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Solidarität versus Wettbewerb
Die Diskussion um "Bürgerversicherung oder Kopfpauschale" bringt die Frage, wie das deutsche Gesundheitssystem auf Dauer zu finanzieren ist, erstmals seit langer Zeit wieder einer breiteren Öffentlichkeit zu Bewusstsein. Zur Einordnung empfiehlt es sich, ein paar Daten und Fakten im Hinterkopf zu haben. Im Gesundheitsbereich arbeiten über 4 Millionen Menschen; er ist der einzige Wirtschaftssektor, der zurzeit noch wächst. Die Deutschen geben jeden neunten Euro für Gesundheit aus, anders gesagt: Über ein Zehntel des Bruttosozialprodukts fließt in Gesundheit. Damit ist das deutsche Gesundheitssystem das zweitteuerste der Welt - nach den USA, die etwa 14 Prozent des Bruttosozialprodukts in die Gesundheit stecken. Der Anteil der gesetzlichen Krankenversicherungen am Bruttosozialprodukt beträgt seit Jahren konstant 6 Prozent: Von einer Kostenexplosion im öffentlichen Gesundheitssystem kann also keine Rede sein. Die Ausgaben der gesetzlichen Kassen betrugen im vergangenen Jahr 144 Milliarden Euro. Bei den gesetzlichen Krankenkassen sind 90 Prozent der Bevölkerung versichert, bei den privaten Krankenkassen etwa 10 Prozent. Privat versichern kann sich, wer selbstständig oder Beamter ist oder mehr als 3.825 Euro im Monat verdient. Diese Grenze heißt Versicherungspflichtgrenze. Die Grenze in der gesetzlichen Krankenversicherung, bis zu der die Beiträge berechnet und abgezogen werden, heißt Beitragsbemessungsgrenze. Sie beträgt zurzeit 3.450 Euro. Der durchschnittliche Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung liegt derzeit bei 14,4 Prozent. Dieser Beitrag wird zur Hälfte von Arbeitgeber und Arbeitnehmer bezahlt: Diese hälftige Finanzierung nennt man Parität. Die Gesundheitsreform, die letzte Woche vorgestellt wurde, hat den Zweck, von den 144 Milliarden Euro 20 Milliarden zu "sparen" bzw. von den Versicherten extra bezahlen zu lassen. Die Frage, die sich nun stellt, ist: Wie kann das deutsche Gesundheitssystem eine gute Versorgung für alle gewährleisten, wenn man davon ausgeht, dass die Alterung der Bevölkerung und der medizinisch-technische Fortschritt weitere Kosten verursachen werden? Muss man dann nicht die ganze Finanzierung umkrempeln, statt immer weitere "Sparpakete" zu schnüren? Die Antwort der Reformer: Ja, man muss. Bürgerversicherung und Kopfpauschalen sind die beiden Modelle, die hierzu erwogen werden. " Quelle: taz Nr. 7115 vom 28.7.2003, Seite 3, 72 TAZ-Bericht ULRIKE WINKELMANN |
max hat folgendes geschrieben: |
Allerdings frage ich mich eher, wie ich (und alle anderen ArbeiterInnen und Angestellten) angesichts der fallende Reallöhne (dank moderater Lohnerhöhungen unter oder nahe der Inflationsrate) diese Reformen bezahlen sollen, die nicht das Gesundheitssystem auf eine stabile Basis stellen, sondern eine Umverteilung zugunsten der Konzerne darstellen. |
Claudia hat folgendes geschrieben: |
... an die Definition von Engels (oder war es Marx?) errinnern, nach der jeder Proletarier ist, der nur seine Arbeitskraft verkauft. Damit hätten wir alle Berufsstände wieder drinnen, unabhängig davon, in welchem rechtlichen Rahmen sie arbeiten. |
Sermon hat folgendes geschrieben: |
Mißfelders Vorschlag zeigt die Idiotie der deutschen Reformdebatte |
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.... Wenn dennoch der Gürtel enger geschnallt werden soll, dann offensichtlich weil einige mehr vom Zuwachs gehabt haben als andere. Aber war das die ältere Generation, die wie die Hexe im Märchen als Bleigewicht auf den Schultern des gutmütigen Jungen lastet, der sie wegen ihrer Gebrechlichkeit zu tragen versprach? Wohl kaum, denn mit den Renten und Pensionen kann eine normale Seniorenfamilie keine extravaganten Sprünge machen. Die Generation Mallorca oder Teneriffa, sofern sie nicht nur von vernebelten Zeitgeistlern erfunden wird, ist nicht reich wegen der Renten, sondern weil sie zur Klasse der Geldvermögensbesitzer gehört oder sich in der kriminellen Kunst der Steuerhinterziehung auskennt. Mit jung und alt, mit der Generationenfrage hat dies gar nichts zu tun. Man darf eben Rentner und Rentiers nicht verwechseln. Wer von der Rendite der Kapitalanlage leben kann, ist fein heraus, ob 23 Jahre jung oder 87 Jahre alt. .... |
Ex-Baptöse hat folgendes geschrieben: |
Eigentlich kann man doch fast gar nicht genug auf dem Sozialsektor tun. Schulen, Kinderbetreuung, Medizin, Pflege usw, das alles sind hochqualifizierte Berufe (sollten es sein) und wichtige Wirtschaftszweige. |
step hat folgendes geschrieben: | ||
Leute mit vielen Kindern können meist nicht mehr Geld für KiGa und Schule aufbringen, Alte und Kranke haben meist auch nicht so viel. Das Problem eines sozialen Produkts im Vergleich zu einem DVD Player ist eben, daß es sich die Zielgruppe nicht frei aussuchen kann. So ähnlich ist es mit dem Arbeitsamt ... gruß/step |
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Auch würde die notwendige Aufhebung der Beitragsbemessungsgrenze gegen die Verfassung verstoßen. |
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