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Modernes Strafrecht
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44126

Beitrag(#2139670) Verfasst am: 19.06.2018, 23:23    Titel: Antworten mit Zitat

Samson83 hat folgendes geschrieben:
und diese sind keineswegs so beliebig beschwürest wie du zu glauben scheinst, im Grunde es das Strafrecht aus gutem Grund der dogmatisch strengste Rechtszweig.

Lachen Samson, das sind Kulturtechniken. Im Laufe der Menschheitsgeschichte gab es alle möglichen verschiedenen Gesetzestexte, Formen und Inhalte. Buchstäblich nichts von dem, was du als Strafrecht kennst, ist auch nur ansatzweise notwendig, weder hinsichtlich der Form noch hinsichtlich des Inhalts. Dass du es eine Dogmatik nennst, passt wie die Faust aufs Auge. Eine Dogmatik ist ja bekanntlich etwas, das von Gläubigen als notwendige Glaubenswahrheit aufgefasst wird, ohne tatsächlich notwendig oder auch nur wahr zu sein.
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Geh mir aus der Sonne, Alexander!
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Lebensnebel
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Anmeldungsdatum: 06.02.2016
Beiträge: 2845

Beitrag(#2139677) Verfasst am: 19.06.2018, 23:27    Titel: Antworten mit Zitat

beachbernie hat folgendes geschrieben:

Wenn er nichts Unrechtes getan haette, haette es keinen Mut gebraucht das zuzugeben, was er getan hat. Das haette er auch als "feiger Kretin" gekonnt. Nur wer weiss, dass er was falsch gemacht, hat Grund das zu verbergen.

Deswegen sehe ich sein Verhalten als unausgesprochenes Schuldeingeständnis an.


Finde ich nicht. Man verbirgt, wenn man Nachteile für sich erwartet, wenn etwas bekannt würde. Mit Recht und Unrecht hat das primär nichts zu tun.
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Samson83
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Anmeldungsdatum: 18.01.2013
Beiträge: 6833

Beitrag(#2139717) Verfasst am: 20.06.2018, 06:30    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Samson83 hat folgendes geschrieben:
und diese sind keineswegs so beliebig beschwürest wie du zu glauben scheinst, im Grunde es das Strafrecht aus gutem Grund der dogmatisch strengste Rechtszweig.

Lachen Samson, das sind Kulturtechniken. Im Laufe der Menschheitsgeschichte gab es alle möglichen verschiedenen Gesetzestexte, Formen und Inhalte. Buchstäblich nichts von dem, was du als Strafrecht kennst, ist auch nur ansatzweise notwendig, weder hinsichtlich der Form noch hinsichtlich des Inhalts. Dass du es eine Dogmatik nennst, passt wie die Faust aufs Auge. Eine Dogmatik ist ja bekanntlich etwas, das von Gläubigen als notwendige Glaubenswahrheit aufgefasst wird, ohne tatsächlich notwendig oder auch nur wahr zu sein.
nicht ich nenne es Dogmatik sondern jeder. Und natürlich ist es etwas künstliches. Nichts anderes meinte ich mit der Betonung auf Grundlage des geltenden Strafrechts, mithin einer staatlichen Selbstverpflichtung zu argumentieren. Kein Recht ist absolut, das ist trivial. Erzähl das denen, die Verfassung und „Menschenrechte“ als eine Art heilige Schrift betrachten.
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An alle: Lasst Euch dadurch nicht in die Irre führen. Dieser braune Burschi muss bearbeitet werden - immer hart an der Sache. Macht ihn mürbe! (Kramer)
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44126

Beitrag(#2139719) Verfasst am: 20.06.2018, 07:00    Titel: Antworten mit Zitat

Samson83 hat folgendes geschrieben:
nicht ich nenne es Dogmatik sondern jeder.

Ja. Und?

Samson83 hat folgendes geschrieben:
Kein Recht ist absolut, das ist trivial.

Nein, dass keine Macht absolut ist, ist trivial.
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Gödelchen
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Anmeldungsdatum: 17.11.2016
Beiträge: 771

Beitrag(#2139720) Verfasst am: 20.06.2018, 07:02    Titel: Antworten mit Zitat

Samson83 hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Bitte erläutere mir höflich, auf welcher Grundlage du unter Berücksichtigung der selbst unter den Nazis verfassungsrechtlich garantierten richterlichen Unabhängigkeit einen Richter, der auf Grundlage des formal gültig zustande gekommenen Gesetzen urteilt, strafrechtlich - nicht nur disziplinarisch - belangen möchtest.

Auf der selben materiellen Grundlage, auf der auch diese Richter ihre Urteile fällten: der von Gewehr und Schlagstock. Du hältst ja auch Moral ohne Macht für subjektiv und unverbindlich. Welchen Grund sollte es bitte geben, Recht ohne Macht für grundsätzlich verbindlicher zu halten als Moral ohne Macht? Ich hab' dich das ja schon mehr als einmal in verschiedenen Kontexten gefragt. Bisher hast du mir darauf noch keine befriedigende Antwort geben können.
Recht ohne Macht - bzw ohne Gewalt - ist ohne jeden Wert, das sieht man am Völkerrecht sehr schön.


Nicht ganz.

Das Zusammenschustern von zwei Kategorien ( Recht und Moral) ist unter der Prämisse Macht unerquicklich, weil die Grundannahmen für die Gegebenheiten des Rechts und der Moral unterschiedlich sind, andere Ausgangslgen haben, die Macht nicht ändern kann.

Recht gründet, erhält und begründet Macht. Moral hat mit Macht erst einmal nichts zu tun. Moral als Handlungsmuster des menschlichen Agierens ( also auch das Streben nach Macht und den Umgang damit ) wirkt dann durch seine existentielle Kraft in das Recht hinein. Moral beeinflusst entscheidend dann Recht. Macht Recht mächtiger oder svhwächer.

Die Verknünfung a La Tavroc bringt nichts weiter. Smilie
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Gödelchen
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Anmeldungsdatum: 17.11.2016
Beiträge: 771

Beitrag(#2139721) Verfasst am: 20.06.2018, 07:11    Titel: Antworten mit Zitat

beachbernie hat folgendes geschrieben:
Lasst uns Mal das Pferd von der anderen Seite her aufzäumen....


Ein Deutscher, der im Mai 1943 einen Juden erst versteckt und dem dann zur Flucht aus Deutschland verholfen hat, ist der jetzt ein Verbrecher? Weil der hat ganz zweifellos zu der Zeit geltendes Recht gebrochen.

Nimmt man Filbinger Ausrede wörtlich und ernst, so waeren deutsche Gerichte auch noch nach 1945 verpflichtet gewesen, solche Leute zu verurteilen, falls es denen gelungen waere der Nazijustiz zu entkommen. Geltendes Recht ist nun mal geltendes Recht und ein Bruch desselben ein zu verfolgender Rechtsbruch, unabhängig von jeglicher moralischen Überlegung. Jedenfalls wenn man die Juristerei so betrachtet wie Filbinger und Samson.


Ich kann dazu bloss noch einmal sagen: Wenn Recht zu Unrecht wird wird Widerstand zur Pflicht und Rechtstreue zur fragwürdigen Angelegenheit!


Falsches Beispiel. Dein tapferer Deutsche hat gegen geltende Gesetze verstoßen. Der Gesetzesverstoß hat aber keine Folgen gehabt, die eine Betrachtung " Verbrecher" herbeiführen kann. Er ist mangels Aufdeckung und per fehlender Rechtsanwendung nicht zum Verbrecher geworden. Seine Tat erfährt durch die nachträgliche Rechtfertigung seiner Tat die zutreffende Würdigung. Sein Handeln wird als rechtmäßig angesehen.
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44126

Beitrag(#2139722) Verfasst am: 20.06.2018, 07:12    Titel: Antworten mit Zitat

Gödelchen hat folgendes geschrieben:
Recht gründet, erhält und begründet Macht.

Umgekehrt.
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Zuletzt bearbeitet von Tarvoc am 20.06.2018, 07:12, insgesamt einmal bearbeitet
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Gödelchen
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Anmeldungsdatum: 17.11.2016
Beiträge: 771

Beitrag(#2139723) Verfasst am: 20.06.2018, 07:21    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Gödelchen hat folgendes geschrieben:
Recht gründet, erhält und begründet Macht.

Umgekehrt.



Nö..... selbst das sich angeeignete Recht , Macht zu ergreifen ist ein Recht.
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44126

Beitrag(#2139724) Verfasst am: 20.06.2018, 07:28    Titel: Antworten mit Zitat

Gödelchen hat folgendes geschrieben:
Nö..... selbst das sich angeeignete Recht , Macht zu ergreifen ist ein Recht.

Nö..... selbst die sich angeeignete Macht, Recht zu setzen, ist eine Macht.
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44126

Beitrag(#2139725) Verfasst am: 20.06.2018, 07:39    Titel: Antworten mit Zitat

Zu sagen, die Macht begründe das Recht, ist aber eigentlich ungenau. Absolute Macht bedürfte keines Rechts und würde auch keins begründen. Es ist die Begrenztheit, nicht-Absolutheit der Macht, die das Recht begründet, und zwar sowohl das positive als auch das absolute.
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Gödelchen
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Anmeldungsdatum: 17.11.2016
Beiträge: 771

Beitrag(#2139726) Verfasst am: 20.06.2018, 07:44    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Gödelchen hat folgendes geschrieben:
Nö..... selbst das sich angeeignete Recht , Macht zu ergreifen ist ein Recht.

Nö..... selbst die sich angeeignete Macht, Recht zu setzen, ist eine Macht.


Wir reden nicht von Recht setzen,. Grundsatz ist Recht haben. Ohne das Recht zur Macht hin zu haben, wäre eine Legitimitätsprüfung der Macht nicht möglich.

Damit wäre auch deine Verknüpfung von Macht, Recht und Moral weiter auf dem Weg zum Absurden......
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Tarvoc
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Beiträge: 44126

Beitrag(#2139727) Verfasst am: 20.06.2018, 07:47    Titel: Antworten mit Zitat

Gödelchen hat folgendes geschrieben:
Wir reden nicht von Recht setzen,

Doch, tun wir.

Gödelchen hat folgendes geschrieben:
Grundsatz ist Recht haben.

Das ändert nichts.

Gödelchen hat folgendes geschrieben:
Ohne das Recht zur Macht hin zu haben, wäre eine Legitimitätsprüfung der Macht nicht möglich.

Die Frage ist, warum sich der Macht das Problem ihrer Legitimität überhaupt stellt.
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Zumsel
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Beitrag(#2139746) Verfasst am: 20.06.2018, 11:30    Titel: Antworten mit Zitat

Samson83 hat folgendes geschrieben:
Zumsel hat folgendes geschrieben:


Gehören zum Jurastudium eigentlich auch Pflichtkurse in Rechtsphilosophie? Ist ja nicht so, dass ein strenger und konsequenter Rechtspositivismus da der plausibelste Ansatz wäre.
nein nicht zwingend, hab ich aber besucht. Warum? Meine Ansicht ist kein Rechtspositivismus. Ich unterscheide nur konsequent zwischen Strafbarkeit und Moral.


Ok, aber was ist dann deine Strafphilosophie. Bei genauerer Betrachtung gibt es ja kaum etwas, wo die Diskrepanz zwischen gefühlter Legitimität und argumentativer Stichhaltigkeit größer ist als im Strafrecht.
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Zumsel
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Beiträge: 4667

Beitrag(#2139747) Verfasst am: 20.06.2018, 11:34    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Zu sagen, die Macht begründe das Recht, ist aber eigentlich ungenau. Absolute Macht bedürfte keines Rechts und würde auch keins begründen.


Richtig, aber Macht ist natürlich niemals absolut, schon die bloße Vorstellung von "Handlung" setzt bis zu einem bestimmten Grad die Vorstellung von "Autonomie" auf Seite der Handelnden voraus. Was vollständig gesteuert ist, würden wir nicht im eigentlichen Sinne als Handlung verstehen.

Daher z.B. das Kantische Rechtsprinzip:

Zitat:
Das Recht ist also der Inbegriff der Bedingungen, unter denen die Willkür des einen mit der Willkür des anderen nach einem allgemeinen Gesetze der Freiheit zusammen vereinigt werden kann.


Und gegen dieses Prinzip kann natürlich auch positives Recht verstoßen und insofern "Unrecht" sein.
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Samson83
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Beitrag(#2139753) Verfasst am: 20.06.2018, 12:55    Titel: Antworten mit Zitat

Zumsel hat folgendes geschrieben:

Ok, aber was ist dann deine Strafphilosophie.

Die deckt sich ziemlich mit der herrschenden der BRD.
Positive Generalprävention als Primärstrafzweck; Ablehnung absoluter Straftheorien (wie z.B. auch die Kants); Bestimmtheitsgrundsatz; Rückwirkungsverbot und ähnliche konstitutiv prädertiminierte Zuckerstreusel.

Zumsel hat folgendes geschrieben:

Bei genauerer Betrachtung gibt es ja kaum etwas, wo die Diskrepanz zwischen gefühlter Legitimität und argumentativer Stichhaltigkeit größer ist als im Strafrecht.

Beispiel?
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Zumsel
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Beiträge: 4667

Beitrag(#2139755) Verfasst am: 20.06.2018, 14:01    Titel: Antworten mit Zitat

Samson83 hat folgendes geschrieben:
Zumsel hat folgendes geschrieben:

Ok, aber was ist dann deine Strafphilosophie.

Die deckt sich ziemlich mit der herrschenden der BRD.
Positive Generalprävention als Primärstrafzweck; Ablehnung absoluter Straftheorien (wie z.B. auch die Kants); Bestimmtheitsgrundsatz; Rückwirkungsverbot und ähnliche konstitutiv prädertiminierte Zuckerstreusel.

Zumsel hat folgendes geschrieben:

Bei genauerer Betrachtung gibt es ja kaum etwas, wo die Diskrepanz zwischen gefühlter Legitimität und argumentativer Stichhaltigkeit größer ist als im Strafrecht.

Beispiel?


Wodurch wird z.B. deiner Meinung nach eine plausible Äquivalenz (oder auch bloß ein Zusammenhang) zwischen der Höhe einer generalpräventiven Strafe und der Schuld des Täters hergestellt? Und was heißt es überhaupt zu sagen, jemand ist "schuldig"?
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Samson83
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Anmeldungsdatum: 18.01.2013
Beiträge: 6833

Beitrag(#2139762) Verfasst am: 20.06.2018, 14:35    Titel: Antworten mit Zitat

Zumsel hat folgendes geschrieben:


Wodurch wird z.B. deiner Meinung nach eine plausible Äquivalenz (oder auch bloß ein Zusammenhang) zwischen der Höhe einer generalpräventiven Strafe und der Schuld des Täters hergestellt? Und was heißt es überhaupt zu sagen, jemand ist "schuldig"?

1. Es gibt da (leider) keine exakten Parameter. Ein Strafmaß, dass einerseits hinreichend ist, dass allgemeine Normvertrauen aufrechtzuerhalten - sprich: Das Vertrauen darauf, dass die Verletzung höchster Rechtsgüter höchste Strafen nach sich zieht wie auch von der Begehung entsprechender Taten abhält.

2. Und deine zweite Frage ist gleichzeitig banal wie komplex. Sprich: Um das Phänomeen Schuld tragfähig zu erläutern, wären m.E. mindestens zwanzig Textseiten nötig, die Phrase "individuelle Vorwerfbarkeit" ist nicht hilfreich, da geradezu trivial. Schuld heißt, dass eine rechtswidrige Tat ohne Vorliegen individueller Schuldausschließungsgründe vorliegt. Auch diese Definition ist letztlich nicht wirklich tiefsinnig, insbesondere wenn man den tautologischen Annex hinzufügt,es lägen keine Umstände vor, die die individuelle Vorwerfbarkeit entweder aufgrund der konkreten Situation (z.B. entschuldigender Notstand) oder der Disposition des Täters (z.B. Geisteskrankheit; Vollrausch) entfallen lassen.
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Zumsel
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Anmeldungsdatum: 08.03.2005
Beiträge: 4667

Beitrag(#2139767) Verfasst am: 20.06.2018, 15:09    Titel: Antworten mit Zitat

Samson83 hat folgendes geschrieben:
Zumsel hat folgendes geschrieben:


Wodurch wird z.B. deiner Meinung nach eine plausible Äquivalenz (oder auch bloß ein Zusammenhang) zwischen der Höhe einer generalpräventiven Strafe und der Schuld des Täters hergestellt? Und was heißt es überhaupt zu sagen, jemand ist "schuldig"?

1. Es gibt da (leider) keine exakten Parameter. Ein Strafmaß, dass einerseits hinreichend ist, dass allgemeine Normvertrauen aufrechtzuerhalten - sprich: Das Vertrauen darauf, dass die Verletzung höchster Rechtsgüter höchste Strafen nach sich zieht wie auch von der Begehung entsprechender Taten abhält.


v.a. ist es Kaffeesatzleserei. Welche Strafe für welche Straftat am besten generalpräventiv abschreckt, ist ja gar nicht wirklich erkennbar und wenn, dann eher noch von Psychologen als von Gesetzgebung und Rechtsprechung. Davon abgesehen, dass Strafe aus reinen Abschreckungszwecken eigentlich dem Instrumentalisierungsverbot und damit Artikel 1 GG widerspricht. Konsequenterweise müsste ein überzeugter Anhänger der Generalprävention übrigens auch solche Maßnahmen wie Sippenhaft befürworten, sofern sich deren Effektivität wissenschaftlich beweisen ließe.
Und noch mal die Frage: Wie kommt man vom Aspekt "Abschreckung" zur eigentlich "Strafe", die ja schon definitionsgemäß in einem Verhältnis zur persönlichen Schuld steht.

Samson83 hat folgendes geschrieben:
2. Und deine zweite Frage ist gleichzeitig banal wie komplex. Sprich: Um das Phänomeen Schuld tragfähig zu erläutern, wären m.E. mindestens zwanzig Textseiten nötig, die Phrase "individuelle Vorwerfbarkeit" ist nicht hilfreich, da geradezu trivial. Schuld heißt, dass eine rechtswidrige Tat ohne Vorliegen individueller Schuldausschließungsgründe vorliegt. Auch diese Definition ist letztlich nicht wirklich tiefsinnig, insbesondere wenn man den tautologischen Annex hinzufügt,es lägen keine Umstände vor, die die individuelle Vorwerfbarkeit entweder aufgrund der konkreten Situation (z.B. entschuldigender Notstand) oder der Disposition des Täters (z.B. Geisteskrankheit; Vollrausch) entfallen lassen.


Hier wird ja bloß die ganze Willkürlichkeit der Strafgesetzgebung offenkundig: Wir setzen mal Schuldfähigkeit voraus und legen dann ein paar Ausnahmen fest. Die Unterschiede können dabei aber nur graduell sein, niemals prinzipiell, eben weil eine saubere Definition nicht existiert. Offensichtlich will der Mensch strafen, was als Grund genannt wird ist abhängig von Zeitgeist und Geschmack, der eigentlich Grund aber dürfte eher psychologisch sein.
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Samson83
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Anmeldungsdatum: 18.01.2013
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Beitrag(#2139775) Verfasst am: 20.06.2018, 16:28    Titel: Antworten mit Zitat

"Saubere", sprich mathematisch klare Definitionen sind im Recht einfach nicht möglich; dazu ist die Lebensrealität zu komplex. Ich wüsste nicht, wie das gehen soll. Da die Schuldausschließungsgründe ziemlich restriktiv sind, sehe ich aber keine Grundlage für Willkür.

Auch die Strafzumessungslehre lässt zwar einen Ermessensspielraum, folgt aber so engen Parametern, dass von Willkür keine Rede sein kann.

Und nein, "Strafe" steht nicht Definitionsgemäß im Verhältnis zur Schuld; "Strafe" ist definitionsgemäß eine staatliche Sanktion als Reaktion auf einen Verstoß gegen ein klar definiertes Verbot; der Grundsatz "Keine Strafe ohne Schuld" ist hiervon unabhängig. Und ja, die Menschheitszweckformel kann der Staat nicht unbebrochen aufrechterhalten; einer der Gründe, der die "Menschenwürde" als zentralsten Verfassungsgrundsatz so grotesk macht.
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Zumsel
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Anmeldungsdatum: 08.03.2005
Beiträge: 4667

Beitrag(#2139778) Verfasst am: 20.06.2018, 16:55    Titel: Antworten mit Zitat

Samson83 hat folgendes geschrieben:
"Saubere", sprich mathematisch klare Definitionen sind im Recht einfach nicht möglich; dazu ist die Lebensrealität zu komplex. Ich wüsste nicht, wie das gehen soll. Da die Schuldausschließungsgründe ziemlich restriktiv sind, sehe ich aber keine Grundlage für Willkür.

Auch die Strafzumessungslehre lässt zwar einen Ermessensspielraum, folgt aber so engen Parametern, dass von Willkür keine Rede sein kann.


Na ja, wo hört denn bspw. der "freie Wille" auf und wo fängt die Unzurechnungsfähigkeit an. Was ist ein schuldminderndes traumatisches Erlebnis, was entspricht der "wahren" Persönlichkeit? Es scheint mir offensichtlich, dass diese Grenzen nur willkürlich gezogen werden können.

Samson83 hat folgendes geschrieben:
Und nein, "Strafe" steht nicht Definitionsgemäß im Verhältnis zur Schuld; "Strafe" ist definitionsgemäß eine staatliche Sanktion als Reaktion auf einen Verstoß gegen ein klar definiertes Verbot;


Das ist eine technische Definition, der aber ja bereits ein bestimmtes Strafverständnis zu Grunde liegt, das keineswegs an staatliche Institutionen gebunden ist. Das Konzept "Strafe" ist ja auch viel älter als Konzept "Staat". Klar ist, dass es immer ein Verhalten ist, dass sanktioniert wird und zwar ein, Trommelwirbel, "schuldhaftes" Verhalten. Würde man auf das Schuldkonzept verzichten, könnte man eine Strafe auch gar nicht von jeder beliebigen anderen Form bewusster Übelzufügung unterscheiden. Der Begriff Strafe erhält seinen spezifischen Gehalt durch die Idee der Schuld. Auch beim staatlichen Strafen hängt es von der Schuldfähigkeit ab, ob und wie hoch bestraft wird. Der Zusammenhang ist doch evident.

Samson83 hat folgendes geschrieben:
...der Grundsatz "Keine Strafe ohne Schuld" ist hiervon unabhängig.


Und wodurch begründet er sich?
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Zumsel
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Anmeldungsdatum: 08.03.2005
Beiträge: 4667

Beitrag(#2139782) Verfasst am: 20.06.2018, 17:05    Titel: Antworten mit Zitat

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Hier wird ja bloß die ganze Willkürlichkeit der Strafgesetzgebung offenkundig: Wir setzen mal Schuldfähigkeit voraus und legen dann ein paar Ausnahmen fest. Die Unterschiede können dabei aber nur graduell sein, niemals prinzipiell, eben weil eine saubere Definition nicht existiert. Offensichtlich will der Mensch strafen, was als Grund genannt wird ist abhängig von Zeitgeist und Geschmack, der eigentlich Grund aber dürfte eher psychologisch sein.


Sehr schön dazu auch Nietzsche:

Zitat:
Man hat also, um zur Sache, nämlich zur Strafe zurückzukehren, zweierlei an ihr zu unterscheiden: einmal das relativ Dauerhafte an ihr, den Brauch, den Akt, das »Drama«, eine gewisse strenge Abfolge von Prozeduren, andrerseits das Flüssige an ihr, den Sinn, den Zweck, die Erwartung, welche sich an die Ausführung solcher Prozeduren knüpft. Hierbei wird ohne weiteres vorausgesetzt, per analogiam, gemäß dem eben entwickelten Hauptgesichtspunkte der historischen Methodik, daß die Prozedur selbst etwas Älteres, Früheres als ihre Benützung zur Strafe sein wird, daß letztere erst in die (längst vorhandene, aber in einem anderen Sinne übliche) Prozedur hineingelegt, hineingedeutet worden ist, kurz, daß es nicht so steht, wie unsre naiven Moral- und Rechtsgenealogen bisher annahmen, welche sich allesamt die Prozedur erfunden dachten zum Zweck der Strafe, so wie man sich ehemals die Hand erfunden dachte zum Zweck des Greifens. Was nun jenes andre Element an der Strafe betrifft, das flüssige, ihren »Sinn«, so stellt in einem sehr späten Zustande der Kultur (zum Beispiel im heutigen Europa) der Begriff »Strafe« in der Tat gar nicht mehr einen Sinn vor, sondern eine ganze Synthesis von »Sinnen«: die bisherige Geschichte der Strafe überhaupt, die Geschichte ihrer Ausnützung zu den verschiedensten Zwecken, kristallisiert sich zuletzt in eine Art von Einheit, welche schwer löslich, schwer zu analysieren und, was man hervorheben muß, ganz und gar undefinierbar ist. (Es ist heute unmöglich, bestimmt zu sagen, warum eigentlich gestraft wird: alle Begriffe, in denen sich ein ganzer Prozeß semiotisch zusammenfaßt, entziehn sich der Definition; definierbar ist nur das, was keine Geschichte hat.) In einem früheren Stadium erscheint dagegen jene Synthesis von »Sinnen«[820] noch löslicher, auch noch verschiebbarer; man kann noch wahrnehmen, wie für jeden einzelnen Fall die Elemente der Synthesis ihre Wertigkeit verändern und sich demgemäß umordnen, so daß bald dies, bald jenes Element auf Kosten der übrigen hervortritt und dominiert, ja unter Umständen ein Element (etwa der Zweck der Abschreckung) den ganzen Rest von Elementen aufzuheben scheint. Um wenigstens eine Vorstellung davon zu geben, wie unsicher, wie nachträglich, wie akzidentiell »der Sinn« der Strafe ist, und wie ein und dieselbe Prozedur auf grundverschiedne Absichten hin benützt, gedeutet, zurechtgemacht werden kann: so stehe hier das Schema, das sich mir selbst auf Grund eines verhältnismäßig kleinen und zufälligen Materials ergeben hat. Strafe als Unschädlichmachen, als Verhinderung weiteren Schädigens. Strafe als Abzahlung des Schadens an den Geschädigten, in irgendeiner Form (auch in der einer Affekt-Kompensation). Strafe als Isolierung einer Gleichgewichts-Störung, um ein Weitergreifen der Störung zu verhüten. Strafe als Furcht-einflößen vor denen, welche die Strafte bestimmen und exekutieren. Strafe als eine Art Ausgleich für die Vorteile, welche der Verbrecher bis dahin genossen hat (zum Beispiel wenn er als Bergwerkssklave nutzbar gemacht wird). Strafe als Ausscheidung eines entartenden Elementes (unter Umständen eines ganzen Zweigs, wie nach chinesischem Rechte: somit als Mittel zur Reinerhaltung der Rasse oder zur Festhaltung eines sozialen Typus). Strafe als Fest, nämlich als Vergewaltigung und Verhöhnung eines endlich niedergeworfnen Feindes. Strafe als ein Gedächtnis-machen, sei es für den, der die Strafe erleidet – die sogenannte »Besserung«, sei es für die Zeugen der Exekution. Strafe als Zahlung eines Honorars, ausbedungen seitens der Macht, welche den Übeltäter vor den Ausschweifungen der Rache schützt. Strafe als Kompromiß mit dem Naturzustand der Rache, sofern letzerer durch mächtige Geschlechter noch aufrechterhalten und als Privilegium in Anspruch genommen wird. Strafe als Kriegserklärung und Kriegsmaßregel gegen einen Feind des Friedens, des Gesetzes, der Ordnung, der Obrigkeit, den man als gefährlich für das Gemeinwesen, als vertragsbrüchig in Hinsicht auf dessen Voraussetzungen, als einen Empörer, Verräter und Friedensbrecher bekämpft, mit Mitteln, wie sie eben der Krieg an die Hand gibt. –
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Samson83
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Anmeldungsdatum: 18.01.2013
Beiträge: 6833

Beitrag(#2139783) Verfasst am: 20.06.2018, 17:09    Titel: Antworten mit Zitat

Zumsel hat folgendes geschrieben:

Na ja, wo hört denn bspw. der "freie Wille" auf und wo fängt die Unzurechnungsfähigkeit an. Was ist ein schuldminderndes traumatisches Erlebnis, was entspricht der "wahren" Persönlichkeit? Es scheint mir offensichtlich, dass diese Grenzen nur willkürlich gezogen werden können.


Nein, durch Sachverständige (Psychiater/Psychologen) etc.

Zumsel hat folgendes geschrieben:

Das ist eine technische Definition, der aber ja bereits ein bestimmtes Strafverständnis zu Grunde liegt, das keineswegs an staatliche Institutionen gebunden ist. Das Konzept "Strafe" ist ja auch viel älter als Konzept "Staat".


Nein, ist es nicht. Privat-individuelle Sanktionen nennt man "Rache".

Zumsel hat folgendes geschrieben:

Klar ist, dass es immer ein Verhalten ist, dass sanktioniert wird und zwar ein, Trommelwirbel, "schuldhaftes" Verhalten. Würde man auf das Schuldkonzept verzichten, könnte man eine Strafe auch gar nicht von jeder beliebigen anderen Form bewusster Übelzufügung unterscheiden. Der Begriff Strafe erhält seinen spezifischen Gehalt durch die Idee der Schuld. Auch beim staatlichen Strafen hängt es von der Schuldfähigkeit ab, ob und wie hoch bestraft wird. Der Zusammenhang ist doch evident.


Natürlich. Roxin bezeichnet Schuld als "notwendige Fiktion" für den Fall, dass die Hirnforschung eine Willensfreiheit endgültig negiert.

Zumsel hat folgendes geschrieben:

Und wodurch begründet er sich?


https://de.wikipedia.org/wiki/Nulla_poena_sine_culpa. Ich denke aber, dass der Rekurs auf die "Menschenwürde" hier verzichtbar ist und das Rechtsstaatsprinzip genügt.
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Gödelchen
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Beiträge: 771

Beitrag(#2139784) Verfasst am: 20.06.2018, 17:12    Titel: Antworten mit Zitat

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Zumsel hat folgendes geschrieben:

Ok, aber was ist dann deine Strafphilosophie.

Die deckt sich ziemlich mit der herrschenden der BRD.
Positive Generalprävention als Primärstrafzweck; Ablehnung absoluter Straftheorien (wie z.B. auch die Kants); Bestimmtheitsgrundsatz; Rückwirkungsverbot und ähnliche konstitutiv prädertiminierte Zuckerstreusel.

Zumsel hat folgendes geschrieben:

Bei genauerer Betrachtung gibt es ja kaum etwas, wo die Diskrepanz zwischen gefühlter Legitimität und argumentativer Stichhaltigkeit größer ist als im Strafrecht.

Beispiel?


Wodurch wird z.B. deiner Meinung nach eine plausible Äquivalenz (oder auch bloß ein Zusammenhang) zwischen der Höhe einer generalpräventiven Strafe und der Schuld des Täters hergestellt? Und was heißt es überhaupt zu sagen, jemand ist "schuldig"?


Was bringt die Frage ??......Nichts nur philosophische Aufregung .

Schuldig im Sinne der normierten Straftatbestände ist der, dem nachgewiesen wurde, dass er den normierten Tatbestand, der legal per Gesetz mit Strafe belegt ist, erfüllt hat. Das ist alles. Alles andere ist Bewertung von Schuld.
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Marcellinus
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Beitrag(#2139785) Verfasst am: 20.06.2018, 17:15    Titel: Antworten mit Zitat

„definierbar ist nur das, was keine Geschichte hat“ zwinkern
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"Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."

Friedrich Nietzsche
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Zumsel
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Beiträge: 4667

Beitrag(#2139787) Verfasst am: 20.06.2018, 17:24    Titel: Antworten mit Zitat

Samson83 hat folgendes geschrieben:
Zumsel hat folgendes geschrieben:

Na ja, wo hört denn bspw. der "freie Wille" auf und wo fängt die Unzurechnungsfähigkeit an. Was ist ein schuldminderndes traumatisches Erlebnis, was entspricht der "wahren" Persönlichkeit? Es scheint mir offensichtlich, dass diese Grenzen nur willkürlich gezogen werden können.


Nein, durch Sachverständige (Psychiater/Psychologen) etc.


Und Psychiater haben ein plausibles Konzept vom "freien Willen" und der wahren Persönlichkeit? Hui, da ist offenbar einiges an mir vorbeigegangen.

Samson83 hat folgendes geschrieben:
Nein, ist es nicht. Privat-individuelle Sanktionen nennt man "Rache".


Da beißt sich die Katze jetzt aber in den Schwanz.
Alle denkbaren Strafzwecktheorien können doch wohl gleichermaßen von staatlichen wie nichtstaatlichen Akteuren in Anspruch genommen werden. So können Staaten ebenso mit Rache argumentieren wie nichtstaatliche Akteure mit Prävention. Ich kann wirklich erkennen, was für Gründe es für die Aufteilung: staatliche Übelzufügung = Strafe, Nicht staatliche Übelzufügung = Rache geben soll. Gibt es ernstzunehmende Texte, in denen das näher ausgeführt wird?


Samson83 hat folgendes geschrieben:
Natürlich. Roxin bezeichnet Schuld als "notwendige Fiktion" für den Fall, dass die Hirnforschung eine Willensfreiheit endgültig negiert.


Notwendig wofür?
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Zumsel
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Beitrag(#2139788) Verfasst am: 20.06.2018, 17:26    Titel: Antworten mit Zitat

Gödelchen hat folgendes geschrieben:
Zumsel hat folgendes geschrieben:
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Zumsel hat folgendes geschrieben:

Ok, aber was ist dann deine Strafphilosophie.

Die deckt sich ziemlich mit der herrschenden der BRD.
Positive Generalprävention als Primärstrafzweck; Ablehnung absoluter Straftheorien (wie z.B. auch die Kants); Bestimmtheitsgrundsatz; Rückwirkungsverbot und ähnliche konstitutiv prädertiminierte Zuckerstreusel.

Zumsel hat folgendes geschrieben:

Bei genauerer Betrachtung gibt es ja kaum etwas, wo die Diskrepanz zwischen gefühlter Legitimität und argumentativer Stichhaltigkeit größer ist als im Strafrecht.

Beispiel?


Wodurch wird z.B. deiner Meinung nach eine plausible Äquivalenz (oder auch bloß ein Zusammenhang) zwischen der Höhe einer generalpräventiven Strafe und der Schuld des Täters hergestellt? Und was heißt es überhaupt zu sagen, jemand ist "schuldig"?


Was bringt die Frage ??......Nichts nur philosophische Aufregung .

Schuldig im Sinne der normierten Straftatbestände ist der, dem nachgewiesen wurde, dass er den normierten Tatbestand, der legal per Gesetz mit Strafe belegt ist, erfüllt hat. Das ist alles. Alles andere ist Bewertung von Schuld.


Welchen Sinn es hat, nach der Legitimität der absichtlichen Zufügung von Übeln zu fragen? Stimmt, bloß philosophisches Blabla, der pragmatische Macher diskutiert nicht sondern schafft Fakten, indem er schießt.
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step
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Beitrag(#2139791) Verfasst am: 20.06.2018, 17:34    Titel: Antworten mit Zitat

Ich stimme Zumsel zu. Siehe auch mein Thread von 2009 hier:
http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?t=28358
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Zumsel
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Beitrag(#2139793) Verfasst am: 20.06.2018, 17:52    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Ich stimme Zumsel zu. Siehe auch mein Thread von 2009 hier:
http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?t=28358


Ich erinner mich dunkel. Allerdings glaube ich nicht, dass Spezialprävention und der Verzicht auf das Konzept freier Wille alle prinzipiellen Probleme löst. Anhänger der Spezialprävention stehen m.E. vor anderen gravierenden Legitimationsproblemen.
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Zumsel
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Beitrag(#2139794) Verfasst am: 20.06.2018, 17:54    Titel: Antworten mit Zitat

Samson83 hat folgendes geschrieben:
Zumsel hat folgendes geschrieben:
Da beißt sich die Katze jetzt aber in den Schwanz.
Alle denkbaren Strafzwecktheorien können doch wohl gleichermaßen von staatlichen wie nichtstaatlichen Akteuren in Anspruch genommen werden. So können Staaten ebenso mit Rache argumentieren wie nichtstaatliche Akteure mit Prävention. Ich kann wirklich erkennen, was für Gründe es für die Aufteilung: staatliche Übelzufügung = Strafe, Nicht staatliche Übelzufügung = Rache geben soll. Gibt es ernstzunehmende Texte, in denen das näher ausgeführt wird?

Roxin, Strafrecht AT, so Seite 1 bis ca. 200 wäre ein Anfang... Nichtstaatlichen Akteuren steht ganze rechtstaatliche Instrumentarium nicht zur Verfügung; über die Ideen von Gewaltenteilung und Gewaltmonopol muss ich dir nichts erzählen?


Und? Es geht darum, dass du den Begriff "Strafe" offenbar definitionsgemäß an staatliches Handeln knüpfst und alles nichtstaatliche automatisch Rache sein müsse, die wiederrum nichts mit "Strafe" zu tun hätte. Das wirkt so formuliert höchst seltsam und alles andere als überzeigend. Erstens galt und gilt auch Rache in vielen Staaten als legitimer Selbstzweck, zweitens kann auch ein Möchtegern-Dexter im präventiven Sinne und ohne Rachegelüste aufräumen. Für mich ergibt es überhaupt keinen Sinn, diese Begriffe in dieser Art miteinander zu verknüpfen. Was soll das zum Begriffsverständnis beitragen?



Samson83 hat folgendes geschrieben:
Zumsel hat folgendes geschrieben:

Notwendig wofür?

Für die Aufrechterhaltung unseres Strafsystems in der jetzigen Form, einfach weil kein besseres bekannt ist. Und ja, das ist etwas zirkulär.


"Etwas" ist gut Lachen


Zuletzt bearbeitet von Zumsel am 20.06.2018, 17:56, insgesamt einmal bearbeitet
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Gödelchen
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Beiträge: 771

Beitrag(#2139795) Verfasst am: 20.06.2018, 17:55    Titel: Antworten mit Zitat

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Gödelchen hat folgendes geschrieben:
Zumsel hat folgendes geschrieben:
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Zumsel hat folgendes geschrieben:

Ok, aber was ist dann deine Strafphilosophie.

Die deckt sich ziemlich mit der herrschenden der BRD.
Positive Generalprävention als Primärstrafzweck; Ablehnung absoluter Straftheorien (wie z.B. auch die Kants); Bestimmtheitsgrundsatz; Rückwirkungsverbot und ähnliche konstitutiv prädertiminierte Zuckerstreusel.

Zumsel hat folgendes geschrieben:

Bei genauerer Betrachtung gibt es ja kaum etwas, wo die Diskrepanz zwischen gefühlter Legitimität und argumentativer Stichhaltigkeit größer ist als im Strafrecht.

Beispiel?


Wodurch wird z.B. deiner Meinung nach eine plausible Äquivalenz (oder auch bloß ein Zusammenhang) zwischen der Höhe einer generalpräventiven Strafe und der Schuld des Täters hergestellt? Und was heißt es überhaupt zu sagen, jemand ist "schuldig"?


Was bringt die Frage ??......Nichts nur philosophische Aufregung .

Schuldig im Sinne der normierten Straftatbestände ist der, dem nachgewiesen wurde, dass er den normierten Tatbestand, der legal per Gesetz mit Strafe belegt ist, erfüllt hat. Das ist alles. Alles andere ist Bewertung von Schuld.


Welchen Sinn es hat, nach der Legitimität der absichtlichen Zufügung von Übeln zu fragen? Stimmt, bloß philosophisches Blabla, der pragmatische Macher diskutiert nicht sondern schafft Fakten, indem er schießt.


Was soll das jetzt. Den Unterschied zwischen " ein Übel zufügen " und " Begehen eines Straftatbestandes" ist die bekannt.

Blabla ist die Umdeutung von Strafe aus rechtlich gesichertem Grund in Übel. Diskussionen sind in der Sache Recht da zu führen, wo sie hingehören....in die demokratisch legitimierten Institutionen........nicht in Philisophen-Stammtischen.
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