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Weshalb ist die Schulwissenschaft so innovationsfeindlich und irrtumsanfällig?
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Darwin Upheaval
Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator



Anmeldungsdatum: 23.01.2004
Beiträge: 5471
Wohnort: Tief im Süden

Beitrag(#460723) Verfasst am: 27.04.2006, 09:21    Titel: Antworten mit Zitat

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Hint: wenn jemand nur durch Darwin ein 'intellectually fulfilled atheist' sein kann, liefert er eine Steilvorlage.


Stimmt. Mit Dawkins Auslassungen habe ich aber nichts am Hut.


El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Wie Du es auch drehst und wendest: Evolutionskritik ist nicht ohne metaphysischen Klimbim zu haben. Andernfalls handelt es sich um eine wissenschaftsinterne Auseinandersetzung im Rahmen evolutionsbiologischer Forschungsprogramme.

Wobei man Naturalismus auch als 'metaphysischen Klimbim' bezeichnen könnte. Die Frage ist, ob man 'Wissenschaft' nur _innerparadigmatisch_ betreiben kann, oder ob man unter _Aufgabe_ des Naturalismus 'business as usual' betreiben kann. In unseren Augen macht das keinen Sinn


Exakt - nur darum ging es mir.


El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
andere sehen kein Argument gegen einen Designer.


Ich doch auch nicht. Ich sehe nur kein wissenschaftliches Argument für einen Designer. Trotzdem gibt es Menschen, die unbedingt mehr wollen und glauben, mit ihrer Design-Auffassung so etwas wie Wissenschaft treiben zu können. IMAO ist das eine schiefe Angelegenheit; die Argumente sind ja hinreichend ausgetauscht worden.


El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Junkers Punkt war, dass eingeräumt wird, dass es noch keine hinreichende Erklärung für die naturalistische Entstehung von Neuheiten gab. Nur darauf wollte ich hinaus.


Beachte Deine Wortwahl: Du schreibst "keine hinreichende Erklärung", Junker spricht von "völligem Fehlen" einer Erklärung. Das ist ein kleiner aber feiner Unterschied, an dem sich die Kritik entzündet. Wenn Du mir jetzt noch zeigst, was "hinreichende Erklärungen" sind (wie vollständig müssen Erklärungen sein?), hat Junker vielleicht einen Stich gemacht. Andernfalls erkennt er bestimmte Prinzipien der Naturwissenschaften nicht an.


El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Junker baut das Polyvalenz-Konzept in das GT-Modell ein und komplimentiert die offenen Fragen der ET in eine geheimnisvoll Übernatur hinaus.

Yepp. Das war die wie üblich insuffizente _positive_ Apologetik. Mein Punkt war die _negative_.


Die aber auch nicht überzeugt. Solange Junker einfach nur sagt: "die Erklärungen der ET sind unvollständig", ist alles in Butter. Es ging aber doch darum, daß Junker daraus bestimmte Schlüsse zieht und z.T. überzogene Forderungen an die Natur der Erklärung stellt. Er argumentiert auf einer anderen metatheoretischen Ebene, als die Naturwissenschaftler. Und dort beginnt es, abseitig zu werden.


El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Man kann aber durchaus 'Makroevolution' im Sinne von 'transspezifische Evolution' anerkennen, ohne 'Makroevolution' im Sinne von 'naturalistische Erklärung der Entstehung evolutiver Neuheiten' anzuerkennen. Dann bist Du wieder bei Schönborn: Deszendenz ja, Selektionstheorie nein. Und hast das Problem, dass Dir alle Argumente für Evolution als historische Tatsache oder Deszendenz gar nichts nützen, weil Deine Gegner nur verwundert sagen: 'das erkennen wir doch an, das ist nicht der Punkt'. Und spätestens dann merkst Du, dass es keinen Sinn macht, Kreationismus und ID in einen Topf zu rühren. Selbst wenn sich die deutschen Kreationisten als ID-ler präsentieren.


Es gibt eben ein schillerndes Spektrum von Schöpfungsauffassungen. (Schönborn argumentiert anders als Lönnig und Beyer wiederum anders als Schörnborn. Somit macht es auch keinen Sinn, alle ID-Auffassungen in einen Topf zu rühren.) Wichtig ist doch nur, daß die naturalistischen Prinzipien der Evolution anerkannt werden. Wenn denen jemand eine teleologische Deutung überstülpt, hat er meinen Segen. Dort aber, wo nicht-naturalistische Eingriffe als Gegenstück zu mechanismischen Ansätzen postuliert werden, beginnt der Wissenschaftsrevisionismus (Kreationismus sensu lato), weil Wissenschaft eben anders funktioniert und nur so und nicht anders funktionieren kann.
_________________
"Science is a candle in the dark." - Carl Sagan

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El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#460738) Verfasst am: 27.04.2006, 09:56    Titel: Antworten mit Zitat

[ ... ]
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
andere sehen kein Argument gegen einen Designer.

Ich doch auch nicht.

dann fehlt nur noch die Erkenntnis, dass man weder dumm noch bösartig zu sein braucht, um auf der Basis einer soliden Kenntnis der Faktenlage von Design auszugehen.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Ich sehe nur kein wissenschaftliches Argument für einen Designer.

Exakt.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Trotzdem gibt es Menschen, die unbedingt mehr wollen und glauben, mit ihrer Design-Auffassung so etwas wie Wissenschaft treiben zu können.

Genauer: die meinen, mit exakt denselben Methoden wie wir praktisch forschen _und_ die Ergebnisse in einem Schöpfungsrahmen deuten zu können. Das geht in meinen Augen, je nach 'Schöpfungsrahmen', von problemlos bis hin zu Verbiegung oder gar nicht. Beispielsweise sehe ich keine Chance, auf der Basis einer jungen Erde und einer Schöpfungswoche so etwas zu tun, sobald man aber 'nebulöser' wird, sehe ich kein Problem. Allerdings auf keinen Fall eine _bessere_ Alternative als die naturalistische.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
IMAO ist das eine schiefe Angelegenheit; die Argumente sind ja hinreichend ausgetauscht worden.

Schief wird es eigentlich nur dann, wenn man ein _konkretes_ Bild eines Designers vertritt. Ansonsten ist das schlicht und ergreifend eine Alternative, mit der wir Naturalisten leben müssen.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Junkers Punkt war, dass eingeräumt wird, dass es noch keine hinreichende Erklärung für die naturalistische Entstehung von Neuheiten gab. Nur darauf wollte ich hinaus.

Beachte Deine Wortwahl: Du schreibst "keine hinreichende Erklärung",

Ich zitiere Junker (Hervorheung von mir)
S. 10 hat folgendes geschrieben:

Wenn Biologen glauben, die Mechanismen für Entstehung
evolutiver Neuheiten (Makroevolution) oder wenigstens
wesentlicher Aspekte davon aufgedeckt zu haben,
räumen sie häufig ein, daß Makroevolution zuvor ein
noch nicht oder jedenfalls nicht befriedigend gelöstes
Problem war.

Klingt doch eher nach 'nicht hinreichend', oder sehe ich das falsch? Mein Punkt war, was Junker aus den Aussagen des Buchs gemacht hat, nicht, wie Junker die Erklärung von Makroevolution einschätzt.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Junker spricht von "völligem Fehlen" einer Erklärung. Das ist ein kleiner aber feiner Unterschied, an dem sich die Kritik entzündet.

Stimmt. Wenn man aber Begriffe wie 'teilschwanger' ablehnt, könnte man sagen, dass eine 'hinreichende Erklärung' nur auf der Basis eines Weltbilds formulierbar ist. Falls man dieses Weltbild ablehnt, wird aus 'hinreichend' leicht 'gar keine'.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Wenn Du mir jetzt noch zeigst, was "hinreichende Erklärungen" sind (wie vollständig müssen Erklärungen sein?), hat Junker vielleicht einen Stich gemacht.

Rein operational würde ich sagen, dass man für eine Struktur, die von ID als IC eingestuft wird, einen konkreten Weg angeben kann, wie die durch Mutation und Selektion ohne Eingriffe eines Designers entstehen kann.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Andernfalls erkennt er bestimmte Prinzipien der Naturwissenschaften nicht an.

Er erkennt die _Methoden_ an, aber nicht die durch diese 'erzwungene' Ontologie. Das ist ein feiner Unterschied. Naturwissenschaften gab es auch zu Zeiten, als diese noch 'Naturphilosophie' genannt wurden. Auch Menschen, die von Design ausgehen, haben hervorragende Arbeiten veröffentlicht.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Junker baut das Polyvalenz-Konzept in das GT-Modell ein und komplimentiert die offenen Fragen der ET in eine geheimnisvoll Übernatur hinaus.

Yepp. Das war die wie üblich insuffizente _positive_ Apologetik. Mein Punkt war die _negative_.

Die aber auch nicht überzeugt. Solange Junker einfach nur sagt: "die Erklärungen der ET sind unvollständig", ist alles in Butter.

Klar. Aber es geht ja um den 'Kampf um die unentschlossene Mitte'. Wenn man Otto Normalverbraucher auf die meisten Fragen, die er stellt, immer sagen muss 'daran forschen wir noch', könnte es sein, dass der ins Grübeln kommt. Das war mein Punkt.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Es ging aber doch darum, daß Junker daraus bestimmte Schlüsse zieht und z.T. überzogene Forderungen an die Natur der Erklärung stellt. Er argumentiert auf einer anderen metatheoretischen Ebene, als die Naturwissenschaftler. Und dort beginnt es, abseitig zu werden.

Die Frage ist, was man unter 'abseitig' verstehen möchte. Wenn Menschen wie Johnson etc. (auf Junker beziehe ich mich äußerst ungern, falls es im ID geht, denn, ganz ehrlich, auf dem Boden eines Kurzzeit-Kreationismus ist ID bestenfalls 'wedge') gar nicht einfordern, _im_ Rahmen unserer Wissenschaft zu sein, sondern eine _andere_ einfordern, kann man sich fragen, ob das wirklich sooo abseitig ist.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Man kann aber durchaus 'Makroevolution' im Sinne von 'transspezifische Evolution' anerkennen, ohne 'Makroevolution' im Sinne von 'naturalistische Erklärung der Entstehung evolutiver Neuheiten' anzuerkennen. Dann bist Du wieder bei Schönborn: Deszendenz ja, Selektionstheorie nein. Und hast das Problem, dass Dir alle Argumente für Evolution als historische Tatsache oder Deszendenz gar nichts nützen, weil Deine Gegner nur verwundert sagen: 'das erkennen wir doch an, das ist nicht der Punkt'. Und spätestens dann merkst Du, dass es keinen Sinn macht, Kreationismus und ID in einen Topf zu rühren. Selbst wenn sich die deutschen Kreationisten als ID-ler präsentieren.

Es gibt eben ein schillerndes Spektrum von Schöpfungsauffassungen.

Noch ein Grund, das Wapperl 'Kreationismus' nicht darauf zu pappen, nur weil 'Kreationist' so hübsch pejorativ klingt.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
(Schönborn argumentiert anders als Lönnig und Beyer wiederum anders als Schörnborn. Somit macht es auch keinen Sinn, alle ID-Auffassungen in einen Topf zu rühren.)

Eigentlich Wasser auf meine Mühlen, oder sehe ich das falsch?

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Wichtig ist doch nur, daß die naturalistischen Prinzipien der Evolution anerkannt werden.

Natürlich. Und genau das bestreiten die Menschen, die man unter 'ID' fasst explizit. Daher macht es keinen Sinn, Beyer hier zu erwähnen.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Wenn denen jemand eine teleologische Deutung überstülpt, hat er meinen Segen. Dort aber, wo nicht-naturalistische Eingriffe als Gegenstück zu mechanismischen Ansätzen postuliert werden, beginnt der Wissenschaftsrevisionismus (Kreationismus sensu lato),

Okay, 'Kreationismus' als Breiwort, das macht Sinn ;->

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
weil Wissenschaft eben anders funktioniert und nur so und nicht anders funktionieren kann.

Das ist eben die spannende Frage. Wir gehen von einer Ontologie aus, die von der Methodik 'erzwungen' wird. Man kann sich aber fragen, ob das wirklich der Fall ist. Falls es doch einen Designer gäbe, würde er uns einfach durch die Lappen gehen, weil wir ihn in unserem System nicht brauchen. Ist schon etwas problematisch, wenn Epistemologie, Ontologie, Pragmatik und Heuristik gemeinsam ins Spiel kommen.

Und vielleicht noch eins: es gibt ID-Bewegung und ID-'Theorie'. Hinsichtlich ID-Bewegung sind wir uns einig.
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Ein seliges und unvergängliches Wesen (die Gottheit) trägt weder selbst Mühsal, noch belädt es ein anderes Wesen damit. Darum kennt es weder Zorn noch Wohlwollen. Dergleichen gibt es nur bei einem schwachen Wesen. (Epikur)

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Darwin Upheaval
Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator



Anmeldungsdatum: 23.01.2004
Beiträge: 5471
Wohnort: Tief im Süden

Beitrag(#460792) Verfasst am: 27.04.2006, 11:37    Titel: Antworten mit Zitat

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
andere sehen kein Argument gegen einen Designer.

Ich doch auch nicht.

dann fehlt nur noch die Erkenntnis, dass man weder dumm noch bösartig zu sein braucht, um auf der Basis einer soliden Kenntnis der Faktenlage von Design auszugehen.


Das ist Dawkins' Terminologie, nicht meine. Ich würde Evolutionsgegnern eher einen Hang zum Mystizismus unterstellen. Sie machen sich selbst etwas vor, indem sie sich an metaphysische Illusionen klammern und meinen, der wissenschaftlichen Forschung problemlos ihre Glaubensvorgaben überstülpen zu können (oder zu müssen).


El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Trotzdem gibt es Menschen, die unbedingt mehr wollen und glauben, mit ihrer Design-Auffassung so etwas wie Wissenschaft treiben zu können.
Genauer: die meinen, mit exakt denselben Methoden wie wir praktisch forschen _und_ die Ergebnisse in einem Schöpfungsrahmen deuten zu können.


Daß sie nach denselben Methoden forschen, ist unbestritten. Aber deren Methodologie ist eine andere. Waren wir uns nicht schon einmal einig, daß Methodik und Methodologie zwei paar Schuhe sind?


El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Das geht in meinen Augen, je nach 'Schöpfungsrahmen', von problemlos bis hin zu Verbiegung oder gar nicht. Beispielsweise sehe ich keine Chance, auf der Basis einer jungen Erde und einer Schöpfungswoche so etwas zu tun, sobald man aber 'nebulöser' wird, sehe ich kein Problem. Allerdings auf keinen Fall eine _bessere_ Alternative als die naturalistische.


Genau. Eben weil "Design-Theorien" und "Schöpfungstheorien" einen anderen methodologischen Status haben, als naturalistische Theorien. Du hast doch auch schon einmal eingeräumt, daß Schöpfungstheorien nichts erklären, nicht durchgehend prüfbar sind, über keine mechanismischen Ansätze verfügen, extern inkonsistent sind usw. Das alles zusammen macht sie unwissenschaftlich.


El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Junker spricht von "völligem Fehlen" einer Erklärung. Das ist ein kleiner aber feiner Unterschied, an dem sich die Kritik entzündet.

Stimmt. Wenn man aber Begriffe wie 'teilschwanger' ablehnt, könnte man sagen, dass eine 'hinreichende Erklärung' nur auf der Basis eines Weltbilds formulierbar ist. Falls man dieses Weltbild ablehnt, wird aus 'hinreichend' leicht 'gar keine'.


Wenn man Junker in diesem Punkt so ernst nähme, wie er es von uns erwartet, könnte man mit seiner Argumentation die gesamte Wissenschaft aus den Angeln heben. Was "erklärt" denn z.B. ein postulierter Reaktionsmechanismus in der Chemie? Bilden die theoretischen Modelle die Realität wirklich derart "hinreichend" ab, so daß man sagen könnte, "wir wissen nun wirklich im Details, wie alles funktioniert"? Oder muß man nicht auch hier einräumen: "Die postulierten Mechanismen sind nicht beweisbare, mehr oder weniger modellhafte Beschreibungen, die sich oft nicht mit dem Experiment decken, in quantitativer Hinsicht kaum Vorhersagen erlauben und bei jeder einzelnen Reaktion durch andere Randbedingungen ergänzt werden müssen"?

Würdest Du sagen, daß jemand, welcher der Atomtheorie auf diese Weise einen Strick dreht, um den "göttlichen Designer" in der Chemie mitspielen zu lassen, die methodologischen Prinzipien der Naturwissenschaften anerkennt Frage


El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Wenn Du mir jetzt noch zeigst, was "hinreichende Erklärungen" sind (wie vollständig müssen Erklärungen sein?), hat Junker vielleicht einen Stich gemacht.

Rein operational würde ich sagen, dass man für eine Struktur, die von ID als IC eingestuft wird, einen konkreten Weg angeben kann, wie die durch Mutation und Selektion ohne Eingriffe eines Designers entstehen kann.


Mal ehrlich, das ist doch in Teilbereichen schon oft gemacht worden. Denk z.B. an die Modelle, die unter Einbeziehung von Doppelfunktionen und Funktionswechsel erklären, wie das primäre Kiefergelenk aus Articulare und Quadratum durch ein sekundäres Kiefergelenk aus Dentale und Squamosum verdrängt wurde. Sobald man - unter Wahrung von Funktionalität und Adapativität - ein plausibles Szenario entwirft, schallt einem der Kampfbegriff "storytelling" entgegen.

IMAO konnte ID noch nicht einmal plausibel zeigen, daß das IC-Postulat bei ihren eigenen Paradebeispielen (wie der Mausefalle) funktioniert. Kennst Du :

Milner, R. ; Maestro, V. (2002): Intelligent design? - Special Report - disputing Darwinism.
http://www.findarticles.com/p/articles/mi_m1134/is_3_111/ai_84545899


El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Er erkennt die _Methoden_ an, aber nicht die durch diese 'erzwungene' Ontologie. Das ist ein feiner Unterschied.


Richtig, aber an die Ontologie ist auch eine Methodologie gekoppelt. Wird die Ontologie abgelehnt, werden auch die methodologischen Prinzipien der Naturwissenschaften zumindest in Teilbereichen nicht mehr anerkannt.


El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Naturwissenschaften gab es auch zu Zeiten, als diese noch 'Naturphilosophie' genannt wurden. Auch Menschen, die von Design ausgehen, haben hervorragende Arbeiten veröffentlicht.


Mag sein, aber das steht auf einem anderen Blatt. In der Renaissance und Neuzeit wurden teleologische und vitalistische Kräfte sukzessive aus allen Bereichen der Naturwissenschaften herausgedrängt. Nun kann man entweder große Verschwörungstheorien spinnen oder sich fragen, ob das eventuell handfeste Gründe hat(te).

Lustig finde ich in diesem Zusammenhang immer, wenn Junker behauptet, man wollte Schöpfungstheorien "schon im Vorfeld wissenschaftstheoretisch das Wasser abgraben". In Wahrheit ist der Zug doch schon vor 300 Jahren (und in der Biologie vor 150 Jahren) abgefahren.


El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Wichtig ist doch nur, daß die naturalistischen Prinzipien der Evolution anerkannt werden.

Natürlich. Und genau das bestreiten die Menschen, die man unter 'ID' fasst explizit. Daher macht es keinen Sinn, Beyer hier zu erwähnen.


Exakt. Folglich macht es durchaus Sinn, einen Oberbegriff zu schaffen, der eine Schöpfungsauffassung, wie sie Beyer vertritt, gegen Schöpfungsauffassungen abgrenzt, die ein Schönborn, Lönnig, Junker oder Scherer vertritt. Welchen man wählt, ist letztlich egal - Hauptsache man weiß, was damit gemeint ist. "Kreationismus" bietet sich halt aus ethymologischen Gründen an. Und wenn der Begriff im Bedarfsfalle spezifiziert wird, sehe ich kein unmittelbares Problem.


El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Und vielleicht noch eins: es gibt ID-Bewegung und ID-'Theorie'. Hinsichtlich ID-Bewegung sind wir uns einig.


Das Problem ist, daß schon die "Signalerkennungstheorie" Mängel hat. Wenn Du ehrlich bist, mußt Du doch auch zugeben, daß die auf dissipative Systeme nicht problemlos anwendbar ist. Zumindest hinkt die Analogie zwischen Design in der Technik und der Ordnung in der Natur gewaltig. Und daß die eliminative Induktion nicht funktioniert, hatte Popper schon erwähnt. Sind wir uns wenigstens soweit einig?
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El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#460825) Verfasst am: 27.04.2006, 12:24    Titel: Antworten mit Zitat

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
dann fehlt nur noch die Erkenntnis, dass man weder dumm noch bösartig zu sein braucht, um auf der Basis einer soliden Kenntnis der Faktenlage von Design auszugehen.

Das ist Dawkins' Terminologie,

Dawinks war noch nicht geboren, als diese Formulierung mutatis mutandis Jahrhunderte alt war.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
nicht meine. Ich würde Evolutionsgegnern eher einen Hang zum Mystizismus unterstellen. Sie machen sich selbst etwas vor, indem sie sich an metaphysische Illusionen klammern und meinen, der wissenschaftlichen Forschung problemlos ihre Glaubensvorgaben überstülpen zu können (oder zu müssen).

Nun, es gibt auch Menschen, die meinen, der Wissenschaft ihren Atheismus überstülpen zu müssen. Der Punkt ist, dass es um die _Auffassung_ von 'Wissenschaft' geht. Ganz konkret darum, welche Rolle der Naturalismus spielt, sobald es um _mehr_ als Methodik geht.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Trotzdem gibt es Menschen, die unbedingt mehr wollen und glauben, mit ihrer Design-Auffassung so etwas wie Wissenschaft treiben zu können.
Genauer: die meinen, mit exakt denselben Methoden wie wir praktisch forschen _und_ die Ergebnisse in einem Schöpfungsrahmen deuten zu können.

Daß sie nach denselben Methoden forschen, ist unbestritten. Aber deren Methodologie ist eine andere. Waren wir uns nicht schon einmal einig, daß Methodik und Methodologie zwei paar Schuhe sind?

Schon, aber welchen Belang hat das, _wenn_ man nicht davon überzeugt ist, dass die Methode eine Ontologie erzwingt?

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Das geht in meinen Augen, je nach 'Schöpfungsrahmen', von problemlos bis hin zu Verbiegung oder gar nicht. Beispielsweise sehe ich keine Chance, auf der Basis einer jungen Erde und einer Schöpfungswoche so etwas zu tun, sobald man aber 'nebulöser' wird, sehe ich kein Problem. Allerdings auf keinen Fall eine _bessere_ Alternative als die naturalistische.

Genau. Eben weil "Design-Theorien" und "Schöpfungstheorien" einen anderen methodologischen Status haben, als naturalistische Theorien. Du hast doch auch schon einmal eingeräumt, daß Schöpfungstheorien nichts erklären, nicht durchgehend prüfbar sind, über keine mechanismischen Ansätze verfügen, extern inkonsistent sind usw. Das alles zusammen macht sie unwissenschaftlich.

Im Rahmen _unserer_ Wissenschaft. Aber nicht, wenn man den Naturalismus aufgibt, und ID in dem Sinn vertritt, wie das Johnson oder Behe tun, also explizit keinen Bezug auf irgendwelche Offenbarungen machen. Die können dann prinzipiell nicht inkonsistent sein. Man kann bestenfalls vertreten, dass Prüfbarkeit ein enorm wichtiges Kriterium ist.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Stimmt. Wenn man aber Begriffe wie 'teilschwanger' ablehnt, könnte man sagen, dass eine 'hinreichende Erklärung' nur auf der Basis eines Weltbilds formulierbar ist. Falls man dieses Weltbild ablehnt, wird aus 'hinreichend' leicht 'gar keine'.

Wenn man Junker in diesem Punkt so ernst nähme, wie er es von uns erwartet, könnte man mit seiner Argumentation die gesamte Wissenschaft aus den Angeln heben.

Nein. Er erkennt ja die _Methoden_ an, aber nicht die Methodologie, also den Überbau.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Was "erklärt" denn z.B. ein postulierter Reaktionsmechanismus in der Chemie?

Alle Messdaten. Aber das ist genau der Punkt: Evolutionsgegner gehen davon aus, dass sie _Mechanismen_ mit den _Daten_ schwer vereinbar sind.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Bilden die theoretischen Modelle die Realität wirklich derart "hinreichend" ab, so daß man sagen könnte, "wir wissen nun wirklich im Details, wie alles funktioniert"?

IMAO nicht.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Oder muß man nicht auch hier einräumen: "Die postulierten Mechanismen sind nicht beweisbare, mehr oder weniger modellhafte Beschreibungen, die sich oft nicht mit dem Experiment decken, in quantitativer Hinsicht kaum Vorhersagen erlauben und bei jeder einzelnen Reaktion durch andere Randbedingungen ergänzt werden müssen"?

Natürlich. Aber das Beispiel hinkt. Hier kann man messen und reproduzierbar arbeiten. Mit Modellen, die Evolution _mechanismisch_- darstellen ist das AFAIK noch nicht möglich gewesen.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Würdest Du sagen, daß jemand, welcher der Atomtheorie auf diese Weise einen Strick dreht, um den "göttlichen Designer" in der Chemie mitspielen zu lassen, die methodologischen Prinzipien der Naturwissenschaften anerkennt :?:

Nein, obwohl ich nicht sehe, dass jemand hier so argumentieren würde. ID räumt immer ein, was nachweisbar ist. Bei Kreationisten (tm) sieht das anders aus.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Wenn Du mir jetzt noch zeigst, was "hinreichende Erklärungen" sind (wie vollständig müssen Erklärungen sein?), hat Junker vielleicht einen Stich gemacht.

Rein operational würde ich sagen, dass man für eine Struktur, die von ID als IC eingestuft wird, einen konkreten Weg angeben kann, wie die durch Mutation und Selektion ohne Eingriffe eines Designers entstehen kann.

Mal ehrlich, das ist doch in Teilbereichen schon oft gemacht worden. Denk z.B. an die Modelle, die unter Einbeziehung von Doppelfunktionen und Funktionswechsel erklären, wie das primäre Kiefergelenk aus Articulare und Quadratum durch ein sekundäres Kiefergelenk aus Dentale und Squamosum verdrängt wurde.

Das ist ein wunderbares Beispiel. Was war hier IC? Junker und andere plädieren explizit dafür, dass IC nicht an morphologischen Strukturen aufzeigbar ist, sondern nur an _molekularen_ Strukturen. Außerdem ist die Frage konkret nach dem _Mechanismus_. Deszendenz wird doch anerkannt.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Sobald man - unter Wahrung von Funktionalität und Adapativität - ein plausibles Szenario entwirft, schallt einem der Kampfbegriff "storytelling" entgegen.

Nun ist halt die spannende Frage, wer entscheiden darf, wo 'storytelling' aufhört und Erklärungen mit Mechanismen beginnen. Leider ist die Welt halt so, dass man ID-Vertretern nicht einfach sagen kann: 'schau mal, so und so stellen wir uns das konkret vor', sonder 'wir haben diesen Deutungsrahmen, in dem die plausibelste Vorstellung ... ist'.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
IMAO konnte ID noch nicht einmal plausibel zeigen, daß das IC-Postulat bei ihren eigenen Paradebeispielen (wie der Mausefalle) funktioniert. Kennst Du :

Milner, R. ; Maestro, V. (2002): Intelligent design? - Special Report - disputing Darwinism.
http://www.findarticles.com/p/articles/mi_m1134/is_3_111/ai_84545899

Ja.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Er erkennt die _Methoden_ an, aber nicht die durch diese 'erzwungene' Ontologie. Das ist ein feiner Unterschied.

Richtig, aber an die Ontologie ist auch eine Methodologie gekoppelt.

Ob das der Fall ist, ist ja gerade die spannende Frage, die ID-Vertreter stellen.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Wird die Ontologie abgelehnt, werden auch die methodologischen Prinzipien der Naturwissenschaften zumindest in Teilbereichen nicht mehr anerkannt.

Natürlich. Und dazu wird explizit gefordert, Naturwissenschaften _anders_ zu definieren. Schau mal nach Amiland, da wird das gerade von SchoolBoards explizit in die Lehrpläne geschrieben. Deine Feststellung ist vollkommen zutreffend, aber Du siehst das Problem nur _inner_paradigmatisch. Die Musik spielt eine Ebene höher. Du sitzt nicht auf dem Richterstuhl und darfst entscheiden, was 'Wissenschaft' ist, sondern ein anderes Paradigma versucht, sich zu etablieren und nun muss nach einem _externen_ Standard (gibt es den eigentlich?) entschieden werden, was Sache ist. Wenn es hart auf hart kommt und die ID-Bewegung Erfolg hat, wird das leider ziemlich akut werden. Das ist ja die Gefahr des ID, wenn es sich von konkreten Offenbarungen frei macht: es kann unsere _Standards_ relativieren oder zumindest infrage stellen.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Naturwissenschaften gab es auch zu Zeiten, als diese noch 'Naturphilosophie' genannt wurden. Auch Menschen, die von Design ausgehen, haben hervorragende Arbeiten veröffentlicht.

Mag sein, aber das steht auf einem anderen Blatt. In der Renaissance und Neuzeit wurden teleologische und vitalistische Kräfte sukzessive aus allen Bereichen der Naturwissenschaften herausgedrängt. Nun kann man entweder große Verschwörungstheorien spinnen oder sich fragen, ob das eventuell handfeste Gründe hat(te).

Genau das tun auch die ID-ler. Und fragen, ob es der Sache vielleicht angemessener wäre, die Standards etwas anzupassen. Genausowenig, wie ich anerkenne, dass man mit Bibel-Zitaten die Wahrheit der Bibel begründet, kann ich nachvollziehen, dass man mit der Auffassung von Wissenschaft bzw. deren Funktionieren diese rechtfertigen kann. Vor allem nicht eine Ontologie.

Damit kein falscher Zungenschlag aufkommt: ich bin _inhaltich_ Deiner Meinung, aber ich sehe, dass diese Auffassung nicht so einfach vertretbar ist, wie Du zu meinen scheinst. Solange wir die Macht haben, unsere Auffassung durchzusetzen, okay.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Lustig finde ich in diesem Zusammenhang immer, wenn Junker behauptet, man wollte Schöpfungstheorien "schon im Vorfeld wissenschaftstheoretisch das Wasser abgraben". In Wahrheit ist der Zug doch schon vor 300 Jahren (und in der Biologie vor 150 Jahren) abgefahren.

Wie gesagt, Junker ist ein Spezialfall, weil er kein 'reines' ID vertritt. Die Frage ist vielmehr, wohin man gelangt, falls man 'wherever the evidence leads' geht. Kann sein, dass wir irgendwann mal zeigen können, wie ohne Designer Komplexität entsteht, kann sein, dass das nicht geht. Aus _methodologischen_ Gründen können wir unseren Standpunkt vertreten und ein RollBack zu verhindern suchen. Aber wenn die Gegner sich anpassen und 'reines' Design vertreten, wird die Argumentation etwas diffizil.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Wichtig ist doch nur, daß die naturalistischen Prinzipien der Evolution anerkannt werden.

Natürlich. Und genau das bestreiten die Menschen, die man unter 'ID' fasst explizit. Daher macht es keinen Sinn, Beyer hier zu erwähnen.

Exakt.

Dann stellt sich die spannende Frage, warum _Du_ Beyer mit ins Spiel gebracht hast.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Folglich macht es durchaus Sinn, einen Oberbegriff zu schaffen, der eine Schöpfungsauffassung, wie sie Beyer vertritt, gegen Schöpfungsauffassungen abgrenzt, die ein Schönborn, Lönnig, Junker oder Scherer vertritt.

Johnson hat dafür explizit den Begriff 'creationist' verwendet, aber selbst Beyer würde noch darunter fallen.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Welchen man wählt, ist letztlich egal - Hauptsache man weiß, was damit gemeint ist.

Klar. Popper lässt grüßen. Aber es macht durchaus Sinn, dafür zu sorgen, dass Otto Normalverbraucher nicht erst aufs falsche Gleis gesetzt wird, falls er einen Text liest. Und eins kommt noch dazu. 'Kreationist' ist hierzulande eher pejorativ vorbelegt (zumindest bei den Menschen, die den Begriff überhaupt kennen). Noch ein Grund mehr, ihn zu vermeiden, falls man der Gegenseite keine Steilvorlagen liefern möchte.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
"Kreationismus" bietet sich halt aus ethymologischen Gründen an. Und wenn der Begriff im Bedarfsfalle spezifiziert wird, sehe ich kein unmittelbares Problem.

Ich auch nicht, eher keinen Vorteil.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Und vielleicht noch eins: es gibt ID-Bewegung und ID-'Theorie'. Hinsichtlich ID-Bewegung sind wir uns einig.

Das Problem ist, daß schon die "Signalerkennungstheorie" Mängel hat.

Und?

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Wenn Du ehrlich bist, mußt Du doch auch zugeben, daß die auf dissipative Systeme nicht problemlos anwendbar ist. Zumindest hinkt die Analogie zwischen Design in der Technik und der Ordnung in der Natur gewaltig.

Das habe ich doch explizit in meinem ID-Artikel geschrieben. Offene Scheunentore.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Und daß die eliminative Induktion nicht funktioniert, hatte Popper schon erwähnt. Sind wir uns wenigstens soweit einig?

Auch das habe ich explizit geschrieben. Wo liegt das Problem?
_________________
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Katatonia
...the quiet cold of late november



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Beitrag(#460939) Verfasst am: 27.04.2006, 14:35    Titel: Antworten mit Zitat

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:

Es gibt eben ein schillerndes Spektrum von Schöpfungsauffassungen. (Schönborn argumentiert anders als Lönnig und Beyer wiederum anders als Schörnborn. Somit macht es auch keinen Sinn, alle ID-Auffassungen in einen Topf zu rühren.) Wichtig ist doch nur, daß die naturalistischen Prinzipien der Evolution anerkannt werden. Wenn denen jemand eine teleologische Deutung überstülpt, hat er meinen Segen. Dort aber, wo nicht-naturalistische Eingriffe als Gegenstück zu mechanismischen Ansätzen postuliert werden, beginnt der Wissenschaftsrevisionismus (Kreationismus sensu lato), weil Wissenschaft eben anders funktioniert und nur so und nicht anders funktionieren kann.

Aber sind teleologische Aspekte nicht eigentlich auch nichtwissenschaftlich?
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Darwin Upheaval
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Beitrag(#460971) Verfasst am: 27.04.2006, 15:00    Titel: Antworten mit Zitat

Katatonia hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:

Es gibt eben ein schillerndes Spektrum von Schöpfungsauffassungen. (Schönborn argumentiert anders als Lönnig und Beyer wiederum anders als Schörnborn. Somit macht es auch keinen Sinn, alle ID-Auffassungen in einen Topf zu rühren.) Wichtig ist doch nur, daß die naturalistischen Prinzipien der Evolution anerkannt werden. Wenn denen jemand eine teleologische Deutung überstülpt, hat er meinen Segen. Dort aber, wo nicht-naturalistische Eingriffe als Gegenstück zu mechanismischen Ansätzen postuliert werden, beginnt der Wissenschaftsrevisionismus (Kreationismus sensu lato), weil Wissenschaft eben anders funktioniert und nur so und nicht anders funktionieren kann.

Aber sind teleologische Aspekte nicht eigentlich auch nichtwissenschaftlich?


Klar. Aber sie tun den Wissenschaftlern nicht weh, weil sie die methodologischen Prinzipien nicht unterwandern. Pantheisten und Deisten deuten zwar die Naturgesetze vor einem supernaturalistischen Hintergrund, beschreiben und erklären die Welt aber auf der Basis weltimmanenter Vorgänge und Mechanismen.
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El Schwalmo
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Beitrag(#461001) Verfasst am: 27.04.2006, 15:23    Titel: Antworten mit Zitat

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Klar. Aber sie tun den Wissenschaftlern nicht weh, weil sie die methodologischen Prinzipien nicht unterwandern. Pantheisten und Deisten deuten zwar die Naturgesetze vor einem supernaturalistischen Hintergrund, beschreiben und erklären die Welt aber auf der Basis weltimmanenter Vorgänge und Mechanismen.

tja, und nun kommen die ID-ler daher und sagen, dass sie das auch tun. Denn ID erklärt auch nach deren Auffassung nichts. Wenn man erkannt hat, dass ID vorliegt, ist man an einer Erkenntnis_grenze_ angelangt, ab der bestenfalls noch Offenbarung weiter helfen kann. Aber das ist dann kein ID mehr.

Okay, bisher hat noch kein ID-ler beweisen können, dass eine solche Grenze vorliegt. Auf der anderen Seite konnten wir auch noch nicht beweisen, dass Aufbau von Komplexität ohne Design funktioniert. Das sollte man im Hinterkopf behalten.
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Darwin Upheaval
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Beitrag(#461077) Verfasst am: 27.04.2006, 17:28    Titel: Antworten mit Zitat

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Klar. Aber sie tun den Wissenschaftlern nicht weh, weil sie die methodologischen Prinzipien nicht unterwandern. Pantheisten und Deisten deuten zwar die Naturgesetze vor einem supernaturalistischen Hintergrund, beschreiben und erklären die Welt aber auf der Basis weltimmanenter Vorgänge und Mechanismen.

tja, und nun kommen die ID-ler daher und sagen, dass sie das auch tun. Denn ID erklärt auch nach deren Auffassung nichts. Wenn man erkannt hat, dass ID vorliegt, ist man an einer Erkenntnis_grenze_ angelangt, ab der bestenfalls noch Offenbarung weiter helfen kann. Aber das ist dann kein ID mehr.

Okay, bisher hat noch kein ID-ler beweisen können, dass eine solche Grenze vorliegt.


Schlimmer noch: sie können noch nicht einmal zeigen, daß die Kriterien, mit denen sie "Design" auf die Schliche kommen wollen, etwas taugen. Das ist gleich ein doppelter Fehlschlag. Trotzdem glauben sie, die Entstehung der Arten sei nicht mechanismisch erklärbar sei. Wenn das nicht auf einem weltanschaulichen Vorurteil beruht... zwinkern

Eigentlich wollte ich nur auf folgendes hinaus: ID-ler unterscheiden sich von "Normalwissenschaftlern" insofern, als letztere an mechanismischen Ansätzen interessiert sind und hierzu entsprechende Lösungsvorschläge präsentieren. ID klinkt sich aus der aktiven Forschung aus und präsentiert einen heuristisch fruchtlosen, omniexplanatorischen Ansatz.


El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Auf der anderen Seite konnten wir auch noch nicht beweisen, dass Aufbau von Komplexität ohne Design funktioniert.


Beweisbar ist gar nichts. Man kann es aber empirisch plausibel machen. Es ist ja keinesfalls so, daß bis heute völlig unbekannt wäre, wie z.B. neue Gene entstehen. Man darf in empirisch direkt überschaubaren Zeiträumen bloß keine großen Umstrukturierungen erwarten. Das erleichtert es natürlich erheblich, die Entstehung von etwas Neuartigem als einen Fall von Mikroevolution zu deklarieren. (Ist Dir aufgefallen, wie Junker mittlerweile auch die "Hoxologie" in das Grundtypmodell implementiert hat?) Und wen die Basismechanismen Variation und Selektion nicht überzeugen, den überzeugen vermutlich auch keine ausgefeilteren Ansätze.
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El Schwalmo
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Beitrag(#461082) Verfasst am: 27.04.2006, 17:41    Titel: Antworten mit Zitat

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Okay, bisher hat noch kein ID-ler beweisen können, dass eine solche Grenze vorliegt.

Schlimmer noch: sie können noch nicht einmal zeigen, daß die Kriterien, mit denen sie "Design" auf die Schliche kommen wollen, etwas taugen. Das ist gleich ein doppelter Fehlschlag. Trotzdem glauben sie, die Entstehung der Arten sei nicht mechanismisch erklärbar sei. Wenn das nicht auf einem weltanschaulichen Vorurteil beruht... :wink:

tja, das einzige Pfund, mit dem diese Menschen wuchern, ist, dass unsere Seite das auch noch nicht herausbekommen hat. Und nun behaupten sie, die Frage sei _offen_.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Auf der anderen Seite konnten wir auch noch nicht beweisen, dass Aufbau von Komplexität ohne Design funktioniert.

Beweisbar ist gar nichts.

Okay, ungenau formuliert: detailliert einen Weg aufzeigen können, wie nach den postulierten Mechanismen eine Struktur tatsächlich entstehen kann.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Man kann es aber empirisch plausibel machen. Es ist ja keinesfalls so, daß bis heute völlig unbekannt wäre, wie z.B. neue Gene entstehen. Man darf in empirisch direkt überschaubaren Zeiträumen bloß keine großen Umstrukturierungen erwarten.

Man kann aber immerhin extrapolieren. Und wenn es dabei Probleme gibt, kann man sich fragen, wie gut die Mechanismen verstanden sind.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Das erleichtert es natürlich erheblich, die Entstehung von etwas Neuartigem als einen Fall von Mikroevolution zu deklarieren. (Ist Dir aufgefallen, wie Junker mittlerweile auch die "Hoxologie" in das Grundtypmodell implementiert hat?) Und wen die Basismechanismen Variation und Selektion nicht überzeugen, den überzeugen vermutlich auch keine ausgefeilteren Ansätze.

Genau. Und nun erhebt sich die spannende Frage: ist so ein Mensch dümmer oder kritischer als wir?

Denk' daran: unsere Ontologie wird durch die Methodologie 'erzwungen'. Kann aber sein, dass unsere Methodologie nicht alles ist. Wie gesagt: die _positive_ Apologetik von ID kann man mit der Pfeife rauchen. Die negative ist aber IMAO immerhin so gut, dass es nicht einfach ist, unseren Standpunkt durchzusetzen, falls man keine Deutungshoheit hat. Ist wie bei Wahlen, die werden 'in der Mitte' entschieden. Und nun kommt es darauf an, Otto Normalverbraucher zu überzeugen. Da kann man einiges eben nicht voraussetzen, vor allem, wenn der einem Gott gegenüber nicht unbedingt abgeneigt ist.
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Darwin Upheaval
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Beitrag(#461086) Verfasst am: 27.04.2006, 17:57    Titel: Antworten mit Zitat

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Und nun erhebt sich die spannende Frage: ist so ein Mensch dümmer oder kritischer als wir?


Nein, aber vielleicht nur unehrlicher zu sich selbst. Der Punkt ist doch schlicht der: Mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln lassen sich prinzipiell keine Erkenntnisgrenzen aufzeigen, das wäre eine Widerspruch in sich. Offene Fragen sind kein Scheitern des Naturalismus. Nur wenn das Transnature, Gesetzlose (oder aber Design) eine beständige Erfahrungstatsache wäre, müßte vom Naturalismus abgerückt werden. So aber sieht die Welt nun einmal nicht aus! Folglich sind alle Kriterien über "Erkenntnisgrenzen", "Designsignale" usw. an den Haaren herbeigezogen. Sie verleihen nur dem weltanschaulichen Vorurteil, daß es eine Erkenntnisgrenze geben müsse Ausdruck. Das ist Glaube aber keine wissenschaftlich legitime Denkvoraussetzung.

In der Natur "Design" zu postulieren hieße immer, der Wissenschaft willkürlich Erkenntnisgrenzen aufzuerlegen. Ein Wissenschaftler kann sich das nicht erlauben - auch wenn die Denkmöglichkeit besteht, daß die Welt, in der wir leben, nicht alles ist.
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El Schwalmo
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Beitrag(#461091) Verfasst am: 27.04.2006, 18:19    Titel: Antworten mit Zitat

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Und nun erhebt sich die spannende Frage: ist so ein Mensch dümmer oder kritischer als wir?

Nein, aber vielleicht nur unehrlicher zu sich selbst.

irgendwie scheint mir 'ehrlich' eine Kategorie zu sein, die in diesem Kontext fehl am Platz ist.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Der Punkt ist doch schlicht der: Mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln lassen sich prinzipiell keine Erkenntnisgrenzen aufzeigen, das wäre eine Widerspruch in sich.

Hmmmm, da bin ich mir nicht so sicher. Du kennst doch die Kritik von Wolpert an Dembski. Obwohl Wolpert die bisherigen Darstellungen Dembskis zerlegt, sagt er doch, dass es prinzipiell möglich sein könnte, dass man Erkenntnisgrenzen aufzeigen könnte.

Denk an das Gödel-Theorem. Es könnte sein, dass man etwas Analoges auch im Bereich der Naturwissenschaften findet. Natürlich schwer vorstellbar, weil man ja immer mit Entdeckungen rechnen kann. Aber prinzipiell unmöglich scheint mir das nicht zu sein.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Offene Fragen sind kein Scheitern des Naturalismus.

Natürlich. Aber der Ansatz von ID ist ein anderer: die Frage ist _offen_, bis der Naturalismus _positiv_ zeigen kann, dass Komplexität ohne 'telischen Faktor' entstehen kann. Das wird sogar als Falsifikation von ID formuliert.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Nur wenn das Transnature, Gesetzlose (oder aber Design) eine beständige Erfahrungstatsache wäre, müßte vom Naturalismus abgerückt werden.

Das ist ein Problem. Vielleicht gibt es ja Design, ohne dass wir es erfahren. Radioaktive Strahlung war auch schon vor Jahrtausenden vorhanden.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
So aber sieht die Welt nun einmal nicht aus!

Für uns nicht ;->

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Folglich sind alle Kriterien über "Erkenntnisgrenzen", "Designsignale" usw. an den Haaren herbeigezogen.

Ich würde das anders formulieren. Sie passen nicht in unser Weltbild.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Sie verleihen nur dem weltanschaulichen Vorurteil, daß es eine Erkenntnisgrenze geben müsse Ausdruck. Das ist Glaube aber keine wissenschaftlich legitime Denkvoraussetzung.

Wie gesagt, _nachdem_ wir empirisch zeigen konnten, dass Komplexität ohne 'telischen Faktor' entstehen kann, ist es berechtigt, die Kritik, dass auch wir nur _glauben_, dass das naturalistisch geht, zurückzuweisen.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
In der Natur "Design" zu postulieren hieße immer, der Wissenschaft willkürlich Erkenntnisgrenzen aufzuerlegen. Ein Wissenschaftler kann sich das nicht erlauben - auch wenn die Denkmöglichkeit besteht, daß die Welt, in der wir leben, nicht alles ist.

Genauer: ein Wissenschaftler, der wie wir denkt. Es gab und gibt viele Wissenschaftler, die kein Problem damit haben. Denk' daran, wir haben nicht automatisch die Deutungshoheit.
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dreisam
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Beitrag(#461133) Verfasst am: 27.04.2006, 19:18    Titel: Evolution von Komplexität Antworten mit Zitat

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Rein operational würde ich sagen, dass man für eine Struktur, die von ID als IC eingestuft wird, einen konkreten Weg angeben kann, wie die durch Mutation und Selektion ohne Eingriffe eines Designers entstehen kann. ... Evolutionsgegner gehen davon aus, dass die _Mechanismen_ mit den _Daten_ schwer vereinbar sind. ... Mit Modellen, die Evolution _mechanismisch_- darstellen ist das AFAIK noch nicht möglich gewesen. ... Junker und andere plädieren explizit dafür, dass IC nicht an morphologischen Strukturen aufzeigbar ist, sondern nur an _molekularen_ Strukturen. Außerdem ist die Frage konkret nach dem _Mechanismus_. Deszendenz wird doch anerkannt. ... Kann sein, dass wir irgendwann mal zeigen können, wie ohne Designer Komplexität entsteht, kann sein, dass das nicht geht. ... die Frage ist _offen_, bis der Naturalismus _positiv_ zeigen kann, dass Komplexität ohne 'telischen Faktor' entstehen kann. Das wird sogar als Falsifikation von ID formuliert.
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Wichtig ist doch nur, daß die naturalistischen Prinzipien der Evolution anerkannt werden. ... Dort aber, wo nicht-naturalistische Eingriffe als Gegenstück zu mechanismischen Ansätzen postuliert werden, beginnt der Wissenschaftsrevisionismus ... Trotzdem glauben sie, die Entstehung der Arten sei nicht mechanismisch erklärbar ... Man kann es aber empirisch plausibel machen. Es ist ja keinesfalls so, daß bis heute völlig unbekannt wäre, wie z.B. neue Gene entstehen. Man darf in empirisch direkt überschaubaren Zeiträumen bloß keine großen Umstrukturierungen erwarten. Das erleichtert es natürlich erheblich, die Entstehung von etwas Neuartigem als einen Fall von Mikroevolution zu deklarieren.

Wie würdet Ihr in diesem Zusammenhang (Stützung naturalistischer Mechanismus für Neu-Entwicklungen u.ä.) den Wert folgender Arbeiten einschätzen?

Peisajovich, S.G., Rockah, L. & D.S. Tawfik (2006): Evolution of new protein topologies through multistep gene rearrangements. In: Nature Genetics 38, 168-174
Abstract: New protein folds have emerged throughout evolution, but it remains unclear how a protein fold can evolve while maintaining its function, particularly when fold changes require several sequential gene rearrangements. Here, we explored hypothetical evolutionary pathways linking different topological families of the DNA-methyltransferase superfamily. These pathways entail successive gene rearrangements through a series of intermediates, all of which should be sufficiently active to maintain the organism's fitness. By means of directed evolution, and starting from HaeIII methyltransferase (M.HaeIII), we selected all the required intermediates along these paths (a duplicated fused gene and duplicates partially truncated at their 5' or 3' coding regions) that maintained function in vivo. These intermediates led to new functional genes that resembled natural methyltransferases from three known classes or that belonged to a new class first seen in our evolution experiments and subsequently identified in natural genomes. Our findings show that new protein topologies can evolve gradually through multistep gene rearrangements and provide new insights regarding these processes.

http://www.nature.com/ng/journal/v38/n2/abs/ng1717.html


Lars Kuepfer, L., Sauer, U. & L.M. Blank (2005): Metabolic functions of duplicate genes in Saccharomyces cerevisiae. In: Genome Research 15: 1421-1430
Abstract: The roles of duplicate genes and their contribution to the phenomenon of enzyme dispensability are a central issue in molecular and genome evolution. A comprehensive classification of the mechanisms that may have led to their preservation, however, is currently lacking. In a systems biology approach, we classify here back-up, regulatory, and gene dosage functions for the 105 duplicate gene families of Saccharomyces cerevisiae metabolism. The key tool was the reconciled genome-scale metabolic model iLL672, which was based on the older iFF708. Computational predictions of all metabolic gene knockouts were validated with the experimentally determined phenotypes of the entire singleton yeast library of 4658 mutants under five environmental conditions. iLL672 correctly identified 96%-98% and 73%-80% of the viable and lethal singleton phenotypes, respectively. Functional roles for each duplicate family were identified by integrating the iLL672-predicted in silico duplicate knockout phenotypes, genome-scale carbon-flux distributions, singleton mutant phenotypes, and network topology analysis. The results provide no evidence for a particular dominant function that maintains duplicate genes in the genome. In particular, the back-up function is not favored by evolutionary selection because duplicates do not occur more frequently in essential reactions than singleton genes. Instead of a prevailing role, multigene-encoded enzymes cover different functions. Thus, at least for metabolism, persistence of the paralog fraction in the genome can be better explained with an array of different, often overlapping functional roles.

http://www.genome.org/cgi/content/full/15/10/1421#SEC2 eine verdaulichere Kurzerläuterung findet sich unter http://www.eurekalert.org/pub_releases/2005-10/cshl-fi092705.php
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Halligstorch
Skeptischer Schwärmer



Anmeldungsdatum: 02.02.2006
Beiträge: 1210

Beitrag(#461235) Verfasst am: 27.04.2006, 21:10    Titel: Antworten mit Zitat

Novalis hat folgendes geschrieben:
Halligstorch hat folgendes geschrieben:
dreisam hat folgendes geschrieben:
A. Vor der Antwort eine Nacht schlafen.
B. Prinzipiell niemals Polemik, Ironie oder Pöbelei erwidern, bzw. derlei absichtlich überhören.
C. Streng beim Threadthema bleiben.

Gehe außerdem immer davon aus, dass Du von Deinen Diskussionsgegnern etwas Wertvolles lernen könntest. (...)


Hallo dreisam,

El Schwalmo u. Darwin Upheaval haben wie erwartet (u. zwischenzeitlich schon fast 'sphexisch') reagiert, aber Du überrascht mich immer wieder:

Ich meine fast Identisches schon in einem archivierten Benimm-Buch der ehemaligen höheren Töchterschule (in der ich kurz nach Einführung der differenzierten Oberstufe mein Abitur machen durfte) gelesen zu haben.


dreisam hat folgendes geschrieben:
Niveau, Kommentierung und Umfang scheinen mir durchaus zielgruppenspezifisch gelungen


Dreisam! Sei ehrlich u. gib zu, dass Du das aus einer Deiner Bewertungen für eine Schülerhausarbeit abgekupfert hast.


Reiss Dich doch mal zusammen HS - echt. Mit den Augen rollen Vielleicht ist der Mensch nur höflich.
Lass das doch einfach mal so stehen.

Gruß, Novalis



Hallo Novalis,


'Novalis' ist nach meiner Erinnerung (ohne in Wikipedia nachgeschaut zu haben - ehrlich!) ein empfindsamer Dichter, der u. a. so sehr unter dem Erfolg von Goethe gelitten hat, dass er schlussendlich keinen anderen Ausweg gesehen hat als (erfolgreich) Selbstmord (@Johnnyboy) zu begehen.

Halligstorch ist nicht nur ein skurriler (konsequente Voruteilslosigkeit u. konsequenter Pragmatismus wirken häufig drollig), sondern - aus welchen Gründen auch immer - ein Vogel, der Energien schöpft u. 'explodiert', wenn er Heucheleien oder Pseudsodiskussionen wittert.

Dreisam hingegen ist - nach meinem Eindruck - der Idealtyp eines Pädagogen u. vom Aussterben bedrohten Vertreter's der "Entdeckung der Langsam- u. Bedächtigkeit", der sich so schnll durch nichts aus dem Tritt bringen lässt. Ihm gelten meine, sollte das bisher nicht deutlich geworden sein, erheblichen Sympathien. Natürlich vor allem, was seine relativ unbefangene Langsam- und Bedächtigkeit angeht, also weniger seine pädagogischen - vermutlich durch seinen Lehrerberuf geförderten - Neigungen.

Ich habe versucht, dreisam etwas vor El Schwalmo's Literatur-Tirade in Schutz zu nehmen, weil die Texte u. Bücher, die El Schwalmo mal so eben aus dem Ärmel geschüttelt hat, ausreichen (oder weiter-ver-führende Querverweise genug enthalten), um dreisam bis zu seinem Lebensende mit Detailfragen zur synthetischen (oder wie auch immer) Evolutionstheorie zu beschäftigen.

Schon bei dem Gedanken an El Schwalmo's (auszugsweisen) Empfehlungen kriege ich 'Stehhaare', denn was ist bei all der Kenntnis oder Analyse der synthethischen oder wie auch Evolutionstheorie bisher herausgekommen, außer dass sie zeitgemäß rekonstruierbar ist und wissenschaftstheoretisch schwierige Fragen aufwirft? Im pragmatischen Ergebnis lässt sie aber die zentrale Fragen nach den Ursachen der (immer noch) verblüffenden Vielfalt u. Organisation des Lebens auf diesem unserem Planeten ziemlich unbeantwortet.

Schauen wir uns doch einmal die Auseinandersetzung der beiden, fast gleichstarken Platzhirsche Darwin Upheaval u. El Schwalmo an (wobei ich einräume, dass ich ihre jüngsten Beiträge im Detail frühestens um die Maifeiertage herum, studieren kann): Diese Auseinandersetzung ist doch - wie schon aus anderen ellen u. -überlangen Threads hinlänglich und zum Überfluss bekannt, ein klassischer Abklatsch des abnutzenden Grabenkriegs während des Ersten Weltkriegs.

Kurz, dass mag zwar irgendwie wissenschaftshistorisch (oder metatheoretisch etc.) relevant sein, bringt uns aber in der 'Sache', d. h. der zentralen Frage, nach den Ursachen und dem Ablauf der Evolution um keinen Zentimeter weiter.

Und ich finde es einfach 'Scheiße', wenn in diesem (sinnlosen) Abnutzungskrieg auch noch dreisam hineingezogen und beschädigt wird. Natürlich ist das mehr dreisam's als meine Angelegenheit. Ich darf aber wohl noch warnen!

Gruß

Halligstorch
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»Monotheisten, Fundamentalisten, Kreationisten sind nur dann gefährlich, wenn sie sich von der Intoleranz heutiger Atheisten anstecken lassen und wie diese Atheisten auf eine einzige Wahrheit für alle bestehen.«
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El Schwalmo
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Beiträge: 9070

Beitrag(#461278) Verfasst am: 27.04.2006, 21:58    Titel: Re: Evolution von Komplexität Antworten mit Zitat

dreisam hat folgendes geschrieben:
Wie würdet Ihr in diesem Zusammenhang (Stützung naturalistischer Mechanismus für Neu-Entwicklungen u.ä.) den Wert folgender Arbeiten einschätzen?

leider kann ich den ersten Artikel nicht komplett lesen. Ohne jetzt ins Detail zu gehen (wir können das aber gerne tun, wenn Dir etwas daran liegt), ein paar 'Standard-Einwände' von ID-Seite:

- Selektion, bei der ein Mensch den Bedingungen setzt, ist im Prinzip ID

- IC gibt es nur bei Systemen aus mehreren Komponenten

- es geht nicht darum, einen Weg von Sequenz A nach Sequenz B aufzuzeigen, sondern die _Mechanismen_, die ihn verursachten

ID erkennt ja an, dass _einige_ (die meisten?) Strukturen naturalistisch entstehen und plädiert dafür, die Systeme möglichst genau zu erforschen, um diese Frage zu klären. Interessant für die Problematik sind eigentlich nur SC und IC-Systeme und die Frage, wie diese entstehen können, denn die Zwischenformen sind per definitionem (das folgt logisch aus der Definition von IC) nicht funktional im Sinne des Endzustands und können daher auch nicht auf selbigen hin schrittweise selektiert werden.
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Halligstorch
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Beitrag(#461299) Verfasst am: 27.04.2006, 22:41    Titel: Antworten mit Zitat

Deutete ich nicht schon an, dass man ohne unbeirrbar-verbissen-ignorante Platzhirsche u. Grabenkämpfer auch schon den (prototypisch sinnlosen) 'ersten Weltkrieg' hätte um etwa zwei Jahre verkürzen können.

Gruß

Halligstorch
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El Schwalmo
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Beitrag(#461301) Verfasst am: 27.04.2006, 22:46    Titel: Antworten mit Zitat

Halligstorch hat folgendes geschrieben:
Deutete ich nicht schon an, dass man ohne unbeirrbar-verbissen-ignorante Platzhirsche u. Grabenkämpfer auch schon den (prototypisch sinnlosen) 'ersten Weltkrieg' hätte um etwa zwei Jahre verkürzen können.

und im vierten Band der Babig-Trilogie steht geschrieben: 'Beachte, dass Du im richtigen Film bist, auf dass es Dir wohl ergehe auf Erden'.
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Halligstorch
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Beiträge: 1210

Beitrag(#461316) Verfasst am: 27.04.2006, 23:39    Titel: Antworten mit Zitat

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Halligstorch hat folgendes geschrieben:
Deutete ich nicht schon an, dass man ohne unbeirrbar-verbissen-ignorante Platzhirsche u. Grabenkämpfer auch schon den (prototypisch sinnlosen) 'ersten Weltkrieg' hätte um etwa zwei Jahre verkürzen können.

und im vierten Band der Babig-Trilogie steht geschrieben: 'Beachte, dass Du im richtigen Film bist, auf dass es Dir wohl ergehe auf Erden'.


Hallo El Schwalmo,

mit einer gewissen Befriedigung nehme ich zur Kenntnis, dass Du dabei bist, Deine gewichtige Rolle in dem selbstproduzierten Film zu erkennen, in welchem Du zu allem Überfluss darauf bestehst, noch vor Darwin Upheaval die Hauptrolle zu spielen.

Gruß

Halligstorch
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goldberg
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Anmeldungsdatum: 20.04.2006
Beiträge: 63

Beitrag(#461326) Verfasst am: 28.04.2006, 00:27    Titel: Antworten mit Zitat

Um wieder auf die Ausgangsfragestellung zurückzukommen:

Halligstorch hat folgendes geschrieben:
Die moderne Universitätswissenschaft ist weiten Teilen von einer Religion, in der jede neue Auffassung, die von deren bestehenden Lehrmeinung abweicht als Häresie betrachte wird kaum noch zu unterscheiden.


Dieser Eindruck drängt sich natürlich auf. Die Gründe dafür sind – zumindest aus Sicht der Geisteswissenschaften – gleichermaßen banal und verheerend: Es geht um "Reputation" und Geld – wobei ersteres leider meistens zwangsläufig letzteres bedingt. Das führt schlechterdings oft dazu, dass im "Haifischbecken Wissenschaftsbetrieb" auch eine Neuerung blitzschnell zur "Religion" mutiert. Es ist doch so: Wer zuerst kommt, malt zuerst. Dann wird, nicht selten vorschnell, ein, nicht selten unausgereifter, Artikel geschrieben (die Marke) und ein neuer Begriff in den Diskurs eingeführt bzw. ein schon lange bestehender mit Beschlag belegt (das Label). Um ein naheliegendes Beispiel zu wählen: Coca Cola (Windows) war halt zuerst da. Mag sich Pepsi (Linux) auch abstrampeln wie verrückt: Der agressive große Bruder ist unerbittlich. (Wer jemals ohne Expertenhilfe versucht hat, seine Festplatte zu partitieren, weiß, wie sehr. zwinkern) Dabei geht es hier wie dort um ein nahezu identisches, koffeinhaltiges Erfrischungsgetränk – und über Geschmack sollte sich doch eigentlich so herrlich streiten lassen... Ich habe schon während meines Grundstudiums immer mit Skepsis reagiert, wenn mir ein Kommilitone erzählte, er würde "unter" (!!!) einem bestimmten Dozenten studieren oder habe dies getan – als wäre Assimilation ein Gütesiegel. (Nicht wenige bezeichneten sich gar als "Jünger von xy" – womit wir wieder beim einleitenden Statement wären.)

Zitat:
Das Gegenteil von Mut in unserer Gesellschaft ist nicht Feigheit, sondern Anpassung.


Ach ja: Novalis hatte mit Goethe nicht allzu viel zu schaffen (auch wenn sich die beiden tatsächlich mal "über den Weg gelaufen" sind) – allein schon darum, weil er als Romantiker in vollkommen anderem Kreis (nämlich dem Jeaner) verkehrte. Und er starb, leider viel zu früh, an der Schwindsucht. nerv
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Alles, was ist, dauert drei Sekunden.


Zuletzt bearbeitet von goldberg am 28.04.2006, 13:48, insgesamt einmal bearbeitet
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Katatonia
...the quiet cold of late november



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Beitrag(#461337) Verfasst am: 28.04.2006, 02:29    Titel: Antworten mit Zitat

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Katatonia hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:

Es gibt eben ein schillerndes Spektrum von Schöpfungsauffassungen. (Schönborn argumentiert anders als Lönnig und Beyer wiederum anders als Schörnborn. Somit macht es auch keinen Sinn, alle ID-Auffassungen in einen Topf zu rühren.) Wichtig ist doch nur, daß die naturalistischen Prinzipien der Evolution anerkannt werden. Wenn denen jemand eine teleologische Deutung überstülpt, hat er meinen Segen. Dort aber, wo nicht-naturalistische Eingriffe als Gegenstück zu mechanismischen Ansätzen postuliert werden, beginnt der Wissenschaftsrevisionismus (Kreationismus sensu lato), weil Wissenschaft eben anders funktioniert und nur so und nicht anders funktionieren kann.

Aber sind teleologische Aspekte nicht eigentlich auch nichtwissenschaftlich?


Klar. Aber sie tun den Wissenschaftlern nicht weh, weil sie die methodologischen Prinzipien nicht unterwandern. Pantheisten und Deisten deuten zwar die Naturgesetze vor einem supernaturalistischen Hintergrund, beschreiben und erklären die Welt aber auf der Basis weltimmanenter Vorgänge und Mechanismen.

Wobei jedoch mit solcherlei Hintergrundansätzen jeweils eine andere Ontologie vertreten wird als die, von der weiter oben gesagt wurde, die wissenschaftliche Methodik erzwinge sie (Naturalismus).
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El Schwalmo
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Beitrag(#461344) Verfasst am: 28.04.2006, 07:02    Titel: Antworten mit Zitat

Katatonia hat folgendes geschrieben:
Wobei jedoch mit solcherlei Hintergrundansätzen jeweils eine andere Ontologie vertreten wird als die, von der weiter oben gesagt wurde, die wissenschaftliche Methodik erzwinge sie (Naturalismus).

beachte, dass Darwin Upheaval geschrieben hat, dass es hauptsächlich darum geht, den Geltungsanspruch der Methodologie der Naturwissenschaften anzuerkennen. Solange jemand seinem Supranaturalismus auf anderen Gebieten frönt, ist das kein Problem: das tut nicht weh.
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dreisam
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Anmeldungsdatum: 07.04.2006
Beiträge: 20

Beitrag(#461348) Verfasst am: 28.04.2006, 07:15    Titel: Antworten mit Zitat

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Selektion, bei der ein Mensch den Bedingungen setzt, ist im Prinzip ID.

Dann gibt wahrscheinlich keine naturwissenschaftliche Möglichkeit, ID zu widerlegen. Weder in der Evolutionsmechanismenfrage (siehe Artikel) noch in der Frage der Abiogenesis:
- Ein menschlicher Laborant ist in jedem Experiment zugegen.
- Keine Freilandbeobachtung ist vollkommen ohne Beobachtungslücken, in die sich ein Designer nicht hätte einschleichen können.

Nachdem ich die letzten Beiträge mit Gewinn gelesen habe, ergeben sich für mich gegenüber Intelligent Design eigentlich nur drei Argumente:

(1) Intelligent Design ist niemals ausschließ- bzw. widerlegbar, d.h. es ist keine naturwissenschaftliche Hypothese.
(2) Die Annahme, dass Intelligent Design stattgefunden hat, besitzt für sich jedoch keinen Mehr-Erkenntniswert.

Interessanterweise kann man in die letzten beiden Sätze das Wort "Intelligent Design" mit "Göttlicher Fügung" oder "Theistic Evolution" ersetzen, ohne dass sich ein anderer Sinn ergibt.

Wie jedoch von anderen in diesem Thread unlängst geschrieben: Naturwissenschaft kann metaphysische Einflussnahmen ohnehin niemals stützen oder widerlegen.
Intelligent Design ist aber in seiner abstraktesten Form ein metaphysisches Konzept.
Um Intelligent Design einen Platz im naturwissenschaftlichen Erkenntnisrahmen einzuräumen, müsste dieser Rahmen geweitet werden. Bleibt weiterhin zu fragen, (3) ob diese Weitung sinnvoll wäre.
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El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#461360) Verfasst am: 28.04.2006, 08:10    Titel: Antworten mit Zitat

dreisam hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Selektion, bei der ein Mensch den Bedingungen setzt, ist im Prinzip ID.

Dann gibt wahrscheinlich keine naturwissenschaftliche Möglichkeit, ID zu widerlegen.

vermutlich nicht. Aber auch noch aus anderen Gründen (s.u.).

dreisam hat folgendes geschrieben:
Weder in der Evolutionsmechanismenfrage (siehe Artikel) noch in der Frage der Abiogenesis:
- Ein menschlicher Laborant ist in jedem Experiment zugegen.
- Keine Freilandbeobachtung ist vollkommen ohne Beobachtungslücken, in die sich ein Designer nicht hätte einschleichen können.

Ich schrieb allerdings 'die Bedingungen _setzt_'. Ein Mensch als Beobachter wäre vermutlich kein Problem.

dreisam hat folgendes geschrieben:
Nachdem ich die letzten Beiträge mit Gewinn gelesen habe, ergeben sich für mich gegenüber Intelligent Design eigentlich nur drei Argumente:

(1) Intelligent Design ist niemals ausschließ- bzw. widerlegbar, d.h. es ist keine naturwissenschaftliche Hypothese.

Das ist eine schwierige Frage. ID nennt explizit als 'Falsifikationskriterium', dass gezeigt werden kann, dass eine IC-Struktur ohne 'telische Einflüsse' entstehen kann.

Ein Beispiel. Ein Forscher hält in einer Apparatur Bakterien seit etlichen Jahren und friert Proben jeder Generation ein. Sollte irgendwann 'Tolles' passiert sein, könnte man die Proben auftauen und die Entstehung dieser Struktur nachvollziehen. Wären beispielsweise aus Bakterien ohne Geißel solche mit Geißel geworden und könnte man Schritt für Schritt die Entstehung der erforderlichen Gene aufzeigen, könnte ein ID-Vertreter zwar immer noch sagen, dass das letztendlich ein Designer gebastelt habe, aber das würde sich dann doch seeeehr konstruiert anhören.

dreisam hat folgendes geschrieben:
(2) Die Annahme, dass Intelligent Design stattgefunden hat, besitzt für sich jedoch keinen Mehr-Erkenntniswert.

Exakt. Falls Dich meine Meinung interessiert, empfehle ich diesen Artikel auf meiner Site.

dreisam hat folgendes geschrieben:
Interessanterweise kann man in die letzten beiden Sätze das Wort "Intelligent Design" mit "Göttlicher Fügung" oder "Theistic Evolution" ersetzen, ohne dass sich ein anderer Sinn ergibt.

Jein. ID ist schon etwas anders definiert als 'theistic evolution' (Dembski bezeichnet diese explizit als 'Todfeind des ID'), wobei die Grenzen natürlich fließend sind. Im Prinzip geht es darum, wie der Designer eingreift.

dreisam hat folgendes geschrieben:
Wie jedoch von anderen in diesem Thread unlängst geschrieben: Naturwissenschaft kann metaphysische Einflussnahmen ohnehin niemals stützen oder widerlegen.
Intelligent Design ist aber in seiner abstraktesten Form ein metaphysisches Konzept.

Selbstverständlich. Aber, ganz unter uns, Naturalismus auch.

dreisam hat folgendes geschrieben:
Um Intelligent Design einen Platz im naturwissenschaftlichen Erkenntnisrahmen einzuräumen, müsste dieser Rahmen geweitet werden. Bleibt weiterhin zu fragen, (3) ob diese Weitung sinnvoll wäre.

Exakt. Genau das versucht die ID-Bewegung in den USA: eine Neudefinition dessen, was 'Naturwissenschaft' bedeuten soll.

Natürlich ist es eine spannende Frage, was das bringen könnte. Wenn man einen Designer methodisch ausschließt, kann man ihn auch nicht finden, falls es einen gibt. Ob die Methodik aber noch Sinn macht, wenn man mit göttlichen Eingriffen rechnen muss, ist eine andere Frage. Man muss aber sehr genau hinsehen, was ID eigentlich fordert und was nicht. Die in meinen Augen noch sinnvollste Version plädiert dafür, Systeme so weit als nur irgend möglich naturalistisch zu erforschen _und_ Theorien über mechanismische Entstehung dieser Strukturen aufzustellen. Erst wenn diese scheitern, wird das als Argument für ID gewertet. Letztendlich ersetzt man nur 'ich weiß das nicht' durch 'ein Designer hat das gemacht'.

Das eigentliche Problem ist, dass die ID-'Theorie' mit einer ID-Bewegung verbandelt ist. Während man ID-'Theorie' als harmloses Glasperlenspiel abtun könnte, ist die ID-Bewegung eine ernsthafte Gefahr, weil diese über Wissenschaftskritik reaktionäre Inhalte in die Gesellschaft einbringen möchte.
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Darwin Upheaval
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Beitrag(#461391) Verfasst am: 28.04.2006, 09:15    Titel: Antworten mit Zitat

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
ID nennt explizit als 'Falsifikationskriterium', dass gezeigt werden kann, dass eine IC-Struktur ohne 'telische Einflüsse' entstehen kann.

Ein Beispiel. Ein Forscher hält in einer Apparatur Bakterien seit etlichen Jahren und friert Proben jeder Generation ein. Sollte irgendwann 'Tolles' passiert sein, könnte man die Proben auftauen und die Entstehung dieser Struktur nachvollziehen. Wären beispielsweise aus Bakterien ohne Geißel solche mit Geißel geworden und könnte man Schritt für Schritt die Entstehung der erforderlichen Gene aufzeigen, könnte ein ID-Vertreter zwar immer noch sagen, dass das letztendlich ein Designer gebastelt habe, aber das würde sich dann doch seeeehr konstruiert anhören.


Auch nicht mehr als bisher. Selbst wenn die Entstehung der Gene Schritt für Schritt verfolgt werden könnte, heißt das nicht, daß die mechanismischen Vorgänge damit lückenlos geklärt wären. Die würden einfach businuess as usual treiben und das machen, was sie immer machen: behaupten, die Entstehung der Geißel sei in vielen Bereichen noch ungeklärt. Oder darauf hinweisen, daß die Geißel (bzw. deren Gene oder Gen-Vorläufer) ja schon latent im Genom verankert war (Stichwort: Mikroevolution, genetische Polyvalenz). Junker presst mittlerweile sogar schon homöotische Mutationen in dieses Schema. Merkst Du was?
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El Schwalmo
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Beitrag(#461401) Verfasst am: 28.04.2006, 09:35    Titel: Antworten mit Zitat

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
ID nennt explizit als 'Falsifikationskriterium', dass gezeigt werden kann, dass eine IC-Struktur ohne 'telische Einflüsse' entstehen kann.

Ein Beispiel. Ein Forscher hält in einer Apparatur Bakterien seit etlichen Jahren und friert Proben jeder Generation ein. Sollte irgendwann 'Tolles' passiert sein, könnte man die Proben auftauen und die Entstehung dieser Struktur nachvollziehen. Wären beispielsweise aus Bakterien ohne Geißel solche mit Geißel geworden und könnte man Schritt für Schritt die Entstehung der erforderlichen Gene aufzeigen, könnte ein ID-Vertreter zwar immer noch sagen, dass das letztendlich ein Designer gebastelt habe, aber das würde sich dann doch seeeehr konstruiert anhören.


Auch nicht mehr als bisher. Selbst wenn die Entstehung der Gene Schritt für Schritt verfolgt werden könnte, heißt das nicht, daß die mechanismischen Vorgänge damit lückenlos geklärt wären. Die würden einfach businuess as usual treiben und das machen, was sie immer machen: behaupten, die Entstehung der Geißel sei in vielen Bereichen noch ungeklärt. Oder darauf hinweisen, daß die Geißel (bzw. deren Gene oder Gen-Vorläufer) ja schon latent im Genom verankert war (Stichwort: Mikroevolution, genetische Polyvalenz). Junker presst mittlerweile sogar schon homöotische Mutationen in dieses Schema. Merkst Du was?


Mein Punkt ist, dass diese Menschen das, was ich geschildert habe, _expressis_verbis_ als Falsifikationskriterium bezeichnet haben. Selbstverständlich können sie dann weiter 'business as usual' betreiben, im schlimmsten Fall einfach mit 'okay, _dieses_ Beispiel habt Ihr erklärt, aber wie sieht es mit ... aus'. Aber wenn mir dann so jemand in einer Diskussion gegenüber sitzen würde, würde ich keine Gelegenheit auslassen, ihm das unter die Nase reiben. Mit Zitaten mit Seitenangaben.

Und, nebenbei, jedes derartige Beispiel wäre ein Sargnagel: wieder mal konnte gezeigt werden, dass es auch 'oben ohne' geht. Das Problemchen ist, dass wir diese Nägel bisher noch nicht einschlagen konnten. Und daher letztendlich ab einem bestimmten Level nichts _inhaltlich_ entgegen setzen können. Ansonsten würde kein Hahn mehr nach ID krähen.
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Darwin Upheaval
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Beitrag(#461407) Verfasst am: 28.04.2006, 09:51    Titel: Antworten mit Zitat

dreisam hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Selektion, bei der ein Mensch den Bedingungen setzt, ist im Prinzip ID.

Dann gibt wahrscheinlich keine naturwissenschaftliche Möglichkeit, ID zu widerlegen. Weder in der Evolutionsmechanismenfrage (siehe Artikel) noch in der Frage der Abiogenesis:
- Ein menschlicher Laborant ist in jedem Experiment zugegen.


Eigentlich hilft ID ein weltimmanenter Ansatz zur Entstehung des Lebens nicht weiter. Wenn behauptet wird, ein Mensch (ein Alien oder was auch immer), habe die Randbedingungen so gesetzt, damit Leben entstehen könne, stellt sich die Frage auf der nächsthöheren Ebene sofort wieder: Wie ist dann der Alien entstanden? Da ID die Meinung vertritt, auf materialistischem Wege könne kein komplexes Leben entstehen, kann auch der Alien nicht durch weltimmanente Vorgänge entstanden sein, denn er ist ja noch komplexer als das Leben, welches er hervorgebracht hat.

ID klammert die Frage, wie der mutmaßliche "Alien" entstanden ist, zwar explizit aus. Aber die Inkohärenz bleibt dadurch. Um sie zu umschiffen, kann sich ID letztlich doch wieder nur auf die a-priori-Einsicht berufen, daß sich die materielle Ordnung nicht aus sich selbst erklärt, sondern durch eine geistige Ordnung hervorgerufen wird, die jenseits weltimmanenter Prinzipien liegt. Nur wenn solche Zusatzannahmen stillschweigend zum Design-Argument hinzugezogen werdne, klingt es einigermaßen plausibel. Damit aber setzt es das voraus, was es zu belegen gilt. Daher amüsiere ich mich immer köstlich über Behauptungen von ID-lern, wonach ihr Ansatz mit Supernaturalismus angeblich nichts am Hut habe. Wenn dem so wäre, würde ihr Ansatz über den Naturalismus und Materialismus - und damit über die ET - nicht hinauskommen, die sie ja gerade infrage stellen.


dreisam hat folgendes geschrieben:
- Keine Freilandbeobachtung ist vollkommen ohne Beobachtungslücken, in die sich ein Designer nicht hätte einschleichen können.


Exakt. Das perfide an ID ist eigentlich, daß die Wissensprogression, die seit Darwin in der Mechanismenfrage stattgefunden hat, meist völlig ignoriert wird. Daß man heute schon auf viele Fragen (z.B.: "Wie entstehen neue Gene, Genwirkketten" usw.) eine Reihe kausaler Modelle besitzt, die unter Bezugnahme auf empirisch wohlbegründete Mechanismen in Teilbereichen heute schon Erklärungen liefern, interessiert sie nicht. Kaum hat man in einem Teilbereich der makroevolutionären Entwicklung eine Frage geklärt, wird ein anderer Punkt aufgegriffen, der noch strittig ist. Oder man fordert eine vollständige Erklärung und stellt fest, daß viele Fragen noch offen sind. Diese binäre Logik (entweder "Hopp oder Topp") ist IMAO das eigentlich ärgerliche. Ich kenne niemanden, der mal einräumt, daß sich das Evolutionsparadigma bewährt hat, weil eine Wissensprogression stattfindet.


[übereinstimmungshalber gesnippt]


dreisam hat folgendes geschrieben:
Wie jedoch von anderen in diesem Thread unlängst geschrieben: Naturwissenschaft kann metaphysische Einflussnahmen ohnehin niemals stützen oder widerlegen.
Intelligent Design ist aber in seiner abstraktesten Form ein metaphysisches Konzept.
Um Intelligent Design einen Platz im naturwissenschaftlichen Erkenntnisrahmen einzuräumen, müsste dieser Rahmen geweitet werden. Bleibt weiterhin zu fragen, (3) ob diese Weitung sinnvoll wäre.


IMAO nicht. Es widerspricht dem Ethos und den methodologischen Prinzipien der Naturwissenschaften, das Weltgeschehen (oder Teilbereiche davon) auf geheimnisvolle Entelechien oder Kräfte zurückzuführen, die sich nicht kausal beschreiben lassen.
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Darwin Upheaval
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Beitrag(#461413) Verfasst am: 28.04.2006, 10:05    Titel: Antworten mit Zitat

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Mein Punkt ist, dass diese Menschen das, was ich geschildert habe, _expressis_verbis_ als Falsifikationskriterium bezeichnet haben. Selbstverständlich können sie dann weiter 'business as usual' betreiben, im schlimmsten Fall einfach mit 'okay, _dieses_ Beispiel habt Ihr erklärt, aber wie sieht es mit ... aus'. Aber wenn mir dann so jemand in einer Diskussion gegenüber sitzen würde, würde ich keine Gelegenheit auslassen, ihm das unter die Nase reiben. Mit Zitaten mit Seitenangaben.


Dann frage ich mich, warum Du das nicht schon heute machst. Die ET steht in Bezug auf die Erklärung von Teilbereichen der Makroevolution bei weitem nicht so mit "nackten Ärschlein" da, wie das oft behauptet wird. Ansätze und Modelle gibt es ja genug. Bin gespannt, ob sich irgendwann mal ein Fachbiologe dazu herablässt, das im Detail aufzuzeigen.

Freilich läßt sich immer behaupten, daß die Modelle das Wasser nicht halten können, weil ja diese und jene Frage noch völlig offen ist. Denk z.B. daran, was Junker mit Kirschner & Gerhart veranstaltet hat. Der Kommentar war: "Hmmm, viele interessante neue Details, aber viele Hauptfragen sind weiterhin offen". Das ist doch im Grunde das unsägliche Lückenbüßerargument, das schon immer kritisiert wurde. Man tritt einen Schritt zurück und weist auf die noch offenen Fragen hin.


El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Und, nebenbei, jedes derartige Beispiel wäre ein Sargnagel: wieder mal konnte gezeigt werden, dass es auch 'oben ohne' geht. Das Problemchen ist, dass wir diese Nägel bisher noch nicht einschlagen konnten. Und daher letztendlich ab einem bestimmten Level nichts _inhaltlich_ entgegen setzen können. Ansonsten würde kein Hahn mehr nach ID krähen.


Ich glaube, die Diskussion kann nur auf metatheoretischer Ebene fortgesetzt werden. Es ist nun wirklich nicht so, wie Du sagst, daß es keine inhaltlichen Argumente für bestimmte mechanismische Ansätze gäbe. Schau Dir doch die peer-review-Artikel an, die haben doch einen empirischen Gehalt. Sie liefern nur nicht das, was ID fordert: Vollständige Detailerklärungen auf allen Ebenen. Das kann schlechterdings keine wissenschaftliche Theorie leisten. Auch in anderen Bereichen der Naturwissenschaft nicht.
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El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



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Beitrag(#461416) Verfasst am: 28.04.2006, 10:21    Titel: Antworten mit Zitat

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Eigentlich hilft ID ein weltimmanenter Ansatz zur Entstehung des Lebens nicht weiter. Wenn behauptet wird, ein Mensch (ein Alien oder was auch immer), habe die Randbedingungen so gesetzt, damit Leben entstehen könne, stellt sich die Frage auf der nächsthöheren Ebene sofort wieder: Wie ist dann der Alien entstanden?

ID ist da eigentlich einen Schritt weiter: es stellt sich diese Frage gar nicht.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Da ID die Meinung vertritt, auf materialistischem Wege könne kein komplexes Leben entstehen, kann auch der Alien nicht durch weltimmanente Vorgänge entstanden sein, denn er ist ja noch komplexer als das Leben, welches er hervorgebracht hat.

ID argumentiert nur wie folgt: aus der Tatsache, dass wir etwas _nicht_ ohne telische Faktoren klären können, folgt, dass 'Intelligenz' im Spiel war. Wessen Intellgienz, 'embodied designer' oder 'unembodied designer', who knows?

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
ID klammert die Frage, wie der mutmaßliche "Alien" entstanden ist, zwar explizit aus. Aber die Inkohärenz bleibt dadurch.

Nun, da auch kein Naturalist angeben kann, woher denn die Materie kommt, scheint mir das weiter kein Problem zu sein.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Um sie zu umschiffen, kann sich ID letztlich doch wieder nur auf die a-priori-Einsicht berufen, daß sich die materielle Ordnung nicht aus sich selbst erklärt, sondern durch eine geistige Ordnung hervorgerufen wird, die jenseits weltimmanenter Prinzipien liegt. Nur wenn solche Zusatzannahmen stillschweigend zum Design-Argument hinzugezogen werdne, klingt es einigermaßen plausibel. Damit aber setzt es das voraus, was es zu belegen gilt.

Was machen wir eigentlich anders? Wie _begründest_ Du den Naturalismus? Letzendlich setzt Du dessen Ontologie einfach voraus. Sie funktioniert, mehr brauchen wir nicht.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Exakt. Das perfide an ID ist eigentlich, daß die Wissensprogression, die seit Darwin in der Mechanismenfrage stattgefunden hat, meist völlig ignoriert wird.


Dembski, W. (2006) 'Dealing with the Backlash Against Intelligent Design' in: Dembski, W.; (ed.) 'Darwin's Nemesis. Philipp Johnson and the Intelligent Design Movement' Leicester, Inter-Varsity Press S. 81-104

S. 103f hat folgendes geschrieben:
The evolutionists are essentially in a defensive posture. If they could demonstrate the power of material mechanisms to generate biological complexity and diversity, we wouldn't be having this discussion - Darwin on Trial would never have been written and the intelligent design movement would not exist. But they have nothing here, and that despite possessing, as far as they are concerned, the greatest scientific theory ever put forward - the theory of evolution. Furthermore, given Richard Dawkins's claim in the Blind Watchmaker that "biology is the study of complicated things that give the appearance of having been designed for a purpose," we have no burden to show that every feature of biology is actually designed. To demonstrate that there is more to biology than merely apparent design, it is enough for us to show that certain key biological systems (such as the bacterial flagellum) are actually designed. As evolutionists continue to fail to explain the origin of these systems in materialist terms and as the design characteristics of these systems become increasingly evident, the evolutionists will themselves face severe pressures to maintain their composure.


Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Daß man heute schon auf viele Fragen (z.B.: "Wie entstehen neue Gene, Genwirkketten" usw.) eine Reihe kausaler Modelle besitzt, die unter Bezugnahme auf empirisch wohlbegründete Mechanismen in Teilbereichen heute schon Erklärungen liefern, interessiert sie nicht.

Das interessiert sie brennend. Sobald das 'wasserdicht' formuliert werden kann, können sie einpacken.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Kaum hat man in einem Teilbereich der makroevolutionären Entwicklung eine Frage geklärt, wird ein anderer Punkt aufgegriffen, der noch strittig ist. Oder man fordert eine vollständige Erklärung und stellt fest, daß viele Fragen noch offen sind. Diese binäre Logik (entweder "Hopp oder Topp") ist IMAO das eigentlich ärgerliche. Ich kenne niemanden, der mal einräumt, daß sich das Evolutionsparadigma bewährt hat, weil eine Wissensprogression stattfindet.

Der Punkt ist, dass diese Menschen meinen, dass durch die Evolution bestimmte Basics ihres Glaubens berührt werden und versuchen nun, diesen irgendwie aufrecht zu erhalten. Genauer: sie sehen, dass die weltanschaulichen Gegner ihre Haltung mit Evolution _begründen_. Und dann fragen die halt nach, ob diese Begründung schon überzeugend ist. Und dann kommen Wertungen ins Spiel. Und zwar auf _beiden_ Seiten.

Hier moralingesäuert zu 'argumentieren' steht keiner Seite zu, _falls_ man inhaltlich diskutieren möchte.
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Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#461417) Verfasst am: 28.04.2006, 10:32    Titel: Antworten mit Zitat

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Mein Punkt ist, dass diese Menschen das, was ich geschildert habe, _expressis_verbis_ als Falsifikationskriterium bezeichnet haben. Selbstverständlich können sie dann weiter 'business as usual' betreiben, im schlimmsten Fall einfach mit 'okay, _dieses_ Beispiel habt Ihr erklärt, aber wie sieht es mit ... aus'. Aber wenn mir dann so jemand in einer Diskussion gegenüber sitzen würde, würde ich keine Gelegenheit auslassen, ihm das unter die Nase reiben. Mit Zitaten mit Seitenangaben.

Dann frage ich mich, warum Du das nicht schon heute machst.

dazu fehlt mir Dein Wissen.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Die ET steht in Bezug auf die Erklärung von Teilbereichen der Makroevolution bei weitem nicht so mit "nackten Ärschlein" da, wie das oft behauptet wird. Ansätze und Modelle gibt es ja genug. Bin gespannt, ob sich irgendwann mal ein Fachbiologe dazu herablässt, das im Detail aufzuzeigen.

Ich auch. Aber, unter uns, darf ich daraus schließen, dass das bisher keiner gemacht hat?

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Freilich läßt sich immer behaupten, daß die Modelle das Wasser nicht halten können, weil ja diese und jene Frage noch völlig offen ist.

Stimmt. Aber war das eigentlich nicht der Ausgangspunkt?

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Denk z.B. daran, was Junker mit Kirschner & Gerhart veranstaltet hat.

Durch Zitate aus Rezensionen ;->

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Der Kommentar war: "Hmmm, viele interessante neue Details, aber viele Hauptfragen sind weiterhin offen".

Stimmt. Das sehen auch die zitierten Rezensenten so.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Das ist doch im Grunde das unsägliche Lückenbüßerargument, das schon immer kritisiert wurde. Man tritt einen Schritt zurück und weist auf die noch offenen Fragen hin.

Yepp. Und wir können Hase und Igel spielen. Oder merken, dass unsere positive Apologetik doch nicht so zwingend ist, dass sie deren negativer standhält. Und unsere Strategie einnorden. Auch wenn das Risiken und Nebenwirkungen hat.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Und, nebenbei, jedes derartige Beispiel wäre ein Sargnagel: wieder mal konnte gezeigt werden, dass es auch 'oben ohne' geht. Das Problemchen ist, dass wir diese Nägel bisher noch nicht einschlagen konnten. Und daher letztendlich ab einem bestimmten Level nichts _inhaltlich_ entgegen setzen können. Ansonsten würde kein Hahn mehr nach ID krähen.

Ich glaube, die Diskussion kann nur auf metatheoretischer Ebene fortgesetzt werden.

Genau. Aber, wie gesagt, das hat die Risiken und Nebenwirkungen, die ich zu Beginn unserer Diskussion deutlich gemacht habe: Otto Normalverbraucher könnte sich dann überlegen, warum unsere Position angesichts der vielen offenen Fragen vorzuziehen ist. Vor allem, wenn sich die Forschungs_methodik_ doch gar nicht ändern würde, falls man offen für Supranaturalismus wäre. Kein Medikament würde deshalb nicht endeckt, keine Maschine nicht konstruiert.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Es ist nun wirklich nicht so, wie Du sagst, daß es keine inhaltlichen Argumente für bestimmte mechanismische Ansätze gäbe.

Natürlich. Und ID erkennt die doch auch an.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Schau Dir doch die peer-review-Artikel an, die haben doch einen empirischen Gehalt. Sie liefern nur nicht das, was ID fordert: Vollständige Detailerklärungen auf allen Ebenen. Das kann schlechterdings keine wissenschaftliche Theorie leisten. Auch in anderen Bereichen der Naturwissenschaft nicht.

Tja, und spätestens jetzt kommt Otto Normalverbraucher ins Grübeln.

Vor allem, wenn man mit moralisierenden 'Argumenten' auf ID eindrischt.
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Beiträge: 5471
Wohnort: Tief im Süden

Beitrag(#461467) Verfasst am: 28.04.2006, 11:47    Titel: Antworten mit Zitat

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Eigentlich hilft ID ein weltimmanenter Ansatz zur Entstehung des Lebens nicht weiter. Wenn behauptet wird, ein Mensch (ein Alien oder was auch immer), habe die Randbedingungen so gesetzt, damit Leben entstehen könne, stellt sich die Frage auf der nächsthöheren Ebene sofort wieder: Wie ist dann der Alien entstanden?

ID ist da eigentlich einen Schritt weiter: es stellt sich diese Frage gar nicht.


Habe ich etwas anderes behauptet? Das ist doch gerade der Vorwurf!


El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Da ID die Meinung vertritt, auf materialistischem Wege könne kein komplexes Leben entstehen, kann auch der Alien nicht durch weltimmanente Vorgänge entstanden sein, denn er ist ja noch komplexer als das Leben, welches er hervorgebracht hat.

ID argumentiert nur wie folgt: aus der Tatsache, dass wir etwas _nicht_ ohne telische Faktoren klären können, folgt, dass 'Intelligenz' im Spiel war. Wessen Intellgienz, 'embodied designer' oder 'unembodied designer', who knows?


Das ist zu einfach gedacht. Du landest unweigerlich in einem unendlichen Regress, der eine schwere logische Inkonsistenz darstellt. Den gordischen Knoten kannst Du nicht einfach dadurch lösen, indem Du so tust, als gäbe es ihn gar nicht. Versuche doch bitte mal dem Argument zu folgen, das ich dreisam gegenüber angeführt habe.


El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Um sie zu umschiffen, kann sich ID letztlich doch wieder nur auf die a-priori-Einsicht berufen, daß sich die materielle Ordnung nicht aus sich selbst erklärt, sondern durch eine geistige Ordnung hervorgerufen wird, die jenseits weltimmanenter Prinzipien liegt. Nur wenn solche Zusatzannahmen stillschweigend zum Design-Argument hinzugezogen werdne, klingt es einigermaßen plausibel. Damit aber setzt es das voraus, was es zu belegen gilt.

Was machen wir eigentlich anders? Wie _begründest_ Du den Naturalismus? Letzendlich setzt Du dessen Ontologie einfach voraus. Sie funktioniert, mehr brauchen wir nicht.


Das sieht mir nun nicht gerade nach einem Argument gegen den Naturalismus aus. Noch weniger nach einem Argument gegen die zirkelschlüssige Begründung von ID.


El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Exakt. Das perfide an ID ist eigentlich, daß die Wissensprogression, die seit Darwin in der Mechanismenfrage stattgefunden hat, meist völlig ignoriert wird.


Dembski, W. (2006) 'Dealing with the Backlash Against Intelligent Design' in: Dembski, W.; (ed.) 'Darwin's Nemesis. Philipp Johnson and the Intelligent Design Movement' Leicester, Inter-Varsity Press S. 81-104

S. 103f hat folgendes geschrieben:
The evolutionists are essentially in a defensive posture. If they could demonstrate the power of material mechanisms to generate biological complexity and diversity, we wouldn't be having this discussion - Darwin on Trial would never have been written and the intelligent design movement would not exist. But they have nothing here...


Bestätigt das nicht genau das, was ich geschrieben habe? "... they have nothing here...", das ist doch in dieser undifferenzierten Form eine völlig abseitige Behauptung. Evolutionsbiologen haben doch florierendee Forschungsprogramme und einen gewaltigen Wissenszuwachs zu verzeichnen. Ist das "nothing"? Wie will man auf diesem Niveau eine ernste Sachauseinandersetzung mit ID-lern führen? Wo sind denn deren Forschungsprogramme? Haben sie mehr als "nothing"?


El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Daß man heute schon auf viele Fragen (z.B.: "Wie entstehen neue Gene, Genwirkketten" usw.) eine Reihe kausaler Modelle besitzt, die unter Bezugnahme auf empirisch wohlbegründete Mechanismen in Teilbereichen heute schon Erklärungen liefern, interessiert sie nicht.

Das interessiert sie brennend. Sobald das 'wasserdicht' formuliert werden kann, können sie einpacken.


Wasserdicht ist niemals etwas, und das nutzt ID aus, um alle mechanismischen Ansätze zu kippen. Würde man die Maßstäbe von ID auch an andere Wissenschaftsbereiche anlegen, könnten sie ebenfalls einpacken.

Du erinnerst Dich vielleicht noch an die illustrativen Fallbeispiele, die in Neukamm & Beyer auf S. 14 erwähnt werden. Dort wurde die Struktur der Argumentation von Lönnig 1:1 auf die Chemie übertragen. Die Beispiele zeigen, was von ihr übrig bliebe, wenn man Lönnigs Argumention ernst nähe, wie er es von uns erwartet.


El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Kaum hat man in einem Teilbereich der makroevolutionären Entwicklung eine Frage geklärt, wird ein anderer Punkt aufgegriffen, der noch strittig ist. Oder man fordert eine vollständige Erklärung und stellt fest, daß viele Fragen noch offen sind. Diese binäre Logik (entweder "Hopp oder Topp") ist IMAO das eigentlich ärgerliche. Ich kenne niemanden, der mal einräumt, daß sich das Evolutionsparadigma bewährt hat, weil eine Wissensprogression stattfindet.

Der Punkt ist, dass diese Menschen meinen, dass durch die Evolution bestimmte Basics ihres Glaubens berührt werden und versuchen nun, diesen irgendwie aufrecht zu erhalten.


Genau. Das heißt, sie versuchen mit Biegen und Brechen evolutionäre (Teil-) Erklärungen, die über "Mikroevolution" hinausgehen, abzuwehren. Sie wissen nur allzu gut, daß sie sich dann von ihrem Welt- und Gottesbild verabschieden könnten. Daher wirst Du niemals erleben, daß ID den Ergebnissen der Evolutionsforschung unvoreingenommen und ergebnisoffen gegenübersteht.
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El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#461490) Verfasst am: 28.04.2006, 12:25    Titel: Antworten mit Zitat

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Eigentlich hilft ID ein weltimmanenter Ansatz zur Entstehung des Lebens nicht weiter. Wenn behauptet wird, ein Mensch (ein Alien oder was auch immer), habe die Randbedingungen so gesetzt, damit Leben entstehen könne, stellt sich die Frage auf der nächsthöheren Ebene sofort wieder: Wie ist dann der Alien entstanden?

ID ist da eigentlich einen Schritt weiter: es stellt sich diese Frage gar nicht.

Habe ich etwas anderes behauptet? Das ist doch gerade der Vorwurf!

vielleicht unklar formuliert: ID erhebt nicht den Anspruch, diese Frage gelöst zu haben. ID erkennt natürlich den Regess.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
ID argumentiert nur wie folgt: aus der Tatsache, dass wir etwas _nicht_ ohne telische Faktoren klären können, folgt, dass 'Intelligenz' im Spiel war. Wessen Intellgienz, 'embodied designer' oder 'unembodied designer', who knows?

Das ist zu einfach gedacht. Du landest unweigerlich in einem unendlichen Regress, der eine schwere logische Inkonsistenz darstellt.

Nein, ich habe dieselbe Alternative wie der Naturalismus auch bei ID: ich beende den Regess, indem ich an einen Punkt beginne. Entweder, indem ich die Materie als gegeben annehme, oder eben einen wie auch immer gearteten Designer. ID formuliert explizit, dass es ohne Offenbarung nichts über den Designer aussagen kann.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Den gordischen Knoten kannst Du nicht einfach dadurch lösen, indem Du so tust, als gäbe es ihn gar nicht. Versuche doch mal dem Argument zu folgen, das ich dreisam gegenüber angeführt habe.

Erstens vertrete ich kein ID. Zweitens gibt es den gordischen Knoten auch in unserem Weltbild. Und drittens sehe ich nicht, wie Du ihn dreisam gegenüber gelöst hast. Denn das, was Du dort behauptet hast, vertritt ID ja gar nicht. Der Designer _erklärt_ dort nichts, sondern stellt eine Erkenntnis_grenze_ dar.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Um sie zu umschiffen, kann sich ID letztlich doch wieder nur auf die a-priori-Einsicht berufen, daß sich die materielle Ordnung nicht aus sich selbst erklärt, sondern durch eine geistige Ordnung hervorgerufen wird, die jenseits weltimmanenter Prinzipien liegt. Nur wenn solche Zusatzannahmen stillschweigend zum Design-Argument hinzugezogen werdne, klingt es einigermaßen plausibel. Damit aber setzt es das voraus, was es zu belegen gilt.

Was machen wir eigentlich anders? Wie _begründest_ Du den Naturalismus? Letzendlich setzt Du dessen Ontologie einfach voraus. Sie funktioniert, mehr brauchen wir nicht.

Das sieht mir nun nicht gerade nach einem Argument gegen den Naturalismus aus.

Natürlich nicht. Ich stellte nur ein ähnliche Problemlage fest.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Noch weniger nach einem Argument gegen die zirkelschlüssige Begründung von ID.

ID liefert in diesem Fall nach eigenen Aussagen keine Begründung. Es hat in meinen Augen nur dasselbe Problem wie wir: einen gordischen Knoten.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Exakt. Das perfide an ID ist eigentlich, daß die Wissensprogression, die seit Darwin in der Mechanismenfrage stattgefunden hat, meist völlig ignoriert wird.


Dembski, W. (2006) 'Dealing with the Backlash Against Intelligent Design' in: Dembski, W.; (ed.) 'Darwin's Nemesis. Philipp Johnson and the Intelligent Design Movement' Leicester, Inter-Varsity Press S. 81-104

S. 103f hat folgendes geschrieben:
The evolutionists are essentially in a defensive posture. If they could demonstrate the power of material mechanisms to generate biological complexity and diversity, we wouldn't be having this discussion - Darwin on Trial would never have been written and the intelligent design movement would not exist. But they have nothing here...


Bestätigt das nicht genau das, was ich geschrieben habe? "... they have nothing here...", das ist doch in dieser undifferenzierten Form eine völlig abseitige Behauptung.

Nun kommt es schlicht und ergreifend auf die Deutungshoheit an. Haben wir ein halbvolles Glas und sind guten Mutes, es füllen zu können? Haben wir einen halb vollen Eimer, in den wir seit Jahrzehnten einfüllen, und sehen nur, dass der Eimer nicht voller wird? Unsere Seite hat sich sozusagen eine Beweislast aufgebürdet und wir argumentieren so, als hätten wir das, was wir hierfür zeigen müssen schon gezeigt _haben_. Es gibt in meinen Augen kein Argument dagegen, dass wir das irgendwann schaffen werden, aber heute ist das noch nicht der Fall. Und das ist das Pfund, mit dem ID wuchern kann, _wenn_ wir unsere Argumentation nicht entsprechend anpassen.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Evolutionsbiologen haben doch florierendee Forschungsprogramme und einen gewaltigen Wissenszuwachs zu verzeichnen. Ist das "nothing"? Wie will man auf diesem Niveau eine ernste Sachauseinandersetzung mit ID-lern führen? Wo sind denn deren Forschungsprogramme? Haben sie mehr als "nothing"?

'Nothing' bezieht sich auf 'teilschwanger'.

Wir können bestenfalls eine Extrapolation plausibel machen.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Daß man heute schon auf viele Fragen (z.B.: "Wie entstehen neue Gene, Genwirkketten" usw.) eine Reihe kausaler Modelle besitzt, die unter Bezugnahme auf empirisch wohlbegründete Mechanismen in Teilbereichen heute schon Erklärungen liefern, interessiert sie nicht.

Das interessiert sie brennend. Sobald das 'wasserdicht' formuliert werden kann, können sie einpacken.

Wasserdicht ist niemals etwas, und das nutzt ID aus, um alle mechanismischen Ansätze zu kippen. Würde man die Maßstäbe von ID auch an andere Wissenschaftsbereiche anlegen, könnten sie ebenfalls einpacken.

Eben nicht. Ich sehe nicht, dass es irgendwo experimentell aufzeigbar Evolution gibt, die so gut faktisch demonstrierbar ist wie die Beispiele, die Du darstellst.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Du erinnerst Dich vielleicht noch an die illustrativen Fallbeispiele, die in Neukamm & Beyer auf S. 14 erwähnt werden. Dort wurde die Struktur der Argumentation von Lönnig 1:1 auf die Chemie übertragen. Die Beispiele zeigen, was von ihr übrig bliebe, wenn man Lönnigs Argumention ernst nähe, wie er es von uns erwartet.

Wenn Du derartige Beispiele hinsichtlich Phänomenen, die 'Evolution' im Sinne von 'from fish to Gish' oder 'von der Amöbe zu Goethe' umfassen, präsentieren kannst, werden Dir auch ID-ler einräumen müssen, dass Du ein Argument hast.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Kaum hat man in einem Teilbereich der makroevolutionären Entwicklung eine Frage geklärt, wird ein anderer Punkt aufgegriffen, der noch strittig ist. Oder man fordert eine vollständige Erklärung und stellt fest, daß viele Fragen noch offen sind. Diese binäre Logik (entweder "Hopp oder Topp") ist IMAO das eigentlich ärgerliche. Ich kenne niemanden, der mal einräumt, daß sich das Evolutionsparadigma bewährt hat, weil eine Wissensprogression stattfindet.

Der Punkt ist, dass diese Menschen meinen, dass durch die Evolution bestimmte Basics ihres Glaubens berührt werden und versuchen nun, diesen irgendwie aufrecht zu erhalten.

Genau. Das heißt, sie versuchen mit Biegen und Brechen evolutionäre (Teil-) Erklärungen, die über "Mikroevolution" hinausgehen, abzuwehren.

Vermutlich aus dem Grund, dass Menschen aus unserem Lager das auf Biegen und Brechen getan haben, um Glauben abzuwehren.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Sie wissen nur allzu gut, daß sie sich dann von ihrem Welt- und Gottesbild verabschieden könnten. Daher wirst Du niemals erleben, daß ID den Ergebnissen der Evolutionsforschung unvoreingenommen und ergebnisoffen gegenübersteht.

Natürlich. Wenn Du nun noch einsiehst, dass das auf unserer Seite genauso der Fall ist, sind wir uns einig, dass die Diskussion mindestens zwei Ebenen hat. Auf der einen Seite die rein fachliche, auf der es nur darum geht, was nachweisbar ist. Und das ist leider recht wenig, angesichts dessen, was infrage steht. Und dann die allgemeine Diskussion, Weltbild gegen Weltbild. Und die spannende Frage ist, welche Seite sich auf die Ergebnisse der Naturwissenschaften berufen kann. Zählen die Befunde mehr als die Lücken? Wissensprogression kann durchaus auch Theorien widerlegen. Scherer hat sich schon etwas dabei gedacht, einen Vortrag 'Was Darwin noch nicht wissen konnte' zu benamsen.

Nur zur Sicherheit noch ganz explizit: Junker und Scherer vertreten nicht das, was ich unter 'ID' verstehe, denn beim besten Willen lässt sich eine junge Erde oder Grundtypen in deren Sinn nicht mit dem vereinbaren, was man anerkennen muss, wenn man in einer naturwissenschaftlichen Diskussion mitreden möchte. Aber wenn man ID in der Form vertritt, wie das Dembski, Johnson, Behe oder andere machen, sieht die Sache ganz anders aus. Und bis wir die Lücken gefüllt haben, bleiben uns nur Argumente mit Risiken und Nebenwirkungen, bei denen man immer sehr genau beachten sollte, was sich Otto Normalverbraucher denkt, wenn er sich über _beide_ Seiten hinreichend informiert hat.

Und, noch einmal, die positive Apologetik von ID kannst Du mit der Pfeife rauchen. Interessant ist nur, dass Du immer die _positive_ Apologetik von ID aufgreifst, wenn ich darauf hinweise, dass deren _negative_ nicht zu verachten ist.

Vielleicht ist das auch damit zu erklären, dass Du, streng genommen, auf der zweiten Ebene argumentierst. Aber dann bietet es sich an, die Bedeutung der inhaltlichen Belege etwas tiefer zu hängen. Trotz der Risiken und Nebenwirkungen.
_________________
Ein seliges und unvergängliches Wesen (die Gottheit) trägt weder selbst Mühsal, noch belädt es ein anderes Wesen damit. Darum kennt es weder Zorn noch Wohlwollen. Dergleichen gibt es nur bei einem schwachen Wesen. (Epikur)

Der Christengott ist immens schwach!
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