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Das neuronale Korrelat des Bewusstseins
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Myron
Metaphysischer Materialist



Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3387

Beitrag(#1574495) Verfasst am: 21.11.2010, 04:36    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Ich hatte den philosophischen Unterschied zwischen Naturalismus und Materialismus / Physikalismus noch nicht nicht verstanden.


Was genau diese Ismen beinhalten, wie genau sie sich zueinander verhalten, und wo genau der eine anfängt und der andere aufhört, ist Teil der philosophischen Diskussion, worin—wie immer in der Philosophie—unterschiedliche Auffassungen vertreten werden.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Also gut, demnach bin ich nun zwar Naturalist, aber kein Materialist / Physikalist.


Eine wesentliche Gemeinsamkeit der Naturalisten und Materialisten ist auf jeden Fall die Ablehnung des Substanzdualismus, d.h. des Glaubens an die Existenz sowohl von Körpern als auch von unkörperlichen Seelen oder Geistern.
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Waschmaschine777
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Anmeldungsdatum: 07.07.2008
Beiträge: 4007

Beitrag(#1575062) Verfasst am: 22.11.2010, 12:16    Titel: Zombies Antworten mit Zitat

Wenn Zombies möglich sind, dann bin ich wohl einer.
Das Problem das ich mit einer Zombiewelt habe ist die Wirkungsmacht des Bewusstseins in dieser. Das phänomenale Bewusstsein ist eine Erfindung der Materie. Rein materielle Vorgänge in den Zombiegehirnen haben die Rede vom phänomenalen Bewusstsein entwickelt. Zombie-Dichter schreiben Gedichte über gebrochene Herzen, Zombie-Philosophen diskutieren über die Möglichkeit von Welten, deren Bewohner im Gegensatz zu ihnen kein Bewusstsein aufweisen, Zombieehen werden geschieden, weil die Gefühle von Zombine - nach ihren eigenen Angaben - für ihren Zomberich erkaltet sind.
In unserer Welt ist das nicht anders. Matrielle Prozesse in Gehirnen haben die Rede von phänomenalen Bewusstsein entwickelt. Reden über Bewusstsein hat nichts mit dem Haben von Bewusstsein zu tun. Alles was wir über Bewusstsein sagen können ist genauso viel Wert wie das was die Zombies zu sagen haben.
Es wäre ein Wunder wenn neben all dem Gelaber über phänomenalen Bewusstsein es tatsächlich so etwas gäbe.
Also entweder bin ich ein Zombie, weil mir Wunder suspekt sind, oder aber Bewusstsein ist mit materiellen Vorgängen zu identifizieren.
Wer glaubt, man könne über phänomenales Bewusstsein vernünftig reden, muss den Epiphänomenalismus ablehen.
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zelig
Kultürlich



Anmeldungsdatum: 31.03.2004
Beiträge: 25404

Beitrag(#1575066) Verfasst am: 22.11.2010, 12:33    Titel: Re: Zombies Antworten mit Zitat

Waschmaschine777 hat folgendes geschrieben:
Wenn Zombies möglich sind, dann bin ich wohl einer.
Das Problem das ich mit einer Zombiewelt habe ist die Wirkungsmacht des Bewusstseins in dieser. Das phänomenale Bewusstsein ist eine Erfindung der Materie. Rein materielle Vorgänge in den Zombiegehirnen haben die Rede vom phänomenalen Bewusstsein entwickelt. Zombie-Dichter schreiben Gedichte über gebrochene Herzen, Zombie-Philosophen diskutieren über die Möglichkeit von Welten, deren Bewohner im Gegensatz zu ihnen kein Bewusstsein aufweisen, Zombieehen werden geschieden, weil die Gefühle von Zombine - nach ihren eigenen Angaben - für ihren Zomberich erkaltet sind.
In unserer Welt ist das nicht anders. Matrielle Prozesse in Gehirnen haben die Rede von phänomenalen Bewusstsein entwickelt. Reden über Bewusstsein hat nichts mit dem Haben von Bewusstsein zu tun. Alles was wir über Bewusstsein sagen können ist genauso viel Wert wie das was die Zombies zu sagen haben.
Es wäre ein Wunder wenn neben all dem Gelaber über phänomenalen Bewusstsein es tatsächlich so etwas gäbe.
Also entweder bin ich ein Zombie, weil mir Wunder suspekt sind, oder aber Bewusstsein ist mit materiellen Vorgängen zu identifizieren.
Wer glaubt, man könne über phänomenales Bewusstsein vernünftig reden, muss den Epiphänomenalismus ablehen.


Und ich bin ein Handflächenzombie. Alle Menschen glauben, sie hätten 10 Finger. Dabei sind sie nur eine Erweiterung der Handflächen. Rein materielle Vorgänge in den Zombiehandflächen haben das Schreiben übr das 10-Finger-System ermöglicht. Zombiekletterer hangeln sich Felswände hinauf, Zombiemaler halten Pinsel in den Händen und diskutieren über die Möglichkeit von Welten, deren Bewohner im Gegensatz zu ihnen keine Finger aufweisen, Zombieringe werden aufgesteckt, weil die Gefühle von Zombine für ihren Zomberich erwärmt sind. In unserer Welt ist das nicht anders. Matrielle Prozesse unserer Handflächen haben das Schreiben über Finger ermöglicht. Schreiben über Finger hat nichts mit dem Haben von Fingern zu tun. Alles was wir über Finger schreiben können, ist genauso viel Wert wie das was die Zombies zu schreiben haben. Es wäre ein Wunder wenn neben all dem Geschreibe über Finger es tatsächlich so etwas gäbe. Also entweder bin ich ein Handflächenzombie, weil mir Wunder suspekt sind, oder aber Finger sind schlicht mit Handflächen zu identifizieren. Mehr Argumente fallen mir gerade nicht ein.
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Waschmaschine777
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Anmeldungsdatum: 07.07.2008
Beiträge: 4007

Beitrag(#1575069) Verfasst am: 22.11.2010, 12:43    Titel: Re: Zombies Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Waschmaschine777 hat folgendes geschrieben:
Wenn Zombies möglich sind, dann bin ich wohl einer.
Das Problem das ich mit einer Zombiewelt habe ist die Wirkungsmacht des Bewusstseins in dieser. Das phänomenale Bewusstsein ist eine Erfindung der Materie. Rein materielle Vorgänge in den Zombiegehirnen haben die Rede vom phänomenalen Bewusstsein entwickelt. Zombie-Dichter schreiben Gedichte über gebrochene Herzen, Zombie-Philosophen diskutieren über die Möglichkeit von Welten, deren Bewohner im Gegensatz zu ihnen kein Bewusstsein aufweisen, Zombieehen werden geschieden, weil die Gefühle von Zombine - nach ihren eigenen Angaben - für ihren Zomberich erkaltet sind.
In unserer Welt ist das nicht anders. Matrielle Prozesse in Gehirnen haben die Rede von phänomenalen Bewusstsein entwickelt. Reden über Bewusstsein hat nichts mit dem Haben von Bewusstsein zu tun. Alles was wir über Bewusstsein sagen können ist genauso viel Wert wie das was die Zombies zu sagen haben.
Es wäre ein Wunder wenn neben all dem Gelaber über phänomenalen Bewusstsein es tatsächlich so etwas gäbe.
Also entweder bin ich ein Zombie, weil mir Wunder suspekt sind, oder aber Bewusstsein ist mit materiellen Vorgängen zu identifizieren.
Wer glaubt, man könne über phänomenales Bewusstsein vernünftig reden, muss den Epiphänomenalismus ablehen.


Und ich bin ein Handflächenzombie. Alle Menschen glauben, sie hätten 10 Finger. Dabei sind sie nur eine Erweiterung der Handflächen. Rein materielle Vorgänge in den Zombiehandflächen haben das Schreiben übr das 10-Finger-System ermöglicht. Zombiekletterer hangeln sich Felswände hinauf, Zombiemaler halten Pinsel in den Händen und diskutieren über die Möglichkeit von Welten, deren Bewohner im Gegensatz zu ihnen keine Finger aufweisen, Zombieringe werden aufgesteckt, weil die Gefühle von Zombine für ihren Zomberich erwärmt sind. In unserer Welt ist das nicht anders. Matrielle Prozesse unserer Handflächen haben das Schreiben über Finger ermöglicht. Schreiben über Finger hat nichts mit dem Haben von Fingern zu tun. Alles was wir über Finger schreiben können, ist genauso viel Wert wie das was die Zombies zu schreiben haben. Es wäre ein Wunder wenn neben all dem Geschreibe über Finger es tatsächlich so etwas gäbe. Also entweder bin ich ein Handflächenzombie, weil mir Wunder suspekt sind, oder aber Finger sind schlicht mit Handflächen zu identifizieren. Mehr Argumente fallen mir gerade nicht ein.


Ich verstehe nicht was Du damit ausdrücken willst.
Ein Zombie ist in der phil. Diskussion jemand, der kein phänomenales Bewusstsein aufweist, sich aber genau so verhält wie ein Mensch der phänomenales Bewusstsein besitzt.
Was genau fehlt den Zombies in deiner Geschichte im Vergleich zum normalen Menschen?
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zelig
Kultürlich



Anmeldungsdatum: 31.03.2004
Beiträge: 25404

Beitrag(#1575075) Verfasst am: 22.11.2010, 13:07    Titel: Re: Zombies Antworten mit Zitat

Ich will damit eigentlich nur sagen, daß mich die einfache Behauptung, es gäbe kein Bewusstsein, nicht von ihem Wahrheitsgehalt überzeugt.
Das Konzept des Epiphänomenalismus halte ich für problematisch, da ich nicht verstehen kann, wie etwas, was zwar verursacht sei, aber keine Wirkung haben soll, den Konflikt zwischen Begründungs- und Ursachenwirklichkeit zu Gunsten Letzterem entscheiden kann. Das leuchtet mir nicht ein.
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göttertod
Atheist und Zweifelsäer



Anmeldungsdatum: 20.08.2004
Beiträge: 1565
Wohnort: Freiburg

Beitrag(#1575298) Verfasst am: 22.11.2010, 19:35    Titel: Antworten mit Zitat

Für mich ist das Wichtigste, wenn ich über Zombiedasein nachdenke, die Unterscheidung zwischen Theorie und Praxis.

Der Theorie nach sind wir denke ich grob gesagt Zombies, was aber NICHT heißt, dass wir nicht unsere bis zu diesem Zeitpunkt sich entwickelten kognitiven Bestandteile (wie z.B. Selbstbewusstsein) zu unser aller Nutzen und Glück nutzen, modifizieren, erweitern können/sollten.

Es kommt auf den Umgang mit dieser Position an, folgt aus dem Zombiedasein eine Art von z.B. Nihilismus/Relativismus, oder folgt daraus der (wohl letztlich immer zum Scheitern verurteilte) Versuch sich aus diesem theoretischen Zombiedasein quasi zu erheben/quasi zu emanzipieren.

Der Versuch über eine bessere Theoriebildung der Wirklichkeit, auch ein besseres Selbstverständnis über uns selbst, unseren Platz und unsere Möglichkeiten und Zusammenhänge zu entwerfen. Was aber wieder nichts wäre als eine Verlagerung in eine höhere Komplexitätsebene, in die kognitive Regulation/Reflexion.
Das grob "biologische" Reiz-Reaktions-Modell wird ausgelagert auf eine grob "kognitive" Reiz-Reaktions-Reflexions-Ebene, welche aber trotzdem determiniert bleibt/ist.

Entweder frei, aber unter einem wohl nie endenden (geiles Wort Lachen ) Begründungszwang, samt zu viel negatives Beiwerk (z.B. "hättest dich ja auch anders entscheiden können, selber schuld"),
oder eingebettet (gefangen) in einer Welt, die dir nur "Spielraum" innerhalb der Komplexität deiner Reflexion erlaubt (Genetik wird jetzt mal weggelassen).
Das ist auch der Grund warum für mich die Wahrheit einen so hohen Stellenwert hat. Freude ohne Wahrheit ist nur eine Schwein-Freude.
Mit Drogen glücklich gemachte Arbeitssklaven in einer dystopischen Welt, sind trotzdem noch arme Schweine. (oder bei uns dummgehaltene Arbeitssklaven)

Also ein Unterschied zwischen Theorie und Praxis, wobei die Theorie selbstverständlich eine Auswirkung auf die Praxis hat.

Ich möchte mich jetzt auch mal bei allen bedanken, ich fühlte mich bisher von euren Gedanken sehr bereichert (auch dir agent, da du mit deinen Fragen den anderen die mir wichtigen Dinge entlockst). Will eigentlich viel mehr schreiben - hab nur keine Zeit.
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auf dass die Bücher von "Iain Banks" Wirklichkeit werden
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jede Tradition ist es wert sich an sie zu erinnern, aber nicht jede Tradition ist es wert gelebt zu werden
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Myron
Metaphysischer Materialist



Anmeldungsdatum: 01.07.2007
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Beitrag(#1575519) Verfasst am: 23.11.2010, 02:47    Titel: Antworten mit Zitat

Zombies (im philosophischen Sinn) sind Lebewesen, die nichts erleben. Das heißt, ihnen fehlt jegliches Bewusstsein, jegliche Subjektivität.
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Myron
Metaphysischer Materialist



Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3387

Beitrag(#1575523) Verfasst am: 23.11.2010, 03:32    Titel: Re: Zombies Antworten mit Zitat

Waschmaschine777 hat folgendes geschrieben:

Ein Zombie ist in der phil. Diskussion jemand, der kein phänomenales Bewusstsein aufweist, sich aber genau so verhält wie ein Mensch der phänomenales Bewusstsein besitzt.


Dein fiktiver Zombie-Gegenpart verhält sich nicht nur vollkommen gleich, sondern er gleicht dir auch vollkommen hinsichtlich der inneren Körpervorgänge, einschließlich der Nervenvorgänge. Das heißt, dass eure EEG-Aufzeichnungen und CT-Aufnahmen völlig ununterscheidbar wären. Mit anderen Worten, dein Zombie-Gegenpart ist bis hin zum Feuern der einzelnen Nervenzellen ein perfektes physisches Duplikat von dir – und doch besteht ein wesentlicher psychischer Unterschied zwischen euch: In dir strahlt das Licht des Bewusstseins, und in ihm herrscht das Dunkel der Bewusstlosigkeit.
Ich bestreite, dass es in anderen möglichen Welten solche Zombie-Gegenparte von uns allen gibt!
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Myron
Metaphysischer Materialist



Anmeldungsdatum: 01.07.2007
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Beitrag(#1575524) Verfasst am: 23.11.2010, 03:55    Titel: Re: Zombies Antworten mit Zitat

Waschmaschine777 hat folgendes geschrieben:

Es wäre ein Wunder wenn neben all dem Gelaber über phänomenalen Bewusstsein es tatsächlich so etwas gäbe.


Das tatsächliche Vorhandensein von Bewusstsein ist nicht ohne Selbstwiderspruch leugbar!
Wenn das Bewusstsein eine Illusion wäre, dann würde die Illusion Bewusstsein voraussetzen. Folglich ist das Bewusstsein keine Illusion. Daraus, dass ich bei Bewusstsein zu sein scheine – und dieses Eindrucks kann ich mich beim besten Willen nicht erwehren –, kann ich mit Gewissheit schließen, dass ich bei Bewusstsein bin. Denn allein der Anschein von Bewusstsein ist ein Bewusstseinszustand.
Es wäre schlicht unlogisch zu behaupten, dass es mir trügerischerweise nur so scheint, als wäre ich bei Bewusstsein, obwohl dies in Wirklichkeit gar nicht der Fall ist. Denn einem bewusstlosen Lebewesen erscheint nichts!
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Waschmaschine777
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Beiträge: 4007

Beitrag(#1575528) Verfasst am: 23.11.2010, 06:35    Titel: Re: Zombies Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Waschmaschine777 hat folgendes geschrieben:

Es wäre ein Wunder wenn neben all dem Gelaber über phänomenalen Bewusstsein es tatsächlich so etwas gäbe.


Das tatsächliche Vorhandensein von Bewusstsein ist nicht ohne Selbstwiderspruch leugbar!
Wenn das Bewusstsein eine Illusion wäre, dann würde die Illusion Bewusstsein voraussetzen. Folglich ist das Bewusstsein keine Illusion. Daraus, dass ich bei Bewusstsein zu sein scheine – und dieses Eindrucks kann ich mich beim besten Willen nicht erwehren –, kann ich mit Gewissheit schließen, dass ich bei Bewusstsein bin. Denn allein der Anschein von Bewusstsein ist ein Bewusstseinszustand.


Genau diesen Beweis führt dein Zombieduplikat auch an.
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Myron
Metaphysischer Materialist



Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3387

Beitrag(#1575531) Verfasst am: 23.11.2010, 07:24    Titel: Re: Zombies Antworten mit Zitat

Waschmaschine777 hat folgendes geschrieben:

Genau diesen Beweis führt dein Zombieduplikat auch an.


Die Rede von Illusionen setzt die Perspektive der 1. Person voraus, da auch ein trügerischer Schein notwendigerweise einem Subjekt erscheint. Es ist höchst zweifelhaft, ob ein Zombie anderen mitteilen würde, dass es ihm so scheine, als wäre er bei Bewusstsein und würde etwas empfinden, fühlen und denken. Denn schließlich ist genau das nicht der Fall: er unterliegt nicht einmal dem Anschein bewussten Erlebens – er ist kein Subjekt!
Ich denke, dass mein angeblicher Zombie-Gegenpart infolge seines Nicht-Subjekt-Seins bestimmte Äußerungen und Verhaltensweisen im Gegensatz zu mir gar nicht an den Tag legen würde – und auch nicht könnte –, sodass allein der Begriff eines perfekten physischen Zombie-Duplikats meiner Person unerfüllbar erscheint. Stehen z.B. Schmerzäußerungen nicht in einem ursächlichen Zusammenhang mit Schmerzempfindungen? Was sollte meinen Zombie-Gegenpart veranlassen, ebenfalls Aua! zu schreien, wo er doch überhaupt keinen Schmerz spürt?


Zuletzt bearbeitet von Myron am 23.11.2010, 10:55, insgesamt einmal bearbeitet
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Waschmaschine777
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Anmeldungsdatum: 07.07.2008
Beiträge: 4007

Beitrag(#1575534) Verfasst am: 23.11.2010, 07:58    Titel: Re: Zombies Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Waschmaschine777 hat folgendes geschrieben:

Genau diesen Beweis führt dein Zombieduplikat auch an.


Die Rede von Illusionen setzt die Perspektive der 1. Person voraus, da auch ein trügerischer Schein notwendigerweise einem Subjekt erscheint. Es ist höchst zweifelhaft, ob ein Zombie anderen mitteilen würde, dass es ihm so scheine, als wäre er bei Bewusstsein und würde etwas empfinden, fühlen und denken. Denn schließlich ist genau das nicht der Fall: er unterliegt nicht einmal dem Anschein bewussten Erlebens – er ist kein Subjekt!
Ich denke, dass mein angeblicher Zombie-Gegenpart infolge seines Nicht-Subjekt-Seins bestimmte Äußerungen und Verhaltensweisen im Gegensatz zu mir gar nicht an den Tag legen würde – und auch nicht könnte –, sodass allein der Begriff eines perfekten physischen Zombie-Duplikats meiner Person unerfüllbar erscheint. Stehen z.B. Schmerzäußerungen nicht in einem ursächlichen Zusammenhang mit Schmerzempfindungen. Was sollte meinen Zombie-Gegenpart veranlassen, ebenfalls Aua! zu schreien, wo er doch überhaupt keinen Schmerz spürt?


Auch diese Argumentation hat ein Zombie drauf wenn es ihn denn gibt. Cool
Die ganze Debatte wird hinfällig, wenn man annimmt, dass es keine mögliche Welt gibt, die von Zombies bevölkert sein könnte. Wenn man annimmt, dass sich das Bewusstsein im Verhalten bemerkbar macht, sind philosophische Zombies natürlich nicht mehr möglich.
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Waschmaschine777
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Anmeldungsdatum: 07.07.2008
Beiträge: 4007

Beitrag(#1575547) Verfasst am: 23.11.2010, 08:38    Titel: Antworten mit Zitat

Meine Behauptung bei der Zombiedebatte war ja, dass eine Welt in der der Epiphänomenalismus wahr sein könnte höchstwahrscheinlich eine Zombiewelt ist.
Denn in so einer Welt hätte sich die Materie "entschlossen" von Bewusstsein zu reden. Die materiellen Vorgänge im Gehirn bringen sprachliche Äußerungen wie: "Ich empfinde Traurigkeit, wenn ich an ihn denke." hervor. Dass es davon unabhängig wirklich einen Materiezusatz namens aboutness gibt, auf die sich die Rede sinnvoll bezieht ist dann irgendwie ein Wunder.
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zelig
Kultürlich



Anmeldungsdatum: 31.03.2004
Beiträge: 25404

Beitrag(#1580861) Verfasst am: 04.12.2010, 23:49    Titel: Antworten mit Zitat

Hat jemand heute das Interview mit Metzinger in der SZ gelesen? Ich hatte den Eindruck, daß er den Schutz der Privatheit von Gedanken in erster Linie als eine Frage der Wahrheitsfindung, und dem entgegen das Recht auf Unwahrheit betrachtet.
Zitat:
Ich bin grundsätzlich für immer mehr Transparenz, etwa beim Bankgeheimnis. Die Frage ist nur: Wann führt Transparenz zum Zusammenbruch, wie viel Verlogenheit brauchen wir? Unsere Alltagskommunikation besteht wahrscheinlich mehr aus vorsätzlicher Täuschung, als wir es uns eingestehen wollen.

Zwar liegt das Hauptinteresse des Angriffs auf die Privatheit im Versuch, auf die echte Kenntnis (also die Wahrheit) des Individuums zuzugreifen. Aber die Abwehr dagegen wird nicht mit dem Recht auf Lüge begründet. Vielleicht war das Interview einfach zu kurz. Aber das war ein Punnkt, den ich merkwürdig fand.
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step
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Beitrag(#1580866) Verfasst am: 05.12.2010, 00:07    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Aber die Abwehr dagegen wird nicht mit dem Recht auf Lüge begründet.

Sondern mit deren Notwendigkeit?
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Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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zelig
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Anmeldungsdatum: 31.03.2004
Beiträge: 25404

Beitrag(#1580868) Verfasst am: 05.12.2010, 00:15    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Aber die Abwehr dagegen wird nicht mit dem Recht auf Lüge begründet.

Sondern mit deren Notwendigkeit?
Mit dem Recht auf Selbstbestimmung, die auch eine Selbstbestimmung darüber bedeutet, was preisgegeben wird und was nicht.
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AgentProvocateur
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Beitrag(#1580874) Verfasst am: 05.12.2010, 00:36    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Hat jemand heute das Interview mit Metzinger in der SZ gelesen?

Ich nicht. Habe keine SZ hier.

zelig hat folgendes geschrieben:
Ich hatte den Eindruck, daß er den Schutz der Privatheit von Gedanken in erster Linie als eine Frage der Wahrheitsfindung, und dem entgegen das Recht auf Unwahrheit betrachtet.

Wenn ich Dich richtig verstehe, dann irrst Du hier, glaube ich.

Den Artikel von heute habe ich nicht gefunden, aber einen etwas älteren (von 2007) in der SZ:

SZ hat folgendes geschrieben:
"Moderne bildgebende Verfahren einzusetzen, um klinische Diagnosen zu optimieren, halte ich für ethisch geboten", sagt Metzinger. Schwierig werde es jedoch, wenn man in den Gehirnen potentieller Straftäter lesen wolle.

"Es gibt ein Aussageverweigerungsrecht" - und das würde verletzt werden, wenn sich jemand in einen Hirnscanner legen muss.

Sieht mir nicht so aus, als ob er das Aussageverweigerungsrecht kippen wollen würde.

Ich halte zwar nicht viel von Metzinger, (s.o.. meine Anmerkungen zum Ego-Tunnel), aber dass er ein Gegner des Rechtsstaates wäre und einen totalitären Staat befürworten würde, kann man ihm demnach nicht vorwerfen.

Aber, wie gesagt, ich kenne den Artikel von heute nicht. Könnte natürlich sein, dass M. seine Meinung inzwischen geändert hat. (Glaube ich aber erst mal nicht.)
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zelig
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Anmeldungsdatum: 31.03.2004
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Beitrag(#1580887) Verfasst am: 05.12.2010, 01:11    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Ich halte zwar nicht viel von Metzinger, (s.o.. meine Anmerkungen zum Ego-Tunnel), aber dass er ein Gegner des Rechtsstaates wäre und einen totalitären Staat befürworten würde, kann man ihm wohl kaum vorwerfen.


Nein. Das kann man ihm tatsächlich nicht vorwerfen, soweit ich ihn kenne.
Es geht mir mehr um die Frage, womit eigentlich das Recht auf Privatheit von Gedanken begründet wird. Ich bin der Meinung, daß die Wahrheit, und das berechtigte Interesse an der Wahrheit, und wieweit es mit dem Interesse desjenigen in Konflikt steht, der die Wahrheit kennt, sie aber nicht preisgeben will, nur einer von einer ganzen Reihe verschiedener Aspekte dieser Frage ist.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
aber Du bist mal wieder schwer zu verstehen, ich bin aber vielleicht auch zu einfach gestrickt, um Dich zu verstehen


Es tut mir Leid, wenn ich schwer zu verstehen bin. Ich verstehe mich manchmal selber nicht. Du bist aber nicht einfach gestrickt, soweit ich das beurteilen kann.
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step
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Beitrag(#1580928) Verfasst am: 05.12.2010, 10:03    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Hat jemand heute das Interview mit Metzinger in der SZ gelesen?
Ich nicht. Habe keine SZ hier.

Falls jemand Bedarf hat: PN mit email.
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step
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Wohnort: Germering

Beitrag(#1580930) Verfasst am: 05.12.2010, 10:11    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Aber die Abwehr dagegen wird nicht mit dem Recht auf Lüge begründet.
Sondern mit deren Notwendigkeit?
Mit dem Recht auf Selbstbestimmung, die auch eine Selbstbestimmung darüber bedeutet, was preisgegeben wird und was nicht.

Ich sehe den Unterschied nicht so ganz zwischen "Recht auf Lüge" und "Recht auf Nichtpreisgabe".

Metzinger führt im wesentlichen folgende drei Begründungsansätze an:
- "Bewußtseinsfrieden" analog zu "Hausfrieden"
- "Würde des Menschen" wäre durch präventives Scannen tangiert
- der Mensch ist so gestrickt, daß er Lüge und Täuschung braucht
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zelig
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Beitrag(#1580977) Verfasst am: 05.12.2010, 12:42    Titel: Antworten mit Zitat

Das Interview ist jetzt online.
http://www.sueddeutsche.de/wissen/neurophilosoph-metzinger-im-interview-totale-transparenz-ist-unertraeglich-1.1031809

Ferner
http://www.sueddeutsche.de/wissen/neurowissenschaft-die-gedankenleser-1.1032093
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göttertod
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Beitrag(#1610450) Verfasst am: 15.02.2011, 11:51    Titel: Antworten mit Zitat

Gehirne und Emotionen lassen sich manipulieren

Zitat:
Hirnforscher Eilon Vaadia will Gelähmten mit implantierten Chips helfen. Auch Emotionen sind letztlich nur elektrische Muster im Netz der Nervenzellen.

WELT ONLINE: Sie implantieren Chips in das Gehirn von Affen. Warum?

Eilon Vaadia: Wir erforschen, wie das Gehirn Informationen verarbeitet. Das lässt sich grundsätzlich beobachten, da ja das Gehirn bei seinen Prozessen der Datenverarbeitung elektrische Signale nutzt. Und diese Signale kann man mit den implantierten Chips messen. Wir versuchen dann zu analysieren, was das Gehirn da gerade rechnet. Dabei ist es wichtig, so viele Datenkanäle wie möglich zu haben, die simultan das elektrische Geschehen einer ganzen Region im Gehirn aufzeichnen. Nur so wird man verstehen, wie das Gehirn eigentlich arbeitet. Das wiederum ist die Voraussetzung dafür, bestimmte neurologische Erkrankungen therapieren zu können.

(...)

WELT ONLINE: Woher wissen Sie, an welcher Stelle Sie einen Chip platzieren müssen, um etwas Bestimmtes zu erforschen?

Eilon Vaadia: Nach vielen Jahren der Hirnforschung ist heute ziemlich gut bekannt, welche Funktionen bestimmte Areale im Gehirn haben. Uns beispielsweise interessiert besonders der Motorcortex, der für die Steuerung von Bewegungen zuständig ist – zum Beispiel das Bewegen der Hand und der Finger. Wir wollen erforschen, wie im Detail solche Bewegungen vom Gehirn gesteuert werden. Der Clou dabei ist, dass wir uns nicht darauf beschränken, nur passiv zu beobachten, sondern wir können die Aktivitäten des Gehirns auch selbst manipulieren. Wir schreiben Software, mit der sich die Hardware namens Gehirn steuern lässt

WELT ONLINE: Das heißt, Sie senden elektrische Signale in das Gehirn, um Nervenzellen in einer bestimmten Art und Weise zu beeinflussen?

Eilon Vaadia: Genau. Das machen wir. Dazu werten wir die gemessenen Daten aus dem Gehirn im Computer extrem schnell aus und senden dann gleichsam in Echtzeit elektrische Stimuli zurück, mit denen sich das Verhalten – in unserem Fall bestimmte Bewegungen – optimieren lässt. Natürlich muss man dabei sehr vorsichtig vorgehen. Dahinter steckt die Idee des geschlossenen Kreislaufs: Der Computer misst die Aktivitäten im Gehirn und berechnet, was im nächsten Schritt getan werden müsste. Mit seinen Stimuli kann der Computer also – wenn nötig – korrigierend eingreifen und das Gehirn unterstützen. Das Gehirn arbeitet nämlich grundsätzlich nach dem Prinzip, nächste Schritte vorauszusagen. Genau das Gleiche macht auch die Maschine.

(...)

WELT ONLINE: Und wenn man noch weiter in die Zukunft blickt, dann könnten funkende Chips im Gehirn eine ganz neuartige Kommunikation zwischen Mensch und Maschine ermöglichen?

Eilon Vaadia: Exakt. Wir sollten schon heute darüber nachdenken, welche Zugriffe wir den Maschinen dann auf das menschliche Gehirn erlauben wollen und welche nicht. (...)

(...)

WELT ONLINE: Wird es auch möglich sein, Gefühle zu stimulieren, sodass man etwa beim Agieren in einer virtuellen Welt taktile Rückmeldungen erhält?

Eilon Vaadia: Ja, auch das sollte möglich sein. Ich bin davon überzeugt, dass die Kontrolle von Gefühlen letztlich auch nicht anders funktioniert als die von Handbewegungen. Wenn man erst die elektrischen Muster kennt, die mit Verlieben oder Leiden einhergehen, dann wird man hier ebenso eingreifen können wie schon heute bei motorischen Prozessen.

WELT ONLINE: Und Lügendetektoren kann man mit dieser Technik wohl auch bauen?

Eilon Vaadia: Das könnte man gewiss. (...)

(...)

WELT ONLINE: Wo stehen wir in zehn Jahren?

Eilon Vaadia: In zehn Jahren wird man Hirnchips bei Patienten routinemäßig einsetzen. Es wird adaptive Hirnschnittstellen geben, die komplett in das Gehirn implantiert sind. Diese werden dann Menschen mit verschiedenen neurologischen Erkrankungen helfen – zum Beispiel Patienten mit Lähmungen, Parkinson oder auch dem Locked-in-Syndrom.


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Beiträge: 25404

Beitrag(#1944953) Verfasst am: 25.08.2014, 17:33    Titel: Antworten mit Zitat

Metzinger-Interview (Ego-Tunnel)

Zitat:
Viele Geisteswissenschaftler wissen häufig gar nicht, dass es mittlerweile erste empirische Studien gibt, die tatsächlich zeigen, wie ein verringerter Glaube an die eigene Willensfreiheit bei Versuchspersonen nachweislich zu einer Abschwächung von Hilfsbereitschaft, zu einer Erhöhung der Bereitschaft zum Betrügen, zu geringerer Selbstkontrolle, einer schwächeren Reaktion auf eigene Fehler und zu einer Verstärkung von Aggressivität führt.

Objektive Veränderungen im Gehirn können experimentell sogar bis in die neuronalen Korrelate der unbewussten Vorstufen von Willkürhandlungen nachgewiesen werden. Das intuitive Unbehagen an stärkeren Formen des Determinismus hat also durchaus eine objektive Basis - aber einfach nur aus dem Ressentiment heraus zu philosophieren und das konservative Bildungsbürgertum rhetorisch zu bedienen, das ist die falsche Reaktion.


Zitat:
. Wer nicht an seine eigene Autonomie zu glauben gelernt hat, dem fällt es schwerer, die entsprechenden Fähigkeiten zu entwickeln. Rein logisch gesehen ist es auch denkbar, dass ein System eine bestimmte Fähigkeit bereits besitzt, aber von dieser Tatsache nichts weiß. Die absolute Willensfreiheit in metaphysischen Sinne des Setzens von Erstursachen gibt es wohl nicht. Was es gibt, ist das Naturphänomen der Selbstkontrolle und der Autonomie in komplexen Systemen und dieses Naturphänomen begegnet uns nicht nur in sehr vielen Nuancen und Graden der Ausprägung, sondern es braucht auch Randbedingungen, um sich entwickeln zu können.

Wenn ich in einer Diktatur lebe oder meine Aufmerksamkeitssteuerung durch Medienkonsum ausbrenne, dann ist der Raum meiner geistigen Möglichkeiten beschränkt und er schrumpft möglicherweise immer weiter, ohne dass ich selbst das überhaupt bewusst erlebe. Man kann auch einfach vergessen, dass man bestimmte Fähigkeiten einmal besessen hat. Übrigens ist es genau das Ideal der Erhöhung von geistiger Autonomie, das die spirituellen Menschheitstraditionen und den Rationalismus der Aufklärung in ihrem Kern verbindet.


http://www.heise.de/tp/artikel/42/42389/3.html

Start erster Teil hier: http://www.heise.de/tp/artikel/42/42390/1.html
Start zweiter Teil hier: http://www.heise.de/tp/artikel/42/42389/1.html


Spannendes Interview. Ein Frage: Hat jemand die neue Auflage gelesen? Wenn ja, lohnt sich die Lektüre aufgrund der Neuerungen?
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step
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Beitrag(#1944956) Verfasst am: 25.08.2014, 17:49    Titel: Antworten mit Zitat

Was genau waren nochmal gleich "Willkürhandlungen"? Waren das die moralkonformen, vorhersehbaren oder die unvorhersehbaren, nur durch den Willen des Handelnden determinierten? Oder ganz zufällige? Sehr glücklich

Erinnert mich auch an dies:

Zitat:
"Abgestammt von den Affen! Lass uns hoffen, dass es nicht wahr ist, aber falls doch, lass uns beten, dass es nicht allgemein bekannt wird." Ehefrau des Bischofs von Worcester über die Evolutionstheorie

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zelig
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Beitrag(#1945033) Verfasst am: 25.08.2014, 21:08    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Was genau waren nochmal gleich "Willkürhandlungen"? Waren das die moralkonformen, vorhersehbaren oder die unvorhersehbaren, nur durch den Willen des Handelnden determinierten? Oder ganz zufällige? :D

Erinnert mich auch an dies:

Zitat:
"Abgestammt von den Affen! Lass uns hoffen, dass es nicht wahr ist, aber falls doch, lass uns beten, dass es nicht allgemein bekannt wird." Ehefrau des Bischofs von Worcester über die Evolutionstheorie


Das habe ich als Abgrenzung zu den unwillkürlichem Handlungen verstanden.
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step
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Beitrag(#1945058) Verfasst am: 25.08.2014, 21:38    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Das habe ich als Abgrenzung zu den unwillkürlichem Handlungen verstanden.

Also so: unwillkürlich = unbewußt, willkürlich = willensgesteuert?

Dann stünde da: "Objektive Veränderungen im Gehirn können experimentell sogar bis in die neuronalen Korrelate der unbewussten Vorstufen von willensgesteuerten Handlungen nachgewiesen werden.

Aber sollte es nicht gerade ein Beleg für mangelnde Selbstkontrolle sein?

Ich glaube, daß "willkürlich" hier im Sinne von "unerwartet, unberechenbar, unkontrolliert" gemeint ist, daes sonst im Kontext keinen Sinn macht - und sich der Autor also nicht bewußt war, daß dies eher weniger determiniert bedeutet.
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zelig
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Beitrag(#1945063) Verfasst am: 25.08.2014, 21:54    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Das habe ich als Abgrenzung zu den unwillkürlichem Handlungen verstanden.

Also so: unwillkürlich = unbewußt, willkürlich = willensgesteuert?

Dann stünde da: "Objektive Veränderungen im Gehirn können experimentell sogar bis in die neuronalen Korrelate der unbewussten Vorstufen von willensgesteuerten Handlungen nachgewiesen werden.

Aber sollte es nicht gerade ein Beleg für mangelnde Selbstkontrolle sein?

Ich glaube, daß "willkürlich" hier im Sinne von "unerwartet, unberechenbar, unkontrolliert" gemeint ist, daes sonst im Kontext keinen Sinn macht - und sich der Autor also nicht bewußt war, daß dies eher weniger determiniert bedeutet.


OK, ich bin jetzt nicht der Interpret Metzingers. Aber ich habe es so verstanden:

Man kann empirisch nachweisen, daß der Glaube an die Determiniertheit von Handlungen Auswirkungen auf das oder die Korrelate hat, in denen vorbewusste Entscheidungsprozesse stattfinden. So verstanden würde das einen Sinn machen: Der Glauben an die fehlende Autonomie wird fest verdrahtet, und führt so zu einem verringertem Freiheitsgrad.
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step
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Beitrag(#1945150) Verfasst am: 26.08.2014, 08:24    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
So verstanden würde das einen Sinn machen: Der Glauben an die fehlende Autonomie wird fest verdrahtet, und führt so zu einem verringertem Freiheitsgrad.

Hmm ... aber nur, wenn der Glaube an eine existierende Autonomie nicht seinerseits ebenso fest verdrahtet würde zwinkern
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Steffen Rehm
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Beitrag(#1945180) Verfasst am: 26.08.2014, 10:34    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Was genau waren nochmal gleich "Willkürhandlungen"?


Willkürhandlungen sind Bewegungen der „quergestreiften (Skelett-) Muskulatur, während die Bewegungen der „glatten“ Muskulatur (in Blutgefässen, Magen, Darm usw.) nicht durch Willensentscheidung gesteuert werden können.
Ein Beispiel, in dem beide Steuerungsformen möglich sind, ist die Atmung, die auch im Schlaf, also unwillkürlich funktioniert, ca. 15000 Atemzüge täglich.
Man kann aber willkürlich die Atmung forcieren oder ein paar Minuten den Atem anhalten, z. B. beim Tauchen.
Beim Autofahren kann man sehen, wie eine zunächst rein bewusste Tätigkeit (Kuppeln, Schalten) durch Übung in weitgehend unbewusstes Handeln übergeht. Ganz ohne Willkürhandlungen, schlafend, kann man allerdings nicht gut am Strassenverkehr teilnehmen
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Monist
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Beitrag(#1945394) Verfasst am: 27.08.2014, 10:21    Titel: Vorbewusstes, Willkürliches, Bewusstes, ICH Antworten mit Zitat

In diesem Zusammenhang Metzinger zu zitieren ist natürlich auch nicht ganz exakt "naturalistisch",
auch wenn er sich nicht zu den üblichen dualistischen Philosophen rechnen lassen will und mit
seiner so genannten Neuroethik die Existenzberechtigung einer Fachrichtung "Philosophie" auch
nach einer bevorstehenden, erweiterten Aufklärung erhalten will, die nicht nur die Vorstellung einer Religion
(samt Seele statt Psyche) als unvertretbar ansieht, sondern überhaupt alle abstrakten
Vorstellungen als aus neuronalen Vorgängen bestehend sieht (Es herrscht ja das Kausalitätsprinzip ).

Aber die Rubrik heißt ja hier nicht "Naturwissenschaft und Technik" sondern
"Wissenschaft und Technik" also wohl auch (dualistische) Geistes-Wissenschaft und Technik !?

Zudem ist der Begriff "Bewusstsein" natürlich nur eine abstrakte, nicht genormte Vorstellung
von Menschengehirnen und existiert ähnlich wie das einheitliche "ich" so ja gar nicht.

Zu den Bewusstseinszustände, die das "Ich" ausmachen gehören (ja, es sind mindestens 9 Ich's):
    - 1 die Wahrnehmung von Vorgängen in der Umwelt und im eigenen Körper
    ("ich nehme wahr bzw. empfinde gerade das und das")
    - 2 mentale Zustände wie Denken, Vorstellen und Erinnern ("ich denke, erinnere mich,
    stelle mir gerade dies oder jenes vor")
    - 3 Bedürfniszustände, Affekte, Emotionen ("ich habe Hunger, bin müde, fürchte mich")
    - 4 das Erleben der eigenen Identität und Kontinuität ("ich bin der, der ich gestern war")
    - 5 die "Meinigkeit" des eigenen Körpers ("dies ist mein Körper")
    - 6 die Autorschaft der eigenen Handlungen und mentalen Akte ("ich will bzw. habe gewollt, was ich gerade tue")
    - 7 die Verortung des Selbst und des Körpers in Raum und Zeit ("es ist Samstag, der 12. 7. 2014, und ich befinde
    mich gerade in X.")
    - 8 die Unterscheidung zwischen Realität und Vorstellung ("was ich sehe, existiert tatsächlich und ist kein Traum
    oder Wahn")
    - 9 das selbst-reflexive Ich ("wer oder was bin ich eigentlich? Was tue ich da, und warum?").

Ist das "Ich" ein Bewusstseinszustand, stellt sich eben die Frage, was
"Bewusstsein" eigentlich ist. Darüber haben die Menschen seit Jahrtausenden
nachgedacht, ohne dass heutzutage bereits Einvernehmen unter den
Wissenschaftlern oder unter den Philosophen herrscht.

Bewusstsein ist genauso wie das "Ich" ein Bündel inhaltlich sehr
verschiedener Zustände, die nur das eine gemeinsam haben, nämlich dass sie
bewusst erlebt werden können und im Prinzip sprachlich berichtet werden können.
Ob das Entstehen von Bewusstseinszuständen abrupt geschieht, d. h. ein
Schwellenphänomen ist, oder ob es einen gleitenden Übergang zwischen
unbewusst und bewusst gibt (vermutlich eher Letzteres; s. "Vorbewusstes"),
ist zudem auch noch nicht ganz klar...
[/b]
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Signatur auf Benutzerwunsch gelöscht.
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