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Erkenntnistheorie - Wieso erkennt A B nur als C?
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Tom der Dino
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Anmeldungsdatum: 20.07.2011
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Beitrag(#1750280) Verfasst am: 05.05.2012, 15:05    Titel: Erkenntnistheorie - Wieso erkennt A B nur als C? Antworten mit Zitat

In diesem Thread bin ich mit jenem interessanten Satz (Siehe Titel) konfrontiert worden.

Mir war das bisher nicht klar und irgendwie tu ich mich immer noch schwer ihn zu verstehen.

Ich versteh ihn folgendermaßen: A sind die Menschen, B ist das grundlegende Naturprinzip und C sind die Naturgesetze (von uns modelliert).

Wenn A nur C sieht, wieso ist C ungleich B? Macht diese Trennung tatsächlich Sinn? Oder ist es nur eine Art philosophische Erweiterung?
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step
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Beitrag(#1750284) Verfasst am: 05.05.2012, 15:32    Titel: Re: Erkenntnistheorie - Wieso erkennt A B nur als C? Antworten mit Zitat

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
In diesem Thread bin ich mit jenem interessanten Satz (Siehe Titel) konfrontiert worden.

Mir war das bisher nicht klar und irgendwie tu ich mich immer noch schwer ihn zu verstehen.

Ich versteh ihn folgendermaßen: A sind die Menschen, B ist das grundlegende Naturprinzip und C sind die Naturgesetze (von uns modelliert).

Wenn A nur C sieht, wieso ist C ungleich B? Macht diese Trennung tatsächlich Sinn? Oder ist es nur eine Art philosophische Erweiterung?

"A erkennt B als C".

Meines Erachtens können wir über B nichts sagen (auch nicht diesen Satz), genaugenommen sollten wir daher Sätze dieser Art mit sehr spitzen Fingern anfassen. Allerhöchstens könnte man unter B das primär Wahrgenommene, die Messungen usw. verstehen.

Der Grund, daß wir intuitiv von einer (evtl. verborgenen) wahren Natur der Dinge (und auch der Naturgesetze) ausgehen, ist wieder mal eine Übertragung aus dem Alltag: Wir sind es gewohnt, daß wir für wahrgenommene Phänomene Modellklassen verschiedener Abstraktion und Allgemeinheit benutzen, z.B. "etwas großes, grünes" und "Baum". Daher macht es beispielsweise durchaus Sinn, zu sagen: "Ich (A) erkenne dieses große, grüne (B) als Baum (C)." Leider neigen wir zum einen dazu, diese Erfahrung auch auf Situationen zu übertragen, in denen (B) gar kein wahrgenommenes Phänomen ist. Zum zweiten drehen wir intuitiv diese Klassifizierung auch um ("ich erkenne diesen Baum nur als etwas großes Grünes"). Und drittens reifizieren wir intuitiv die Modellklassen, obwohl es eigentlich nur Modellklassen sind - dies geschieht etwa, wenn ein Philosoph über ein Ding an sich grübelt.

Im Falle der "wahren Naturgesetze" sind mE all diese Fehlschlüsse mehr oder weniger am Werk. Eine gewisse Rechtfertigung erhielte das erst dann, wenn wir zigen könmnten, daß die Naturgesetze etwas konkret objekthaftes haben. Ich denke allerdings, daß, bevor das geschieht, wir unsere naive klassisch-philosophieche Vorstellung von "Existenz" bzw. "Objekt" sowieso längst entsorgt haben werden.
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Tom der Dino
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Beitrag(#1750320) Verfasst am: 05.05.2012, 18:46    Titel: Antworten mit Zitat

Um mal bei deinem Baumbeispiel zu bleiben, ist C also nur ein Name für eine bestimmte Menge an Eigenschaften. Die Menge an Eigenschaften entspricht dann B?
Aber dann können wir doch prinzipiell B erkennen oder nicht?
Die Einteilung in "Welt an sich" und "Welt für mich" wäre dann auch nicht mehr nötig, wenn es um konkrete Phänomene geht.
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Tarvoc
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Beitrag(#1750324) Verfasst am: 05.05.2012, 18:58    Titel: Re: Erkenntnistheorie - Wieso erkennt A B nur als C? Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Und drittens reifizieren wir intuitiv die Modellklassen, obwohl es eigentlich nur Modellklassen sind - dies geschieht etwa, wenn ein Philosoph über ein Ding an sich grübelt.

Wenn der Philosoph über das Ding an sich grübelt, grübelt er in Wirklichkeit über das transzendentale Objekt. zwinkern
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Beitrag(#1750339) Verfasst am: 05.05.2012, 19:55    Titel: Re: Erkenntnistheorie - Wieso erkennt A B nur als C? Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Und drittens reifizieren wir intuitiv die Modellklassen, obwohl es eigentlich nur Modellklassen sind - dies geschieht etwa, wenn ein Philosoph über ein Ding an sich grübelt.
Wenn der Philosoph über das Ding an sich grübelt, grübelt er in Wirklichkeit über das transzendentale Objekt. zwinkern

Ich dachte immer, seit Popper oder sagen wir seit Hans Albers ist das transzendentale Objekt out ...
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Tarvoc
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Beitrag(#1750349) Verfasst am: 05.05.2012, 20:17    Titel: Antworten mit Zitat

Wie kommst du denn darauf? Mit den Augen rollen
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Beitrag(#1750351) Verfasst am: 05.05.2012, 20:23    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Wie kommst du denn darauf? Mit den Augen rollen

Ich dachte immer, transzendentale Objekte sind so etwas wie Kant's synthetische Urteile a-priori, also z.B. Zeit, Kausalität usw. - deren behauptete Sonderstellung werden vom kritischen Rationalismus durch eine empirische Herangehensweise ersetzt, also zu Objekten der Wissenschaft.

Habe ich aber zugegeben nur noch grob in Erinnerung, auch weil es für mich immer klar war, daß diese Begriffe physikalisch erklärt werden müssen.
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Beitrag(#1750352) Verfasst am: 05.05.2012, 20:29    Titel: Antworten mit Zitat

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Um mal bei deinem Baumbeispiel zu bleiben, ist C also nur ein Name für eine bestimmte Menge an Eigenschaften. Die Menge an Eigenschaften entspricht dann B?

Oder einer Übermenge von B, da B die allgemeinere Modellklasse ist.

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Aber dann können wir doch prinzipiell B erkennen oder nicht?

Wir erkennen aber nicht B (als reifizierte Modellklasse), sondern wir beschreiben eine bestimmte Wahrnehmung mittels einer Modellkonvention.

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Die Einteilung in "Welt an sich" und "Welt für mich" wäre dann auch nicht mehr nötig, wenn es um konkrete Phänomene geht.

Ja, "Welt an sich" sollte man streichen. Vielleicht wäre "Welt für mich" und "Welt intersubjektiv" besser. Letztere beinhaltet noch mehr Konventionen als erstere.
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Beitrag(#1750356) Verfasst am: 05.05.2012, 20:42    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Ich dachte immer, transzendentale Objekte sind so etwas wie Kant's synthetische Urteile a-priori

Nicht so richtig. Ich habe meine Magisterarbeit über Slavoj Zizeks Kant-Deutung geschrieben. Nach Zizeks Lesart (der ich zustimme) nimmt das transzendentale Objekt eine zentrale Stelle in Kants Philosophie ein. Um mal deine Redeweise mit den Modellklassen wieder aufzunehmen: Das transzendentale Objekt ist das Modell als Objekt, abstrahiert von dem, was es inhaltlich modelliert. Das Ding an sich ist hingegen der Inhalt selbst als Objekt, abstrahiert von seiner Modellierung. Der Witz an der Sache ist aber, dass wir gar nicht anders können als beides miteinander zu verwechseln. Wenn beides einfach zusammenfiele, dann gäbe es gar keinen Unterschied zwischen dem Modell und dem, was es modelliert ("intellektuelle Anschauung"), aber wenn beides streng voneinander getrennt wäre, könnte man überhaupt keine Beziehung zwischen dem Modell und dem, was es modelliert, herstellen (Solipsismus). Das heißt aber auch, dass die Beziehung zwischen dem Modell und dem, was es modelliert (bei Kant heißt diese Beziehung übrigens "Urteil"), immer problematisch ist.
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Beitrag(#1750367) Verfasst am: 05.05.2012, 21:09    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ich dachte immer, transzendentale Objekte sind so etwas wie Kant's synthetische Urteile a-priori
Nicht so richtig. Ich habe meine Magisterarbeit über Slavoj Zizeks Kant-Deutung geschrieben. Nach Zizeks Lesart (der ich zustimme) nimmt das transzendentale Objekt eine zentrale Stelle in Kants Philosophie ein.

Jo, sehe ich ebenso. Nach meiner Deutung braucht Kant das als Rechtfertigung für allerlei anderes Zeugs (das mir nicht gefällt), mal salopp gesagt.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Um mal deine Redeweise mit den Modellklassen wieder aufzunehmen: Das transzendentale Objekt ist das Modell als Objekt, abstrahiert von dem, was es inhaltlich modelliert. Das Ding an sich ist hingegen der Inhalt selbst als Objekt, abstrahiert von seiner Modellierung. Der Witz an der Sache ist aber, dass wir gar nicht anders können als beides miteinander zu verwechseln. Wenn beides einfach zusammenfiele, dann gäbe es gar keinen Unterschied zwischen dem Modell und dem, was es modelliert ("intellektuelle Anschauung"), aber wenn beides streng voneinander getrennt wäre, könnte man überhaupt keine Beziehung zwischen dem Modell und dem, was es modelliert, herstellen (Solipsismus).

Hmm ... bin mir nicht sicher, ob ich z.B. bei "Zeit" oder "Kausalität" verstehe, inwiefern das ein "Modell als Objekt, abstrahiert von dem, was es inhaltlich modelliert" sein kann.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Das heißt aber auch, dass die Beziehung zwischen dem Modell und dem, was es modelliert (bei Kant heißt diese Beziehung übrigens "Urteil"), immer problematisch ist.

Da kann ich als Neopositivist (oder so) natürlich nur zustimmen, ich finde diese Beziehung auch sehr problematisch! Smilie Ich würde aus dem Bauch heraus sagen, daß ich für ein gutes Modell weder das transzendentale Objekt noch das Ding an sich benötige. Und bin mir sicher, daß Kant und die allermeisten Philosophen das anders sehen.
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Beitrag(#1750376) Verfasst am: 05.05.2012, 21:25    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Ich würde aus dem Bauch heraus sagen, daß ich für ein gutes Modell weder das transzendentale Objekt noch das Ding an sich benötige.

Du musst für ein gutes Modell zwischen dem Modell und dem, was es modelliert, unterscheiden. Sonst kommt nämlich kein Modell dabei heraus, sondern moderne Kunst. zwinkern
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AgentProvocateur
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Beitrag(#1750379) Verfasst am: 05.05.2012, 21:30    Titel: Antworten mit Zitat

"A erkennt B als C" verstehe ich als Repräsentationalen Realismus. Also: was wir sehen (bzw. erkennen), ist immer nur ein (Ab-)Bild in unserem Gehirn von etwas anderem, etwas dahinterliegenden. Ich sehe z.B. keinen Stift, sondern ich sehe ein Bild, das mein Gehirn vom Stift erzeugt. Was aber der Stift tatsächlich ist, weiß ich demnach nicht.

Zurzeit neige ich im Gegensatz dazu zu einem schlichten Naiven Realismus. (Oder auch die Variante des Direkten Realismus nach Putnam.)
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Tom der Dino
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Beitrag(#1750380) Verfasst am: 05.05.2012, 21:31    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Aber dann können wir doch prinzipiell B erkennen oder nicht?

Wir erkennen aber nicht B (als reifizierte Modellklasse), sondern wir beschreiben eine bestimmte Wahrnehmung mittels einer Modellkonvention.
Das einzelne gesamte Experiment inklusive der Messanordnung ohne Beschreibung wäre B? Mehr geht ja nicht. Macht es dann noch Sinn zwischen Realität und Erkennbarem zu unterscheiden? Oder bin ich jetzt völlig verkehrt?
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Tom der Dino
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Beitrag(#1750381) Verfasst am: 05.05.2012, 21:32    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
"A erkennt B als C" verstehe ich als Repräsentationalen Realismus. Also: was wir sehen (bzw. erkennen), ist immer nur ein (Ab-)Bild in unserem Gehirn von etwas anderem, etwas dahinterliegenden. Ich sehe z.B. keinen Stift, sondern ich sehe ein Bild, das mein Gehirn vom Stift erzeugt. Was aber der Stift tatsächlich ist, weiß ich demnach nicht.

Zurzeit neige ich im Gegensatz dazu zu einem schlichten Naiven Realismus. (Oder auch die Variante des Direkten Realismus nach Putnam.)


Hi AP, schön dich mal wieder zu lesen.
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Beitrag(#1750384) Verfasst am: 05.05.2012, 21:38    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ich würde aus dem Bauch heraus sagen, daß ich für ein gutes Modell weder das transzendentale Objekt noch das Ding an sich benötige.
Du musst für ein gutes Modell zwischen dem Modell und dem, was es modelliert, unterscheiden. Sonst kommt nämlich kein Modell dabei heraus, sondern moderne Kunst. zwinkern

Hmm ... also ich habe Wahrnehmungen / Phänomene / Messungen auf der einen Seite, und ein Modell auf der anderen Seite. So weit, so gut. Natürlich muß ich zwischen denen unterscheiden. Aber dieses hypothetische, rein ontologisch interessante Etwas, das nach Überzeugung der Realisten die Wahrnehmungen hervorruft, muß eigentlich nicht notwendig in meinem Modellierungsprozeß vorkommen, würde ich sagen.
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Beitrag(#1750386) Verfasst am: 05.05.2012, 21:41    Titel: Antworten mit Zitat

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Aber dann können wir doch prinzipiell B erkennen oder nicht?
Wir erkennen aber nicht B (als reifizierte Modellklasse), sondern wir beschreiben eine bestimmte Wahrnehmung mittels einer Modellkonvention.
Das einzelne gesamte Experiment inklusive der Messanordnung ohne Beschreibung wäre B? Mehr geht ja nicht. Macht es dann noch Sinn zwischen Realität und Erkennbarem zu unterscheiden? Oder bin ich jetzt völlig verkehrt?

Paßt schon so etwa. Man kann das Erkennbare "hypothetische Realität" nennen, von mir aus. Aber das verführt mE zu ontologischem Realismus. Wäre normalerweise harmlos, aber an den Grenzen der Wissenschaft sehe ich das als problematisch an - siehe Diskussionen über "Kriterien der Wirklichkeit" u.ä.
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Tarvoc
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Beitrag(#1750389) Verfasst am: 05.05.2012, 21:44    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Aber dieses hypothetische, rein ontologisch interessante Etwas, das nach Überzeugung der Realisten die Wahrnehmungen hervorruft, muß eigentlich nicht notwendig in meinem Modellierungsprozeß vorkommen, würde ich sagen.

Das mit der kausalen Hervorrufung von Phänomenen durch das Ding an sich ist doch sowieso nur Schopenhauers m.E. falsche Lesart.
Der Punkt ist: Du behandelst das Phänomen, wenn du es modellierst, als Gegenstand und nicht z.B. als rein zufälliges Patchwork unzusammenhängender Sinneseindrücke. Schon deshalb, weil du etwas rein Zufälliges gar nicht modellieren könntest.
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step
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Beitrag(#1750397) Verfasst am: 05.05.2012, 22:10    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Du behandelst das Phänomen, wenn du es modellierst, als Gegenstand und nicht z.B. als rein zufälliges Patchwork unzusammenhängender Sinneseindrücke.

Das kann man so deuten, da gebe ich Dir recht. Es ist aber eher eine Deutung und keine metaphysische Voraussetzung. Man sieht das an einigen modernen physikalischen Modellen, wo zwar das Modell wohldefiniert und auch effizient ist, man sich aber darüber streitet, welche Aspekte des Modells als "Dinge" bzw. real anzusehen sind.
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AgentProvocateur
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Beitrag(#1750399) Verfasst am: 05.05.2012, 22:16    Titel: Antworten mit Zitat

Vielleicht nochmal meine Einstellung anders erläutert:

Dem Satz: "A erkennt B als C" möchte ich (nicht mehr) zustimmen. Meiner jetzigen Ansicht nach muss der so lauten: "A erkennt B". Oder, anders gesagt: "die Welt ist so, wie wir sie wahrnehmen, (obgleich wir uns dennoch manchmal täuschen können)", (= naiver Realismus). Z.B. der Stift hier ist so, wie ich ihn wahrnehme, nichts darüber hinaus.

Mir scheint, dass ein Repräsentationaler Realismus (RR) hier eine zusätzliche Seinsebene (Reifikation) einfügt, (das C), die ich aber für überflüssig halte. Außerdem ist fraglich, ob ein RR nicht eher ein Idealismus als ein Realismus ist.

Vielleicht aber irre ich mich auch, dass "A erkennt B als C" auf einen RR hinausläuft.
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step
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Beitrag(#1750400) Verfasst am: 05.05.2012, 22:19    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Dem Satz: "A erkennt B als C" möchte ich (nicht mehr) zustimmen. Meiner jetzigen Ansicht nach muss der so lauten: "A erkennt B". ...

Ich wäre eher für "A erkennt als C". Interessant.

EDIT: Wäre vielleicht gut, ein konkretes Beispiel zu nehmen, denn B und C sind leicht verwechselbar.
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Zuletzt bearbeitet von step am 05.05.2012, 22:26, insgesamt 2-mal bearbeitet
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Tom der Dino
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Beitrag(#1750401) Verfasst am: 05.05.2012, 22:22    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Vielleicht nochmal meine Einstellung anders erläutert:

Dem Satz: "A erkennt B als C" möchte ich (nicht mehr) zustimmen. Meiner jetzigen Ansicht nach muss der so lauten: "A erkennt B". Oder, anders gesagt: "die Welt ist so, wie wir sie wahrnehmen, (obgleich wir uns dennoch manchmal täuschen können)", (= naiver Realismus). Z.B. der Stift hier ist so, wie ich ihn wahrnehme, nichts darüber hinaus.

Mir scheint, dass ein Repräsentationaler Realismus (RR) hier eine zusätzliche Seinsebene (Reifikation) einfügt, (das C), die ich aber für überflüssig halte. Außerdem ist fraglich, ob ein RR nicht eher ein Idealismus als ein Realismus ist.

Vielleicht aber irre ich mich auch, dass "A erkennt B als C" auf einen RR hinausläuft.


Dem möchte ich mich anschließen, allerdings stehen einige Einwände von step im Raum die ich noch nicht nachvollziehen/verstehen konnte (Kriterien der Wirklichkeit). Das was für mich vor allem gegen den RR spricht, ist die Qualia-Problematik, die dort mitschwingt. Und die halte ich ebenso wie die Transzendenz für nicht sinnvoll.
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AgentProvocateur
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Beitrag(#1750406) Verfasst am: 05.05.2012, 22:46    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Dem Satz: "A erkennt B als C" möchte ich (nicht mehr) zustimmen. Meiner jetzigen Ansicht nach muss der so lauten: "A erkennt B". ...

Ich wäre eher für "A erkennt als C". Interessant.

EDIT: Wäre vielleicht gut, ein konkretes Beispiel zu nehmen, denn B und C sind leicht verwechselbar.

A = jemand / etwas, das erkennen kann. B = ein als baumartiges Ding, (über einen längeren Beobachtungszeitraum), das als 'Baum' bezeichnet wird.

Unter 'C' verstehe ich hier ein zusätzliches Ding, nämlich eine zwischengeschaltete Wahrnehmung, die aber nichts über das tatsächliche 'B' aussagt, das tatsächliche B unerkennbar lässt.
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Beitrag(#1750424) Verfasst am: 05.05.2012, 23:56    Titel: Re: Erkenntnistheorie - Wieso erkennt A B nur als C? Antworten mit Zitat

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
In diesem Thread bin ich mit jenem interessanten Satz (Siehe Titel) konfrontiert worden.

Mir war das bisher nicht klar und irgendwie tu ich mich immer noch schwer ihn zu verstehen.

Ich versteh ihn folgendermaßen: A sind die Menschen, B ist das grundlegende Naturprinzip und C sind die Naturgesetze (von uns modelliert).

Wenn A nur C sieht, wieso ist C ungleich B? Macht diese Trennung tatsächlich Sinn? Oder ist es nur eine Art philosophische Erweiterung?


Wir Menschen erkennen die Welt nicht wie sie wirklich ist, sondern erfassen sie allenfalls approximativ. Schließlich ist unser Gehirn primär kein Erkenntnisapparat, sondern ein Organ zum Überleben. Unser Gehirn liefert also nur "Hypothesen" über die Welt.

Nehmen wir an, B sei ein Teil dieser Welt (sagen wir: ein Schwarzes Loch). Wir nehmen Schwarze Löcher aber nicht wahr, und sie sind auch nicht Teil der mesokosmischen Welt. Wir können aber hypothetisch-deduktiv auf deren Existenz rückschließen, beispielsweise über Gravitationslinseneffekte, Gamma-Ray-Bursts, die Zustandsgleichungen der Materie usw. Das heißt: A (wir Menschen) erkennen B (Schwarze Löcher) als C (Gamma-Ray-Bursts, Gravitationslinsen,...).

Genau das, nämlich die hypothetisch-deduktive Rekonstruktion der unserer direkten Wahrnehmung unzugänglichen Bereiche und Verbindungsmechanismen dieser Welt, also die Rekonstruktion des "Bs", ist der Sinn der Naturwissenschaften.
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Beitrag(#1750446) Verfasst am: 06.05.2012, 09:55    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Man sieht das an einigen modernen physikalischen Modellen, wo zwar das Modell wohldefiniert und auch effizient ist, man sich aber darüber streitet, welche Aspekte des Modells als "Dinge" bzw. real anzusehen sind.

Du verwechselst den Gegenstand mit seiner Existenz. Ein Einhorn ist auch ein Gegenstand, nur halt einer, der nicht existiert.
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Beitrag(#1750453) Verfasst am: 06.05.2012, 10:17    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
A = jemand / etwas, das erkennen kann. B = ein als baumartiges Ding, (über einen längeren Beobachtungszeitraum), das als 'Baum' bezeichnet wird.

Unter 'C' verstehe ich hier ein zusätzliches Ding, nämlich eine zwischengeschaltete Wahrnehmung, die aber nichts über das tatsächliche 'B' aussagt, das tatsächliche B unerkennbar lässt.

Aha. Ich hatte tatsächlich B und C komplett anders verstanden, wahrscheinlich weil ich Deutungen vermeide, die einen naiven Realismus bereits implizit suggerieren. Mein Ansatz war folgendermaßen:

A nimmt etwas wahr, sagen wir B. B beschreibt also hier nicht irgendein Objekt, sondern eine Wahrnehmung (z.B. groß, grün, ...). A deutet nun B als C, d.h. A findet eine Modellklasse C (z.B. "Baum"), deren Modelleigenschaften mit den Wahrnehmungen B hinreichend übereinstimmen.

Also: A deutet ("erkennt") B als C.

Damit vermeide ich jegliche direkte Aussage darüber, ob hinter der Wahrnehmung B ein reales Objekt steht. Der (hypothetische) Realismus kommt bei mir nur dadurch herein, daß der Modellklasse C ("Baum") weitere Eigenschaften zugemessen werden, etwa intersubjektive Wiederholbarkeit und dgl. - diesen Ansatz empfinde ich als irgendwie "sauberer".
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Beitrag(#1750456) Verfasst am: 06.05.2012, 10:18    Titel: Antworten mit Zitat

So hatte ich das auch verstanden.
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Beitrag(#1750458) Verfasst am: 06.05.2012, 10:22    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Man sieht das an einigen modernen physikalischen Modellen, wo zwar das Modell wohldefiniert und auch effizient ist, man sich aber darüber streitet, welche Aspekte des Modells als "Dinge" bzw. real anzusehen sind.
Du verwechselst den Gegenstand mit seiner Existenz. Ein Einhorn ist auch ein Gegenstand, nur halt einer, der nicht existiert.

Selbst wenn das relevant wäre für die Physik, würde es nicht gegen mein Argument oben sprechen, denn der Realist setzt ja nicht nur Gegenstände voraus, sondern existierende Gegenstände.
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Beitrag(#1750461) Verfasst am: 06.05.2012, 10:25    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Selbst wenn das relevant wäre für die Physik, würde es nicht gegen mein Argument oben sprechen, denn der Realist setzt ja nicht nur Gegenstände voraus, sondern existierende Gegenstände.

Ja. Aber dass sie existieren, war an der Stelle gar nicht der Punkt, sondern dass sie Gegenstände sind (bzw. als Gegenstände aufgefasst werden können).
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step
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Beitrag(#1750473) Verfasst am: 06.05.2012, 10:46    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Selbst wenn das relevant wäre für die Physik, würde es nicht gegen mein Argument oben sprechen, denn der Realist setzt ja nicht nur Gegenstände voraus, sondern existierende Gegenstände.
Ja. Aber dass sie existieren, war an der Stelle gar nicht der Punkt, sondern dass sie Gegenstände sind (bzw. als Gegenstände aufgefasst werden können).

Hatte ich anders verstanden. Wo ist dann aber die metaphysische Voraussetzung, von der Du schriebst, wenn nichtmal die Existenz vorausgesetzt wird? Ein hypothetisches Objekt, das nicht existiert (Einhorn), ist doch nur ein Konstrukt.
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Beitrag(#1750482) Verfasst am: 06.05.2012, 11:15    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Wo ist dann aber die metaphysische Voraussetzung, von der Du schriebst, wenn nichtmal die Existenz vorausgesetzt wird?

"Metaphysisch" ist ein etwas hochtrabender Begriff. Die Voraussetzung besteht eben darin, dass man den Gegenstand der Theorie als Gegenstand behandelt. Bzw. dass man zwischen dem Modell und seinem Gegenstand unterscheidet.
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