tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | ||
Auch das sehe ich wiederum exakt umgekehrt: Mit der doppelten Staatsbürgerschaft werden nationalistische Vorstellungen, zB die, dass es eine exklusive Loyalität geben müsse, gerade unterlaufen. |
Marcellinus hat folgendes geschrieben: | ||||
Ich denke, der Fall Erdogan zeigt, daß das nicht so ist. Für den ist jeder mit türkischer Abstammung ein Türke, ganz egal, wieviele Pässe er hat, übrigens auch egal, ob er selbst sich als türkischer Staatsbürger sieht oder nicht. |
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | ||||||
Nu, es geht ja aber um den, der die zwei Pässe hat. Ich finde, mit zwei Pässen muss man sich deutlich mehr gedanklich verrenken, um Nationalist zu sein. Klar, manche Leute schaffen auch das. Dennoch ist es mMn eher gegen Nationalismus wirksam als für ihn, wie fwo vermutete. |
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | ||||||
Nu, es geht ja aber um den, der die zwei Pässe hat. Ich finde, mit zwei Pässen muss man sich deutlich mehr gedanklich verrenken, um Nationalist zu sein. Klar, manche Leute schaffen auch das. Dennoch ist es mMn eher gegen Nationalismus wirksam als für ihn, wie fwo vermutete. |
fwo hat folgendes geschrieben: |
Wie kommst Du denn auf das schräge Brett? Nationalismus kommt nicht von dem Pass, den ich besitze, sondern ist ein Gefühl, das ich als Person habe, wahrscheinlich von den Eltern "geerbt". Den neuen Pass holt man sich nicht wegen eines Nationalgefühls, sondern, weil man sich davon Vorteile verspricht. Den alten behält man, weil man sich ebenfalls Vorteile davon verspricht, oder weil man da gefühlsmäßig gebunden ist. Das ist genau das, auf das auch Mracellinus aufmerksam macht. |
sünnerklaas hat folgendes geschrieben: |
Erdogan prahlt zwar damit, was für eine tolle und erfolgreiche Volkswirtschaft die Türkei sei - tatsächlich ist das Land aber chronisch klamm an Devisen. |
sünnerklaas hat folgendes geschrieben: | ||
Für Türkischstämmige hat der Doppelpass erhebliche Vorteile. Zum einen können sie in der Türkei als Privatpersonen Eigentum besitzen, zum anderen können sie leicht in die Türkei reisen. Ohne türkischen Pass wären Verwandtenbesuche sehr schwierig, da zuvor ein Visum beantragt werden muss. Die Türkei ist übrigens sehr daran interessiert, dass die türkische Staatsbürgerschaft erhalten bleibt. Dabei spielen auch die Überweisungen in harter Valuta eine wichtige Rolle. Erdogan prahlt zwar damit, was für eine tolle und erfolgreiche Volkswirtschaft die Türkei sei - tatsächlich ist das Land aber chronisch klamm an Devisen. |
fwo hat folgendes geschrieben: | ||||
Im Fall einer vermuteten Meinungsverschiedenheit mit der momentanen Regierung hat der Doppelpass allerdings den Nachteil, dass die andere Staatsbürgerschaft praktisch nicht anerkannt wird, wie man bei denen sehen kann, die sich gerade im polizeilichen Gewahrsam befinden und denen die Betreuung durch den deutschen Konsul vorenthalten wird. |
vrolijke hat folgendes geschrieben: |
Soviel ich weiß, gilt jeweils die Staatsangehörigkeit, von dem Land, indem man sich gerade aufhält. Ich würde in Belgien auch keinen deutschen Rechtsbeistand bekommen. |
fwo hat folgendes geschrieben: |
Im Fall einer vermuteten Meinungsverschiedenheit mit der momentanen Regierung hat der Doppelpass allerdings den Nachteil, dass die andere Staatsbürgerschaft praktisch nicht anerkannt wird, wie man bei denen sehen kann, die sich gerade im polizeilichen Gewahrsam befinden und denen die Betreuung durch den deutschen Konsul vorenthalten wird. |
vrolijke hat folgendes geschrieben: | ||||||||
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Marcellinus hat folgendes geschrieben: |
Staatsbürgerschaft ist die Sache des jeweiligen Landes, die sie nach eigenem Ermessen und Vorteil entscheiden sollte. |
Marcellinus hat folgendes geschrieben: |
Wenn ich sehe, wie leicht sich wie viele Leute mit Migrationshintergrund für ausländische Interessen mobilisieren lassen, Türken auf der einen und Russen auf der anderen Seite, um nur mal zwei Beispiele zu nennen, von denen doch viele sicherlich einen deutschen Paß haben (ob als einzigen oder zusätzlich, scheint dabei kaum von Belang zu sein), dann drängt sich mir die Vermutung auf, daß da etwas schief gelaufen ist, dem man eben wohl nicht mit doppelter Staatsbürgerschaft beikommt. |
fwo hat folgendes geschrieben: |
Nationalismus kommt nicht von dem Pass, den ich besitze, sondern ist ein Gefühl, das ich als Person habe, wahrscheinlich von den Eltern "geerbt". Den neuen Pass holt man sich nicht wegen eines Nationalgefühls, sondern, weil man sich davon Vorteile verspricht. Den alten behält man, weil man sich ebenfalls Vorteile davon verspricht, oder weil man da gefühlsmäßig gebunden ist. Das ist genau das, auf das auch Mracellinus aufmerksam macht. |
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | ||
...
Nun, ich denke aber, ein solches "Nationalgefühl", das exklusiv an eine Nation gebunden ist, lässt sich einfach schlechter durchhalten, wenn man auch in einem anderen Staat, und zwar in dem, in dem man lebt, gleichberechtigter Staatsbürger ist. Sicher ist der neue Pass kein Zaubermittel, das den Nationalismus sofort auflöst, aber das Gefühl, dass "eigentlich" der andere Staat mit seinen Repräsentanten für einen zuständig sei und nicht der, wo man tatsächlich lebt, wird zumindest in Frage gestellt, wenn man dort, wo man lebt, politisch mitbestimmen kann und daran auch regelmäßig - und sei es nur durch Wahlbenachrichtigungen - erinnert wird. Und ebenso in Frage gestellt wird dann damit, dass es der Herkunftsstaat sei, dessen Interessen höher stehen, und nicht der des tatsächlichen Lebens. |
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: |
Eines der Probleme dürfte sein, dass die entsprechenden Leute lange signalisiert bekommen haben, sie könnten wegen ihrer Herkunft, die sie nun einmal haben, hier nicht richtig dazugehören. Die Verweigerung des Doppelpasses, also der Zwang zur Entscheidung, signalisiert genau das: Wenn man die Bindungen zum Herkunftsland nicht in Form der Aufgabe des Passes kappen möchte (mit den mehrfach genannten guten Gründen), kann man hier nicht gleichberechtigt als Bürger dazugehören.
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fwo hat folgendes geschrieben: | ||||
Ach tillich. Wir leben leider nicht nur im Intellekt, besonders religiöse Leute nicht. Hier geht es um den Gefühlsgehalt von Begriffen. Du als Fachkraft für Esoterik solltest doch begriffen haben wie zäh so etwas ist, wenn es um derart starke Bindungen geht. Denk doch mal an die sogenannten religiösen Gefühle und wir lange wir schon darauf herumtreten und wie klein die Fortschritte sind, die wir dabei machen. btw.: Bei der Türkei und einigen anderen Staaten auch, um die es hier geht, sind Staat, Nationalismus und Religion miteinander verknüpft. Denk allein daran, wie im Islam die Strafbarkeit der Apostasie begründet wird: Es handelt sich um Verrat. Die rein intellektuelle Argumentation, die Du hier bringst, blendet einen großen Teil der Lebenswirklichkeit aus. |
Marcellinus hat folgendes geschrieben: |
Offiziell gab es da nichts zu "kappen", waren sie doch "Deutsche", die nur "heim ins Reich" geholt wurden. Und für einige galt das auch. Andere aber sprechen bis heute Russisch, teilweise in der zweiten oder dritten Generation. Gelegentlich muß man sich eben entscheiden. Und sie haben sich entschieden. Sie versuchen hier so zu leben wie in Kasachstan. Ähnlich geht es einigen Türken (keineswegs allen), einigen Libanesen und einigen vom Balkan. |
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: |
Wir streiten uns also vielleicht gar nicht um viel; letztlich vielleicht nur darum: Ob ein Doppelpass vielleicht bei einigen Leuten helfen kann, die Gewichte etwas zu verschieben, also ein Beitrag sein kann, die eine Gruppe zu verkleinern und die andere zu vergrößern. Und das denke ich schon, auch wenn es natürlich noch viele andere Faktoren gibt. |
Marcellinus hat folgendes geschrieben: | ||
Und was, wenn er ein einigen Fällen nützt, und in anderen schadet? |
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | ||||||
Du missverstehst meine Argumentation. Sie ist gerade nicht nur emotional. Ich gehe davon aus, dass die Verweigerung oder die Erlaubnis der doppelten Staatsangehörogkeit eben sehr wohl auch Auswirkungen auf die emotionale Zugehörigkeit haben kann - im einen Fall möglicherweise die Vertiefung eines Gefühls der Abgelehntheit und Nicht-Zugeörigkeit, im anderen Fall das Erleben einer Zugehörigkeit trotz anderer Herkunft (symbolisch eben in den beiden Pässen), was dann einem exklusiven Nationalismus widerspricht. Ich schreibe von letzterem bewusst nur als Möglichkeit und nicht als Automatismus, denn natürlich gibt es auch genug Leute, bei denen, wie du es beschreibst, die nationalistischen Gefühle zum Herkunftsland stärker sind, mit welchen Ursachen auch immer. Aber als Möglichkeit besteht es nun mal durchaus, und die sollte man nutzen. Dagegen sehe ich nicht, welchen möglichen positiven Nutzen die Verweigerung der doppelten Staatsangehörigkeit hat. |
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | ||
Letzteres kann ich mir eben nicht vorstellen. Wie soll eine doppelte Staatsbürgerschaft in der Hinsicht schaden? |
fwo hat folgendes geschrieben: |
Ich verstehe Deine Argumentation gut genug, um zu erkennen, dass Du gerade im 2 Satz das Gegenteil von dem geschrieben hast, was Du meinst. |
fwo hat folgendes geschrieben: |
Aber davon ab: Was Du beschreibst, ist eine Ebene des kaufmännischen Abwägens von Vor und Nachteilen. Da entstehen wenig Gefühle. |
fwo hat folgendes geschrieben: |
Individuelle Gefühle entstehen bevorzugt in existenziellen Situationen: Wenn Leute sich wirklich gerettet fühlen, dann entsteht z.b. Dankbarkeit. Aber nicht, wenn sie das als Rechtsanspruch durchsetzen, dann ist es nämlich die eigene Handlung, die sie rettet. |
fwo hat folgendes geschrieben: |
Wir lassen die Leute bei uns Exklaven ihrer Heimaltländer aufbauen und wundern uns, dass sie hier nicht ankommen. Was dabei entsteht, sind kulturelle Inseln, die nur an den Rändern Kontakt zu unserer Kultur haben. Wir schaffen eine Sozialisation, die so ist, dass Richter in Versuchung kommen (und ihr auch regelmäßig erliegen), für Gewaltverbrechen mildernde Umstände anzuerkennen, weil das bei denen ja so ist. |
fwo hat folgendes geschrieben: |
Gleichzeitig wiegen wir die Leute in Sicherheit, sie zu beschützen, auch wenn sie ihr Heimatland besuchen - dabei ist es gerade in den Ländern, um die es hier geht, mit der Rechtsstaatlichkeit nicht besonders weit her, und im Bedarfsfall, den sie selbst jederzeit neu definieren, erkennen sie dann die neue Staatszugehörigkeit in der Praxis nicht an. |
fwo hat folgendes geschrieben: |
Erdogan weiß, warum er nicht möchte, dass "seine" Leute sich hier assimilieren. Er will, dass sie seine Leute bleiben. Nur als die sind sie zumindest mir nicht willkommen. |
Marcellinus hat folgendes geschrieben: |
Vielleicht ist das das Problem. Du möchtest mit der doppelten Staatsbürgerschaft Einwandern das Einwandern erleichtern. Das kann ein Gewinn sein, nicht nur für die Einwander, sondern auch für die Gesellschaft derjenigen, die schon hier sind. Kann, muß aber nicht. Es könnte auch das Einwandern von solchen erleichtern, die für die Gesellschaft derjenigen, die schon hier sind, kein Gewinn, sondern ein Schaden sind. |
Marcellinus hat folgendes geschrieben: |
Jede Gesellschaft beruht nicht nur auf Rechten, sondern auch auf Pflichten. Je größer die Zahl derjenigen, die die Vorstellung von solchen Bürgerpflichten nicht teilen (egal ob Migranten oder nicht), um so schlechter für die Gesellschaft insgesamt. |
Marcellinus hat folgendes geschrieben: |
Doppelte Staatsbürgerschaft gibt eben auch die Möglichkeit, sich eine zweite Option offenzuhalten. Für Einzelne mag das gut sein, für die Allgemeinheit ist es das nicht. Nicht ohne Grund machen traditionelle Einwandererstaaten um die Einbürgerung ein ziemliches Bohei, incl. Eid auf die Verfassung u.ä. |
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | ||
Ein Problem ist das nur für Staaten, die eine exklusive Zugehörigkeit ihrer Bürger beanspruchen und damit zeigen, dass sie auf die Attraktivität ihres Gesellschaftsmodells und ihres Rechtssystems nicht vertrauen. Die traditionellen Einwandererstaaten, auf die du Bezug nimmst, haben dieses Problem m.W. nicht. |
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | ||
....
Erstens: Individuelle Gefühle entstehen auch im Alltagsleben und über Symbole. Zweitens: Wie ist es denn mit den Gefühlen gegenüber einem Staat, der es ermöglicht, legitime Ansprüche rechtlich durchzusetzen? Drittens: Ich möchte Mitbürger haben, die sich nicht ständig als dankbare Gnadenempfänger empfinden sollen, sondern als gleichberechtigte Staatsbürger sehen. (Ersteres kann übrigens irgendwann auch in Aggression umschlagen.).... |
fwo hat folgendes geschrieben: | ||||
1.) Es stimmt, ich habe auch beim Kacken Gefühle - um diese eher kurzlebigen Gefühle ging es mir allerdings nicht, und ich bin tatsächlich davon ausgegangen, dass ich das nicht extra dazusagen müsste. 2.) Und ja, es gibt soetwas wie einen Verfassungspatriotismus. Aber erst, nachdem man den anderen abgelegt hat. Dazu braucht unsere Bevölkerung jetzt schon 50+ Jahre. Und das bei einem Anfang, der mit einem Kulturbruch verbunden war, weil die Kriegsgeneration den NS auch als eigenes Versagen empfunden hat. Diesen speziellen Kulturbruch hast Du bei unseren Einwanderern nicht. Unter den Bedingung halte ich es für illusorisch, das Ankommen im Verfassungspatriotismus innerhalb einer oder zwei Generationen zu erwarten. 3.) Die Dankbarkeit muss keine bleiben, aber dann sollte sie mit der Einbürgerung durch ein klares Bekenntnis zu diesem Staat ersetzt werden. Ein Teil davon ist das Ablegen der alten Staatsbürgerschaft. Das ist so ähnlich wie bei Deiner Religion. Der kann man auch nicht beitreten, ohne der alten abzusagen. Oder wie bei anderen Tendenzgemeinschaften, wie z.B. Parteien. btw: Dankbarkeit schlägt i.A. nur dann in Aggression um, wenn sie nicht da ist, aber eingefordert wird. Das ist etwas, was mache Eltern schmerzvoll erfahren: Es gibt kein Recht auf Dankbarkeit, wie es überhaupt kein Recht auf Gefühle gibt. Worauf dieser Staat aber ein Recht hat, wenn er seine Vorteile gewährleistet, das ist ein klaren Bekenntnis zu ihm. |
fwo hat folgendes geschrieben: |
1.) Es stimmt, ich habe auch beim Kacken Gefühle - um diese eher kurzlebigen Gefühle ging es mir allerdings nicht, und ich bin tatsächlich davon ausgegangen, dass ich das nicht extra dazusagen müsste. |
fwo hat folgendes geschrieben: |
3.) Die Dankbarkeit muss keine bleiben, aber dann sollte sie mit der Einbürgerung durch ein klares Bekenntnis zu diesem Staat ersetzt werden. Ein Teil davon ist das Ablegen der alten Staatsbürgerschaft. Das ist so ähnlich wie bei Deiner Religion. Der kann man auch nicht beitreten, ohne der alten abzusagen. Oder wie bei anderen Tendenzgemeinschaften, wie z.B. Parteien. |
fwo hat folgendes geschrieben: |
Es gibt kein Recht auf Dankbarkeit, wie es überhaupt kein Recht auf Gefühle gibt. Worauf dieser Staat aber ein Recht hat, wenn er seine Vorteile gewährleistet, das ist ein klaren Bekenntnis zu ihm. |
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: |
. ...Ich habe jedenfalls noch nie ein solches Bekenntnis ablegen müssen, wenn ich bei Polizei oder Gericht auf rechtsstaatliche Behandlung angewiesen war, wählen wollte, die Sozialversicherung in Anspruch nehmen wollte, Einrichtungen des Staates benutzt habe u.dgl. mehr. Es ist im Gegenteil gerade Kennzeichen eines Rechtsstaates, ein solches Bekenntnis nicht zu fordern, sondern rechtsstaatliche Gleichbehandlung auch ohne solches Bekenntnis zu gewährleisten, ja sogar auch bei einem expliziten gegenteiligen Bekenntnis (siehe Reichsbürger vor Gericht). .... |
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