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Alte und behinderte Menschen
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Nordseekrabbe
linker Autist



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 31152
Wohnort: Dresden

Beitrag(#3061) Verfasst am: 23.07.2003, 01:54    Titel: Alte und behinderte Menschen Antworten mit Zitat

Auch im neuen Forum möchte ich wieder eine Debatte über dieses wichtige Thema anregen - ausgehend von den Erfahrungen im DF, wo sich ja eine rege Debatte ereignete.

Wie geht eine Gesellschaft mit sozial schwachen Randgruppen um, die immer mehr auf Profit und Gewinne - Stichwort Ellenbogengesellschaft - programmiert zu sein scheint? Das Soziale gerät doch immer mehr ins Hintertreffen - und da sind alte und behinderte Menschen nun leider mal ein Paradebeispiel.

Ich gebe zu, daß Nachfolgende schreibe ich nicht ohne eigene Mitbetroffenheit - denn ich bin ja Körperbehindert - aber ich versuche, daß auch aus Sichtweisen von anderen behinderten zu schreiben.

Immer mehr wird doch das Altern an den Rand unserer Gesellschaft gestellt, scheint nicht existent. Viele alte Menschen werden in Altenheimen untergebracht, nicht nur - aber auch deswegen, weil man sich mit dem Altsein nicht beschäftigen will - sondern es lieber abschiebt. Mein Vater war jahrelang Altenpfleger, und er hat solche Fälle leider nicht selten persönlich miterlebt.
Dann kommt das Thema Zuwendung menschlicher Art zwischen Pfleger und altem Mensch. Dieses Problem wird immer defizitärer, weil den Pflegern und Pflegerinnen häufig - gerade nach Einführung der Pflegeversicherung - die Zeit fehlt, mit ihrem alten Mensch, den sie pflegerisch betreuen, auch nochmal ein warmes menschliches Wort zu wechseln. Einfach zuhören, was einem der alte Mensch selber noch erzählen kann, dafür haben sie leider keine Zeit mehr, und sonst in der Gesellschaft wollen die wenigsten noch hören, was alte Menschen ihnen aus ihrer Lebenserfahrung heraus zu sagen und mitzugeben haben.

Aber ich denke, bei den Behinderten sieht es oft auch nicht gerade besser aus. Behinderung - ich sage ja viel lieber das englische "Handycapped People" dazu, weil es einfach einen viel normaleren Umgang mit diesem schwierigen Thema symbolisiert, für mich wenigstens - ist auch ein negatives Image. Mit Behinderten sich ab- oder umzugeben, scheint schwer. Auch im Arbeitsleben. Es gibt zwar das Schwerbehindertengesetz, nachdem ein Arbeitgeber eine bestimmte Zahl an Schwerbehinderten bei gleicher Qualifikation beschäftigen muss, aber im Regelfall wird er doch lieber die 100,- ¤ (damals 200, - DM) bezahlen, als einen Behinderten zu beschäftigten. Bei mir selber ist es so, daß ich demnächst in einer Behindertenwerkstatt anfangen werde zu arbeiten. Zwar bin ich froh, mal wieder arbeiten gehen zu können, aber von meiner Intelligenz her, von dem was in mir steckt, würde ich viel lieber an einen "normalen" Arbeitsplatz gehen, da ich einerseits wegen der Intelligenz kein Dauerfall für eine Behindertenwerkstatt bin, andererseits ich wegen meiner Behinderung nicht auf dem 1. Arbeitsmarkt derzeit vermittelbar bin. Das macht mich persönlich manchmal richtig wütend (siehe Autismus-Thread). Vielleicht könnt Ihr es nachvollziehen - ich sitze immer zwischen allen Stühlen (im übertragenen Sinne). Auch Behinderte werden häufig in Heimen untergebracht, in denen mitunter auch nicht immer die besten Zustände herrschen.
Sicher, es gibt Behinderungen - damit ich da nicht falsch verstanden werde -, die erfordern eine pflegerische rund-um-die-Uhr Betreuung, aber ich meine das auch wieder im gesellschaftlichen.
Ich war in verschiedenen Behinderteneinrichtungen - und davon waren einige leider weitab von menschlicher Zivilisation bzw. besser ausgedrückt von den jeweiligen Orten bzw. Ortskernen.
Das Antidiskriminierungsgesetz ist ja immer wieder mal in aller Munde, gerade von den Behindertenverbänden. Und dieses fängt leider schon bei baulichen Voraussetzungen an. Fühlt sich ein Rollstuhlfahrer zum Beispiel nicht diskriminiert, wenn er bei Ämtern einen Termin hat, die z. B. im 3. Stock seines Rathauses liegen, und weit und breit kein Aufzug, Rampe dergl. zu sehen ist - oder der Fahrstuhl nicht den Mindestmaßen seines Rollstuhls entspricht, und er zwar rein - aber nicht wieder rauskommt (sowas ist bei uns hier in Husum geschehen)?
Fühlt sich ein im Rollstuhl sitzender etwa nicht als anderer Mensch, wenn das, was er im Supermarkt kaufen will, ausgerechnet auf das oberste Regal drappiert worden ist, wo er alleine nie und nimmer hinkommen wird? Ich denke schon.
Der Beispiele gibt bzw. gäbe es zahlreiche und die Liste wäre vermutlich sehr lang.

Ich denke, im Umgang mit alten und behinderten Menschen müsste gesellschaftlich dringend ein Umdenkungsprozess stattfinden, damit auch solche Gruppen integrierter in der Gesellschaft wären.
Ich habe es an anderen Behinderten (nicht alle!) und auch an mir immer wieder selber festgestellt, daß einem zwar immer wieder geholfen wird - aber man so unselbständig ist, daß man vieles (ob nun durch die Körperlichen Gegebenheiten oder nicht) einfach nicht selber machen kann, weil man Hilfe braucht. Es kommt dann ab und an ein durchaus sehr depressives Gefühl in einem hoch, weil andere über Dinge reden, die man selber gerne können würde und doch nicht können kann. Bei mir speziell kommen dann ja noch die Autistischen Züge hinzu (zu Autismus werde ich ebenfalls einen Thread aufmachen).

Nicht vergessen aber möchte ich in diesem Thread die engsten Angehörigen sprich Familie desjenigen Betroffenen, die oft auch dadurch sehr in Mitleidenschaft gezogen wird - bei mir und auch bei anderen ist das so. Ich denke Ihnen gebührt die volle Anerkennung, auch wenn Mütter ein behindertes Kind zur Welt bringen, denn das erfordert noch viel mehr Kraftanstrengung (Diagnosen, Therapien etc...pp) als sonst.

Aber gerade wo wir hier soviele Freidenker, Humanisten etc... sind: Könnten nicht Humanisten mal ein Bild von einer Gesellschaft entwickeln, in der einfach ein entkrampfteres Umgehen von Nichtbehinderten und behinderten Menschen bzw. alten Menschen möglich ist bzw. möglich wäre? Mit den Augen rollen Frage
_________________
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Markus
Polygamer, polymorph perverser Psychopath



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 1320
Wohnort: Südhessen

Beitrag(#3089) Verfasst am: 23.07.2003, 09:00    Titel: Antworten mit Zitat

Nun, ich denke, dass für ein entkrampfteres Umgehen mit Behinderten auf dem Arbeitsmarkt zuerst einmal das Schwerbehindertengesetz gekippt werden sollte.
Dies mag blöd klingen, jedoch ist es dieses Gesetz, was primär den Behinderten den Weg in den 1. Arbeitsmarkt verbaut.
Ich war lange angestellter Geschäftsführer eines größeren Unternehmens, bin inzwischen selbständig. Ich denke also, dass ich mich als Arbeitgeber mit der Materie recht gut auskenne.
Für ein mittelständisches Unternehmen macht es das Schwerbehindertengesetz z.B. quasi unmöglich, einen Behinderten einzustellen. D.h., Du kannst ihn einstellen, bist ab dann aber auf Gedeih und Verderb der Hauptfürsorgestelle ausgeliefert.
Das Schwerbehindertengesetz sichert den Besitzstand jener Schwerbehinderten, die das Glück haben, einen Arbeitsplatz zu haben. Es verbaut aber jenen, bei denen dies nicht so ist, den Zugang zum Arbeitsmarkt. Ein Mitarbeiter, der schwerbehindert ist, ist quasi unkündbar.
Auch wenn Du ihm, wie es das Gesetz vorsieht, nicht aufgrund seiner Behinderung kündigst, sondern z.B. aus betrieblichen Belangen, musst Du erstmal belegen, dass da kein Nichtbehinderter ist, dem Du nicht stattdessen kündigen könntest, usw. Klasse fürs Betriebsklima.
Und auch wenn alles erfüllt ist, legt die Hauptfürsorgestelle erstmal Widerspruch ein, damt sie später vom Behinderten nicht verklagt wird, weil sie seine Interessen nicht korrekt vertreten hat. Am Ende bekommt ein Schwerbehinderter, wenn die Geschichte beim Arbeitsgericht landet, eine horrend hohe Abfindung zugesprochen, die es unmöglich macht, wieder jemanden einzustellen, weil schlicht das Geld dazu fehlt.
Da zahlt jeder Arbeitgeber lieber die Ausgleichsabgabe, auch wenn die doppelt oder dreifach so hoch wäre. Für einen Mittelständler, der auf den Erhalt seiner Flexibilität angewiesen ist, wäre es u..U. existenzgefährdend, Behinderte einzustellen, so kalt das auch klingen mag.
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narziss
auf Wunsch deaktiviert



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 21939

Beitrag(#3600) Verfasst am: 24.07.2003, 12:10    Titel: Antworten mit Zitat

Ich musste mal als ich bei meinem Onkel in der Kanzlei war einen Fall verfolgen in dem es um genau diese Problematik ging. Ein Arbeiter galt als schwerbehindert und sollte aus einer Firma geworfen werden. Die Firma war recht klein und hatte einige harte Jahre hinter sich. Sie stellte Tische her. Der Angeklagte war dafür verantwortlich, Tischplatten zurechtzusägen. Andere Jobs konnte er nicht machen. Entweder waren sie körperlich zu beanspruchend oder sie durften nicht in der Lackierei sein(Asthma). Dieser Mann war einfach überflüssig und die Firma war gezwungen ihn rauszuschemeißen. Sein Job konnte wegen des geringen Auftragsvolumens der Firma auch von anderen Mitarbeitern übernommen werden. Es sprach also alles dagegen ihn weiter in der Firma zu behalten.
Letzlich gewann mein Onkel den Prozess, aber Fälle wie dieser zeigen, dass es zuviel Bürokratie bei so etwas gibt.
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diogenes
Gast






Beitrag(#3622) Verfasst am: 24.07.2003, 12:46    Titel: Re: Alte und behinderte Menschen Antworten mit Zitat

Ich finde, es ist schon traurig, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der dieses Thema überhaupt diskutiert werden muss. Andererseits glaube ich, dass es schon einmal noch schlechter war. Nach der Bibel betrachtete man zur Zeit Jesu Behinderte als von Dämonen Besessene. Dies ist leider nicht nur bei der Bibel der Fall, sondern es ist praktisch das gesamte Altertum nicht gerade bekannt für soziale Gerechtigkeit. Eine Ausnahme bildet das demokratische Athen, wo körperlich Versehrte teilweise Unterstützung erhielten. Bei geistigen Behinderungen war auch das nicht der Fall, solche Menschen wurden auch damals isoliert.

Für andere Ausnahmen und allgemein für Informationen über den Umgang mit Behinderten im Altertum wäre ich übrigens sehr dankbar! (Sollte sich jemand damit auskennen)

Nordseekrabbe hat folgendes geschrieben:
Aber gerade wo wir hier soviele Freidenker, Humanisten etc... sind: Könnten nicht Humanisten mal ein Bild von einer Gesellschaft entwickeln, in der einfach ein entkrampfteres Umgehen von Nichtbehinderten und behinderten Menschen bzw. alten Menschen möglich ist bzw. möglich wäre?


Leider hat sich der Humanismus noch (?) nicht durchsetzen können. Ich könnte mir vorstellen - das ist jetzt eine spontane Idee von mir bezüglich der Gestaltung dieses Forums -, dass wir ein moderiertes Spezialforum gründen, wo wir versuchen ein entsprechendes humanistisches Bild der Gesellschaft zu entwickeln. Mitglieder dieser Gruppe könnten etwa Bücher zu dieser Problematik lesen und rezensieren bzw. kurz zusammenfassen, sozusagen als virtueller Ersatz für Vorträge, die wir anschließend auch diskutieren können.
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Woici
ist vollkommen humorlos



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 7437
Wohnort: Em Schwobaländle

Beitrag(#3630) Verfasst am: 24.07.2003, 12:57    Titel: Antworten mit Zitat

Nordseeschalentier hat folgendes geschrieben:
Könnten nicht Humanisten mal ein Bild von einer Gesellschaft entwickeln, in der einfach ein entkrampfteres Umgehen von Nichtbehinderten und behinderten Menschen bzw. alten Menschen möglich ist bzw. möglich wäre?


Wie willst Du das in der Praxis umsetzen?
Schliesslich haben Behinderte (zu recht) z.B. einen besonderen Kündigungsschutz (auch wenn er sich oftmals zum Nachteil der Behinderten auswirkt) und einen besonderen Status in unserer Gesellschaft.
Den einzelnen Menschen wirst Du nicht dazu zwingen können, einen Behinderten so zu betrachten wie es eigentlich wünschenswert wäre...
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eigentlich bin ich ein ganz netter... und wenn ich freunde hätte, könnten die das auch bestätigen.
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diogenes
Gast






Beitrag(#3652) Verfasst am: 24.07.2003, 13:16    Titel: Antworten mit Zitat

Woici hat folgendes geschrieben:
Nordseeschalentier hat folgendes geschrieben:
Könnten nicht Humanisten mal ein Bild von einer Gesellschaft entwickeln, in der einfach ein entkrampfteres Umgehen von Nichtbehinderten und behinderten Menschen bzw. alten Menschen möglich ist bzw. möglich wäre?


Wie willst Du das in der Praxis umsetzen?


Keine Ahnung! Aufklärung?

Woici hat folgendes geschrieben:
Den einzelnen Menschen wirst Du nicht dazu zwingen können, einen Behinderten so zu betrachten wie es eigentlich wünschenswert wäre...


Ich glaube ebenfalls nicht, dass man die Menschen dazu zwingen kann. Aber ich glaube, man sollte wenigstens versuchen, eine Verbesserung herbeizuführen und wenn es nur Aufklärung ist. Den Menschen diese Probleme nahe bringt, eine Alternative entwickelt, anbietet und vor allem: vorlebt. Wer sollte denn sonst darüber nachdenken und handeln, wenn nicht wir Humanisten? Den Kirchen möchte ich diesen Bereich nicht überlassen.
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Woici
ist vollkommen humorlos



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 7437
Wohnort: Em Schwobaländle

Beitrag(#3668) Verfasst am: 24.07.2003, 13:35    Titel: Antworten mit Zitat

Ich sehe das Problem in der Sonderstellung der Behinderten.
Ich kann nur dann verlangen gleich behandelt zu werden, wenn ich auch gleich bin.
Ich für meinen Teil betrachte jeden Behinderten wie jeden anderen Menschen auch, werde aber ständig darauf hingewiesen (nein, nicht von den Behinderten, sondern durch die Umgebung: Behindertenparkplätze, Behindertensitzplätze, andere Sonderrechte), dass es eben kein Mensch wie jeder andere auch ist.
Da tut man sich manchmal schon richtig schwer.
Nur um sicher zu gehen (Punkt 5... Mr. Green ): Es ist natürlich absolut notwendig, dass Behinderte solche Sonderrechte geniessen, aber eben diese Sonderrechte machen es auch schwerer gleich zu sein...
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Nordseekrabbe
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Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 31152
Wohnort: Dresden

Beitrag(#3727) Verfasst am: 24.07.2003, 14:48    Titel: Antworten mit Zitat

Woici hat folgendes geschrieben:
Nordseeschalentier hat folgendes geschrieben:
Könnten nicht Humanisten mal ein Bild von einer Gesellschaft entwickeln, in der einfach ein entkrampfteres Umgehen von Nichtbehinderten und behinderten Menschen bzw. alten Menschen möglich ist bzw. möglich wäre?


Wie willst Du das in der Praxis umsetzen?


Ich will das gar nicht, sonst hätte ich ja längst schon fertige Lösungsansätze, die ich nicht habe - ich möchte einfach nur eine gesellschaftliche Debatte zu diesem wichtigen Thema anregen.

Woici hat folgendes geschrieben:

Schliesslich haben Behinderte (zu recht) z.B. einen besonderen Kündigungsschutz (auch wenn er sich oftmals zum Nachteil der Behinderten auswirkt) und einen besonderen Status in unserer Gesellschaft.
Den einzelnen Menschen wirst Du nicht dazu zwingen können, einen Behinderten so zu betrachten wie es eigentlich wünschenswert wäre...


Natürlich kann man niemanden dazu zwingen, das ist mir auch klar. Vielleicht aber könnte man einen Fortschritt in dieser Debatte erreichen, wenn Nichtbehinderte darüber nachdenken, daß auch sie jederzeit z. B. durch einen Schlaganfall, durch einen schweren Unfall zu einem Behinderten werden könnten. Mit den Augen rollen
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Nordseekrabbe
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Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 31152
Wohnort: Dresden

Beitrag(#3729) Verfasst am: 24.07.2003, 14:51    Titel: Antworten mit Zitat

Woici hat folgendes geschrieben:
Ich sehe das Problem in der Sonderstellung der Behinderten.
Ich kann nur dann verlangen gleich behandelt zu werden, wenn ich auch gleich bin.
Ich für meinen Teil betrachte jeden Behinderten wie jeden anderen Menschen auch, werde aber ständig darauf hingewiesen (nein, nicht von den Behinderten, sondern durch die Umgebung: Behindertenparkplätze, Behindertensitzplätze, andere Sonderrechte), dass es eben kein Mensch wie jeder andere auch ist.
Da tut man sich manchmal schon richtig schwer.
Nur um sicher zu gehen (Punkt 5... Mr. Green ): Es ist natürlich absolut notwendig, dass Behinderte solche Sonderrechte geniessen, aber eben diese Sonderrechte machen es auch schwerer gleich zu sein...


Dem ist natürlich zuzustimmen; es muß dabei aber auch berücksichtigt werden, daß behinderte Menschen es ungleich schwerer haben als "normale" Menschen, ihr Leben zu gestalten, wenn sie z. B. Rollstuhlfahrer sind, querschnittsgelähmt sind. Das wird nämlich dabei häufig vergessen bzw. in den Hintergrund gedrängt.
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Woici
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Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 7437
Wohnort: Em Schwobaländle

Beitrag(#3736) Verfasst am: 24.07.2003, 15:00    Titel: Antworten mit Zitat

Nordseekrabbe hat folgendes geschrieben:
Woici hat folgendes geschrieben:
Ich sehe das Problem in der Sonderstellung der Behinderten.
Ich kann nur dann verlangen gleich behandelt zu werden, wenn ich auch gleich bin.
Ich für meinen Teil betrachte jeden Behinderten wie jeden anderen Menschen auch, werde aber ständig darauf hingewiesen (nein, nicht von den Behinderten, sondern durch die Umgebung: Behindertenparkplätze, Behindertensitzplätze, andere Sonderrechte), dass es eben kein Mensch wie jeder andere auch ist.
Da tut man sich manchmal schon richtig schwer.
Nur um sicher zu gehen (Punkt 5... Mr. Green ): Es ist natürlich absolut notwendig, dass Behinderte solche Sonderrechte geniessen, aber eben diese Sonderrechte machen es auch schwerer gleich zu sein...


Dem ist natürlich zuzustimmen; es muß dabei aber auch berücksichtigt werden, daß behinderte Menschen es ungleich schwerer haben als "normale" Menschen, ihr Leben zu gestalten, wenn sie z. B. Rollstuhlfahrer sind, querschnittsgelähmt sind. Das wird nämlich dabei häufig vergessen bzw. in den Hintergrund gedrängt.


Das denke ich nicht Birger...
Ein Rollstuhlfahrer kann seine Behinderung nicht so "verbergen" dass sie von einem anderen in den Hintergrund gedrängt werden kann... das ist wahrscheinlich auch das eigentliche Problem.
Ich kann das aus der Warte eines Motorradfahrers wahrscheinlich sogar ziemlich gut betrachten, denn das Risiko im Rollstuhl zu landen ist gerade bei diesem Sport/Freizeitbeschäftigung doch relativ gross... aber wenn man anfängt darüber nachzudenken, dann kann man das fahren gleich bleiben lassen... also wird es verdrängt und wahrscheinlich gehen manche unbewusst Kontakten mit Rollstuhlfahrern auch aus dem Weg...
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Nordseekrabbe
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Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 31152
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Beitrag(#3762) Verfasst am: 24.07.2003, 15:25    Titel: Antworten mit Zitat

Woici hat folgendes geschrieben:
Nordseekrabbe hat folgendes geschrieben:
Woici hat folgendes geschrieben:
Ich sehe das Problem in der Sonderstellung der Behinderten.
Ich kann nur dann verlangen gleich behandelt zu werden, wenn ich auch gleich bin.
Ich für meinen Teil betrachte jeden Behinderten wie jeden anderen Menschen auch, werde aber ständig darauf hingewiesen (nein, nicht von den Behinderten, sondern durch die Umgebung: Behindertenparkplätze, Behindertensitzplätze, andere Sonderrechte), dass es eben kein Mensch wie jeder andere auch ist.
Da tut man sich manchmal schon richtig schwer.
Nur um sicher zu gehen (Punkt 5... Mr. Green ): Es ist natürlich absolut notwendig, dass Behinderte solche Sonderrechte geniessen, aber eben diese Sonderrechte machen es auch schwerer gleich zu sein...


Dem ist natürlich zuzustimmen; es muß dabei aber auch berücksichtigt werden, daß behinderte Menschen es ungleich schwerer haben als "normale" Menschen, ihr Leben zu gestalten, wenn sie z. B. Rollstuhlfahrer sind, querschnittsgelähmt sind. Das wird nämlich dabei häufig vergessen bzw. in den Hintergrund gedrängt.


Das denke ich nicht Birger...
Ein Rollstuhlfahrer kann seine Behinderung nicht so "verbergen" dass sie von einem anderen in den Hintergrund gedrängt werden kann... das ist wahrscheinlich auch das eigentliche Problem.

Das war damit auch nicht so gemeint, Woici...
Natürlich kann man das sehen und gerade als Motorradfahrer fährt dieses Risiko auch immer irgendwo mit... andererseits man kann auch zuhause in der Badewanne ausrutschen...
Was ich damit vielmehr meinte, ist: Normale stecken ja nicht in den Körpern von Schwerstbehinderten bzw. Rollstuhlfahrern drinnen. Eine Bewegung z. B. die für einen normalen Menschen völlig unkompliziert und schmerzfrei ist, wird für einen Rollstuhlfahrer nur mit Schmerzen auszufähren bzw. aufgrund von qualvollen Schmerzen womöglich gar nicht mehr auszuführen sein... Und das, den Schmerz dabei, können Menschen, die eben diese Behinderung so nicht haben, allenfalls versuchen, nachzuempfinden - aber wirklich nachempfinden werden sie ihn nicht können, weil sie ja nicht diese Behinderung haben.
Ich mein das im übrigen gar nicht mal negativ, sondern völlig wertfrei, weil dies (wenigstens für mich) einfach eine Tatsache, ein Fakt ist.
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Beitrag(#4987) Verfasst am: 27.07.2003, 17:07    Titel: Re: Alte und behinderte Menschen Antworten mit Zitat

diogenes hat folgendes geschrieben:
Ich finde, es ist schon traurig, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der dieses Thema überhaupt diskutiert werden muss.


Ich auch, vor allem, wenn man sich die mal Situation z. B. in so manchem Pflegeheim anguckt (Stichworte sind z. B. Gewalt in Altenheimen, Pflegenotstand etc...).
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Beitrag(#4988) Verfasst am: 27.07.2003, 17:07    Titel: Re: Alte und behinderte Menschen Antworten mit Zitat

diogenes hat folgendes geschrieben:
Ich finde, es ist schon traurig, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der dieses Thema überhaupt diskutiert werden muss.


Ich auch, vor allem, wenn man sich die mal Situation z. B. in so manchem Pflegeheim anguckt (Stichworte sind z. B. Gewalt in Altenheimen, Pflegenotstand etc...).
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Beitrag(#4989) Verfasst am: 27.07.2003, 17:08    Titel: Re: Alte und behinderte Menschen Antworten mit Zitat

diogenes hat folgendes geschrieben:
Ich finde, es ist schon traurig, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der dieses Thema überhaupt diskutiert werden muss.


Ich auch, vor allem, wenn man sich die mal Situation z. B. in so manchem Pflegeheim anguckt (Stichworte sind z. B. Gewalt in Altenheimen, Pflegenotstand etc...).
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Beitrag(#4990) Verfasst am: 27.07.2003, 17:17    Titel: Antworten mit Zitat

Zum Beispiel bei mir ist es so, daß Situationen, die mich beanspruchen, sich sofort auf die Psyche auswirken - alles, was vorher mühselig aufgebaut wurde, fällt dann in der Regel zusammen wie ein Kartenhaus. Auch heute ist so ein Tag.
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Beitrag(#4991) Verfasst am: 27.07.2003, 17:19    Titel: Antworten mit Zitat

Keine einfache Sache:

Ein pflegebedürftiger alter Angehöriger in einer Familie, in denen alle Erwachsenen voll berufstätig sind, weil das Einkommen sonst nicht ausreicht, müsste rund um die Uhr betreut werden. Um Pflegestufe II zu bekommen muss der Angehörige nahezu bewegungsunfähig sein. Oftmals sind noch Kinder im Haus, die auch betreut werden müssen. Es ist immer noch üblich, dass sich die weiblichen Familienmitglieder diese Aufgaben übernehmen. Angesagt ist eine Dreifachbelastung, die jegliches Privatleben (auch im Hinblick auf die Partnerschaft) unmöglich macht.

Ich zumindest werde mich rechtzeitig nach einem Pflegeheim umsehen, wenn ich in dieses Alter komme. Ich möchte nicht verantwortlich sein dafür, dass meine Angehörigen unzumutbar belastet werden. Oder ich verabschiede mich rechtzeitig ins Nirwana.
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Nordseekrabbe
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Anmeldungsdatum: 16.07.2003
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Wohnort: Dresden

Beitrag(#4992) Verfasst am: 27.07.2003, 17:19    Titel: Antworten mit Zitat

Aber viele Behinderte können sich auch - und das ist echt niedlich - über Kleinigkeiten so riesig freuen, wie ein Kleinkinder oder eben alte Menschen. Kleinigkeiten, über die sich "normale" Menschen meist nur wenig freuen können...
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step
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Beiträge: 22767
Wohnort: Germering

Beitrag(#4996) Verfasst am: 27.07.2003, 17:42    Titel: Antworten mit Zitat

Ich finde, Birger hat nicht so unrecht. Gleichberechtigung bezieht sich auf die Grundrechte und die Zumessung von Würde, und heißt nicht automatisch Gleichheit.

Vielleicht besteht die Lösung darin, Behinderten zwar eine Sonderbehandlung zukommen zu lassen (um ein Wahrnehmen von Grundrechten überhaupt erst zu ermöglichen), aber zu lernen, diese Sonderbehandlung als etwas Natürliches anzusehen, so wie man auch andere Gesellschaftsgruppen speziell behandelt, etwa Kinder auf dem Gehweg fahren läßt.

gruß/step
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Heike N.
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Beiträge: 26138
Wohnort: Bottrop

Beitrag(#4999) Verfasst am: 27.07.2003, 17:54    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Ich finde, Birger hat nicht so unrecht. Gleichberechtigung bezieht sich auf die Grundrechte und die Zumessung von Würde, und heißt nicht automatisch Gleichheit.


Ich denke, genau hier werden die größten Fehler gemacht: Gleichberechtigung mit Gleichheit zu verwechseln.

Ich habe mir mal ordentliche Prügel von Radikalfeministinnen abgeholt, als ich gesagt habe, dass Männer und Frauen eben nicht gleich sind, was ja eigentlich eine Binsenweisheit ist. Mit den Augen rollen
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Beiträge: 1595
Wohnort: Das alte Europa

Beitrag(#5007) Verfasst am: 27.07.2003, 19:36    Titel: Antworten mit Zitat

Ich finde, daß es besser ist, Behinderungen (vor allem genetische - also geistige Behinderungen), welche schon im Embryonalalter erkannt werden können, sollten die Eltern zur Entscheidung führen, dieses Kind abzutreiben. Dieses Kind stellt den Eltern eine Belastung dar, ohne ihnen den Sinn ihrer Familie zu erfüllen (Erben aufziehen, die Nachkommenschaft weiter sichern etc.), es stellt für den Staat eine Belastung dar, wird aber unter Garantie niemals selbst Steuern zurückzahlen können oder sonst etwas tun können, stattdessen immer abhängig bleiben, und zuletzt wird sein Leben für das Kind selbst zur Belastung, und wenn es merkt, daß es den anderen immer nur zur Last fällt, wird es nur noch schwieriger.
Ich kann Argumente nicht verstehen, die darauf hinauslaufen, daß "das Leben" an sich wertvoll ist und jedes Lebewesen aufgezogen werden muß, bis es eines natürlichen Todes stirbt (siehe Christentum), auch Argumente, daß man diese Familien immer weiter besonders fördern muß, und vor allem, daß Gleichberechtigung gefordert wird, halte ich für absurd.

Meine Argumentation bezog sich auf diverse Genstörungen, vor allem Trisomien.
Ich habe eine jüngere Schwester, welche die Trisomie 23 hat, und (schon aus Mitleid) halte ich es für besser, sie wäre nie geboren worden. Es war eine bewußte Entscheidung meiner Mutter, und daher denke ich, die Förderung der Erziehung eines solchen Kindes sollte herabgesetzt werden, damit solche Entscheidungen anders ausfallen. Dies ist meine Meinung, die mir die Erfahrung des Zusammenlebens mit meiner Schwester gegeben hat.
Ich gehe jetzt nicht auf andere Krankheiten ein und möchte es auch nicht auf andere Krankheiten bezogen wissen (und, mit Rücksicht auf ein anderes Forum, schon gar nicht politisch gedeutet wissen...).
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Markus
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Beitrag(#5009) Verfasst am: 27.07.2003, 20:24    Titel: Antworten mit Zitat

@Der unbekannte Gott:
Hast Du eigentlich Kinder?
Mich würde mal interessieren, wie Deine Mutter das sieht. Liebt die ihr Kind nicht?
Und Deine Schwester. Ist die unglücklich?
Ich kenne im Bekanntenkreis selber so einen Fall. Die Eltern lieben ihren Sohn jedoch über alles, und auch er macht keinen unglücklichen Eindruck.

Ich mag Deine Argumentation nicht.
Lies Dir doch bitte nochmal durch, was Du da geschrieben hast. Meinst Du das wirklich so?
Sowas habe ich schonmal gelesen. Da hieß es allerdings 'Ausmerzung lebensunwerten Lebens'. Ich hatte eigentlich gehofft, sowas nie mehr lesen zu müssen. Weinen
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Heike N.
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Beitrag(#5010) Verfasst am: 27.07.2003, 20:36    Titel: Antworten mit Zitat

@Markus

Nicht jeder Mensch ist gleich belastbar. Ein behindertes Kind zur Welt zu bringen, welches vielleicht für den Rest seines Lebens auf Hilfe angewiesen ist, ist eine enorme Belastung (auch wenn man sich dafür entscheidet). Ich bezweifel, dass ich in der Lage wäre, diese Belastung psychisch (möglicherweise auch physisch?) zu verkraften. Es gibt Menschen, die sich bewusst für ein Kind mit Down-Syndrom entscheiden und die bewundere ich. Zwei Häuser weiter von uns wohnt eine Familie mit zwei Kindern (eines mit Down-Syndrom). Die Mutter kriegt ihre Family gut gemanaged (ist aber "Nur"-Hausfrau, anders ginge es wohl nicht). Manche Menschen sind aber nicht dazu in der Lage.
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Heike J
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Beitrag(#5011) Verfasst am: 27.07.2003, 20:40    Titel: Antworten mit Zitat

Heike N. hat folgendes geschrieben:
Manche Menschen sind aber nicht dazu in der Lage.


Was aber kein Grund sein sollte, den Menschen, die sich für die Austragung eines behinderten Kindes nun als Strafe die Förderung zu mindern, wie "Unbekannter Gott" angeregt hat.
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Babyface
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Beitrag(#5012) Verfasst am: 27.07.2003, 20:57    Titel: Antworten mit Zitat

Markus hat folgendes geschrieben:
Sowas habe ich schonmal gelesen. Da hieß es allerdings 'Ausmerzung lebensunwerten Lebens'. Ich hatte eigentlich gehofft, sowas nie mehr lesen zu müssen. Weinen

Ich habe heute auch schon sowas ähnliches gelesen. Da hieß es:

Zitat:
Dies liegt einfach daran, dass jene, deren genetische Struktur den Ausbruch zulässt, sterben, bevor sie sich reproduzieren können. Somit geben nur die ihr Erbgut weiter, bei denen AIDS nicht ausbrechen konnte.

Warum sollen wir in so einen bestechend einfachen Ablauf eingreifen?


Dass man mit einem Urteil über die Verfasser solcher Zeilen nicht so schnell bei der Hand sein sollte macht nur das nachfolgende Zitat deutlich:

Zitat:
Wobei ich es für zynisch halte, den Tod von Kindern billigend in Kauf zu nehmen, um den Aufbau von Resistenzen zu fördern.
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Heike N.
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Beitrag(#5013) Verfasst am: 27.07.2003, 20:58    Titel: Antworten mit Zitat

Heike Jackler hat folgendes geschrieben:
Heike N. hat folgendes geschrieben:
Manche Menschen sind aber nicht dazu in der Lage.


Was aber kein Grund sein sollte, den Menschen, die sich für die Austragung eines behinderten Kindes nun als Strafe die Förderung zu mindern, wie "Unbekannter Gott" angeregt hat.


Ich habe den (rein persönlichen) Eindruck, dass er sich nur sehr unglücklich ausgedrückt hat. Ich weiß nicht, wie alt er ist und ob er sich jemals vorher Gedanken über solche Dinge gemacht hat. Er wird es sicherlich näher erläutern können.
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Brochi
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Beitrag(#5014) Verfasst am: 27.07.2003, 20:58    Titel: Antworten mit Zitat

Der unbekannte Gott hat folgendes geschrieben:
Ich finde, daß es besser ist, Behinderungen (vor allem genetische - also geistige Behinderungen), welche schon im Embryonalalter erkannt werden können, sollten die Eltern zur Entscheidung führen, dieses Kind abzutreiben.


Die Eltern sollten auf jeden Fall die Freiheit zur Entscheidung zum Abtreiben haben, das sehe ich auch so. Das sie zu dieser Entscheidung "geführt" werden sollten -etwa durch die Gesellschaftlichen Rahmenbedingungen- halte ich dagegen für zweifelhaft.


Der unbekannte Gott hat folgendes geschrieben:

Dieses Kind stellt den Eltern eine Belastung dar, ohne ihnen den Sinn ihrer Familie zu erfüllen (Erben aufziehen, die Nachkommenschaft weiter sichern etc.), es stellt für den Staat eine Belastung dar, wird aber unter Garantie niemals selbst Steuern zurückzahlen können oder sonst etwas tun können, stattdessen immer abhängig bleiben, ...


Ich weiss nicht was Du anstelle des etc. noch weiter aufzählen wolltest, aber mit den ersten beiden Punkten zielst Du wohl auf den evolutionären "Sinn" der Familie ab. Sicher eine sinnvolle Betrachtungssweise. Aber auch hier hängt es stark von den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen (sprich Umweltbedingungen der Familie) ab, ob es (evolutionär) Sinn macht sich für (oder gegen) ein behindertes Kind zu entscheiden. Z.B. eine stark religiöse Gemeinschaft, in der sich hartnäckig der Glaube hält, das jedes Leben per se wichtig sei. Unabhängig davon ob dies nun zutrifft oder nicht kann es für die Familie (und damit das übergordenete Ziel (Nachkommenschaft) nachteilig sein, sich gegen das Kind zu entscheiden
Aber das heisst nicht, das es unbedingt ein religiöses Umeld bedeuten muss, das war nur ein Beispiel. Ich könnte mir auch eine weltanschaulich weitgehend rationale Gesellsdchaft vorstellen, in der Eltern zur Entscheidung für ein behindertes veranlasst werden können.


Der unbekannte Gott hat folgendes geschrieben:

und zuletzt wird sein Leben für das Kind selbst zur Belastung, und wenn es merkt, daß es den anderen immer nur zur Last fällt, wird es nur noch schwieriger.


Ich denke es ist grundsätzlich schwierig, sich in die Gefühlslage eines solchen Kindes zu versetzen, wenngleich ich einräumen muss, das das Erkennen und Reflektieren der eigenen Stellung in der Familie durch das Kind für dieses mit einiger Wahrscheinlichkeit problematisch sein kann, aber eben nicht unbedingt sein muss. Wiederum eine Frage der Rahmenbedingungen.

Der unbekannte Gott hat folgendes geschrieben:

Ich kann Argumente nicht verstehen, die darauf hinauslaufen, daß "das Leben" an sich wertvoll ist und jedes Lebewesen aufgezogen werden muß, bis es eines natürlichen Todes stirbt (siehe Christentum), auch Argumente, daß man diese Familien immer weiter besonders fördern muß, und vor allem, daß Gleichberechtigung gefordert wird, halte ich für absurd.


Rational begründen (oder nachweisen) kann man einen Wert des Lebens "an sich" sicherlich nicht. Aber der Mensch ist frei, Werte "für sich" zu definieren und einen Konsens darüber herzustellen. Und im Rahmen eines solchen Konsenses kann man durchaus mit dem Wert des Lebens argumentieren. Wie könnte man sonst z.B. für die Gewährung von den sog. "Menschenrechten" plädieren bzw. argumentieren?
Btw, auch Dein Leben ist übrigens völlig wertlos "an sich", obwohl Du Steuern zahlst und niemanden zur Last fälltst (...zahlst Du überhaupt Steuern??))


Der unbekannte Gott hat folgendes geschrieben:

Meine Argumentation bezog sich auf diverse Genstörungen, vor allem Trisomien.
Ich habe eine jüngere Schwester, welche die Trisomie 23 hat, und (schon aus Mitleid) halte ich es für besser, sie wäre nie geboren worden.


Hast Du sie schon mal gefragt wie sie darüber denkt? Und wenn Du sie nicht fragen kannst bzw. sie nicht (in uns gewohnter Weise) antworten kann: weisst Du wie sie darüber denkt, oder projezierst Du nicht Deine Gedanken in sie herein !?

Der unbekannte Gott hat folgendes geschrieben:

Es war eine bewußte Entscheidung meiner Mutter, und daher denke ich, die Förderung der Erziehung eines solchen Kindes sollte herabgesetzt werden, damit solche Entscheidungen anders ausfallen.


Find ich nicht.
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Markus
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Beitrag(#5032) Verfasst am: 27.07.2003, 21:23    Titel: Antworten mit Zitat

@Heike:
Ja, das kann sicherlich nicht jeder. Diejenigen, die sich dafür entscheiden, jedoch dafür zu bestrafen, dass ihr Kind dne Staat Geld kostet und keine Steuern zahlen wird, halte ich für höchst problematisch.
Wie gesagt, das hatten wir schon mal.


@Babyface:
Du hast recht, ich habe mich sehr mißverständlich ausgedrückt.
Glücklicherweise hat mein nachfolgender Satz ja ein wenig für Klarheit sorgen können.
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Heike N.
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Beitrag(#5039) Verfasst am: 27.07.2003, 21:30    Titel: Antworten mit Zitat

Markus hat folgendes geschrieben:
Ja, das kann sicherlich nicht jeder. Diejenigen, die sich dafür entscheiden, jedoch dafür zu bestrafen, dass ihr Kind dne Staat Geld kostet und keine Steuern zahlen wird, halte ich für höchst problematisch.
Wie gesagt, das hatten wir schon mal.


Das würde zuerst einmal gegen das GG verstoßen, von der ethischen Bedenklichkeit ganz zu schweigen.

Wie gesagt: ich halte unseren unbekannten Gott für zu jung, um sich des Ausmaßes seiner Äußerungen bewusst zu sein. Das hat er nun unter die Nase gerieben bekommen, nun kann er sich dazu äußern.
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nocquae
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Beitrag(#5073) Verfasst am: 27.07.2003, 22:18    Titel: Antworten mit Zitat

@ unbekannter Gott

ich würde dir durchau in dem punkt zustimmen, dass es erlaubt sein müsse, ein kind abzutreiben, das eine schwere behinderung aufweist.

aber eine "strafe" für diejenigen eltern einzuführen, die das nicht tun wollen, kann ich so nicht unterstützen:
die idee, die dahinter steht, ist nämlich die, dass die "gesellschaft" ein wert an sich sei, der sich das individuum unterzuordnen habe; im gegenteil muss aber der wert der gesellschaft sich daran messen lassen, inwiefern sie die interessen der individuen durchsetzen kann. Nur aus diesem Grund schließen sich Individuen ja überhaupt zu gesellschaften zusammen.
eine gesellschaft, die sich selbst als "wert an sich" begreift, die lebensqualität der individuen, die in ihr leben aber massiv verringert, ist für mich alles andere als wünschenswert, um nicht zu sagen "wertlos"...
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In Deutschland gilt derjenige, der auf den Schmutz hinweist, als viel gefährlicher, als derjenige, der den Schmutz macht.
-- Kurt Tucholsky
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step
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Beitrag(#5090) Verfasst am: 27.07.2003, 22:33    Titel: Antworten mit Zitat

Heike N. hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ich finde, Birger hat nicht so unrecht. Gleichberechtigung bezieht sich auf die Grundrechte und die Zumessung von Würde, und heißt nicht automatisch Gleichheit.


Ich denke, genau hier werden die größten Fehler gemacht: Gleichberechtigung mit Gleichheit zu verwechseln.

Ich habe mir mal ordentliche Prügel von Radikalfeministinnen abgeholt, als ich gesagt habe, dass Männer und Frauen eben nicht gleich sind, was ja eigentlich eine Binsenweisheit ist. Mit den Augen rollen
Und dabei prügeln doch nur Männer ... Mit den Augen rollen
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