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diogenes Gast
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(#52986) Verfasst am: 14.11.2003, 13:52 Titel: Was ist Religion? |
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Nachdem NOCQUAE in einem brilliantem Beitrag zu Recht diagnostiziert hat, dass der Streit zwischen Vegetariern und deren Gegnern (ich nenne die Vertreter des anderen Extrems im Folgenden Antivegetarier) religiöse Züge hat, und sowohl der Vegetarismus als auch der Antivegetarismus religiös ist, möchte ich hier zur Diskussion stellen, was Religion überhaupt ist. Ich persönlich habe eine Definition, die ich vor einiger Zeit in einem anderen Forum gefunden habe, angenommen:
Als Religion kann man alles nennen, was dogmatischer Natur ist und gegen aufgeklärte Rationalität geht.
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Graf Zahl untot
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 7040
Wohnort: Universum
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(#52987) Verfasst am: 14.11.2003, 13:57 Titel: |
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Für mich persönlich hat das Wort Religion größtenteils mit einem Glauben an einen Gott/Götter zu tun.
Von einem dogmatischen Vegetarismus würde ich sagen, daß er religiöse Züge hat, um auszudrücken, daß er von seiner Struktur her einer Religion ähnelt.
Aber das ist nur meine persönliche Verwendung dieses Begriffes.
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ric Gast
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(#52988) Verfasst am: 14.11.2003, 13:57 Titel: |
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@Diogenes
stimme Deiner Definition zu, allerdings schreibe ich immer Religion/Ideologie, um herauszustellen, daß Scheuklappendenken keine Domäne der Religiösen ist.
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narziss auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 21939
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(#52989) Verfasst am: 14.11.2003, 13:57 Titel: |
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Wieso ist antivegetarismus gegen die Rationalität?
Aber lassen wir das Thema.
Ansonsten ist die Definition echt okay.
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Graf Zahl untot
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 7040
Wohnort: Universum
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(#52991) Verfasst am: 14.11.2003, 14:00 Titel: |
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Kleiner Nachtrag:
Aus dem Duden:
Zitat: | Re|li|gi|on, die; -, -en [(frz. religion <) lat. religio = Gottesfurcht]: 1. (meist von einer größeren Gemeinschaft angenommener) bestimmter, durch Lehre u. Satzungen festgelegter Glaube u. sein Bekenntnis: die buddhistische, christliche, jüdische, moslemische R.; die alten, heidnischen -en; eine R. begründen; einer R. (Glaubensgemeinschaft) angehören. 2. <o. Pl.> gläubig verehrende Anerkennung einer alles Sein bestimmenden göttlichen Macht; religiöse (2) Weltanschauung: Ü die R. des Fortschritts. 3. <o. Pl., o. Art.> Religionslehre als Schulfach, Religionsunterricht: sie unterrichtet R.; wir haben zweimal in der Woche R.;
(c) Dudenverlag |
Und nein, das bringe ich jetzt nicht, um zum Ausdruck zu bringen, "weil der Duden das sagt, ist das auch so zu sehen"...
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nocquae diskriminiert nazis
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 18183
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(#52992) Verfasst am: 14.11.2003, 14:01 Titel: Re: Was ist Religion? |
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diogenes hat folgendes geschrieben: | Als Religion kann man alles nennen, was dogmatischer Natur ist und gegen aufgeklärte Rationalität geht. | Dem schließe ich mich vollinhaltlich an, wie es so schön heißt.
Das kann man natürlich nun noch weiter ausführen, Polit-Religionen wie Stalinismus (ggf. Kommunismus, wobei bei dem wohl eine saubere Definition hermüßte) und Nationalsozialismus würde ich unbedingt dazuzählen wollen.
Grundsätzlich überall da, wo "Glauben" gefragt ist, Nicht-hinterfragen, Antiskeptizismus, Pseudo-Wissenchaftlickeit (in der der Form, dass hanebüchene "wissenschaftliche" Erkenntnisse aus dem Boden gestampft werden, um die eigene Position zu untermauen), dort, wo es Autoritäten und Positionen gibt, die anzuzweifeln man tunlichst unterlassen sollte ...
Summa summarum würde ich dazu neigen, dem Glauben eine zentrale Position bei allen Arten von Religion einzuräumen.
_________________ In Deutschland gilt derjenige, der auf den Schmutz hinweist, als viel gefährlicher, als derjenige, der den Schmutz macht.
-- Kurt Tucholsky
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narziss auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 21939
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(#52993) Verfasst am: 14.11.2003, 14:02 Titel: |
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@ diogenes:
Erklär mal bitte, wieso du step für religiös hälst!
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ric Gast
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(#52994) Verfasst am: 14.11.2003, 14:03 Titel: |
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gustav hat folgendes geschrieben: | @ diogenes:
Erklär mal bitte, wieso du step für religiös hälst! | Er glaubt an ein Multiversum...
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Nav Gast
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(#52995) Verfasst am: 14.11.2003, 14:03 Titel: |
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Auch der Katholizismus ist eine Politreligion. Eigentlich sogar mehr Polit als Religion, weil bei denen die Religion nur dazu dient, menschenverachtende Positionen mit irgendeiner an den Haaren herbeizogenen Begründung ("Gott", "Naturrecht", etc...) zu rechtfertigen.
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nocquae diskriminiert nazis
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 18183
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(#52996) Verfasst am: 14.11.2003, 14:05 Titel: |
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gustav hat folgendes geschrieben: | Wieso ist antivegetarismus gegen die Rationalität? | Nachtrag: Die Unfähigkeit, eigene Argumente und Postionen zu rationalisieren und einem kritischen Diskurs zu unterziehen, darf in Anbetracht dieser Wortmeldung (insbesondere vor dem Hintergund von "Ich habe Recht, ich brauche das nicht zu begründen"- Argumentationen ) auf keinen Fall fehlen.
Ich würde sagen: in bestimmten Punkten dürfte wohl jeder von uns zuweilen religiös denken.
_________________ In Deutschland gilt derjenige, der auf den Schmutz hinweist, als viel gefährlicher, als derjenige, der den Schmutz macht.
-- Kurt Tucholsky
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diogenes Gast
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(#52997) Verfasst am: 14.11.2003, 14:05 Titel: |
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Graf Zahl hat folgendes geschrieben: | Für mich persönlich hat das Wort Religion größtenteils mit einem Glauben an einen Gott/Götter zu tun. |
Gegenbeispiel: Auch wenn es im Buddhismus, wie ich schon geschrieben habe, im Allgemeinen Götter gibt, so soll es im Buddhismus zumindest ein paar Varianten geben, die tatsächlich atheistisch sein sollen. Falls das der Fall ist: ist eine atheistische Variante des Buddhismus Deiner Meinung nach eine Religion oder nicht?
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nocquae diskriminiert nazis
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 18183
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(#52998) Verfasst am: 14.11.2003, 14:06 Titel: |
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Graf Zahl hat folgendes geschrieben: | Für mich persönlich hat das Wort Religion größtenteils mit einem Glauben an einen Gott/Götter zu tun. | Da wiederum bevorzugen ich den Begriff "theistische Religion". Aber das mag auch Geschmackssache sein.
_________________ In Deutschland gilt derjenige, der auf den Schmutz hinweist, als viel gefährlicher, als derjenige, der den Schmutz macht.
-- Kurt Tucholsky
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ric Gast
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(#52999) Verfasst am: 14.11.2003, 14:09 Titel: |
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diogenes hat folgendes geschrieben: | ...Gegenbeispiel: Auch wenn es im Buddhismus, wie ich schon geschrieben habe, im Allgemeinen Götter gibt, so soll es im Buddhismus zumindest ein paar Varianten geben, die tatsächlich atheistisch sein sollen. Falls das der Fall ist: ist eine atheistische Variante des Buddhismus Deiner Meinung nach eine Religion oder nicht? | Zen Buddhismus ist meiner Meinung nach gerade noch eine Religion. Der Glaube daran, daß es Erleuchtung gibt.
Aber ansonsten haben sie sich über Jahrhunderte hinweg von viel Ballast befreit.
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narziss auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 21939
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(#53001) Verfasst am: 14.11.2003, 14:17 Titel: |
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NOCQUAE hat folgendes geschrieben: | gustav hat folgendes geschrieben: | Wieso ist antivegetarismus gegen die Rationalität? | Nachtrag: Die Unfähigkeit, eigene Argumente und Postionen zu rationalisieren und einem kritischen Diskurs zu unterziehen, darf in Anbetracht dieser Wortmeldung (insbesondere vor dem Hintergund von "Ich habe Recht, ich brauche das nicht zu begründen"- Argumentationen ) auf keinen Fall fehlen.
Ich würde sagen: in bestimmten Punkten dürfte wohl jeder von uns zuweilen religiös denken.  |
Das war auf critics komisches Posting bezogen das irgendwas mit nem Recht der Natur oder was ähnlich esoterisches beinhaltete.
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Graf Zahl untot
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 7040
Wohnort: Universum
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(#53002) Verfasst am: 14.11.2003, 14:18 Titel: |
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diogenes hat folgendes geschrieben: | Graf Zahl hat folgendes geschrieben: | Für mich persönlich hat das Wort Religion größtenteils mit einem Glauben an einen Gott/Götter zu tun. |
Gegenbeispiel: Auch wenn es im Buddhismus, wie ich schon geschrieben habe, im Allgemeinen Götter gibt, so soll es im Buddhismus zumindest ein paar Varianten geben, die tatsächlich atheistisch sein sollen. Falls das der Fall ist: ist eine atheistische Variante des Buddhismus Deiner Meinung nach eine Religion oder nicht? |
Ich ahnte, daß so was kommt.
Deswegen schrieb ich "größtenteils mit einem Glauben an einen Gott/Götter".
Vielleicht müßte ich hier noch den Begriff "spirituell" oder ähnliches mit einflechten. So viel ich weiß, beschreiben nämlich die atheistischen Buddhismus-Varianten Reinkarnation usw. Dies ist als ein spirituelles Dogma zu bezeichnen. Somit würden diese Varianten für mich auch unter Religion fallen. Allerdings könnte man jetzt auch wieder über den Begriff "Spritualität" diskutieren...
Mein erster Beitrag in diesem Thread ist übrigens auch nicht als vollständige Definition anzusehen.
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diogenes Gast
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(#53004) Verfasst am: 14.11.2003, 14:20 Titel: |
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ric hat folgendes geschrieben: | gustav hat folgendes geschrieben: | Erklär mal bitte, wieso du step für religiös hälst! | Er glaubt an ein Multiversum...  |
Weil er an Dinge glaubt, die er mit der Sicherheit, mit der er es tut, gar nicht sagen kann. Das Multiversum ist ein Beispiel, dass alles vollständig determiniert ist, ein anderes. Es ist eine Sache, zu sagen, dass es der wissenschaftliche Stand der Dinge naheliegt, ein Multiversum usw. anzunehmen, es ist eine andere, zu dogmatisch zu behaupten, es ist so. Da es in diesem Thread nicht um step geht, will ich dies aber nicht allzu ausbreiten. Wen es interessiert, kann im Wikipedia-Forum den Thread über den Atheismus und Agnostizismus durchlesen.
Zuletzt bearbeitet von diogenes am 14.11.2003, 14:21, insgesamt einmal bearbeitet |
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Graf Zahl untot
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 7040
Wohnort: Universum
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(#53005) Verfasst am: 14.11.2003, 14:21 Titel: |
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ric hat folgendes geschrieben: | gustav hat folgendes geschrieben: | @ diogenes:
Erklär mal bitte, wieso du step für religiös hälst! | Er glaubt an ein Multiversum...  |
Interessanter Aspekt!
Das bringt mich auf die Quantentheorie: Ist die persönliche Entscheidung für eine der Interpretationen (Kopenhagener, Vielwelten, usw.) auch als Glauben zu bezeichnen?
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ric Gast
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(#53006) Verfasst am: 14.11.2003, 14:26 Titel: |
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Graf Zahl hat folgendes geschrieben: | ric hat folgendes geschrieben: | Er glaubt an ein Multiversum...  | Interessanter Aspekt!
Das bringt mich auf die Quantentheorie: Ist die persönliche Entscheidung für eine der Interpretationen (Kopenhagener, Vielwelten, usw.) auch als Glauben zu bezeichnen? | Ja und nein.
Ja, wenn die Möglichkeit eines Irrtums nicht eingeräumt wird, und die anderen Interpretationen kategorisch abgelehnt werden.
Aber in der Wissenschaft ändert sich das alles eh von Experiment zu Experiment.
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narziss auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 21939
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(#53007) Verfasst am: 14.11.2003, 14:26 Titel: |
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diogenes hat folgendes geschrieben: | ric hat folgendes geschrieben: | gustav hat folgendes geschrieben: | Erklär mal bitte, wieso du step für religiös hälst! | Er glaubt an ein Multiversum...  |
Weil er an Dinge glaubt, die er mit der Sicherheit, mit der er es tut, gar nicht sagen kann. Das Multiversum ist ein Beispiel, dass alles vollständig determiniert ist, ein anderes. Es ist eine Sache, zu sagen, dass es der wissenschaftliche Stand der Dinge naheliegt, ein Multiversum usw. anzunehmen, es ist eine andere, zu dogmatisch zu behaupten, es ist so. Da es in diesem Thread nicht um step geht, will ich dies aber nicht allzu ausbreiten. Wen es interessiert, kann im Wikipedia-Forum den Thread über den Atheismus und Agnostizismus durchlesen. |
nun gut step glaubt daran, aber er glaubt es ja nicht auf religiöse art sondern so wie man vielleicht glaubt zu wissen wie ein FIlm ausgeht.
DA die MVI-Gespräche fast nur zwischen step und mir abliefen weiß ich natürlich was gemeint ist.
Er hält das MVI für die beste und auch schönste Ansicht der Dinge. Aber er hat nie behauptet, dass sie korrekt ist und dass dies bewiesen wurde o-ä. Er kritisiert ja sogar Deutsch´s Art das Multiversum als Fakt anzunehmen.
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diogenes Gast
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(#53009) Verfasst am: 14.11.2003, 14:36 Titel: |
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gustav hat folgendes geschrieben: | nun gut step glaubt daran, aber er glaubt es ja nicht auf religiöse art sondern so wie man vielleicht glaubt zu wissen wie ein FIlm ausgeht.
DA die MVI-Gespräche fast nur zwischen step und mir abliefen weiß ich natürlich was gemeint ist.  |
Vielleicht irre ich mich, ich habe es anders in Erinnerung gehabt. Wie auch immer, es geht hier nicht um step.
gustav hat folgendes geschrieben: | Er hält das MVI für die beste und auch schönste Ansicht der Dinge. Aber er hat nie behauptet, dass sie korrekt ist und dass dies bewiesen wurde o-ä. Er kritisiert ja sogar Deutsch´s Art das Multiversum als Fakt anzunehmen. |
Wenn das so ist, dann hast Du recht, so ist das natürlich nicht religiös.
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Detlef Gast
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(#53049) Verfasst am: 14.11.2003, 16:21 Titel: |
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Wenn man unter Religion eine Rückbesinnung auf den eigenen Ursprung versteht, so ist auch jeder, der Gottesfantasien ablehnt religiös, da es keinem Gott als Ursprung gibt. Daneben gibt es Religionen ohne Gottesvorstellungen. Rationalität ist aber auch schon eine dogmatische Einschränkung, da das heutige Rationalitätsverständnis nicht alle menschlichen Bereiche mit einbezieht. Absurderweise versucht man oft menschliche Gefühle und Instinke wegzurationalisieren, oder diese als minderwertig zu verteufeln was einer Aufklärung aber eher entgegengesetzt ist und einer menschlichen Kastration gleichkommt.
Es steckt also auch immer viel Irrationales,, subjektive in menschlichen Rationalitäten.
Religion ist eine Lehre, die sich wichtiger nimmt als die Realität. Sie hat ihre Führer, die bestimmte Leitlinien herausbringen, also eine Prophetie und verhindert somit freies und direktes Denken. Ihre Lehrmeinungen dürfen auch niemals angezweifelt werden und entziehen sich somit jeglicher Überprüfung, was ich für das gefährlichste an der ganzen Sache halte. Aber auch gesellschaftliche Gewohnheiten können ähnlichen religiösen Charakter annehmen, wie z.B. der Glaube an die eine Wahrheit oder an die eine Rationalität. Das ganze funktioniert also auch immer mit oder ohne Gott. Durch Normierungen sollen also Menschen beherrscht werden. Deswegen ist die Religion auch so eng mit dem Nationallismus und dem Rassismus verwand.
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caballito zänkisches Monsterpony
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 12112
Wohnort: Pet Sematary
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(#53070) Verfasst am: 14.11.2003, 16:38 Titel: Was ist ein Axiom? |
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diogenes hat folgendes geschrieben: | Als Religion kann man alles nennen, was dogmatischer Natur ist und gegen aufgeklärte Rationalität geht. |
Interessanterweise behaupten die religiösen genau das vom Rationalismus ...
Eines haben nämlich alle gemeinsam: Innerhalb ihres jeweiligen Systems argumentieren sie völlig rational (selbst ces tut das) - aber wenn man nur tief genug bohrt, stößt man immer und überall, mal früher, mal später, auf Sätze, die nicht mehr begründet werden (können).
Der Unterschied zwischen Religion und Nicht-Religion liegt für mich darin, ob diesen Basissaussagen ein (über das System hinausreichender) Wahrheitsgehalt zugeschrieben wird oder nicht. Religion hält ihre Grundaussagen für (absolut) wahr - und kann deshalb gar nicht anders als intolerant sein, Nicht-Religion ist sich der prinzipiellen Beliebigkeit ihrer Grundannahmen bewusst. Zwischen Nicht-Religiösen Standpunkten kann man sich allenfalls um die Sinnhaftigkeit der jeweiligen Grundannahmen streiten, muss ansonsten aber akzeptieren, dass andere aus anderen Grundannahmen auch andere Schlüsse ziehen (müssen).
Dass Diskussion überhaupt möglich ist, liegt einzig daran, dass es eine (im Grunde erstaunlich) breite Basis von Aussagen gibt, die praktisch alle Menschen als "richtig" anerkennen (wobei diese Aussagen von verschiedenen Menschen völlig unterschiedlich hergeleitet weren können), und man daher, von diesen ausgehend, über die weitrten Schlussfolgerungen rational argumentieren kann.
Und das Problem bei "den" Religiösen ist für gewöhnlich weniger, dass sie halt einfach diese Basis nicht teilen, sondern dass sie dies sehr wohl auch tun, und sich weigern zur Kenntnis zu nehmen, dass ihre Religion diesen von ihnen selbst als richtig akzeptierten (!) Grundlagen schlicht widerspricht.
_________________ Die Gedanken sind frei.
Aber nicht alle Gedanken wissen das.
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Critic oberflächlich
Anmeldungsdatum: 22.07.2003 Beiträge: 16338
Wohnort: Arena of Air
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(#53343) Verfasst am: 15.11.2003, 01:59 Titel: |
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gustav hat folgendes geschrieben: | Wieso ist antivegetarismus gegen die Rationalität?
Aber lassen wir das Thema.
Ansonsten ist die Definition echt okay.
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Ehren-Katholik! Natürlich ist an so Sachen wie Transmutation (natürlich nur von Azymen/ungesäuerten Broten) oder eine Ethik des "Fleisch-Tötens" zu glauben, nicht gegen die Rationalität gerichtet, sondern es ist pure Rationalität. "Stets haben Fleischesser sich in besonderer Weise für die Rechte der Tiere eingesetzt." Das Fleischessertum hat der Welt so große Durchbrüche gebracht wie Pfeil und Bogen, Wildfallen und römisches Liquamen (eine antike mediterrane BBQ-Sauce). Es hat uns die Freude gebracht, im Blut zu waten und uns daran zu freuen, was die Natur uns gegeben hat, allein zu dem Zwecke, uns damit die gierigen Mäuler zu stopfen.
Gggggggnnnnnn... (Abendessen heute: gebackenes Hühnerfleisch in scharfer Sauce, Reis und Gemüse.)
_________________ "Die Pentagon-Gang wird in der Liste der Terrorgruppen geführt"
Dann bin ich halt bekloppt.
"Wahrheit läßt sich nicht zeigen, nur erfinden." (Max Frisch)
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#53383) Verfasst am: 15.11.2003, 12:50 Titel: |
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diogenes hat folgendes geschrieben: | ric hat folgendes geschrieben: | gustav hat folgendes geschrieben: | Erklär mal bitte, wieso du step für religiös hälst! | Er glaubt an ein Multiversum...  | Weil er an Dinge glaubt, die er mit der Sicherheit, mit der er es tut, gar nicht sagen kann. Das Multiversum ist ein Beispiel, dass alles vollständig determiniert ist, ein anderes. |
Ach diogenes, das ist unfair. Ich w-glaube höchstens daran, d.h. ich halte es für das beste mir derzeit bekannte Modell. Wie oft habe ich darauf hingewiesen! Unabhängig davon habe ich sogar - auch wenns schwierig ist - versucht, Falsifikationsmethoden für eines der Modelle anzugeben.
Manchmal scheint es mir, daß die Bereitschaft, besser beschreibende Modelle zu akzeptieren, hauptsächlich davon abhängt, wie beunruhigend sie auf Liebgewordenes wirken.
diogenes hat folgendes geschrieben: | Es ist eine Sache, zu sagen, dass es der wissenschaftliche Stand der Dinge naheliegt, ein Multiversum usw. anzunehmen, es ist eine andere, zu dogmatisch zu behaupten, es ist so. |
Meinst Du mit letzterem wirklich mich? Dann muß ich wohl um ein Zitat bitten, wo ich eine Hypothese oder ein Modell dogmatisch vertrete.
diogenes hat folgendes geschrieben: | Da es in diesem Thread nicht um step geht, will ich dies aber nicht allzu ausbreiten. |
Es geht aber um Religion, und da ist es schon wichtig, ob man nur noch Agnostiker und Subjektivist sein darf, wenn man nicht gleich als religiös bezeichnet werden möchte. Die Zeichen von Religion sind eben gerade, daß man vernünftige oder empirische Widerlegungen nicht akzeptiert, daß man keine kritische Distanz zu seiner Weltanschauung hat, daß man aufzeigt, welch zusätzliches Erklärungspotential das Modell hat, ...
diogenes hat folgendes geschrieben: | Wen es interessiert, kann im Wikipedia-Forum den Thread über den Atheismus und Agnostizismus durchlesen. | Ja. Dort versuche ich u.a. zu zeigen, daß es bereits logisch inkonsistent ist, über die "mögliche Existenz von Übernatürlichem" zu sprechen, und daß damit die atheistische Position weniger metaphysisch (weniger religiös?) als die agnostische ist.
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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narziss auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 21939
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(#53384) Verfasst am: 15.11.2003, 12:53 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: |
Manchmal scheint es mir, daß die Bereitschaft, besser beschreibende Modelle zu akzeptieren, hauptsächlich davon abhängt, wie beunruhigend sie auf Liebgewordenes wirken.
gruß/step |
Hm du akzeptierst also das Multiversum weil du den freien Willen nicht liebgewonnen hast? So oder so ähnlich?
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#53386) Verfasst am: 15.11.2003, 12:56 Titel: |
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gustav hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Manchmal scheint es mir, daß die Bereitschaft, besser beschreibende Modelle zu akzeptieren, hauptsächlich davon abhängt, wie beunruhigend sie auf Liebgewordenes wirken. | Hm du akzeptierst also das Multiversum weil du den freien Willen nicht liebgewonnen hast? So oder so ähnlich?  | Nein: obwohl ich den FW liebgewonnen habe.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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narziss auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 21939
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(#53387) Verfasst am: 15.11.2003, 12:59 Titel: |
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Dann gib mal bitte n passendes Beispiel.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#53400) Verfasst am: 15.11.2003, 14:09 Titel: |
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gustav hat folgendes geschrieben: | Dann gib mal bitte n passendes Beispiel. |
OK, und zwar nicht unbedingdt wertend zu verstehen:
1) Nergal: Er hat (mE durchaus nachvollziehbar) explizit gepostet, welch unangenehme Konsequenzen auf die Sinngebung das Modell des Determinismus hätte
2) Brochi, ich selbst und andere beim Thema funktionalistisches Dilemma: verbindliche Ethik in einer wissenschaftlich erklärbaren Welt usw.
3) die agnostische Haltung, einen metaphysischen Ausweg offenzulassen
4) historisch: die anfängliche Weigerung namhafter Gelehrter, ungewohnte Modelle (Heliozentrik, Relativität, Quantentheorie ...) zu akzeptieren, obwohl die Befunde dafür sprachen und obwohl sie keine Argumente dagegen hatten.
Aber es geht ja hier primär darum, was Religion ist. Und ich bin als religiös (im Sinne von absolutgläubig, dogmatisch, Gegenargumente nicht akzeptierend) bezeichnet worden, wogegen ich mich zur Wehr setze.
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Alzi registrierter User
Anmeldungsdatum: 22.07.2003 Beiträge: 2760
Wohnort: Oberfranken
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(#53421) Verfasst am: 15.11.2003, 15:32 Titel: |
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diogenes hat folgendes geschrieben: | Als Religion kann man alles nennen, was dogmatischer Natur ist und gegen aufgeklärte Rationalität geht. |
Diese Aussage nimmt die sogenannte "aufgeklärte Rationalität" von vorne herein - ohne Begründung von den Religionen aus.
Da "Aufklärung" eine Strömung gegen die Macht der Amtskirchen war, sollte man vielleicht besser von "kritischer Rationalität" sprechen.
Aber so "kritisch/aufgeklärt" und "rational" sind die angeblichen "Rationalisten" auch nicht, denn sie nehmen gerne irgendwelche beschreibenden Modelle als erklärende Modelle, interpretieren sie in ihrem Sinne und stellen diese dann als "Religionsersatz" über die Modelle Anderer und machen sich mE auch noch in ihrer "religiösen" Überheblichkeit darüber lustig.
Graf Zahl hat folgendes geschrieben: | Kleiner Nachtrag:
Aus dem Duden:
Zitat: | Re|li|gi|on, die; -, -en [(frz. religion <) lat. religio = Gottesfurcht]: ... die buddhistische | |
Wäre das korrekt, dann dürfte man den Buddhismus nicht zu den Religionen zählen.
"Religion" leitet sich wahrscheinlich von ligere=binden/anschirren her.
Religion wäre somit eine Rückbindung an etwas.
Dieses Binden und Gebundensein wurde im alten Rom durch die, von roten Riemen gebundenen Reisigbündel, den Fasces symbolisiert ("Faschismus" kommt daher).
Die Fasces bestanden aus zusammengeschnürten Ulmen- oder Birkenzweigen, in der Stadt ohne, außerhalb der Stadt mit herausragendem Beil. Sie waren ursprünglich ein Zeichen der etruskischen Könige und bedeuteten Macht über Leben und Tod.
Im alten Rom trugen die Lictoren den Vestalinnen und dem obersten Jupiterpriester (Flamen Dialis) diese Bündel voraus.
caballito hat folgendes geschrieben: | diogenes hat folgendes geschrieben: | Als Religion kann man alles nennen, was dogmatischer Natur ist und gegen aufgeklärte Rationalität geht. |
Interessanterweise behaupten die religiösen genau das vom Rationalismus ...
Eines haben nämlich alle gemeinsam: Innerhalb ihres jeweiligen Systems argumentieren sie völlig rational (selbst ces tut das) - aber wenn man nur tief genug bohrt, stößt man immer und überall, mal früher, mal später, auf Sätze, die nicht mehr begründet werden (können). |
Das wage ich zu bezweifeln, denn bereits die katholische Lehre ist in sich selbst widersprüchlich und steht dazu noch im Widerspruch zur widersprüchlichen biblischen Sprüchesammlung ...
Und auch "kritische (aufgeklärte) Rationalisten" argumentieren widersprüchlich, wenn sie einerseits den beschreibenden Modellcharakter ihrer wechselnden Theorien zwar erkennen, diese jedoch andererseits als "Erklärungsmodelle" interpretieren und andere Modellentwürfe (überheblich) abschmettern.
Dieses für "Absolut-Halten" von beschreibenden wissenschaftlichen Modellen fürhrt dann auch dazu, daß bestimmte wissenschaftliche Modelle allein aus weltanschaulichen Gründen abgelehnt werden ...
_________________ Wer heilt hat recht!
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#53449) Verfasst am: 15.11.2003, 16:22 Titel: |
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Alzi hat folgendes geschrieben: | Und auch "kritische (aufgeklärte) Rationalisten" argumentieren widersprüchlich, wenn sie einerseits den beschreibenden Modellcharakter ihrer wechselnden Theorien zwar erkennen, diese jedoch andererseits als "Erklärungsmodelle" interpretieren und andere Modellentwürfe (überheblich) abschmettern. | Ich sehe hier drei Vorwürfe:
(1) KR behaupten zu unrecht, ihre Modelle seien "Erklärungen"
(2) KR lehnen konkurrierende Modelle ab
(3) KR sind "überheblich".
Dazu meine Kommentare, bezogen auf meine Argumentation - andere KR mögen das anders sehen:
ad (1):
KR behaupten nicht, ihre Modellen seien Erklärungen im Sinne einer Letztbegründung. Ich selbst benutze das Wort "Erklärung" ja nur in einem sehr eingeschränkten Sinn. Wenn ich aber weiter die Erfahrung mache, daß es ständig im Sinne einer Letztbegründung verstanden wird (die es meiner Ansicht nach ja gar nicht geben kann), so könnte ich Dir hier entgegenkommen und die Modelle zukünftig nicht mehr als "Erklärung" bezeichnen.
ad (2):
Das ist falsch (wenn Du es denn so gemeint hast). Gerade KR lehnen konkurrierende Modelle nicht ab (wie z.B. Religionen), sondern unterziehen sie einer Prüfung. Ein Modell wird bevorzugt, wenn es mehr Überprüfbares voraussagt. Oft existieren eine Zeitlang mehrere Modelle gleichzeitig, ohne das eines empirisch die Oberhand hat. Wenn KR eine Theorie hinreichend begründet für eine bessere halten, dann auch nur in bezug auf ein wohldefiniertes Ziel, nämlich überprüfbare Voraussagen zu treffen (mögliche Wahrnehmungen zu simulieren). Über die Brauchbarkeit konkurrierender Modelle in bezug auf andere Ziele (z.B. psychisches Wohlbefinden) sagt der KR in diesem Zusammenhang nichts aus.
ad (3):
Das Ziel, ein möglichst voraussagefähiges Modell zu finden, verträgt sich nicht mit dem Ziel, alle konkurrierenden Weltbilder aus Toleranzgründen als gleichgut anzusehen. Auch unterzieht der KR seine eigene Methodik dem Wettbewerb nach dem besten Modell. Insofern ist er in der Tat der (widerlegbaren) Meinung, seine Methode sei die beste ihm bekannte.
Überheblichkeit, Sarkasmus usw. tritt natürlich bei einzelnen Vertretern des KR als persönliches Merkmal auf (will mich selbst da nicht ausschließen), denn KR sind Menschen wie andere auch. Ich denke aber, Überheblichkeit ist kein systemisches Merkmal des KR, anders als bei den großen Religionen, die einen inhärent elitären Aspekt der Auserwähltheit besitzen.
Möglicherweise spielt auch eine Rolle, daß KR-Argumentation natürlicherweise "kalt" und daher überheblich wirkt. Das mag daran liegen, daß diese Methodik entwicklungsgeschichtlich recht jung ist im Vergleich zu emotional-sozialen Mechanismen wie Deeskalation, Tratsch, Spiritualität, akklamativer Wahrheitsfindung usw.
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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