Freigeisterhaus Foren-Übersicht
 FAQFAQ   SuchenSuchen   MitgliederlisteMitgliederliste   NutzungsbedingungenNutzungsbedingungen   BenutzergruppenBenutzergruppen   LinksLinks   RegistrierenRegistrieren 
 ProfilProfil   Einloggen, um private Nachrichten zu lesenEinloggen, um private Nachrichten zu lesen   LoginLogin 

Globalisierungsdebatte
Gehe zu Seite 1, 2  Weiter
 
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen   Drucker freundliche Ansicht    Freigeisterhaus Foren-Übersicht -> Politik und Geschichte
Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen  
Autor Nachricht
Tilson
registrierter User



Anmeldungsdatum: 29.11.2003
Beiträge: 54
Wohnort: Europa

Beitrag(#59386) Verfasst am: 02.12.2003, 12:32    Titel: Globalisierungsdebatte Antworten mit Zitat

Ich gehöre zu den Globalisierungsbefürwortern. Deswegen stimme ich nicht allen Entwicklungen der Globalisierung betreffend zu. Es gibt durchaus Sachverhalte die einer Überprüfung unterzogen und entsprechend korrigiert werden müssen. Die Globalisierung allerdings strikt abzulehnen und gar ein autarkes Handelsystem der Staaten zu befürworten, ist meines Erachtens kurzsichtig und verantwortungslos. Während vor allem die Linke – 'Verfechter für eine humanere Welt' – sich organisieren um gegen die angebliche Allmacht multinationaler Konzerne zu demonstrieren, haben die Entwicklungs- und Schwellenländer längst verstanden das ihr einziger Ausweg aus der Armut liberalisierte Märkte sind. Aufgrund dieser Erkenntnis versuchen diese Staaten zurecht alles um die Märkte des reichen Nordens für sie zu öffnen. Die Linke widerspricht sich, wenn sie einerseits gegen die Armut der Entwicklungsländer vorgeht und andererseits die Globalisierung bekämpft. Die Entwicklungsländer können aus ihrem derzeitigen wirtschaftlichen Entwicklungsstand nur ausbrechen, wenn sie an den Märkten zugelassen werden. Die Globalisierung ermöglicht den betroffenen Staaten diese Teilnahme. Während die Subventions- und Zollpolitik die Teilnahme verhindert und somit die Armut in jenen Ländern verschlimmert.

Mit unserer Subventions- und Zollpolitik schützen wir zwar vorrübergehend Binnenmärkte und Arbeitsplätze. Der Preis dafür ist Armut in den Entwicklungsländern. Wer die Globalisierung ablehnt, befürwortet – unbewusst oder bewusst – die Ausbeutung der dritten Welt.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Spock
lebt noch



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 4185
Wohnort: Herbipolis

Beitrag(#59387) Verfasst am: 02.12.2003, 12:36    Titel: Re: Globalisierungsdebatte Antworten mit Zitat

Tilson hat folgendes geschrieben:
Ich gehöre zu den Globalisierungsbefürwortern. Deswegen stimme ich nicht allen Entwicklungen der Globalisierung betreffend zu. Es gibt durchaus Sachverhalte die einer Überprüfung unterzogen und entsprechend korrigiert werden müssen. Die Globalisierung allerdings strikt abzulehnen und gar ein autarkes Handelsystem der Staaten zu befürworten, ist meines Erachtens kurzsichtig und verantwortungslos.
Das sehe ich genauso. Globalisierung bei bestimmten Sachverhalten kann uns nur nach vorne bringen, beispielsweise in der Forschung. Es ist einfach effektiver, wenn da alle zusammenarbeiten und sich nicht immer gegenseitig behindern ala Alvares senior (sein Sohn entdeckte den Chixculub-Krater und nährte damit die Impakttheorie. In der folge hat er alle jungen aufstrebenden Forscher der Vulkantheorie sabotiert und ihnen den Zugang zu wissenschaftlichen Einrichtungen erschwert.
_________________
"Wieviel dieses Märchen von Christus uns un den Unseren genützt hat, ist allbekannt!" (Papst Leo x.)
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden AIM-Name ICQ-Nummer
Tilson
registrierter User



Anmeldungsdatum: 29.11.2003
Beiträge: 54
Wohnort: Europa

Beitrag(#59439) Verfasst am: 02.12.2003, 16:40    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Max: Heute fliesst Kapital aus Afrika in die westlichen Industriestaaten und die Weltbank, IWF & Co machen alles, um diese Verarmung zu beschleunigen.


Zitiert aus: Die Sozialmoral der modernen Gesellschaft

Weiß nicht, wie oft Du Begründungen gefordert hast und Deiner Meinung nicht bekommen hast.

Ich hätte allerdings gerne eine Begründung für die oben genannte Behauptung.

Vielen Dank!
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Shadaik
evolviert



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 26377
Wohnort: MG

Beitrag(#59535) Verfasst am: 02.12.2003, 22:05    Titel: Antworten mit Zitat

Globalisierung ist klasse. Wir sollten nur so langsam mal damit anfangen...
_________________
Fische schwimmen nur in zwei Situationen mit dem Strom: Auf der Flucht und im Tode
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
max
registrierter User



Anmeldungsdatum: 18.07.2003
Beiträge: 3055

Beitrag(#59564) Verfasst am: 03.12.2003, 00:22    Titel: Antworten mit Zitat

Tilson hat folgendes geschrieben:
max hat folgendes geschrieben:
Heute fliesst Kapital aus Afrika in die westlichen Industriestaaten und die Weltbank, IWF & Co machen alles, um diese Verarmung zu beschleunigen.

[...]
Ich hätte allerdings gerne eine Begründung für die oben genannte Behauptung.

Gerne. Es gibt Kapitaltransfer aus der 3. Welt in die 1. Welt über Profittransfers, Schuldenrückzahlung (bei deutlich gestiegenen Zinsen im Vergleich zur Zeit der Gewährung der Kredite), sowie Verluste aus den 'terms of trade' und dem Protektionismus. Der jährliche Verlust durch Profittransfer, hauptsächlich durch westliche Grosskonzerne, wird mit 30 Milliarden Dollar pro Jahr von Wolf & Galeano (500 Jahre Conquista, Köln, 1992) angegeben. Die Verluste durch die 'terms of trade' (Verhältnis Export- zu Importpreisen) wird auf 50 Milliarden Dollar pro Jahr. Dazu wird der Verlust durch Protektionismus auf 250 Milliarden Dollar geschätzt. Zu beachten ist, dass es ein starkes Ungleichgewicht zwischen den Staaten der 3. Welt gibt. Eine kleine Zahl von Schwellenländern, insbesondere die südostasiatischen Tiger und China, erhält ein Grossteil der westlichen Direktinvestitionen, während der Rest (z.B. der Grossteil Afrikas) keine nennenswerte Rolle in der Weltwirtschaft spielt.

Tilson hat folgendes geschrieben:
Die Globalisierung allerdings strikt abzulehnen und gar ein autarkes Handelsystem der Staaten zu befürworten, ist meines Erachtens kurzsichtig und verantwortungslos.

Diesen Satz würde ich auch unterschreiben. Allerdings meine ich damit wohl etwas vollkommen anderes. Ein autarkes Wirtschaftssystem kann nur Armut und Rückständigkeit bedeuten. Autarkie ist auch keine typische linke Forderung, sondern eigentlich eine charakteristische rechte. Es gibt Globalisierungsgegner, die eine autarke Politik fordern. Das sind die gleichen, die meinen, dass wenn der eigene Nationalstaat gestärkt wird, eine Reformpolitik mit echten Sozialreformen wieder möglich ist. Beides ist illusorisch. Die Mehrheit der sogenannten "Globalisierungsgegner" lehnt auch nicht die Globalisierung ab, sondern das kapitalistische Wirtschaftssystem.
Tilson hat folgendes geschrieben:
[...]haben die Entwicklungs- und Schwellenländer längst verstanden das ihr einziger Ausweg aus der Armut liberalisierte Märkte sind. Aufgrund dieser Erkenntnis versuchen diese Staaten zurecht alles um die Märkte des reichen Nordens für sie zu öffnen. [...] Die Entwicklungsländer können aus ihrem derzeitigen wirtschaftlichen Entwicklungsstand nur ausbrechen, wenn sie an den Märkten zugelassen werden.

Alle heutigen Industriestaaten, von Deutschland und den USA bis zu China und Südkorea, konnten sich nur mit protektionistischen Massnahmen so weit entwickeln. Sie haben ihre Märkte gegen stärkere Konkurrenten abgeschottet und mit Hilfe des Staates ihre Industrie entwickelt. Erst als ihre Industrie international konkurrenzfähig war, haben sie ihre Märkte geöffnet. Eine Ausnahme sind Staaten, in denen sich sehr früh der Kapitalismus entwickelte, als überhaupt keine internationale Konkurrenz existierte, z.B. Grossbritannien. Aber selbst letzteres nutze in diversen Bereichen (z.B. Lebensmittel, Textilien) zeitweise protektionistische Massnahmen. Auch machen die westlichen Industriestaaten eine protektionistische Politik, z.B. zum Schutz der Landwirtschaft oder der Stahlindustrie in den USA. Gegen diese Doppelmoral in Bezug auf den Freihandel haben jetzt die ärmeren Staaten protestiert. Der Freihandel nutzt aber nur den stärkeren Konzernen, die dann neue Märkte erobern und die dortigen Konkurrenten vernichten können. Die heutige Ausgangslage ist stark unterschiedlich, so dass schwächere oder neue Konzerne fast keine Chance haben sich gegen etablierte Grosskonzerne, die dazu von ihren jeweiligen Staaten geschützt werden, durchzusetzen.

Die Debatte Freihandel oder Protektionismus geht auch vollkommen an den realen Machtverhältnissen vorbei. Die westlichen Industriestaaten verhalten sich so, wie es für ihre Konzerne die meisten Vorteile bringt, während sie die ärmeren Staaten zwingen, sich den westlichen Konzernen zu unterwerfen und für sie ungünstige Massnahmen zu akzeptieren. Der heutige Imperialismus kontrolliert die Welt nicht mehr durch direkte territoriale Kontrolle (auch wenn diese gerade wieder in Mode kommt, siehe Irak), sondern durch wirtschaftliche Kontrolle. Falls sich ein Staat nicht diesen Bedingungen unterwirft, werden alle vorhanden Machtmittel - von der Kreditvergabe, Wirtschaftsboykotts zu militärischen Aktionen - angewendet.

Der westliche Imperialismus steht sowohl für Freihandel und Protektionismus.

Das Problem ist nicht eine globalisierte Wirtschaft, sondern dass diese kapitalistisch organisiert ist. Unter den Folgen der Politik der westlichen Grosskonzerne und politischen Lakaien wie Regierungen, Weltbank und IWF leiden nicht nur die Mehrheit der Menschen in der 3. Welt, sondern auch die Mehrheit in der 1. Welt. Eine globalisierte Wirtschaft kann ermöglichen das volle Potential der Menschheit auszunutzen und den Lebensstandard aller (mit Ausnahme der Superreichen, egal ob aus der 1. oder der 3. Welt) heben. Nur muss sie dafür demokratisch kontrolliert werden, wofür sie erst aus den Privatbesitz von ein paar wenigen Tyrannen (Kapitalisten) befreit werden muss.
_________________
Für die AGENDA 3010! 30-Stunden-Woche mit vollen Lohnausgleich und 10 Euro gesetzlicher Mindestlohn!

The only general I like is called strike
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden
Tilson
registrierter User



Anmeldungsdatum: 29.11.2003
Beiträge: 54
Wohnort: Europa

Beitrag(#59715) Verfasst am: 03.12.2003, 17:20    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Max: Ein autarkes Wirtschaftssystem kann nur Armut und Rückständigkeit bedeuten.


Bei diesem Punkt sind wir uns definitiv einig!

Zitat:
Max: Autarkie ist auch keine typische linke Forderung, sondern eigentlich eine charakteristische rechte.


Autarkie ist zwischen dem linken und rechten Lager nicht mehr so klar zu unterscheiden. Weshalb ich von solchen Zuordnungen nur abraten kann. Immer mehr, dem linken politischen Lager zuzuordnenden Menschen – dem Anschein nach – 'befürworten' die Autarkie aufgrund ihrer Angst den Arbeitsplatz zu verlieren. Die Konsequenzen einer solchen Politikausrichtung werden dabei übersehen.

Zitat:
Max: Es gibt Globalisierungsgegner, die eine autarke Politik fordern. Das sind die gleichen, die meinen, dass wenn der eigene Nationalstaat gestärkt wird, eine Reformpolitik mit echten Sozialreformen wieder möglich ist. Beides ist illusorisch.


So ist es!

Zitat:
Max: Die Mehrheit der sogenannten "Globalisierungsgegner" lehnt auch nicht die Globalisierung ab, sondern das kapitalistische Wirtschaftssystem.


Die Mehrheit. Welche Gruppierung der Anti-Globalisierungsbewegung stellt die Mehrheit? Es gibt kaum noch eine politische Gegengruppierung die sich nicht unter das Dach der Anti-Globalisierungsbewegung stellt. Von den im Verhältnis wenigen Konstruktiven abgesehen, läuft der Rest mit der Maße, diese Maße wird meist durch medienwirksame Empörungshysterie mobilisiert. Abends gehen diese Menschen dann mit einem guten Gefühl schlafen.

Tja, gegen das kapitalistische Wirtschaftssystem. Weshalb dagegen? Diese Frage stelle ich ernsthaft, weil:

Ich nicht verstehen kann, wie ein System, dass funktioniert, von so vielen Menschen derart abgelehnt werden kann - verhältnismäßig.

Es ist durchaus richtig das unser System nicht perfekt ist und niemals sein wird. Es wird immer wieder Entwicklungen geben die Gegenmaßnahmen erforderlich machen – werden. Deswegen jedoch den Kapitalismus an sich in die Hölle verbannen zu wollen halte ich für äußerst fragwürdig. Die Probleme unserer Gesellschaft beruhen nicht nur auf wirtschaftlichen Konsolidierungsphasen, sondern auch auf politischen Fehleinschätzungen/Fehlverhalten. Allein eine verantwortungsvolle Finanzpolitik der Staaten würde viele soziale Probleme lösen. Wenn wir allerdings ständig versuchen mit Geld – das wir nicht haben – Branchen und Sozialleistungen am Leben zu erhalten, werden wir auf Dauer das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben belasten oder gar gefährden. Wie es momentan der Fall ist – als Einleitung für die weitere Diskussion.

Zitat:
Max: Es gibt Kapitaltransfer aus der 3. Welt in die 1. Welt über Profittransfers, Schuldenrückzahlung (bei deutlich gestiegenen Zinsen im Vergleich zur Zeit der Gewährung der Kredite), sowie Verluste aus den 'terms of trade' und dem Protektionismus. Der jährliche Verlust durch Profittransfer, hauptsächlich durch westliche Grosskonzerne, wird mit 30 Milliarden Dollar pro Jahr von Wolf & Galeano (500 Jahre Conquista, Köln, 1992) angegeben. Die Verluste durch die 'terms of trade' (Verhältnis Export- zu Importpreisen) wird auf 50 Milliarden Dollar pro Jahr. Dazu wird der Verlust durch Protektionismus auf 250 Milliarden Dollar geschätzt.


Entschuldige Max, dieser Absatz ist mir zu allgemein. Bitte konkretisiere! Wenn ich Dir nun verschiedene Defizite im Ex- und Importhandel innerhalb der ersten Welt aufzeige, wirst Du diese ebenfalls nicht in den Kontext stellen können. Die Kredite an Staaten der dritten Welt sind vom Strukturanpassungsprogramm abhängig. Da die Strukturanpassung die Voraussetzung für die Kreditvergabe ist, fangen wir vielleicht mit dieser an?

Zitat:
Max: Eine kleine Zahl von Schwellenländern, insbesondere die südostasiatischen Tiger und China, erhält ein Grossteil der westlichen Direktinvestitionen...


Das ist richtig. Allerdings hat das seinen Grund. Wenn wir z.B. einen Blick auf die Sonderwirtschaftszonen in China werfen, sehen wir, das dort die Grundvoraussetzung für die Marktwirtschaft geschaffen wurde. Hätte die chinesische Regierung diese Wirtschaftszonen nicht eingerichtet, würde kein Cent in diese Regionen investiert werden. Investitionen sind u.a. von der Infrastruktur abhängig. Mangelhafte Infrastruktur hat immer zur Folge das Investitionen ausbleiben und eine Ansiedlung von Unternehmen nicht stattfindet.

Zitat:
Max: ...während der Rest (z.B. der Grossteil Afrikas) keine nennenswerte Rolle in der Weltwirtschaft spielt.


Die unbedeutende Rolle der afrikanischen Volkswirtschaften beruht meist auf internen Unzulänglichkeiten. Beispielsweise, durch Kriege instabile Staaten gewährleisten logischer Weise keinen stabilen Standort. Insbesondere die arabische Welt schafft keine marktwirtschaftlichen Bedingungen die Investitionen zulassen. Weshalb sollten Investoren in Länder investieren die offensichtlich kein Interesse an einer marktwirtschaftlichen Entwicklung haben. In England musste man erst das 'Islam Banking' erfinden, damit Engländer islamischen Glaubens oder Muslime die in England leben sich ein Haus kaufen können. Der Islam hat ein 'merkwürdiges' Verhältnis zu Besitz.

Zitat:
Max: Auch machen die westlichen Industriestaaten eine protektionistische Politik, z.B. zum Schutz der Landwirtschaft oder der Stahlindustrie in den USA. Gegen diese Doppelmoral in Bezug auf den Freihandel haben jetzt die ärmeren Staaten protestiert.


Deswegen schrieb ich bereits:
[...] haben die Entwicklungs- und Schwellenländer längst verstanden das ihr einziger Ausweg aus der Armut liberalisierte Märkte sind. Aufgrund dieser Erkenntnis versuchen diese Staaten zurecht alles um die Märkte des reichen Nordens für sie zu öffnen.

Ich bin strikt gegen wettbewerbsverzerrende Subventions- und Zollpolitik! Das Problem liegt bei unseren Politkern. Der Wegfall dieser Politik ist gleichbedeutend mit dem Aufbau konkurrenzfähiger Unternehmen in den Entwicklungsstaaten, insbesondere im Agrarsektor, die Entwicklungsländer könnten die Produktivität erheblich steigern und den Überschuss auf den Märkten der ersten Welt vermarkten. Eine solche Entwicklung bedeutet jedoch den Verlust von Arbeitsplätzen in den betroffenen Branchen der Wohlstandsstaaten. Der Preis wären Wählerstimmen. Den garantierten Verlust von Wählerstimmen 'kann sich keine Partei leisten' – also hält man an der Subventions- und Zollpolitik weitgehend fest. Davon abgesehen, mich würde es brennend interessieren wie viele Menschen von der Armut in der dritten Welt nichts mehr wissen wollen, sobald ihr Arbeitsplatz betroffen ist/wäre.

Zitat:
Max: Der westliche Imperialismus steht sowohl für Freihandel und Protektionismus


Auf die moderne Interpretation von Marx gehe später ein. Heute habe ich dafür leider keine Zeit mehr. Ist nicht zynisch gemeint, habe bald einen Termin und daher echt keine Zeit!

Ich hoffe unsere Diskussion verläuft weiterhin ohne die üblichen Anfeindungen, würde mich sehr freuen. Als Charttechniker arbeite ich zwar Deiner Meinung nach für unproduktive Kapitalisten und stehe natürlich auf Seiten des Kapitalismus, jedoch interessiert mich der Blickwinkel der Gegenseite sehr. Daher hoffe ich auf eine konstruktive Diskussion.

Zitat:
riptor: Globalisierung ist klasse. Wir sollten nur so langsam mal damit anfangen...


Die Globalisierung hat längst begonnen! Globalisierung ist ein sehr zeitintensiver Prozess...

Tilson
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Sokrateer
souverän



Anmeldungsdatum: 05.09.2003
Beiträge: 11649
Wohnort: Wien

Beitrag(#59735) Verfasst am: 03.12.2003, 18:40    Titel: Re: Globalisierungsdebatte Antworten mit Zitat

Tilson hat folgendes geschrieben:
Ich gehöre zu den Globalisierungsbefürwortern. Deswegen stimme ich nicht allen Entwicklungen der Globalisierung betreffend zu. Es gibt durchaus Sachverhalte die einer Überprüfung unterzogen und entsprechend korrigiert werden müssen. Die Globalisierung allerdings strikt abzulehnen und gar ein autarkes Handelsystem der Staaten zu befürworten, ist meines Erachtens kurzsichtig und verantwortungslos. Während vor allem die Linke ? 'Verfechter für eine humanere Welt' ? sich organisieren um gegen die angebliche Allmacht multinationaler Konzerne zu demonstrieren, haben die Entwicklungs- und Schwellenländer längst verstanden das ihr einziger Ausweg aus der Armut liberalisierte Märkte sind. Aufgrund dieser Erkenntnis versuchen diese Staaten zurecht alles um die Märkte des reichen Nordens für sie zu öffnen. Die Linke widerspricht sich, wenn sie einerseits gegen die Armut der Entwicklungsländer vorgeht und andererseits die Globalisierung bekämpft.

Die Linke? Hinter den massiven Argrarsubventionen stecken ja wohl immer noch die Konservativen!

Warum haben denn die Entwicklungsländer die letzte WTO Konferenz vollkommen blockiert? Sie sind draufgekommen, dass alle bisherigen Einigungen ihnen nur schlechtes gebracht haben. Eine Öffnung der westlichen Märkte für sie wäre nett. Aber gleichzeitig hat sich die Öffnung ihrer Märkte als schädlich erwiesen! Heimische Firmen können sich nicht entwickeln und werden zur verlängerten Werkbank, die kurzfristig wieder woanders hin verlegt wird. Siehe z.B. die vielen mexikanischen Fabriken, die in den 90ern gebaut und jetzt nach China verlegt werden.

Tilson hat folgendes geschrieben:
Die Entwicklungsländer können aus ihrem derzeitigen wirtschaftlichen Entwicklungsstand nur ausbrechen, wenn sie an den Märkten zugelassen werden. Die Globalisierung ermöglicht den betroffenen Staaten diese Teilnahme. Während die Subventions- und Zollpolitik die Teilnahme verhindert und somit die Armut in jenen Ländern verschlimmert.

Wo sind die Fakten? Mit den Entwicklungsländern geht es seit zwei Jahrzehnten bergab. In Afrika nannte man schon die 80er Jahre das verlorene Jahrzehnt. Warum entwickelte sich die dritte Welt wesentlich besser, als von Liberalisierung noch kein Hahn gekräht hat?

Tilson hat folgendes geschrieben:

Mit unserer Subventions- und Zollpolitik schützen wir zwar vorrübergehend Binnenmärkte und Arbeitsplätze. Der Preis dafür ist Armut in den Entwicklungsländern. Wer die Globalisierung ablehnt, befürwortet ? unbewusst oder bewusst ? die Ausbeutung der dritten Welt.

Historisch gesehen hat Protektionismus immer noch zu mehr Writschaftswachstum und damit auch mehr Handel geführt.

Die Globalisierungsbefürworter tauschen offenbar alle fünf Jahre ihre Begründungen aus. Und dabei ist eine absurder, als die andere. Mitte der Neunziger hieß es noch, dass Globalisierung eine großartige Chance ist, die sofortigen Wohlstandszuwachs bei uns bringen wird. Für jeden Arbeiter, der nach China geht, sollen ein Job für einen Manager und einen Ingenieur entstehen. Das wurde tatsächlich behauptet. Was der Manager managen soll, wurde nicht dazu gesagt. Vermutlich sollte er den chinesischen Arbeiter per Videotelefon überwachen oder so. Mit den Augen rollen
Kritik der Globalisierungsgegner wurde als ängstliche, irrationale, xenophobe und kleinbürgerliche Ablehnung abgetan. Ich weiß das, denn ich war damals auch noch für die Globalisierung.

Danach hieß es plötzlich die Globalisierung sei unabwendbar. Es wäre eine Naturgewalt, an die man sich halt anpassen müsse. Auch das Internet vermutete man als Ursache der Globalisierung. Die Nachteile für die heimische Wirtschaft und vor allem Arbeiterschaft wurden schon längst eingesehen. Auch die Entmachtung demokratischer Institutionen, an deren Stelle undemokratische Konzerne traten, wurde als Tatsache erkannt. Was vorher noch als irrationales Gegacker einiger Hinterweltler war, hatte sich also bewahrheitet.
Interessanterweise haben auch die Protagonisten und Politiker, die zuvor noch selbst die Globalisierung vorangetrieben haben und sich stolz damit rühmten, plötzlich die Globalisierung als etwas unbeeinflußbares dargestellt.

Die neue Argumentationsweise scheint offenbar die Entwicklungspolitik zu sein. Dahinter steckt die uralte, fatale Logik, dass jemand sich nicht aufregen soll, solange es jemandem anderen noch schlechter geht. Der westeuropäische Arbeiter soll sich nicht aufregen, dass er sein Gehalt von 1500 Euro verliert, denn schließlich bekommt der Chinese jetzt 50 Euro. Wenn vorher ein Arbeiter 1500 Euro und einer nichts und nachher ein Arbeiter 50 Euro und der andere nichts verdient, wieso sollte das ein Fortschritt sein? Der Gesamtlohn sinkt ja. So entsteht eine Lohnspirale noch unten.
Das kann man ja jetzt schon beobachten. Mexikanische Fabriken schließen und ziehen nach China. Das ungarische IBM Werk, das noch vor kurzer Zeit als großartiges Beispiel von wirtschaftlichem Fortschritt durch Globalsierung herhielt, schließt ebenfalls.

Weiters gibt es auch in den Entwicklungsländern massive Gegnerschaft gegen die Globalisierung. Nur dort äußert sich das öfter als Opposition gegen die Symptome. Entwicklungsländer nehmen Liberalisierungen ja auch selten freiwillig auf sich. Sie werden ihnen vom Westen aufgezwungen gegen Kredite. Zum Beispiel hat Jamaika WTO Verträge nur deshalb akzeptiert, weil das die Bedingung für Kredite war. Die brauchte man, weil durch einen Anstieg des Ölpreises das Gesundheitssystem drohte zusammen zu brechen. Die Jamaikanische Regierung ging deshalb auch zu diversen Ölförderländern betteln. Damit waren sie aber erfolglos, also blieb ihnen nichts anderes übrig, als der Erpressung der Weltbank klein bei zu geben.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Tilson
registrierter User



Anmeldungsdatum: 29.11.2003
Beiträge: 54
Wohnort: Europa

Beitrag(#60044) Verfasst am: 04.12.2003, 13:50    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Sokrateer: Die Linke? Hinter den massiven Argrarsubventionen stecken ja wohl immer noch die Konservativen!


Ich habe nicht geschrieben das die Linke für Agrarsubventionen verantwortlich ist. Ich schrieb: Die Linke widerspricht sich, wenn sie einerseits gegen die Armut der Entwicklungsländer vorgeht und andererseits die Globalisierung bekämpft.

Zitat:
Sokrateer: Wo sind die Fakten? Mit den Entwicklungsländern geht es seit zwei Jahrzehnten bergab. In Afrika nannte man schon die 80er Jahre das verlorene Jahrzehnt. Warum entwickelte sich die dritte Welt wesentlich besser, als von Liberalisierung noch kein Hahn gekräht hat?


Dann werfe einfach einen Blick auf die Indikatoren.

Bildungsfortschritte der letzten drei Jahrzehnte: Analphabetenquote in Südasien von 56% auf 44%, in der arabischen Welt von 55% auf 38% - die arabische Welt macht Entwicklung nun gewiss nicht besonders einfach – Südostasien mittlerweile unter 10%, andere afrikanische Regionen von über 50% auf unter 40% gefallen.

Die immer wieder angeführte 1$-Armutsgrenze ist von 22% auf 18% gefallen. Ich weiß, es leben immer noch gut eine Milliarde Menschen unter der 1$-Armutsgrenze, und diese Zahl hat sich auch nicht verbessert – dem Anschein nach. Denn, die Bevölkerung ist mittlerweile von gut 5 auf gut 6 Milliarden Menschen angewachsen – das sagt 'niemand'.

Lebenserwartung: arabische Welt von 52 auf 66, in den 50zig am wenigsten entwickelten Staaten – laut Vereinten Nationen – von 45 auf 52, in Südasien von 51 auf 62, Ostasien von 60 auf 69, Lateinamerika von 61 auf 68 Jahre gestiegen.

Das sind Indikatoren die jeder bei den großen Hilfsorganisationen anfordern und nachlesen kann. Sicher wird es bei den Statistiken hier und dort Unterschiede geben. Die Tendenz der Lebensverbesserung ist jedoch nicht zu leugnen.

Nochmals. Ich bin für Globalisierung, deswegen stimme ich nicht allem zu. Ich bin der Meinung das es niemanden weiterhilft, wenn kategorisch in zwei Lagern gedacht wird. Wenn wir zu den Machtverhältnissen der Weltbank und IWF kommen sollten, wirst Du dies feststellen.

Zitat:
Sokrateer: Warum entwickelte sich die dritte Welt wesentlich besser, als von Liberalisierung noch kein Hahn gekräht hat?


Ich gab Dir Fakten und jetzt hätte ich gern einige.

Zitat:
Sokrateer: Die Globalisierungsbefürworter tauschen offenbar alle fünf Jahre ihre Begründungen aus. Und dabei ist eine absurder, als die andere.


Das ist doch Nonsens. Absurd ist, zu glauben das eine Ideologie - gleich welche – alle Probleme aus der Welt schafft. Unsere Gesellschaften werden immer Probleme haben die gelöst werden müssen und wollen. Es bringt doch nichts, wenn man sich durch unsinnige Begründungen von einer guten Sache derart abbringen lässt. Nochmals, Globalisierung ist ein sehr zeitintensiver Prozess mit dem wir dieses Jahrhundert wahrscheinlich nicht fertig werden und selbst dann, wird es neue Probleme geben. Sollen wir deshalb aufhören?

Zitat:
Sokrateer: Mitte der Neunziger hieß es noch, dass Globalisierung eine großartige Chance ist, die sofortigen Wohlstandszuwachs bei uns bringen wird.


Das sind Parolen die bei den meisten professionellen Kapitalmarktteilnehmern belächelt wurden. Mitte der 90er Jahre war die Welt der Kapitalmärkte noch 'vollkommen' in Ordnung. Die Börsen sind von kurzfristigen Seitwärtsbewegungen abgesehen in den Himmel gestiegen. Diese Euphorie führte bei zu vielen zu dem Glauben, das diese Entwicklung immer so weiter gehen wird. Was zu solchen Äußerungen wie von Dir beschrieben führte. U.a. wir– unser Unternehmen – haben bereits 1998 die Potenziale möglicher Short-Positionen analysiert und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass es nur eine Frage der Zeit ist bis die Märkte fallen werden - Binsenweisheit. Was zur Folge hatte, dass wir weiterhin in Long-Positionen investiert waren und nur darauf warteten, die Long-Positionen zu verkaufen um Short-Positionen aufbauen zu können. Stark vereinfacht dargestellt. Alles ist Zyklen unterworfen!

Zitat:
Sokrateer: Für jeden Arbeiter, der nach China geht, sollen ein Job für einen Manager und einen Ingenieur entstehen. Das wurde tatsächlich behauptet. Was der Manager managen soll, wurde nicht dazu gesagt. Vermutlich sollte er den chinesischen Arbeiter per Videotelefon überwachen oder so.


Was soll ich Dir darauf antworten. Wir sind uns wohl einig das solche Behauptungen Quatsch sind. Später mehr zu der Behauptung, Globalisierung würde Arbeitsplätze vernichten und keine neuen schaffen.

Zitat:
Sokrateer: Danach hieß es plötzlich die Globalisierung sei unabwendbar. Es wäre eine Naturgewalt, an die man sich halt anpassen müsse. Auch das Internet vermutete man als Ursache der Globalisierung.


Globalisierung ist alles andere als unabwendbar! Sie ist abhängig von den Staaten. Je offener die Staaten ihre Märkte gestalten desto schneller kann sich die Globalisierung entwickeln und umkehrt. Wie ich bereits schrieb: Die Globalisierung ermöglicht den betroffenen Staaten diese Teilnahme. Während die Subventions- und Zollpolitik die Teilnahme verhindert und somit die Armut in jenen Ländern verschlimmert.

Das Internet spielt eine entscheidende Rolle für die Globalisierung. Ohne Internet wäre der schnelle Informationsaustausch der für die Globalisierung lebenswichtig ist, nicht möglich.

Zitat:
Sokrateer: Die Nachteile für die heimische Wirtschaft und vor allem Arbeiterschaft wurden schon längst eingesehen.


Natürlich bringt die Öffnung der Märkte Veränderungen mit sich und das insbesondere die Arbeiterschaft – also, produktionsintensive Branchen – betroffen ist von diesen Veränderungen ist eine Folge der Umverteilung – Kapital und Arbeit verteilen sich neu.

Zitat:
Sokrateer: Auch die Entmachtung demokratischer Institutionen, an deren Stelle undemokratische Konzerne traten, wurde als Tatsache erkannt. Was vorher noch als irrationales Gegacker einiger Hinterweltler war, hatte sich also bewahrheitet. Interessanterweise haben auch die Protagonisten und Politiker, die zuvor noch selbst die Globalisierung vorangetrieben haben und sich stolz damit rühmten, plötzlich die Globalisierung als etwas unbeeinflußbares dargestellt.


Fakten bitte! Andernfalls ist dies nur eine von vielen Weltverschwörungstheorien - alias, die Amerikaner haben die Attentate auf das WTC organisiert.

Wenn es sich um imperialistische Ausbeutung handeln würde, wäre die Lebensbedingungen, wie oben aufgeführt, nicht besser, sondern schlechter geworden. Das ist nachweislich nicht der Fall. Man kann unseren Standard nicht über Nacht in den Entwicklungsländern herzaubern. Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut. Es ist halt leichter 'die Schuld' Großkonzernen zu geben als die globalisierte Wirtschaft als einen Prozess zu verstehen.

Zitat:
Sokrateer: Wenn vorher ein Arbeiter 1500 Euro und einer nichts und nachher ein Arbeiter 50 Euro und der andere nichts verdient, wieso sollte das ein Fortschritt sein? Der Gesamtlohn sinkt ja. So entsteht eine Lohnspirale noch unten.


Da sind wir also schon bei dem Vorwurf die Löhne weltweit zurückzuführen. Unternehmen sind keine karitativen Einheiten, sie sind markwirtschaftlichen Gesetzen unterworfen. Niedrigere Lohnkosten sind nun mal ein Wettbewerbsvorteil den die Entwicklungsländer bieten. Übrigens zahlen die Konzerne ihren Mitarbeiter in den Entwicklungsstaaten höhere Löhne als dies heimische Unternehmen tun. Wer allerdings fordert die Löhne in jenen Staaten unserem Niveau anzugleichen, vergisst dabei, das diese Staaten ihren Wettbewerbsvorteil verlieren und sich somit keine Unternehmen dort ansiedeln würden, niedrigere Löhne sind nun mal mit ein entscheidender Anreiz. Das wirtschaftliche Interesse besteht vor allem darin neue Märkte zu erschließen. Damit diese Märkte erschlossen werden können, muss man den Entwicklungsländer die Möglichkeit geben die entsprechenden Divisen zu erwirtschaften. Genau das passiert mit dem Strukturaufbau, der natürlich nur langfristig entsteht. Wäre die Ausbeutung das erklärte Ziel, würde sich die erste Welt in den eigenen Finger schneiden. Denn, die Entwicklungsstaaten würden bei einer solchen Wirtschaftspolitik als Absatzmarkt ausfallen, und das dauerhaft.

Zitat:
Sokrateer: Das kann man ja jetzt schon beobachten. Mexikanische Fabriken schließen und ziehen nach China. Das ungarische IBM Werk, das noch vor kurzer Zeit als großartiges Beispiel von wirtschaftlichem Fortschritt durch Globalsierung herhielt, schließt ebenfalls.


Und weshalb?

Zitat:
Sokrateer: Weiters gibt es auch in den Entwicklungsländern massive Gegnerschaft gegen die Globalisierung. Nur dort äußert sich das öfter als Opposition gegen die Symptome.


Natürlich gibt es auch in jenen Staaten Globalisierungsgegner.

Zitat:
Sokrateer: Entwicklungsländer nehmen Liberalisierungen ja auch selten freiwillig auf sich. Sie werden ihnen vom Westen aufgezwungen gegen Kredite. Zum Beispiel hat Jamaika WTO Verträge nur deshalb akzeptiert, weil das die Bedingung für Kredite war. Die brauchte man, weil durch einen Anstieg des Ölpreises das Gesundheitssystem drohte zusammen zu brechen. Die Jamaikanische Regierung ging deshalb auch zu diversen Ölförderländern betteln. Damit waren sie aber erfolglos, also blieb ihnen nichts anderes übrig, als der Erpressung der Weltbank klein bei zu geben.


Da sind wir beim Strukturanpassungsprogramm. Mit dem Wort Erpressung würde ich persönlich generell vorsichtiger umgehen.

Weiter nach dem Mittagsessen...
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Spock
lebt noch



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 4185
Wohnort: Herbipolis

Beitrag(#60062) Verfasst am: 04.12.2003, 15:17    Titel: Antworten mit Zitat

Thema geteilt. zum Aussterben der Surier geht es hier weiter.
_________________
"Wieviel dieses Märchen von Christus uns un den Unseren genützt hat, ist allbekannt!" (Papst Leo x.)
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden AIM-Name ICQ-Nummer
Tilson
registrierter User



Anmeldungsdatum: 29.11.2003
Beiträge: 54
Wohnort: Europa

Beitrag(#60090) Verfasst am: 04.12.2003, 16:19    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Sokrateer: Entwicklungsländer nehmen Liberalisierungen ja auch selten freiwillig auf sich. Sie werden ihnen vom Westen aufgezwungen gegen Kredite. [...] als der Erpressung der Weltbank klein bei zu geben.


Das was Du Erpressung nennst, nennt sich Strukturanpassungsprogramm. Dieses Programm ist nichts weiter als die Sicherstellung der richtigen Verwendung der Kredite. Keine Bank der Welt stimmt einem Kredit zu, ohne vorher die Sicherheiten und das Kreditrisiko zu kalkulieren. Möchte ein Entwicklungsland einen Kredit von IWF/Weltbank erhalten, so ist dieser an das jeweilige Strukturanpassungsprogramm gebunden. Damit soll u.a. verhindert werden das der Schuldner das Geld für beliebige Zwecke ausgibt, sondern in den wirtschaftlichen Aufbau des Landes investiert wird. Das Problem lag bei vielen Fällen darin, dass als Gegenzug die Liberalisierung der Kapitalmärkte zu schnell gefordert wurde. Das führte zu heftigen Problemen. Ein Markt, der eine ökonomische Ewigkeit vom freien Handel ausgeschlossen war, kann sich nicht über Nacht auf einem liberalen Markt behaupten. Die Konsequenz ist, dass bereits über Alternativen nachgedacht wird. Das diesbezüglich schon Veränderungen stattgefunden haben zeigt der Fall Brasilien. In Brasilien half man, bevor der Staat zahlungsunfähig wurde! Es wird sogar über das Insolvenzrecht für Staaten nachgedacht. Dieses Recht überhaupt in Betracht zu ziehen war bis vor kurzem 'undenkbar'.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Tilson
registrierter User



Anmeldungsdatum: 29.11.2003
Beiträge: 54
Wohnort: Europa

Beitrag(#60458) Verfasst am: 05.12.2003, 15:27    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Sokrateer: Historisch gesehen hat Protektionismus immer noch zu mehr Writschaftswachstum und damit auch mehr Handel geführt.


Wirklich?

Gestern gab die US-Regierung dem Druck nach und beschloss die Stahlzölle aufzuheben.

Ein schönes und aktuelles Beispiel des Protektionismus.

Vor einiger Zeit befand sich die amerikanische Stahlindustrie in Schwierigkeiten. Zwar konnte man die Produktion weitgehend aufrechterhalten, doch die ausländische Konkurrenz machte mit ihrem preiswerteren Stahl die schöne Welt der US-Stahlindustrie immer trüber, und weil keiner auf Dauer graue Wolken erträgt, zerbrach man sich die Köpfe um Lösungen zu finden. Man kam auch schnell auf den naheliegenden Gedanken Fusionen in Betracht zu ziehen, allerdings wurde man sich nicht einig und so kam niemand weiter. Außer der ausländischen Konkurrenz, die mit ihrem preiswerteren Stahl immer mehr Marktpotenziale in Angriff nahm.

Doch dann, kam ein Engel Namens Bush mit einem Geschenk des Himmels und verkündete die frohe Botschaft: Macht euch keine Sorgen! Der Kongress schickt mich um euch zu sagen, wir erhöhen den Stahlzoll und verteuern so den ausländischen preiswerteren Stahl.

Die Pressesprecher der amerikanischen Stahlindustrie waren so begeistert von der Einsicht des Engels Bush, dass sie sofort vor die Kamera gingen und die frohe Botschaft gesicherter Arbeitsplätze verkündeten. Der Engel Bush war ebenfalls sehr glücklich als er seinen Kongressengeln von der neugewonnenen Wählerschaft für die Kongresswahlen berichtete.

Und so kam es das alle glücklich waren, alle? Nein! Bis auf die verarbeitende US-Stahlindustrie, an die man bei dem ganzen Trubel nicht gedacht hatte. Denn, dummerweise hat die Erhöhung der Stahlzölle die Herstellung von Maschinen wie beispielweise Flugzeugen, Zügen, Autos, Schiffen usw. usw. verteuert. Auf einmal konnte man nicht mehr so günstig herstellen wie zuvor und da man die Mehrkosten nicht an den Endverbraucher weitergeben konnte, suchte man nach Einsparungsmöglichkeiten. Der einzige Ausweg weiterhin marktfähig zu bleiben war die Personalkosten zu senken und so kam es folgerichtig zu Entlassungen in der Stahl verarbeitenden Industrie.

War von dem Stahlzoll nur die US-Industrie betroffen? Nein! Denn, der Stahlzoll führte zur Verteuerung des amerikanischen Stahls auf dem Weltmarkt und zu fallenden Stahlpreisen auf anderen Märkten. Weil der Stahlzoll zwar den US-Markt vor ausländischem Stahl schützte, es aber gleichzeitig zu einem erhöhten Stahlangebot auf anderen Märkten kam. Das größere Angebot führte auf diesen Märkten zu billigeren Stahlpreisen, die zu günstigeren Endprodukten der Stahl verarbeitenden Industrie führten und dadurch wurden die Weltmarktpreise auf diese Produkte gesenkt...

Dieses Spiel vernichtet Arbeitsplätze ohne neue zu schaffen.

Protektionismus hat immer negative Auswirkungen auf andere Zweige der Wirtschaft. Die Arbeiter der Stahlindustrie konnte zwar eine Weile ihren Arbeitsplatz behalten, dafür wurden jedoch die Arbeitsplätze anderer zerstört.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Woici
ist vollkommen humorlos



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 7437
Wohnort: Em Schwobaländle

Beitrag(#60464) Verfasst am: 05.12.2003, 15:40    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Protektionismus hat immer negative Auswirkungen auf andere Zweige der Wirtschaft. Die Arbeiter der Stahlindustrie konnte zwar eine Weile ihren Arbeitsplatz behalten, dafür wurden jedoch die Arbeitsplätze anderer zerstört.


und Dein gazes Posting kann 1:1 auch auf Subventionen jeglicher Art angewendet werden...
_________________
eigentlich bin ich ein ganz netter... und wenn ich freunde hätte, könnten die das auch bestätigen.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden Website dieses Benutzers besuchen ICQ-Nummer
max
registrierter User



Anmeldungsdatum: 18.07.2003
Beiträge: 3055

Beitrag(#60522) Verfasst am: 05.12.2003, 19:19    Titel: Antworten mit Zitat

Tilson hat folgendes geschrieben:
Immer mehr, dem linken politischen Lager zuzuordnenden Menschen - dem Anschein nach - 'befürworten' die Autarkie aufgrund ihrer Angst den Arbeitsplatz zu verlieren.

Fordern diese Autarkie oder sind sie gegen eine neoliberale Wirtschaftspolitik und die damit verbundenen Angriffe auf den eigenen Lebensstandard? Globalisierung ist auch ein Synonym für Neoliberalismus. Insbesondere Befürworter einer solchen Wirtschaftspolitik scheinen dieses Wort so zu verwenden. Es ist sowieso auffallend, dass die Befürworter meist gegen fiktive Gegner, eben z.B. Befürworter eine Autarkie, argumentieren. "Globalisierungsgegner" ist eine Erfindung der Presse, die so versucht die grossen Protesten (Seattle, Prag, Genua ...) zu charakterisieren. Antikapitalistisch wäre besser, auch wenn manche nur gegen eine neoliberale Politik sind.
Tilson hat folgendes geschrieben:
Ich nicht verstehen kann, wie ein System, dass funktioniert, von so vielen Menschen derart abgelehnt werden kann - verhältnismäßig.

Funktioniert? Wo? Geh doch nach Russland!! Dieser alte Spruch musste angesichts der heutigen Realität mal wieder verwendet werden zwinkern

Das letzte Jahrzehnt bedeutete für Lateinamerika, Afrika, Osteuropa und Teile Asiens einen deutlichen Rückschritt. Auch in Europa ist keine positive Entwicklung sichtbar. Die Armut steigt, das Sozialsystem wird zerstört, der Lebensstandard der Mehrheit stagniert oder sinkt, Einsparungen im Bildungssystem und der Forschung ...
Tilson hat folgendes geschrieben:
Wenn wir allerdings ständig versuchen mit Geld - das wir nicht haben - Branchen und Sozialleistungen am Leben zu erhalten, werden wir auf Dauer das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben belasten oder gar gefährden. Wie es momentan der Fall ist - als Einleitung für die weitere Diskussion.

Die meisten Staaten haben finanzielle Probleme. Ok. Aber liegt es daran, dass nicht genügend Geld vorhanden ist? Ist der insgesamt vorhandene Reichtum in diesen Staaten geschrumpft? Oder wurde er nicht doch eher von den Neoliberalen zu den Reichen und Grosskonzernen umverteilt?
Tilson hat folgendes geschrieben:
Wenn wir z.B. einen Blick auf die Sonderwirtschaftszonen in China werfen, sehen wir, das dort die Grundvoraussetzung für die Marktwirtschaft geschaffen wurde. Hätte die chinesische Regierung diese Wirtschaftszonen nicht eingerichtet, würde kein Cent in diese Regionen investiert werden. Investitionen sind u.a. von der Infrastruktur abhängig. Mangelhafte Infrastruktur hat immer zur Folge das Investitionen ausbleiben und eine Ansiedlung von Unternehmen nicht stattfindet.

Die Infrastruktur in China konnte nur geschaffen werden, weil China sich von der Konkurrenz abschottete und mit Hilfe des Staates Industrie und Infrastruktur aufbaute. China, wie alle anderen industrialisierten Staaten mit Ausnahme Grossbritanniens, konnte sich nur mit Protektionismus und Staatsinterventionen entwickeln. Kein Staat auf diesen Planeten hat es mit Freihandelspolitik und Glauben an das Unternehmertum geschafft eine Industrie aufzubauen. Die neoliberalen Apologeten des Kapitalismus ignorieren natürlich die Vergangenheit der eigenen Staaten und fordern von den Staaten der 3. Welt Protektionismus, staatliche Kontrolle und Subventionen zu beenden. Das Ziel ist nicht diese Staaten zu entwickeln, sondern einen Markt für westliche Grosskonzerne zu öffnen. Es ist nicht möglich eine Industrie zu entwickeln, wenn diese ohne Schutz sofort gegen Grosskonzerne konkurrieren muss.

Das ist kein Argument für eine Autarkiepolitik. Diese hat zwar die in vielen Fällen eine industrielle Entwicklung ermöglicht, aber nur unter massiven Opfern für die Mehrheit der Bevölkerung, wofür Stalins Russland das krasseste Beispiel ist.
Tilson hat folgendes geschrieben:
Ich bin strikt gegen wettbewerbsverzerrende Subventions- und Zollpolitik! Das Problem liegt bei unseren Politkern.

Die nur Lakaien der Grosskonzerne sind und für diese die wettbewerbsverzerrende Subventions- und Zollpolitik betreiben. Zu wessen Gunsten wird der Wettbewerb verzerrt? Natürlich zugunsten der eigenen Konzerne, z.B. der Nahrungsmittelindustrie (Néstle & Co)! "Arbeitsplätze" ist hier nur die übliche ideologische Umschreibung für "Profite".
Tilson hat folgendes geschrieben:
Natürlich bringt die Öffnung der Märkte Veränderungen mit sich und das insbesondere die Arbeiterschaft - also, produktionsintensive Branchen - betroffen ist von diesen Veränderungen ist eine Folge der Umverteilung - Kapital und Arbeit verteilen sich neu.

Nette Umschreibung für die Aneignung von Reichtum durch eine Minderheit auf Kosten der Mehrheit. zynisches Grinsen
Tilson hat folgendes geschrieben:
Das was Du Erpressung nennst, nennt sich Strukturanpassungsprogramm. Dieses Programm ist nichts weiter als die Sicherstellung der richtigen Verwendung der Kredite.

Richtige Verwendung der Kredite aus wessen Sicht? Wer kontrolliert die Weltbank und den IWF? Die G7-Staaten im Interesse ihrer Grosskonzerne, die mit diesen Strukturanpassungsprogrammen sicherstellen, dass für westliche Konzerne Märkte geöffnet werden, Umwelt- und Arbeitsschutzvorschriften abgeschafft werden ("besseres Investionsklima") bis zu Ausrichtung einer gesamten Wirtschaft auf den Export von Agrargütern. Letzteres bedeutet automatisch, dass es einen Kapitalabfluss gibt, da diese Rohstoffe billig verkauft werden müssen (auch wegen der markbeherrschenden Stellung der verarbeiteten Grosskonzerne), während Fertigprodukte teuer importiert werden müssen. Diese Politik führt nicht zur Entwicklung, sondern zur Rückentwicklung. Ein Beispiel für diese Politik wäre die Invasion der USA in Grenada 1983 und darauf folgende erzwungene Umorientierung der Wirtschaftspolitik Grenadas. In den meisten Fällen wird aber einfach eine entsprechende Politik über die Kreditvergabe erzwungen.
_________________
Für die AGENDA 3010! 30-Stunden-Woche mit vollen Lohnausgleich und 10 Euro gesetzlicher Mindestlohn!

The only general I like is called strike


Zuletzt bearbeitet von max am 05.12.2003, 23:06, insgesamt einmal bearbeitet
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden
Sokrateer
souverän



Anmeldungsdatum: 05.09.2003
Beiträge: 11649
Wohnort: Wien

Beitrag(#60549) Verfasst am: 05.12.2003, 20:43    Titel: Antworten mit Zitat

Tilson hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Sokrateer: Die Linke? Hinter den massiven Argrarsubventionen stecken ja wohl immer noch die Konservativen!


Ich habe nicht geschrieben das die Linke für Agrarsubventionen verantwortlich ist. Ich schrieb: Die Linke widerspricht sich, wenn sie einerseits gegen die Armut der Entwicklungsländer vorgeht und andererseits die Globalisierung bekämpft.

Die Argrarsubventionen, die nun wiklich für Armut in der Dritten Welt sorgt, werden jdenfalls von den Globalisierungsgegnern kritisiert. Haupstächlich aber nicht, weil die 3. Welt ihre Produkte bei uns anbringen kann, sondern umgekehrt, weil der Westen die heimische Argrarwirtschaft i.d. 3. Welt mit Dumping ruiniert.

Tilson hat folgendes geschrieben:

Dann werfe einfach einen Blick auf die Indikatoren.

Bildungsfortschritte der letzten drei Jahrzehnte: Analphabetenquote in Südasien von 56% auf 44%, in der arabischen Welt von 55% auf 38% - die arabische Welt macht Entwicklung nun gewiss nicht besonders einfach ? Südostasien mittlerweile unter 10%, andere afrikanische Regionen von über 50% auf unter 40% gefallen.

Und was genau hat das mit Globalisierung zu tun? Kannst du da den Zusammenhang aufzeigen? Werden die Schulen dort von Privatinvestoren betrieben? Gibt es einen weltweiten Wettbewerb darum Kinder in der 3. Welt auszubilden?

Tilson hat folgendes geschrieben:
Die immer wieder angeführte 1$-Armutsgrenze ist von 22% auf 18% gefallen. Ich weiß, es leben immer noch gut eine Milliarde Menschen unter der 1$-Armutsgrenze, und diese Zahl hat sich auch nicht verbessert

Inflation? Steigender Ölpreis? Übrigens heißt gegen Globalisierung sein nicht totale Schwarzmalerei und behaupten, dass alles auf der Welt nur schlechter wird. Aber du müsstest da schon die Zusammenhänge aufzeigen.

Tilson hat folgendes geschrieben:
Lebenserwartung: arabische Welt von 52 auf 66, in den 50zig am wenigsten entwickelten Staaten ? laut Vereinten Nationen ? von 45 auf 52, in Südasien von 51 auf 62, Ostasien von 60 auf 69, Lateinamerika von 61 auf 68 Jahre gestiegen.

Ditto? Zusammenhang mit Globalisierung? Ein paar Korrelationen aufzeigen kann ich auch und zwar in die andere Richtung.

Mal so ne Frage: Bist du Volkswirtschaftler?

Es gibt Regionen in Indien, wo es eine höhere Lebenserwartung als in den amerikanischen Ghettos gibt. Indien macht generell gute Fortschritte und dabei streubt es sich vehement gegen die Globalisierung, weil es sich das durch seine Größe erlauben kann. Z.b. ignorieren die Inder das Internationale Patentrecht. Genauso wie übrigens Deutschland, USA, Japan, usw. als diese Länder noch Schwellenländer waren.
In punkto Kindersterblichkeit, Bildung usw. hat Kuba die Nase vorn in Bezug auf Südamerika. Die Kindersterblichkeit in Kuba entspricht der der USA. Das kannst du alles im CIA Factbook überprüfen. Ist beziehe mich also nicht auf Hörensagen von Indymedia.

Tilson hat folgendes geschrieben:
Nochmals, Globalisierung ist ein sehr zeitintensiver Prozess mit dem wir dieses Jahrhundert wahrscheinlich nicht fertig werden und selbst dann, wird es neue Probleme geben. Sollen wir deshalb aufhören?

Aha, die Zeitkarte. Wir müssen eine harte Zeit durchstehen um dann einmal die Früchte ernten zu können. Hat sich in Neuseeland nicht bewahrheitet. Die haben Anfang der 80er brutal liberalisiert, Sozialsysteme abgeschafft, Markt geöffnet, Arbeitsmarkt liberalisiert. Die harte Zeit hat ein Jahrzehnt gedauert und währenddessen gab's kein Wirtschaftswachstum. Danach hat sich die Wirtschaft wieder erhohlt, aber wuchs nur genauso schnell wie die von Australien. Das Turbowachstum hat sie nicht materialisiert. Allerdings viele andere Nachteile. Die 60 Stundenwoche wurde für viele bittere Realität. Das liberalisierte Stromnetz brach 1998 in Auckland für ein ganzes Monat zusammen! Das ist kein Scherz mehr. Die Bahn ist nicht mehr existent. Außerdem ist Wirtschaftswachstum nicht so bedeutend.

Den Russen hat man auch einen großen Erfolg versprochen, der sich innerhalb von 5-10 Jahren materialisiern sollte. Der steinige Weg hält an und beinhaltet mal eben so einen massiven Anstieg bei der Armut und dass der durchschnittliche Russe heute das Pensionsalter nicht mehr erlebt, weil die Lebenserwartung zu gering ist. Und Öl verscherbeln hätten die Sowjets auch gekonnt, nur war deren Öl früher noch zu teuer für den Weltmarkt. Das russische Wirtschaftswachstum beruht darauf, dass den Arabern die 10$ Ölquellen ausgegangen sind.

Tilson hat folgendes geschrieben:
Das Internet spielt eine entscheidende Rolle für die Globalisierung. Ohne Internet wäre der schnelle Informationsaustausch der für die Globalisierung lebenswichtig ist, nicht möglich.

Da komm ich nicht mit! Wenn Spielzeug und Unterhaltungselektronik jetzt in Indonesien zum Dumpingpreis unter primitivsten Bedingungen erzeugt und per Schiff zu uns kommt, was hat das Internet dann damit zu tun? Weiters werden die Länder der 3. Welt ja gezwungen immer mehr strengere Patentrechte, Urheberrechte usw. einzuführen. Was nutzt einem der schnelle Informationsaustausch, wenn man die Information nicht benutzen darf?

Tilson hat folgendes geschrieben:

Natürlich bringt die Öffnung der Märkte Veränderungen mit sich und das insbesondere die Arbeiterschaft ? also, produktionsintensive Branchen ? betroffen ist von diesen Veränderungen ist eine Folge der Umverteilung ? Kapital und Arbeit verteilen sich neu.

Ja, das Kapital wandert immer mehr zu den Reichen. Früher hat man das mit ordentlichen Steuern verhindert. Heute geht ein Reicher/Konzerne ganz einfach ins nächste Land mit geringeren Steuern.

Tilson hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Sokrateer: Auch die Entmachtung demokratischer Institutionen, an deren Stelle undemokratische Konzerne traten, wurde als Tatsache erkannt. Was vorher noch als irrationales Gegacker einiger Hinterweltler war, hatte sich also bewahrheitet. Interessanterweise haben auch die Protagonisten und Politiker, die zuvor noch selbst die Globalisierung vorangetrieben haben und sich stolz damit rühmten, plötzlich die Globalisierung als etwas unbeeinflußbares dargestellt.


Fakten bitte! Andernfalls ist dies nur eine von vielen Weltverschwörungstheorien - alias, die Amerikaner haben die Attentate auf das WTC organisiert.

Na dann hör mal zum Beispiel einem Lothar Späth bei der nächsten TV-Diskussion zu dem Thema. Wo bitte siehst du da eine Verschwörungstheorie? Es gibt keine Verschwörung. Das sind alles offensichtliche Vorgänge. Schau dir mal den Handelsstreik um Gentechnik an. Sollte doch alleine unser Bier sein, ob wir Gentechnik wollen, oder nicht. Sollte eigentlich kein Thema sein. Aber im Namen des freien Handels wird das bekämpft.
Oder sieh dir mal Infinion an, die unentwegt damit drohen Deutschland zu verlassen, wenn nicht dieses, oder jenes geschehe. Und wichtige Vorstand hat noch schnell gesagt, dass er solange nicht im Osten investiere, solange es dort die PDS gibt?

Andauernd geht es in der Politik um Wettbewerbsfähigkeit. Das ist der Wettbewerb um Unternehmen über immer geringere Standards.

Tilson hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Sokrateer: Wenn vorher ein Arbeiter 1500 Euro und einer nichts und nachher ein Arbeiter 50 Euro und der andere nichts verdient, wieso sollte das ein Fortschritt sein? Der Gesamtlohn sinkt ja. So entsteht eine Lohnspirale noch unten.


Da sind wir also schon bei dem Vorwurf die Löhne weltweit zurückzuführen. Unternehmen sind keine karitativen Einheiten, sie sind markwirtschaftlichen Gesetzen unterworfen. Niedrigere Lohnkosten sind nun mal ein Wettbewerbsvorteil den die Entwicklungsländer bieten. Übrigens zahlen die Konzerne ihren Mitarbeiter in den Entwicklungsstaaten höhere Löhne als dies heimische Unternehmen tun. Wer allerdings fordert die Löhne in jenen Staaten unserem Niveau anzugleichen, vergisst dabei, das diese Staaten ihren Wettbewerbsvorteil verlieren und sich somit keine Unternehmen dort ansiedeln würden, niedrigere Löhne sind nun mal mit ein entscheidender Anreiz. Das wirtschaftliche Interesse besteht vor allem darin neue Märkte zu erschließen. Damit diese Märkte erschlossen werden können, muss man den Entwicklungsländer die Möglichkeit geben die entsprechenden Divisen zu erwirtschaften. Genau das passiert mit dem Strukturaufbau, der natürlich nur langfristig entsteht. Wäre die Ausbeutung das erklärte Ziel, würde sich die erste Welt in den eigenen Finger schneiden. Denn, die Entwicklungsstaaten würden bei einer solchen Wirtschaftspolitik als Absatzmarkt ausfallen, und das dauerhaft.

Hier hast du zum einen mal einen gewaltigen Strohmann reingepackt. Nirgends habe ich erklärt, dass die Ausbeutung das erklärte Ziel irgendeiner vermutlich Bösen Organisiation ist. Du darfst mich nicht mit dem nächstbesten Dreizehnjährigen, der auf Indymedia herumpostet, verwechseln.

Weiters erklärst du mir lang und breit, warum die Konzerne so handeln, wie sie handeln. Das ist mir schon klar. Jeder Teilnehmer handelt genau so, wie es für ihn unter den gegebenen Rahmenbedingungen am Besten erscheint. Die Unternehmen müssen wirklich Länder mit immer billigere Lohnkosten suchen und hier Arbeiter entlassen, weil sie sonst der Wettbewerb hinwegfegt. (Gefangenendilemma usw.) Als Globalisierungskritiker fordere ich ja nicht naiv, dass die Unternehmen nicht so gemein sein sollen und mehr Löhne zahlen, sondern ich halte die Rahmenbedingungen für falsch.

Tilson hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Sokrateer: Das kann man ja jetzt schon beobachten. Mexikanische Fabriken schließen und ziehen nach China. Das ungarische IBM Werk, das noch vor kurzer Zeit als großartiges Beispiel von wirtschaftlichem Fortschritt durch Globalsierung herhielt, schließt ebenfalls.


Und weshalb?

Weil die Chinesen noch billiger sind. Die Spirale nach unten eben.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Sokrateer
souverän



Anmeldungsdatum: 05.09.2003
Beiträge: 11649
Wohnort: Wien

Beitrag(#60552) Verfasst am: 05.12.2003, 20:50    Titel: Antworten mit Zitat

Tilson hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Sokrateer: Historisch gesehen hat Protektionismus immer noch zu mehr Writschaftswachstum und damit auch mehr Handel geführt.


Wirklich?

Kannst du mir eine einzige entwickelte Industrienation nennen, die sich nicht mit Protektionismus und staatlicher Intervention und Steuerung gemausert hat? (Mit Protektionismus meine ich nicht vollkommene Abschottung, sondern intelligentes und selektives Handeln mit anderen Nationen.)

Hab jetzt leider keine Zeit mich mit dem Rest des Postings zu beschäftigen.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Tilson
registrierter User



Anmeldungsdatum: 29.11.2003
Beiträge: 54
Wohnort: Europa

Beitrag(#60560) Verfasst am: 05.12.2003, 22:25    Titel: Antworten mit Zitat

Jetzt fängt die Diskussion an!

Werde morgen im Laufe des Tages antworten und hier und dort eine Gegenargumentation anbringen – vorausgesetzt meine Freundin hat nicht wieder ein 'Samstagsattentat' auf mich vor.

Auf zwei Dinge möchte ich noch heute antworten:

Zitat:
Sokrateer: Du darfst mich nicht mit dem nächstbesten Dreizehnjährigen, der auf Indymedia herumpostet, verwechseln.


Gewiss nicht! Wenn ich wirklich diesen Eindruck hervorgerufen haben sollte, entschuldige ich mich. Mein Fehler lag wohl darin, der üblichen Argumentation vorzugreifen und dar Du scheinbar nicht zu jenem Argumentationspart gehörst, kam es zu diesem Missverständnis. Globalisierungsdiskussionen sind meist stark mit Emotionen verbunden und daher schwierig.

Zitat:
Sokrateer: Mal so ne Frage: Bist du Volkswirtschaftler?


Nein. Ich bin Charttechniker von Beruf. An dieser Stelle möchte ich eingestehen, dass es für Charttechniker – zumindest für mich – oftmals schwierig ist, sich in die Lage der Menschen zu versetzten, die direkt von den - für sie – negativen Auswirkungen der Globalisierung betroffen sind. Rein beruflich gesehen, ist es irrelevant, ob es dem Unternehmen gut geht und dessen Kurs steigt oder es dem Unternehmen nicht so gut geht und der Kurs fällt. In beiden Fällen verdienen wir an der Differenz.

Es mag die Emotionen eventuell anheizen, allerdings bin ich der Auffassung lieber ehrlich zu sein als einen solchen Fakt zu verbergen – und weil Du mich indirekt nach meinem Beruf fragtest...

So, jetzt muss ich wirklich los. Muss mir einen unsinnigen Film mit meiner Freundin ansehen. Kann mich heute nicht davor drücken, hab' alles versucht...
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Nordseekrabbe
linker Autist



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 31152
Wohnort: Dresden

Beitrag(#60579) Verfasst am: 05.12.2003, 23:46    Titel: Antworten mit Zitat

riptor hat folgendes geschrieben:
Globalisierung ist klasse.


Was genau findest Du daran Klasse? Mit den Augen rollen Frage
_________________
Autismus macht kein Urlaub.
"Seid unbequem. Seid Sand, nicht Öl im Getriebe der Welt." (Günter Eich)
"Sei Du selbst die Veränderung, die Du Dir für die Welt wünschst." (Mahatma Gandhi)
"Soldaten sind Mörder." (Kurt Tucholsky)
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden Website dieses Benutzers besuchen MSN Messenger ICQ-Nummer
Woici
ist vollkommen humorlos



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 7437
Wohnort: Em Schwobaländle

Beitrag(#60602) Verfasst am: 06.12.2003, 03:06    Titel: Antworten mit Zitat

Nordseekrabbe hat folgendes geschrieben:
riptor hat folgendes geschrieben:
Globalisierung ist klasse.


Was genau findest Du daran Klasse? Mit den Augen rollen Frage


nur mal einen Punkt:
Je mehr Globalisierung, desto weniger Krieg unter den Nationen
_________________
eigentlich bin ich ein ganz netter... und wenn ich freunde hätte, könnten die das auch bestätigen.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden Website dieses Benutzers besuchen ICQ-Nummer
Nav
Gast






Beitrag(#60603) Verfasst am: 06.12.2003, 03:07    Titel: Antworten mit Zitat

Mehr Wirtschaftswachstum, also auch mehr Wohlstand für alle! Let's Rock
Nach oben
Woici
ist vollkommen humorlos



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 7437
Wohnort: Em Schwobaländle

Beitrag(#60607) Verfasst am: 06.12.2003, 03:19    Titel: Antworten mit Zitat

Nav hat folgendes geschrieben:
Mehr Wirtschaftswachstum, also auch mehr Wohlstand für alle! Let's Rock


das würde ich jetzt nicht so stehen lassen, denn genau das ist ja der Punkt, über den hier gerade diskutiert wird... allerdings bin ich der Meinung, dass die Fraktion der Globalisierungsbefürworter im Augenblick noch die besseren Argumente haben... aber wer weiss, eventuell kommen die Globalisierungsgegner ja noch auf...
In diesem Punkt ist meine Einstellung noch fast neutral... wenn auch mit einem leichten Übergewicht hin zur Globalisierung...
_________________
eigentlich bin ich ein ganz netter... und wenn ich freunde hätte, könnten die das auch bestätigen.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden Website dieses Benutzers besuchen ICQ-Nummer
max
registrierter User



Anmeldungsdatum: 18.07.2003
Beiträge: 3055

Beitrag(#60629) Verfasst am: 06.12.2003, 13:30    Titel: Antworten mit Zitat

Woici hat folgendes geschrieben:
Je mehr Globalisierung, desto weniger Krieg unter den Nationen

Geschockt Häh? Vietnam, 1., 2. und 3. Golfkrieg, Afghanistan, Kosovo, zahlreiche kleinere Interventionen in Afrika (z.B. Somalia, Elfenbeinküste, Sierra Leone) und Lateinamerika (z.B. Nicaragua, Grenada, Kolumbien, Haiti, Panama), weltweite Aufrüstung, nicht nur die USA unter Bush, sondern auch die Versuche eine EU-Armee (gegen die USA) aufzubauen ...

Das Argument, dass eine wirtschaftliche Vernetzung Kriege verhindert, ist schon widerlegt worden. "Es haben noch nie zwei Staaten mit McDonalds Restaurants Krieg geführt": der Kosovo-Krieg 1999 (McDonalds z.B. in Belgrad). Wichtige Produzenten für LKWs für die Wehrmacht waren US-amerikanische Konzerne: Ford und Opel (GM). Das wichtigste Flakgeschütz der US-Marine war von einer Krupp-Tochter: die 4 cm Bofors. Dazu noch Verbindungen zwischen Krupp und Vickers, die jeweils zu den bedeutendsten Rüstungskonzernen auf deutscher bzw. britischer Seite gehörten, vor dem 1. Weltkrieg ...

Nav hat folgendes geschrieben:
Mehr Wirtschaftswachstum, also auch mehr Wohlstand für alle!

Gröhl... Hast du dafür irgendein Beispiel? Als Globalisierung wird meist ein Prozess bezeichnet, der in den 70er begann (eigentlich begann diese Entwicklung aber schon 100 Jahre früher). Seit den 70ern sind weltweit die Wachstumsraten rückgängig!! Die Ausnahmen sind ausgerechnet Länder, die sich für ihre Entwicklung stark auf Staatsinterventionen und Protektionismus stützen: die südasiatischen Tiger (auch schon Vergangenheit) und China.
_________________
Für die AGENDA 3010! 30-Stunden-Woche mit vollen Lohnausgleich und 10 Euro gesetzlicher Mindestlohn!

The only general I like is called strike
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden
Shadaik
evolviert



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 26377
Wohnort: MG

Beitrag(#60664) Verfasst am: 06.12.2003, 14:28    Titel: Antworten mit Zitat

Nordseekrabbe hat folgendes geschrieben:
riptor hat folgendes geschrieben:
Globalisierung ist klasse.


Was genau findest Du daran Klasse? Mit den Augen rollen Frage

Globalisierung führt zu kulturellem Autausch, weniger Kriegen, Abbau von Staatswesen (bis hin zur Auflösung der Nationalstaaten), allgemeinem Wohlstandswachstum etc.

Deshalb meine ich, wir sollten mal langsam mit der Globalisierung anfangen.
Zur Zeit betreiben wir leider nur Neokolonialismus.
_________________
Fische schwimmen nur in zwei Situationen mit dem Strom: Auf der Flucht und im Tode
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
Tilson
registrierter User



Anmeldungsdatum: 29.11.2003
Beiträge: 54
Wohnort: Europa

Beitrag(#60687) Verfasst am: 06.12.2003, 14:53    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Max: Fordern diese Autarkie oder sind sie gegen eine neoliberale Wirtschaftspolitik und die damit verbundenen Angriffe auf den eigenen Lebensstandard?


Diese Frage ist äußerst schwierig zu beantworten. Zumal viele nicht wissen was Autarkie bedeutet und das neoliberale Wirtschaftsgrundgerüst nur aus der negativen Presse kennen – die nicht ausschließlich negativ ist. Die treibende Kraft wird wohl der mögliche oder bereits stattgefunden Arbeitsplatzverlust sein. Wobei die Gesamtheit nicht gesehen wird – soweit diese überhaupt greifbar ist.

Zitat:
Max: Globalisierung ist auch ein Synonym für Neoliberalismus.


Nicht zwingend.

Zitat:
Max: Insbesondere Befürworter einer solchen Wirtschaftspolitik scheinen dieses Wort so zu verwenden. Es ist sowieso auffallend, dass die Befürworter meist gegen fiktive Gegner, eben z.B. Befürworter eine Autarkie, argumentieren.


Also, dass ist unfair! Fiktion kann ich genauso an Linke, Marxisten, Aktivisten und was es noch alles gibt weitergeben. Das fängt schon damit an, dass die Frage nach der Umverteilung des Reichtums nicht beantwortet wird. Ich zumindest habe noch keine Antwort auf diese Frage erhalten. Ohne auf andere utopische Forderungen einzugehen. Nicht jede heutige Utopie ist die morgige Zukunft...

Zitat:
Max’:"Globalisierungsgegner" ist eine Erfindung der Presse, die so versucht die grossen Protesten (Seattle, Prag, Genua ...) zu charakterisieren. Antikapitalistisch wäre besser, auch wenn manche nur gegen eine neoliberale Politik sind.


Eine Erfindung der Presse. Nun, man sagt Sprachen leben und bringt damit u.a. zum Ausdruck, dass für Neues, neue Worte erfunden werden – müssen. Demnach stimme ich Dir zu; das auch die Presse die neue Bewegung zu charakterisieren versucht. Also, das die Mehrheit dieser Bewegung antikapitalistisch ist, halt ich für unwahr. In der Anti-Globalisierungsbewegung finden sich alle Organisationen. Angefangen bei Attac über Greenpeace bis hin zu versprengten Hippies die keine revolutionäre Heimat mehr hatten. Das die Ultra-Linke aus dieser Bewegung versucht eine Antikapitalistische zu machen ist nachvollziehbar, aber wird aus dem Mangel heraus nicht gelingen.

Zitat:
Tilson hat folgendes geschrieben:
Ich nicht verstehen kann, wie ein System, dass funktioniert, von so vielen Menschen derart abgelehnt werden kann – verhältnismäßig.

Zitat:
Max: Dieser alte Spruch musste angesichts der heutigen Realität mal wieder verwendet werden


Ja, ich gestehe. Dieser Satz ist spitzfindig, konnte ihn mir einfach nicht verkneifen.

Zitat:
Max: Funktioniert? Wo? Geh doch nach Russland!!


Was soll ich Dir darauf antworten? Bitte differenzieren! In Russland funktioniert der Kapitalismus nach westlichem Standard nicht – Punkt. Ein Fakt gegen den wohl niemand Einwende haben wird. Die Frage ist allerdings, weshalb? Weshalb funktioniert der Kapitalismus Deiner Meinung nach nicht im ehemaligen Sowjetimperium? Erweiterung der Frage: Weshalb haben ehemalige Satelliten der Sowjetunion mit dem Aufbau des Kapitalismus weniger Schwierigkeiten? Wenn Du diese Frage(n) nicht beantwortest, muss ich spekulieren, was Du mir damit sagen möchtest. Z.B. – liegt die Unzulänglichkeit des heutigen Russlands eine Marktwirtschaft aufzubauen darin, dass Lenin es nicht schaffte aus dem Weltkrieg einen Weltbürgerkrieg zu formieren und so die Weltrevolution nicht stattfand? Zur Verdeutlichung sehr überspitzt.

Zitat:
Max: Die meisten Staaten haben finanzielle Probleme. Ok. Aber liegt es daran, dass nicht genügend Geld vorhanden ist? Ist der insgesamt vorhandene Reichtum in diesen Staaten geschrumpft? Oder wurde er nicht doch eher von den Neoliberalen zu den Reichen und Grosskonzernen umverteilt?


Frage, wie und wohin wird Deiner Meinung nach der Reichtum verteilt. Ok, zu den Institutionellen Kapitalmarktteilnehmern. Aber vor allem, wie? Du stelltest bereits fest das in vielen Bereichen der Lebensstandard sinkt. Dies bedeutet jedoch nicht automatisch das andere deswegen mehr haben. Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, das beim platzen der Spekulationsblase, erstmals die Anzahl der Millionäre in den USA gesunken ist. Ja, in vielen Fällen liegt es am Geldmangel – nicht ausschließlich.

Zitat:
Max; Das letzte Jahrzehnt bedeutete für Lateinamerika, Afrika, Osteuropa und Teile Asiens einen deutlichen Rückschritt. Auch in Europa ist keine positive Entwicklung sichtbar. Die Armut steigt, das Sozialsystem wird zerstört, der Lebensstandard der Mehrheit stagniert oder sinkt, [...]


Du, dass liest sich fast wie von einem Kapitalmarktteilnehmer der von grenzenlosem Wachstum ohne Konsolidierungsphasen ausgeht, bzw. ausging und sich jetzt fragt warum seine schöne heile Welt zusammengebrochen ist. Nimm es mir nicht Übel, aber wir müssen über die Gründe sprechen. Wenn wir die Diskussion darauf beschränken, immer nur den Mangel in der jeweiligen Region festzustellen, wird unsere Diskussion keinen Mehrwert haben.

Zitat:
Max: [...] Einsparungen im Bildungssystem und der Forschung


Nehmen wir das Beispiel Einsparungen im Bildungssystem am Standort Deutschland. Schätzungen gehen davon aus, dass 15 oder sogar mehr als 20 Milliarden € dem deutschen Bildungssystem fehlen. Für die Wirtschaft ist dies schlicht eine Katastrophe. Dieser Mangel an Bereitschaft Mittel für die Bildung zu investieren – das eine klare Zukunftsinvestition darstellt – wird zu einem enormen Fehlen von Fachkräften in allen Bereichen führen und so den Standort Deutschland massiv gefährden. Die Wirtschaft dafür zur Verantwortung zu ziehen ist unsinnig. Denn, die Wirtschaft wird darunter sehr zu leiden haben und die Aufrechterhaltung der Marktfähigkeit wird dadurch massiv erschwert. Wenn diese Entwicklungen weitergeht, kann es in einigen Branchen dazu kommen, dass nur jene Unternehmen, die im Ausland Fachkräfte einkaufen können, in Deutschland marktfähig bleiben. Du unterstellst der Wirtschaft indirekt das sie sich den eigenen Ast, auf dem sie sitzt, absägt.

Auf diesen Teil der Anführungen konnte ich im Grunde nur antworten. Auf den anderen Teil kann ich gegen Deine Sicht argumentieren. Wenn möglich, bereits heute Abend.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Woici
ist vollkommen humorlos



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 7437
Wohnort: Em Schwobaländle

Beitrag(#60706) Verfasst am: 06.12.2003, 15:46    Titel: Antworten mit Zitat

max hat folgendes geschrieben:
Woici hat folgendes geschrieben:
Je mehr Globalisierung, desto weniger Krieg unter den Nationen

Geschockt Häh? Vietnam, 1., 2. und 3. Golfkrieg, Afghanistan, Kosovo, zahlreiche kleinere Interventionen in Afrika (z.B. Somalia, Elfenbeinküste, Sierra Leone) und Lateinamerika (z.B. Nicaragua, Grenada, Kolumbien, Haiti, Panama), weltweite Aufrüstung, nicht nur die USA unter Bush, sondern auch die Versuche eine EU-Armee (gegen die USA) aufzubauen ...


Vietnam -> hatten da irgendwelche westlichen Firmen Unternehmungen?
All diese Kriege waren politische (gegen oder für den Kommunismus) Kriege, religöse Kriege oder Bürgerkriege im weitesten Sinne

Zitat:
Das Argument, dass eine wirtschaftliche Vernetzung Kriege verhindert, ist schon widerlegt worden. "Es haben noch nie zwei Staaten mit McDonalds Restaurants Krieg geführt": der Kosovo-Krieg 1999 (McDonalds z.B. in Belgrad). Wichtige Produzenten für LKWs für die Wehrmacht waren US-amerikanische Konzerne: Ford und Opel (GM). Das wichtigste Flakgeschütz der US-Marine war von einer Krupp-Tochter: die 4 cm Bofors. Dazu noch Verbindungen zwischen Krupp und Vickers, die jeweils zu den bedeutendsten Rüstungskonzernen auf deutscher bzw. britischer Seite gehörten, vor dem 1. Weltkrieg ...


Ich würde die Handelsbeziehungen der Zeit vor 1960 nicht unbedingt "globalisierung" nennen. Und McDonalds auch nicht unbedingt als "Global Player" mit globalen Vernetzungen. Wenn heute Deutschland die Grenzen zu macht, wird es keinen einzigen Burger weniger geben... allerdings wird nicht ein einziges Auto, kein Telefon, kein Computer etc. gebaut, es fährt kein Auto mehr auf den Strassen etc... das ist Globalisierung...

Zitat:
Nav hat folgendes geschrieben:
Mehr Wirtschaftswachstum, also auch mehr Wohlstand für alle!

Gröhl... Hast du dafür irgendein Beispiel? Als Globalisierung wird meist ein Prozess bezeichnet, der in den 70er begann (eigentlich begann diese Entwicklung aber schon 100 Jahre früher). Seit den 70ern sind weltweit die Wachstumsraten rückgängig!! Die Ausnahmen sind ausgerechnet Länder, die sich für ihre Entwicklung stark auf Staatsinterventionen und Protektionismus stützen: die südasiatischen Tiger (auch schon Vergangenheit) und China.
[/quote]

Du erinnerst mich an Börsenspekulanten die SAP abgestraft haben, weil die Gewinnerwartung von 16% um 2% unterschritten wurde... oder willst Du etwa behaupten es hätte seit den 70ern kein Wirtschaftswachstum mehr gegeben? Dass es nicht mehr so gross war wie in den Aufbaujahren nach dem Krieg scheint mir doch mehr als logisch...
Die von Dir zitierten Ausnahmen hätten das Wachstum unter den gleichen politischen Voraussetzungen mit Sicherheit auch gehabt, denn während dieser Wachstumsphasen sind diese Länder aus einem 3.Welt-Status in einen erste Welt-Status aufgestiegen... mit eben dem entsprechenden Nachholbedarf an Konsumgütern. Eventuell wäre das Wachstum sogar noch grösser gewesen, wenn sie sich nicht abgeschottet hätten... dafür gibt es ein gutes Beispiel... China... wäre die politische Situation nicht sp wie sie ist und würde sich dieses Land wirklich öffnen, wäre das Wachstum noch viel grösser... Alle westlichen Investoren sind ja nur deshalb relativ zurückhaltend, weil sie sich auf das politische System nicht verlassen können...
_________________
eigentlich bin ich ein ganz netter... und wenn ich freunde hätte, könnten die das auch bestätigen.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden Website dieses Benutzers besuchen ICQ-Nummer
max
registrierter User



Anmeldungsdatum: 18.07.2003
Beiträge: 3055

Beitrag(#60758) Verfasst am: 06.12.2003, 19:33    Titel: Antworten mit Zitat

Woici hat folgendes geschrieben:
Vietnam -> hatten da irgendwelche westlichen Firmen Unternehmungen?
All diese Kriege waren politische (gegen oder für den Kommunismus) Kriege, religöse Kriege oder Bürgerkriege im weitesten Sinne

In Südvietnam hatten sicher westliche Firmen Unternehmungen. Aber es ging tatsächlich nicht direkt um wirtschaftliche Interessen. Vietnam war ein Teil eines Konkurrenzkampfs zwischen dem US-amerikanischen und den russischen Imperialismus, in dem es nicht um die Interessen eines einzelnen Konzerns ging, sondern um die jeweilige Gesamtwirtschaft (und damit die Gesamtheit der Interessen der Konzerne).

Im 1., 2. und 3. Golfkrieg ging es aber sicher nicht um den Kampf gegen Russland (was nie kommunistisch war), sondern um die Interessen der westlichen Ölkonzerne und damit verbundene geostrategische Interessen (Kontrolle der Ölvorräte) der USA. In Afghanistan ging es ebenfalls um die Kontrolle von Ölvorräten, genauer um die Kontrolle um die Region um das kaspische Meer. Durch den Krieg konnten die USA eine massive Militärpräsenz in der Region aufbauen. Kosovo war eine Machtdemonstration der USA gegen Russland und die EU, während die Aktionen in Nicaragua, Grenada, Kolumbien, Haiti und Panama die Vorherrschaft der US-Konzerne in Lateinamerika sicher stellen sollten. Einen ähnlichen Zweck haben die Operationen in Afrika, nur dass hier Frankreich eine grössere Rolle spielt. Keiner dieser Krieg ist von der Ursache her ein Religionskrieg, auch wenn entsprechende Ideologien eine Rolle gespielt haben mögen.
Woici hat folgendes geschrieben:
dass es nicht mehr so gross war wie in den Aufbaujahren nach dem Krieg scheint mir doch mehr als logisch...
Die von Dir zitierten Ausnahmen hätten das Wachstum unter den gleichen politischen Voraussetzungen mit Sicherheit auch gehabt, denn während dieser Wachstumsphasen sind diese Länder aus einem 3.Welt-Status in einen erste Welt-Status aufgestiegen... mit eben dem entsprechenden Nachholbedarf an Konsumgütern. Eventuell wäre das Wachstum sogar noch grösser gewesen, wenn sie sich nicht abgeschottet hätten...

Mir ging es nur darum darauf hinzuweisen, dass in dem Prozess der sogenannten Globalisierung die Wachstumsraten global zurückgegangen sind. Und nicht wie von Nav behauptet gestiegen wären. Und noch einmal zu China und den Entwicklungsländern: es hat bis heute KEIN Staat eine Entwicklung zum 1. Welt-Land oder Schwellenland mit Freihandelspolitik und Glauben an freier Unternehmertum geschafft. Für diese Behauptung der neoliberalen Ideologen gibt es kein historisches Beispiel. Alle Staaten, die eine entsprechene Entwicklung geschafft haben, gelang dies auf einer Basis von Protektionismus und Staatsinterventionen.
riptor hat folgendes geschrieben:
Globalisierung führt zu kulturellem Autausch, weniger Kriegen, Abbau von Staatswesen (bis hin zur Auflösung der Nationalstaaten), allgemeinem Wohlstandswachstum etc.

Deshalb meine ich, wir sollten mal langsam mit der Globalisierung anfangen.
Zur Zeit betreiben wir leider nur Neokolonialismus.

Lachen Anscheinend sind manche mit der real existierenden Globalisierung nicht zufrieden. Der real exististierende Kapitalismus entspricht sowieso nicht dem Bild seiner Apologeten: es gibt keine Auflösung der Nationalstaaten, sondern eine stärkere Rolle des Staates; kein allgemeines Wohlstandswachstum, sondern Armut und Arbeitslosigkeit; mehr Kriege, keine freie Konkurrenz sondern Monopole ...

Die Befürworter dieses Systems sollten sich vielleicht ein mal Gedanken machen, woher diese Differenzen zwischen der Realität und ihrer Ideologie kommen zwinkern
_________________
Für die AGENDA 3010! 30-Stunden-Woche mit vollen Lohnausgleich und 10 Euro gesetzlicher Mindestlohn!

The only general I like is called strike


Zuletzt bearbeitet von max am 06.12.2003, 23:00, insgesamt 2-mal bearbeitet
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden
Nordseekrabbe
linker Autist



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 31152
Wohnort: Dresden

Beitrag(#60776) Verfasst am: 06.12.2003, 21:20    Titel: Antworten mit Zitat

Woici hat folgendes geschrieben:
Nordseekrabbe hat folgendes geschrieben:
riptor hat folgendes geschrieben:
Globalisierung ist klasse.


Was genau findest Du daran Klasse? Mit den Augen rollen Frage


nur mal einen Punkt:
Je mehr Globalisierung, desto weniger Krieg unter den Nationen


Nicht unbedingt, zumindest dann nicht wenn Globalisierung wie bislang fast ausschließlich unter wirtschaftlichen und finanziellen Gesichtspunkten praktiziert wird, wird dies zu Ausbeutung z. B. der Staaten der 3. Welt führen... Mit den Augen rollen
_________________
Autismus macht kein Urlaub.
"Seid unbequem. Seid Sand, nicht Öl im Getriebe der Welt." (Günter Eich)
"Sei Du selbst die Veränderung, die Du Dir für die Welt wünschst." (Mahatma Gandhi)
"Soldaten sind Mörder." (Kurt Tucholsky)
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden Website dieses Benutzers besuchen MSN Messenger ICQ-Nummer
Nordseekrabbe
linker Autist



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 31152
Wohnort: Dresden

Beitrag(#60777) Verfasst am: 06.12.2003, 21:23    Titel: Antworten mit Zitat

riptor hat folgendes geschrieben:
Nordseekrabbe hat folgendes geschrieben:
riptor hat folgendes geschrieben:
Globalisierung ist klasse.


Was genau findest Du daran Klasse? Mit den Augen rollen Frage

Globalisierung führt zu kulturellem Autausch, weniger Kriegen, Abbau von Staatswesen (bis hin zur Auflösung der Nationalstaaten), allgemeinem Wohlstandswachstum etc.


Wenn sie, wie bislang leider, nicht nur unter Wirtschaftsgesichtspunkten wahrgenommen wird, dann schon.

riptor hat folgendes geschrieben:

Deshalb meine ich, wir sollten mal langsam mit der Globalisierung anfangen.
Zur Zeit betreiben wir leider nur Neokolonialismus.


Jepp, das tun wir bzw. unsere Regierungen und Systeme leider. Mit den Augen rollen
_________________
Autismus macht kein Urlaub.
"Seid unbequem. Seid Sand, nicht Öl im Getriebe der Welt." (Günter Eich)
"Sei Du selbst die Veränderung, die Du Dir für die Welt wünschst." (Mahatma Gandhi)
"Soldaten sind Mörder." (Kurt Tucholsky)
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden Website dieses Benutzers besuchen MSN Messenger ICQ-Nummer
max
registrierter User



Anmeldungsdatum: 18.07.2003
Beiträge: 3055

Beitrag(#60802) Verfasst am: 06.12.2003, 22:56    Titel: Antworten mit Zitat

Tilson hat folgendes geschrieben:
Zumal viele nicht wissen was Autarkie bedeutet und das neoliberale Wirtschaftsgrundgerüst nur aus der negativen Presse kennen - die nicht ausschließlich negativ ist. Die treibende Kraft wird wohl der mögliche oder bereits stattgefunden Arbeitsplatzverlust sein. Wobei die Gesamtheit nicht gesehen wird - soweit diese überhaupt greifbar ist.

Die Presse ist in Bezug auf die neoliberale Wirtschaftspolitik überwiegend positiv. Es gibt eigentlich fast überhaupt keine kritische Berichterstattung. Mir ist eigentlich niemand bekannt, der für Autarkie wäre. Es gibt viele, die die Illusion haben, dass einfach zu der alten reformistischen Politik mit Sozialreformen, die für die Menschen Verbesserungen bedeuten, zurückgekehrt werden kann. Die damalige Politik hatte aber nichts mit Autarkie zu tun.

Was soll die positive Gesamtheit sein, wenn es hier und sonst auf der Welt Arbeitslosigkeit, Lohnkürzungen und Billigjobs bedeutet?
Tilson hat folgendes geschrieben:
Das fängt schon damit an, dass die Frage nach der Umverteilung des Reichtums nicht beantwortet wird.

Ein paar Daten für diese Umverteilung zu den Reichen: der Anteil der Löhne und Gehälter am verfügbaren Einkommen der Privathaushalte sank von 1991 auf 2001 von 49,6% auf 43,7% (2002 43,4%), der Anteil der monetären Sozialleistungen stieg im gleichen Zeitraum von 22,5% auf 25,7% (2002 26,7%), was den Anstieg der Arbeitslosigkeit und der Billiglohnjobs (inkl. Teilzeit) widerspiegelt. Der Anteil der Nettogewinne und Vermögenseinkünfte ist in diesem Zeitraum von 27,9% auf 30,6% (2002 29,9%) gestiegen. Es ist also real in diesem Zeitraum der Anteil des Reichtums der Reichen gestiegen. Ein Element dieser Umverteilung ist der Anstieg der Arbeitslosigkeit und der Teilzeitbeschäftigten. Ein anderes die Steuerpolitik. Die Bruttolöhne stiegen in den 90ern um 27,7%, die Netto-Löhne nur um 19,9%, während die Reallöhne um 4,9% fielen! Die Gewinne der Kapitalgesellschaften stiegen von 1991 bis 2001 brutto um 64,8%, netto aber um 79,1%! Alleine das Einkommen der Vorstände der Dax30-Unternehmen stieg im Jahr 2000 um 30%, wovon die Beschäftigten dieser Unternehmen nur träumen können. Noch deutlicher als bei den Einkommen ist es bei den angehäuften Vermögen. Das private Geldvermögen stieg von 1992 auf 2000 um 73%, was einem Vermögen von 104 000 Euro pro Haushalt entspricht (mir fehlen hier irgendwie 100 000 zwinkern ). Dieser Reichtum ist aber sehr ungleich verteilt. 0,5% der Deutschen besitzen 25,7% des Gesamtvermögens, während 50% so gut wie nichts besitzen. (alle Angabe für die BRD, ISW-wirtschaftsinfo 33)
_________________
Für die AGENDA 3010! 30-Stunden-Woche mit vollen Lohnausgleich und 10 Euro gesetzlicher Mindestlohn!

The only general I like is called strike
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden
Woici
ist vollkommen humorlos



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 7437
Wohnort: Em Schwobaländle

Beitrag(#60813) Verfasst am: 06.12.2003, 23:33    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Mir ist eigentlich niemand bekannt, der für Autarkie wäre.


mir auch nicht und das hat ja wohl auch gute Gründe in einem Land das vor allem vom Export lebt und kaum eigene Bodenschätze hat, oder?
Oder ist der albanische Agrarstaat das Ideal das es zu erreichen gilt??

Wenn ich eine Webcam hätte, könntest Du mich jetzt kopfschüttelnd vor dem Monitor sitzen sehen...
_________________
eigentlich bin ich ein ganz netter... und wenn ich freunde hätte, könnten die das auch bestätigen.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden Website dieses Benutzers besuchen ICQ-Nummer
Tilson
registrierter User



Anmeldungsdatum: 29.11.2003
Beiträge: 54
Wohnort: Europa

Beitrag(#60934) Verfasst am: 07.12.2003, 16:33    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Max: Die Infrastruktur in China konnte nur geschaffen werden, weil China sich von der Konkurrenz abschottete und mit Hilfe des Staates Industrie und Infrastruktur aufbaute. China, wie alle anderen industrialisierten Staaten mit Ausnahme Grossbritanniens, konnte sich nur mit Protektionismus und Staatsinterventionen entwickeln. Kein Staat auf diesen Planeten hat es mit Freihandelspolitik und Glauben an das Unternehmertum geschafft eine Industrie aufzubauen. Die neoliberalen Apologeten des Kapitalismus ignorieren natürlich die Vergangenheit der eigenen Staaten und fordern von den Staaten der 3. Welt Protektionismus, staatliche Kontrolle und Subventionen zu beenden. Das Ziel ist nicht diese Staaten zu entwickeln, sondern einen Markt für westliche Grosskonzerne zu öffnen. Es ist nicht möglich eine Industrie zu entwickeln, wenn diese ohne Schutz sofort gegen Grosskonzerne konkurrieren muss.


Max, es wurde viel geschrieben. Werde versuchen, Deine von mir noch nicht beantworteten Beiträge zu komprimieren. Sollte ich einen wesentlichen Punkt Deines Erachtens auslassen, mache mich bitte darauf aufmerksam! Wessen Apologeten etwas ignorieren werden wir vielleicht im Laufe der weiteren Diskussion herausfinden, mit Sicherheit auf beiden Seiten viele Verteidiger - vieles, inklusive uns. Wenn Du mir dieses Wortspiel gestattest. Fangen wir im weiteren Sinne mit Marx an oder anders gesagt, weshalb Marx nicht funktioniert.

Es ist absolut richtig, keine Industrialisierung des 20ten Jahrhundert kam ohne den Staat als treibenden Wirtschaftsmotor aus. Anders gesagt, die neoliberale Ökonomie ist bis heute den Beweis für eine erfolgreiche Industrialisierung schuldig geblieben. Nichtsdestotrotz gibt es positive Beispiele für Interventionen und Reformen seitens Weltbank und Co. – auf die ich noch zu sprechen komme.

Ich erinnere:
[...]Das Problem lag bei vielen Fällen darin, dass als Gegenzug die Liberalisierung der Kapitalmärkte zu schnell gefordert wurde. Das führte zu heftigen Problemen. Ein Markt, der eine ökonomische Ewigkeit vom freien Handel ausgeschlossen war, kann sich nicht über Nacht auf einem liberalen Markt behaupten.

Du siehst, wir sind bei diesem Punkt in der Sache einig. In der Umsetzung wohl eher nicht.

Schauen wir uns die sowjetische Planwirtschaft an. Die ja von vielen Menschen in den 50er und 60er Jahren gelobt und gar der marktwirtschaftlichen vorgezogen wurde. Auch im Westen gab es in jener Zeit Menschen die überlegten, ob die Plan- nicht doch besser geeignet sei als die Marktwirtschaft. So schafften es die Sowjets in relativ kurzer Zeit unter Stalin eine funktionierte Industrie aufzubauen. Wie Du richtig anmerktest gab es den Unternehmergeist in der Sowjetunion nicht. Das Unternehmertum wurde durch Staatsinterventionen und Regulierung ersetzt. Dieser Punkt macht mit den Untergang der Sowjetunion aus. Man kann mit Planwirtschaft eine Industrialisierung auf Kosten anderer erfolgreich umsetzen, man kann diese jedoch nicht erfolgreich weitergestalten. Das Problem liegt oder lag in der mangelnden Innovations-, Leistungs- und Initiativfähigkeit der Bevölkerung aufgrund der leistungsunabhängigen Gleichstellung des Einzelnen – ein schwerwiegendes Problem mit dem auch die Chinesen zu kämpfen hatten. Der Witz – nicht im negativen Sinne von Lächerlichkeit - an der Planwirtschaft ist ja, dass diese ebenso wie die Marktwirtschaft auf Wachstum angewiesen ist! Der Unterschied liegt jedoch darin: Während die Marktwirtschaft von der Produktivitätssteigerung und aus dieser entstehenden Wachstum abhängig ist, generiert die Planwirtschaft Wachstum durch die kontinuierliche Erhöhung des Ressourceneinsatzes. Sobald der Ressourceneinsatz nicht mehr erhöht werden kann, kommt es zum Wachstumsstillstand, folgende Stagnation und schließlich zum Zusammenbruch des wirtschaftlichen Lebens – soweit!

Die sozialistische Planwirtschaft ist bisher den Beweis für die Abwendbarkeit dieser Abwärtsspirale schuldig geblieben.

Die Chinesen – präzisier, Deng Xiaoping – waren klüger als die Russen. Die Russen versuchten nach ihrem Zusammenbruch sofort die liberale Marktwirtschaft nach amerikanischem Vorbild einzuführen, als wenn es in Russland niemals die Planwirtschaft gegeben hätte. Dieser fatale Fehler führte zu den heutigen Verhältnissen in Russland. Anstatt eine transparente auf dem Wettbewerb basierende Marktwirtschaft errichte man im Grunde eine neue Diktatur. Diese hat allerdings nicht das Geringste mit westlichen multinationalen Konzernen zu tun. Es sind korrupte Politiker und Herren die im ehemaligen Sowjetreich hohe Positionen inne hatten und heute 'Unternehmer' sind. Aber, ich möchte Russland erst einmal Russland sein lassen.

Du schreibst:

Zitat:
Die Infrastruktur in China konnte nur geschaffen werden, weil China sich von der Konkurrenz abschottete und mit Hilfe des Staates Industrie und Infrastruktur aufbaute.


Richtig ist, die Chinesen haben ausländische Unternehmen anfangs nicht auf ihrem Markt zugelassen. Richtig ist ebenfalls, China konnte den Schritt in Richtung Marktwirtschaft nur aufgrund der Staatsinterventionen und Reformen tun. Der springende Punkt ist, dass die Chinesen trotz staatlicher Kontrolle den Infrastrukturaufbau – der immer noch anhält – nur umsetzen konnten, weil sie begannen das Wirtschaftssystem Mao's zu dezentralisieren und mit der Deregulierung begannen. Dies wurde erreicht indem die Provinzen untereinander in den Wettbewerb gestellt wurden. Die Zulassung ausländischer Unternehmen und Investitionen führte zu einer enormen Wertschöpfung. HALT!

Bevor ich weiter meine Auffassung zu Deiner Argumentation formuliere, möchte ich wissen, ob wir in der weiteren Diskussion uns erst auf einen Sachverhalt konzentrieren um zum nächsten Punkt zu kommen. Oder ob wir weiterhin von dem einen Ende der Welt zum anderen Ende hinschlittern. Was nur zu einer diffusen Diskussion führen kann. Ehrlich gesagt, ist meine Zeit sehr knapp bemessen und daher wird es mir in diesem Fall nicht möglich sein mich weiterhin an dieser Diskussion zu beteiligen. Ich habe, wie Du vielleicht bemerkt hast, starkes Interesse an Deiner Argumentation, jedoch kann ich es mir in meiner Freizeit nicht erlauben einige Stunden vor dem Rechner zu verbringen, um zu versuchen den möglichen Kontext der unterschiedlichen Argumentationen zu erarbeiten.

Tilson
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:   
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen   Drucker freundliche Ansicht    Freigeisterhaus Foren-Übersicht -> Politik und Geschichte Alle Zeiten sind GMT + 1 Stunde
Gehe zu Seite 1, 2  Weiter
Seite 1 von 2

 
Gehe zu:  
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben.
Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten.
Du kannst deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten.
Du kannst deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht mitmachen.



Impressum & Datenschutz


Powered by phpBB © 2001, 2005 phpBB Group