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Schicksal
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Johnnyboy
Stück Scheiße



Anmeldungsdatum: 26.06.2005
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Wohnort: Babylon

Beitrag(#461068) Verfasst am: 27.04.2006, 15:53    Titel: Antworten mit Zitat

Niemand sagt das es kein "Selbst" gibt, nur kann dieses Selbst mE nicht "frei" sein. Das hat im Grunde weniger mit Physik zu tun, als mit banaler Logik. Führe dir doch noch einmal Einsteins Zitat zu Gemüte:

Zitat:
Ich weiß ehrlich nicht, was die Leute meinen, wenn sie von der Freiheit des menschlichen Willens sprechen. Ich spüre, dass ich meine Pfeife anzünden will und tue das auch; aber wie kann ich das mit der Idee der Freiheit verbinden? Was liegt hinter dem Willensakt, dass ich meine Pfeife anzünden will? Ein anderer Willensakt?


Dein Wollen z.b. zu ändern setzt ein anderes Wollen voraus. Verstehst du den nicht, wie leer der Begriff "Freiheit" im Grunde ist? Was ist eine "freie" Entscheidung für dich? Ein sinnfreie Entscheidung? Oder eine Entscheidung in der man prinzipiell eine "freie" Wahl hat?
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"Das Leben des Starken erfüllt seinen Sinn, das des Schwachen seinen Zweck".
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AgentProvocateur
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Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#461069) Verfasst am: 27.04.2006, 16:02    Titel: Antworten mit Zitat

Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Niemand sagt das es kein "Selbst" gibt, nur kann dieses Selbst mE nicht "frei" sein. Das hat im Grunde weniger mit Physik zu tun, als mit banaler Logik.

Ja, sicher, wenn man, wie Du, behauptet, dass es Freiheit nicht gäbe, dass sie eine Tautologie sei, dann folgt daraus logisch, dass das Selbst nicht frei sein kann.

Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Verstehst du den nicht, wie leer der Begriff "Freiheit" im Grunde ist?

Wenn man ihn so versteht wie Du vielleicht. Für mich ist der Begriff keineswegs leer.

Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Oder eine Entscheidung in der man prinzipiell eine "freie" Wahl hat?

Richtig.
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Johnnyboy
Stück Scheiße



Anmeldungsdatum: 26.06.2005
Beiträge: 2562
Wohnort: Babylon

Beitrag(#461072) Verfasst am: 27.04.2006, 16:06    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Wenn man ihn so versteht wie Du vielleicht. Für mich ist der Begriff keineswegs leer.


Wie definierst du den den Begriff "Freiheit". So expizit? Rationalisiere zum Spass mal alle Determinanten, alles Wollen, alle Triebe weg und lass nur mal deine "Freiheit" stehen. Was soll diese Freiheit anderes sein als ein zufälliges "Dum-Dum Prinzip"?
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AgentProvocateur
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Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#461073) Verfasst am: 27.04.2006, 16:16    Titel: Antworten mit Zitat

Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Wenn man ihn so versteht wie Du vielleicht. Für mich ist der Begriff keineswegs leer.

Wie definierst du den den Begriff "Freiheit". So expizit? Rationalisiere zum Spass mal alle Determinanten, alles Wollen, alle Triebe weg und lass nur mal deine "Freiheit" stehen. Was soll diese Freiheit anderes sein als ein zufälliges "Dum-Dum Prinzip"?

Keine Ahnung, wovon Du redest oder worauf Du hinauswillst.
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Johnnyboy
Stück Scheiße



Anmeldungsdatum: 26.06.2005
Beiträge: 2562
Wohnort: Babylon

Beitrag(#461078) Verfasst am: 27.04.2006, 16:28    Titel: Antworten mit Zitat

Oh Mann ich geb's auf. Vielleicht siehst du eines Tages selbst ein, wie problematisch der Begriff "Willensfreiheit" ist.
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kolja
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Anmeldungsdatum: 02.12.2004
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Beitrag(#461228) Verfasst am: 27.04.2006, 20:08    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
[...] dass die Person keine unabhängige Instanz ist, sondern wiederum vollständig ein Produkt ihrer Vorgeschichte ist.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Bei dieser Formulierung verschwindet die Person, das "Selbst", das "Ich" aber vollständig, ist einfach wegdefiniert.

Die "Person" verschwindet nicht, sondern wird als Glied einer Kausalkette gesehen.

kolja hat folgendes geschrieben:
[...] Dieser wesentliche Kern ist die Annahme, dass die Person eine unabhängige Instanz sei, deren Entscheidungen wie unverursachte Ursachen außerhalb der Naturgesetze liegen können.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Für Dich mag das der wesentliche Kern sein, für mich ist das nicht der wesentliche Kern. Der wesentliche Kern für mich ist, dass es eine Person gibt, ein Individuum, ein Subjekt und dass dieses Subjekt etwas Eigenständiges ist, etwas, das nicht vollständig wegdefiniert und in neurologische Prozesse aufgelöst werden kann. Das bedeutet aber nicht, dass diese Person außerhalb der Naturgesetze existiert oder von den Naturgesetzen unabhängig sein muss.

Einerseits stimmst Du zu, dass es sich bei der "Person" um ein aus der Materie des Gehirns emergierendes Phänomen handelt, aber andererseits forderst Du, auf die Dekonstruktion dieses Phänomens zu verzichten, weil Dir die Konsequenzen nicht gefallen?

kolja hat folgendes geschrieben:
[...] Ich rede z.B. lieber von freien Handlungen im Gegensatz zu erzwungenen Handlungen, oder von reflektierten Entscheidungen im Gegensatz zu Affekten und Reflexen.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Mir egal, wie wir es nennen. Allerdings denke ich immer noch, dass auch Deine Vorstellung, was ein "freier Wille" sein soll, (etwas, das außerhalb unserer Welt existiert und völlig unabhängig davon sein soll), dass diese Vorstellung nicht unbedingt die gebräuchliche ist.

Das hab' ich mir nicht ausgedacht, das ist der wesentliche Unterschied, mit dem sich die Inkompatibilisten von den Kompatibilisten abgrenzen lassen. (Siehe auch den zuvor verlinkten Artikel, der scheint mir diesbezüglich sehr verständnisfördernd.) Nach meinem Verständnis ist es auch die Vorstellung religiöser Menschen, die an übernatürliche Dinge wie Seelen und Götter glauben.

Und mein Eindruck war bisher, dass es in früheren Diskussionen auch auch Deine Vorstellung war, warum sonst hättest Du früher einen Widerspruch zwischen Determinismus und Willensfreiheit sehen sollen? Eigentlich bist Du vom Inkompatibilismus zum Kompatibilismus übergewechselt, schleppst aber noch diverse Altlasten mit Dir herum. zwinkern

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Für mich ist es aber vollkommen unerheblich, ob wir es "freier Wille" oder "freie Handlung" nennen.

Wenn es Dir egal ist, warum regst Du Dich jedesmal auf, wenn jemand den "freien Willen" ablehnt? Mr. Green
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kolja
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Beitrag(#461252) Verfasst am: 27.04.2006, 20:27    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur (an JohnnyBoy) hat folgendes geschrieben:
Keine Ahnung, wovon Du redest oder worauf Du hinauswillst.

Er wollte wohl zeigen, dass jeder Wille auf unkontrollierbare Wünsche, Triebe, Impulse usw. zurückgeht. Selbst ein Willen, dem eine wohlüberlegte und reflektierte Entscheidung vorangeht, kann nur entstehen, weil Du zuvor den Willen hattest, eine wohlüberlegte und reflektierte Entscheidung zu treffen ... so kannst Du jedes bewusste und reflektierte Wollen letztlich auf ein ursprüngliches Wollen zurückführen, welches keine rationalen Gründe mehr hat sondern einfach nur plötzlich "da" war.
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Johnnyboy
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Anmeldungsdatum: 26.06.2005
Beiträge: 2562
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Beitrag(#461257) Verfasst am: 27.04.2006, 20:33    Titel: Antworten mit Zitat

Dito.
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Yrsin
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Beitrag(#461273) Verfasst am: 27.04.2006, 20:55    Titel: Antworten mit Zitat

Kennt jemand von euch Peter Bieri?
Sein wohl bekanntestes Buch (Handwerk der Freiheit) beschäftigt sich ebenfalls mit der Willensfreiheit. Seine These beruht darauf, dass unser Handeln, auch wenn dieses bedingt ist, frei ist. Wir sind geenau dann frei, wenn wir gemäss unseren eigenen Überzeugungen handeln können.
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kolja
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Beiträge: 16631
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Beitrag(#461283) Verfasst am: 27.04.2006, 21:06    Titel: Antworten mit Zitat

Yrsin hat folgendes geschrieben:
Wir sind geenau dann frei, wenn wir gemäss unseren eigenen Überzeugungen handeln können.

Damit hat er was über Handlungsfreiheit gesagt, aber nicht über Willensfreiheit. zwinkern

PS: Willkommen im Forum!
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Yrsin
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Anmeldungsdatum: 27.04.2006
Beiträge: 137
Wohnort: St.Gallen

Beitrag(#461287) Verfasst am: 27.04.2006, 21:16    Titel: Antworten mit Zitat

Hi! Smilie

Naja, der Wille und die Handlung sind in diesem Fall eigentlich fast dasselbe. Der Wille macht uns handlungswirksam.
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AgentProvocateur
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Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#461318) Verfasst am: 27.04.2006, 22:58    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
kolja hat folgendes geschrieben:
[...] dass die Person keine unabhängige Instanz ist, sondern wiederum vollständig ein Produkt ihrer Vorgeschichte ist.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Bei dieser Formulierung verschwindet die Person, das "Selbst", das "Ich" aber vollständig, ist einfach wegdefiniert.

Die "Person" verschwindet nicht, sondern wird als Glied einer Kausalkette gesehen.

Nein, mMn nicht, wenn man sagt, dass sie "vollständig" ein Produkt ihrer Vorgeschichte ist. Das bedeutet nämlich, dass die Person selber keinen Anteil an ihrer Vorgeschichte hat (bzw. man könnte es so verstehen, ich denke, dass Du es anders meinst).

kolja hat folgendes geschrieben:
kolja hat folgendes geschrieben:
[...] Dieser wesentliche Kern ist die Annahme, dass die Person eine unabhängige Instanz sei, deren Entscheidungen wie unverursachte Ursachen außerhalb der Naturgesetze liegen können.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Für Dich mag das der wesentliche Kern sein, für mich ist das nicht der wesentliche Kern. Der wesentliche Kern für mich ist, dass es eine Person gibt, ein Individuum, ein Subjekt und dass dieses Subjekt etwas Eigenständiges ist, etwas, das nicht vollständig wegdefiniert und in neurologische Prozesse aufgelöst werden kann. Das bedeutet aber nicht, dass diese Person außerhalb der Naturgesetze existiert oder von den Naturgesetzen unabhängig sein muss.

Einerseits stimmst Du zu, dass es sich bei der "Person" um ein aus der Materie des Gehirns emergierendes Phänomen handelt, aber andererseits forderst Du, auf die Dekonstruktion dieses Phänomens zu verzichten, weil Dir die Konsequenzen nicht gefallen?

Nein, das hat nichts damit zu tun, dass mir die Konsequenzen nicht gefallen würden. Eine Emergenz kann man mMn nicht reduzieren (jedenfalls nicht hier) oder, anders gesagt, wenn man reduziert, dann verschwindet die Emergenz. Das Selbst mag erzeugt werden durch neuronale Reflexe, jedoch bekommt man keine Erklärung für das Selbst, wenn man nur die neuronalen Reflexe beobachtet.

kolja hat folgendes geschrieben:
kolja hat folgendes geschrieben:
[...] Ich rede z.B. lieber von freien Handlungen im Gegensatz zu erzwungenen Handlungen, oder von reflektierten Entscheidungen im Gegensatz zu Affekten und Reflexen.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Mir egal, wie wir es nennen. Allerdings denke ich immer noch, dass auch Deine Vorstellung, was ein "freier Wille" sein soll, (etwas, das außerhalb unserer Welt existiert und völlig unabhängig davon sein soll), dass diese Vorstellung nicht unbedingt die gebräuchliche ist.

Das hab' ich mir nicht ausgedacht, das ist der wesentliche Unterschied, mit dem sich die Inkompatibilisten von den Kompatibilisten abgrenzen lassen. (Siehe auch den zuvor verlinkten Artikel, der scheint mir diesbezüglich sehr verständnisfördernd.)

Ja, der Artikel ist in der Tat sehr interessant. Willensfreiheit wird dort aber anders definiert und zwar folgendermaßen:

Zitat:
1. Die Person muss eine Wahl zwischen Alternativen haben; sie muss anders handeln bzw. sich anders entscheiden können, als sie es tatsächlich tut. (Die Bedingung des Anders-Handeln- oder Anders-Entscheiden-Könnens)
2. Welche Wahl getroffen wird, muss entscheidend von der Person selbst abhängen. (Urheberschaftsbedingung)
3. Wie die Person handelt oder entscheidet, muss ihrer Kontrolle unterliegen. Diese Kontrolle darf nicht durch Zwang ausgeschlossen sein. (Kontrollbedingung)

Diese Definition sagt nichts darüber aus, ob der freie Wille außerhalb der Naturgesetze existieren muss oder nicht. Deine Definition vertreten hingegen eher die im Artikel sogenannten Libertarier.

kolja hat folgendes geschrieben:
Nach meinem Verständnis ist es auch die Vorstellung religiöser Menschen, die an übernatürliche Dinge wie Seelen und Götter glauben.

Das weiß ich nicht, aber ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass dem so ist.

kolja hat folgendes geschrieben:
Und mein Eindruck war bisher, dass es in früheren Diskussionen auch auch Deine Vorstellung war, warum sonst hättest Du früher einen Widerspruch zwischen Determinismus und Willensfreiheit sehen sollen? Eigentlich bist Du vom Inkompatibilismus zum Kompatibilismus übergewechselt, schleppst aber noch diverse Altlasten mit Dir herum. zwinkern

Ja, mag sein, dass ich meine Meinung inzwischen ein wenig geändert habe. Ich habe aber gerade keine Lust, meine alten Beiträge noch mal durchzulesen.

kolja hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Für mich ist es aber vollkommen unerheblich, ob wir es "freier Wille" oder "freie Handlung" nennen.

Wenn es Dir egal ist, warum regst Du Dich jedesmal auf, wenn jemand den "freien Willen" ablehnt? Mr. Green

Nein, so ist das nicht. Wenn jemand einer Meinung ist und dies auch als Meinung darstellt, dann ist das doch sein gutes Recht. Ich ärgere mich aber zugegenermaßen dann, wenn jemand behauptet, die Vorstellung eines freien Willens sei "schwachsinnig", "natürlich" könne ein solcher nicht existieren, "bekanntlich" sei inzwischen erwiesen, dass der freie Wille "wissenschaftlich widerlegt" sei. Wenn es dann zusätzlich nicht für nötig gehalten wird, zu definieren, was man genau unter dem freien Willen versteht und man es auch nicht für nötig hält, diese Ansicht zu begründen, dann finde ich das schon etwas merkwürdig.
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AgentProvocateur
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Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#461320) Verfasst am: 27.04.2006, 23:08    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur (an JohnnyBoy) hat folgendes geschrieben:
Keine Ahnung, wovon Du redest oder worauf Du hinauswillst.

Er wollte wohl zeigen, dass jeder Wille auf unkontrollierbare Wünsche, Triebe, Impulse usw. zurückgeht. Selbst ein Willen, dem eine wohlüberlegte und reflektierte Entscheidung vorangeht, kann nur entstehen, weil Du zuvor den Willen hattest, eine wohlüberlegte und reflektierte Entscheidung zu treffen ... so kannst Du jedes bewusste und reflektierte Wollen letztlich auf ein ursprüngliches Wollen zurückführen, welches keine rationalen Gründe mehr hat sondern einfach nur plötzlich "da" war.

Naja, das ist genau das, was ich unter "wegdefinieren des Selbst" verstehe. Wenn man das so definiert, dann kann man keinen Unterschied mehr machen zwischen einem Willen, den "ich" habe, den ich mir zuschreibe und einem Willen, den ich nicht als meinen eigenen Willen empfinde. In dem Artikel war das das Beispiel des Drogenabhängigen, der, auch wenn er den Wunsch verspürt, von seiner Droge wegzukommen, einen "inneren Zwang" verspürt, die Droge immer wieder zu nehmen, sie dann also sozusagen gegen seinen Willen nimmt.
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kolja
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Beiträge: 16631
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Beitrag(#461335) Verfasst am: 28.04.2006, 00:41    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
Die "Person" verschwindet nicht, sondern wird als Glied einer Kausalkette gesehen.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Nein, mMn nicht, wenn man sagt, dass sie "vollständig" ein Produkt ihrer Vorgeschichte ist. Das bedeutet nämlich, dass die Person selber keinen Anteil an ihrer Vorgeschichte hat (bzw. man könnte es so verstehen, ich denke, dass Du es anders meinst).

Du meinst vermutlich, dass die Person aufgrund von eingehender Reflektion sich selbst ändern kann, ihre Präferenzen verschieben kann, eingefahrene Handlungsmuster durchbrechen kann, usw. Aber auch diese Veränderungen muss die Person erstmal wollen, sie muss die Notwendigkeit erkennen, und das kann nur aufgrund geeigneter Umwelteinflüsse und Vorgeschichte geschehen ... daher bleibt "vollständiges Produkt der Vorgeschichte" auch dann richtig, wenn das Selbst sich selbst modifiziert.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Das Selbst mag erzeugt werden durch neuronale Reflexe, jedoch bekommt man keine Erklärung für das Selbst, wenn man nur die neuronalen Reflexe beobachtet.

Das trifft vielleicht derzeit zu, könnte sich aber noch ändern. Aber unabhängig davon brauchen wir keine vollständige Erklärung um gewisse Eigenschaften ausschließen zu können.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ja, der Artikel ist in der Tat sehr interessant. Willensfreiheit wird dort aber anders definiert und zwar folgendermaßen: [...] Diese Definition sagt nichts darüber aus, ob der freie Wille außerhalb der Naturgesetze existieren muss oder nicht.

Diese Definition definiert leider nichts konkretes, sondern verlagert das Problem auf andere Begrifflichkeiten wie z.B. "Urheberschaft", die ohne genauere Definition genauso leere Hülsen bleiben, wie die Worte "frei" oder "eigenständig". Daher wird der Konflikt mit den Naturgesetzen auch erst später im Artikel deutlich, wenn über die konkrete Bedeutung dieser Begriffe gestritten wird.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Deine Definition vertreten hingegen eher die im Artikel sogenannten Libertarier.

Nicht nur die. Auch die Freiheitspessimisten halten Unabhängigkeit von den Naturgesetzen für notwendig, um den Begriff "freier Wille" aufrecht zu erhalten, im Gegensatz zu den Libertariern glauben sie aber nicht, dass es diese Unabhängigkeit gibt. Beide Gruppen eint die Auffassung, dass der "freie Wille" nicht kompatibel mit dem Naturalismus ist, sie sind also Inkompatibilisten.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ja, mag sein, dass ich meine Meinung inzwischen ein wenig geändert habe. Ich habe aber gerade keine Lust, meine alten Beiträge noch mal durchzulesen.

Macht nix, das hab ich schon gemacht ... Mr. Green

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich ärgere mich aber zugegenermaßen dann, wenn jemand behauptet, die Vorstellung eines freien Willens sei "schwachsinnig", "natürlich" könne ein solcher nicht existieren, "bekanntlich" sei inzwischen erwiesen, dass der freie Wille "wissenschaftlich widerlegt" sei. Wenn es dann zusätzlich nicht für nötig gehalten wird, zu definieren, was man genau unter dem freien Willen versteht und man es auch nicht für nötig hält, diese Ansicht zu begründen, dann finde ich das schon etwas merkwürdig.

Bezogen auf den "freien Willen" im religiösen/inkompatibilistischen Sinne halte ich diese Aussagen für richtig.

Und vom "freien Willen" im Sinne der Kompatibilisten halte ich wie gesagt wenig. Hier wird ein komplett umgedeuteter Freiheitsbegriff unter altem Etikett verkauft ohne explizit auf die wesentlichen Unterschiede hinzuweisen. So können die Vertreter beider Varianten hübsch an einem Strang ziehen was die Rechtfertigung von Konsequenzen angeht, und das ärgert wiederum mich ...

kolja hat folgendes geschrieben:
[...] dass jeder Wille auf unkontrollierbare Wünsche, Triebe, Impulse usw. zurückgeht. Selbst ein Willen, dem eine wohlüberlegte und reflektierte Entscheidung vorangeht, kann nur entstehen, weil Du zuvor den Willen hattest, eine wohlüberlegte und reflektierte Entscheidung zu treffen ... so kannst Du jedes bewusste und reflektierte Wollen letztlich auf ein ursprüngliches Wollen zurückführen, welches keine rationalen Gründe mehr hat sondern einfach nur plötzlich "da" war.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Naja, das ist genau das, was ich unter "wegdefinieren des Selbst" verstehe. Wenn man das so definiert, dann kann man keinen Unterschied mehr machen zwischen einem Willen, den "ich" habe, den ich mir zuschreibe und einem Willen, den ich nicht als meinen eigenen Willen empfinde. In dem Artikel war das das Beispiel des Drogenabhängigen, der, auch wenn er den Wunsch verspürt, von seiner Droge wegzukommen, einen "inneren Zwang" verspürt, die Droge immer wieder zu nehmen, sie dann also sozusagen gegen seinen Willen nimmt.

Naja, dieses Selbstbild verstehe ich nicht. Für mich wäre auch der innere Zwang ein echter Teil von mir und somit mein eigenes Wollen, welches evtl. in Konflikt mit anderen Wünschen und Zielen steht. In meinem eigenen Körper entstehende Regungen nicht als Teil von mir selbst aufzufassen empfände ich jedenfalls als schizophren, aber das ist wohl eher eine Geschmacksfrage.

Unabhängig davon verstehe ich Deinen Einwand nicht, denn die Unterscheidung zwischen unerwünschtem und erwünschtem Wollen, zwischen ursprünglichem Wollen ohne bewusste Ursache und reflektiertem Wollen, bleibt doch weiterghin möglich? Und Du könntest nach Belieben entscheiden, welches davon Du als Deinem "Selbst" zugehörig empfinden willst?
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Anmeldungsdatum: 09.01.2005
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Wohnort: Berlin

Beitrag(#461662) Verfasst am: 28.04.2006, 15:45    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich ärgere mich aber zugegenermaßen dann, wenn jemand behauptet, die Vorstellung eines freien Willens sei "schwachsinnig", "natürlich" könne ein solcher nicht existieren, "bekanntlich" sei inzwischen erwiesen, dass der freie Wille "wissenschaftlich widerlegt" sei. Wenn es dann zusätzlich nicht für nötig gehalten wird, zu definieren, was man genau unter dem freien Willen versteht und man es auch nicht für nötig hält, diese Ansicht zu begründen, dann finde ich das schon etwas merkwürdig.

Bezogen auf den "freien Willen" im religiösen/inkompatibilistischen Sinne halte ich diese Aussagen für richtig.

Und vom "freien Willen" im Sinne der Kompatibilisten halte ich wie gesagt wenig. Hier wird ein komplett umgedeuteter Freiheitsbegriff unter altem Etikett verkauft ohne explizit auf die wesentlichen Unterschiede hinzuweisen. So können die Vertreter beider Varianten hübsch an einem Strang ziehen was die Rechtfertigung von Konsequenzen angeht, und das ärgert wiederum mich ...

Es gibt keine "wahre" Bedeutung von Begriffen. Gerade so abstrakte Begriffe wie "Freiheit" oder "Selbst" haben keine allgemein übereinstimmende Bedeutung, daher muss man versuchen, jeweils zu verstehen, was der Andere meint. Jedoch die Deutungshoheit für sich alleine zu beanspruchen und zu behaupten, der Andere hätte einen "komplett umgedeuteten Freiheitsbegriff" und verkaufe ihn unter "altem Etikett" finde ich an dieser Stelle ziemlich überheblich.

Was die Rechtfertigung von Konsequenzen angeht, bin ich der Meinung, dass, wenn man ein "Verantwortlichkeitspessimist" ist, also eine Verantwortlichkeit komplett ablehnt, man dadurch den Subjektstatus des Individuums negiert. Und dies würde mMn keineswegs zur "Humanisierung unseres Zusammenlebens beitragen", wie Derk Pereboom argumentiert, sondern hätte mMn einige Auswirkungen zum Beispiel im Strafrecht, die ich als inhuman empfinden würde.

kolja hat folgendes geschrieben:
kolja hat folgendes geschrieben:
[...] dass jeder Wille auf unkontrollierbare Wünsche, Triebe, Impulse usw. zurückgeht. Selbst ein Willen, dem eine wohlüberlegte und reflektierte Entscheidung vorangeht, kann nur entstehen, weil Du zuvor den Willen hattest, eine wohlüberlegte und reflektierte Entscheidung zu treffen ... so kannst Du jedes bewusste und reflektierte Wollen letztlich auf ein ursprüngliches Wollen zurückführen, welches keine rationalen Gründe mehr hat sondern einfach nur plötzlich "da" war.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Naja, das ist genau das, was ich unter "wegdefinieren des Selbst" verstehe. Wenn man das so definiert, dann kann man keinen Unterschied mehr machen zwischen einem Willen, den "ich" habe, den ich mir zuschreibe und einem Willen, den ich nicht als meinen eigenen Willen empfinde. In dem Artikel war das das Beispiel des Drogenabhängigen, der, auch wenn er den Wunsch verspürt, von seiner Droge wegzukommen, einen "inneren Zwang" verspürt, die Droge immer wieder zu nehmen, sie dann also sozusagen gegen seinen Willen nimmt.

Naja, dieses Selbstbild verstehe ich nicht. Für mich wäre auch der innere Zwang ein echter Teil von mir und somit mein eigenes Wollen, welches evtl. in Konflikt mit anderen Wünschen und Zielen steht. In meinem eigenen Körper entstehende Regungen nicht als Teil von mir selbst aufzufassen empfände ich jedenfalls als schizophren, aber das ist wohl eher eine Geschmacksfrage.

Interessant, ja, dann haben wir ein unterschiedliches Selbstbild. Ich habe übrigens auch ein anderes Selbstbild als das, was Einstein zu haben scheint, wenn man seinen Ausspruch mit der Pfeife betrachtet. Dort scheint er sich zu sehen, als jemand, der über allem schwebt und sich selber dabei zusieht, wie er etwas tut. Das kann ich zwar in dem konkreten Beispiel mit der Pfeife nachempfinden, denn Rauchen ist eine Sucht und eine solche kann man eben mMn als unerwünschte Regung wahrnehmen. Wenn Einstein aber nicht speziell eine Sucht meint, sondern es als allgemeines Beispiel für alle seine Wünsche und seine Handlungen genommen hat, dann ist sein Selbstbild für mich etwas merkwürdig.

kolja hat folgendes geschrieben:
Unabhängig davon verstehe ich Deinen Einwand nicht, denn die Unterscheidung zwischen unerwünschtem und erwünschtem Wollen, zwischen ursprünglichem Wollen ohne bewusste Ursache und reflektiertem Wollen, bleibt doch weiterghin möglich? Und Du könntest nach Belieben entscheiden, welches davon Du als Deinem "Selbst" zugehörig empfinden willst?

Wieso kann ich auf einmal "nach Belieben entscheiden"? Egal, das, was Du oben gesagt hast, bedeutet doch mal wieder, (falls man nicht das Selbst wegdefinieren will), dass es immer eine Vorgeschichte und eine Umwelt und Vorbedingungen gibt. Das ist ja unbestritten, hat aber eben für mich nicht so viel mit dem freien Willen zu tun.
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Johnnyboy
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Beitrag(#461711) Verfasst am: 28.04.2006, 17:20    Titel: Antworten mit Zitat

Wieso erklärst du uns den nicht einfach was für dich ein freier Wille? So ganz genau definiert?

Und wenn die die Aussage stört: "Ein freier Wille ist schwachsinnig, weil das wissenschaftlich widerlegt ist."

Formulieren wir das ganze um in: " Ein freier Wille ist schwachsinnig, weil er unlogisch ist".

Dann stimmt der Satz auch.

Denn wie oben schon gesagt: Jeder möglichen Willensänderung durch dich selbst muss ein anderer Wille vorausgehen. Und das ist einfachste, banalste Logik. Und diese Aussage steht explizit im Wiederspruch zur Vorstellung eiens "freien Willens".

Dementsprechend musst du erst das Gegenteil beweisen, wenn du meinst das eine Aussage wie "die Willenfreiheit ist unlogisch" überheblich ist.

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Beitrag(#461751) Verfasst am: 28.04.2006, 18:20    Titel: Antworten mit Zitat

Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Wieso erklärst du uns den nicht einfach was für dich ein freier Wille? So ganz genau definiert?

Weil ich das schon mehrfach getan habe? Warum tust Du das eigentlich nicht?

Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Und wenn die die Aussage stört: "Ein freier Wille ist schwachsinnig, weil das wissenschaftlich widerlegt ist."

Formulieren wir das ganze um in: " Ein freier Wille ist schwachsinnig, weil er unlogisch ist".

Dann stimmt der Satz auch.

Selbstredend. Logisch. Gar keine Frage. Mehr als 2.500 Jahre Philosophie in einen einzigen Satz gepackt. Sehr beeindruckend. Respekt.

Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Denn wie oben schon gesagt: Jeder möglichen Willensänderung durch dich selbst muss ein anderer Wille vorausgehen. Und das ist einfachste, banalste Logik. Und diese Aussage steht explizit im Wiederspruch zur Vorstellung eiens "freien Willens".

Aha. Kommt vielleicht aber auch ein bisschen darauf an, was man unter einem "freien Willen" versteht, oder nicht?

Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Dementsprechend musst du erst das Gegenteil beweisen, wenn du meinst das eine Aussage wie "die Willenfreiheit ist unlogisch" überheblich ist.

Du wirst lachen: aber ich muss gar nix.

Johnnyboy hat folgendes geschrieben:
Alles andere ist Glaube.

Ich glaube, ich habe keine Lust, mich weiter mit Dir zu unterhalten.
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Beitrag(#461752) Verfasst am: 28.04.2006, 18:22    Titel: Antworten mit Zitat

Nun dann bleibst du eben ignorant. Ist ja nicht mein Bier. zwinkern
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Yrsin
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Beitrag(#462162) Verfasst am: 29.04.2006, 12:29    Titel: Re: Strafrecht und Schuld Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:

Wer einen freien Willen vertritt, nimmt gewöhnlich an, dass eine konkrete Person in einer ganz konkreten Situation auch anders entscheiden könnte (hätte anders entscheiden können), als sie letztendlich entscheidet (entschieden hat). Und damit ist gewöhnlich gemeint, dass die bewusste Abwägung im Kopf der Person anders verlaufen könnte, und nicht, dass diese Abwägung durch Zufall so oder so ausfällt.


Muss ich dies als "Die Person hätte etwas Beliebiges anderes wollen und tun können!" auffassen?

Weshalb gibt es eurer Meinung nach keine freien Willen? Bzw. weshalb ist die Idee des freien Willens zu verwerfen?
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"Kein Mensch ist Solipsiist, wenn er auf dem Bürgersteig steht und versucht, sich die Scheisse von den Schuhen zu kratzen." Robert A. Wilson
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kolja
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Beitrag(#472540) Verfasst am: 11.05.2006, 21:18    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
Und vom "freien Willen" im Sinne der Kompatibilisten halte ich wie gesagt wenig. Hier wird ein komplett umgedeuteter Freiheitsbegriff unter altem Etikett verkauft ohne explizit auf die wesentlichen Unterschiede hinzuweisen. So können die Vertreter beider Varianten hübsch an einem Strang ziehen was die Rechtfertigung von Konsequenzen angeht, und das ärgert wiederum mich ...
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Es gibt keine "wahre" Bedeutung von Begriffen. Gerade so abstrakte Begriffe wie "Freiheit" oder "Selbst" haben keine allgemein übereinstimmende Bedeutung, daher muss man versuchen, jeweils zu verstehen, was der Andere meint. Jedoch die Deutungshoheit für sich alleine zu beanspruchen und zu behaupten, der Andere hätte einen "komplett umgedeuteten Freiheitsbegriff" und verkaufe ihn unter "altem Etikett" finde ich an dieser Stelle ziemlich überheblich.

Mir scheint, es ist durchaus der inkompatibilistische "freie Wille", der die öffentliche Diskussion, Interviews, Kommentare und dergleichen in den Medien beherrscht. Ansonsten würden sich die Verfechter wohl kaum mit Hirnforschern wegen ihrer Erkenntnisse streiten. Auch Du hast in früheren Diskussionen genauso argumentiert. Und an den Konsequenzen, für deren Rechtfertigung Du den "freien Willen" anführst, hat sich nichts geändert, obwohl Du zwischenzeitlich zu den Kompatibilisten gewechselt bist. Daher finde ich meinen obige Kritik höchstens zu scharf formuliert, aber nicht inhaltlich falsch.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Was die Rechtfertigung von Konsequenzen angeht, bin ich der Meinung, dass, wenn man ein "Verantwortlichkeitspessimist" ist, also eine Verantwortlichkeit komplett ablehnt, man dadurch den Subjektstatus des Individuums negiert.

Das sehe ich nicht so. Aus meiner Sicht bleiben die Begriffe "Verantwortung" und "Subjekt" im alltäglichen Umgang miteinander sinnvoll und notwendig, doch möglicherweise taugen sie nur noch sehr eingeschränkt als Rechtfertigung für schwerwiegende Konsequenzen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und dies würde mMn keineswegs zur "Humanisierung unseres Zusammenlebens beitragen", wie Derk Pereboom argumentiert, sondern hätte mMn einige Auswirkungen zum Beispiel im Strafrecht, die ich als inhuman empfinden würde.

Das kann ich nicht nachvollziehen, ich empfinde es eher umgekehrt.
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Zuletzt bearbeitet von kolja am 11.05.2006, 21:36, insgesamt 2-mal bearbeitet
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kolja
der Typ im Maschinenraum
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Anmeldungsdatum: 02.12.2004
Beiträge: 16631
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Beitrag(#472543) Verfasst am: 11.05.2006, 21:30    Titel: Antworten mit Zitat

Ysrin hat folgendes geschrieben:
Weshalb gibt es eurer Meinung nach keine freien Willen? Bzw. weshalb ist die Idee des freien Willens zu verwerfen?

Weil ich das Konzept für unlogisch halte und es meinem Selbstbild widerspricht. Auch die Ergebnisse meiner bewussten und reflektierten Willensbildungen sind zwangsläufig, weil ich aufgrund der mir vorliegenden Informationen und meiner Prägungen, Präferenzen und Erfahrungen nur zu der Entscheidung kommen kann, zu der ich letztendlich komme. Mir scheint es sinnlos zu sagen, ich war "frei", anders zu entscheiden, denn das wäre nur der Fall, wenn die Umstände, die zu der Entscheidung geführt hätten, anders gewesen wären, oder wenn die Summe meiner Erfahrungen, die mich die Umstände bewerten ließen, anders gewesen wären. Letztlich sind also meine Entscheidungen vollständig ein Produkt meiner Vergangenheit.
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AgentProvocateur
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Anmeldungsdatum: 09.01.2005
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Beitrag(#472650) Verfasst am: 11.05.2006, 23:40    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
Mir scheint, es ist durchaus der inkompatibilistische "freie Wille", der die öffentliche Diskussion, Interviews, Kommentare und dergleichen in den Medien beherrscht.

Mir eben nicht.

kolja hat folgendes geschrieben:
Ansonsten würden sich die Verfechter wohl kaum mit Hirnforschern wegen ihrer Erkenntnisse streiten.

Naja, mit den Hirnforschern ist das wieder eine andere Sache. Einige Hirnforscher sind neben ihrem eigentlichen Fachgebiet auch noch Philosophen und teilweise erscheint mir deren Philosophie durchaus fragwürdig. Ich habe auch nicht den Eindruck, dass sich mit den Hirnforschern wegen ihrer wissenschaftlichen Ergebnisse gestritten wird, sondern nur wegen ihrer philosophischen Schlussfolgerungen, die sie daraus ziehen.

kolja hat folgendes geschrieben:
Auch Du hast in früheren Diskussionen genauso argumentiert. Und an den Konsequenzen, für deren Rechtfertigung Du den "freien Willen" anführst, hat sich nichts geändert, obwohl Du zwischenzeitlich zu den Kompatibilisten gewechselt bist. Daher finde ich meinen obige Kritik höchstens zu scharf formuliert, aber nicht inhaltlich falsch.

Wir verstehen unter dem "freiem Willen" etwas unterschiedliches. Das ist alles. Du behauptest nun, dass Deine Definition die Richtige sei. Ich behaupte nicht, dass meine Definition die Richtige sein, ich möchte lediglich behaupten, dass es a) unterschiedliche Definitionen gibt und b) ich mit meiner Definition nicht alleine dastehe.

kolja hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Was die Rechtfertigung von Konsequenzen angeht, bin ich der Meinung, dass, wenn man ein "Verantwortlichkeitspessimist" ist, also eine Verantwortlichkeit komplett ablehnt, man dadurch den Subjektstatus des Individuums negiert.

Das sehe ich nicht so. Aus meiner Sicht bleiben die Begriffe "Verantwortung" und "Subjekt" im alltäglichen Umgang miteinander sinnvoll und notwendig, doch möglicherweise taugen sie nur noch sehr eingeschränkt als Rechtfertigung für schwerwiegende Konsequenzen.

Hm, wahrscheinlich verstehen wir auch etwas anderes unter "Verantwortung". Du hattest gesagt, dass Du Dich in der Argumentation des "Verantwortungspessimisten" wiederfindest. Diese bedeutet aber eben, dass es keine wirkliche Verantwortung gibt. Jetzt sagst Du jedoch, dass der Begriff sinnvoll und notwendig bleibt, daher verstehe ich noch nicht, was für Dich Verantwortung ist.

Was unterscheidet zum Beispiel die Beleidigung eines Polizisten, wenn sie 1. von einem "normalen" Menschen erfolgt und 2. wenn sie von einem Tourette-Betroffenen erfolgt? Würdest Du in diesem Falle unterschiedliche Verantwortlichkeiten zumessen?

kolja hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und dies würde mMn keineswegs zur "Humanisierung unseres Zusammenlebens beitragen", wie Derk Pereboom argumentiert, sondern hätte mMn einige Auswirkungen zum Beispiel im Strafrecht, die ich als inhuman empfinden würde.

Das kann ich nicht nachvollziehen, ich empfinde es eher umgekehrt.

Meine Anmerkung bezieht sich nur auf die Auffassung, dass es keine Verantwortung und damit auch keine Schuld mehr gibt. Ich bin mir noch nicht so sicher, ob Du diese Auffassung wirklich teilst; so wie ich Dich bisher eingeschätzt habe, tust Du das nicht.
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Chattox
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Anmeldungsdatum: 14.01.2012
Beiträge: 8

Beitrag(#1718823) Verfasst am: 14.01.2012, 10:00    Titel: Antworten mit Zitat

Ich weiß, der Thread ist schon sehr alt, aber da das Thema immer aktuelle ist und man so direkt sieht worauf ich Bezug nehme, schreibe ich einfach hier wieder rein.

Besonders interessant finde ich in diesem Thread zwei Aussagen, von Leuten die sich ganz klar sind, dass es keinen freien Willen gibt und alles determiniert ist:

kolja hat folgendes geschrieben:
Xamanoth hat folgendes geschrieben:
Die Annahme des Determinismus kann statt zu Depressionen eher zu Gelassenheit und Toleranz führen.

So empfinde ich das auch. Man regt sich weniger über vergangene Entscheidungen auf und konzentriert sich mehr auf das Beeinflussen zukünftiger Entscheidungen.


Meine Frage ist jetzt, in wiefern man sich auf die Beeinflussung zukünftiger Entscheidungen konzentrieren soll? Hier deutet jemand ja doch wieder gewisse Freiheit an (die es aber überhaupt nicht gibt laut Verständnis der beiden User). Denn wie ich weiterhin denke, nachdem ich erkannt habe, dass alles determiniert ist, ist doch wieder determiniert, sprich "man" kann nicht zukünftige Entscheidungen beeinflussen - man tut es oder nicht?

LG Chattox
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Rohrspatz
grobsinnig und feinschlächtig



Anmeldungsdatum: 25.12.2007
Beiträge: 3877
Wohnort: NRW

Beitrag(#1718824) Verfasst am: 14.01.2012, 10:31    Titel: Antworten mit Zitat

Chattox hat folgendes geschrieben:
Ich weiß, der Thread ist schon sehr alt, aber da das Thema immer aktuelle ist und man so direkt sieht worauf ich Bezug nehme, schreibe ich einfach hier wieder rein.

Besonders interessant finde ich in diesem Thread zwei Aussagen, von Leuten die sich ganz klar sind, dass es keinen freien Willen gibt und alles determiniert ist:

kolja hat folgendes geschrieben:
Xamanoth hat folgendes geschrieben:
Die Annahme des Determinismus kann statt zu Depressionen eher zu Gelassenheit und Toleranz führen.

So empfinde ich das auch. Man regt sich weniger über vergangene Entscheidungen auf und konzentriert sich mehr auf das Beeinflussen zukünftiger Entscheidungen.


Meine Frage ist jetzt, in wiefern man sich auf die Beeinflussung zukünftiger Entscheidungen konzentrieren soll? Hier deutet jemand ja doch wieder gewisse Freiheit an (die es aber überhaupt nicht gibt laut Verständnis der beiden User). Denn wie ich weiterhin denke, nachdem ich erkannt habe, dass alles determiniert ist, ist doch wieder determiniert, sprich "man" kann nicht zukünftige Entscheidungen beeinflussen - man tut es oder nicht?

LG Chattox


Gedanken sind Teil des Determinismus. Wenn man sich Gedanken über die Zukunft macht, Optionen geistig durchspielt, verändert auch das neuronale Zustände. Auch das kann also ein bestimmtes Verhalten wahrscheinlicher oder unwahrscheinlicher werden lassen.
"Gedanken sind Teil des Determinismus" bedeutet natürlich auch, dass auch unsere Gedanken determiniert sind. Aber auch das hat keine praktische Konsequenz. Der Gedanke an den Determinismus kann zwar zu Resignation führen, aber der Determinismus bedingt keine Resignation.
Ich neige selbst auch stark dem Determinismus zu, aber ich weiß, dass sich nicht nur äußere Erfahrungen auf mein Verhalten auswirken, sondern auch die zuvor gedachten Gedanken. Daher gibt es keine "unnützen" Gedanken. Was ich auch weiß ist, dass das Nachdenken über die Zukunft zu besseren Voraussagen dieser führen kann und zu Handlungsoptionen, die mir nicht gleich offensichtlich waren. Also auch, wenn dieses Nachdenken selbst determiniert ist, hat es einen Effekt. Und der ist im Mittel positiv. Alles in allem gibt es also keinen Grund als Determinist das Nachdenken über die Zukunft zu verwerfen.
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Chattox
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Anmeldungsdatum: 14.01.2012
Beiträge: 8

Beitrag(#1718825) Verfasst am: 14.01.2012, 10:47    Titel: Antworten mit Zitat

Naja selber tust du ja gar nichts. Du hast einfach Glück, dass du diese Sache automatisch so erkannt hast oder?
Weil nach dem reinen Determinismus denken wir ja nicht, sondern wir werden gedacht.
Das Einzige, was wir in dieser Hinsicht noch selber "tun" sind Gefühle. Ich tue zwar eine Frau nicht bewusst lieben, aber ich BIN diese Liebe quasi.
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fwo
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Anmeldungsdatum: 05.02.2008
Beiträge: 25826
Wohnort: im Speckgürtel

Beitrag(#1718826) Verfasst am: 14.01.2012, 10:50    Titel: Antworten mit Zitat

@Chattox: Willkommen im Forum.

kolja hat folgendes geschrieben:
Ysrin hat folgendes geschrieben:
Weshalb gibt es eurer Meinung nach keine freien Willen? Bzw. weshalb ist die Idee des freien Willens zu verwerfen?

Weil ich das Konzept für unlogisch halte und es meinem Selbstbild widerspricht. Auch die Ergebnisse meiner bewussten und reflektierten Willensbildungen sind zwangsläufig, weil ich aufgrund der mir vorliegenden Informationen und meiner Prägungen, Präferenzen und Erfahrungen nur zu der Entscheidung kommen kann, zu der ich letztendlich komme. Mir scheint es sinnlos zu sagen, ich war "frei", anders zu entscheiden, denn das wäre nur der Fall, wenn die Umstände, die zu der Entscheidung geführt hätten, anders gewesen wären, oder wenn die Summe meiner Erfahrungen, die mich die Umstände bewerten ließen, anders gewesen wären. Letztlich sind also meine Entscheidungen vollständig ein Produkt meiner Vergangenheit.

Wenn Du Koljas Antwort hierüber nimmst, siehst Du, dass das keine Determinierung im Sinne von "alles ist vorherbestimmt" ist, sondern sich auf die spezielle Vorgeschichte der einzelnen Person bezieht, die immer hinreichend Zufallsgeneratoren enthält, um nicht wirklich vorbestimmt zu sein. So ist deine Entscheidung, heute nachmittag Sport zu treiben, neben der Information, die Du im Bewusstsein wälzt, z.B. auch davon abhängig, was Du gegessen hast und wie Du das verdaust. Das 2. kann davon abhängig sein, welche Bakterien dir gestern oder heute vormittag begegnet sind, und wie Du dieses Begegnungen verarbeitet hast usw..

Die Unfreiheit ist also keine im Sinne der absoluten Vorbestimmung, sondern eine im Sinne deiner Abhängigkeit von deiner Geschichte. Was Du tun kannst, um deine zukünftigen Entscheidungen zu verändern, ist deinen Erfahrungsschatz zu dieser anfallenden Entscheidung zu ändern, z.B. indem Du dich informierst. Die Entscheidung selbst ist immer das Produkt aus der dir zu Verfügung stehenden Information und deiner spezifischen Verarbeitung, die aber nur z.T. im Bewusstsein abläuft.

fwo
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Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.

The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.

Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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Arcanis
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Anmeldungsdatum: 08.01.2012
Beiträge: 195

Beitrag(#1718831) Verfasst am: 14.01.2012, 11:03    Titel: Antworten mit Zitat

Du meine Güte. Nun habe ich den Thread tatsächlich bis zum Ende gelesen. Verstanden habe ich ab Seite 2 nichts mehr aber nun weiß ich wenigstens was ehemalige Philosophiestudenten machen, wenn sie gerade nicht Taxifahren.
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Rohrspatz
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Anmeldungsdatum: 25.12.2007
Beiträge: 3877
Wohnort: NRW

Beitrag(#1718833) Verfasst am: 14.01.2012, 11:13    Titel: Antworten mit Zitat

Chattox hat folgendes geschrieben:
Naja selber tust du ja gar nichts. Du hast einfach Glück, dass du diese Sache automatisch so erkannt hast oder?
Weil nach dem reinen Determinismus denken wir ja nicht, sondern wir werden gedacht.
Das Einzige, was wir in dieser Hinsicht noch selber "tun" sind Gefühle. Ich tue zwar eine Frau nicht bewusst lieben, aber ich BIN diese Liebe quasi.


Hm, das ist natürlich ein wenig Definitionssache. Definition von "tun", Definition von "Ich".

Mal meine Sicht der Dinge als Gegenüberstellung (nicht als Gegenargument):
Ich definiere Tun als das, wenn Lebewesen zielgerichtet (muss nicht bewusst sein) auf ihre Umwelt einwirken. Und das "Ich" halte ich selbst nur für ein Konstrukt.

Meine Person, das biologische Etwas, das ich bewusst also noch nicht einmal ansatzweise begreifen kann, tut, liebt, denkt. Und dieses Etwas, das aus dessen Selbstreflexion hervor geht, dieses "Ich", hält sich für gewöhnlich für dieses biologische Etwas, da es ja eben der selbstreflektierende Teil des biologischen Etwas ist.
Die relevante Ebene ist aber die, auf der wirklich getan wird. Die biologische (bzw. letztendlich physikalische) Ebene. Nicht dessen selbstreflektierendes "Modul". Definiere ich mich als dieses Modul, werde ich tatsächlich nur gedacht. Aber ich begreife mich lieber als die Gesamtheit, die Person. Auch wenn ich mir meiner selbst halt nur zu einem (erschreckend kleinen) Teil bewusst werden kann.
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Tom der Dino
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Anmeldungsdatum: 20.07.2011
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Beitrag(#1718850) Verfasst am: 14.01.2012, 12:18    Titel: Antworten mit Zitat

An dieser Stelle verweise ich auf folgenden Thread QM und Willensfreiheit
_________________
Am Anfang war ......das Experiment.
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Chattox
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Anmeldungsdatum: 14.01.2012
Beiträge: 8

Beitrag(#1718855) Verfasst am: 14.01.2012, 12:40    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
@Chattox: Willkommen im Forum.

kolja hat folgendes geschrieben:
Ysrin hat folgendes geschrieben:
Weshalb gibt es eurer Meinung nach keine freien Willen? Bzw. weshalb ist die Idee des freien Willens zu verwerfen?

Weil ich das Konzept für unlogisch halte und es meinem Selbstbild widerspricht. Auch die Ergebnisse meiner bewussten und reflektierten Willensbildungen sind zwangsläufig, weil ich aufgrund der mir vorliegenden Informationen und meiner Prägungen, Präferenzen und Erfahrungen nur zu der Entscheidung kommen kann, zu der ich letztendlich komme. Mir scheint es sinnlos zu sagen, ich war "frei", anders zu entscheiden, denn das wäre nur der Fall, wenn die Umstände, die zu der Entscheidung geführt hätten, anders gewesen wären, oder wenn die Summe meiner Erfahrungen, die mich die Umstände bewerten ließen, anders gewesen wären. Letztlich sind also meine Entscheidungen vollständig ein Produkt meiner Vergangenheit.

Wenn Du Koljas Antwort hierüber nimmst, siehst Du, dass das keine Determinierung im Sinne von "alles ist vorherbestimmt" ist, sondern sich auf die spezielle Vorgeschichte der einzelnen Person bezieht, die immer hinreichend Zufallsgeneratoren enthält, um nicht wirklich vorbestimmt zu sein. So ist deine Entscheidung, heute nachmittag Sport zu treiben, neben der Information, die Du im Bewusstsein wälzt, z.B. auch davon abhängig, was Du gegessen hast und wie Du das verdaust. Das 2. kann davon abhängig sein, welche Bakterien dir gestern oder heute vormittag begegnet sind, und wie Du dieses Begegnungen verarbeitet hast usw..

Die Unfreiheit ist also keine im Sinne der absoluten Vorbestimmung, sondern eine im Sinne deiner Abhängigkeit von deiner Geschichte. Was Du tun kannst, um deine zukünftigen Entscheidungen zu verändern, ist deinen Erfahrungsschatz zu dieser anfallenden Entscheidung zu ändern, z.B. indem Du dich informierst. Die Entscheidung selbst ist immer das Produkt aus der dir zu Verfügung stehenden Information und deiner spezifischen Verarbeitung, die aber nur z.T. im Bewusstsein abläuft.

fwo

Ja, da hast du Recht. Ob aber in der Zukunft schon fest steht, was wir tun und denken, oder das immer im aktuellen Moment selber durch Dinge wie Ernährung oder Zufälle (Quantenmechanik/Chaosforschung) zu Stande kommt ist am Ende nur völlig egal.

Die Grundaussage bleibt ja bestehen: Ich tue, denke und fühle weil ich aktuell nicht anders tun, denken und fühlen KANN.
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