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Was sind religiöse Handlungen?
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Sanne
gives peas a chance.



Anmeldungsdatum: 05.08.2003
Beiträge: 12088
Wohnort: Nordschland

Beitrag(#65810) Verfasst am: 19.12.2003, 17:50    Titel: Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
genau darum ging es mir. Ich werde den Eindruck nicht los, dass es Menschen gibt, die unter 'negativer Religionsfreiheit' verstehen, dass niemand sie oder ihre Kinder damit konfrontiert, dass es Menschen gibt, die ganz bewusst oder auch nur selbstverständlich ihren Glauben leben.


Zum evangelikalen Glaubensverständnis gehört es z.B. dazu, daß sie missonieren. Ich finde, missionierende Lehrer muß man schon in die Schranken weisen.
Zitat:


Mir ging es darum, zu klären, was denn nun 'religiöse Handlungen' sind, die man im Rahmen des Schulunterrichts gefälligst zu unterlassen hat, wenn man verhindern möchte, dass A&As einem gleich mit dem Kadi drohen.

Als Biologie-Lehrer kann ich mir sogar vorstellen, dass bei mir ein Evangelikaler auf der Matte steht, der Evolution als 'Religion' bezeichnet und betont, dass sein Kind nicht gegen seinen Willen dazu gezwungen werden darf, sich damit zu befassen.

Grüßle

Thomas

Wenn du den Evolutions-Unterricht religionsneutral abhältst, könnte doch nichts passieren. So in etwa "plausibelste Erklärung", "es war ja keiner dabei, der es für die Nachwelt dokumentiert hat..." Selbst Kreationisten können die Evolutionsbiologie als Modell akzeptieren.
Schwieriger ist wahrscheinlich der Sexualkunde-Unterricht? Für Katholiken keine Verhütungsmittel, für streng-muslimische Mädchen keine Aufklärung, für Evangelikale kein Sex vor der Ehe Am Kopf kratzen
Aber auch hier sollte es für die Gläubigen doch eigentlich interessant sein, was der "Feind" so treibt.

Religiöse Handlungen im eigentlichen Sinne sind Gebet, Predigt, Andacht, Ábendmahl/Eucharistie, Taufe, Exorzismus, Beschwörungen, religiöse Rituale (Beschneidung...)

Außerdem Astrologie, Wahrsagen, Glücksbringer, Wünschelruten, Feng Shui ...: Die Evangelikalen sind bös allergisch auf diese esoterischen Dinge, und für atheistische Rationalisten erfüllen sie den Tatbestand der Verblödung.
_________________
Ich will das Internet doch nicht mit meinen Problemen belästigen! (Marge Simpson)
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Zebra
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Beitrag(#65815) Verfasst am: 19.12.2003, 17:57    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Klar müssen wir protestieren. Aber willst Du damit sagen, unser Protest dürfe immer nur ein Veto im Fall unseres eigenen Kindes sein, nicht aber ein Protest gegen die nichtneutrale Vorgehensweise?


Nein, das wollte ich auf keinen Fall!

step hat folgendes geschrieben:
Mit anderen Worten, darf der Protest nicht die Forderung beinhalten, die Lehrkraft selbst solle sich von sich aus hinreichend neutral verhalten? Also ich jedenfalls finde diese Forderung über den Einzelfall hinaus sehr wichtig.


Seh ich nämlich ganz genauso.

Was mich dagegen furchtbar ärgert, ist "internes" Gejammere. Wenn jemand schmatzt und mich das nervt, sag ich ihm das auch und "leide" nicht still vor mich hin. Klingt banal, ist aber letztendlich dasselbe.

step hat folgendes geschrieben:
Ich habe ja gar nicht bezweifelt, daß die Lieder größtenteils wegen der Tradition gesungen werden, wie viele andere merkwürdige Dinge auch. Aber immerhin wird in Eurer Familie freiwillig gesungen, oder?


Das ist der Knackpunkt: Solange niemand sich gegen das Singen ausspricht, kann die Lehrerin doch getrost davon ausgehen, alle würden es freiwillig tun (wobei ihr ja diverse Schulgesetze noch recht zu geben scheinen). Also in Abwandlung des Wilhelminischen Ausspruches ist dafür, wer nicht dagegen ist (und dies auch deutlich macht). Das lässt zwar auf mangelnde soziale Kompetenzen, offenbar fehlendes gesellschaftspolitisches Wissen und erst recht völlig unzureichende pädagogische Fähigkeiten schließen, ist aber menschlich durchaus nachvollziehbar. Auch gerade weil jeder die Grenze zur "religiösen Handlung" anders zieht, kommen solche Leute vllt nicht mal auf den Gedanken, andere Menschen könnten sich dadurch (zurecht) in ihrer negativen Religionsfreiheit eingeschränkt fühlen.


Zuletzt bearbeitet von Zebra am 19.12.2003, 18:03, insgesamt einmal bearbeitet
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22767
Wohnort: Germering

Beitrag(#65818) Verfasst am: 19.12.2003, 18:02    Titel: Antworten mit Zitat

@zebra:

Yep, so kann ich Dir voll zustimmen.
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Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Schmerzlos
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Anmeldungsdatum: 02.08.2003
Beiträge: 4554

Beitrag(#65823) Verfasst am: 19.12.2003, 18:16    Titel: Antworten mit Zitat

cogito_ergo_sum hat folgendes geschrieben:
@ Schmerzlos

Du schriebst:

Zitat:
Die Ottonormalchristen verstehen ihre eigene Religion nicht.



Was verstehst du unter "Ottonormalchristen"?


- Man könnte (platt) sagen "die Volkstümlichen"...die sich mit dem
"Glauben" an eine mythische Vorstellungswelt allein begnügen
ohne aber Hintergründe oder theologische-philosophische
Erkenntnis zu besitzen. Verschärft könnte man den
"Aberglauben" anführen. Die Bibel bietet z.B. allerlei
Sinnbilder die man keineswegs alle wörtlich nehmen
sollte. Das hängt sehr stark an sprachlichen
Mißverständnissen und absichtvoller
Beeinflußung. Das heißt es wird
eine "Interpretation" serviert
die der jeweiligen Tradition
gerade besonders schmackhaft
ist. (So entstehen Machtansprüche)

Zitat:
Sind das diejenigen christen, die sich ihren eigenen Glauben "zurechtzimmern" und auf Überlieferung und Tradition der Kirche gut und gerne verzichten können?


- Es ist genau umgekehrt. Diejenigen die auf der Suche
sind, sind entsprechend noch nicht "festgefahren" und
eben darum noch nicht dogmatisch/fanatisch.
Institutionen sind spirituell meist völlig verfahren.
Das Leitbild Jesus ist nicht mehr aufzufinden.
(Nur das ständige Gerede darüber. Im Grunde
ist häufig nur noch das übrig geblieben wogegen
ein Jesus gepredigt hat.) Von den wenigen die
den Mut zur Nachfolge Jesu haben, wozu er ja
aufgefordert hat...gibt es noch weniger die
ganz sie selbst sind.

Zitat:
Meinst du die reinen "Taufscheinchristen", oder die Modernisten?


- Was tat der Teufel anderes, als das er
sich´s annahm er sei Etwas und sei "Jemand" ?
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El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#65834) Verfasst am: 19.12.2003, 19:19    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Zebra,

Zebra hat folgendes geschrieben:


[ ... ]

Also in Abwandlung des Wilhelminischen Ausspruches ist dafür, wer nicht dagegen ist (und dies auch deutlich macht). Das lässt zwar auf mangelnde soziale Kompetenzen, offenbar fehlendes gesellschaftspolitisches Wissen und erst recht völlig unzureichende pädagogische Fähigkeiten schließen,


Hier muss ich doch ganz gelinde lächeln. Wenn in einem Land, in dem der Gottesbezug in der Verfassung steht, in einem Bundesland (NRW), in dessen Verfassung das noch deutlicher steht, ein Lehrer _nicht_ auf die Idee kommt, dass das jemandem nicht passen könnte, hat der lauter negative Eigenschaften. Wenn Du als Elternteil so bei mir in die Sprechstunde kommen würdest, hättest Du nicht viel Freude an dem Nachmittag.

Zebra hat folgendes geschrieben:
ist aber menschlich durchaus nachvollziehbar.


Wenn Du Katholik wärst, würdest Du jetzt wohl das 'irrende Gewissen' ins Spiel bringen ;-)

Zebra hat folgendes geschrieben:
Auch gerade weil jeder die Grenze zur "religiösen Handlung" anders zieht, kommen solche Leute vllt nicht mal auf den Gedanken, andere Menschen könnten sich dadurch (zurecht) in ihrer negativen Religionsfreiheit eingeschränkt fühlen.


Bingo! Und nun lies Dir, aufgrund dessen, was Du im zweiten Teil Deines Postings geschrieben hast, das erste noch einmal durch. Ich finde, dass da was nicht passt.

BTW, nun wäre noch zu klären, wo denn nun exakt die 'negative Religionsfreiheit' verletzt wird.

Grüßle

Thomas
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Nav
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Beitrag(#65837) Verfasst am: 19.12.2003, 19:24    Titel: Antworten mit Zitat

Blanker Relativismus! Böse
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22767
Wohnort: Germering

Beitrag(#65863) Verfasst am: 19.12.2003, 20:26    Titel: Antworten mit Zitat

Daß die Landesverfassungen und Teile des Grundgesetzes durch einen Gottesbezug oder gar christlichen Lehrauftrag im Widerspruch zu wesentlichen Grundwerten und anderen Teilen der Verfassung stehen, ist bekannt und ein anderes Thema.

Wichtiger als die Durchführung einer religionsähnlichen gemeinsamen Handlung im nicht-RU wäre - da stimme ich Zebra zu - die Sensibilität des Lehrers gegenüber anderen Weltanschauungen. Eltern oder gar das Kind erstmal spießrutenlaufen zu lassen (Direktor, ...) und sich selbst auf die mglw. neblige Rechtslage herauszureden, deutet darauf hin, daß es dem Lehrer vornehmlich um die eigene Ruh und das reibungslose Regiment geht. Dieser Typus begegnet mir allerdings des öfteren an den Schulen meiner Kinder, übrigens meist nicht im Zusammenhang mit dem Thema Religion. Es gibt aber auch regelmäßig lobenswerte Ausnahmen.

gruß/step
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defensor_fidei
Gast






Beitrag(#65864) Verfasst am: 19.12.2003, 20:30    Titel: Antworten mit Zitat

@ Schmerzlos

Du schriebst u.a.:

Zitat:
Von den wenigen die
den Mut zur Nachfolge Jesu haben, wozu er ja
aufgefordert hat...gibt es noch weniger die
ganz sie selbst sind.


Wenn ich deine Passagen richtig interpretiert habe, so sind die in dem o.g. Zitat genannten Christen diejenigen, die du als die "wahren" Christen kennzeichnen würdest?

Was ist deiner Meinung nach das, was diese Christen denn wirklich ausmacht? Wozu hat Jesus deiner Meinung nach aufgfordert - und was heißt "ganz sie selbst"? Steht das nicht im Gegensatz zu einem bestimmten Paulus-Zitat? Oder meinst du, Paulus sei für den Christen nicht maßgeblich?
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El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#65870) Verfasst am: 19.12.2003, 20:45    Titel: Antworten mit Zitat

Hi step,

step hat folgendes geschrieben:
Daß die Landesverfassungen und Teile des Grundgesetzes durch einen Gottesbezug oder gar christlichen Lehrauftrag im Widerspruch zu wesentlichen Grundwerten und anderen Teilen der Verfassung stehen, ist bekannt und ein anderes Thema.


ACK

step hat folgendes geschrieben:
Wichtiger als die Durchführung einer religionsähnlichen gemeinsamen Handlung im nicht-RU wäre


Irgendwie komme ich mit der Terminologie nicht klar. 'Religionsähnliche gemeinsame Handlung' klingt irgendwie merkwürdig abstrakt.

step hat folgendes geschrieben:
- da stimme ich Zebra zu - die Sensibilität des Lehrers gegenüber anderen Weltanschauungen. Eltern oder gar das Kind erstmal spießrutenlaufen zu lassen (Direktor, ...) und sich selbst auf die mglw. neblige Rechtslage herauszureden, deutet darauf hin, daß es dem Lehrer vornehmlich um die eigene Ruh und das reibungslose Regiment geht.


Was möchtest Du eigentlich von mir? Soll ich nun allen Eltern gegenüber, die gerne hätten, dass die Kinder ein Krippenspiel aufführen, nur deshalb unsensibel sein, weil ich das Kind eines Atheisten (möglicherweise des einzigen in der Klasse) nicht in einen 'Gewissenskonflikt' bringen möchte? Ist 'negative Religionsfreiheit' ein so hohes Gut, dass es locker alle anderen Interessen aussticht?

Was wäre, wenn ich die _Klasse_ fragen würde, ob wir ein bestimmtes Lied singen? Was soll ich dann machen, wenn ein Elternteil sagt, dass es nicht möchte, dass sein Kind teilnimmt?

step hat folgendes geschrieben:
Dieser Typus begegnet mir allerdings des öfteren an den Schulen meiner Kinder, übrigens meist nicht im Zusammenhang mit dem Thema Religion.


Beispielsweise Lehrer, die sich weigern würden, Lieder der Arbeiterbewegung singen zu lassen, weil das Kind eines Unternehmers dadurch in Probleme geräte?

step hat folgendes geschrieben:
Es gibt aber auch regelmäßig lobenswerte Ausnahmen.


Vermutlich die, die das Grundgesetz ernst nehmen: "Jeder hat das Recht, frei meine Meinung zu sagen."?

Grüßle

Thomas
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22767
Wohnort: Germering

Beitrag(#65896) Verfasst am: 19.12.2003, 22:02    Titel: Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Was möchtest Du eigentlich von mir?
Von Dir persönlich gar nichts.
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Soll ich nun allen Eltern gegenüber, die gerne hätten, dass die Kinder ein Krippenspiel aufführen, nur deshalb unsensibel sein, weil ich das Kind eines Atheisten (möglicherweise des einzigen in der Klasse) nicht in einen 'Gewissenskonflikt' bringen möchte?
Das suggeriert, daß es gebe nur die Möglichkeit, entweder die Mehrheit oder die Minderheit ungerecht zu behandeln bzw. vor den Kopf zu stoßen. Wieso nicht das Singen der religiösen Lieder, das Krippenspiel usw. in der Kirchengemeinde oder im RU durchführen?
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Ist 'negative Religionsfreiheit' ein so hohes Gut, dass es locker alle anderen Interessen aussticht?
Negative Ideologiefreiheit ist schon ein SEHR hoher Wert, in der Tat. Es sticht mE natürlich nicht ALLE anderen Interessen aus, aber durchaus den Wunsch, religiöse Handlungen unbedingt unter Teilnahme ALLER durchzuführen, obwohl es andere Möglichkeiten gäbe, seine Religion mit Gleichgesinnten gemensam auszuleben.
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Was wäre, wenn ich die _Klasse_ fragen würde, ob wir ein bestimmtes Lied singen? Was soll ich dann machen, wenn ein Elternteil sagt, dass es nicht möchte, dass sein Kind teilnimmt?
Bestimmte Grundwerte zählen noch mehr als der Stammtischwille. Ich sehe aber durchaus, daß es Situationen gibt, in denen es für den Lehrer praktisch unmöglich ist, eine alle befriedigende Lösung zu finden, z.B. wenn sich die viele Eltern beschweren, daß ein bestimmtes Kind ständig störe, dessen Eltern aber auf besserer Integration bestehen.

gruß/step
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El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#65899) Verfasst am: 19.12.2003, 22:16    Titel: Antworten mit Zitat

Hi step,

step hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Soll ich nun allen Eltern gegenüber, die gerne hätten, dass die Kinder ein Krippenspiel aufführen, nur deshalb unsensibel sein, weil ich das Kind eines Atheisten (möglicherweise des einzigen in der Klasse) nicht in einen 'Gewissenskonflikt' bringen möchte?


Das suggeriert, daß es gebe nur die Möglichkeit, entweder die Mehrheit oder die Minderheit ungerecht zu behandeln bzw. vor den Kopf zu stoßen. Wieso nicht das Singen der religiösen Lieder, das Krippenspiel usw. in der Kirchengemeinde oder im RU durchführen?


Das ist halt das Problem bei derartigen abstrakten Diskussionen. Warum solle man ein Krippenspiel in der Kirche durchführen? Auf der einen Seite ist Weihnachten ein Teil unserer Kultur, auf der anderen Seite gibt es Christen, die keiner Kirche angehören (bei mir in der Ecke sind das sogar sehr viele, die sind aber ganz radikal und lehnen die Kirche als zu wenig 'christlich' ab).

Das war doch der Hintergrund meiner Frage: was sind _religiöse_ Veranstaltungen? Kann ein und dasselbe Krippenspiel, wenn es in einer Kirche aufgeführt wird, eine genuin religiöse Handlung sein, jedoch möglicherweise eine stinkenormale Schulveranstaltung sein, wenn es in einer Turnhalle aufgeführt wird?

step hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Ist 'negative Religionsfreiheit' ein so hohes Gut, dass es locker alle anderen Interessen aussticht?

Negative Ideologiefreiheit ist schon ein SEHR hoher Wert, in der Tat. Es sticht mE natürlich nicht ALLE anderen Interessen aus, aber durchaus den Wunsch, religiöse Handlungen unbedingt unter Teilnahme ALLER durchzuführen, obwohl es andere Möglichkeiten gäbe, seine Religion mit Gleichgesinnten gemensam auszuleben.


Auch hier hängt wieder alles am _konkreten_ Fall.

step hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Was wäre, wenn ich die _Klasse_ fragen würde, ob wir ein bestimmtes Lied singen? Was soll ich dann machen, wenn ein Elternteil sagt, dass es nicht möchte, dass sein Kind teilnimmt?

Bestimmte Grundwerte zählen noch mehr als der Stammtischwille.


Seit wann ist eine Klasse ein Stammtisch?

step hat folgendes geschrieben:
Ich sehe aber durchaus, daß es Situationen gibt, in denen es für den Lehrer praktisch unmöglich ist, eine alle befriedigende Lösung zu finden, z.B. wenn sich die viele Eltern beschweren, daß ein bestimmtes Kind ständig störe, dessen Eltern aber auf besserer Integration bestehen.


Wir waren eigentlich noch bei Krippenspielen oder noch allgemeiner: was sind _religiöse_ Handlungen, die durchzuführen dem Lehrer, der Deiner Meinung nach nachdenken muss, besonderes Fingerspitzengefühl abverlangen?

Grüßle

Thomas
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22767
Wohnort: Germering

Beitrag(#65905) Verfasst am: 19.12.2003, 22:28    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Thomas,

wenn ich Dich richtig verstehe, ist eines Deiner Probleme darin begründet, daß evangelikale Eltern Krippenspiele wollen, aber ihre Kinder nicht in Kirche und RU schicken, weil der zu wenig christlich sei. Ich kenne selbst viele Evangelikale, denen "weltliche" Krippenspiele noch viel weniger christlich genug sind als der RU. Sie führen in ihren Gemeinden sehr wohl ihre eigenen "Spiele" durch, ich war sogar schon bei einem dabei.

Deine andere Frage bezog sich darauf, ob ein Krippenspiel eine (nicht religiöse) stinknormale Schulveranstaltung sein kann.

Meines Erachtens nur, wenn man den Text umschreibt oder keiner hinhört. Was allerdings richtig ist: Es gibt Kinder, die trotz der Beschallung mit religösen Texten keine religiöse Prägung davontragen.

gruß/step
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El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#65913) Verfasst am: 19.12.2003, 22:38    Titel: Antworten mit Zitat

Hi step,

step hat folgendes geschrieben:
wenn ich Dich richtig verstehe, ist eines Deiner Probleme darin begründet, daß evangelikale Eltern Krippenspiele wollen, aber ihre Kinder nicht in Kirche und RU schicken, weil der zu wenig christlich sei. Ich kenne selbst viele Evangelikale, denen "weltliche" Krippenspiele noch viel weniger christlich genug sind als der RU. Sie führen in ihren Gemeinden sehr wohl ihre eigenen "Spiele" durch, ich war sogar schon bei einem dabei.


sorry, das ist nun wirklich keins meiner Probleme. Mein Problem ist, dass es _Schulveranstaltungen_ gibt, die gewissen Menschen, die etwas extrem auf negative Religionsfreiheit Wert legen, Probleme bereiten.

step hat folgendes geschrieben:
Deine andere Frage bezog sich darauf, ob ein Krippenspiel eine (nicht religiöse) stinknormale Schulveranstaltung sein kann.

Meines Erachtens nur, wenn man den Text umschreibt oder keiner hinhört.


Alte Weisheit: schlimm ist nicht, was man sieht, sondern was man sich dabei denkt.

Wenn jemand ein 08/15 Krippenspiel als 'religiöse Handlung' versteht, liegt das Problem möglicherweise 'in the eye of the beholder'.

step hat folgendes geschrieben:
Was allerdings richtig ist: Es gibt Kinder, die trotz der Beschallung mit religösen Texten keine religiöse Prägung davontragen.


Was lernen wir daraus?

Grüßle

Thomas
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Schmerzlos
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Anmeldungsdatum: 02.08.2003
Beiträge: 4554

Beitrag(#65914) Verfasst am: 19.12.2003, 22:39    Titel: Antworten mit Zitat

cogito_ergo_sum hat folgendes geschrieben:
@ Schmerzlos

Du schriebst u.a.:

Zitat:
Von den wenigen die
den Mut zur Nachfolge Jesu haben, wozu er ja
aufgefordert hat...gibt es noch weniger die
ganz sie selbst sind.


Wenn ich deine Passagen richtig interpretiert habe, so sind die in dem o.g. Zitat genannten Christen diejenigen, die du als die "wahren" Christen kennzeichnen würdest?


- Es gibt keine "wahren" Christen. Bestenfalls Leute die sich dafür halten.
Besitzstandsdenken ist wohl kein guter Ratgeber in dieser Richtung...
Selbstlosigkeit ist ein Ideal was sich in vielen Religionen findet.
Das Wort beeinhalten aber gleichzeitig immer ein Mißverständnis.
(Nicht zu verwechseln mit dem Borderlinersyndrom Lachen )
Der Erlösungsgedanke entspricht dann auch eher der
Rückkehr ins 'unterschiedlose Paradies' vor dem sog. "Sündenfall".

Zitat:
Was ist deiner Meinung nach das, was diese Christen denn wirklich ausmacht?


- Das Herz ist Sammelpunkt aller menschlichen Erfahrung.
Dementsprechend halte ich nicht viel davon irgendwas
zu bekennen. Unschuldig werden bedeutet nicht das man
sich in irgendetwas verbeisst. Fixierungen, Obsessionen,
Anhaftungen und das volle Programm lehrsystematischer
Programmierung kann sehr gefährlich sein.

Zitat:
Wozu hat Jesus deiner Meinung nach aufgfordert


"Kommt her. folgt mir nach. Ich werde euch zu Menschenfischern machen" (Mk 1, 17).

http://www.bibel-online.net/buch/49.epheser/2.html

Zitat:
- und was heißt "ganz sie selbst"?


Für Christen ist Christus eben jener Gott der dem Moses auf
dem Berg Sinai die 10 Gebote überreicht hat.

Über Christus liest man bei Paulus folgendes:

Nr. 27
http://www.uni-essen.de/Ev-Theologie/courses/course-stuff/lit-haenchen69.htm

Wobei hier von einer "Sonderanschauung" die Rede ist. Lachen
Wenn man ein bisschen Ahnung hat wer "Paulus" war,
dann ist das gewissenmaßen sehr komisch...

Zitat:
Steht das nicht im Gegensatz zu einem bestimmten Paulus-Zitat? Oder meinst du, Paulus sei für den Christen nicht maßgeblich?


- Im Gegenteil. Cool
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Sokrateer
souverän



Anmeldungsdatum: 05.09.2003
Beiträge: 11649
Wohnort: Wien

Beitrag(#65923) Verfasst am: 19.12.2003, 22:58    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:

Zudem ist es in Bayern nicht so einfach. Sagst Du "Guten Tag"
giltst Du als arroganter Preiß,

Das kann man mit "Tag" abkürzen.

step hat folgendes geschrieben:
"Grüß Sie" klingt gesteltzt und ist schlecht aussprechbar,

Nicht, wenn man es zusammen ausspricht, wie hier in Wien üblich. Ungefähr so: "Grühssie". Ist meiner Beobachtung nach in der älteren Arbeiterschaft sehr beliebt.

Zitat:
"Servus" ist i.d.R. zu kumpelhaft, gestandene Bayern sagten mir, es gebe eben nur "Grüß Gott". Wie ist es denn in Ö?

Also in Ö ist "Grüß Gott" nur eine von vielen Varianten. (Auch noch "Griaßdi" "Habedere" oder kurz "dere" von "Ich habe die Ehre" usw.)
Ich glaube du machst dir ganz einfach zu viele Gedanken darüber. Such dir was aus und gewöhn dich dran.
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22767
Wohnort: Germering

Beitrag(#65930) Verfasst am: 19.12.2003, 23:05    Titel: Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Ich glaube du machst dir ganz einfach zu viele Gedanken darüber. Such dir was aus und gewöhn dich dran.
OK, vermutlich hast Du recht.
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Falameezar
registrierter User



Anmeldungsdatum: 05.09.2003
Beiträge: 1867
Wohnort: umringt von glücklichen Kühen

Beitrag(#65943) Verfasst am: 20.12.2003, 00:19    Titel: Antworten mit Zitat

Zum Thema:

...wenn für den Jahresabschlußgottesdienst im Musikunterricht zB das Lied "Großer Gott, wir loben dich" gelernt u. geübt wird.

...wenn im HSK-Buch (Jahrgangsstufe 3, Verlag Baumann-Ehrenwirth) ein Thema lautet "Wir beginnen den Tag mit einem Gebet" (statt "Christen beginnen...")

...wenn in demselben Buch zum Thema "Brot" die Überschrift wie folgt lautet: "Unser tägliches Brot gib uns heute" u. es weiter heißt: "Im Vater Unser bittest du um das tägliche Brot (statt "Christen bitten ...")

...wenn im Fach Ethik ein Arbeitsblatt ausgegeben wird, wo es u.a. heißt: "Gott hatte ihr [Elisabeth von Thüringen] geholfen (statt "Christen glauben, daß...)

...wenn im fächerübergreifenden Unterricht der Realschule (in Bayern 1996 eingeführt) ein Arbeitsblatt für die Fächer Englisch, Musik u. Religion ausgegeben wird, auf dem ein 2-zeiliger Gospel in Englisch steht, der Rest der Seite behandelt jedoch die Exodusgeschichte, in der es u.a. heißt: "Der Herr verhärtete das Herz des Pharao [...], so daß er den Israeliten nachjagte..."

usw. usf.

ME ist die Frage "Was sind religiöse Handlungen?" falsch gestellt. Sie sollte statt dessen lauten: "In welchen Schulfächern u. sonstigen schulischen Veranstaltungen werden heute religiöse Inhalte vermittelt?"

Um die Berechtigung dieser Fragestellung zu untermauern, hier einige Beispiele aus meiner Schulzeit in Bayern:

- Es gab einen Schuljahresabschlußgottesdienst, allerdings streng getrennt nach Konfessionen (was heute nicht immer der Fall ist)
- Es gab kein Schulgebet zu Unterrichtsbeginn
- Religiöse Inhalte wurden ausschließlich im Fach Religion vermittelt
- Es gab keine Krippenspiele od. dergleichen.

Fazit:

ME geht es heute in den Schulen nicht um "Tradition" od. "Brauchtum", sondern um eine Abgrenzung (zu den Muslimen) od., was ich als schlimmer empfinde, um gezielte Missionierung (unterstützt od. iniziiert durch die KM), da inzwischen viele junge Familien u. deren Kinder aus den neuen Bundesländern in der Altrepublik ihren Lebensmittelpunkt haben.

Nun zum Abschluß noch eine kleine Anekdote:

Die Teilnahme an Krippenspielen haben wir unseren Kindern freigestellt, so daß unser Sohn No. 2 einmal an einem derartigen Tamtam teilnahm. Im folgenden Jahr haben sich die verantwortlichen Lehrer in den Kopf gesetzt, ein Mundartkrippenspiel durchzuführen, wobei unser Sohn wg. der rheinischen Sprachfärbung für eine sprechende Rolle nicht in Frage kam. Da unser Sohn keine Lust hatte, als rumhüpfender Stern (od. ähnliches) zu agieren, hatten wir keine Probleme (dieser Schulleiter wich derartigen Konfrontationen mit uns aus), ihn aufgrund unserer atheistischer Weltanschauung davon zu befreien. Mr. Green
_________________
Wenn die Welt erst ehrlich genug geworden sein wird, um Kindern vor dem 15. Jahr keinen Religionsunterricht zu erteilen, dann wird etwas von ihr zu hoffen sein.

Arthur Schopenhauer (Philosoph, 1788-1860)
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