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Unpolitische zeitgenössische Musik
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frajo
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Anmeldungsdatum: 25.08.2003
Beiträge: 11440

Beitrag(#95641) Verfasst am: 25.02.2004, 04:52    Titel: Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Wie ich deine Berichte einordnen soll, weiß ich nicht so richtig. Du hast ja sonst auch eine sehr negative Einstellung zu Deutschland

nicht zu deutschland. nur zur mehrheit der deutschen. Teufel
Zitat:
und siehst Griechenland durch eine rosarote, fast nationalpatriotische Brille.
ich sehe die kultur hier relativ positiv.
damit befinde ich mich in allerbester gesellschaft, betrachten wir die präsenz dieses kleinen landes im geistesleben des ganzen planeten über die letzten 3000 jahre.
ich verspüre keinerlei verpflichtung einer kultur gegenüber, in der ich ohne mein zutun großgeworden bin, und in der ich in den letzten 3000 jahren mit an sicherheit grenzender wahrscheinlichkeit 1000 gewaltsame tode gestorben wäre.
ich nehme mir das recht, eine kultur vorzuziehen, in der ich mich zuhause fühle, die einen offenen, humanen geist nicht nur auf dem papier proklamiert, sondern ihn atmet, ihn lebt, ihn erfunden und der ganzen menschheit geschenkt hat.

Zitat:
Das mit dem Kommunismus in Griechenland wundert mich nicht. In vielen südlichen Ländern ist Kommunismus selbverständlicher Teil des politischen Alltags.

nicht nur in den südlichen ländern europas. nicht GR ist in unter diesem aspekt der "ausreißer", sondern D mit seiner pathologischen obrigkeitsmentalität.

Zitat:
Allerdings fürchtet sich dort keiner davor, schließlich spielen die Kommunisten dort immer brav beim Kapitalismus mit, wenn sie an die Macht kommen.

du wirst den erschossenen kommunisten nicht gerecht. die sind nämlich nie an die macht gekommen.

Zitat:
Das im Radio also Kommunismus akzeptiert wird, ist nichts besonderes, obwohl ich das mangels Griechischkenntnissen nicht genau beurteilen kann.

im TV erkennt man deren vertreter auch ohne sprachkenntnisse, so wie schröder auch von griechen erkannt wird, die des deutschen nicht mächtig sind.

Zitat:
Im angelsächsischen Raum z.B. sind die Wörter "liberal", "green", "sozialist", "social democrat" und "welfare" Schimpfwörter. In .at und .de ist das normal. Dementsprechend sieht auch das Radio aus.

dazu gibt es in GR kein analogon. keine politische richtung, weder kommunisten, anarchisten, noch monarchisten und junta-anhänger ist tabu, ist im sprachgebrauch pejorativ belegt.
das halte ich für einen kulturellen pluspunkt.

Zitat:
Politisches Radio gibt es zum Beispiel in den USA, nämlich das sogenannte AM-Talkradio, also Radio auf Mittelwelle. Die Szene wird aber dort von Rechtskonservativen beherrscht, deren Wörter enormen Einfluss haben.

mein punkt scheint nicht rübergekommen zu sein. ich sprach nicht von tendenz-sendern, sondern von einer generellen unvoreingenommenheit. der sender "mythos FM", wo ich das anarcho-feature hörte, ist in keiner weise politisch ausgerichtet. er achtet lediglich auf musikalische qualität.

Zitat:
Kirchen als Veranstalter kontroversier Diskussion gibt es auch bei uns.

du mußt österreich meinen. in D ist mir dergleichen nie aufgefallen.

Zitat:
Sehr beliebt ist da das Thema Sozialabbau und Globalisierung. Das alles spielt sich natürlich nur innerhalb dem von der Kirche genehmen Rahmen ab. Es wird immer gefragt, was "Die Christen" gegen den Sozialabbau, Globalisierung, usw. tun können. Diese Phänomene selbst können ja nur unchristlich sein... Mit den Augen rollen

ich verstehe nicht, wieso du dich darüber mokierst. wenn die christen aufgrund ihrer weltanschauung stellung gegen sozialabbau beziehen, sollte das den nichtchristen gleicher intention doch nur recht sein.

Zitat:
Du kannst dir ja mal Orange 94.0 - das freie Radio in Wien anhören, das das größte freie Radio Europas ist, haben sie jedenfalls mal behauptet. Gerade eben spielt es Musik, die mit dem GameBoy gemacht wurde. Lachen
Ich bezweifle, dass das massenkompatible Musik ist.

mir gefällt noch lange nicht jede minderheitenmusik.
aber die griechische musik hat mir schon gefallen, als ich noch kein wort verstand, als ich noch nicht wußte, daß cat stevens, george moustaki und andere von dort stammen.
mir ist, als ob ich den ort gefunden habe, wo ich immer schon hingehörte, ohne es immer schon zu wissen.
ich kann nichts verwerfliches darin sehen.
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Wygotsky
registrierter User



Anmeldungsdatum: 25.01.2004
Beiträge: 5014

Beitrag(#95961) Verfasst am: 25.02.2004, 18:55    Titel: Antworten mit Zitat

Könntest du nicht mal einen kleinen Artikel übers Auswandern schreiben. Wie man das am besten aufzieht? Du musst doch einige Erfahrungen gemacht haben, die auch für andere von Nutzen sein könnten.
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Sokrateer
souverän



Anmeldungsdatum: 05.09.2003
Beiträge: 11649
Wohnort: Wien

Beitrag(#95987) Verfasst am: 25.02.2004, 20:05    Titel: Antworten mit Zitat

frajo hat folgendes geschrieben:
Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Wie ich deine Berichte einordnen soll, weiß ich nicht so richtig. Du hast ja sonst auch eine sehr negative Einstellung zu Deutschland

nicht zu deutschland. nur zur mehrheit der deutschen. Teufel

Ersetze Deutsche durch Schwarze, oder Juden und du erkennst hoffentlich, was mein Problem mit dieser Aussage ist.

frajo hat folgendes geschrieben:
ich sehe die kultur hier relativ positiv.
damit befinde ich mich in allerbester gesellschaft, betrachten wir die präsenz dieses kleinen landes im geistesleben des ganzen planeten über die letzten 3000 jahre.
ich verspüre keinerlei verpflichtung einer kultur gegenüber, in der ich ohne mein zutun großgeworden bin, und in der ich in den letzten 3000 jahren mit an sicherheit grenzender wahrscheinlichkeit 1000 gewaltsame tode gestorben wäre.
ich nehme mir das recht, eine kultur vorzuziehen, in der ich mich zuhause fühle, die einen offenen, humanen geist nicht nur auf dem papier proklamiert, sondern ihn atmet, ihn lebt, ihn erfunden und der ganzen menschheit geschenkt hat.

Hie und da gibt es halt eine Militär-Junta. zwinkern
Naja, ich weiß nicht, wieso man dem heutigen Griechenland die glorreichen Vergangenheit zusprechen kann. Seit damals ist viel Wasser den Acheron hinuntergeflossen.
Griechenland war damals in viele Kleinstaaten zersplittert. Unterm Strich bin ich ja eher Anhänger der Spartaner, als der der Athener. Die wichtigsten Griechen waren aber sowieso Sizilianer. Mr. Green
Aber in der Zwischenzeit wurde Griechenland vom Christentum heimgesucht und vom osmanischen Reich überrannt.

frajo hat folgendes geschrieben:
nicht nur in den südlichen ländern europas. nicht GR ist in unter diesem aspekt der "ausreißer", sondern D mit seiner pathologischen obrigkeitsmentalität.

Dann müssten die Deutschen ja die größten Fans des Kommunismus sein, denn unter Kommunismus wird allgemein Stalinismus verstanden.
Du darfst auch nicht vergessen, dass Deutschland durch den Kommunismus gespalten wurde.

frajo hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Allerdings fürchtet sich dort keiner davor, schließlich spielen die Kommunisten dort immer brav beim Kapitalismus mit, wenn sie an die Macht kommen.

du wirst den erschossenen kommunisten nicht gerecht. die sind nämlich nie an die macht gekommen.

Erschossen wurden Kommunisten überall. Aber auch Faschisten wurden erschossen, also was heißt das schon. Die erschossenen Wiener internationalen Sozialisten sind auch nicht die gleichen, die jetzt die SPÖ leiten.

frajo hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Das im Radio also Kommunismus akzeptiert wird, ist nichts besonderes, obwohl ich das mangels Griechischkenntnissen nicht genau beurteilen kann.

im TV erkennt man deren vertreter auch ohne sprachkenntnisse, so wie schröder auch von griechen erkannt wird, die des deutschen nicht mächtig sind.

Mir geht es weniger um die Existenz von Leuten, die sich als Kommunisten bezeichnen, sondern ihre Inhalte und ihre Taten. Da gibt es ja schon in Österreich große Unterschiede zwischen den volksnahen Grazern um Kaltenegger und den Wiener KP der Salonmarxisten. Generell sind nördliche Länder, bis auf die angelsächsischen, sozialer. Also es scheint an der Umsetzung zu hapern.

Je weiter nördlich man kommt, desto weniger hitzköpfig wird argumentiert. Im Gegenzug wird offenbar mehr umgesetzt.

frajo hat folgendes geschrieben:
dazu gibt es in GR kein analogon. keine politische richtung, weder kommunisten, anarchisten, noch monarchisten und junta-anhänger ist tabu, ist im sprachgebrauch pejorativ belegt.
das halte ich für einen kulturellen pluspunkt.

Keine Meinung ist tabu? Das wäre die erste solche Gesellschaft. Was ist mit der Abschafung des öffentlichen Schulsystems? Tritt jemand dafür ein? Was ist mit dem Anschluss von ganz Zypern an die Türkei?

frajo hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Kirchen als Veranstalter kontroversier Diskussion gibt es auch bei uns.

du mußt österreich meinen. in D ist mir dergleichen nie aufgefallen.

Auf Orange 94.0 werden desöfteren Konferenzen, Workshops usw. übertragen, bei denen Globaliserungsgegner und Kirchennahe gemeinsam arbeiten.

Natürlich findet sowas nicht Sonntags in einer Kirche am tiefsten Land statt. Das Christentum sichert sich wie üblich nach allen Richtungen ab.

frajo hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Sehr beliebt ist da das Thema Sozialabbau und Globalisierung. Das alles spielt sich natürlich nur innerhalb dem von der Kirche genehmen Rahmen ab. Es wird immer gefragt, was "Die Christen" gegen den Sozialabbau, Globalisierung, usw. tun können. Diese Phänomene selbst können ja nur unchristlich sein... Mit den Augen rollen

ich verstehe nicht, wieso du dich darüber mokierst. wenn die christen aufgrund ihrer weltanschauung stellung gegen sozialabbau beziehen, sollte das den nichtchristen gleicher intention doch nur recht sein.

Wenn es bei dieser Zweckgemeinschaft bliebe, dann wäre das auch Okay. Dummerweise können sich Christen nie das Missionieren verkneifen.

frajo hat folgendes geschrieben:
mir gefällt noch lange nicht jede minderheitenmusik.
aber die griechische musik hat mir schon gefallen, als ich noch kein wort verstand, als ich noch nicht wußte, daß cat stevens, george moustaki und andere von dort stammen.

Du bist also dorthin gezogen, wo Musik gespielt wird, die dir gefällt. Die meisten Leute, die sich über mangelnde Vielfalt im Radio aufregen, tun das, weil Musik die ihnen gefällt zu wenig gespielt wird.
Keine Wunder also, dass du dich nicht beklagst. Aber ob es dort tatsächlich Vielfalt gibt, das wage ich zu bezweifeln.
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Sokrateer
souverän



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Beiträge: 11649
Wohnort: Wien

Beitrag(#95999) Verfasst am: 25.02.2004, 20:25    Titel: Antworten mit Zitat

Wygotsky hat folgendes geschrieben:
Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Die Märchen der Gebrüder Grimm sind im übrigen auch keine Volksmärchen, sondern erfunden.


Ich wüsste schon ganz gerne, woher du diese Info hast.

Keine Ahnung. Darüber gab es vor ein paar Jahren eine größere Kontroverse.

Wygotsky hat folgendes geschrieben:
Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Ja, in Österreich wurde früher Dudelsack gespielt. Ich habe noch nie österreichische Dudelsackvolkslieder in den einschlägigen österreichischen Volksmusiksendungen gesehen und noch nie im Radio gehört.


Wenn eure "Volksmusik-Sendungen" so sind wie unsere, dann siehst du da eher Keyboard und E-Gitarre.

Nein, keine Sorgen, ich meine nicht den Musikantenstadl. zwinkern
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Wygotsky
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Anmeldungsdatum: 25.01.2004
Beiträge: 5014

Beitrag(#96001) Verfasst am: 25.02.2004, 20:29    Titel: Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
frajo hat folgendes geschrieben:
Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Wie ich deine Berichte einordnen soll, weiß ich nicht so richtig. Du hast ja sonst auch eine sehr negative Einstellung zu Deutschland

nicht zu deutschland. nur zur mehrheit der deutschen. Teufel

Ersetze Deutsche durch Schwarze, oder Juden und du erkennst hoffentlich, was mein Problem mit dieser Aussage ist.


Ich habe ebenfalls eine negative Einstellung zur Mehrheit der Deutschen.

Zur Mehrheit der Schwarzen und Juden auch. Ich bin ein misanthropischer Typ und rechne allgemein damit, dass mein gegenüber ein Arschloch ist.
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Wygotsky
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Anmeldungsdatum: 25.01.2004
Beiträge: 5014

Beitrag(#96042) Verfasst am: 25.02.2004, 21:14    Titel: Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Wygotsky hat folgendes geschrieben:
Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Die Märchen der Gebrüder Grimm sind im übrigen auch keine Volksmärchen, sondern erfunden.

Ich wüsste schon ganz gerne, woher du diese Info hast.

Keine Ahnung. Darüber gab es vor ein paar Jahren eine größere Kontroverse.


Beispiel Rotkäppchen

Perrault publizierte das Märchen vom Rotkäppchen 88 Jahre bevor Jacob Grimm geboren wurde. Er hatte mündliche Überlieferungen des Märchens (die ziemlich deftig waren) für ein höfisches Publikum bearbeitet und mit einer zeitgemäßen Moral versehen. Die Brüder Grimm sammelten ihre Märchen kaum direkt im Volk, sondern bekamen Manuskripte zugeschickt. Ihre "Gewährsleute" kamen vor allem aus dem bürgerlichen und adeligen Milieu. Annette von Droste Hülstoff war z.B. auch dabei. Jedenfalls waren viele der grimmschen Märchen eigentlich französische Märchen, z.B. von Perrault. Die Brüder Grimm bearbeiteten sie wieder, gaben sie erst für Erwachsene raus, aber ab der zweiten Auflage wurden sie als Kindermärchen herausgegeben. Für diese Zielgruppe wurden sie weiter pädagogisch zugespitzt. Viele grimmsche Märchen sind eine künstlerische Bearbeitung der künstlerischen Bearbeitung. Sie sind keine Volksmärchen mehr. Sie sind aber auch keine Kunstmärchen.

Fragt sich nur, für wen dieses Thema kontrovers war. Die Vorstellung, die Brüder Grimm hätten alles direkt aus erster Hand und wortwörtlich aufgeschrieben, ist eigentlich schon lange überholt. Wenn du an diesem Thema Interesse hast, kann ich dir Literatur empfehlen.
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frajo
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Anmeldungsdatum: 25.08.2003
Beiträge: 11440

Beitrag(#96094) Verfasst am: 25.02.2004, 22:43    Titel: Antworten mit Zitat

Wygotsky hat folgendes geschrieben:
Könntest du nicht mal einen kleinen Artikel übers Auswandern schreiben. Wie man das am besten aufzieht? Du musst doch einige Erfahrungen gemacht haben, die auch für andere von Nutzen sein könnten.

ich könnte nur beschreiben, wie es bei mir gelaufen ist.
das war aber in vielerlei hinsicht derart untypisch, daß der einzige potentielle nutzen für die leser wohl im unterhaltungswert bestünde.

ganz kurz:
daß ich irgendwann nach GR ziehe, stand seit anfang der 90-er fest. nur nicht, wann.
der kosovo-krieg mit der unerträglichen deutschen nonchalance gegenüber rechtsbrüchen und dem töten unschuldiger sowie diverse private entwicklungen führten schließlich dazu, daß ich mich - nach ca. neunmonatiger Mr. Green vorbereitung - in 2002 aus D absetzte.
es ist materiell nicht leicht, das leben in GR, doch war es eine der besten entscheidungen meines lebens. vor allem kulturell bereichert es mich in ungeahntem ausmaß.
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frajo
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Anmeldungsdatum: 25.08.2003
Beiträge: 11440

Beitrag(#96173) Verfasst am: 26.02.2004, 01:15    Titel: Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
frajo hat folgendes geschrieben:
Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Wie ich deine Berichte einordnen soll, weiß ich nicht so richtig. Du hast ja sonst auch eine sehr negative Einstellung zu Deutschland

nicht zu deutschland. nur zur mehrheit der deutschen. Teufel

Ersetze Deutsche durch Schwarze, oder Juden und du erkennst hoffentlich, was mein Problem mit dieser Aussage ist.

was ich erkenne, ist, daß du ein problem mit meiner formulierung hast.
gut, dann mache ich es etwas epischer; mir kommt es nämlich nicht auf die formulierung an, sondern auf den inhalt.
[1]
jedem menschen (also insbesondere auch jedem deutschen menschen) gegenüber ist meine voreinstellung wohlwollen; ich nehme solange an, daß es sich um einen netten menschen handelt, bis sich diese annahme als unvereinbar mit seinem verhalten herausstellt. seine worte lasse ich erstmal außen vor; die sind dem verhalten nachgeordnet. sie können höchstens indizien für verhaltensweisen sein, niemals aber beweise.
[2]
zu einer gesellschaft, wo ich lebe, steuern zahle und wähle, stehe ich in einer sachlich, rechtlich und emotional anderen beziehung als zu einer sonstigen gesellschaft.
von daher darf von mir zwar erwartet werden, daß ich gleiche maßstäbe für alle gesellschaften gelten lasse, aber nicht, daß mein verhalten gegenüber "meiner" gesellschaft vom gleichen engagement getragen ist wie gegenüber einer sonstigen.
[3.1]
die niederschlagung sämtlicher klagen gegen die für die teilnahme am kosovokrieg verantwortlichen deutschen politiker durch generalbundesanwalt nehm und die hierdurch erfolgte vereitelung jeder gerichtlichen würdigung mehrerer straftaten mit todesfolge zeigte mir endgültig, daß es mit dem "rechtsstaat" in D nicht so weit her ist, wie ich mir bis dahin trotz vieler bedenken und zweifel immer wieder habe einreden lassen.
[3.2]
der ausgang der bundestagswahlen nach dem kosovokrieg zeigte mir, daß die vielen netten deutschen menschen, die ich während meines lebens in D kennengelernt hatte, eine unmaßgebliche minderheit darstellen.
er zeigte mir, daß die mehrheit der deutschen wähler ihrer obrigkeit auch dann noch vertrauen schenken, wenn letztere den tod vieler unschuldiger menschen, einen völkerrechtsbruch sowie die aushebelung des
GG 20(3) hat folgendes geschrieben:
Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung,
die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
zu verantworten hat.

zu ebenjener durch harte fakten dokumentierten mehrheit unter den deutschen habe ich eine negative einstellung.
mithin handelt es sich um ein "nachurteil", das ich mir nicht vorwitzig erlaube, sondern zu welchem ich mich gezwungen sehe, obwohl ich mir etwas besseres gewünscht hätte.

das ist aber nicht dasselbe wie die fiktive aussage "ich habe zu den deutschen eine negative einstellung". und nur auf letzteren satz paßt dein vergleich mit den vorurteilen gegen "schwarze" und "juden".

Zitat:
frajo hat folgendes geschrieben:
ich sehe die kultur hier relativ positiv.
damit befinde ich mich in allerbester gesellschaft, betrachten wir die präsenz dieses kleinen landes im geistesleben des ganzen planeten über die letzten 3000 jahre.
ich verspüre keinerlei verpflichtung einer kultur gegenüber, in der ich ohne mein zutun großgeworden bin, und in der ich in den letzten 3000 jahren mit an sicherheit grenzender wahrscheinlichkeit 1000 gewaltsame tode gestorben wäre.
ich nehme mir das recht, eine kultur vorzuziehen, in der ich mich zuhause fühle, die einen offenen, humanen geist nicht nur auf dem papier proklamiert, sondern ihn atmet, ihn lebt, ihn erfunden und der ganzen menschheit geschenkt hat.

Hie und da gibt es halt eine Militär-Junta. zwinkern

richtig. und es gab anfang der 50-er einen sehr häßlichen bürgerkrieg, der die griechen bis heute schmerzt.
aber wer ist gegen die junta auf die straßen gegangen, hat in aller welt gegen sie protestiert, wer hat die obristen abgeurteilt und ins gefängnis gesteckt?

sind deutsche studenten jemals in vergleichbaren prozentzahlen gegen die deutsche "junta" auf die straße gegangen? hat es einen deutschen theodorakis, eine deutsche melina merkouri gegeben? hat es in der deutschen bevölkerung einen nennenswerte solidarisierung mit auf den straßen offen protestierenden gegeben wie in athen?
hat eine deutsche regierung jemals machthaber des "dritten reichs" ins gefängnis gesteckt?

wird in den deutschen medien jedes jahr bis heute in ganztägigen TV-sendungen, diskussionen, dokumentationen und kompletten zeitungsbeilagen der widerständler gedacht?
werden in D von der bevölkerung bis heute lieder des damaligen widerstands nicht nur an gedenktagen gesungen und gespielt?

nein.
es liegen welten dazwischen.

Zitat:
Naja, ich weiß nicht, wieso man dem heutigen Griechenland die glorreichen Vergangenheit zusprechen kann. Seit damals ist viel Wasser den Acheron hinuntergeflossen.

ich sprach nicht nur vom klassischen griechenland. ich sprach von mehreren jahrtausenden, bis hin zur gegenwart.

Zitat:
Griechenland war damals in viele Kleinstaaten zersplittert.

"staaten" ist übertrieben, zumindest bis zu alexander. es waren hauptsächlich städte, die lose und kurzlebige bindungen miteinander eingingen. das ist aber nur die politische seite, nicht die kulturelle.

Zitat:
Unterm Strich bin ich ja eher Anhänger der Spartaner, als der der Athener.

zum glück kannst du mit der formulierung "unterm strich" einiges verstecken, was ziemlich häßlich ist. sparta war mehr eine spielart römischen denkens auf kleinerer skala. eine demokratie hätte es mit ihnen nie gegeben. auch auf kulturellem gebiet haben sie nicht viel zu bieten gehabt. sie hatten eine herrenmenschenmentalität, nicht den freien geist, der in athen aufkam.

Zitat:
Die wichtigsten Griechen waren aber sowieso Sizilianer. Mr. Green
naja...

Zitat:
Aber in der Zwischenzeit wurde Griechenland vom Christentum heimgesucht

wobei es allerdings ein fehler wäre, byzanz und westrom in denselben topf zu schmeißen.

Zitat:
und vom osmanischen Reich überrannt.

auch hierzu wäre ein separates seminar angebracht. und zwar sowohl was die erstaunliche fähigkeit der griechen betrifft, über vier jahrhunderte der fremdherrschaft ihre kulturelle identität zu wahren, als auch hinsichtlich der kulturellen (nicht politischen) toleranz der osmanischen herrscher. (vergleiche z.b. das vorgehen der spanischen katholischen herrscher nach beendung des "goldenen" zeitalters der spanischen mauren.)

Zitat:
frajo hat folgendes geschrieben:
nicht nur in den südlichen ländern europas. nicht GR ist in unter diesem aspekt der "ausreißer", sondern D mit seiner pathologischen obrigkeitsmentalität.

Dann müssten die Deutschen ja die größten Fans des Kommunismus sein, denn unter Kommunismus wird allgemein Stalinismus verstanden.

kann ich nicht bestätigen. aber ich war ja auch DDR-bürger. Mr. Green

Zitat:
Du darfst auch nicht vergessen, dass Deutschland durch den Kommunismus gespalten wurde.
also nicht infolge des WK2? ach so. das wußte ich noch nicht.

Zitat:
frajo hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Allerdings fürchtet sich dort keiner davor, schließlich spielen die Kommunisten dort immer brav beim Kapitalismus mit, wenn sie an die Macht kommen.

du wirst den erschossenen kommunisten nicht gerecht. die sind nämlich nie an die macht gekommen.

Erschossen wurden Kommunisten überall. Aber auch Faschisten wurden erschossen, also was heißt das schon. Die erschossenen Wiener internationalen Sozialisten sind auch nicht die gleichen, die jetzt die SPÖ leiten.

du hast ganz konkret den griechischen kommunisten unterstellt, daß sie mit dem kapitalismus händchen halten würden. dabei waren sie noch nie an der macht.

Zitat:
frajo hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Das im Radio also Kommunismus akzeptiert wird, ist nichts besonderes, obwohl ich das mangels Griechischkenntnissen nicht genau beurteilen kann.

im TV erkennt man deren vertreter auch ohne sprachkenntnisse, so wie schröder auch von griechen erkannt wird, die des deutschen nicht mächtig sind.

Mir geht es weniger um die Existenz von Leuten, die sich als Kommunisten bezeichnen, sondern ihre Inhalte und ihre Taten.

politiker, die nie an die macht gekommen sind, lassen sich leider nur auf grund ihrer verlautbarungen beurteilen.
wir müssen generell skeptisch sein, egal zu welchem verein sich jemand bekennt. insofern stimme ich dir zu.

Zitat:
Da gibt es ja schon in Österreich große Unterschiede zwischen den volksnahen Grazern um Kaltenegger und den Wiener KP der Salonmarxisten. Generell sind nördliche Länder, bis auf die angelsächsischen, sozialer.

ich kenne das alltagsleben in den nördliche ländern überhaupt nicht.
in GR ist natürlich der materielle lebensstandard nicht berauschend. unter berücksichtigung dieser materiellen randbedingungen kann ich jedoch feststellen, daß das individuelle sozialverhalten sich vor dem individuellen sozialverhalten in D nicht zu verstecken braucht.
hierzu könnte ich einige begebenheiten berichten, die in D schlicht unvorstellbar sind. gleichzeitig könnte ich ähnliche vorfälle situationsgebundenen sozialverhaltens auch aus jamaika berichten.
ferner könnte ich D-typische verhaltensweisen erwähnen, die jedem deutschen aus eigener erfahrung vertraut sein dürften, die jedoch ein in GR lebender mensch nie erlebt hat.
[oder gibt es z.b. einen deutschen, der noch nie erlebt hat, wie der freundliche nachbar hinter seiner gardine die polizei anruft, weil jemand vor dem haus länger als erlaubt parkt?]

Zitat:
Also es scheint an der Umsetzung zu hapern.

Je weiter nördlich man kommt, desto weniger hitzköpfig wird argumentiert. Im Gegenzug wird offenbar mehr umgesetzt.

mit der "hitzköpfigkeit" hast du recht. das ist aber lediglich die negative seite einer medaille, die auch eine positive kehrseite hat, nämlich "anteilnahme".
worauf du mit "umsetzung" anspielst, verstehe ich nicht.

Zitat:
frajo hat folgendes geschrieben:
dazu gibt es in GR kein analogon. keine politische richtung, weder kommunisten, anarchisten, noch monarchisten und junta-anhänger ist tabu, ist im sprachgebrauch pejorativ belegt.
das halte ich für einen kulturellen pluspunkt.

Keine Meinung ist tabu?

nicht daß ich wüßte. vielleicht kommt mir ja noch etwas unter. bisher aber kann ich nur staunen. das ist beileibe nicht ausschließlich angenehm. das offen gezeigte interesse für, die oft unverhohlen zur schau getragene akzeptanz aller möglichen spielarten des aberglaubens gehen mir ziemlich auf die nerven. aber immerhin weiß mein umfeld mittlerweile bescheid und verschont mich weitgehend mit traumdeutereien, wahrsagungen, "medien" und esoterischen "offenbarungen". (im moment läuft auf radio nikosia ein feature zur homöopathie. kann aber auch sein, daß das thema dort rational abgehandelt wird; interessiert mich so oder so nicht; ich habe abgeschaltet. für den 08/15-griechen ist es auf jeden fall ein faszinierendes thema.)

Zitat:
Das wäre die erste solche Gesellschaft. Was ist mit der Abschafung des öffentlichen Schulsystems? Tritt jemand dafür ein?

nicht, daß ich wüßte. allerdings sieht der schulalltag ohnehin etwas anders aus als in D. [a] es gibt ein obligatorisches vorschuljahr. für die kosten kommen die gemeinden auf. [b] es gibt - in meinem umfeld - keinen einzigen schüler, der nicht parallel zur schule nachhilfekurse/aufbaukurse besucht. die sind freiwillig, nicht billig und allemale privat. das hauptmotiv von eltern (und schülern) ist die dadurch erlangte zusatzqualifikation. welche fächer der einzelne schüler belegt, hängt von seinen individuellen schulschwächen und seinen und seiner eltern vorlieben ab.
Zitat:
Was ist mit dem Anschluss von ganz Zypern an die Türkei?

das ist eine rhetorische frage. der zahlenmäßig überwiegende teil der türkisch-zyprioten, nämlich die jugend, will in die EU, und zwar sofort.

ein anschluß an die türkei steht ebensowenig zur debatte wie ein anschluß an GR.
gäbe es allerdings die von dir formulierte position, dann gäbe es sicher auch eine (hitzige, keine frage) diskussion darüber.
für mich war es ein schock, als mein 80-jähriger nachbar, nachdem er von seinen kriegsjahren berichtet hatte, mir plötzlich sagte, "das hat der hitler doch gut gemacht, daß er nach GR kam. er wollte bloß helfen, die engländer zu vertreiben". zu seiner ehrenrettung sei hinzugefügt, daß in seiner sippe sowohl aktive kommunisten als auch wähler anderer parteien vorhanden sind. wenn die aneinandergeraten, dann raucht's. aber niemals so, daß die familienbande gefährdet sind.

Zitat:
frajo hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Kirchen als Veranstalter kontroversier Diskussion gibt es auch bei uns.

du mußt österreich meinen. in D ist mir dergleichen nie aufgefallen.

Auf Orange 94.0 werden desöfteren Konferenzen, Workshops usw. übertragen, bei denen Globaliserungsgegner und Kirchennahe gemeinsam arbeiten.
Natürlich findet sowas nicht Sonntags in einer Kirche am tiefsten Land statt. Das Christentum sichert sich wie üblich nach allen Richtungen ab.

ich erinnere mich speziell an eine diskussion zum thema "antisemitismus" sowie an eine andere zum thema "glaubenseintrag im paß", welchen die simitis-regierung zum leidwesen der kirchenoberen abgeschafft hat (und es auch aus gründen der EU-kompatibilität mußte), wo die kirche aber gegenüber der bevölkerung ziemlich allein dasteht.
Zitat:
frajo hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Sehr beliebt ist da das Thema Sozialabbau und Globalisierung. Das alles spielt sich natürlich nur innerhalb dem von der Kirche genehmen Rahmen ab. Es wird immer gefragt, was "Die Christen" gegen den Sozialabbau, Globalisierung, usw. tun können. Diese Phänomene selbst können ja nur unchristlich sein... Mit den Augen rollen

ich verstehe nicht, wieso du dich darüber mokierst. wenn die christen aufgrund ihrer weltanschauung stellung gegen sozialabbau beziehen, sollte das den nichtchristen gleicher intention doch nur recht sein.

Wenn es bei dieser Zweckgemeinschaft bliebe, dann wäre das auch Okay. Dummerweise können sich Christen nie das Missionieren verkneifen.

du beliebst zu verallgemeinern.

Zitat:
frajo hat folgendes geschrieben:
mir gefällt noch lange nicht jede minderheitenmusik.
aber die griechische musik hat mir schon gefallen, als ich noch kein wort verstand, als ich noch nicht wußte, daß cat stevens, george moustaki und andere von dort stammen.

Du bist also dorthin gezogen, wo Musik gespielt wird, die dir gefällt.

das war kein ausschlaggebender grund. es ist ein hochwillkommener nebeneffekt, der mich nicht abhält, weiterhin z.b. didgeridoomusik zu genießen.

Zitat:
Die meisten Leute, die sich über mangelnde Vielfalt im Radio aufregen, tun das, weil Musik die ihnen gefällt zu wenig gespielt wird.
Keine Wunder also, dass du dich nicht beklagst. Aber ob es dort tatsächlich Vielfalt gibt, das wage ich zu bezweifeln.

deine vermutung ist in diesem speziellen fall eindeutig falsch.
nirgends sonst habe ich eine derartige musikalische vielfalt im radio erlebt.
das orff-opus "der mond" habe ich z.b. zum ersten mal in meinem leben in GR gehört. dabei war ich in D ein täglicher WDR3-hörer.
es sollte nicht vergessen werden, daß GR sich im schnittpunkt dreier kontinente befindet, was sich gerade auf die musik ständig hörbar auswirkt. arabische, türkische, indische, afrikanische musik sind hier alltag. Showdance
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Wygotsky
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Anmeldungsdatum: 25.01.2004
Beiträge: 5014

Beitrag(#96183) Verfasst am: 26.02.2004, 01:42    Titel: Antworten mit Zitat

frajo hat folgendes geschrieben:
allerdings sieht der schulalltag ohnehin etwas anders aus als in D. [a] es gibt ein obligatorisches vorschuljahr. für die kosten kommen die gemeinden auf.


Das gibt es auch in anderen Ländern. In NRW gibt es ein Recht auf einen KiGa-Platz, dass von fast allen Kindern im Vorschulalter wahrgenommen wird. Nach meiner Erfahrung schwankt die Qualität der vorschulischen Bildungsarbeit ziemlich stark von Einrichtung zu Einrichtung. Die Einrichtungen, die ich aus eigener Anschauung kenne, brauchen sich für ihre Bildungsarbeit nicht zu schämen. Problem in NRW: Der KiGa soll schulvorbereitend sein und die Grundschulen erwarten auch zunehmend mehr Vorkenntnisse der Kinder (was ja beides völlig in Ordnung ist), aber der KiGa kostet Elternbeiträge. Wenn der KiGa als erste Stufe des Bildungssystems definiert ist (und das ist er in NRW), dann sollte er gratis sein.

frajo hat folgendes geschrieben:
[b] es gibt - in meinem umfeld - keinen einzigen schüler, der nicht parallel zur schule nachhilfekurse/aufbaukurse besucht. die sind freiwillig, nicht billig und allemale privat. das hauptmotiv von eltern (und schülern) ist die dadurch erlangte zusatzqualifikation. welche fächer der einzelne schüler belegt, hängt von seinen individuellen schulschwächen und seinen und seiner eltern vorlieben ab.


Mir war bekannt, dass privater Nachhilfeunterricht in Griechenland sehr verbreitet ist. Ich bemerke auch unter den griechischen Eltern in meiner Einrichtung eine hohe Bereitschaft, ihre Kinder in zusätzliche Bildungsangebote an Nachmittag zu schicken, die durchaus viel Geld kosten können.

Was mir daran gefällt: Es gibt in GR offenbar eine hohe Wertschätzung für Bildung und Lernen. Man ist offenbar bereit, nicht alles der Schule zu überlassen.

Was mir daran nicht gefällt: Das staatliche Bildungssystem sollte so gut sein, dass die Eltern nicht in Eigenregie ein dazu parallel laufendes privates Bildungssystem finanzieren müssten. Das gilt auch für Nachhilfe und Aufbaukurse. Förderung für lernschwache und besonders lernstarke Schüler sollte in der normalen Schule geleistet werden. In D steigt der Anteil der Schüler, die private Nachhilfestudios besuchen. Ich sehe das in erster Linie als Indikator für fehlgeschlagene Förderung in der staatlichen Schule. In vielen Skandinavischen Ländern gelingt individuelle Förderung durch einen Unterricht, der sehr viel individualisierender ist. So, das ist was mir nicht passt. Wenn Eltern Geld für zusätzliche Bildungsangebote ausgeben möchten, die in der allgemeinbildenden staatlichen Schule nicht angeboten werden, ist das natürlich wieder etwas anderes, z.B. Instrumentalunterricht.

Soweit ich weiß, gelten griechische Migranten in D als besonders Bildungsbeflissen. Ich habe da leider keine Studie, aber ich hörte davon im Zusammenhang mit PISA und es passt gut zu meinen persönlichen Erfahrungen.
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frajo
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Beitrag(#96192) Verfasst am: 26.02.2004, 02:20    Titel: Antworten mit Zitat

Wygotsky hat folgendes geschrieben:
frajo hat folgendes geschrieben:
allerdings sieht der schulalltag ohnehin etwas anders aus als in D. [a] es gibt ein obligatorisches vorschuljahr. für die kosten kommen die gemeinden auf.


Das gibt es auch in anderen Ländern. In NRW gibt es ein Recht auf einen KiGa-Platz, dass von fast allen Kindern im Vorschulalter wahrgenommen wird. Nach meiner Erfahrung schwankt die Qualität der vorschulischen Bildungsarbeit ziemlich stark von Einrichtung zu Einrichtung. Die Einrichtungen, die ich aus eigener Anschauung kenne, brauchen sich für ihre Bildungsarbeit nicht zu schämen. Problem in NRW: Der KiGa soll schulvorbereitend sein und die Grundschulen erwarten auch zunehmend mehr Vorkenntnisse der Kinder (was ja beides völlig in Ordnung ist), aber der KiGa kostet Elternbeiträge. Wenn der KiGa als erste Stufe des Bildungssystems definiert ist (und das ist er in NRW), dann sollte er gratis sein.

das obligatorische vorschuljahr in GR kostet die eltern nichts. der erklärte zweck besteht in einer vorbereitung auf die schule. ansonsten kann ich keine weiteren "erkenntnisse" beitragen, hauptsächlich, weil es keine entsprechenden kinder in meinem umfeld gibt.

Zitat:
frajo hat folgendes geschrieben:
[b] es gibt - in meinem umfeld - keinen einzigen schüler, der nicht parallel zur schule nachhilfekurse/aufbaukurse besucht. die sind freiwillig, nicht billig und allemale privat. das hauptmotiv von eltern (und schülern) ist die dadurch erlangte zusatzqualifikation. welche fächer der einzelne schüler belegt, hängt von seinen individuellen schulschwächen und seinen und seiner eltern vorlieben ab.


Mir war bekannt, dass privater Nachhilfeunterricht in Griechenland sehr verbreitet ist. Ich bemerke auch unter den griechischen Eltern in meiner Einrichtung eine hohe Bereitschaft, ihre Kinder in zusätzliche Bildungsangebote an Nachmittag zu schicken, die durchaus viel Geld kosten können.

Was mir daran gefällt: Es gibt in GR offenbar eine hohe Wertschätzung für Bildung und Lernen. Man ist offenbar bereit, nicht alles der Schule zu überlassen.

ich bin noch nicht in der lage, beurteilen zu können, ob diese allgemein übliche "zusatzbildung" mehr auf unzufriedenheit mit dem normalen schulangebot zurückgeht oder auf ein bestreben, den kindern bessere jobchancen zu ermöglichen. dazu müßte ich mehr wissen über die verhältnisse in der vergangenheit.
ich vermute, es liegt ein motivationsmix vor. die zweite komponente, der bedarf an arbeitsplatzqualifikation, ist nachweislich gegeben, was u.a. aus den zahlreichen und sehr gut besuchten PC-kursen ersichtlich ist. die schulen bieten zwar seit einigen jahren ebenfalls PC-unterricht, aber ihre ausstattung ist meist hoffnungslos veraltet. leider sind die PC-kurse, weil kommerziell, gleichzeitig auch M$-indoktrinationslehrgänge. wer in höhere sphären der EDV vordringen will, ist auf sich selbst gestellt oder muß sich bis zur uni gedulden. dann gibt es noch schulungen renommierter firmen wie CISCO, die sich aber nur die wirklich reichen leisten können.

Zitat:
Was mir daran nicht gefällt: Das staatliche Bildungssystem sollte so gut sein, dass die Eltern nicht in Eigenregie ein dazu parallel laufendes privates Bildungssystem finanzieren müssten. Das gilt auch für Nachhilfe und Aufbaukurse. Förderung für lernschwache und besonders lernstarke Schüler sollte in der normalen Schule geleistet werden.

ich sehe hier auf dem lande noch einen weiteren aspekt: die eltern sind häufig nicht in der lage, ihren kindern zu helfen.
daß hier ein mangel des staatlichen schulsystems vorliegt, kann ich nicht ausschließen. aber, wie gesagt, ich habe keinen wirklichen einblick in die gegebenheiten.

Zitat:
In D steigt der Anteil der Schüler, die private Nachhilfestudios besuchen. Ich sehe das in erster Linie als Indikator für fehlgeschlagene Förderung in der staatlichen Schule. In vielen Skandinavischen Ländern gelingt individuelle Förderung durch einen Unterricht, der sehr viel individualisierender ist. So, das ist was mir nicht passt. Wenn Eltern Geld für zusätzliche Bildungsangebote ausgeben möchten, die in der allgemeinbildenden staatlichen Schule nicht angeboten werden, ist das natürlich wieder etwas anderes, z.B. Instrumentalunterricht.

Soweit ich weiß, gelten griechische Migranten in D als besonders Bildungsbeflissen. Ich habe da leider keine Studie, aber ich hörte davon im Zusammenhang mit PISA und es passt gut zu meinen persönlichen Erfahrungen.

tja, meine persönlichen erfahrungen in D sehen da eher negativ aus. skeptisch
die leute aus GR kommen zum geldverdienen nach D, nicht zum lernen.
anders sieht das aus, wenn sie kinder haben. die werden selbstverständlich auf zusatzkurse geschickt. (griechisch, deutsch, traditionspflege [=musik, tänze].)
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Sokrateer
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Beitrag(#96234) Verfasst am: 26.02.2004, 10:25    Titel: Antworten mit Zitat

@frajo
Ich habe eigentlich keine Lust hier Deutschland zu verteidigen. Ich bin nämlich, im Gegensatz zu dir, weder Patriot, noch Antipatriot und ausserdem kein Deutscher. Aber, da hier kein einziger Deutscher zur Verteidigung schreitet, was mich nicht wundert, muss ich wohl in die Presche springen.

Nato/Kosovo
Griechenland war auch NATO-Mitglied, als ich das letzte Mal nachgesehen habe, oder irre ich mich? War Griechenland am Kosovo-Krieg beteiligt? Wenn nein, war Pazifismus der Grund, oder das Vermeiden unschöner historischer Assoziationen, wenn Griechen in Mazedonien oder Kosovo einmarschieren? Solltest du dann deine negative Haltung zu den Deutschen nicht konsequenterweise auf die Griechen ausdehnen?

Warum bist du eigentlich so vehement gegen den Kosovo-Krieg? Bist du nur dagegen, weil er von der UNO nicht abgesegnet war? Ich persönlich halte das für ein bedeutungsloses Kriterium. Die UNO ist, vor allem in Sicherheitsfragen, nicht demokratisch geleitet, sondern von den Größten und Stärksten. (USA, Russland, GB, Frankreich, China)
Ich bin gegen den Irak-Krieg, weil die Entscheidung zum damaligen Zeitpunkt falsch war, nicht weil der Sicherheitsrat dagegen stimmte.

Militär-Junta
Ich habe hier einen interessanten Artikel aus dem Gegenstandpunkt von 1980 gefunden. Danach wurde die Militär-Junta nicht aufgrund des Drucks von der Straße beendet, sondern das wurde erst hinterher behauptet. Die zweite Reihe im Militär war ganz einfach auf die gescheiterte Groß-Griechenland-Stragie sauer. Die Aktionen in Zypern sind ja offenbar nach Hinten los gegangen.

Ich finde auch, dass du die Militär-Junta nicht mit dem dritten Reich vergleichen kannst. Letzteres war ein ganz anderes Kaliber. Regimegegner gab es viele, nur landeten die sofort im KZ, hatten also keine Möglichkeit zu protestieren. Eine Militär-Junta ist meistens harmloser, als eine Diktatur, die von einer radikalen Minderheit getragen wird.

Bildung
Laut der PISA-Studie, jedenfalls dem vielbeachteten Teil bzgl. Sprachkompetenz, haben die Griechen in jeder Kategorie schlechter als Deutschland abgeschnitten.. Aber das war dir ja sicher bekannt, aufgrund der kritischen Berichterstattung im griechischen Radio, oder etwa nicht?

Ich glaube du bist ganz einfach der westdeutschen Kultur der Selbstkritik bis zur Selbstzerfleischung aufgesessen. Die Deutschen kritisieren sich bis zum Umfallen. Das ist nicht in allen Kulturen so. Die Amerikaner sind zu 100% davon überzeugt, dass die USA das beste Land der Welt sind und denken erst gar nicht, sich mit anderen zu vergleichen.

Die Deutschen hingegen finden immer ein Haar in der Suppe. Es ist schon bezeichnend, dass wenn jemand etwas als "typisch deutsch" bezeichnend, alle wie selbverständlich davon ausgehen, dass das eine Verurteilung ist. Selbst der deutsche Nationalsport der Selbstkritik wird kritisiert, obwohl man das auch als etwas positives sehen könnte. Das wird dann nämlich als Jammern bezeichnet, was es ja eigentlich nicht ist. Beim Jammern sucht man nämlich die Schuld nicht bei sich.

Christliche Missionswut
Erstens einmal sollen Christen ja missionieren. Viele würden das wohl als Kompliment auffassen, sehe also nicht, wo das Problem ist. Ich meine auch nicht aktives, bewusstes Missionieren. Egal in welcher Gruppe Christen sind, sie weisen darauf hin, dass diese Gruppe christliche (=gute) Überzeugungen verfolgt. Gegnerische Gruppen werden als unchristlich bezeichnet. Wenn jemand nicht an den christlichen Gott glaubt, dann wird er automatisch in die andere Gruppe schubladisiert. ("Was, du bist kein Christ? Nun, ich finde Geld und Konsumwahn kann nicht alles sein.")
Natürlich sitzen Christen aber genauso in der gegnerischen Gruppe und behaupten das exakte Gegenteil. Diese und andere Verhaltensweisen sind angelernt, werden unterbewußt abgespielt und dienen der Mission.

Sparta
Sparta hatte wenigstens weitgehende Gleichberechtigung von Frauen, die sogar weiter ging, als das, was wir heute haben. Ausserdem waren sie nicht so pädophil. Der Militarismus von Athen war auch nicht ohne.
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Wygotsky
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Beitrag(#96567) Verfasst am: 26.02.2004, 20:58    Titel: Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Bildung
Laut der PISA-Studie, jedenfalls dem vielbeachteten Teil bzgl. Sprachkompetenz, haben die Griechen in jeder Kategorie schlechter als Deutschland abgeschnitten.


Also ist die private Nachhilfe wohl doch ein Indikator für ein unzureichendes staatliches Bildungswesen, genauso wie in D.
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frajo
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Beitrag(#97523) Verfasst am: 29.02.2004, 05:54    Titel: Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
@frajo
Ich habe eigentlich keine Lust hier Deutschland zu verteidigen. Ich bin nämlich, im Gegensatz zu dir, weder Patriot, noch Antipatriot und ausserdem kein Deutscher.

für unseren geburtsort sind wir allesamt schlecht verantwortlich zu machen. aber als anti- oder patriot empfinde ich mich nicht. nur verallgemeinere ich meine durchaus vorhandene begeisterung für z.b. den anteil deutscher komponisten, mathematiker und physiker an der globalen kultur nicht unbesehen auf die gesamtheit aller deutschen.

Zitat:
Aber, da hier kein einziger Deutscher zur Verteidigung schreitet, was mich nicht wundert, muss ich wohl in die Presche springen.

hier im FGH gibt es kaum leute, denen ich einen nationalvorbehalt attestieren würde.

Zitat:
Nato/Kosovo
Griechenland war auch NATO-Mitglied, als ich das letzte Mal nachgesehen habe, oder irre ich mich?

ja.
Zitat:
War Griechenland am Kosovo-Krieg beteiligt?

jein. aus den unmittelbaren kriegerischen aktionen hat GR sich rausgehalten, mußte es sich auch raushalten, weil die bevölkerung - bei vorsichtiger schätzung - zu 90% ablehnend war und ist.
dennoch unterscheide ich zwischen bevölkerung und politikerkaste. über letztere mache ich mir keine illusionen, die unterscheiden sich von ihren kollegen in anderen europäischen ländern nicht substantiell.
anders sieht es mit der bevölkerung aus. der nonchalance im überwiegenden teil der deutschen bevölkerung steht in GR eine heftige, wütende ablehnung im weitaus überwiegenden teil nicht nur der bevölkerung, sondern auch der medien gegenüber.

Zitat:
Wenn nein, war Pazifismus der Grund,

es gibt pazifisten, aber sie spielen so gut wie keine rolle im öffentlichen leben.

Zitat:
oder das Vermeiden unschöner historischer Assoziationen, wenn Griechen in Mazedonien oder Kosovo einmarschieren?

auch das nicht. es ist ein mix aus vielen quellen, der in ablehnung mündet. eine große rolle spielt die tatsache, daß die orthodoxe serbische bevölkerung als verwandt empfunden wird. eine weitere große rolle das tiefverwurzelte mißtrauen gegen die USA. eine weitere das unbehagen gegenüber der übermacht der deutschen und franzosen innerhalb der EU. ebenfalls negativ bewertet wird der massive einsatz türkischer luftstreitkräfte über dem balkan. sehr viel emotionalität kommt auf, wenn die uranhaltigen waffen zur sprache kommen, die im kosovo verwendet wurden, was z.t. mit unwissen und abergläubischen vorstellungen von den auswirkungen dieses "teufelszeugs" zusammenhängt.

Zitat:
Solltest du dann deine negative Haltung zu den Deutschen nicht konsequenterweise auf die Griechen ausdehnen?

hätten die deutschen in bevölkerung und medien sich nur halb so deutlich distanziert wie die griechen, sähe meine bewertung anders aus. doch die einäugige parteinahme für den völkerrechtsbruch z.b. in so einstmals von mir geschätzten blättern wie "die woche" und vor allem der verrat der grünen clique um herrn fischer an ihren eigenen ideen und leuten sind vorgänge, die mich persönlich zum point of no return brachten. mich verrät man nur einmal; danach gibt es kein vertrauen mehr.
in GR bin ich naturgemäß (noch) nicht dermaßen involviert. es ist kein land, wo ich mich bisher groß engagiert hätte; es ist mehr refugium - aber ein phantastisches. nach all den jahrzehntelangen kämpfen gönne ich mir das.

Zitat:
Warum bist du eigentlich so vehement gegen den Kosovo-Krieg?

weil dieses verbrechen mit meinen steuergeldern finanziert wurde, von einer partei, der ich viele jahre einsatz gegeben habe. weil unschuldige menschen umgebracht wurden. weil der rechtsstaat ausgehebelt wurde. weil ich mich belogen und betrogen fühle.

Zitat:
Bist du nur dagegen, weil er von der UNO nicht abgesegnet war?

weil sich verbrecherische gemüter einen dreck um selbst unterzeichnete verträge scheren. ich kann solchen leuten nicht das handwerk legen; ich kann mich nur distanzieren.

Zitat:
Ich persönlich halte das für ein bedeutungsloses Kriterium.

meine kriterium ist nicht die verbesserungswürdigkeit der UNO, sondern
    pacta sunt servanda.

Zitat:
Die UNO ist, vor allem in Sicherheitsfragen, nicht demokratisch geleitet, sondern von den Größten und Stärksten. (USA, Russland, GB, Frankreich, China)

D ist freiwillig beigetreten und hat damit die völkerrechtsverpflichtungen freiwillig übernommen. D hat ohne not vertragsbruch begangen und hat die tötung unschuldiger menschen billigend in kauf genommen. mit solch einem land will ich nicht mehr zu tun haben als unvermeidbar ist.


Zitat:
Ich bin gegen den Irak-Krieg, weil die Entscheidung zum damaligen Zeitpunkt falsch war, nicht weil der Sicherheitsrat dagegen stimmte.

soll das heißen, du pfeifst auf das, was du irgendwann mal unterschrieben hast?

Zitat:
Militär-Junta
Ich habe hier einen interessanten Artikel aus dem Gegenstandpunkt von 1980 gefunden. Danach wurde die Militär-Junta nicht aufgrund des Drucks von der Straße beendet, sondern das wurde erst hinterher behauptet. Die zweite Reihe im Militär war ganz einfach auf die gescheiterte Groß-Griechenland-Stragie sauer. Die Aktionen in Zypern sind ja offenbar nach Hinten los gegangen.

das kam dazu. ich will auch nicht darüber streiten, welche monokausale ursache evtl. als ausschlaggebend für den zusammenbruch der junta angesehen werden kann.
ich weise nur darauf hin, daß es widerstand in der ganzen bevölkerung unübersehbar gab, daß die griechische bevölkerung in ihrer mehrheit sich nicht als haufen obrigkeitshöriger mitläufer und willfähriger helfer blamiert hat, daß praktisch die gesamte intelligenzija geschlossen unter einsatz ihres lebens opponierte.

Zitat:
Ich finde auch, dass du die Militär-Junta nicht mit dem dritten Reich vergleichen kannst.

sicher nicht. doch die bevölkerung zeichnete sich nicht nur während der sechs/sieben junta-jahre durch einen mangel an obrigkeitsbeflissenheit aus, sondern auch schon unter vier jahrhunderten osmanischer besatzung.
sie sind eben nicht dem anderswo praktizierten motto "wes brot ich eß, des lied ich sing" gefolgt.

Zitat:
Letzteres war ein ganz anderes Kaliber. Regimegegner gab es viele, nur landeten die sofort im KZ, hatten also keine Möglichkeit zu protestieren. Eine Militär-Junta ist meistens harmloser, als eine Diktatur, die von einer radikalen Minderheit getragen wird.

da verstehe ich etwas nicht. wo gab es eine von einer radikalen minderheit getragene diktatur?
wieviele stimmen hatten die obristen aus dem volk erhalten, als sie die macht an sich rissen? wieviel die NSDAP?

Zitat:
Bildung
Laut der PISA-Studie, jedenfalls dem vielbeachteten Teil bzgl. Sprachkompetenz, haben die Griechen in jeder Kategorie schlechter als Deutschland abgeschnitten.. Aber das war dir ja sicher bekannt, aufgrund der kritischen Berichterstattung im griechischen Radio, oder etwa nicht?

ich habe mich für die PISA-studie nie interessiert. weder in D noch in GR.
daß der durchschnittliche grieche herzlich ungebildet in wissensfragen ist, weiß ich nur zu gut. nie habe ich soviel analphabeten kennengelernt wie bei mir im dorf. mich interessiert aber das wissen anderer leute nicht; das benötige ich nicht. mich interessiert vielmehr das sozialverhalten anderer leute; das benötige ich.

Zitat:
Ich glaube du bist ganz einfach der westdeutschen Kultur der Selbstkritik bis zur Selbstzerfleischung aufgesessen. Die Deutschen kritisieren sich bis zum Umfallen.

es gibt eine skeptische minderheit in D, ja. sie hat auch allen grund zur skepsis. mit der mehrheitshaltung in D haben die aber nichts gemein.
im übrigen weise ich darauf hin, daß ich in der DDR aufgewachsen bin und daß ich durch 33 oder 34 umzüge in meinem leben nirgendswo wurzeln habe schlagen können, die zu irgendwelchen umgebungsbedingten kulturellen einflüssen hätten führen können.

Zitat:
Das ist nicht in allen Kulturen so. Die Amerikaner sind zu 100% davon überzeugt, dass die USA das beste Land der Welt sind und denken erst gar nicht, sich mit anderen zu vergleichen.

du übertreibst. sag 90% oder 95%, dann widerspreche ich nicht mehr.

Zitat:
Die Deutschen hingegen finden immer ein Haar in der Suppe.

nein, nicht die deutschen. überall in D fand ich leute, die zwar über lappalien mosern, aber im großen und ganzen ihrer politischen führung die stange halten. zuletzt bei den grünen.
umgekehrt ist die kritikasterei in GR ein volkssport. mit begeisterung zerfetzt man sich dort das maul über alles und jeden in der politik. aber immer so, daß im diskussionskreis auch gegensätzliche standpunkte vertreten werden. einmütigkeit im kafenio wäre langweilig. es hat etwas von l'art pour l'art; und es gefällt mir.

Zitat:
Es ist schon bezeichnend, dass wenn jemand etwas als "typisch deutsch" bezeichnend, alle wie selbverständlich davon ausgehen, dass das eine Verurteilung ist.

nicht in GR. "typisch deutsch" heißt hier "pünktlich", "diszipliniert", "sauber", "qualität". mit einem unterton, der gleichzeitig respekt, aber auch kopfschütteln transportiert. (wie können sich die leute nur das leben so vergällen, indem sie ständig auf die uhr sehen?)
nicht selten findet sich werbung wie "deutsches produkt", "deutsche qualität" oder "in deutschland ausgebildet"; eine ladenkette (radios, TV etc.) nennt sich "o germanos".

Zitat:
Selbst der deutsche Nationalsport der Selbstkritik wird kritisiert, obwohl man das auch als etwas positives sehen könnte. Das wird dann nämlich als Jammern bezeichnet, was es ja eigentlich nicht ist. Beim Jammern sucht man nämlich die Schuld nicht bei sich.

Christliche Missionswut
Erstens einmal sollen Christen ja missionieren.

von einem solchen imperativ habe ich während meiner RKK-erziehung nichts mitgekriegt.
Zitat:
Viele würden das wohl als Kompliment auffassen, sehe also nicht, wo das Problem ist. Ich meine auch nicht aktives, bewusstes Missionieren.

ach so. die aufforderung "ein gutes beispiel zu leben", ist aber kaum eine genuin christliche, sondern eher eine genuin menschliche. das gibt es genauso in den meisten anderen kulturen.
Zitat:
Egal in welcher Gruppe Christen sind, sie weisen darauf hin, dass diese Gruppe christliche (=gute) Überzeugungen verfolgt. Gegnerische Gruppen werden als unchristlich bezeichnet.

wobei der begriff "gegnerisch" ein von dir gewählter ist. in dieser denkkategorie verhaftet befinden sich auch sicher viele katholiken, keine frage. aber viele eben auch nicht. wieder etwas genuin menschliches.

Zitat:
Wenn jemand nicht an den christlichen Gott glaubt, dann wird er automatisch in die andere Gruppe schubladisiert. ("Was, du bist kein Christ? Nun, ich finde Geld und Konsumwahn kann nicht alles sein.")

aus letzterem satz zurückzuschließen, daß es ein christ war, der ihn aussprach, führt nicht immer zur wirklichkeit.

Zitat:
Natürlich sitzen Christen aber genauso in der gegnerischen Gruppe und behaupten das exakte Gegenteil. Diese und andere Verhaltensweisen sind angelernt, werden unterbewußt abgespielt und dienen der Mission.

mit einem derart weitgefaßten verständnis von "mission" sind wohl die meisten menschen "missionare". auch tolerante humanisten z.b. wollen schließlich nicht nur argumentativ, sondern auch durch ihr lebendiges beispiel überzeugen.

Zitat:
Sparta
Sparta hatte wenigstens weitgehende Gleichberechtigung von Frauen, die sogar weiter ging, als das, was wir heute haben.

davon weiß ich nichts. (werde mal nachschaun.) sicher ist, daß sie eine kriegerische, inhumane aristokratenkaste waren, die mit dem offenen geist der athener nichts am hut hatten.

Zitat:
Ausserdem waren sie nicht so pädophil.

es ist ein interessantes thema, das du hier durch deine wortwahl extrem simplifizierst. gleichwohl habe ich keine lust, mich drauf einzulassen.

Zitat:
Der Militarismus von Athen war auch nicht ohne.

stimmt. es waren keine unschuldsengel. aber sie hatten den mut, neues, unerhörtes nicht nur zu denken, sondern auch umzusetzen.
von diesem mut zehren alle menschen bis heute.
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Beitrag(#97618) Verfasst am: 29.02.2004, 16:56    Titel: Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Seit damals ist viel Wasser den Acheron hinuntergeflossen.


Und viele Menschen haben sich darin erfrischt Let's Rock
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Beitrag(#97681) Verfasst am: 29.02.2004, 23:14    Titel: Antworten mit Zitat

frajo hat folgendes geschrieben:
jein. aus den unmittelbaren kriegerischen aktionen hat GR sich rausgehalten, mußte es sich auch raushalten, weil die bevölkerung - bei vorsichtiger schätzung - zu 90% ablehnend war und ist.

Es gab in Griechenland sogar Aktionen um den Einsatz von griechischen Militär zu verhindern, z.B. die Blockade des Zerstörers Themistokles durch Demonstranten.

Ich finde es immer wieder erschreckend, dass manche zwar gegen den letzten Krieg im Irak sind, aber für den Kosovo-Krieg waren, obwohl letzterer sich von den Hintergründen, Völkerrechtswidrigkeit etc. kaum unterscheidet. Liegt es daran, dass Fischer & Co die Kriegspropaganda verbreiteten? Oder daran, dass deutsches Militär beteiligt war?
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