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Frage an die Freigeister zu Medizinethik und Religionsfreihe
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Klaus-Peter
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Anmeldungsdatum: 10.01.2004
Beiträge: 1534

Beitrag(#96580) Verfasst am: 26.02.2004, 20:44    Titel: Antworten mit Zitat

Wyogotsky hat folgendes geschrieben:
Allein auf dieser Grundlage zu argumentieren, diese Entscheidung solle legal sein, ist aber unseriös, weil sich darauf jeder berufen könnte, der die Rechte anderer verletzt.

Wir reden aneinander vorbei. Ich schrieb nichts von"legal".

Zitat:
Bei Rechten geht es darum, sich auf einen Rahmen zu einigen, der für alle bindend ist, auch wenn einzelne vielleicht etwas ganz anderes für geboten halten. Von Rechten habe ich erst dann was, wenn sie Zähne haben, d.h. wenn ich mich vor Gericht gegen jemanden zur Wehr setzen kann, der mein Recht verletzt.

Volle Übereinstimmung. Wenn Du nachschaust, habe ich diese Position auch vertreten. Bloss wurde offenbar vor Gericht eine Abwägung vorgenommen. Und da wurde (so wie ich das auch sehe) die Verletzung der Rechte der Klägerin als geringfügig gegenüber der ethischen Entscheidung des Arztes, lieber ihr Leben zu retten, statt ihre Entscheidung zu respektieren, eingeschätzt. Wenn Du der Richter gewesen wärest, dann wäre die Entscheidung andfers ausgefallen, und dieses Risiko hatte der Arzt zu tragen.

Zitat:
Der Rechtsstaat hat hier de facto an die Stelle des Rechts die individuelle Gewisssenentscheidung einer Person gesetzt.


Das hat er offensichtlich nicht. Das Urteil ist ein Ergebnis der Rechtsprechung, und es hat der individuellen Gewissensentscheidung im Nachhinein Recht gegeben (was nicht von vorn herein klar war).

Zitat:
Ich frage mich, wie das im Fall Daschner laufen wird, zu dem ich hier Parallelen sehe.

Die Parallele sehe ich auch. Dieser Fall illustriert meine ethische Position hier noch besser: Daschner muss verurteilt werden, weil er ganz eindeutig gegen einen unverzichtbaren Rechtsgrundsatz verstossen hat: Das Verbot der Folter. Andererseits denke ich, dass er ethisch korrekt gehandelt hat, indem er das Gesetz gebrochen hat. Ich hätte wahrscheinlich genauso gehandelt (und hätte wie er die Folgen in Kauf genommen).

Der Widerspruch ist nur ein scheinbarer: Kein Gesetz der Welt kann mich aus der Verantwortung entlassen, meine individuelle Gewissensentscheidung zu treffen. Und die Konsequenzen für diese Entscheidung zu tragen. Daschner sollte verurteilt werden. Wenn der Ministerpräsident dann Format hat, kann er ihn begnadigen. Für solche Fälle gibt es das Begnadigungsrecht. Wenn Das Folterverbot aufgeweicht würde, dann wäre das dagegen eine ethische Katastrophe. Und wenn Daschner wegen aussergesetzlichem Notstand oder Nothilfe freigesprochen würde, wäre das rechtlich höchst bedenklich.
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Nav
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Beitrag(#96582) Verfasst am: 26.02.2004, 20:48    Titel: Antworten mit Zitat

Irrtum:

Schon die Begnadigung Daschners wäre ein Freibrief. Jede Reise beginnt damit, daß man die Wohnung verläßt (bzw. sich die Schuhe anzieht). Böse

Daschner sollte eine hohe Haftstrafe verbüßen und ein hohes, existenzvernichtendes Schmerzensgeld an sein Opfer zahlen - EUR 2.500.000,- wäre da die Untergrenze.

Damit würde dann nämlich auch sichergestellt sein, daß klar ist, daß die bloße Androhung von Folter in Europa geächtet ist. Oder wollen wir so werden wie die USA? Ungustiöses im Blickfeld
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Wygotsky
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Anmeldungsdatum: 25.01.2004
Beiträge: 5014

Beitrag(#96583) Verfasst am: 26.02.2004, 20:50    Titel: Antworten mit Zitat

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Wyogotsky hat folgendes geschrieben:
Allein auf dieser Grundlage zu argumentieren, diese Entscheidung solle legal sein, ist aber unseriös, weil sich darauf jeder berufen könnte, der die Rechte anderer verletzt.

Wir reden aneinander vorbei. Ich schrieb nichts von"legal".

Zitat:
Bei Rechten geht es darum, sich auf einen Rahmen zu einigen, der für alle bindend ist, auch wenn einzelne vielleicht etwas ganz anderes für geboten halten. Von Rechten habe ich erst dann was, wenn sie Zähne haben, d.h. wenn ich mich vor Gericht gegen jemanden zur Wehr setzen kann, der mein Recht verletzt.

Volle Übereinstimmung. Wenn Du nachschaust, habe ich diese Position auch vertreten. Bloss wurde offenbar vor Gericht eine Abwägung vorgenommen. Und da wurde (so wie ich das auch sehe) die Verletzung der Rechte der Klägerin als geringfügig gegenüber der ethischen Entscheidung des Arztes, lieber ihr Leben zu retten, statt ihre Entscheidung zu respektieren, eingeschätzt. Wenn Du der Richter gewesen wärest, dann wäre die Entscheidung andfers ausgefallen, und dieses Risiko hatte der Arzt zu tragen.

Zitat:
Der Rechtsstaat hat hier de facto an die Stelle des Rechts die individuelle Gewisssenentscheidung einer Person gesetzt.


Das hat er offensichtlich nicht. Das Urteil ist ein Ergebnis der Rechtsprechung, und es hat der individuellen Gewissensentscheidung im Nachhinein Recht gegeben (was nicht von vorn herein klar war).


Ich lehne deinen Standpunkt immer noch ab, aber jetzt verstehe ich ihn etwas besser.
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Nav
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Beitrag(#96585) Verfasst am: 26.02.2004, 20:53    Titel: Antworten mit Zitat

@Wygotsky

Und ich finde den Standpunkt von Klaus-Peter jetzt noch viel ablehnenswerter als vorher, weil ich jetzt die ihm generell zu eigene neokonservativ - rechtspositivistische Position auch in dieser Frage wiederfinde.

Zumindest weiß ich jetzt mit noch höherer Sicherheit (99,9% statt 99,8% nach seinem mobbingartigen, kleingeistigen Pädodiskutanten - Bashing), daß er keinen freien Geist hat, sondern im angestaubten, ängstlichen Denken der Mitte verhaftet ist. zwinkern

Eigentlich ein guter Tag für mich.
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Klaus-Peter
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Anmeldungsdatum: 10.01.2004
Beiträge: 1534

Beitrag(#96592) Verfasst am: 26.02.2004, 21:11    Titel: Antworten mit Zitat

Nav hat folgendes geschrieben:
@Wygotsky

Und ich finde den Standpunkt von Klaus-Peter jetzt noch viel ablehnenswerter als vorher, weil ich jetzt die ihm generell zu eigene neokonservativ - rechtspositivistische Position auch in dieser Frage wiederfinde.

Zumindest weiß ich jetzt mit noch höherer Sicherheit (99,9% statt 99,8% nach seinem mobbingartigen, kleingeistigen Pädodiskutanten - Bashing), daß er keinen freien Geist hat, sondern im angestaubten, ängstlichen Denken der Mitte verhaftet ist. zwinkern

Eigentlich ein guter Tag für mich.

Diese Einschätzung ehrt mich. Trösten Wie schreibt mein Freund und Dein Bekannter Helmut in seiner Sig (bei Ute): "Es ist eine Ehre, von Fundamentalisten beleidigt zu werden".

Auf einen kleinen Fehler darf ich Dich auch hinweisen: Jemand, der wie ich einen Rechtsbruch aus ethischen "Gewissens"-Gründen befürwortet (und dafür die Konsequenzen in Kauf nehmen würde), ist natürlich kein Rechtspositivist. Rechtspositivismus ist die eher faschistoide Einstellung, ein Gesetz für bedingunglos gerecht zu halten, weil es Gesetz ist; ein Gesetz unter allen Umständen über den Menschen zu stellen, und Verstösse dagegen mit existenzvernichtenden Strafen zu belegen, um die Unverletzlichkeit des Gesetzes zu unterstreichen.
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Wygotsky
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Anmeldungsdatum: 25.01.2004
Beiträge: 5014

Beitrag(#96593) Verfasst am: 26.02.2004, 21:12    Titel: Antworten mit Zitat

Mir ging es um folgendes: Im nahm an, Klaus-Peter sei der Ansicht, der Arzt müsse diese Entscheidung legal treffen können. Durch seine Klarstellung weiß ich nun, dass er davon ausgeht, dass der Arzt eine persönliche Entscheidung getroffen hat, die gegen das Patientenrecht verstößt. Das Gericht hat nun zu entscheiden gehabt, ob dieser Rechtsbruch aus ethischen Gründen durchgehen darf. Das Gericht hat in dieser Abwägung eine Entscheidung getroffen, die Klaus-Peter gut findet. Ich finde sie ungerecht.

Grundsätzlich halte ich mir aber die Option offen, eine persönliche ethische Entscheidung zu treffen, die gegen geltende Rechtsnormen verstößt. (Ein Hitlerattentat wäre ja auch illegal gewesen.) Insofern kann ich Klaus-Peters Standpunkt jetzt besser verstehen als vorher.

Die Entscheidungen des Arztes und der Gerichte halte ich trotzdem für unmoralisch. Mein Vertrauen in Klaus-Peter als Arzt wäre jedenfalls stark erschüttert, wenn ich wüsste, dass seine ethischen Überzeugungen ihm vorschreiben, sich über meinen Patientenwillen hinweg zu setzen. Mein Vertrauen in die Gerichte ist sowieso nicht mehr zu erschüttern. Wie gesagt: Ich bin gespannt, was mit Daschner wird.
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Klaus-Peter
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Anmeldungsdatum: 10.01.2004
Beiträge: 1534

Beitrag(#96595) Verfasst am: 26.02.2004, 21:23    Titel: Antworten mit Zitat

Wygotsky hat folgendes geschrieben:
Ich lehne deinen Standpunkt immer noch ab, aber jetzt verstehe ich ihn etwas besser.

Damit ich Deine Position auch verstehe: Was hätte der Arzt Deiner Meinung nach tun sollen?
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
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Beitrag(#96596) Verfasst am: 26.02.2004, 21:24    Titel: Antworten mit Zitat

@Wygotsky: Du hast einen mE zentralen Punkt angesprochen:

Ohne dem Arzt (in seiner Rolle als Mensch) mündiges ethisches Handeln (notfalls auch gegen die Norm) absprechen zu wollen, bringt die Rolle des Arztes als solche einige Besonderheiten mit sich, da man ihm hilflos ausgeliefert ist. Er muß sich daher mE entweder ethisch disziplinieren (also entgegen seiner persönlichen moralischen Präferenz auf die Verfügung Rücksicht nehmen) oder sich - falls das Dilemma zu groß ist - zuvor öffentlich als potentieller Verfügungsignorant outen, damit ein anderer Arzt die Achtung der Verfügung übernehmen kann.

Übrigens gibt es - in abgeschwächter Form - ähnliche Situationen in anderen Fällen, wo Menschen anderen relativ hilflos ausgeliefert sind, etwa bei Lehrern, Richtern oder Polizei. Ein interessanter Fall sind Eltern!

gruß/step
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Klaus-Peter
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Beiträge: 1534

Beitrag(#96602) Verfasst am: 26.02.2004, 21:47    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Step und Wygotsky,

ich denke auch, dass die Unterschiede jetzt klar auf den Punkt gebracht wurden. Daher nochmal meine detailiertere Nachfrage:

step hat folgendes geschrieben:
[...]ethisch disziplinieren (also entgegen seiner persönlichen moralischen Präferenz auf die Verfügung Rücksicht nehmen)

Heisst Für Dich "ethisch disziplinieren" unter allen Umständen, dass auf die Verfügung Rücksicht zu nehmen ist? Gilt das auch bei Leuten, bei denen eine freie Verfügung mit guten Gründen in Frage gestellt werden kann (zum Beispiel bei Sektierern)? Oder muss man womöglich den "vermuteten Willen" hinzuziehen (Der natürlich auch nicht so leicht unabhängig von der moralischen Präferenz des Arztes zu ermitteln ist)?

Ich sehe ein, dass momentan der Stand der ethischen Diskussion innerhalb des Ärztestandes eher so ist, dass ein Bias in Richtung "im Zweifel gegen den Patientenwunsch" besteht. Man muss sich aber auch hüten, den "freien Willen" zum unkritisierbaren Popanz zu machen.
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22767
Wohnort: Germering

Beitrag(#96608) Verfasst am: 26.02.2004, 22:05    Titel: Antworten mit Zitat

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Daher nochmal meine detailiertere Nachfrage:
step hat folgendes geschrieben:
[...]ethisch disziplinieren (also entgegen seiner persönlichen moralischen Präferenz auf die Verfügung Rücksicht nehmen)
Heisst Für Dich "ethisch disziplinieren" unter allen Umständen, dass auf die Verfügung Rücksicht zu nehmen ist?

Ich habe die Umstände ja selbst eingeschränkt. In meinem letzten Beitrag durch die Möglichkeit, sich zuvor zu outen, und in einem anderen Beitrag durch die gesellschaftliche Bewertung der Motive, die eine solche Verfügung mglw. erzwungen haben, falls diese den Grundwerten widersprechen.

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Gilt das auch bei Leuten, bei denen eine freie Verfügung mit guten Gründen in Frage gestellt werden kann (zum Beispiel bei Sektierern)?

Wenn erwiesen wäre, daß die Sekte Menschen systematisch dazu bringt, ihre Grundrechte, ihr Leben usw. zu mißachten, so könnte ich mir ein Recht der Gesellschaft vorstellen, die Verfügungen derartig Entmündigter nicht anzuerkennen. Eine solche Sekte müßte natürlich verboten werden, und eine solche Einschätzung wäre auch nicht Sache des Arztes, sondern z.B. eines Verfassungsgerichts o.ä. - der Arzt könnte sich dann darauf berufen und die Verfügung ignorieren. Ich denke allerdings, daß man - da die Patientin ja niemand schädigt und die geistige Mündigkeit aus uns allen bekannten Gründen sehr weit gefaßt sein muß - schon eine extreme Unreife und systematische Fremdsteuerung nachweisen müßte.

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Oder muss man womöglich den "vermuteten Willen" hinzuziehen (Der natürlich auch nicht so leicht unabhängig von der moralischen Präferenz des Arztes zu ermitteln ist)?

Deshalb stehe ich solchen Vermutungen auch sehr skeptisch gegenüber, auch wenn sie in Einzelfällen mal richtiger liegen können als das Gesetz.

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Ich sehe ein, dass momentan der Stand der ethischen Diskussion innerhalb des Ärztestandes eher so ist, dass ein Bias in Richtung "im Zweifel gegen den Patientenwunsch" besteht. Man muss sich aber auch hüten, den "freien Willen" zum unkritisierbaren Popanz zu machen.

Klar, das gilt auch für den Arzt, und überhaupt sehe ich das gelassen, da nach meiner Überzeugung die Frage der Steuerung sowieso nur eine graduelle ist.

gruß/step
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Wygotsky
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Anmeldungsdatum: 25.01.2004
Beiträge: 5014

Beitrag(#96641) Verfasst am: 27.02.2004, 00:56    Titel: Antworten mit Zitat

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Wygotsky hat folgendes geschrieben:
Ich lehne deinen Standpunkt immer noch ab, aber jetzt verstehe ich ihn etwas besser.

Damit ich Deine Position auch verstehe: Was hätte der Arzt Deiner Meinung nach tun sollen?


Dem Willen des Patienten entsprechen.
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Critic
oberflächlich



Anmeldungsdatum: 22.07.2003
Beiträge: 16132
Wohnort: Arena of Air

Beitrag(#96659) Verfasst am: 27.02.2004, 03:35    Titel: Antworten mit Zitat

Wygotsky hat folgendes geschrieben:
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Wygotsky hat folgendes geschrieben:
Ich lehne deinen Standpunkt immer noch ab, aber jetzt verstehe ich ihn etwas besser.

Damit ich Deine Position auch verstehe: Was hätte der Arzt Deiner Meinung nach tun sollen?


Dem Willen des Patienten entsprechen.


Handelt es sich dabei um "freien Willen", der "bei gesundem Verstand" geformt wurde? Kann man bei einem volljährigen Menschen "per se" annehmen, daß er in jeglicher Situation eine Entscheidung über sich treffen kann? Noch gar nicht zu reden davon, wenn ein ZJ für sein Kind bestimmt, daß es besser sei, daß es stirbt, auch wenn es ganz einfach mit ein bißchen Blut gerettet werden kann (zur Not ginge natürlich auch Saft aus Kokosnüssen zynisches Grinsen)?

Zumindest letztere Entscheidung wäre doch nicht mehr ethisch zu rechtfertigen. Das Kind, das sich so entscheidet, und das mit seiner Angst vor der ewigen Verdammnis rechtfertigt, ist auch nicht als "willensfrei" zu bezeichnen, noch dazu nicht "volljährig". Deswegen meine ich, daß das Alter dabei keine Rolle spielen sollte, und daß entsprechend ein Arzt dazu verpflichtet wäre, einfach mal die Folgen für die Lebensqualität des Patienten abzuwägen:

1. Kann der Patient, erhält er jetzt das Blut u./o. die Behandlung, danach ohne bleibende Beeinträchtigungen weiterleben, dann hat prinzipiell der Arzt doch die Verpflichtung, die Behandlung durchzuführen.

2. Gibt es aber Beeinträchtigungen, dann hat der Patient das Wort, denn er selbst müßte wohl ermessen können, wo die Grenze ist. (Z.B.: wenn er hinterher blind ist und sich dann sein Studium und alle Berufe, die er sich vorstellen kann, knicken kann; wenn hinterher (oben schon genannt) beide Arme und ein Bein fehlen).

3. Darüber hinaus gibt es vielleicht Fälle, in denen der Patient seinen Willen vielleicht nicht erklärt hat, das Leiden (oder der Eingriff) aber so schwer wäre, daß ein Sterbenlassen humaner wäre. Dann wäre der Wille des Patienten dann aber zu berücksichtigen, wenn er sagt, er wolle aber gerettet werden.

(Diese "Triage" habe ich ja oben schon ausgeführt.) Das wäre sicherlich schlimm, weil jeder Einzelne prinzipiell jederzeit in eine Situation kommen kann, in der ein anderer über ihn entscheiden wird, und zwar ohne daß dieser Einzelne vorher den Willen für diese Situation festlegen konnte. Der Arzt kann also nicht umhin, als in einem solchen Fall prinzipiell von einem Lebenswillen auszugehen.
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"Die Pentagon-Gang wird in der Liste der Terrorgruppen geführt"

Dann bin ich halt bekloppt. Mit den Augen rollen

"Wahrheit läßt sich nicht zeigen, nur erfinden." (Max Frisch)
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22767
Wohnort: Germering

Beitrag(#96672) Verfasst am: 27.02.2004, 08:46    Titel: Antworten mit Zitat

@Critic:

Der Unterschied zum Fall eines Kindes der Sekte liegt weniger in der Unmündigkeit des Kindes (die zählt ja für Arzt und Eltern gleichermaßen) - sondern in der Tatsache, daß hier eine Entscheidung über einen ANDEREN Menschen zu fällen ist. Da muß die Meßatte, eine Behandlung zu verweigern, mE wesentlich höher liegen.

So halte ich es für richtig, wenn die Gesellschaft die schulmedizinische Behandlung eines Kiindes erzwingt, wenn es z.B. Krebs hat und dessen Eltern es "gesundbeten" oder sterben lassen wollen. Ab enem gewissen Alter wäre sukzessive der Wille des Kindes in Betracht zu ziehen.

gruß/step
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Quéribus
Eretge



Anmeldungsdatum: 21.07.2003
Beiträge: 5944
Wohnort: Avaricum

Beitrag(#96715) Verfasst am: 27.02.2004, 11:35    Titel: Antworten mit Zitat

Hippokratischer Eid hat folgendes geschrieben
Zitat:
Meine Verordnungen werde ich treffen zu Nutz und Frommen der Kranken, nach bestem Vermögen und Urteil; ich werde sie bewahren vor Schaden und willkürlichem Unrecht.

In diesem Sinne konnte der Arzt die Frau nicht ohne Transfusion belassen, dies wäre "Schaden" gewesen. Und das ZJ-Verbot von Transfusionen kann schon mal unter "willkürlichem Unrecht" laufen, so extrem ist es (das hätte die Tante in dem Fall zwar "nur" sich selber zugefügt Mit den Augen rollen ). Wenn sie von einem Arzt erwartet, daß er dabei mitmacht, bringt sie ihn in einen konflikt zwischen ihren Interessen im Besonderen und seinen Verpflichtungen im Allgemeinen.
Im Hinblick auf "nach bestem Vermögen und Urteil": wenn der arzt sagt, sorry aber ich konnte die Frau nicht einfach sterben lassen, wenn ich die Möglichkeit hatte, sie zu retten, hat das gerichtsurteil solide begründung.
_________________
"He either fears his fate too much
or his deserts are small
That dares not put it to the touch
To gain or lose it all."
James Graham
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ric
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Beitrag(#96719) Verfasst am: 27.02.2004, 11:51    Titel: Antworten mit Zitat

Wygotsky hat folgendes geschrieben:
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Wygotsky hat folgendes geschrieben:
Ich lehne deinen Standpunkt immer noch ab, aber jetzt verstehe ich ihn etwas besser.
Damit ich Deine Position auch verstehe: Was hätte der Arzt Deiner Meinung nach tun sollen?
Dem Willen des Patienten entsprechen.
Nein, ein Arzt hat eine Aufgabe. Nämlich Leben zu retten und Leiden zu mindern.
Ethische Überlegungen dürfen dieses Prinzip nicht beeinträchtigen.
Will der Patient sterben, dann soll er sich an jemanden anders, als den Arzt wenden.
Wer möchte schon an einen Arzt geraten, der insgeheim der Meinung ist, daß Gechlechtskrankheiten von Gott gesandt wurden und der deshalb den Patienten Placebos verschreibt? zynisches Grinsen
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Lissie
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Anmeldungsdatum: 20.02.2004
Beiträge: 457

Beitrag(#96725) Verfasst am: 27.02.2004, 12:06    Titel: Antworten mit Zitat

ric hat folgendes geschrieben:
Nein, ein Arzt hat eine Aufgabe. Nämlich Leben zu retten und Leiden zu mindern.
Ethische Überlegungen dürfen dieses Prinzip nicht beeinträchtigen.
Will der Patient sterben, dann soll er sich an jemanden anders, als den Arzt wenden.


Der Patient ist also komplett entmündigt, sobald er sich an einen Arzt wendet? Er übergibt ihm damit die Verfügungsgewalt über seinen Körper?

Komische Vorstellung. Erinnert irgendwie an die Bevormundung der Gläubigen durch die Kirche......


Zuletzt bearbeitet von Lissie am 27.02.2004, 19:53, insgesamt einmal bearbeitet
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Lissie
registrierter User



Anmeldungsdatum: 20.02.2004
Beiträge: 457

Beitrag(#96733) Verfasst am: 27.02.2004, 12:22    Titel: Antworten mit Zitat

Noch einmal: Es geht hier NICHT um die Rechte der Ärzte. Ärzte haben nur das Recht, Handlungen abzulehnen, die sie nicht mit ihrem Gewissen vereinen können, nicht aber das Recht, grundsätzlich Handlungen durchzuführen, die sie für nötig halten.

Der Arzt kann sich lediglich wie jeder andere (es hätte auch die Krankenhausputzfrau sein können) angesichts einer Entscheidung eines Bevollmächtigten beim Vormundschaftsgericht melden und einen Betreuerwechsel anregen. Das Gericht ist dann verprflichtet, ein Verfahren einzuleiten, aber dabei geht es nicht um etwaige Rechtsansprüche der Mediziner, sondern ausschließlich um die des zu Betreuenden.

Gibt es Zweifel an dessen Lauterkeit oder Zweifel daran, daß sein Entschluß dem Willen des Betreuten entspricht, dann ist ein Eingriff berechtigt.

Im vorliegenden Fall war es aber sonnenklar, daß die Frau hinter der Entscheidung ihres (selbsteingestzten) Bevollmächtigten stand, sie hatte sich kurz davor noch selber dazu geäußert.

Mir hat der Chefarzt einer bekannten Münchner Entbindungsklinik erzählt, daß zu ihnen alle Zeugen J. kämen, da sie ihnen auf Wunsch garantieren würden, keine Blutinfusionen zu verabreichen. Sobald aber eine fundamentalistische Putzfrau oder ein Familienangehöriger beim Gericht Stunk machen würden, wäre auch in dieser Klinik keine Chance auf Patientenschutz mehr möglich.
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ric
Gast






Beitrag(#96748) Verfasst am: 27.02.2004, 13:04    Titel: Antworten mit Zitat

Lissie hat folgendes geschrieben:
Der Patient ist also komplett entmündigt, sobald er sich an einen Arzt wendet? Er übergibt ihm damit die Verfügungsgewalt über seinen Körper?
Nein, höchstens der Arzt. zwinkern
Das pendel kann nämlich auch auf die andere Seite schwingen.
Wenn Du Selbstmord machen willst, ist der Arzt die falsche Adresse. zwinkern
Lissie hat folgendes geschrieben:
Komische Vorstellung. Erinnert irgendwie an die Bevormundung der Gläubigen durch die Kirche......
Es ist Deine Sache, woran Dich das erinnert. Ich will das ein Arzt, wenn er seinen Beruf ausübt, sich auf eine Sache konzentriert, nämlich heilen.
Darf ich Dich daran erinnern, daß in D schon einmal eine Zeit war, in der Ärzte "guten Gewissens" dieses Prinzip mißachtet haben?
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ric
Gast






Beitrag(#96750) Verfasst am: 27.02.2004, 13:06    Titel: Antworten mit Zitat

Lissie hat folgendes geschrieben:
Noch einmal: Es geht hier NICHT um die Rechte der Ärzte. Ärzte haben nur das Recht, Handlungen abzulehnen, die sie nicht mit ihrem Gewissen vereinen können, nicht aber das Recht, grundsätzlich Handlungen durchzuführen, die sie für nötig halten.
Hat ein Feuerwehrmann das Recht einen Menschen nicht aus einem brennenden Haus zu retten, wenn dieser die Hilfe ablehnt?
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Klaus-Peter
auf eigenen Wunsch deaktiviert



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Beiträge: 1534

Beitrag(#96762) Verfasst am: 27.02.2004, 13:36    Titel: Antworten mit Zitat

Lissie hat folgendes geschrieben:
Im vorliegenden Fall war es aber sonnenklar, daß die Frau hinter der Entscheidung ihres (selbsteingestzten) Bevollmächtigten stand, sie hatte sich kurz davor noch selber dazu geäußert.

Das ist mir nicht so ganz klar. Weil sie eigentlich gar keinen Bevollmächtigten gebraucht hätte, wenn sie vorab schon eine klare Patientenverfügung gemacht hätte, oder? Ob die Patientin wirklich dem Arzt gegenüber ihren Willen erklärt hatte, ging aus Deinem ursprünglichen Text nicht hervor.

Ich habe übrigens gestern abend das Thema mit einer pensionierten Oberärztin der Chirurgie besprochen, die mir erzählte, dass sie in ihrer Klinik ebenfalls viele ZJs hatten, weil sie ihnen (im Gegensatz zu benachbarten Kliniken) garantierten, dass keine Transfusionen stattfanden. Es gibt auch (bei geplanten Operationen) die Möglichkeit, auf Eigenblutspenden auszuweichen, dazu braucht man aber wohl 6 Wochen Zeit. Sie hat mir allerdings eingeräumt, dass sie sich bei ZJ-Kindern stillschweigend manchmal darüber hinweggesetzt hat. Ich habe leider nicht mehr gefragt, ob es dabei Todesfälle gab (weil es eigentlich um andere Themen ging, und wir wieder zum Thema zurück mussten zwinkern)

Zitat:
Sobald aber eine fundamentalistische Putzfrau oder ein Familienangehöriger beim Gericht Stunk machen würden, wäre auch in dieser Klinik keine Chance auf Patientenschutz mehr möglich.


Ich sollte Dich darauf hinweisen, dass Du das Wort "Patientenschutz" irreführend verwendest. Die Frage, die im Moment noch kontrovers ist, ist ja nicht die Frage "Ärzterecht gegen Patientenrecht", wie Du ja selber schriebst. Sondern der ethische Frage, auf welche Weise der Arzt den Patienten eher schützt (durch leben lassen oder sterben lassen).

Das auch als Antwort an Step: Es geht nicht um das Recht der Gesellschaft gegn den Patienten, sondern darum, ob ein Arzt manchmal die Interessen des Patienten dadurch schützt, dass er gegen dessen erklärten Willen handelt.

Gruss

KP
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Heike J
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Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 26284

Beitrag(#96764) Verfasst am: 27.02.2004, 13:38    Titel: Antworten mit Zitat

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Weil sie eigentlich gar keinen Bevollmächtigten gebraucht hätte, wenn sie vorab schon eine klare Patientenverfügung gemacht hätte, oder?


Leider werden Patientenverfügungen nicht so einfach anerkannt. Ein Bevollmächtigter ist da schon sinnvoll.
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Lissie
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Anmeldungsdatum: 20.02.2004
Beiträge: 457

Beitrag(#96823) Verfasst am: 27.02.2004, 16:02    Titel: Antworten mit Zitat

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:

Zitat:
Sobald aber eine fundamentalistische Putzfrau oder ein Familienangehöriger beim Gericht Stunk machen würden, wäre auch in dieser Klinik keine Chance auf Patientenschutz mehr möglich.


Ich sollte Dich darauf hinweisen, dass Du das Wort "Patientenschutz" irreführend verwendest.


Nein, nicht irreführend, sondern in meinem Sinn, der dem Recht auf Selbstbestimmung mehr Gewicht beimißt als dem dem staatlich-bevormundenen "Schutz" vor dem eigenen Willen.

Zitat:
Die Frage, die im Moment noch kontrovers ist, ist ja nicht die Frage "Ärzterecht gegen Patientenrecht", wie Du ja selber schriebst. Sondern der ethische Frage, auf welche Weise der Arzt den Patienten eher schützt (durch leben lassen oder sterben lassen).

Das auch als Antwort an Step: Es geht nicht um das Recht der Gesellschaft gegn den Patienten, sondern darum, ob ein Arzt manchmal die Interessen des Patienten dadurch schützt, dass er gegen dessen erklärten Willen handelt.




Dann müßte Deiner Meinung nach auch in folgendem (konstruiertem) Fall ein Arzt seine Patientin gegen ihren Willen operieren dürfen: Eine junge Frau hat ein in-situ-Mammakrazinom mit exzellenter Heilungsprognose. Aus Eitelkeit (sie will keine Schnittnarbe) lehnt sie jegliche OP ab.

Ich glaube nicht, daß in einem (Möchtegern)-Rechtsstaat wie dem unseren eine Zwangs-OP möglich wäre.

Die Sache ist doch die: Die Frau ist durch ihr fehlendes Bewußtsein im Nachteil gewesen. Und das wurde schamlos ausgenutzt, um die eigene Moral anzuwenden. Trotz der Vorbeugungen der Frau gegen so eine Vergewaltigung. Wäre sie vor einer lebensnotwendigen OP gestanden und hätte diese a priori abgelehnt, um eine Körperverletzung in Form von Blutzufuhr zu vermeiden , hätte man sie nicht zu ihrem Wohl zwingen können. Nur zu überzeugen versuchen (was ich als Ärztin übrigens auch mit allen Mitteln der Kunst versucht hätte.)

Mir fällt übrigens gerade ein anderer realer Fall ein, indem religiöse Vorstellungen eine Rolle spielten, allerdings christliche. (Und schwupps, da klappt es plötzlich): Eine schangere Katholikin mit Brustkrebs. Schwangerschaftsfestellung und Krebsdiagnose fallen auf denselben Tag, beides noch ganz am Anfang. Gute Heilungsprognose. Die Frau lehnt jegliche Therapie ab, die das "Kind" gefährden könnte und verstirbt. Sie hinterläßt einen Mann mit einem zweijährigen Kleinkind. (Ob das Kind, mit dem schwanger war, überlebt hat, ist mir nicht bekannt, da müßte ich nachfragen).
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22767
Wohnort: Germering

Beitrag(#96890) Verfasst am: 27.02.2004, 18:36    Titel: Antworten mit Zitat

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Das auch als Antwort an Step: Es geht nicht um das Recht der Gesellschaft gegn den Patienten, sondern darum, ob ein Arzt manchmal die Interessen des Patienten dadurch schützt, dass er gegen dessen erklärten Willen handelt.

Das sehe ich anders. Der Arzt hat - so sehr das vielleicht an seinem Selbstverständnis nagen mag - in dieser Frage die Rolle eines ethisch verläßlichen ausführenden Arms der Gesellschaft, er ist kein ethischer Kleinunternehmer oder Richter. Wenn solche Patientenverfügungen unter bestimmten Bedingungen gesellschaftlich - also rechtlich - anerkannt sind, hat sich der Arzt daran zu halten (oder sich als befangen zu outen), damit jedes Mitglied der Gesellschaft sich darauf auch in einer Situation des Ausgeliefertseins verlassen kann.

Insofern könnte man - wenn überhaupt - nur ein Recht der Gesellschaft gegen den Patienten anführen. Der Arzt darf hierbei keine Rolle spielen, auch wenn es für ihn ein Dilemma darstellt - und er natürlich auch öffentlich für ein Verbot von Patientenverfügungen oder was auch immer eintreten darf.

gruß/step
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Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Wygotsky
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Beitrag(#96896) Verfasst am: 27.02.2004, 18:55    Titel: Antworten mit Zitat

Quéribus hat folgendes geschrieben:
Hippokratischer Eid hat folgendes geschrieben
Zitat:
Meine Verordnungen werde ich treffen zu Nutz und Frommen der Kranken, nach bestem Vermögen und Urteil; ich werde sie bewahren vor Schaden und willkürlichem Unrecht.

In diesem Sinne konnte der Arzt die Frau nicht ohne Transfusion belassen, dies wäre "Schaden" gewesen.


Den Hippokratischen Eid werte ich in diesem Zusammenhang nicht als seriöse Begründung.

Zitat:
Denjenigen, der mich diese Kunst gelehrt hat, werde ich meinen Eltern gleichstellen und das Leben mit ihm teilen; falls es nötig ist, werde ich ihn mitversorgen. Seine männlichen Nachkommen werde ich wie meine Brüder achten und sie ohne Honorar und ohne Vertrag diese Kunst lehren, wenn sie sie erlernen wollen. Mit Unterricht, Vorlesungen und allen übrigen Aspekten der Ausbildung werde ich meine eigenen Söhne, die Söhne meines Lehrers und diejenigen Schüler versorgen, die nach ärztlichem Brauch den Vertrag unterschrieben und den Eid abgelegt haben, aber sonst niemanden.


Darüber setzt sich der moderne Arzt ja auch hinweg. Die damaligen Maßstäbe müssen heute neu definiert werden, weil der moderne Arzt vieles kann, was damals noch nicht möglich war.
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frajo
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Beitrag(#97007) Verfasst am: 27.02.2004, 22:36    Titel: Antworten mit Zitat

ric hat folgendes geschrieben:
Lissie hat folgendes geschrieben:
Noch einmal: Es geht hier NICHT um die Rechte der Ärzte. Ärzte haben nur das Recht, Handlungen abzulehnen, die sie nicht mit ihrem Gewissen vereinen können, nicht aber das Recht, grundsätzlich Handlungen durchzuführen, die sie für nötig halten.
Hat ein Feuerwehrmann das Recht einen Menschen nicht aus einem brennenden Haus zu retten, wenn dieser die Hilfe ablehnt?

sicher.
und zwar insbesondere dann, wenn soviele personen drin sind, daß ohnehin zweifel gegeben sind, daß alle rechtzeitig rausgeholt werden können.
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frajo
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Beitrag(#97011) Verfasst am: 27.02.2004, 22:43    Titel: Antworten mit Zitat

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Es geht nicht um das Recht der Gesellschaft gegn den Patienten, sondern darum, ob ein Arzt manchmal die Interessen des Patienten dadurch schützt, dass er gegen dessen erklärten Willen handelt.

was da geschützt wird, sind keineswegs die (erklärten) interessen des individuums, sondern die (nicht erklärten) interessen der gesellschaft, die sich zudem hinter dem rücken des arztes versteckt.
es ist betrug und vertrauensbruch, was hier von der gesellschaft gegenüber dem betroffenen individuum praktiziert wird.
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Wygotsky
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Beitrag(#97110) Verfasst am: 28.02.2004, 01:27    Titel: Antworten mit Zitat

frajo hat folgendes geschrieben:
ric hat folgendes geschrieben:
Lissie hat folgendes geschrieben:
Noch einmal: Es geht hier NICHT um die Rechte der Ärzte. Ärzte haben nur das Recht, Handlungen abzulehnen, die sie nicht mit ihrem Gewissen vereinen können, nicht aber das Recht, grundsätzlich Handlungen durchzuführen, die sie für nötig halten.
Hat ein Feuerwehrmann das Recht einen Menschen nicht aus einem brennenden Haus zu retten, wenn dieser die Hilfe ablehnt?

sicher.
und zwar insbesondere dann, wenn soviele personen drin sind, daß ohnehin zweifel gegeben sind, daß alle rechtzeitig rausgeholt werden können.


Wenn der Feuerwehrmann in größter Hetze und mit Adrenalin im Blut am Brandort eintrifft, mit Atemschutz in das brennende Gebäude eindringt, sich dabei selbst vor Angst fasst in die Hose scheißt, drinnen jemanden antrifft, der schon beträchtliche Mengen giftiger Abgase eingeatmet hat, und nun erklärt, dass er da drin verbrennen will, habe ich jedes Verständnis dafür, dass der Feuerwehrmann nicht diskutieren sondern beherzt zupacken wird. (Ich habe mal mitgehofen per Eimerkette ein brennendes Heulager zu löschen. In so einer Situation denkt man nicht mehr viel nach. Übrigens bemerkenswert, wie schnell man durch ein wenig Rauch bewusstlos wird und wie verwirrt man danach ist.)

Eine solche beherzte Entscheidung würde ich auch dem Arzt zugestehen, wenn ein lebensgefährlich verletztes Opfer in der Notaufnahme angeliefert wird und er binnen Minuten handeln muss. Im Zweifelsfall und wenn keine Zeit für Überprüfungen da ist, entscheidet man sich für die Lebensrettung, weil das im allgemeinen gewünscht ist.
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Wygotsky
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Beitrag(#97614) Verfasst am: 29.02.2004, 15:47    Titel: Antworten mit Zitat

Habe mich gestern mal mit einem Rettungsassistenten über das Thema Blutransfusion unterhalten. Die Rettungsanis und Assis dürfen keine Bluttransfusionen verabreichen. Die benutzen Plasmaexpander, eine Art Kochsalzlösung mit Tierproteinen. Auch das wird von manchen Moslems abgelehnt.

Zu dem Beispiel mit dem brennenden Haus. Es kommt häufiger vor, dass die Feuerwehr Leute daran hindern muss, in ihr brennendes Haus zurück zu rennen, um z.B. Gegenstände zu bergen. Die Leute sind verwirrt, zum Teil wegen dem ungeheueren Stress, zum Teil weil sie giftige Abgase eingeatmet haben.

Ich revidiere mein Urteil dahingehend, dass der Patientenwille zu respektieren ist, wenn er z.B. in einem ruhigen Vorgespräch geklärt wurde, wenn der Patient ihn schriftlich und notariell hinterlegt hat oder auf diese Weise eine Vertrauensperson benannt hat. Die Notaufnahme halte ich nicht für einen Ort, an dem Willenserklärungen formuliert und diskutiert werden sollen. Hier fehlt die Zeit zum Vorstellen und Abwägen von Alternativen.
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ric
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Beitrag(#97713) Verfasst am: 29.02.2004, 23:42    Titel: Antworten mit Zitat

frajo hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Hat ein Feuerwehrmann das Recht einen Menschen nicht aus einem brennenden Haus zu retten, wenn dieser die Hilfe ablehnt?
sicher.
und zwar insbesondere dann, wenn soviele personen drin sind, daß ohnehin zweifel gegeben sind, daß alle rechtzeitig rausgeholt werden können.
Gut, daß Du kein Feuerwehrmann bist.
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frajo
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Beitrag(#97716) Verfasst am: 29.02.2004, 23:48    Titel: Antworten mit Zitat

ric hat folgendes geschrieben:
frajo hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Hat ein Feuerwehrmann das Recht einen Menschen nicht aus einem brennenden Haus zu retten, wenn dieser die Hilfe ablehnt?
sicher.
und zwar insbesondere dann, wenn soviele personen drin sind, daß ohnehin zweifel gegeben sind, daß alle rechtzeitig rausgeholt werden können.
Gut, daß Du kein Feuerwehrmann bist.

wieso? wenn es der letzte mensch im haus wäre, würde ich ihn trotz widerspruch rausholen. wenn er mich aber bittet, mich erst um sein kind einen raum weiter hinten zu kümmern, würde ich seiner bitte entsprechen.
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