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Der Materialismus
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Myron
Metaphysischer Materialist



Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3483

Beitrag(#2304844) Verfasst am: 16.04.2024, 21:20    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:

Doch, formal betrachtet ist Identität eine Relation, wenngleich eine reflexive, da alles mit sich selbst identisch ist. Wenn du mir nicht glaubst, dann vielleicht Saul Kripke:

Zitat:
"[S]ome philosophers have thought that a relation, being essentially two-termed, cannot hold between a thing and itself. This position is plainly absurd. Someone can be his own worst enemy, his own severest critic and the like. Some relations are reflexive such as the relation 'no richer than'. Identity or schmidentity is nothing but the smallest reflexive relation."

(Kripke, Saul A. Naming and Necessity. Cambridge, MA: Harvard University Press, 1980. p. 108n50)


Zitat:
"Das Ding wird erst präzisiert durch die Identitätsrelation…"

(Gödel, Kurt. Philosophische Notizbücher/Philosophical Notebooks. Bd. 4: Maximen IV/Vol. 4: Maxims IV. Edited by Eva-Maria Engelen. Berlin: de Gruyter, 2023. S. 74)


Zitat:
"Identity. The term is used loosely. We speak of identical twins. We say that you and I drive identical station wagons. But for all the looseness of common usage, the term in its strict sense is as tight as a term can be. A thing is identical with itself and with nothing else, not even its identical twin.

David Hume was puzzled. Identity seems like a relation, but it does not relate things pairwise as a relation should; things are identical only to themselves. How then does identity differ from a mere property? Moreover, it applies to everything. How then does it differ from the mere property of existence, the property enjoyed by everything?

It is hard to project oneself into the confusions of even so gifted a mind as Hume's, after those confusions have given way to the progress of science. A relation is now clearly conceived as consisting of pairs of objects; the uncle relation comprises all the uncle-nephew and uncle-niece pairs. The identity relation comprises all and only the repetitious pairs, <x, x>; <x, x> is still not to be confused with x."

(Quine, W. V. Quiddities: An Intermittently Philosophical Dictionary. Cambridge, MA: Harvard University Press, 1987. pp. 89-90)
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44152

Beitrag(#2304846) Verfasst am: 16.04.2024, 23:36    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Wenn die Sonne existiert—was der Fall ist—und mit Ra identisch ist, dann existiert Ra; aber ob Ra = die Sonne als Gott angesehen wird oder nicht, hängt natürlich von der jeweiligen Betrachtungsweise ab.

Ach, aber ob die Venus als Abendstern angesehen wird, hängt nicht von der Betrachtungsweise ab? Kleiner Tipp: Objektiv, beobachterunabhängig, ist die Venus noch nicht mal ein Stern!

Myron hat folgendes geschrieben:
was aber nichts daran ändert, dass Ra mit der Sonne identisch ist und somit als Sonne existiert. Ob die Sonne auch als Gott existiert, hängt von der Wahrheit der ägyptischen Mythologie ab

Aha. Also A kann objektiv mit B identisch sein, ohne dass B objektiv mit A identisch ist.

Ganz im Ernst: So einen Identitätsbegriff habe ich in meinem ganzen Leben überhaupt noch nirgendwo gesehen. Mit den Augen rollen
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Geh mir aus der Sonne, Alexander!
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Myron
Metaphysischer Materialist



Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3483

Beitrag(#2304847) Verfasst am: 17.04.2024, 00:17    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
Wenn die Sonne existiert—was der Fall ist—und mit Ra identisch ist, dann existiert Ra; aber ob Ra = die Sonne als Gott angesehen wird oder nicht, hängt natürlich von der jeweiligen Betrachtungsweise ab.

Ach, aber ob die Venus als Abendstern angesehen wird, hängt nicht von der Betrachtungsweise ab? Kleiner Tipp: Objektiv, beobachterunabhängig, ist die Venus noch nicht mal ein Stern!


In der Astrophysik wird zwischen Sternen und Planeten unterschieden; und die Venus wird darin zu den Planeten gezählt, weil sie im Gegensatz zu Sternen nicht selbstleuchtend ist.
Im außerwissenschaftlichen Gebrauch kann "Stern" allerdings ein allgemeines Synonym von "Himmelskörper" sein, und ein Himmelskörper ist die Venus allemal.

Was die Namen "der Abendstern" und "der Morgenstern" betrifft, so hängt die Namensgebung von der Tageszeit der Himmelsbeobachtung ab; aber davon hängt die Identität des Abendsterns mit dem Morgenstern nicht ab, und auch nicht die Identität des Abend-/Morgensterns mit der Venus.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
…was aber nichts daran ändert, dass Ra mit der Sonne identisch ist und somit als Sonne existiert. Ob die Sonne auch als Gott existiert, hängt von der Wahrheit der ägyptischen Mythologie ab

Aha. Also A kann objektiv mit B identisch sein, ohne dass B objektiv mit A identisch ist.
Ganz im Ernst: So einen Identitätsbegriff habe ich in meinem ganzen Leben überhaupt noch nirgendwo gesehen.


In meiner Ausführung habe ich die Symmetrie der Identitätsbeziehung weder explizit noch implizit verneint. Ra = die Sonne & die Sonne = Ra!

Wenn Ra nicht wirklich ein Gott ist, dann ist die mit Ra identische Sonne kein Gott, und der mit der Sonne identische Ra ist nur ein ungöttlicher Stern.
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44152

Beitrag(#2304848) Verfasst am: 17.04.2024, 01:33    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
Wenn die Sonne existiert—was der Fall ist—und mit Ra identisch ist, dann existiert Ra; aber ob Ra = die Sonne als Gott angesehen wird oder nicht, hängt natürlich von der jeweiligen Betrachtungsweise ab.

Ach, aber ob die Venus als Abendstern angesehen wird, hängt nicht von der Betrachtungsweise ab? Kleiner Tipp: Objektiv, beobachterunabhängig, ist die Venus noch nicht mal ein Stern!


In der Astrophysik wird zwischen Sternen und Planeten unterschieden; und die Venus wird darin zu den Planeten gezählt, weil sie im Gegensatz zu Sternen nicht selbstleuchtend ist.
Im außerwissenschaftlichen Gebrauch kann "Stern" allerdings ein allgemeines Synonym von "Himmelskörper" sein, und ein Himmelskörper ist die Venus allemal.

Ach soo, also du beginnst mit der These, dass die Venus objektiv und perspektiven- und sprachunabhängig der Abendstern wäre, und in deinem Versuch, diese These trotz aller ihrer hier aufgezeigten Probleme aufrechtzuerhalten, endest du schließlich mit der Behauptung, dass der Status des Himmelskörpers Venus als Planet und eben nicht als Stern kein beobachterunabhängig objektiver, sondern ein von der Perspektive und der verwendeten sprachlichen Konvention abhängiger sei.

Das nenne ich mal sich versteigen. Mit den Augen rollen

Myron hat folgendes geschrieben:
In meiner Ausführung habe ich die Symmetrie der Identitätsbeziehung weder explizit noch implizit verneint. Ra = die Sonne & die Sonne = Ra!

Wenn Ra nicht wirklich ein Gott ist, dann ist die mit Ra identische Sonne kein Gott, und der mit der Sonne identische Ra ist nur ein ungöttlicher Stern.

Genau. Und wenn "der Abendstern" mit der Venus identisch ist, dann ist er zwar objektiv und beobachterunabhängig die Venus, aber dafür eben kein Abendstern.
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VanHanegem
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Anmeldungsdatum: 24.04.2006
Beiträge: 2964

Beitrag(#2304850) Verfasst am: 17.04.2024, 09:52    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:

In meiner Ausführung habe ich die Symmetrie der Identitätsbeziehung weder explizit noch implizit verneint. Ra = die Sonne & die Sonne = Ra!

Wenn Ra nicht wirklich ein Gott ist, dann ist die mit Ra identische Sonne kein Gott, und der mit der Sonne identische Ra ist nur ein ungöttlicher Stern.

Dem kann ich jedenfalls nur beipflichten.
Mit einer winzigen, ja fast irrelevanten Einschränkung: nämlich dass ich keinen vernünftigen Grund sehe, warum die Sonne kein Gott (m/w/d) sein sollte.
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fwo
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Anmeldungsdatum: 05.02.2008
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Beitrag(#2304851) Verfasst am: 17.04.2024, 10:53    Titel: Antworten mit Zitat

VanHanegem hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:

In meiner Ausführung habe ich die Symmetrie der Identitätsbeziehung weder explizit noch implizit verneint. Ra = die Sonne & die Sonne = Ra!

Wenn Ra nicht wirklich ein Gott ist, dann ist die mit Ra identische Sonne kein Gott, und der mit der Sonne identische Ra ist nur ein ungöttlicher Stern.

Dem kann ich jedenfalls nur beipflichten.
Mit einer winzigen, ja fast irrelevanten Einschränkung: nämlich dass ich keinen vernünftigen Grund sehe, warum die Sonne kein Gott (m/w/d) sein sollte.
Ich sehe sofort einen : Wir haben das Loch noch nicht gesehen. Die echten Götter haben immer ein Loch.
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
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Beitrag(#2304856) Verfasst am: 17.04.2024, 15:06    Titel: Antworten mit Zitat

Lachen
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Myron
Metaphysischer Materialist



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Beiträge: 3483

Beitrag(#2304868) Verfasst am: 17.04.2024, 21:41    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:

In der Astrophysik wird zwischen Sternen und Planeten unterschieden; und die Venus wird darin zu den Planeten gezählt, weil sie im Gegensatz zu Sternen nicht selbstleuchtend ist.
Im außerwissenschaftlichen Gebrauch kann "Stern" allerdings ein allgemeines Synonym von "Himmelskörper" sein, und ein Himmelskörper ist die Venus allemal.

Ach soo, also du beginnst mit der These, dass die Venus objektiv und perspektiven- und sprachunabhängig der Abendstern wäre, und in deinem Versuch, diese These trotz aller ihrer hier aufgezeigten Probleme aufrechtzuerhalten, endest du schließlich mit der Behauptung, dass der Status des Himmelskörpers Venus als Planet und eben nicht als Stern kein beobachterunabhängig objektiver, sondern ein von der Perspektive und der verwendeten sprachlichen Konvention abhängiger sei.
Das nenne ich mal sich versteigen.


Ich habe mich nicht "verstiegen"!
Die Bedeutungen unserer Begriffe hängen von unseren semantischen Entscheidungen ab; aber wenn die jeweiligen Bedeutungen einmal feststehen, dann hängt es nicht mehr von unseren Entscheidungen ab, ob es Gegenstände gibt, die unter die jeweiligen Begriffe fallen oder nicht. Gemäß der alten astrophysikalischen Definition von "Planet" war Pluto ein Planet, aber nach der neuen ist er keiner mehr—was natürlich an dem Himmelskörper Pluto selbst und seiner Beschaffenheit nichts geändert hat.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
In meiner Ausführung habe ich die Symmetrie der Identitätsbeziehung weder explizit noch implizit verneint. Ra = die Sonne & die Sonne = Ra!

Wenn Ra nicht wirklich ein Gott ist, dann ist die mit Ra identische Sonne kein Gott, und der mit der Sonne identische Ra ist nur ein ungöttlicher Stern.

Genau. Und wenn "der Abendstern" mit der Venus identisch ist, dann ist er zwar objektiv und beobachterunabhängig die Venus, aber dafür eben kein Abendstern.


Geht es dir darum, dass die Venus in der Fachsprache der Astrophysik ein Planet ist und kein Stern?
Diejenigen, die vor langer Zeit die Bezeichnungen "der Abendstern" und "der Morgenstern" erschufen und einführten, wussten noch nichts von der Identität des Abend-/Morgensterns mit der Venus und auch noch nichts davon, dass die Venus kein Stern im engeren wissenschaftlichen Sinn ist. Wie gesagt, "Stern" kann ganz allgemein "Himmelskörper" bedeuten.
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44152

Beitrag(#2304877) Verfasst am: 18.04.2024, 02:40    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Geht es dir darum, dass die Venus in der Fachsprache der Astrophysik ein Planet ist und kein Stern?

Es geht mir darum, dass es keinen Sinn hat, zu sagen, die Identität des Abendsterns mit der Venus hinge nicht vom Beobachter ab, wenn schon der Begriff des Abendsterns vom Beobachter abhängt. Um das zu sagen, was du sagen willst, müsstest du in der Lage sein, über den Abendstern ohne den Begriff des Abendsterns, aber immer noch als Abendstern zu reden - und das ist ein Widerspruch in sich selbst. Nun ist die Identität des Abendsterns von der Venus freilich auch nicht einfach willkürlich: Innerhalb der Perspektive, in der der Begriff des Abendsterns überhaupt einen Sinn ergibt, ist seine Identität mit der Venus objektiv. Aber diese Objektivität ist eben abhängig von der Perspektive. Dass das so ist, siehst du übrigens daran, dass die Venus nicht immer mit dem Abendstern identisch ist: Laut Wikipedia bezeichnet "Abendstern" den nach Sonnenuntergang hellsten Himmelskörper am Himmel außer dem Mond (womit übrigens schon klar ist, dass die von dem Begriff vorausgesetzte Perspektive die eines Blicks auf den irdischen Nachthimmel in einer bestimmten Nacht ist). Das ist schon jetzt nicht immer die Venus, und in der Zukunft sowieso nicht. Wenn wir z. B. demnächst (also innerhalb der nächsten 100.000 Jahre oder so) die Betelgeuze-Supernova bewundern dürfen, wird nach dieser Definition diese für die Zeit ihres Leuchtens der Abendstern sein. Schon daran siehst du, dass die Identität von überhaupt irgendwas mit dem Abendstern beobachterabhängig sein muss. Das liegt sozusagen im Begriff des Abendsterns.
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Myron
Metaphysischer Materialist



Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3483

Beitrag(#2304897) Verfasst am: 18.04.2024, 22:30    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
Geht es dir darum, dass die Venus in der Fachsprache der Astrophysik ein Planet ist und kein Stern?

Es geht mir darum, dass es keinen Sinn hat, zu sagen, die Identität des Abendsterns mit der Venus hinge nicht vom Beobachter ab, wenn schon der Begriff des Abendsterns vom Beobachter abhängt. Um das zu sagen, was du sagen willst, müsstest du in der Lage sein, über den Abendstern ohne den Begriff des Abendsterns, aber immer noch als Abendstern zu reden - und das ist ein Widerspruch in sich selbst. Nun ist die Identität des Abendsterns von der Venus freilich auch nicht einfach willkürlich: Innerhalb der Perspektive, in der der Begriff des Abendsterns überhaupt einen Sinn ergibt, ist seine Identität mit der Venus objektiv. Aber diese Objektivität ist eben abhängig von der Perspektive. Dass das so ist, siehst du übrigens daran, dass die Venus nicht immer mit dem Abendstern identisch ist: Laut Wikipedia bezeichnet "Abendstern" den nach Sonnenuntergang hellsten Himmelskörper am Himmel außer dem Mond (womit übrigens schon klar ist, dass die von dem Begriff vorausgesetzte Perspektive die eines Blicks auf den irdischen Nachthimmel in einer bestimmten Nacht ist). Das ist schon jetzt nicht immer die Venus, und in der Zukunft sowieso nicht. Wenn wir z. B. demnächst (also innerhalb der nächsten 100.000 Jahre oder so) die Betelgeuze-Supernova bewundern dürfen, wird nach dieser Definition diese für die Zeit ihres Leuchtens der Abendstern sein. Schon daran siehst du, dass die Identität von überhaupt irgendwas mit dem Abendstern beobachterabhängig sein muss. Das liegt sozusagen im Begriff des Abendsterns.


Die Identität des Abendsterns mit dem Abendstern ist gewiss nicht beobachterabhängig.

Wenn der Abendstern das nach Sonnenuntergang hervortretende hellste Gestirn außer dem Mond ist, und das nach Sonnenuntergang hervortretende hellste Gestirn außer dem Mond nicht notwendigerweise die Venus ist, dann ist die Kennzeichnung "das nach Sonnenuntergang hervortretende hellste Gestirn außer dem Mond" kein starrer Bezeichner (rigid designator), der sich notwendigerweise (in allen möglichen Welten) nur auf einen bestimmten Gegenstand bezieht; und dann ist es auch nicht notwendigerweise wahr, dass der Abendstern = die Venus, weil es auch wahr sein kann, dass der Abendstern = Merkur.

Im Grimmschen Wörterbuch ist "der Abendstern" hingegen als "die bei Sonnenuntergang sichtbare Venus" definiert, in welchem Fall der Abendstern notwendigerweise mit der Venus identisch ist. (Merkur kann ja nicht die bei Sonnenuntergang sichtbare Venus sein.)

Was ist die Moral von der Geschichte?

Wir lernen daraus, dass die Wahrheit von Identitätsaussagen insofern semantisch relativ ist, als es in Identitätssätzen der Form a = b, a = ixFx oder ixFx = ixGx (1 auf die jeweilige Bedeutung bzw. den jeweiligen Bezug (die Referenz) von "a", "b", "ixFx" und "ixGx" ankommt.
(1: ixFx/ixGx stehen für definite descriptions.)

Wenn aber die Bedeutungen und die Bezüge der in einem Identitätssatz vorkommenden Namen oder Kennzeichnungen innerhalb eines semantischen Kontextes einmal feststehen und bekannt sind, dann entscheiden nicht mehr wir über die Wahrheit des betreffenden Identitätssatzes.

Wenn jemand bei Sonnenuntergang mit dem Finger auf einen bestimmten Himmelskörper deutet und sagt "Dies ist der Abendstern!", und dieser Himmelskörper ist die Venus, dann ist es eine objektive Tatsache, dass der Abendstern mit der Venus identisch ist, auch wenn jene Person dies nicht weiß.
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Myron
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Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3483

Beitrag(#2304899) Verfasst am: 18.04.2024, 23:24    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:

Was ist die Moral von der Geschichte?

Wir lernen daraus, dass die Wahrheit von Identitätsaussagen insofern semantisch relativ ist, als es in Identitätssätzen der Form a = b, a = ixFx oder ixFx = ixGx (1 auf die jeweilige Bedeutung bzw. den jeweiligen Bezug (die Referenz) von "a", "b", "ixFx" und "ixGx" ankommt.
(1: ixFx/ixGx stehen für definite descriptions.)

Wenn aber die Bedeutungen und die Bezüge der in einem Identitätssatz vorkommenden Namen oder Kennzeichnungen innerhalb eines semantischen Kontextes einmal feststehen und bekannt sind, dann entscheiden nicht mehr wir über die Wahrheit des betreffenden Identitätssatzes.


Die Sache mit der semantischen Relativität ist eigentlich trivial.

Wenn "Junggeselle" nicht "unverheirateter junger Mann" bedeutete, sondern nur "junger Mann", dann wäre es falsch, dass alle Junggesellen unverheiratet sind; aber es bedeutet de facto nicht "junger Mann", sondern "unverheirateter junger Mann", sodass es de facto wahr ist, dass alle Junggesellen unverheiratet sind.

Wenn sich "der (gegenwärtige) Bundeskanzler der BRD" nicht auf Olaf Scholz, sondern auf jemand anderen bezöge, dann wäre es falsch, dass der (gegenwärtige) Bundeskanzler der BRD mit Olaf Scholz identisch ist. Olaf Scholz ist aber de facto der (gegenwärtige) Bundeskanzler der BRD, sodass sich "der (gegenwärtige) Bundeskanzler der BRD" de facto auf Olaf Scholz bezieht.
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44152

Beitrag(#2304903) Verfasst am: 19.04.2024, 02:25    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Die Sache mit der semantischen Relativität ist eigentlich trivial.

Trivial und doch leicht vergessen und schwer wieder eingesehen. Gibt's ja öfters mal in der Philosophie.

(Von der Relativität der Semantik von Indexikalien wie etwa dem Wort "dies" in "dies ist der Abendstern" fange ich lieber gar nicht erst an.)
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Myron
Metaphysischer Materialist



Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3483

Beitrag(#2304912) Verfasst am: 20.04.2024, 00:10    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
Was ist denn dein Standpunkt bezüglich des guten alten Geist-Körper-/Leib-Seele-Verhältnisses?

Meinen Standpunkt zum "Geist" darzustellen ist hier vermutlich wenig hilfreich, weil mein Geistbegriff ein ganz anderer ist als der, den du im Sinn hast. Für mich drücken z. B. auch Kunstwerke einen Geist aus (um noch vergleichsweise simpel zu bleiben). Den Begriff "Seele" mag ich nicht, aber wenn wir mal annehmen, dass damit die Gesamtheit der Gegenstände der Psychologie gemeint ist, dann ist das ein Sammelbegriff mit sehr heterogenem Inhalt.


Ich unterscheide drei Hauptbereiche der Psychologie:

1. Verhaltenspsychologie (Ethologie), Handlungspsychologie (Praxeologie)
2. Denkpsychologie, Verstandespsychologie (Thema: Intellekt, Intelligenz), Kognitions- oder Informationspsychologie ("Noesiologie"/"Noologie")
3. Bewusstseinspsychologie, Erfahrungs-/Erlebnispsychologie ("Empiriologie"), Erscheinungspsychologie (Phänomenologie)

Zu 2: Griech. "noesis" = "geistige Tätigkeit", "Denken"; "nous" = "Geist", "Verstand".
Der Begriff "Denken" bezieht sich hier nicht nur auf bewusste Denkvorgänge, sondern ganz allgemein auf alle Arten bewusster oder unbewusster Zeichenvorgänge im Geist, d.i. mentale Repräsentationen (als semantische Information) im Sinn der modernen Kognitionspsychologie. (Ob es wirklich sinnvoll ist, unbewusste Zeichenvorgänge Denken zu nennen, sei hier dahingestellt.)

Was den neuroreduktiven Materialismus betrifft, so stellen die subjektiven Bewusstseinsinhalte die höchste Hürde dar ("das Qualia-Problem").

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Einiges davon mag nahtlos auf Gehirnchemie und Neurologie reduzierbar sein, bei anderem dürfte das hingegen schwierig werden, z. B. weil es dabei schon begrifflich eher um Verhältnisse des Individuums zu seiner Umwelt geht - womit wir wieder beim Thema Verhältnisrealismus wären. Aber man wird sehen.


Zitat:
"In the philosophy of mind, externalism is the view that what is going on in an individual’s mind is not (entirely) determined by what is going on inside her body, including her brain. Externalism comes in two principal forms: externalism about mental content and externalism about the vehicles or bearers of that content. The latter form of externalism is commonly known as the extended mind. At stake are important issues concerning the nature of the mind and its relation to the world, both natural and social."

Externalism About the Mind: https://plato.stanford.edu/entries/content-externalism/


Wenn der psychologische Externalismus in der einen oder anderen Form zutrifft, dann stellt er zwar für den neuroreduktiven Materialismus ein Problem dar, aber nicht für den reduktiven Materialismus, dem zufolge sowohl geistbegabte Körper als auch deren Umwelten aus nichts weiter als rein materiellen/physischen Sachen bestehen.
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VanHanegem
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Beitrag(#2304922) Verfasst am: 20.04.2024, 13:45    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Die echten Götter haben immer ein Loch.

Das ist wohl germanische/keltische Auffassung. Nach Xenophanes von Kolophon (XvK) ist Gott jedoch kugelförmig ohne Loch.
Als Vorsokratiker ist XvK ja wohl vorrangig für den Materialismus zuständig. Mithin halte ich seine Meinung auch für maßgeblich in einem Thread über Materialismus.
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fwo
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Beitrag(#2304926) Verfasst am: 20.04.2024, 17:11    Titel: Antworten mit Zitat

VanHanegem hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Die echten Götter haben immer ein Loch.

Das ist wohl germanische/keltische Auffassung. Nach Xenophanes von Kolophon (XvK) ist Gott jedoch kugelförmig ohne Loch.
Als Vorsokratiker ist XvK ja wohl vorrangig für den Materialismus zuständig. Mithin halte ich seine Meinung auch für maßgeblich in einem Thread über Materialismus.

Nach Xenophanes von Kolophon ist Gott jedoch nur dann kugelförmig ohne Loch, wenn Buddha ihn sich ausdenkt. Außerdem entstehen bei ihm die Sterne und Himmelskörper über die Wolken aus dem Wasser. Der taugt also nur sehr bedingt als Zeuge für die Möglichkeit einer Identität von Gott und Sonne.
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Beitrag(#2304927) Verfasst am: 20.04.2024, 17:13    Titel: Antworten mit Zitat

noc
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VanHanegem
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Beitrag(#2304936) Verfasst am: 21.04.2024, 12:20    Titel: Antworten mit Zitat

Du spielst darauf an, dass die Vorsokratiker und die fernöstlichen Lehrer (Buddha, Kong, Laozi etc.) ca. 500 v.Chr. rum zufällig zeitlich zusammenfallen? In der Tat eine faszinierende Koinzidenz, die der Erklärung bedarf.

Noch sexier finde ich aber die Theorie, dass die antiken griechischen, mediterranen und nahöstlichen Monotheisten von Echnaton inspieriert waren.
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Beitrag(#2304937) Verfasst am: 21.04.2024, 13:38    Titel: Antworten mit Zitat

Echsnaton steckt bekanntlich hinter allem.
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fwo
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Beitrag(#2304939) Verfasst am: 21.04.2024, 14:04    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:

Nach Xenophanes von Kolophon ist Gott jedoch nur dann kugelförmig ohne Loch, wenn Buddha ihn sich ausdenkt.

VanHanegem hat folgendes geschrieben:
Du spielst darauf an, dass die Vorsokratiker und die fernöstlichen Lehrer (Buddha, Kong, Laozi etc.) ca. 500 v.Chr. rum zufällig zeitlich zusammenfallen?

Nein, ich spielte auf Buddhas kugelförmige Figur und das überlieferte Zitat "Wenn die Pferde Götter hätten, sähen sie wie Pferde aus." an.
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Beitrag(#2304945) Verfasst am: 21.04.2024, 15:31    Titel: Antworten mit Zitat

Wenn die platonischen Körper Götter hätten, sähen diese wie platonische Körper aus? Am Kopf kratzen
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VanHanegem
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Beitrag(#2304962) Verfasst am: 22.04.2024, 08:55    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:

Nein, ich spielte auf Buddhas kugelförmige Figur und das überlieferte Zitat "Wenn die Pferde Götter hätten, sähen sie wie Pferde aus." an.

Lustigerweise stammt dieses Zitat (nicht wörtlich aber sinngemäß) genau von diesem Xenophanes von Kolophon
zumindest dann, wenn Clemens ihn richtig zitiert hat.
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