zitat:
Der Begriff »Verstehen« in der modernen Physik

Wolfgang fragte mich einmal - ich glaube, es war abends im Wirtshaus in Grainau - ob ich die Einsteinsche Relativitätstheorie verstanden hätte, die im Sommerfeldschen Seminar eine so große Rolle spielte. Ich konnte nur antworten, daß ich das nicht wisse, da mir nicht klar sei, was eigentlich das Wort »Verstehen« in unserer Naturwissenschaft bedeute. Das mathematische Gerüst der Relativitätstheorie mache mir zwar keine Schwierigkeiten; aber damit hätte ich doch wohl noch nicht verstanden, warum ein bewegter Beobachter mit dem Wort »Zeit« etwas anderes meine als ein ruhender Beobachter. Diese Verwirrung des Zeitbegriffs bleibe mir unheimlich und insofern auch noch unverständlich.

»Aber wenn du das mathematische Gerüst kennst«, wandte Wolfgang ein, »so kannst du doch für jedes gegebene Experiment ausrechnen, was der ruhende Beobachter und was der bewegte Beobachter wahrnehmen oder messen wird. Du weißt auch, daß wir allen Grund haben anzunehmen, daß ein wirkliches Experiment genauso ausfallen wird, wie die Rechnung vorhersagt. Was verlangst du dann mehr?«

[...]

Otto empfand meine Skrupel als unbegründet.

»In der Schulphilosophie sieht es freilich so aus«, meinte er, »als ob solche Begriffe wie ›Raum‹ und ›Zeit‹ schon eine feste, nicht mehr zu ändernde Bedeutung hätten. Aber das zeigt eben nur, daß diese Schulphilosophie falsch ist. Ich kann mit schön formulierten Redensarten über das ›Wesen‹ von Raum und Zeit nichts anfangen. Du hast dich wahrscheinlich schon zuviel mit Philosophie beschäftigt. Aber du solltest auch die beherzigenswerte Definition kennen: ›Philosophie ist der systematische Mißbrauch einer eigens zu diesem Zwecke erfundenen Nomenklatur‹.

Jeder Absolutheitsanspruch ist eben von vorneherein abzulehnen. In Wirklichkeit sollte man nur solche Wörter oder Begriffe benutzen, die unmittelbar auf sinnliche Wahrnehmung bezogen werden können, wobei man sinnliche Wahrnehmung natürlich auch durch kompliziertere physikalische Beobachtung ersetzen darf. Solche Begriffe können ohne viel Erklärung verstanden werden.

Gerade dieser Rückgriff auf das Beobachtbare war Einsteins großes Verdienst. Einstein ist mit Recht in seiner Relativitätstheorie von der banalen Feststellung ausgegangen: Zeit ist das, was man von der Uhr abliest. Wenn du dich an solche banale Bedeutung der Wörter hältst, so gibt es in der Relativitätstheorie keine Schwierigkeiten. Sobald eine Theorie gestattet, das Ergebnis der Beobachtungen richtig vorherzusagen, so liefert sie damit auch alles, was für ein Verständnis nötig ist.«

Wolfgang machte dazu einige Vorbehalte. [...]

http://brilliant-learning.com/wp-content/uploads/downloads/2013/04/Werner-Heisenberg-Der-Teil-und-das-Ganze.pdf

So geht es dann noch eine Weile hin- und her. Ganz interessant, aber ich möchte keine Bleiwüste einstellen.
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Myron
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Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3526

Beitrag(#2056128) Verfasst am: 18.05.2016, 17:43    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
Zurück zum Thema *tertium non datur*, das ausgeschlossene Dritte.
Natürliche Sprache arbeitet mit schwammigen Begriffen. Bei dieser Schwammigkeit ist Drittes nie ausgeschlossen. Begriffe wandeln sich. Partikel heißt immer noch Partikel, aber gestern dachte man ein Partikel ist etwas wie ein Ziegelstein, heute denkt man, ein Partikel ist ein Wellenpaket.


Hier gibt es übrigens ein schwerwiegendes Problem:

"Wellenpakete freier, massiver Teilchen zerfließen, weil sie aus Anteilen mit unterschiedlichen Impulsen und daher unterschiedlichen Geschwindigkeiten zusammengesetzt sind."

Quelle: http://theory.gsi.de/~vanhees/faq/qm/node51.html

"What appeared to be localised particles are really moving `wave packets', or localised concentrations of waves. This view has the difficulty, however, that the wave packets do not remain localised after any length of time. In rectilinear unperturbed motion, for example, the different frequencies in the wave packet move at slightly different velocities, so the wave packet will eventually become more and more spread out."

Quelle: http://www.generativescience.org/books/pnb/quantum-ontologies.html

Die Instabilität von Wellenpaketen ist mit der Stabilität von Teilchen schwerlich vereinbar.

smallie hat folgendes geschrieben:
Drei saloppe Beispiele:

    (1) entweder eine ganze Zahl ist gerade oder sie ist ungerade.
    (2) entweder man lebt, oder man ist tot.
    (3) entweder man ist weiblich, oder man ist männlich.


Bei (1) ist das ausgeschlossene Dritte berechtigt.
Bei (2) müßte ich exotische Beispiele bringen, damit es falsch wäre. Meh, gut, Vieren sind jetzt nicht so exotisch.
(3) ist falsch. Es gibt XX, XY, XYY, XXY und so weiter. Wir haben noch nicht mal Namen für diese Kombinationen von Geschlechtschromosomen.

Diese Begriffswandlungen oder Begriffsunschärfen lassen sich nicht formal herleiten, sie müssen intuitiv und durch Beobachtung gefunden werden. Sonst hätten bereits die Menschen der Antike die ganze Welt durch Nachdenken erklären können. Dümmer als wir waren sie nicht - es fehlten ihnen nur die notwendigen Beobachtungen.


Die klassische Disjunktion ist nicht exklusiv ("entweder…oder…"), sondern inklusiv ("…oder…"), d.h. "p v q" ist auch dann wahr, wenn sowohl p als auch q wahr ist. Es gibt allerdings eine Ausnahme für den Fall, dass q = ~p: p v ~p. Denn es kann nicht sein, dass sowohl p als auch ~p wahr ist.
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
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Beitrag(#2056170) Verfasst am: 18.05.2016, 21:15    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Die Rede von den möglichen Welten hatte oder hat den Sinn, daß man überlegt, ob man sich überhaupt Umstände vorstellen kann, unter denen eine Angelegenheit sich anders Verhalten könnte. Jedenfalls in diesem Zusammenhang.

Nur setzt man damit eben schon voraus, dass die Grenzen der eigenen Vorstellungskraft auch die Grenzen der Welt sind.
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Beiträge: 44199

Beitrag(#2056171) Verfasst am: 18.05.2016, 21:17    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
Du meinst natürlichsprachliche Sätze und Begriffe seien ebenso präzise wie formallogische.

Wenn wir von gesellschaftlicher Dialektik sprechen, dann hat das m.E. in der Tat primär deshalb einen Sinn, weil sich Gesellschaft nicht formallogisch darstellen lässt und alle relevanten Interaktionen in natürlicher Sprache ablaufen. Die formale Logik hat eben Grenzen, was die Darstellung der Wirklichkeit angeht.

smallie hat folgendes geschrieben:
Ich bau mal schnell eine Beispielwelt.

Das ist genau der Grund, warum ich mit der Rede von "möglichen Welten" Schwierigkeiten habe. De Fakto ist das, was ein Philosoph meint, wenn er von einer "möglichen Welt" redet, einfach eine mögliche Gesamtheit widerspruchsfreier Sätze innerhalb einer nicht-parakonsistenten Logik. Dass eine solche "mögliche Welt" nicht widersprüchlich sein kann, ergibt sich tautologisch aus der Definition. Nur verwenden die meisten Philosophen (inklusive Myron hier), wenn von "möglichen Welten" sprechen, diesen Ausdruck so, als sei damit etwas gemeint, das äquivalent zu dem ist, was wir im Alltag die (wirkliche) Welt nennen. Nur ist es das eben nicht.
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Beiträge: 3326

Beitrag(#2056186) Verfasst am: 18.05.2016, 22:02    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Du meinst natürlichsprachliche Sätze und Begriffe seien ebenso präzise wie formallogische.

Wenn wir von gesellschaftlicher Dialektik sprechen, dann hat das m.E. in der Tat primär deshalb einen Sinn, weil sich Gesellschaft nicht formallogisch darstellen lässt und alle relevanten Interaktionen in natürlicher Sprache ablaufen. Die formale Logik hat eben Grenzen, was die Darstellung der Wirklichkeit angeht.

Aber warum wird vorausgesetzt, dass Natur und Kultur widersprüchlich seien?
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Tarvoc
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Beiträge: 44199

Beitrag(#2056187) Verfasst am: 18.05.2016, 22:07    Titel: Antworten mit Zitat

unquest hat folgendes geschrieben:
Aber warum wird vorausgesetzt, dass Natur und Kultur widersprüchlich seien?

Huh? Meinst du jetzt, warum vorausgesetzt wird, dass Natur und Kultur einander widersprechen, oder warum vorausgesetzt wird, dass Natur und Kultur jeweils immanent widersprüchlich seien? Deine Formulierung könnte beides bedeuten. Überhaupt verstehe ich nicht ganz, wie du zu dem Schluss kommst, dass hier so etwas vorausgesetzt würde.
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Anmeldungsdatum: 10.10.2010
Beiträge: 3326

Beitrag(#2056192) Verfasst am: 18.05.2016, 22:22    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
unquest hat folgendes geschrieben:
Aber warum wird vorausgesetzt, dass Natur und Kultur widersprüchlich seien?

Huh? Meinst du jetzt, warum vorausgesetzt wird, dass Natur und Kultur einander widersprechen, oder warum vorausgesetzt wird, dass Natur und Kultur jeweils immanent widersprüchlich seien? Deine Formulierung könnte beides bedeuten. Überhaupt verstehe ich nicht ganz, wie du zu dem Schluss kommst, dass hier so etwas vorausgesetzt würde.

Das Zweite.

Zitat:
Es ist also die Geschichte der Natur wie der menschlichen Gesellschaft, aus der die Gesetze der Dialektik abstrahiert werden. Sie sind eben nichts andres als die allgemeinsten Gesetze dieser beiden Phasen der geschichtlichen Entwicklung sowie des Denkens selbst. Und zwar reduzieren sie sich der Hauptsache nach auf drei:

das Gesetz des Umschlagens von Quantität in Qualität und umgekehrt;

das Gesetz von der Durchdringung der Gegensätze;

das Gesetz von der Negation der Negation.

http://www.mlwerke.de/me/me20/me20_348.htm
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44199

Beitrag(#2056219) Verfasst am: 19.05.2016, 01:15    Titel: Antworten mit Zitat

Engels' Naturphilosophie ist... ahem... hust... nun ja...
Ich sag's mal so: Widersprüche in der Natur diskutierst du vielleicht besser mit Skeptiker, ihn scheint dieses Zeug ja zu interessieren.

Was Widersprüche in Gesellschaften angeht, so werden diese natürlich nicht "vorausgesetzt", sondern vorgefunden.
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Skeptiker
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Anmeldungsdatum: 14.01.2005
Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville

Beitrag(#2056225) Verfasst am: 19.05.2016, 09:00    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Engels' Naturphilosophie ist... ahem... hust... nun ja...
Ich sag's mal so: Widersprüche in der Natur diskutierst du vielleicht besser mit Skeptiker, ihn scheint dieses Zeug ja zu interessieren.

Was Widersprüche in Gesellschaften angeht, so werden diese natürlich nicht "vorausgesetzt", sondern vorgefunden.


Lachen

Also, es wäre zu diskutieren, ob Widersprüche in der Natur ebenfalls vorgefunden werden, etwa in der natürlichen Evolution. Die Evolutionstheorie war ja für Hegel eine Inspiration für die Entwicklung seiner Form von Dialektik. Und indirekt waren die Darwin'schen Forschungen damit auch wichtig für die Entwicklung des Marxismus. Das hängt ja über viele Fäden miteinander zusammen.

Und auch die heutigen dialektischen Anwandlungen moderner Naturwissenschaftler, die ja auch nicht gerade weniger werden, haben damit zu tun, was diese Naturwissenschaftler in der Natur - im Mikro-, Meso-, Makrobereich - so vorfinden. Und das wollen die sich natürlich erklären, zumal einiges davon etwas unvorhersehbar und überraschend war und ist.

Materie verhält sich mal als Welle mit Interferenzfähigkeit und mal als Teilchen ohne diese Fähigkeit, je nach Wechselbeziehungen mit anderer Materie und auch mit Gravitation.

Hier stellen die Eigenschaften *Teilchen* und *Welle* offenbar keinen Widerpruch in Form einer Kontradiktion dar, jedoch ging die zweiwertige, alte Logik davon aus, dass entweder p oder ~p. Und hier hat man p und q, wobei p <> q. Das ist was anderes, sicherlich und da kommen dann solche Konzepte wir die mehrwertige Logik ins Spiel. (Du hattest ja von paradoxer Logik gesprochen.)

Das Schweben des Zustandes der Materie unter quantenmechanischen Gesetzen wird als "Superposition" bezeichnet. Und @step: dies wäre die Synthese aus p und q ---> r, ein dritter Zustand aus den ersten beiden, der weder p noch q ist, aber dennoch auch p und q beinhaltet, um er selbst zu sein, immer wieder zu werden.

Genau so wurde auch das dialektische Verständnis von Ernst Mayr beschrieben, welcher fand, dass bei zwei möglichen Entwicklungsalternativen von a und b nicht a oder b verwirklicht wird, sonder etwas anderes, drittes, eine Synthese aus a und b.

Das ist Dialektik und eine Erweiterung der bisherigen - statischen - Logik; hier kommt die Entwicklungsdynamik der Natur selbst ins Spiel, aber auch die stets relevanten und unterschiedlichen Wechselwirkungen, die darin involviert sind.

Und man kann das, was man in der Natur an allgemeinen, dialektischen Bewegungen erkennt, sicherlich versuchen, af *die Gesellschaft* zu *übertragen*. Das ist aber schlecht. Besser wäre es schon, Dialektik in gesellschaftlichen Entwicklungen *vorzufinden*.

Philosophen jedenfalls sind nach meinem Verständnis nicht nur dazu da, um Logik um der Logik willen zu betreiben, so wie Mathematiker Mathematik um der Mathematik willen. Sie müssen auch ein Gespür dafür haben, wann sich Logik bzw. Mathematik und abstrakte Konzepte halt von der Realität ablösen und nichts mehr damit zu tun haben. Dies gilt es stets zu prüfen in Kommunikation mit der wissenschaftlichen Forschung selbst selbstverständlich.

unquest hat folgendes geschrieben:
Aber warum wird vorausgesetzt, dass Natur und Kultur widersprüchlich seien?


Wer sagt das? Engels? Und wenn ja, wo?

Das, was man sagen kann ist, dass man Gesetzmäßigkeiten der Natur erstens verstehen muss und zweitens nicht einfach auf Kultur *anwenden* kann. Solche Vulgärversionen gibt's ja.

Wenn du über Engels diskutieren möchtest, müsstest du ihn erst mal verstehen. Einfach ein Zitatschnipsel von ihm hier rein zu schmeißen, ist sinnlos.

Und irgendwelche *Fragen* zu stellen, die auf keiner Grundlage beruhen, ebenfalls ...- Cool
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Beitrag(#2056251) Verfasst am: 19.05.2016, 13:43    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Zurück zum Thema *tertium non datur*, das ausgeschlossene Dritte.
Natürliche Sprache arbeitet mit schwammigen Begriffen. Bei dieser Schwammigkeit ist Drittes nie ausgeschlossen. Begriffe wandeln sich. Partikel heißt immer noch Partikel, aber gestern dachte man ein Partikel ist etwas wie ein Ziegelstein, heute denkt man, ein Partikel ist ein Wellenpaket.


Hier gibt es übrigens ein schwerwiegendes Problem:

"Wellenpakete freier, massiver Teilchen zerfließen, weil sie aus Anteilen mit unterschiedlichen Impulsen und daher unterschiedlichen Geschwindigkeiten zusammengesetzt sind."

Quelle: http://theory.gsi.de/~vanhees/faq/qm/node51.html

"What appeared to be localised particles are really moving `wave packets', or localised concentrations of waves. This view has the difficulty, however, that the wave packets do not remain localised after any length of time. In rectilinear unperturbed motion, for example, the different frequencies in the wave packet move at slightly different velocities, so the wave packet will eventually become more and more spread out."

Quelle: http://www.generativescience.org/books/pnb/quantum-ontologies.html

Die Instabilität von Wellenpaketen ist mit der Stabilität von Teilchen schwerlich vereinbar.

Ein schwerwiegendes Problem gibt es hier tatsächlich - nämlich das mir der Formalismus im ersten Link zu hoch ist. Pfeifen

Dennoch denke ich, daß hier nur folgendes gemeint sein kann:

Platziere ein Partikel in eine Vakuumkammer in Schwerelosigkeit. Das Partikel wird sich trotzdem minimal bewegen auf einem zufälligen Pfad (random walk) analog zur brownschen Bewegung von Atomen oder Moleküle in einem Medium.

Der Grund dafür dürften Quantenfluktuationen in einem Vakuum sein. Das zumindest lese ich da mit meinem Laien-Verständnis hinein.


Myron hat folgendes geschrieben:
Die Instabilität von Wellenpaketen ist mit der Stabilität von Teilchen schwerlich vereinbar.

Hmm. Bei Stabilität und Instabilität denke ich zuerst an radioaktiven Zerfall.

In diesem Sinne erscheinen mir Wellenpakete nicht instabil, auch wenn sich der Ort meines Partikels im Laufe der Zeit schlechter vorhersagen läßt.



Myron hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Drei saloppe Beispiele:

    (1) entweder eine ganze Zahl ist gerade oder sie ist ungerade.
    (2) entweder man lebt, oder man ist tot.
    (3) entweder man ist weiblich, oder man ist männlich.


Bei (1) ist das ausgeschlossene Dritte berechtigt.
Bei (2) müßte ich exotische Beispiele bringen, damit es falsch wäre. Meh, gut, Vieren sind jetzt nicht so exotisch.
(3) ist falsch. Es gibt XX, XY, XYY, XXY und so weiter. Wir haben noch nicht mal Namen für diese Kombinationen von Geschlechtschromosomen.


Die klassische Disjunktion ist nicht exklusiv ("entweder…oder…"), sondern inklusiv ("…oder…"), d.h. "p v q" ist auch dann wahr, wenn sowohl p als auch q wahr ist.

Gut, daß ich salopp gesagt habe. Pfeifen


Myron hat folgendes geschrieben:
Es gibt allerdings eine Ausnahme für den Fall, dass q = ~p: p v ~p. Denn es kann nicht sein, dass sowohl p als auch ~p wahr ist.

Kann es wirklich nicht sein, dass sowohl p als auch ~p wahr ist?

    Sei p: Parallelen schneiden sich nicht.


Tatsächlich schneiden sich Parallelen unter gewissen Bedingungen doch. Ist jetzt p und ~p gleichzeitig wahr?
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Beitrag(#2056253) Verfasst am: 19.05.2016, 14:13    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Du meinst natürlichsprachliche Sätze und Begriffe seien ebenso präzise wie formallogische.

Wenn wir von gesellschaftlicher Dialektik sprechen, dann hat das m.E. in der Tat primär deshalb einen Sinn, weil sich Gesellschaft nicht formallogisch darstellen lässt und alle relevanten Interaktionen in natürlicher Sprache ablaufen. Die formale Logik hat eben Grenzen, was die Darstellung der Wirklichkeit angeht.

Es ist nicht Aufgabe der formalen Logik, die Wirklichkeit darzustellen.

Formale Logik verknüpft nur beliebige Aussagen über die Wirklichkeit.

Das hat zelig auch schon so gesagt:

zelig hat folgendes geschrieben:
Die Formale Logik macht keine Aussagen über die sogenannte Wirklichkeit. Das Objekt der formalen Logik sind die Aussagen selber.




Tarvoc hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Ich bau mal schnell eine Beispielwelt.

Das ist genau der Grund, warum ich mit der Rede von "möglichen Welten" Schwierigkeiten habe. De Fakto ist das, was ein Philosoph meint, wenn er von einer "möglichen Welt" redet, einfach eine mögliche Gesamtheit widerspruchsfreier Sätze innerhalb einer nicht-parakonsistenten Logik. Dass eine solche "mögliche Welt" nicht widersprüchlich sein kann, ergibt sich tautologisch aus der Definition. Nur verwenden die meisten Philosophen (inklusive Myron hier), wenn von "möglichen Welten" sprechen, diesen Ausdruck so, als sei damit etwas gemeint, das äquivalent zu dem ist, was wir im Alltag die (wirkliche) Welt nennen. Nur ist es das eben nicht.

Errm. Versteh ich nicht. Inhaltlich nicht. Formal auch nicht, denn, laß mich das auseinander klauben:

    - De Fakto meint ein Philosoph mit "möglichen Welten" dieses: ...
    - Die meisten Philosophen inkl. Myron verwenden den Begriff anders.

Und nun?
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Beitrag(#2056254) Verfasst am: 19.05.2016, 14:49    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die Evolutionstheorie war ja für Hegel eine Inspiration für die Entwicklung seiner Form von Dialektik. Und indirekt waren die Darwin'schen Forschungen damit auch wichtig für die Entwicklung des Marxismus. Das hängt ja über viele Fäden miteinander zusammen.

Ja, sicher. Zustimmung

Hegel: 1770 - 1831
Darwin: brach 1834 zu seiner Reise mit der Beagle auf.

Womit logisch zweifelsfrei erwiesen ist, daß es Zeitmaschinen gibt. Mr. Green
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Beitrag(#2056279) Verfasst am: 19.05.2016, 16:29    Titel: Evolution und das alte Schema F Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die Evolutionstheorie war ja für Hegel eine Inspiration für die Entwicklung seiner Form von Dialektik. Und indirekt waren die Darwin'schen Forschungen damit auch wichtig für die Entwicklung des Marxismus. Das hängt ja über viele Fäden miteinander zusammen.

Ja, sicher. Zustimmung

Hegel: 1770 - 1831
Darwin: brach 1834 zu seiner Reise mit der Beagle auf.

Womit logisch zweifelsfrei erwiesen ist, daß es Zeitmaschinen gibt. Mr. Green


Die Evolution als Theorie gibt es nicht erst seit Darwin. Diese Erkenntnisse lagen schon vorher *in der Luft*. Aber erst mit Darwin war die Evolutionstheorie eine Grundlage für eine materialistisch-dialektische Logik.

Zu Zeiten Hegels waren die Verhältnisse reif für die biologische Evolutionstheorie und mit Lamarck, Cuvier und Saint-Hilaire wurden erste Evolutionstheorien entwickelt, auf denen aufbauend und in kritischer Distanzierung zu diesen sich dann die Darwin'sche entwickelte.

Aber das Bewusstwerden der unablässigen Veränderlichkeit der Dinge und damit einhergehend auch die Gedanken der Höherentwicklung und des Fortschritts fanden ihren theoretischen Niederschlag sowohl in der Evolutionsbiologie als auch in der Dialektik Hegels und dann später der materialistischen Interpretation der Dialektik. Interessant ist hier das Verhältnis zwischen Logischem und Historischem.

Was Hegel da zwischen Lamarck und Darwin theoretisch ausarbeitete, war ein grundlegend neues Verständnis der Welt als prozesshaftes, sich ständig bewegendes, sich veränderndes, sich umgestaltendes und sich entwicklendes Geschehen.

Somit kann man sagen, dass sowohl auf der Ebene der Logik als auch des Natur- und Geschichtsverständnisses die alte statische und ahistorische Denkweise, also das alte logische *Schema F* verlassen wurde, das interessanter Weise mit jedem tieferen Fortschritt der Wissenschaft auch als beschränkt und für bestimmte erforschte Bereiche der Wirklichkeit sogar obsolet erscheint ...-!
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Beitrag(#2056281) Verfasst am: 19.05.2016, 17:13    Titel: Re: Evolution und das alte Schema F Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Somit kann man sagen, dass sowohl auf der Ebene der Logik als auch des Natur- und Geschichtsverständnisses die alte statische und ahistorische Denkweise, also das alte logische *Schema F* verlassen wurde, das interessanter Weise mit jedem tieferen Fortschritt der Wissenschaft auch als beschränkt und für bestimmte erforschte Bereiche der Wirklichkeit sogar obsolet erscheint ...-!


An dieser Stelle sollte nicht verschwiegen werden, dass wir der materialistisch-dialektischen Logik Hegels ein tiefes und umfangreiches Verständnis der Elektrizität verdanken.

Zitat:
Die Elektrizität ist der reine Zweck der Gestalt, der sich von ihr befreit, die Gestalt, die ihre Gleichgültigkeit aufzuheben anfängt; denn die Elektrizität ist das unmittelbare Hervortreten oder das noch von der Gestalt herkommende, noch durch sie bedingte Dasein, - oder noch nicht die Auflösung der Gestalt selbst, sondern der oberflächliche Prozeß, worin die Differenzen die Gestalt verlassen, aber sie zu ihrer Bedingung haben und noch nicht an ihnen selbständig sind. Dieses Verhältnis scheint zufällig, weil es nur an sich notwendig ist.

http://www.hegel.de/werke_frei/hw108097.htm

Die der traditionellen Logik verpflichteten Maxwell-Gleichungen sind somit als hinfällig anzusehen.
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Beitrag(#2056286) Verfasst am: 19.05.2016, 17:27    Titel: Re: Evolution und das alte Schema F Antworten mit Zitat

unquest hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:

Somit kann man sagen, dass sowohl auf der Ebene der Logik als auch des Natur- und Geschichtsverständnisses die alte statische und ahistorische Denkweise, also das alte logische *Schema F* verlassen wurde, das interessanter Weise mit jedem tieferen Fortschritt der Wissenschaft auch als beschränkt und für bestimmte erforschte Bereiche der Wirklichkeit sogar obsolet erscheint ...-!


An dieser Stelle sollte nicht verschwiegen werden, dass wir der materialistisch-dialektischen Logik Hegels ein tiefes und umfangreiches Verständnis der Elektrizität verdanken.

Zitat:
Die Elektrizität ist der reine Zweck der Gestalt, der sich von ihr befreit, die Gestalt, die ihre Gleichgültigkeit aufzuheben anfängt; denn die Elektrizität ist das unmittelbare Hervortreten oder das noch von der Gestalt herkommende, noch durch sie bedingte Dasein, - oder noch nicht die Auflösung der Gestalt selbst, sondern der oberflächliche Prozeß, worin die Differenzen die Gestalt verlassen, aber sie zu ihrer Bedingung haben und noch nicht an ihnen selbständig sind. Dieses Verhältnis scheint zufällig, weil es nur an sich notwendig ist.

http://www.hegel.de/werke_frei/hw108097.htm

Die der traditionellen Logik verpflichteten Maxwell-Gleichungen sind somit als hinfällig anzusehen.


Trotz allem schwer verständlichen in Hegels Stil zeigt dein Zitat aber doch, dass er sich Gedanken über naturwissenschaftliche Erkenntnisse machte und sie philosophisch deutete.

So ist es beste Philosophenart!

Falls die herkömmliche Logik bei der Deutung der Maxwell-Gleichungen überholt wäre, hieße das noch lange nicht, dass die Gleichungen selbst überholt wären. Das sollte man schon unterscheiden ...-! freakteach
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Beitrag(#2056319) Verfasst am: 19.05.2016, 21:36    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
Errm. Versteh ich nicht. Inhaltlich nicht. Formal auch nicht, denn, laß mich das auseinander klauben:

    - De Fakto meint ein Philosoph mit "möglichen Welten" dieses: ...
    - Die meisten Philosophen inkl. Myron verwenden den Begriff anders.

Und nun?

Mann. Der Punkt ist, dass der Begriff "mögliche Welt" effektiv nie etwas anderes bezeichnet als im ersten Fall, weil der Begriff genau darauf Bezug nehmend entwickelt wurde und auch gar nicht klar ist, was damit anderes bezeichnet werden sollte. Manche Philosophen (wie z.B. Myron) laden aber eben die Logik metaphysisch auf und andere tun das nicht.
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Beitrag(#2056321) Verfasst am: 19.05.2016, 21:42    Titel: Re: Evolution und das alte Schema F Antworten mit Zitat

unquest hat folgendes geschrieben:
An dieser Stelle sollte nicht verschwiegen werden, dass wir der materialistisch-dialektischen Logik Hegels ein tiefes und umfangreiches Verständnis der Elektrizität verdanken.

Wenn zum Beispiel Lenin bemerkt, dass Elektrizität der halbe Sozialismus sei, dann ist das für dich natürlich auch eine Bemerkung über die Physik elektrischer Ströme. Was auch sonst? freakteach
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Zuletzt bearbeitet von Tarvoc am 20.05.2016, 00:58, insgesamt einmal bearbeitet
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Beitrag(#2056348) Verfasst am: 20.05.2016, 00:11    Titel: Re: Evolution und das alte Schema F Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die Evolutionstheorie war ja für Hegel eine Inspiration für die Entwicklung seiner Form von Dialektik. Und indirekt waren die Darwin'schen Forschungen damit auch wichtig für die Entwicklung des Marxismus. Das hängt ja über viele Fäden miteinander zusammen.

Ja, sicher. Zustimmung

Hegel: 1770 - 1831
Darwin: brach 1834 zu seiner Reise mit der Beagle auf.

Womit logisch zweifelsfrei erwiesen ist, daß es Zeitmaschinen gibt. Mr. Green


Die Evolution als Theorie gibt es nicht erst seit Darwin. Diese Erkenntnisse lagen schon vorher *in der Luft*.

Das ist unbestritten.

Die Frage ist, wie genau haben diese Vorlaufer-Ideen Hegel beeinflusst? Da würde ich gern Zitate sehen. Hab' mir selbst eins gesucht. Erster Treffer:

Zitat:
An Introduction to Hegel, Freedom, Truth and History

Hegel macht seine Gegnerschaft zur Evolutionstheorie am Anfang und am Ende der Naturphilosophie deutlich. In der Einleitung sagt er beispielsweise: "Spezies als etwas darzustellen, das sich schrittweise, eine nach der anderen im Lauf der Zeit entwickelt ist ein vollig leerer Gedanke. ... Die Tiere des Landes entwickelten sich nicht natürlich aus den aquatischen, noch erhoben sie sich in die Lüfte, als sie das Wasser verließen." In seiner Besprechung der Geologie räumt er ein, das Leben sei entstanden, verwirft jedoch erneut die Idee, daß Arten ineinander übergehen:


    sogar falls die Erde einstmals kein Leben trug, sondern nur chemische Vorgänge usw. kannte, so war doch in dem Moment, als der Blitz des Lebens in Materie schlug, sofort die bestimmte und vollständige Kreatur vorhanden, so wie Minerva voll bewaffnet herbei springt vom Kopf des Jupiter ... Der Mensch hat sich nicht selbst aus dem Tier entwickelt, noch das Tier aus der Pflanze; jedes ist auf Anhieb, das was es ist.


Hegels anti-evolutionäre Haltung speist sich aus seinem philosophischen Interesse an logischen, nicht aber an zeitlichen Erscheinungen in der Natur.




Hegel makes his hostility to evolutionary theory clear at the beginning and towards the end of the Philosophy of Nature. In the Introduction, for example, he states that ‘it is a completely empty thought to represent species as developing successively, one after the other, in time.... The land animal did not develop naturally out of the aquatic animal, nor did it fly into the air on leaving the water.’ In his discussion of geology in the section on organics he admits that the earth has a history during which life itself emerged, but he repeats his rejection of the idea that living species evolve into one another:

    “even if the earth was once in a state where it had no living things but only the chemical process, and so on, yet the moment the lightning of life strikes into matter, at once there is present a determinate, complete creature, as Minerva fully armed springs forth from the head of Jupiter.... Man has not developed himself out of the animal, nor the animal out of the plant; each is at a single stroke what it is.”


Hegel’s anti-evolutionary stance obviously has its source in his philosophical interest in the logical rather than temporal relations between phenomena in nature.

https://www.marxists.org/reference/archive/hegel/help/houlgate1.htm




Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Was Hegel da zwischen Lamarck und Darwin theoretisch ausarbeitete, war ein grundlegend neues Verständnis der Welt als prozesshaftes, sich ständig bewegendes, sich veränderndes, sich umgestaltendes und sich entwicklendes Geschehen.

Wie das wohl im Original klingt?

So wie ich meinen Pappenheimer kenne, steht am Ende dieses Geschehens das Absolute oder Gott. Frage
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Beitrag(#2056350) Verfasst am: 20.05.2016, 01:04    Titel: Re: Evolution und das alte Schema F Antworten mit Zitat

unquest hat folgendes geschrieben:
An dieser Stelle sollte nicht verschwiegen werden, dass wir der materialistisch-dialektischen Logik Hegels ein tiefes und umfangreiches Verständnis der Elektrizität verdanken.

Zitat:
Die Elektrizität ist der reine Zweck der Gestalt, der sich von ihr befreit, die Gestalt, die ihre Gleichgültigkeit aufzuheben anfängt; denn die Elektrizität ist das unmittelbare Hervortreten oder das noch von der Gestalt herkommende, noch durch sie bedingte Dasein, - oder noch nicht die Auflösung der Gestalt selbst, sondern der oberflächliche Prozeß, worin die Differenzen die Gestalt verlassen, aber sie zu ihrer Bedingung haben und noch nicht an ihnen selbständig sind. Dieses Verhältnis scheint zufällig, weil es nur an sich notwendig ist.

http://www.hegel.de/werke_frei/hw108097.htm

OMFG. Das geht seitenlang so. Geschockt
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Beitrag(#2056364) Verfasst am: 20.05.2016, 12:46    Titel: Re: Evolution und das alte Schema F Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
unquest hat folgendes geschrieben:
An dieser Stelle sollte nicht verschwiegen werden, dass wir der materialistisch-dialektischen Logik Hegels ein tiefes und umfangreiches Verständnis der Elektrizität verdanken.
Zitat:
Die Elektrizität ist der reine Zweck der Gestalt, der sich von ihr befreit, die Gestalt, die ihre Gleichgültigkeit aufzuheben anfängt; denn die Elektrizität ist das unmittelbare Hervortreten oder das noch von der Gestalt herkommende, noch durch sie bedingte Dasein, - oder noch nicht die Auflösung der Gestalt selbst, sondern der oberflächliche Prozeß, worin die Differenzen die Gestalt verlassen, aber sie zu ihrer Bedingung haben und noch nicht an ihnen selbständig sind. Dieses Verhältnis scheint zufällig, weil es nur an sich notwendig ist.

http://www.hegel.de/werke_frei/hw108097.htm

Die der traditionellen Logik verpflichteten Maxwell-Gleichungen sind somit als hinfällig anzusehen.


Trotz allem schwer verständlichen in Hegels Stil zeigt dein Zitat aber doch, dass er sich Gedanken über naturwissenschaftliche Erkenntnisse machte und sie philosophisch deutete.

Du stellst Hegel gerade dieses Zeugnis aus:

    Er hat sich stets bemüht.



Skeptiker hat folgendes geschrieben:
So ist es beste Philosophenart!

Was Hegel da zusammenschreibt, ist fürchterlichster Unfug. Das ist nicht "schwer verständlich" - sondern unverständlich, weil frei von Inhalt.


Noch ein paar gefällig?

Hegel hat folgendes geschrieben:
Der Unterschied an der besonderten Körperlichkeit § 321

Das Prinzip des einen Gliedes des Unterschiedes (das Fürsichsein) ist das Feuer (§ 283), aber noch nicht als realer chemischer Prozeß (§ 316), auch nicht mehr die mechanische Sprödigkeit, sondern in der physischen Besonderheit, Brennlichkeit an sich, welche zugleich different nach außen das Verhältnis zum Negativen in elementarischer Allgemeinheit, zu der Luft, dem unscheinbar Verzehrenden (§ 282), der Prozeß derselben am Körperlichen ist; die spezifische Individualität als einfacher theoretischer Prozeß, die unscheinbare Verflüchtigung des Körpers an der Luft - der Geruch.

Die Eigenschaft des Geruchs der Körper, als für sich existierende Materie (s. § 126), der Riechstoff, ist das Öl, das als Flamme verbrennende. Als bloße Eigenschaft existiert das Riechen z. B. in dem ekelhaften Geruche des Metalls.



Hegel hat folgendes geschrieben:
Verhältnis zum Licht § 317

In der gestalteten Körperlichkeit ist die erste Bestimmung ihre mit sich identische Selbstischkeit, die abstrakte Selbstmanifestation ihrer als unbestimmter, einfacher Individualität, - das Licht. Aber die Gestalt leuchtet als solche nicht, sondern diese Eigenschaft ist (vorh. §) ein Verhältnis zum Lichte; 1. Der Körper ist als reiner Kristall in der vollkommenen Homogenität seiner neutral-existierenden inneren Individualisierung durchsichtig und ein Medium für das Licht.

Was in Beziehung auf Durchsichtigkeit die innere Kohäsionslosigkeit der Luft ist, ist im konkreten Körper die Homogenität der in sich kohärenten und kristallisierten Gestalt. - Der individuelle Körper unbestimmt genommen, ist freilich sowohl durchsichtig als undurchsichtig, durchscheinend usf. Aber die Durchsichtigkeit ist die nächste erste Bestimmung desselben als Kristalls, dessen physische Homogenität noch nicht weiter in sich besondert und vertieft ist.



Hegel hat folgendes geschrieben:
Die Besonderung des individuellen Körpers § 316

Die Gestaltung, das den Raum bestimmende Individualisieren des Mechanismus, geht in die physikalische Besonderung über. Der individuelle Körper ist an sich die physische Totalität; diese ist an ihm im Unterschiede, aber wie er in der Individualität bestimmt und gehalten ist, zu setzen. Der Körper als das Subjekt dieser Bestimmungen enthält dieselben als Eigenschaften oder Prädikate; aber so, daß sie zugleich ein Verhalten zu ihren ungebundenen, allgemeinen Elementen und Prozesse mit denselben sind. Es ist ihre unmittelbare, noch nicht gesetzte (welches Setzen der chemische Prozeß ist) Besonderung, wonach sie noch nicht in die Individualität zurückgeführt, nur Verhältnisse zu jenen Elementen, nicht die reale Totalität des Prozesses, sind. Ihre Unterscheidung gegeneinander ist die ihrer Elemente, deren logische Bestimmtheit in ihrer Sphäre aufgezeigt worden.

Lieber Vogonen-Lyrik, als so etwas. Pfeifen Mr. Green


Ist es nicht erstaunlich, daß Hegel als Ikone gilt, obwohl er solchen Mist schreibt? Das sagt etwas über die Gesellschaft, die derartiges nicht als inhaltsleer erkennt.

Nicht umsonst räumt Popper in "Die offene Gesellschaft und ihre Feinde" Hegel viel Platz ein. zynisches Grinsen
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Beitrag(#2056368) Verfasst am: 20.05.2016, 13:06    Titel: Re: Evolution und das alte Schema F Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
Lieber Vogonen-Lyrik, als so etwas. Pfeifen Mr. Green

Vogonen-Lyrik ist ja auch einfacher zu verstehen. zwinkern
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