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Baldur auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 05.10.2005 Beiträge: 8326
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(#965940) Verfasst am: 30.03.2008, 01:04 Titel: QUO VADIS "Demokratie" ? |
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Nergal hat folgendes geschrieben: | Kann man als eigentlich anständiger Mensch, wenn sich die Zustände ändern, so wie zur Zeit des Nazionalsozialismus, so in die Sache verwickelt werden dass man zum Täter wird ohne eigentlich bewußt zum Verbrechen zu neigen?
Gerade weil wieder mal die Welle verfilmt wurde interessiert mich die Frage, kann man Mechanismen von Ideologien wie die des Faschismus, erkennen und vermeiden deren Opfer zu werden dh zum Mittäter zu werden.
Besonders interessant scheint mir dies in Betrachtung des Verhältnisses der Deutschen zum Nazionalsozialismus.
Wie kommt man dazu erst einer Partei (egal welcher) zuzujubeln sich für Anständig zu halten und im nächsten Moment für diese so edlen Ziele zu töten (ich meine nicht im Krieg, nicht im Kampf sondern Wehrlose zu ermorden). |
Könnte es sein, dass sich ein solcher Prozess hin zu einem totalitären Unterdrückungs- und Unrechtsregime schleichend vollzieht und kaum jemand es merkt, weil die überwiegende Mehrheit Teil dieses Prozesses und der Maschinerie ist?
Indem jeder einfach nur seine Pflicht erfüllt und seinen zugewiesenen Aufgaben nachkommt und sich dem Konformitätsdruck unkritisch fügt. Indem man also einfach immer nur mit der Masse schwimmt, oder sich einfach für Politik und Geselschaftliche Fragen nicht interessiert?
Könnte dies geschehen, indem nicht eine totalitäre, menschenverachtende Partei die Macht im Staate übernimmt, sondern bei den etablierten Parteien einfach weitgehende Einigkeit über politische Ziele und Interessen besteht und diese einfach am uninteressierten und uninformierten und unkritischen Volk vorbei, oder sogar mit seiner schweigenden Zustimmung durchsetzt?
Kann es sein, dass wir in einem solchen Unrechtsregime befinden. Dass wir uns in einem Prozess hin zu einem solchen Regime befinden. Dass wir mit solchen Regimen kooperieren und ihnen zuarbeiten und sich dadurch auch in unserer Gesellschaft ein schleichender Veränderungsprozess vollzieht. Oder dass ein solches Regime nicht als solches erkannt werden kann, da es sich dabei gegenwärtig um einen weitgehenden gesellschaftlichen Konsens handelt, der nur historisch interpretierbar und zu hinterfragen ist?
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Evilbert auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.09.2003 Beiträge: 42408
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(#965959) Verfasst am: 30.03.2008, 01:37 Titel: |
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Ob ein Staat ein Unrechtsstaat oder nicht ist, hat gar nichts damit zu tun ob er demokratisch verfasst oder nicht ist.
Das ist bloss die Regierungsform. Auch ein Kaiserreich könnte ein Rechtsstaat sein; eine Demokratie muss das jedoch nicht unbedingt sein.
Ein Rechtsstaat ist davon gekennzeichnet, dass es unverrückbare Regeln (Das Recht, die Verfassung) gibt, (eine Ordnung !) die auch eingehalten werden von seitens des Staates und die für alle gelten.
Ich will da keine genauere Definition geben, aber ich denke, dass es schon einigermassen klar ist, wann eine Regierung im Begriff ist, eine solche Ordnung prinzipiell zu mißachten.
(Im Einzelfall oder auf einzelnen Gebieten, wie derzeit bei der sozialen Ungerechtigkeit obwohl unsere Ordnung einen sozialen Rechtsstaat vorsieht, kommt das immer, tagtäglich vor.)
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Baldur auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 05.10.2005 Beiträge: 8326
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(#965968) Verfasst am: 30.03.2008, 01:52 Titel: |
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Ich habe den Titel übrigens bewusst auf den Begriff der Demokratie bezogen, weil ich die Frage nicht auf parlamentaristisch verfasste Staaten allgemein beschränken, sondern auch präsidentielle wie die USA und mehrheitsdemokratische, wie Großbritanien, Konsensdemokratien wie die Bundesrepublik und Konkordanzdemokratische wie die Niederlande oder die Schweiz einbeziehen wollte. Die unterschiedliche Verfasstheit der verschiedenen demokratien spielt für meine Fragestellung nur eine untergeordnete Rolle. Auch die Begriffe von direkter Demokratie, repräsentativer Demokratie, Radikaldemokratie und Basisdemokratie sind für mein INteresse an dieser Fragestellung zweitrangig.
Ich möchte dies also nicht zum Anlass nehmen, die verschiedenen demokratischen Traditionen zu beleuchten oder zu vertiefen. Wer sich hierüber näher informieren möchte, soll dies hier tun:
Wikipedia: Demokratie
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Peter H. dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 24.06.2007 Beiträge: 9751
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(#967321) Verfasst am: 31.03.2008, 16:59 Titel: |
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Quo vadis Kapitalismus mit samt deinem Mäntelchen der bürgerlichen Demokratie?
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Baldur auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 05.10.2005 Beiträge: 8326
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(#967624) Verfasst am: 31.03.2008, 22:04 Titel: |
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Peter H. hat folgendes geschrieben: | Quo vadis Kapitalismus mit samt deinem Mäntelchen der bürgerlichen Demokratie? |
Mein Mäntelchen der bürgerlichen Demokratie?
Was willst du mir damit sagen?
Du kannst deine Meinung oder Einschätzung ruhig explizit äußern und brauchst nicht in Rätseln zu sprechen. Das führt mir zu häufig zu unüberwindbaren missverständnissen.
[Edit: oh, ich glaube ich verstehe jetzt: Deine Frage stelltest du an "den Kapitalismus" und wolltest damit eine Kritik an ihm und seiner (angeblichen) bürgerlichen Demokratie äußern - alles klar]
Ich frage mich übrigens ob und wie weit die geringe bis nicht vorhandene Beteiligung an diesem Thread und der Fragestellung insgesamt meine im ersten Posting gestellten Fragen beantwortet und die damit geäußerten Befürchtungen als real begründet bestätigt. (Womit ich ehrlich gesagt nicht gerechnet hätte. Insbesondere nicht in diesem Forum )
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Xamanoth auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 07.04.2006 Beiträge: 7962
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(#967638) Verfasst am: 31.03.2008, 22:13 Titel: |
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venicius hat folgendes geschrieben: |
Ich frage mich übrigens ob und wie weit die geringe bis nicht vorhandene Beteiligung an diesem Thread und der Fragestellung insgesamt meine im ersten Posting gestellten Fragen beantwortet und die damit geäußerten Befürchtungen als real begründet bestätigt. (Womit ich ehrlich gesagt nicht gerechnet hätte. Insbesondere nicht in diesem Forum ) |
Selbstverständlich... man stellt die These einer diffusen, jaum merklichen Bedrohung auf, und beschreibt das Phänomeen, das diese kaum wahrgenommen wird, und nimmt das nichtinteresse an dergleichem Blödsinn äh diesen Thesen als Beleg für deren Verität. Brillan.
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Agnost dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 12.11.2006 Beiträge: 5618
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(#967639) Verfasst am: 31.03.2008, 22:15 Titel: |
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Könnte auch sein, dass in deinem Eingangsposting zu viel könnte steht, und darum keine Diskussion entstehen kann.
Könnte auch sein, dass Ionescos Rhinozeros deine Fragestellung vor über 50 Jahren schon mit den Mitteln des absurden Theaters abgehandelt hat.
Versuch doch deine Fragestellung so zu bringen, dass man nicht so am Conditionalis ausgleitet.
Meist ist es ja gutgemeint und ein Zeichen der Höflichkeit so zu argumentieren und meist denken dann viele:
Oh ja, dass sollte man bei Gelegenheit auch wiedermal durchkauen, aber zuerst schnappt man doch nach den Haken mit den fetten Würmern und Maden.
Langer Schreibe, kurzer Sinn:
Spitz deine Frage zu und häng nen Köder dran:
Wir wollen uns schliesslich alle zu Tode amüsieren.
Agnost
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Baldur auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 05.10.2005 Beiträge: 8326
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(#967811) Verfasst am: 31.03.2008, 23:23 Titel: |
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Ich denke eher, dass die Demokratie im Sterben liegt und es niemanden interessiert.
Spitz genug!?
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Evilbert auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.09.2003 Beiträge: 42408
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(#967822) Verfasst am: 31.03.2008, 23:27 Titel: |
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Es hat niemals wirklich Demokratie gegeben.
Die Athener haben große Teile der Bevölkerung ausgeschlossen, und wir wählen auf korrumpierte Art und Weise geseteuert von grossen Lobbies und anderen politischen Zwängen, anstatt Ämter auszulosen wie die Athener es taten.
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Baldur auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 05.10.2005 Beiträge: 8326
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(#967840) Verfasst am: 31.03.2008, 23:35 Titel: |
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Evilbert hat folgendes geschrieben: | Es hat niemals wirklich Demokratie gegeben.
Die Athener haben große Teile der Bevölkerung ausgeschlossen, und wir wählen auf korrumpierte Art und Weise geseteuert von grossen Lobbies und anderen politischen Zwängen, anstatt Ämter auszulosen wie die Athener es taten. |
Schon richtig. Nur zeichnet sich mehr und mehr ab, dass die herrschenden Klassen dieser sich demokratisch nennenden Gesellschaften es nicht einmal mehr für nötig befinden auch nur den Anschein eines demokratischen Rechtsstaates aufrecht zu erhalten.
Ich spreche da (noch) nicht einmal von der BRD, sondern möchte einmal auf die USA verweisen. Die polizeilichen Methoden und die Datenerfassung und-verwendung Ein- und Ausreisebeschränkungen, Durchsetzung der Biometrischen Datenerhebung (auch bei uns) stetig steigende Überwachung in den großen Städten und zunehmend auch in den kleineren, Menschenrechtswidrige Kriege und und und...
Und wir wissen doch alle, dass wir früher oder später jeden Blödsinn nachmachen, den die Amis vormachen. Die Methoden, die heute schon in Deutschland zur Anwendung kommen lassen doch die StaSi wie einen kleinen Schrebergärtenverein aussehen...
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Vaeterchen Frost gesperrt
Anmeldungsdatum: 16.12.2007 Beiträge: 410
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(#967843) Verfasst am: 31.03.2008, 23:37 Titel: |
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venicius hat folgendes geschrieben: | Ich denke eher, dass die Demokratie im Sterben liegt und es niemanden interessiert.
| ...außer diejenigen, die immer noch daran glauben, daß es jemals etwas gegeben hat, das man als "Demokratie" bezeichnen könnte.
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Baldur auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 05.10.2005 Beiträge: 8326
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(#967845) Verfasst am: 31.03.2008, 23:37 Titel: |
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Xamanoth hat folgendes geschrieben: | venicius hat folgendes geschrieben: |
Ich frage mich übrigens ob und wie weit die geringe bis nicht vorhandene Beteiligung an diesem Thread und der Fragestellung insgesamt meine im ersten Posting gestellten Fragen beantwortet und die damit geäußerten Befürchtungen als real begründet bestätigt. (Womit ich ehrlich gesagt nicht gerechnet hätte. Insbesondere nicht in diesem Forum ) |
Selbstverständlich... man stellt die These einer diffusen, jaum merklichen Bedrohung auf, und beschreibt das Phänomeen, das diese kaum wahrgenommen wird, und nimmt das nichtinteresse an dergleichem Blödsinn äh diesen Thesen als Beleg für deren Verität. Brillan. |
Womit du meiner Befürchtung also zustimmst...
Es zeigt nur, dass sich bisher kaum jemand mit diesem Phänomen beschäftigt hat. Jeder fürchtet den Faschismus als gewaltsamen Umsturz oder Übernahme auf parlamentarischem Wege. Die langsame Verabschiedung von einer demokratischen Gesellschaft kalkuliert aber niemand ein. Und das ist genau das, was ich seit längerem global zu beaobachten meine.
Korrigiert mich, wenn ich falsch liege.
Um konkreter zu werden:
Was sind die wichtigsten Eigenschaften eines demokratischen Systems. Damit meine ich auch solche, die für seinen Erhalt unabdingbar sind.
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Baldur auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 05.10.2005 Beiträge: 8326
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(#967867) Verfasst am: 31.03.2008, 23:47 Titel: |
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Ich antworte mal selbst:
wikipedia hat folgendes geschrieben: | Der demokratische Gedanke bedarf auch einer Verwirklichung in der Gesellschaft, damit die Prinzipien der demokratischen Staatsform auch in der Realität erfahrbar werden. Diese Auffassung, die das Demokratieprinzip auf möglichst alles ausdehnen will wird als Partizipatorische Demokratie bezeichnet.
Erst durch den Zugang zu Bildung für alle wird der Idealgedanke der Demokratie durch Ablösung der Monarchie ermöglicht, denn in einer Demokratie verläuft die politische Willensbildung von unten nach oben, wird also aus der Mitte der Bevölkerung an die Eliten getragen. In einer Diktatur oder Oligarchie oder Aristokratie, ist dies genau umgekehrt, hier wird die politische Willensbildung von einer Elite der Bevölkerung vorgegeben.
Demokratie sollte nicht verordnet, sondern als organischer Prozess verstanden werden, der in der Öffentlichkeit stattfindet und durch eine pluralistische Meinungsbildung nährt.
Hierdurch und durch den damit zwingend einhergehenden Schutz von Grundrechten (etwa Versammlungsfreiheit, Pressefreiheit) soll eine Eigendynamik zustande kommen und organisierte Interessengruppen entstehen, die Einfluss auf die Politik nehmen können.
[...]
Als Maßstab für den Stand der Demokratie in der Gesellschaft wird in jüngster Zeit das Gender Mainstreaming verwendet, wodurch die Aspekte Freiheit und Gleichheit eine besondere Stellung innerhalb der staatlichen Daseinsvorsorge erhalten. Was Verteilungsgerechtigkeit zwischen Männern und Frauen angeht, liegt Deutschland im internationalen Vergleich im unteren Mittelfeld und in einigen Parametern auch ganz am Ende.
Ein weiterer Maßstab für die demokratische Qualität des Staates ist sein Verständnis vom Menschen als Empfänger von Leistungen. Dass die staatlichen Verwaltungen kein Selbstzweck sind, sondern den Menschen dienen sollen, ist ein traditioneller Bestandteil der europäischen und speziell der deutschen Verwaltungskultur. Dennoch haben sich an vielen Stellen der Verwaltungen noch obrigkeitliche Vorstellungen erhalten, die mit dem Verständnis von Demokratie und Rechtsstaat unvereinbar sind, weil sie nicht von den Wirkungen auf die Menschen her konzipiert sind. Ein weiterer Grund hierfür ist die zunehmende Korruptionsanfälligkeit, die ihre Ursachen u. a. im allgemeinen Vorteilsdenken und schlechten Verdienstmöglichkeiten hat.
[...]
Wohlfahrtsfunktion
Der indische Nobelpreisträger Amartya Sen betont die wohlfahrtsichernde Kontrollfunktion der Demokratie. Ohne Demokratie gebe es für die Herrschenden keine Anreize, die Interessen der Mehrheitsbevölkerung zu vertreten. Demokratie sei somit ein Schutz vor Armut und Hunger.
Mehrheitsprinzip
Das demokratische Prinzip hat jedoch auch Grenzen. Mehrheitsentscheidungen können beispielsweise zu einer Benachteiligung von Minderheiten führen (→ Warnung von Tocqueville vor der „Tyrannei der Mehrheit“). Zudem kritisiert die partizipatorische Demokratietheorie, dass zu wenig Mitentscheidungs- und Selbstverwirklichungsmöglichkeiten in der modernen Demokratie gegeben sind.
So steht das Grundprinzip des Minderheitenschutzes, das Teil des wichtigen Freiheitskonzeptes des Pluralismus ist, als Ausgleich gegen das Mehrheitsprinzip. Zum Schutz von Minderheiten kennt die Schweiz das so genannte Ständemehr: Neben der Mehrheit der Stimmen muss auch die Mehrheit der Kantone (Stände) eine Verfassungsänderung befürworten (bei Gesetzesänderungen gilt das einfache Volksmehr). |
Zuletzt bearbeitet von Baldur am 31.03.2008, 23:51, insgesamt einmal bearbeitet |
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Xamanoth auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 07.04.2006 Beiträge: 7962
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(#967872) Verfasst am: 31.03.2008, 23:50 Titel: |
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venicius hat folgendes geschrieben: |
Es zeigt nur, dass sich bisher kaum jemand mit diesem Phänomen beschäftigt hat. Jeder fürchtet den Faschismus als gewaltsamen Umsturz oder Übernahme auf parlamentarischem Wege. Die langsame Verabschiedung von einer demokratischen Gesellschaft kalkuliert aber niemand ein. Und das ist genau das, was ich seit längerem global zu beaobachten meine.
Korrigiert mich, wenn ich falsch liege. |
Du liegst falsch. Und sofern du nichts konkretes nennst (nationen genügen nicht) bleibt deine behauptung substanzlos.
Zitat: | Um konkreter zu werden:
Was sind die wichtigsten Eigenschaften eines demokratischen Systems. Damit meine ich auch solche, die für seinen Erhalt unabdingbar sind. |
- freie und gleiche wahlen.
- zumindest grundsätzliche gewaltenteilung
- wesentlichkeitsprinzip (alle wesentlichen Entscheidungen im Staat müssen durch das Parlament abgesegnet werden)
- rechtstaatlichkeit (zumindest prinzipiell)
und das dt parteiensystem ist zwar nicht ideal, und es könnte demokratischer sein, ist aber definitiv nicht undemokratisch.
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Evilbert auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.09.2003 Beiträge: 42408
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(#967876) Verfasst am: 31.03.2008, 23:53 Titel: |
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Xamanoth hat folgendes geschrieben: |
- freie und gleiche wahlen. |
Wenn die auch "passiv" gleich und frei wären, also jeder sich zur Wahl stellende frei wäre und gleiche Chance hätte.
Aber, naja, sowas gab`s noch nie, außer bei manchen Räuber- oder Soldatentruppen vielleicht.
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Baldur auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 05.10.2005 Beiträge: 8326
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(#967877) Verfasst am: 31.03.2008, 23:53 Titel: |
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Xamanoth hat folgendes geschrieben: | venicius hat folgendes geschrieben: |
Es zeigt nur, dass sich bisher kaum jemand mit diesem Phänomen beschäftigt hat. Jeder fürchtet den Faschismus als gewaltsamen Umsturz oder Übernahme auf parlamentarischem Wege. Die langsame Verabschiedung von einer demokratischen Gesellschaft kalkuliert aber niemand ein. Und das ist genau das, was ich seit längerem global zu beaobachten meine.
Korrigiert mich, wenn ich falsch liege. |
Du liegst falsch. Und sofern du nichts konkretes nennst (nationen genügen nicht) bleibt deine behauptung substanzlos.
Zitat: | Um konkreter zu werden:
Was sind die wichtigsten Eigenschaften eines demokratischen Systems. Damit meine ich auch solche, die für seinen Erhalt unabdingbar sind. |
- freie und gleiche wahlen.
- zumindest grundsätzliche gewaltenteilung
- wesentlichkeitsprinzip (alle wesentlichen Entscheidungen im Staat müssen durch das Parlament abgesegnet werden)
- rechtstaatlichkeit (zumindest prinzipiell)
und das dt parteiensystem ist zwar nicht ideal, und es könnte demokratischer sein, ist aber definitiv nicht undemokratisch. |
Das ist eben genau nicht das, was ich meine. Was du aufzählst sind Eigenschaften einer formalen Demokratie, nicht aber die einer funktionierenden und gesunden demokratischen Gesellschaft und eben die halte ich für unabdingbar für den Dauerhaften Bestand einer realen Demokratie.
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Baldur auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 05.10.2005 Beiträge: 8326
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(#967882) Verfasst am: 31.03.2008, 23:57 Titel: |
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Schon etwas älter, aber donnoch nicht weniger aktuell:
Democracy & Despotism
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PataPata Agnostiker und Pataphysiker
Anmeldungsdatum: 05.11.2007 Beiträge: 2977
Wohnort: Toscana
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(#970986) Verfasst am: 03.04.2008, 19:47 Titel: |
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venicius hat folgendes geschrieben: | Um konkreter zu werden:
Was sind die wichtigsten Eigenschaften eines demokratischen Systems. Damit meine ich auch solche, die für seinen Erhalt unabdingbar sind. |
Deine Themen-Frage interessiert gerade aktuell brennend, weil ich überall um mich herum ein Aufkommen von Despotismus spüre. Als Schweizer, der die direkte Demokratie kennt und mindestens 4 Mal im Jahr je zu einer gewissen Zahl von Gesetzen und Verfassungsartikeln, sowie lokal zu Projekten, welche bestimmte Kosten überschreiten, abstimmen kann, kommen mir die anderen europäischen Länder wie Wahlmonarchien vor. Alle 4-5 Jahre können die verschiedenen Länder einen (neuen) König wählen. Der bestimmt dann, wo's lang geht. Im günstigsten Fall muss eine grössere Koalition eingegangen werden, sodass der König nicht ganz frei und entsprechend willkürlich regieren kann. Oder, wie z.B. in Frankreich möglich, ist der Präsident, der viel Macht hat, nicht von derselben politischen Richtung, wie die Mehrheit des Parlamentes, das nennt man dann "cohabitation" und man muss verhandeln. Aber sonst wird einfach regiert!
Zu welchen Absurditäten das führt ist Italien ein gutes Beispiel. Mit Ach und Krach brachte Prodi es fertig, mit einer Koalition von einer Reihe kleiner Parteien eine Mehrheit im Parlament zu erreichen. Er versuchte dann in vielen Belangen einen Konsens auch mit der Opposition zu erreichen, ein solches Vorgehen entspricht einfach seiner Persönlichkeit. Diese verweigerte jedoch konsequent jedwelche Zusammenarbeit und bewirkte bei der erstbesten Gelegenheit eine "Vertrauensabstimmung". Das ist offenbar die einzige Möglichkeit der Opposition, eine Entscheidung der Regierung zu bekämpfen. Also, wenn die Regierung etwas beschliesst, das im Parlament keine Mehrheit findet, dann muss gleich die Regierung über Neuwahlen ausgewechselt werden. Jetzt besteht einfach die recht hohe Wahrscheinlichkeit, dass der vorige Despot Berlusconi wieder an die Macht kommt, der nichts anderes tut, als das Land Italien und seine Gesetze an seine eigenen Bedürfnisse zurechtzubiegen - und das nennt man dann Demokratie.
In Frankreich scheint sich ein ähnliches Szenario anzubahnen. Sogar Parlamentarier der Partei Sarkozys scheinen sich gegen ihren Präsidenten zu erheben. In Deutschland ist die heutige Lage der grossen Koalition CDU/CSU-SPD wohl weitgehend entschärft - oder sehe ich das falsch?
Aber auch die Schweiz macht mir Sorgen. Vielleicht wissen einige, wie die schweizer Regierung funktioniert - kurz will ich es aber doch hier erwähnen: Aus vier der im Parlament stärksten Parteien werden vom Parlament die 7 Bundesräte (entsprechend so in etwa Ministern) gewählt, welche die Regierung bilden: Die SVP (Populisten) mit fast 30% haben 2 Bundesräte, die SP (Sozialisten) mit etwa 20% auch 2, die CVP (Christliche) mit ca. 15% einen, die FDP (Freisinnige) mit ca. 15% 2 Bundesräte. Weiter haben die Grünen ca. 10% Parlamentarier aber keinen Bundesrat. Diese Verteilung wird "Zauberformel" genannt und besteht seit fast 50 Jahren. Sie ist nirgends verankert, wird aber bis anhin eingehalten. Bei den letzten Wahlen vor 4 Jahren wurde sie auf Kosten der CVP angepasst an den steigenden Wahlanteil der SVP, der vorher nur einen Bundesrat stellte.
Die Zauberformel hat der Schweiz eine grosse Stabilität beschert, indem permanent eine ganz grosse Koalition besteht. Gesetze und andere Beschlüsse werden kollegial im Bundesrat behandelt und vom Parlament verfeinert, angenommen oder abgelehnt. Dem Volk steht immer noch zu, per obligatorischem (für Verfassungsartikel) oder fakultativem (per Unterschriftensammlung) Referendum oder auch per Initiativen in die politische Entscheidungsfindung einzugreifen. Dieser Prozess garantiert, dass Beschlüsse und Gesetze "mehrheitsfähig" formuliert werden, sodass es oft gar nicht nötig ist, dass das Volk abstimmt, weil es sowieso mehrheitlich einverstanden ist. Das verlangsamt zwar die politische Dynamik, was mEn aber eher gesund ist: Es verhindert "Schnellschüsse", die nach kurzer Zeit wieder modifiziert werden müssen.
Heute haben wir es aber mit einem neuen Phänomen zu tun: Die prozentuale Stärke der SVP. Und da kommen wir Deinem Thema schon näher. Die SVP, aus der "Bauernpartei" entstanden, vielleicht besser bekannt als die Partei von Christoph Blocher, der diese in den letzten Jahren in recht despotischer Weise an sich gerissen hat, ist daran, zur dominierenden Partei aufzusteigen. Ich weiss nicht, wann (oder überhaupt) in der Schweiz das letzte Mal eine Partei einen so hohen Wähleranteil auf sich gewinnen konnte. Und es scheint, dass ihre sehr rechts denkende Politik immer mehr Anklang findet. Sogar die Abwahl ihres "Führers" Christoph Blocher aus dem Bundesrat scheinen sie gewinnbringend einsetzen zu können. Sie haben sich (etwas künstlich) zur Opposition erklärt und scheinen sich weiterhin auf dem ansteigenden Ast zu befinden. Ich weiss nicht, ob ich mich da etwas allzu weit auf die Äste hinaus lasse, ich würde aber sagen, dass diese Partei durchaus faschistoide Züge aufweist.
Man stelle sich nun vor, dass die SVP vielleicht in 4 Jahren schon, d.h. bei der nächsten Wahl der Legislative, über 35% erreicht, sich mit der FDP zusammenschliesst (gar nicht so abwegig!) welche weiterhin etwas über 15% behält, dann haben diese beiden über 50%. Das wäre das Ende der Zauberformel - und das Ende der Schweiz, wie wir sie heute haben. Da die Zauberformel nirgends festgelegt ist, würden diese beiden Parteien ganz einfach 7 eigene Kandidaten für den Bundesrat aufstellen und wählen - aus mit der Stabilität und wir hätten italienische Verhältnisse!
Eine schleichende Faschisierung - und keiner bemerkt es so richtig. Alles demokratisch korrekt. Was aber dann mit dem schweizerischen Gesetzeswerk gemacht würde, das kann man nur befürchten.
Ich habe an alle Parteien und an deren Fraktionspräsidenten einen E-Mail geschickt, mit der Bitte, die Zauberformel in irgend einer Weise in der Verfassung verankern zu lassen. Die Reaktionen waren wie erwartet unterschiedlich: SVP und FDP eher höflich ablehnend bis ignorierend, CVP (inkl. Fraktionsmitglieder Evangelische Partei und Grünliberale) recht positiv und SP positiv von der Fraktionspräsidentin aus, aber kritisch vom Parteivertreter. Wir werden sehen, ob sich diese Stabilisierungsmassnahme durchsetzen kann - hoffen kann man immer.
Ich interpretiere diese Entwicklungen in den verschiedenen Ländern als Beweis, dass die Despoten dieser Welt es gelernt haben, mit der Demokratie umzugehen. Mit Zucker und mit Peitsche sozusagen. Da braucht es nicht einmal Wahlfälschungen um an die Macht zu gelangen und mit Ländern umzugehen, als ob sie einem einzigen oder einer Clique allein gehören. Nein, da gibt es genügend Manipulationstechniken, die sogar an Hochschulen gelehrt werden und in Fachbüchern dokumentiert sind. Und die Anprangerung dieser Techniken ist sogar kontraproduktiv, da sie potentielle Manipulatoren sogar auf die "richtigen" Ideen bringen. Hat Orwells Werk wirklich abschreckend gewirkt? Oder nicht sogar die Entwicklung von Zuständen wie in 1984 beschrieben eher gefördert?
_________________ Alles denkbare ist real
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Peter H. dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 24.06.2007 Beiträge: 9751
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(#972558) Verfasst am: 05.04.2008, 12:16 Titel: |
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Agnostiker hat folgendes geschrieben: | Hat Orwells Werk wirklich abschreckend gewirkt? Oder nicht sogar die Entwicklung von Zuständen wie in 1984 beschrieben eher gefördert? |
Neither nor! Er wird nur ständig zitiert,- das gehört zum guten Ton,- so dass er mittlerweile schon abgedroschen wirkt.
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PataPata Agnostiker und Pataphysiker
Anmeldungsdatum: 05.11.2007 Beiträge: 2977
Wohnort: Toscana
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(#972612) Verfasst am: 05.04.2008, 13:25 Titel: |
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Peter H. hat folgendes geschrieben: | Agnostiker hat folgendes geschrieben: | Hat Orwells Werk wirklich abschreckend gewirkt? Oder nicht sogar die Entwicklung von Zuständen wie in 1984 beschrieben eher gefördert? |
Neither nor! Er wird nur ständig zitiert,- das gehört zum guten Ton,- so dass er mittlerweile schon abgedroschen wirkt. |
Da hast Du einmal recht!
_________________ Alles denkbare ist real
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