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Definition und Operationalisierung von Ich-Bewusstsein
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narziss
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Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 21939

Beitrag(#83767) Verfasst am: 30.01.2004, 14:20    Titel: Definition und Operationalisierung von Ich-Bewusstsein Antworten mit Zitat

* Thema von hier geteilt / Babyface *

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Spock hat folgendes geschrieben:
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Gemessen an unseren Wertmaßstäben, was höher und was niedriger ist (und welche sonst sollten wir verwenden, wenn nicht unsere; andere Wertmaßstäbe gibt es nicht, weil wir die einzigen Lebewesen mit Wertmaßstäben sind) sind wir die bei weitem höchstentwickelten Lebewesen.
Und wie weißt du das nach? Wer sagt dir, dass Wertmaßstäbe nicht auch z.B. bei Walen vorkommen? Vielleicht ist das ja ein reines Problem der nicht möglichen Kommunikation?

Überhaupt nicht. Wer behauptet, Gott existiere, oder Wale hätten Wertvorstellungen, oder Affen hätten Ich-Bewusstsein, ist nach alter Freigeistersitte beweispflichtig zwinkern (Hört sich jetzt spassig an, ist aber ernst gemeint).


Beweise doch dass ich ein Ich-Bewusstsein habe. Auf den Arm nehmen
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Klaus-Peter
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Anmeldungsdatum: 10.01.2004
Beiträge: 1534

Beitrag(#83773) Verfasst am: 30.01.2004, 14:29    Titel: Antworten mit Zitat

narziss hat folgendes geschrieben:
Beweise doch dass ich ein Ich-Bewusstsein habe. Auf den Arm nehmen

Kann ich nicht. Wenn Du mir glaubhaft versichern würdest, Du hättest keines, müsste ich Dir das glauben. Es gibt nur einen einzigen Grund, warum ich annehme, dass Du eines hast: Weil Du genau so reagierst, wie ich erwarten würde, dass einer reagiert, wenn er Bewusstsein hat, und weil Du mir glaubhaft versicherst, Du hättest eines. Du versicherst das so glaubhaft, dass ich annehmen muss, Du glaubst das selber, und wenn Du selber glaubst, Du hättest ein Bewusstsein, dann hast Du eines (quasi per Definitionem: Einen besseren Zugang zu meinem eigenen Ich habe ich ja auch nicht; ich glaube auch bloss, dass ich ein Bewusstsein habe, also habe ich eines).
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Babyface
Altmeister



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 11518

Beitrag(#83785) Verfasst am: 30.01.2004, 15:00    Titel: Antworten mit Zitat

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
narziss hat folgendes geschrieben:
Beweise doch dass ich ein Ich-Bewusstsein habe. Auf den Arm nehmen

Kann ich nicht. Wenn Du mir glaubhaft versichern würdest, Du hättest keines, müsste ich Dir das glauben. Es gibt nur einen einzigen Grund, warum ich annehme, dass Du eines hast: Weil Du genau so reagierst, wie ich erwarten würde, dass einer reagiert, wenn er Bewusstsein hat, und weil Du mir glaubhaft versicherst, Du hättest eines.

Vielleicht ist er nur von bewußten Lebeswesen konditioniert, sich so zu verhalten und glaubhaft zu versichern er hätte Bewußtsein, obwohl er in Wahrheit überhaupt kein Konzept davon hat. Kleine Kinder behaupten auch nicht, dass sie eins hätten, sie beobachten aber, dass einige Ältere das von sich behaupten und imitieren das.
_________________
posted by Babyface
.
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Klaus-Peter
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Anmeldungsdatum: 10.01.2004
Beiträge: 1534

Beitrag(#83799) Verfasst am: 30.01.2004, 15:19    Titel: Antworten mit Zitat

Babyface hat folgendes geschrieben:
Vielleicht ist er nur von bewußten Lebeswesen konditioniert, sich so zu verhalten und glaubhaft zu versichern er hätte Bewußtsein, obwohl er in Wahrheit überhaupt kein Konzept davon hat. Kleine Kinder behaupten auch nicht, dass sie eins hätten, sie beobachten aber, dass einige Ältere das von sich behaupten und imitieren das.

Das ist richtig. Das kann man zunächst nicht ausschliessen. (man nennt solche Burschen philosophische Zombies, weil sie wie Menschen sind, bloss keiner zu Hause).

Das hiesse dann aber: Er würde mich auf Fragen der Art: "Wie fühlt es sich an, ein Selbst zu sein", anlügen, weil er ja nichts wirklich fühlen würde. Die Frage ist nun: Könnte man einen Lügner entlarven? Wenn ja, dann hätte ich ein Kriterium, um Bewusste von Unbewussten zu unterschieden. Wenn nein, dann hiesse das, dass der Zombie in der Lage ist, die Frage, wie es sich anfühlt, ein Ich zu sein, so gut zu simulieren, dass er jeden täuschen kann. Ich frage mich nun: ist einer, der das so gut simuliert, nicht schon automatisch bewusst? Ist mein Bewusstsein anders als so eine perfekte Simulation? Ich glaube eher nicht. Aber das Gefühl ist da, da beisst die Maus keinen Faden ab.
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ric
Gast






Beitrag(#83802) Verfasst am: 30.01.2004, 15:22    Titel: Antworten mit Zitat

Wieso kommt mir die Diskussion bekannt vor?
Searle
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Klaus-Peter
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Anmeldungsdatum: 10.01.2004
Beiträge: 1534

Beitrag(#83806) Verfasst am: 30.01.2004, 15:42    Titel: Antworten mit Zitat

ric hat folgendes geschrieben:
Wieso kommt mir die Diskussion bekannt vor?
Searle

Hi Ric,

ja genau. Ich denke allerdings, dass Searle komplett daneben liegt. Allerdings die Tussi, deren Artikel Du gelinkt hast, in ihrer Kritik an Searle noch viel mehr. Die hat nämlich überhaupt nicht verstanden, worauf es Searle ankommt. Ihre Kritik an Searle ist geradezu peinlich (und wie sie ihm ad-hominem "Rassismus" vorwirft, ist grob unverschämt). Ich hoffe, Du kennst die Dame nicht näher zwinkern

Meinst Du, es würde sich lohnen, zum Thema Searle und Bewusstsein einen Thread loszutreten?

Gruss

KP
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ric
Gast






Beitrag(#83808) Verfasst am: 30.01.2004, 15:57    Titel: Antworten mit Zitat

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
ric hat folgendes geschrieben:
Wieso kommt mir die Diskussion bekannt vor?
Searle

Hi Ric,

ja genau. Ich denke allerdings, dass Searle komplett daneben liegt. Allerdings die Tussi, deren Artikel Du gelinkt hast, in ihrer Kritik an Searle noch viel mehr. Die hat nämlich überhaupt nicht verstanden, worauf es Searle ankommt. Ihre Kritik an Searle ist geradezu peinlich (und wie sie ihm ad-hominem "Rassismus" vorwirft, ist grob unverschämt). Ich hoffe, Du kennst die Dame nicht näher zwinkern

Meinst Du, es würde sich lohnen, zum Thema Searle und Bewusstsein einen Thread loszutreten?

Gruss

KP
Shit,
das passiert, wenn man den ersten Google-Treffer einfach verlinkt. Verlegen
Hast Du irgendwo einen Link auf Hofstadters Erwiderung?

Wobei. In einem Punkt hat sie Recht. Hätte Searl statt Chinesisch z.B. Holländisch genommen, dann hätte sein Beispiel kaum Beachtung gefunden. Sie hat auf etwas unglückliche Art und Weise auf die Schwäche dieser Metapher hingewiesen.

Das Thema Searle und Bewußtsein ist schon interessant, nur wirst Du kaum jemanden finden, der Searles Ansichten vertritt. zwinkern
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Babyface
Altmeister



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 11518

Beitrag(#83809) Verfasst am: 30.01.2004, 15:58    Titel: Antworten mit Zitat

Wenn es gewünscht wird, kann ich den Thread gerne in ein neues Thema wie "Definition und Operationalisierung von Ich-Bewusstsein" teilen.
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posted by Babyface
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22767
Wohnort: Germering

Beitrag(#83810) Verfasst am: 30.01.2004, 16:08    Titel: Antworten mit Zitat

Offenbar werden immer wieder ähnlichei Voraussetzungen genannt, mit denen vielen das menschliche "bewußte Erleben" derzeit wesentlich von einem einfachen "intellgenten Verhalten" abgrenzbar erscheint:

(i) die Vorstellung persönlicher Autonomie
Man ist der Meinung, ohne ein gewisses Gefühl der Handlungsfreiheit (bedingter freier Wille) sei ein ICH-Bewußtsein nicht denkbar.

(ii) die Qualia
Man ist der Meinung, die subjektive Qualität unseres Erlebens (erste-Person-Perspektive) sei einzigartig oder sogar kein physikalisches Phänomen ("phänomenales Bewußtsein", "Erklärungslücke").

(iii) die Intentionaltät
Man ist der Meinung, unser bewußtes Erleben sei immer auf etwas gerichtet (und dies sei ebenfalls nicht physikalisch erklärbar)

Zu der Bedeutung von (ii) und (iii) insbesondere bei der Antwort auf die Frage, ob Tiere Bewußtsein haben, bin ich generell skeptisch, möchte dies aber hier mal nicht in den Mittelpunkt stellen. Ich stimme aber KP in der zusammenfassenden Bewertung von Searle's Argumentation zu.

Bezüglich (i) hätte ich einen Vorschlag zu machen: Nachdem in Nachfolge des Libet-Experiments naheliegt, daß der bedingte freie Wille beim Menschen (also das Gefühl der Handlungsfreiheit) in einem nachträglichen Rechtfertigungsmechanismus im Gehirn besteht (bzw. in einer rekursiven Kette solcher unbewußten Entscheidungs- und bewußten Rechtfertigungsschritten), und man diesen Vorgang neurologisch teilweise bereits auflösen kann, wäre es doch möglich, einen ähnlichen Versuch mit Primaten zu machen. Zeigt sich dort auch das verzögerte Aktionspotential, ist das zumindest ein Indiz, daß der Primat ebenfalls etwas der Vorstellung persönlicher Autonomie vergleichbares hat. Möglicherweise wurden solche Experimente bereits durchgeführt?

gruß/step

PS: Ich wäre auch für einen neuen thread.
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Zuletzt bearbeitet von step am 30.01.2004, 17:36, insgesamt einmal bearbeitet
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22767
Wohnort: Germering

Beitrag(#83828) Verfasst am: 30.01.2004, 17:35    Titel: Antworten mit Zitat

... doch noch eine Bemerkung zu (ii), den Qualia.

Wenn sich die Vermutung bestätigt, daß phänomenales Bewußtsein (also Empfindungen oder Gedanken haben, während man etwas kognitiv verarbeitet) mit 40-Hertz-Oszillationen verbunden sind, könnte man auch diese bei Tieren zu messen versuchen.

gruß/step
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Klaus-Peter
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Anmeldungsdatum: 10.01.2004
Beiträge: 1534

Beitrag(#83832) Verfasst am: 30.01.2004, 17:51    Titel: Antworten mit Zitat

Ich habe vo einem Jahr schon mal das Thema bei Wissenschaft Online diskutiert. Leider haben die wegen einer Teilnehmerin mit psychischen Problemen, mit der es Ärger gab, beschlossen, die Diskussion offiziell vom Netz zu nehmen, man findet also nicht mehr hin. Ich habe mir aber die Links aufgehoben, und die funzen noch:

Hier meine Kurzbeschreibung des Searleschen Gedankenexperiments

Leider geht der dort angeführte Link nicht mehr.

Hier meine Widerlegung des Searleschen Gedankenexperiments.

Hofstadters Widerlegung habe ich leider nicht Online gefunden. Sie steht aber in Hofstadter/Dennett, "Einsicht ins Ich", Kapitel 22 (mit dem Originalartikel von Searle).
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Wygotsky
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Anmeldungsdatum: 25.01.2004
Beiträge: 5014

Beitrag(#83843) Verfasst am: 30.01.2004, 18:45    Titel: Antworten mit Zitat

Vielleicht ist einigen von euch nicht bekannt, dass Searle gar nicht abstreitet, dass Maschinen denken können. Auch streitet er nicht ab, dass Digitalcomputer denken könnten. Es geht vielmehr um die Frage, ob die Datenverarbeitung in einem Digitalcomputer auf bestimmte Weise organisiert sein muss, nämlich auf eine Art und Weise die der Datenverarbeitung des Hirns ähnelt. Die guten Fortschritte bei der Entwicklung künstlicher neuronaler Netze stützen diese These. Viele Leistungen des Gehirns, die mit herkömmlichen Methoden der Datenverarbeitung unglaublich schwierig zu beschreiben sind, lassen sich einem künstlichen neuronalen Netz vergleichsweise einfach beibringen. Insbesondere kommt man bei selbstlernenden Netzen ohne einen Programmierer aus, der seine Intelligenz in die Software einbauen müsste. Da muss eben kein cleverer Chinese die ganzen Karteikarten und Verarbeitungsregeln konzipieren, damit am Ende das System Zimmer "Chinesisch kann".

Sehr interessant finde ich auch Searles Unterscheidung zwischen der symbolischen Repräsentation eines Vorgangs und dem Vorgang selbst. Mit Symbolen kann man ja alles darstellen. Man könnte zum Beispiel die Zusammensetzung verschiedener Nahrungsmittel symbolisch darstelllen. Dann könnte man Regeln formulieren, die diese Symbole verarbeiten und am Ende einen Output generieren. Wenn man den Computer geschickt programmiert, könnte der Output durchaus die Zusammensetzung von Kot symbolisch repräsentieren. Trotzdem würde niemand sagen, dass der Computer verdaut. Die Unterscheidung zwischen dem Vorgang selbst und seiner symbolischen Darstellung wäre intuitiv klar.

Beim Denken ist das anders, weil eine Mehrheit der Leute der Meinung ist, Denken sei Symbolverarbeitung. Nun hat das Denken ganz offensichtlich eine Symbolverarbeitungsdimension. Aber auch die Tätigkeit des Darms kann man ja durch die Brille der Symbolverarbeitung betrachten. Die Frage ist, ob das Denken nichts als Symbolverarbeitung ist.

Das interessante an Symbolen ist nämlich, dass sie etwas bedeuten, dass sie Sinn ergeben. Wer behauptet, dass das System "chinesisches Zimmer" chinesisch versteht, glaubt vielleicht, dass bei jeder Art von Symbolverarbeitung irgendwann automatisch eine kritische Masse erreicht ist, bei der der Sinn ins Spiel kommt. Im Endeffekt läuft das auf die Idee hinaus, dass wir eine Maschine bauen können, die vergleichbare Leistungen wie das Gehirn erbringt, und dass wir dazu vom Gehirn nur wissen müssen, dass es Informationen verarbeitet. Ich glaube, wir werden uns schon genau damit beschäftigen müssen, wie das Gehirn tut was es tut. Genau das macht man ja heute auch.

Insofern ist Searle gar nicht so abwegig, wie manche von euch glauben.
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narziss
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Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 21939

Beitrag(#83847) Verfasst am: 30.01.2004, 18:50    Titel: Antworten mit Zitat

Ich wollte Klaus Peter doch nur sa,gen dass ein Beweis nicht wirklich möglich ist und dass man durch Indizien schließen muss, dass auch Tiere ein Ich-Bewusstsein oder WErtevorstellungen haben, wenn sich das Verhalten dieser Tiere irgednwie mit dem von Menschen vergleichen lässt.
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ric
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Beitrag(#83855) Verfasst am: 30.01.2004, 19:05    Titel: Antworten mit Zitat

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
...
Hier meine Kurzbeschreibung des Searleschen Gedankenexperiments

Leider geht der dort angeführte Link nicht mehr.

Hier meine Widerlegung des Searleschen Gedankenexperiments....
Interessante Diskussion. zwinkern

Ich bin vor einigen Jahren mal auf die Frage gestoßen, ob im Gehirn überhaupt Symbole verarbeitet werden. Darauf gekommen bin ich, als ich eine Einheit, die bestimmte Bilder beurteilen sollte, und algorithmisch in SW aufgebaut war, durch ein neuronales Netz (in HW) ersetzen mußte. Das alte System hat im Prinzip korrekt gearbeitet, bestimmte Aspekte der Außenwelt in Symbole (Zahlen) transformiert, korekte Voraussagen getroffen, und wieder an die Außenwelt zurückgeliefert. Mit einem kleinen Fehler. Es war zu langsam. skeptisch

Ein Ersetzen des komplexen Algorithmus durch ein ein selbstlernendes Neuronales Netz war die Lösung. Nachdem das System lief, habe ich im einzelnen versucht nachzuvollziehen, was zum Teufel im Inneren des Netzes eigentlich abläuft. Es sind sehr simple Abläufe und Verknüpfungen, die aber mit den Symbolen, die dem Netz zum Lernen vorgesetzt wurden nichts mehr zu tun hatten. Im Inneren wurden also keine Symbole verarbeitet, das System liefert aber einen Output, der so erscheint, als ob dem so wäre.

Frage. Verarbeitet unser Gehirn Symbole? Auf irgendeiner Abstraktionsstufe?
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22767
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Beitrag(#83858) Verfasst am: 30.01.2004, 19:12    Titel: Antworten mit Zitat

Hi ric,

verliert die Frage nicht etwas ihre Brisanz, wenn man sich klar macht, daß selbst eindeutig symbolverarbeitende Mechanismen letztlich nicht wirklich auf der Bedeutung dieser Symbole arbeiten?

gruß/step
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Wygotsky
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Anmeldungsdatum: 25.01.2004
Beiträge: 5014

Beitrag(#83862) Verfasst am: 30.01.2004, 19:20    Titel: Antworten mit Zitat

ric hat folgendes geschrieben:

Interessante Diskussion. zwinkern

Ich bin vor einigen Jahren mal auf die Frage gestoßen, ob im Gehirn überhaupt Symbole verarbeitet werden. Darauf gekommen bin ich, als ich eine Einheit, die bestimmte Bilder beurteilen sollte, und algorithmisch in SW aufgebaut war, durch ein neuronales Netz (in HW) ersetzen mußte. Das alte System hat im Prinzip korrekt gearbeitet, bestimmte Aspekte der Außenwelt in Symbole (Zahlen) transformiert, korekte Voraussagen getroffen, und wieder an die Außenwelt zurückgeliefert. Mit einem kleinen Fehler. Es war zu langsam. skeptisch

Ein Ersetzen des komplexen Algorithmus durch ein ein selbstlernendes Neuronales Netz war die Lösung. Nachdem das System lief, habe ich im einzelnen versucht nachzuvollziehen, was zum Teufel im Inneren des Netzes eigentlich abläuft. Es sind sehr simple Abläufe und Verknüpfungen, die aber mit den Symbolen, die dem Netz zum Lernen vorgesetzt wurden nichts mehr zu tun hatten. Im Inneren wurden also keine Symbole verarbeitet, das System liefert aber einen Output, der so erscheint, als ob dem so wäre.

Frage. Verarbeitet unser Gehirn Symbole? Auf irgendeiner Abstraktionsstufe?


Natürlich findet auch in einem selbstlernenden neuronalen Netz Symbolverarbeitung statt. Die Synapsengewichte werden durch eine Zahl repräsentiert. Der Erregungszustand der simulierten Neuronen wird durch eine Zahl repräsentiert. Das ist symbolische Repräsentation.

Natürlich ist die Art der Symbolverarbeitung, die in so einem Netz abläuft völlig kontraintuitiv, wenn du dich z.B. fragst, wie zum Teufel dein Netz Gesichter erkennt. Eben darum ist es ja auch so interessant. Sehr glücklich
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Wygotsky
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Anmeldungsdatum: 25.01.2004
Beiträge: 5014

Beitrag(#83863) Verfasst am: 30.01.2004, 19:21    Titel: Antworten mit Zitat

Mist.

Zuletzt bearbeitet von Wygotsky am 30.01.2004, 19:28, insgesamt einmal bearbeitet
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Wygotsky
registrierter User



Anmeldungsdatum: 25.01.2004
Beiträge: 5014

Beitrag(#83866) Verfasst am: 30.01.2004, 19:27    Titel: Antworten mit Zitat

narziss hat folgendes geschrieben:
Ich wollte Klaus Peter doch nur sa,gen dass ein Beweis nicht wirklich möglich ist und dass man durch Indizien schließen muss, dass auch Tiere ein Ich-Bewusstsein oder WErtevorstellungen haben, wenn sich das Verhalten dieser Tiere irgednwie mit dem von Menschen vergleichen lässt.


Ja, das trifft natürlich zu. Ich bin da etwas vom Thema abgekommen.

Die Neurologie liefert uns allerdings Wissen darüber, was im Gehirn geschieht, wenn wir subjektiv ein Bewusstsein erleben. Nun ist natürlich denkbar, dass ganz anderes organisierte Systeme eine Benutzerillusion hervorbringen könnten. (Ebenso wie denkbar ist, dass Lebenwesen aus anderen Bausteinen zusammengesetzt sein könnten als ausgerechnet Nukleinsäuren und Aminosäuren.) Aber wie einer meiner Vorredner so treffend bemerkte: Wer eine ungewöhnliche Behauptung aufstellt, muss sich eben auch gefallen lassen, dass sie besonders kritisch untersucht wird.

(Mann, bin auf einer Tagung und muss den Scheiß IExplorer benutzen. Ist das Ding zum Kotzen.)
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ric
Gast






Beitrag(#83872) Verfasst am: 30.01.2004, 19:32    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Hi ric,

verliert die Frage nicht etwas ihre Brisanz, wenn man sich klar macht, daß selbst eindeutig symbolverarbeitende Mechanismen letztlich nicht wirklich auf der Bedeutung dieser Symbole arbeiten?

gruß/step
Lachen
Gilt die Aussage auch für den Menschen?
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22767
Wohnort: Germering

Beitrag(#83899) Verfasst am: 30.01.2004, 20:47    Titel: Antworten mit Zitat

ric hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Hi ric,

verliert die Frage nicht etwas ihre Brisanz, wenn man sich klar macht, daß selbst eindeutig symbolverarbeitende Mechanismen letztlich nicht wirklich auf der Bedeutung dieser Symbole arbeiten?

gruß/step
Lachen
Gilt die Aussage auch für den Menschen?
mE ja. Mglw. sogar selbst dann, wenn Symbole irgendeine äquivalente Repräsentation im Gehirn haben sollten.

Wenn man sich selbst in einer Art hypothetischem Debug-Modus betreiben würde, wäre das vielleicht anders, denn man würde dann (mit einem anderen Gehirnprozess) durch eine simulierendes Verstehen der Symbolverarbeitungsvorgänge die Bedeutung der Symbole und der Netzzustände sehen bzw. zu sehen meinen.

Daß uns, wenn wir einen Verarbeitungsvorgang als Ganzes sehen bzw. simulieren, zu seiner formalisierenden oder abstrakten Beschreibung Begriffe wie Semantik oder Bedeutung geeignet erscheinen, berechtigt nicht dazu, die entsprechenden Gehirnvorgänge als nichtreduzierbare oder gar nichtphysikalische Entitäten anzusehen, wie es einige emergentistische oder gar geistverehrende Philosophen tun.

gruß/step
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Babyface
Altmeister



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 11518

Beitrag(#83960) Verfasst am: 30.01.2004, 22:36    Titel: Antworten mit Zitat

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Babyface hat folgendes geschrieben:
Vielleicht ist er nur von bewußten Lebeswesen konditioniert, sich so zu verhalten und glaubhaft zu versichern er hätte Bewußtsein, obwohl er in Wahrheit überhaupt kein Konzept davon hat. Kleine Kinder behaupten auch nicht, dass sie eins hätten, sie beobachten aber, dass einige Ältere das von sich behaupten und imitieren das.

Das ist richtig. Das kann man zunächst nicht ausschliessen. (man nennt solche Burschen philosophische Zombies, weil sie wie Menschen sind, bloss keiner zu Hause).

Das hiesse dann aber: Er würde mich auf Fragen der Art: "Wie fühlt es sich an, ein Selbst zu sein", anlügen, weil er ja nichts wirklich fühlen würde.

Nicht notwendigerweise. Ich halte es durchaus für möglich, dass er das Konzept Ich-Bewusstsein zwar erwirbt, aber es mental anders repräsentiert. Er wäre dann kein Lügner, sondern meint schlicht nicht dasselbe. Wenn man einem Kind das Konzept _bewußt_ erklären will, dann wird man gewöhnlich versuchen, den Begriff irgendwie mithilfe bekannter Phänomene abzugrenzen und zu bestimmen (z.B. "Wenn Du schläfst, dann bist Du unbewusst."). Ein Kind oder Erwachsener ohne Ich-Bewusstsein könnte also den Zustand, den er im Wachzustand erlebt mit selbigem Begriff assoziiert haben, ohne dass eure Wahrnehmungen tatsächlich übereinstimmen. Diesen Unterschied herauszufinden ist aber mE fast unmöglich oder setzt bei dem zu Untersuchenden zumindest hohe sprachliche und kognitive Fertigkeiten zur Introspektion vorraus, wenn er seinen erlebten bewussten Zustand für eine Analyse beschreiben soll. Frag mal einen durchschnittlichen Erwachsenen, wie es sich anfühlt, ein Ich zu sein. Mehr als ein verlegenes Herumgestottere wirst Du den meisten Fällen nicht hören. Ein solches Kriterium wäre aber möglicherweise tauglich, einen ich-bewußten von einem Zombie-Philosophen zu unterscheiden. zwinkern
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posted by Babyface
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Schmerzlos
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Anmeldungsdatum: 02.08.2003
Beiträge: 4554

Beitrag(#84017) Verfasst am: 30.01.2004, 23:29    Titel: Antworten mit Zitat

http://www.philosophie.uni-mainz.de/metzinger/publikationen/SMT-light.doc

Vielversprechender Ansatz bei Thomas Metzinger.

Ist mir persönlich ne Spur zu materialistisch. zwinkern
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Klaus-Peter
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Anmeldungsdatum: 10.01.2004
Beiträge: 1534

Beitrag(#84156) Verfasst am: 31.01.2004, 11:16    Titel: Antworten mit Zitat

Babyface hat folgendes geschrieben:
Ich halte es durchaus für möglich, dass er das Konzept Ich-Bewusstsein zwar erwirbt, aber es mental anders repräsentiert. Er wäre dann kein Lügner, sondern meint schlicht nicht dasselbe.

Dass das Bewusstsein bei unterschiedlichen Menschen mental anders repräsentiert ist, halte ich sogar für höchstwahrscheinlich. Die Programmierung unseres Gehirns erfolgt durch Worte (mir scheint, Deine Aussage, wie gelernt wird, bedeutet im Wesentlichen dasselbe in weniger softwaregeladenem Jargon).

Babyface hat folgendes geschrieben:
Diesen Unterschied herauszufinden ist aber mE fast unmöglich oder setzt bei dem zu Untersuchenden zumindest hohe sprachliche und kognitive Fertigkeiten zur Introspektion vorraus, wenn er seinen erlebten bewussten Zustand für eine Analyse beschreiben soll.

Ich glaube, dass das Phänomen durch die "Programmierung" der Kinderhirne mittels sprachlich vermittelter Konzepte überhaupt erst entsteht. Dass vorher keiner zu Hause ist. Das hiesse insbesondere: Unterschiede jenseits dessen, was sprachlich ausgedrückt werden kann, existieren nicht. Oder anders ausgedrückt: mein Bewusstsein ist identisch mit dem Konzept, das ich von ihm habe. (Ich bin nicht ganz sicher, ob Du das auch so gemeint hast.).

Gruss

KP
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ric
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Beitrag(#84166) Verfasst am: 31.01.2004, 11:55    Titel: Antworten mit Zitat

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Babyface hat folgendes geschrieben:
Ich halte es durchaus für möglich, dass er das Konzept Ich-Bewusstsein zwar erwirbt, aber es mental anders repräsentiert. Er wäre dann kein Lügner, sondern meint schlicht nicht dasselbe.

Dass das Bewusstsein bei unterschiedlichen Menschen mental anders repräsentiert ist, halte ich sogar für höchstwahrscheinlich. Die Programmierung unseres Gehirns erfolgt durch Worte (mir scheint, Deine Aussage, wie gelernt wird, bedeutet im Wesentlichen dasselbe in weniger softwaregeladenem Jargon).
Einstieg Spracherwerb
Die Untersuchungen von Chomsky legen nahe, daß der Spracherwerb (Erweiterung der Repräsentation der Außenwelt im Gehirn) bei allen Menschen nach biologisch vorgegeben Regeln vor sich geht. Das würde bedeuten, daß eine beliebige mentale Präsentation im Bewußtsein des Menschen nicht möglich ist.
Mir ist auch kein Beispiel bekannt, in dem eine Sprache nicht in eine andere übersetzbar ist. Es gibt zwar diverse Schwierigkeiten insbesondere im Konzept der Zeit, aber grundsätzlich können sich alle Menschen miteinander verständigen.
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Babyface
Altmeister



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 11518

Beitrag(#84430) Verfasst am: 31.01.2004, 22:41    Titel: Antworten mit Zitat

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:

Babyface hat folgendes geschrieben:
Diesen Unterschied herauszufinden ist aber mE fast unmöglich oder setzt bei dem zu Untersuchenden zumindest hohe sprachliche und kognitive Fertigkeiten zur Introspektion vorraus, wenn er seinen erlebten bewussten Zustand für eine Analyse beschreiben soll.

Ich glaube, dass das Phänomen durch die "Programmierung" der Kinderhirne mittels sprachlich vermittelter Konzepte überhaupt erst entsteht. Dass vorher keiner zu Hause ist. Das hiesse insbesondere: Unterschiede jenseits dessen, was sprachlich ausgedrückt werden kann, existieren nicht. Oder anders ausgedrückt: mein Bewusstsein ist identisch mit dem Konzept, das ich von ihm habe. (Ich bin nicht ganz sicher, ob Du das auch so gemeint hast.).

Ich sehe Bewusstsein eher identisch mit dem Konzept, welches man von sich selbst hat, also mit einem Ich-Konzept. Das Ich-Konzept ist imho dadurch charakterisiert, dass es eine große Bandbreite verschiedener physicher und psychischer Empfindungen und Wahrnehmungen wie Hunger, Durst, Bewegungen, Körperteile, Erinnerungen, Wünsche, Ziele etc. (quasi viele kleine "Ichs") systematisch miteinander in Beziehung setzt, indem es sie einer gemeinsamen Ursache, dem "Ich" zuschreibt (das Ich wäre quasi so was wie der latente Faktor einer Faktorenanalyse und das Bewusstsein dessen Interpretation).


Gruss
Babyface
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posted by Babyface
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M.S.Salomon
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Anmeldungsdatum: 15.09.2003
Beiträge: 389

Beitrag(#84849) Verfasst am: 02.02.2004, 11:35    Titel: Antworten mit Zitat

Kennt Ihr das Buch von "Nicholas Humphrey: Die Naturgeschichte des Ich"?
Eine hervorragende und auch einfache (die meisten großen Wahrheiten sind einfach!) Erklärung des bewußtseins (korrespondiert u.a. hervorragend mit dem neurophysiologischen Ansatz von Damasio).

Im Anschluss an Humphrey denke ich, dass die Frage des Entstehens von Bewussteins im Großen und Ganzen geklärt ist. Die dahinter stehende Frage nach der Entstehung des Lebens ist jedoch weiterhin offen. Wir wissen zwar, wie organische Substanzen entstehen können, aber wie das "Prinzip Eigennutz" (= Leben) in die Natur kommt, ist m.E. noch völlig ungeklärt. Hat jemand auf diese Frage schon halbwegs plausible Antworten gefunden?
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Wir müssen uns Sisyphos
als einen glücklichen Menschen vorstellen."
(Albert Camus)
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Klaus-Peter
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Anmeldungsdatum: 10.01.2004
Beiträge: 1534

Beitrag(#84864) Verfasst am: 02.02.2004, 12:13    Titel: Antworten mit Zitat

M.S.Salomon hat folgendes geschrieben:
Kennt Ihr das Buch von "Nicholas Humphrey: Die Naturgeschichte des Ich"?
Eine hervorragende und auch einfache (die meisten großen Wahrheiten sind einfach!) Erklärung des bewußtseins (korrespondiert u.a. hervorragend mit dem neurophysiologischen Ansatz von Damasio).

Ich kenne nur eine Rezension aus Spektrum der Wissenschaft, Oktober 1996 (Link unten auf der Seite, leider nur für Abonnenten lesbar). Die war ein ziemlicher Verriss (was nicht wundert, wenn man weiss, dass die Rezension von einem Psychologen stammt, und bei diesen ein Reflex weit verbreitet ist, der bei jeder Art von naturalistischer Reduktion der Psyche mit massiven Abwehrmechanismen antwortet.)

Was mir aber, trotz der prinzipiellen Skepsis gegen die Rezension, zu denken gab, war folgende Passage, die, wenn wahr, das Buch wertlos macht:

Spektrum der Wissenschaft hat folgendes geschrieben:
Metaphysisch - und hier komme ich zum eigentlichen Ettikettenschwindel, den Humphrey mit uns treibt - bleibt hinter allem Bewußtsein, Empfinden und Bewegen ein residuales "Ich", das die aufgelisteten Merkwürdigkeiten "in Gang setze", "habe", oder eben "erlebe". Tatsächlich verbleibt in der definitiven Illustration der Theorie (Abbildung 11b auf Seite 242) ein fröhlicher Homunculus!


Ich werde versuchen, das Buch aufzutreiben, um den Verdacht selber zu überprüfen.

Mein persönlicher Favorit für die Erklärung des Bewusstseins ist Daniel Dennett, in "Consciousness Explained". Für ihn ist Bewusstsein mehr eine Frage der Konzepte, Datenstrukturen und Narrativierungen (Konstruktion von Geschichten, in denen man die Hauptperson ist), als eine neurophysiologische Sache. Die deutsche Übersetzung ist leider vergriffen und wird nicht mehr aufgelegt (und hiess "Philosophie des Menschlichen Bewusstseins". Hoffmann und Campe scheint die Diskussion über Bewusstsein sabotieren zu wollen, indem sie tolle Bücher an Land ziehen und dann auslaufen lassen).
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step
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Beitrag(#84903) Verfasst am: 02.02.2004, 13:07    Titel: Antworten mit Zitat

M.S.Salomon hat folgendes geschrieben:
... aber wie das "Prinzip Eigennutz" (= Leben) in die Natur kommt, ist m.E. noch völlig ungeklärt. Hat jemand auf diese Frage schon halbwegs plausible Antworten gefunden?

Ist es nicht nahezu trivial, daß nach einer hinreichenden Zeit von allen etwaigen komplexen Strukturen nur noch solche zu beobachten sind, die ihren Aufbau erfolgreich replizieren?

Falls das so ist: Ist es nicht weiterhin klar, daß replizierende Strukturen immer so aussehen müssen, als unterlägen sie einem "Prinzip Eigennutz"

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M.S.Salomon
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Beitrag(#85054) Verfasst am: 02.02.2004, 21:18    Titel: Antworten mit Zitat

Klaus-Peter schrieb:

Zitat:
Ich kenne nur eine Rezension aus Spektrum der Wissenschaft, Oktober 1996 (Link unten auf der Seite, leider nur für Abonnenten lesbar). Die war ein ziemlicher Verriss (was nicht wundert, wenn man weiss, dass die Rezension von einem Psychologen stammt, und bei diesen ein Reflex weit verbreitet ist, der bei jeder Art von naturalistischer Reduktion der Psyche mit massiven Abwehrmechanismen antwortet.)

Was mir aber, trotz der prinzipiellen Skepsis gegen die Rezension, zu denken gab, war folgende Passage, die, wenn wahr, das Buch wertlos macht:

Spektrum der Wissenschaft hat folgendes geschrieben:
Metaphysisch - und hier komme ich zum eigentlichen Ettikettenschwindel, den Humphrey mit uns treibt - bleibt hinter allem Bewußtsein, Empfinden und Bewegen ein residuales "Ich", das die aufgelisteten Merkwürdigkeiten "in Gang setze", "habe", oder eben "erlebe". Tatsächlich verbleibt in der definitiven Illustration der Theorie (Abbildung 11b auf Seite 242) ein fröhlicher Homunculus!


Der Rezensent scheint das Buch nicht gelesen oder aber die problematische Metapher des "innerer Dirigenten" falsch verstanden zu haben. Humphrey äußert sich überhaupt nicht dazu, wo die zerebralen Rückkopplungsschleifen, die er für die Konstruktion des Ich-Bewusstseins verantwortlich macht, physiologisch angesiedelt sind. Was aber sicher ist: Die traditionale Idee eines Homunculus widerstrebt völlig seiner streng evolutionären Bewusstseinstheorie.

Zu Dennett: Interessante Theorien zweifellos. Ich kann Dennett auch in Vielem durchaus zustimmen. Aber: Sein funktionalistisch-informationstheoretischer Ansatz scheint mir die Bedeutung von Empfindungen all zu wenig zu beachten. Hier sind die Ansätze von Humphrey und Damsio m.E. weit stimmiger. Vor allem können sie die biologische Kontinuität von Bewusstsein in der Natur besser in ihre Theorie integrieren. (Dennett muss diese biologische Dimension schon allein deshalb herunterspielen, weil sein geliebtes Roboterkid COG genau über diese biologischen Eigenschaften ("Empfindungen") nicht verfügt...)
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M.S.Salomon
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Beiträge: 389

Beitrag(#85058) Verfasst am: 02.02.2004, 21:33    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
M.S.Salomon hat folgendes geschrieben:
... aber wie das "Prinzip Eigennutz" (= Leben) in die Natur kommt, ist m.E. noch völlig ungeklärt. Hat jemand auf diese Frage schon halbwegs plausible Antworten gefunden?

Ist es nicht nahezu trivial, daß nach einer hinreichenden Zeit von allen etwaigen komplexen Strukturen nur noch solche zu beobachten sind, die ihren Aufbau erfolgreich replizieren?

Falls das so ist: Ist es nicht weiterhin klar, daß replizierende Strukturen immer so aussehen müssen, als unterlägen sie einem "Prinzip Eigennutz"


Selbstverständlich: Wenn replizierende Strukturen auftreten, werden sie nicht replizierende Strukturen verdrängen... Die Frage ist jedoch: Wodurch treten solche Strukturen aus? Es ist bislang noch niemandem gelungen, Leben zu erschaffen, ohne dabei selbst auf Lebendiges zurückzugreifen...

Die ungeklärte Frage in Bezug auf Bewusstsein ist die Frage, wie konnten Organismen entstehen, die bestrebt sind, unangenehme Reize zu vermeiden und angenehme Reize zu verstärken? Anders ausgedrückt: Wie kam das "Interesse" in die Natur? (Und Interesse entstand nicht erst mit den Säugetieren, auch ein Regenwurm hat "Empfindungen"... In völlig reduzierter Form kann man das möglicherweise sogar schon bei einer Amöbe unterstellen)
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