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Gnade und Barmherzigkeit
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Malone
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Anmeldungsdatum: 02.09.2004
Beiträge: 5269

Beitrag(#1988679) Verfasst am: 05.03.2015, 23:44    Titel: Gnade und Barmherzigkeit Antworten mit Zitat

Die Religiösen schätzen die Werte Gnade und Barmherzigkeit besonders hoch. Aber was sind das für Werte? Es fällt schwer, sich einen gnädigen Bettler oder einen barmherzigen Sklaven vorzustellen, denn um sich überhaupt gnädig und barmherzig geben zu können, muss man über Macht verfügen. Beide Tugenden sind ohne ein starkes hierarchisches Gefälle undenkbar, und sie finden dann Anwendung, wenn der Mächtige willkürlich seine Opfer verschont und davon absieht, seine Macht walten zu lassen. Wie muss nun ein Mensch beschaffen sein, der als höchsten Wert erachtet, dass trotz gegebener Möglichkeit kein Unrecht ausgeübt wird? Er muss sich als das schwächste Glied einer Kette fühlen, das prinzipiell schuldig ist und Strafe verdient hat. Er hat sich bereits selbst gerichtet und hofft darauf, verschont zu werden, indem er Gnade und Barmherzigkeit als höchste Tugenden anpreist, in der Absicht, den vermeintlichen Vollstrecker milde zu stimmen.
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sehr gut
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Anmeldungsdatum: 05.08.2007
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Beitrag(#1988688) Verfasst am: 06.03.2015, 00:46    Titel: Re: Gnade und Barmherzigkeit Antworten mit Zitat

Malone hat folgendes geschrieben:
Es fällt schwer, sich einen gnädigen Bettler oder einen barmherzigen Sklaven vorzustellen, denn um sich überhaupt gnädig und barmherzig geben zu können, muss man über Macht verfügen.

Ja - es bringt einem Angeklagten vor Gericht nichts wenn er gnädig mit dem Richter umgeht, weil er an diesem Ort nicht die grössere Macht hat, von den beiden kann nur der Richter gnädig sein(wenn die Machtgrundlage -i.d.F. ein Gesetz- solchen individuellen Spielraum lässt).
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22767
Wohnort: Germering

Beitrag(#1988815) Verfasst am: 06.03.2015, 19:13    Titel: Re: Gnade und Barmherzigkeit Antworten mit Zitat

sehr gut hat folgendes geschrieben:
Malone hat folgendes geschrieben:
Es fällt schwer, sich einen gnädigen Bettler oder einen barmherzigen Sklaven vorzustellen, denn um sich überhaupt gnädig und barmherzig geben zu können, muss man über Macht verfügen.
Ja - es bringt einem Angeklagten vor Gericht nichts wenn er gnädig mit dem Richter umgeht, weil er an diesem Ort nicht die grössere Macht hat, von den beiden kann nur der Richter gnädig sein(wenn die Machtgrundlage -i.d.F. ein Gesetz- solchen individuellen Spielraum lässt).

Ich mag diese Begriffe auch überhaupt nicht.

Es ist allerdings nicht so, daß die zugrundeliegende Schuldzuweisung immer vom Mächtigen konstruiert wird. Oft basiert die Schuldzuweisung auf Konventionen (auch Mächtige machen sich schuldig) und nur die Gnade obliegt dem in dem Moment Mächtigen. Und selbst der kann dann sogar das Opfer sein (z.B. das dem Täter verzeiht).
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sehr gut
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Anmeldungsdatum: 05.08.2007
Beiträge: 14852

Beitrag(#1988827) Verfasst am: 06.03.2015, 20:08    Titel: Re: Gnade und Barmherzigkeit Antworten mit Zitat

Malone hat folgendes geschrieben:
Die Religiösen schätzen die Werte Gnade und Barmherzigkeit besonders hoch.

Das griechische Wort das aus der Bibel (u.a.) mit 'Gnade' übersetzt wird ist χάρις (charis). Wenn jemand Charisma hat dann wird das auch von nicht-religiösen geschätzt.
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Chinasky
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Anmeldungsdatum: 27.03.2006
Beiträge: 1257
Wohnort: Hoher Norden

Beitrag(#1988839) Verfasst am: 06.03.2015, 20:40    Titel: Antworten mit Zitat

Barmherzigkeit ist ein auf Empathie beruhendes Phänomen. Gnade ist ein auf Machtkategorien beruhendes Konzept.

Gnade ist meinem Sprachverständnis nach die Aussetzung von Gerechtigkeit und damit sowas wie das letzte Überdruckventil einer durchregelten Gesellschaft, die verbindlich für bestimmte Regelübertretungen bestimmte Sanktionen vorsieht: Bei uns in Deutschland kann meines Wissens nur der Bundespräsident "Gnade vor Recht" walten lassen - wobei das schon eine Art Widerspruch in sich ist, denn die gesetzliche Festlegung, dass der Bundespräsident (unter einer Reihe von Vorbedingungen) Gnade ausüben kann, rechnet den Willkürfaktor der Gnade ja schon wieder raus. Das Konzept der Gnade halte ich für durchaus sinnvoll, denn es adressiert gleich mehrere Punkte. Erstens denjenigen, dass bei jeder Entscheidung über eine Sanktionierung nicht "das Gesetz", sondern ein Mensch die letzte Instanz ist. Eine richtende Person kann sich soviel um Neutralität, Objektivität, Parteiunabhängigkeit und Kongruenz mit dem Gesetz bemühen wie sie will - ein Quentchen von Willkür bleibt am Ende immer vorhanden, falls nicht beide Parteien mit dem Urteil gleich zufrieden sind. Gnade betont diesen Aspekt der "Rest-Willkür" ebenso wie den Umstand, dass es sich immer um individuelle Menschen handelt, die da richten.
Dabei assoziiere zumindest ich gleichzeitig mit, dass auch die Verurteilten in der Regel individuelle Menschen sind mit ihrer individuellen, einzigartigen Geschichte. Ein Gesetz, so elaboriert auch immer es sein mag, wird nie für sämtliche Situationen die korrekte Sanktionierung von Delinquenten angeben können und so kann es geschehen, das noch das gerechteste Urteil zu Konsequenzen führt, die unmenschlich sind. Das sind dann die (unvorhersehbaren) Fälle, in welchen Gnade korrigierend eingreifen kann.

Barmherzig ist derjenige, der sich nicht nur vom Leid seiner Menschen rühren läßt, sondern aus seinem Mitgefühl heraus helfend handelt. Man kann beim Passieren eines Bettlers ein "Och, der arme Kerl!" durchaus ernst meinen und es braucht sich dabei nicht um geheucheltes Mitgefühl handeln. Aber erst, wenn man Anstrenungen unternimmt, dem Bettler aus seiner Not herauszuhelfen, wird aus dem Mitleid Barmherzigkeit.

Obwohl Barmherzigkeit ein Lehnwort (lat. miseicordia) ist, halte ich es für ein schönes deutsches Wort. Smilie
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Waldmeister
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Anmeldungsdatum: 28.06.2014
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Beitrag(#1988913) Verfasst am: 07.03.2015, 11:14    Titel: Antworten mit Zitat

Schöner Post oberhalb.

Dazu die wunderbare Sentenz eines demnächt zu Feiernden: ohne all Verdienst und Würdigkeit, nur durch Gnade und Barmherzigkeit.........

Das wäre eine adäquate, erweiterte, heute wieder bedeutsame Sichtweise auf das Menschsein.......


Winken
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Waldmeister
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Anmeldungsdatum: 28.06.2014
Beiträge: 449

Beitrag(#1988914) Verfasst am: 07.03.2015, 11:19    Titel: Re: Gnade und Barmherzigkeit Antworten mit Zitat

sehr gut hat folgendes geschrieben:
Malone hat folgendes geschrieben:
Die Religiösen schätzen die Werte Gnade und Barmherzigkeit besonders hoch.

Das griechische Wort das aus der Bibel (u.a.) mit 'Gnade' übersetzt wird ist χάρις (charis). Wenn jemand Charisma hat dann wird das auch von nicht-religiösen geschätzt.


Die charis ist aber nur eine Bedeutung innerhalb des weiten Feldes der Gnade. Deshalb hat die Gnade immer in sich etwas religiös Anmutendes, das dem Wesen des Menschen in seinem Gewähren und Gewährenlassen eine besondere Ressonanz zukommen läßt. Das ist mit dem abstrakten Begriff religiös gut beschrieben.
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22767
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Beitrag(#1988921) Verfasst am: 07.03.2015, 12:21    Titel: Antworten mit Zitat

Chinasky hat folgendes geschrieben:
Gnade ist meinem Sprachverständnis nach die Aussetzung von Gerechtigkeit ... so kann es geschehen, das noch das gerechteste Urteil zu Konsequenzen führt, die unmenschlich sind. Das sind dann die (unvorhersehbaren) Fälle, in welchen Gnade korrigierend eingreifen kann.

Hmm ... führt diese Korrektur dann zu einer gerechteren Bestrafung oder nur zu einer weniger unmenschlichen? Und wäre demnach Gande nicht eher die Aussetzung eines ("gnadenlosen") Rechts, als die Aussetzung von Gerechtigkeit?
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Schlumpf
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Beitrag(#1988924) Verfasst am: 07.03.2015, 12:30    Titel: Re: Gnade und Barmherzigkeit Antworten mit Zitat

Malone hat folgendes geschrieben:
Die Religiösen schätzen die Werte Gnade und Barmherzigkeit besonders hoch.

Sie tun jedenfalls so. M.E. sind das reine Lippenbekenntnisse. Ich denke, dass die sogenannte Gnade so ziemlich das Gleiche ist wie der "Segen Gottes", der großzügig erteilt wird, weil er die Geber selbst nichts kostet. Die Barmherzigkeit wird gerne gepredigt, als ob sie eine Errungenschaft des Christentums wäre, anderen wird sie quasi abgesprochen. Humanismus gilt als Konkurrenz zum Glauben, weshalb er regelmäßig runtergemacht wird. Die deutschen Kirchen sind sehr reich, milliardenschwer. Barmherzige Hilfeleistungen wie durch Misereor und Caritas werden von Gläubigen und Steuerzahlern erbracht, nicht von den Kirchen. Diese suhlen sich weiter in ihren Milliarden, ohne dem Staat gegenüber Rechenschaft für ihre Finanzen ablegen zu müssen. Vor diesem Hintergrund erscheint mir die gepredigte Barmherzigkeit irgendwie auch scheinheilig.
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CoS
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Beitrag(#1988951) Verfasst am: 07.03.2015, 16:28    Titel: Antworten mit Zitat

Zu jeder Zeit und an jedem Ort, wo der "Glaube" groß war oder die Kirche sehr präsent, gab es Gewalt, Tod und alles andere als "Gnade und Nächstenliebe". Im Mittelalter hatte die Kirche großen Einfluss und geistliche hatten mehr zu sagen als Könige und Kaiser. Das Ergebnis war ein sehr grausames Mittelalter.

Auch heute kann man das beobachten. Dort wo der Einfluss der Kirchen groß (ich rede jetzt nicht nur vom Christentum) ist und sehr viele Menschen glauben, passiert die größte Sch... - Ja auch in der "westlichen" Welt.

In Amerika, die sich selbst "Nation unter Gott" nennen, herrscht die größte Mordrate und härtester Raubtierkapitalismus. Nächstenliebe und Barmherzigkeit sieht anders aus. Es gibt nicht mal ein wirkliches Sozialsystem in den USA und selbst das Gesundheitssystem dort ist bestimmt von Macht und Geld und nicht gerade beseelt vom Wunsch zu helfen!

Ich habe das Gefühl, dass der "Gläubige" der Meinung ist, dass wenn er Nächstenliebe und Barmherzigkeit predigt, sein "Soll" als guter Mensch bereits erfüllt ist. Er hat seine "gute Tat" geleistet, sich sein Ticket in den Himmel gesichert und kann sich danach wieder selbst der Nächste sein.

Christen tun sowieso konsequent das Gegenteil von dem, was ihnen Jesus einst gelehrt haben soll. Herrlich wie dumm Menschen sind. Beim Thema Glaube geht's vor allem darum seinen eigenen Arsch in Sicherheit zu bringen. Wenn ich mein vermeintliches Ticket in den Himmel habe, kann ich dann das selbe egoistische Arschloch sein, was ich ohnehin die ganze Zeit war....

Glaube ist gelebte Doppelmoral zwinkern
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"Wenn Sie mich suchen, ich halte mich in der Nähe des Wahnsinns auf, genauer gesagt auf der schmalen Linie zwischen Wahnsinn und Panik, gleich um die Ecke von Todesangst, nicht weit weg von Irrwitz und Idiotie!"
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Waldmeister
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Anmeldungsdatum: 28.06.2014
Beiträge: 449

Beitrag(#1988953) Verfasst am: 07.03.2015, 16:49    Titel: Antworten mit Zitat

Ja genauso muss das gesehen werden! Smilie total der Durchblick!

Genau wegen dieser so riesigen Doppelmoral sind Milliarden von Menschen einem Glauben verfallen. Getreu dem Motto: Doppelt hält besser....oder so.

Meine Güte bin ich froh, dass das bei Ungläubigen anders ist! Smilie
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Chinasky
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Anmeldungsdatum: 27.03.2006
Beiträge: 1257
Wohnort: Hoher Norden

Beitrag(#1988961) Verfasst am: 07.03.2015, 19:00    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Chinasky hat folgendes geschrieben:
Gnade ist meinem Sprachverständnis nach die Aussetzung von Gerechtigkeit ... so kann es geschehen, das noch das gerechteste Urteil zu Konsequenzen führt, die unmenschlich sind. Das sind dann die (unvorhersehbaren) Fälle, in welchen Gnade korrigierend eingreifen kann.

Hmm ... führt diese Korrektur dann zu einer gerechteren Bestrafung oder nur zu einer weniger unmenschlichen? Und wäre demnach Gande nicht eher die Aussetzung eines ("gnadenlosen") Rechts, als die Aussetzung von Gerechtigkeit?


Hehe, damit wären wir wieder beim Thema Recht vs. Gerechtigkeit angelangt. Ich kann Dir auf die Frage leider keine hundertprozent sichere Antwort geben. Unter Christen gibt es ja den Begriff der "Gesetzlichkeit", der in aller Regel negativ konnotiert ist. Aus der Perspektive des christlichen Glaubens ist es sicher, dass die Menschen nicht fähig sind, "recht" zu handeln, also die Übertretung des Gesetzes (Rechts) der zu erwartende Normalfall ist.

Aus dieser Perspektive wird die Gnade zur Notwendigkeit, wenn nicht jeder Mensch automatisch zum Tode verdammt sein soll.

Da es gegenüber dem Gesetz Gottes keinen Unterschied macht, welche Sünde man begeht, sondern alle Sünden gleich hart bestraft werden von Gott (nämlich mit dem ewigen Tod), der ja die Gerechtigkeit in Person ist, bleibt die Gnade entsprechend die christliche conditio sine qua non.

Diejenigen Christen nun, welche immer wieder diesen Gnadenaspekt in ihrer Theologie hintanstellen oder komplett vergessen, sondern auf die strikte Einhaltung aller Regeln pochen, wird dann der Vorwurf der Gesetzlichkeit gemacht. Die heilstheologische Volte, die diesen Vorwurf begründet, nämlich dass zwar das Gesetz Mose weiterhin Geltung habe, aber durch Jesu Opfertod eben gleichzeitig schon erfüllt sei, ist zwar wie bei so vielen religiösen Konstrukten absurd, dennoch liegt unter dem ganzen theologischen Klimbim sowas wie eine Weisheit vergraben inform einer leisen Skepsis gegenüber der Legitimität sämtlicher Sanktionen gegenüber Regelübertretern.

Nun haben die säkularen Gesetze sicherlich nicht den Nachteil, dass jede ihrer Überschreitungen sofort mit dem Tod geahndet werden muß. Es kann daher besser die gesetzliche Sanktion dem jeweiligen Delikt angepaßt werden und insofern ist Gnade als Korrektur viel seltener vonnöten. Aber... Ich weiß nicht, wie Du das empfindest - ich habe immer ein ungutes Gefühl, wenn jemand bestraft wird. Die Strafe könnte unangemessen oder gar völlig ungerecht, da den Falschen treffend, sein. Die Strafe könnte (und das ist der wesentliche Grund, dessentwegen ich die Gnade als Korrektur in Einzelfällen befürworte) - abgesehen von der Rachefunktion, die ich aber für die ethisch niedrigste ihrer Funktionen halte - ihre anderen Funktionen (Abschreckung gegen potentielle Nachahmer, Schutz vor dem Delinquenten bzgl. Deliktwiederholung, Chance für den Delinquenten, zur Schuldeinsicht zu gelangen...) verfehlen. Ich denke da z.B. an die RAF-Terroristen, die schon seit Jahrzehnten in deutschen Gefängnissen schmoren, von deren Entlassung aber heute keine Gefahr (im Sinne einer Wiederholungstatsgefahr) ausginge, bei denen aber möglicherweise auch keine Chance auf Schuldeinsicht besteht. Meiner Ansicht nach hätte man auch Rudolf Hess Gnade zuteil werden lassen können.

Langer Worte kurzer Sinn: Vielleicht ist jede Bestrafung immer auch unmenschlich in dem Sinne, dass der Mächtigere über den weniger Mächtigen per Strafe verfügt und also der weniger Mächtige zum Objekt degradiert wird.


Da aber Gesellschaft ohne Sanktionen für Regelübertretungen nicht funktioniert, ist diese Unmenschlichkeit hinzunehmen und dennoch es gleichzeitig nötig, alle möglichen Vorkehrungen zu treffen, diese Unmenschlichkeit so gering wie möglich zu halten. Deswegen finde ich es ja auch gut, dass der Bundespräsident, als Symbol der Macht im Staate, sich nur per Gnade über das Gesetz, bzw. nach dem Gesetz gefällte Urteile hinwegsetzen kann - niemals aber, indem er die verhängte Strafe noch erhöht (wie es ja dem Herrscher in früheren Zeiten zustand).
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Waldmeister
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Anmeldungsdatum: 28.06.2014
Beiträge: 449

Beitrag(#1988972) Verfasst am: 07.03.2015, 20:21    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
a )Da aber Gesellschaft ohne Sanktionen für Regelübertretungen nicht funktioniert, ist diese Unmenschlichkeit hinzunehmen und dennoch es gleichzeitig nötig, alle möglichen Vorkehrungen zu treffen, diese Unmenschlichkeit so gering wie möglich zu halten.

b) Deswegen finde ich es ja auch gut, dass der Bundespräsident, als Symbol der Macht im Staate, sich nur per Gnade über das Gesetz, bzw. nach dem Gesetz gefällte Urteile hinwegsetzen kann - niemals aber, indem er die verhängte Strafe noch erhöht (wie es ja dem Herrscher in früheren Zeiten zustand).
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Kurze Anmerkung zu deinem guten Post.

a) Eine Ungerechtigkeit (im Sinne von fehlerhafter Entscheidung, falscher Strafzumessung) ) spricht nicht gegen Gerechtigkeit.
Deine Sicht in Richtung Unmenschlichkeit in Richtung Übermaß Strafe hat mit der Gerechtigkeit auch nichts mehr zu tun, sie übersteigt das, was im Begriff Gerechtigkeit zu fassen ist. Das wäre unter die Begriffe Willkür, Unmoral zu fassen. Das sind die Gegensätze zur Gerechtigkeit, das darf nicht hingenommen werden.

b) Das ist Ausfluss der Gewaltenteilung . Der Teil Buprä - hier im Rahmen seiner Zwitterstellung als Teil der Exekutive - hat mit dem, was der Judikative zusteht, nichts zu tun. Darf mit dem nicht zu tun haben.

Er kann demnach als Ausfluss dessen nur eine Strafe in einer Form exekutieren, die nicht in das Recht der Judikative eingreift. Deshalb kann er keine höheres Strafmaß verhängen , als das Gesetz es selber festlegt. Er kann Gnade vor Recht walten lassen, nach den Kriterien, die die Legislative als Grundlage dafür vorsieht.
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Schlumpf
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Anmeldungsdatum: 17.11.2007
Beiträge: 2572

Beitrag(#1988974) Verfasst am: 07.03.2015, 20:29    Titel: Antworten mit Zitat

Waldmeister hat folgendes geschrieben:
Ja genauso muss das gesehen werden!

Muss nicht! Aber eine einigermassen objektive Sicht auf diese Dinge kann nur haben, wer seine religiöse Brille absetzt, die ihm von Kindheit an aufgeklebt wurde.
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Waldmeister
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Anmeldungsdatum: 28.06.2014
Beiträge: 449

Beitrag(#1988978) Verfasst am: 07.03.2015, 20:47    Titel: Antworten mit Zitat

Schlumpf hat folgendes geschrieben:
Waldmeister hat folgendes geschrieben:
Ja genauso muss das gesehen werden!

Muss nicht! Aber eine einigermassen objektive Sicht auf diese Dinge kann nur haben, wer seine religiöse Brille absetzt, die ihm von Kindheit an aufgeklebt wurde.


Du musst nicht mit den Bilder spielen zwecks Selbstbestätigung, die du dir hervor zauberst. Du kannst davon ausgehen, dass der Andere diese Dinge schon lange durchstiefelt hat.

Genauso muss das gesehen werden (in einer löstigen Debatte)............... zwinkern
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funkeimdunkeln
Bösmensch



Anmeldungsdatum: 12.05.2014
Beiträge: 878

Beitrag(#1988980) Verfasst am: 07.03.2015, 21:10    Titel: Antworten mit Zitat

Chinasky hat folgendes geschrieben:

Langer Worte kurzer Sinn: Vielleicht ist jede Bestrafung immer auch unmenschlich in dem Sinne, dass der Mächtigere über den weniger Mächtigen per Strafe verfügt und also der weniger Mächtige zum Objekt degradiert wird.


Mir ist ehrlich gesagt unklar, was du mit den Begriffen "unmenschlich" oder "zum Objekt degradieren" meinst.

Ich sehe zwei Möglichkeiten:

a) Entweder bist du der Meinung, dass es eine vernünftige argumentative Begründung dafür gibt, dass die von dir beschriebene Handlung der Bestrafung "unmenschlich" ist. Dann solltest du diese Begründungsstruktur transparent machen, das würde mich doch sehr interessieren. Außerdem gäbe es dann immerhin die Möglichkeit in einer Gesellschaft ein Justizsystem zu errichten, welches nach wohlbegründeten Prinzipien organisiert ist, also nicht mehr "unmenschlich" ist.

b) Oder das ist eine Emotion, die du aus dem Bauch heraus äußerst, weil mit einer Strafe Schmerzen verbunden sind und du das doof findest. In diesme Falle käme also in deiner Bewertung der Wunsch zum Ausdruck deinen Mitmenschen möglichst viel Leid zu ersparen. In diesem Falle - da wir es hier mit einer reinen Emotion zu tun haben - etwa dem Ausdruck von Mitgefühl und Verständnis - ist es völlig unklar, warum diese Emotion einer anderen Emotion überlegen sein soll - etwa der Rachsucht eines Vergewaltigungsopfers und seinem Wunsch den Täter möglichst grausame Schmerzen verspüren zu lassen. Erst eine argumentative Begründungsstruktur könnte die Überlegenheit deiner Sichtweise gegenüber der alternativen Sichtweise verdeutlichen. Das Erleben deiner bloßen Empfindung reicht hierzu nicht aus.

Ich bitte dich also zu präzisieren, in welcher Bedeutung du diese Begriffe verwendest. Ich halte Klarstellungen in diesem Falle notwendig für ein tiefergehendes Verständnis und bin sehr gespannt auf deine Antwort.

Mit freundlichem Gruß,
Mirko
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Tarvoc
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Beiträge: 44143

Beitrag(#1988982) Verfasst am: 07.03.2015, 21:17    Titel: Antworten mit Zitat

funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben:
Chinasky hat folgendes geschrieben:

Langer Worte kurzer Sinn: Vielleicht ist jede Bestrafung immer auch unmenschlich in dem Sinne, dass der Mächtigere über den weniger Mächtigen per Strafe verfügt und also der weniger Mächtige zum Objekt degradiert wird.

Mir ist ehrlich gesagt unklar, was du mit den Begriffen "unmenschlich" oder "zum Objekt degradieren" meinst.

Okay, dann fangen wir auf der Ebene des Sprachverständnisses an. Ist dir im Prinzip klar, was es bedeutet, jemanden wie ein Objekt zu behandeln?
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step
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Beitrag(#1988988) Verfasst am: 07.03.2015, 21:39    Titel: Antworten mit Zitat

Chinasky hat folgendes geschrieben:
Vielleicht ist jede Bestrafung immer auch unmenschlich in dem Sinne, dass der Mächtigere über den weniger Mächtigen per Strafe verfügt und also der weniger Mächtige zum Objekt degradiert wird.

Ja, das sehe ich ebenso. Mit der Strafe wir der durch die Tat begangenen Unmenschlichkeit eine weitere hinzugefügt.

Chinasky hat folgendes geschrieben:
Da aber Gesellschaft ohne Sanktionen für Regelübertretungen nicht funktioniert, ...

Ich meine ja, daß Gesellschaft ohne Regelübertretungen ebenfalls nicht funktioniert.

Chinasky hat folgendes geschrieben:
... ist diese Unmenschlichkeit hinzunehmen und dennoch es gleichzeitig nötig, alle möglichen Vorkehrungen zu treffen, diese Unmenschlichkeit so gering wie möglich zu halten. Deswegen finde ich es ja auch gut, dass der Bundespräsident, als Symbol der Macht im Staate, sich nur per Gnade über das Gesetz, bzw. nach dem Gesetz gefällte Urteile hinwegsetzen kann - niemals aber, indem er die verhängte Strafe noch erhöht (wie es ja dem Herrscher in früheren Zeiten zustand).

Demnach sollte ja das Maß der dem Verurteilten durch die Bestrafung zugefügten Unmenschlichkeit das Kriterium für eine Begnadigung sein, oder?
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Chinasky
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Beitrag(#1989009) Verfasst am: 08.03.2015, 00:08    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:


Chinasky hat folgendes geschrieben:
Da aber Gesellschaft ohne Sanktionen für Regelübertretungen nicht funktioniert, ...

Ich meine ja, daß Gesellschaft ohne Regelübertretungen ebenfalls nicht funktioniert.


Stimmt! Sonst wäre ja keine Optimierung der Regeln denkbar. Da muß ich sofort zustimmen, obwohl ich den Gedanken als solchen noch nie ausdrücklich gedacht habe! Idee


step hat folgendes geschrieben:
Chinasky hat folgendes geschrieben:
... ist diese Unmenschlichkeit hinzunehmen und dennoch es gleichzeitig nötig, alle möglichen Vorkehrungen zu treffen, diese Unmenschlichkeit so gering wie möglich zu halten. Deswegen finde ich es ja auch gut, dass der Bundespräsident, als Symbol der Macht im Staate, sich nur per Gnade über das Gesetz, bzw. nach dem Gesetz gefällte Urteile hinwegsetzen kann - niemals aber, indem er die verhängte Strafe noch erhöht (wie es ja dem Herrscher in früheren Zeiten zustand).

Demnach sollte ja das Maß der dem Verurteilten durch die Bestrafung zugefügten Unmenschlichkeit das Kriterium für eine Begnadigung sein, oder?


Ich weiß es nicht. Mir fiele kein Kriterium ein, nach welchem das Maß der besagten Unmenschlichkeit bestimmt werden könnte. An der Stelle kann man m.E. nur noch hoffen, dass derjenige, der Gnade gewähren kann, richtig - im Sinne von gerecht - entscheidet. Das Risiko, dass er (oder sie) falsch entscheidet, muß wohl inkauf genommen werden, wenn man nicht die Möglichkeit von Gnadenentscheidungen komplett ausschließen will. Die Ausnahme von der Regel bis ins Kleinste regeln zu wollen, erscheint mir jedenfalls absurd.
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Chinasky
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Beitrag(#1989015) Verfasst am: 08.03.2015, 00:32    Titel: Antworten mit Zitat

funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben:
Mir ist ehrlich gesagt unklar, was du mit den Begriffen "unmenschlich" oder "zum Objekt degradieren" meinst.


Ich befürchte, Dir nicht in der gewünschten Klarheit Antwort darüber geben zu können.

funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben:

Ich sehe zwei Möglichkeiten:

a) Entweder bist du der Meinung, dass es eine vernünftige argumentative Begründung dafür gibt, dass die von dir beschriebene Handlung der Bestrafung "unmenschlich" ist. Dann solltest du diese Begründungsstruktur transparent machen, das würde mich doch sehr interessieren. Außerdem gäbe es dann immerhin die Möglichkeit in einer Gesellschaft ein Justizsystem zu errichten, welches nach wohlbegründeten Prinzipien organisiert ist, also nicht mehr "unmenschlich" ist.


Ich gerate hier an meine sprachlichen Grenzen und weiß gerade nicht, was eine transparente Begründungsstruktur sein mag. Als "unmenschlich" empfinde ich jede Situation, wo zwischen Menschen ein Machtgefälle herrscht und der Mächtigere dieses Gefälle nutzt, um in irgendeiner Weise über den weniger Mächtigen zu verfügen, ihn zu etwas zu zwingen, was er von sich aus nicht will. Das verstehe ich unter "jemanden zum Objekt degradieren".


funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben:

b) Oder das ist eine Emotion, die du aus dem Bauch heraus äußerst, weil mit einer Strafe Schmerzen verbunden sind und du das doof findest. In diesme Falle käme also in deiner Bewertung der Wunsch zum Ausdruck deinen Mitmenschen möglichst viel Leid zu ersparen. In diesem Falle - da wir es hier mit einer reinen Emotion zu tun haben - etwa dem Ausdruck von Mitgefühl und Verständnis - ist es völlig unklar, warum diese Emotion einer anderen Emotion überlegen sein soll - etwa der Rachsucht eines Vergewaltigungsopfers und seinem Wunsch den Täter möglichst grausame Schmerzen verspüren zu lassen.


Vermutlich hast Du Recht und ich habe keine gute argumentative Begründungsstruktur, um Dich oder andere davon zu überzeugen, dass es besser ist, einem Menschen viel Leid zu erspraren, als einen Täter möglichst grausame Schmerzen verspüren zu lassen.

funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben:

Erst eine argumentative Begründungsstruktur könnte die Überlegenheit deiner Sichtweise gegenüber der alternativen Sichtweise verdeutlichen. Das Erleben deiner bloßen Empfindung reicht hierzu nicht aus.


Ich möchte nicht die "Überlegenheit" meiner Sichtweise verdeutlichen. Der Wunsch eines Vergewaltigungsopfers nach Rache läßt sich meiner Ansicht nach nicht argumentativ aus dem Weg räumen. Nur durch die Erkenntnis "Tat tvam asi"* beim Blick auf den Täter wäre dies möglich.

Einer Gesellschaft gegenüber, die sich überwiegend aus Mitleidlosen zusammensetzt, kann ich nicht logisch beweisen, dass das Prinzip Mitleid vorzuziehen sei.






*in dem Sinne, in welchem Schopenhauer, der das Mitleid als Wurzel aller Moral versteht, dieses Prinzip interpretiert.
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Beitrag(#1989018) Verfasst am: 08.03.2015, 00:55    Titel: Antworten mit Zitat

Chinasky hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:


Chinasky hat folgendes geschrieben:
Da aber Gesellschaft ohne Sanktionen für Regelübertretungen nicht funktioniert, ...

Ich meine ja, daß Gesellschaft ohne Regelübertretungen ebenfalls nicht funktioniert.


Stimmt! Sonst wäre ja keine Optimierung der Regeln denkbar. Da muß ich sofort zustimmen, obwohl ich den Gedanken als solchen noch nie ausdrücklich gedacht habe! :idea:


step hat folgendes geschrieben:
Chinasky hat folgendes geschrieben:
... ist diese Unmenschlichkeit hinzunehmen und dennoch es gleichzeitig nötig, alle möglichen Vorkehrungen zu treffen, diese Unmenschlichkeit so gering wie möglich zu halten. Deswegen finde ich es ja auch gut, dass der Bundespräsident, als Symbol der Macht im Staate, sich nur per Gnade über das Gesetz, bzw. nach dem Gesetz gefällte Urteile hinwegsetzen kann - niemals aber, indem er die verhängte Strafe noch erhöht (wie es ja dem Herrscher in früheren Zeiten zustand).

Demnach sollte ja das Maß der dem Verurteilten durch die Bestrafung zugefügten Unmenschlichkeit das Kriterium für eine Begnadigung sein, oder?


Ich weiß es nicht. Mir fiele kein Kriterium ein, nach welchem das Maß der besagten Unmenschlichkeit bestimmt werden könnte. An der Stelle kann man m.E. nur noch hoffen, dass derjenige, der Gnade gewähren kann, richtig - im Sinne von gerecht - entscheidet. Das Risiko, dass er (oder sie) falsch entscheidet, muß wohl inkauf genommen werden, wenn man nicht die Möglichkeit von Gnadenentscheidungen komplett ausschließen will. Die Ausnahme von der Regel bis ins Kleinste regeln zu wollen, erscheint mir jedenfalls absurd.


Man kann eine Regel befürworten und zugleich den Verstoß gegen sie. Mir geht es beim Asylrecht so. Ich sehe ein, daß es Regelungen geben muss. Aber ich befürworte den konkreten Verstoß dagegen, wenn einem Menschen in Not, eigentlich gegen das Gesetz in Deutschland, der Aufenthalt ermöglicht wird.
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sehr gut
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Beitrag(#1989021) Verfasst am: 08.03.2015, 01:20    Titel: Antworten mit Zitat

Chinasky hat folgendes geschrieben:
Diejenigen Christen nun, welche immer wieder diesen Gnadenaspekt in ihrer Theologie hintanstellen oder komplett vergessen, sondern auf die strikte Einhaltung aller Regeln pochen, wird dann der Vorwurf der Gesetzlichkeit gemacht. Die heilstheologische Volte, die diesen Vorwurf begründet, nämlich dass zwar das Gesetz Mose weiterhin Geltung habe, aber durch Jesu Opfertod eben gleichzeitig schon erfüllt sei, ist zwar wie bei so vielen religiösen Konstrukten absurd, dennoch liegt unter dem ganzen theologischen Klimbim sowas wie eine Weisheit vergraben inform einer leisen Skepsis gegenüber der Legitimität sämtlicher Sanktionen gegenüber Regelübertretern.

Wenn man ein anderes Konzept zur Schaffung bzw Aufrechterhaltung von 'Leben' hat wie durch "Einhaltung von Regeln" heisst nicht das es keine Regeln gibt.

Wenn man auf anderem Weg zu Leben kommt wie durch ein beständiges Regelwerk hat das Regelwerk seinen Sinn verloren, heisst aber nicht das die Inhalte die hinter den Regeln stehen (sollten) obsolet sind.
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Chinasky
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Beitrag(#1989057) Verfasst am: 08.03.2015, 14:15    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:

Man kann eine Regel befürworten und zugleich den Verstoß gegen sie. Mir geht es beim Asylrecht so. Ich sehe ein, daß es Regelungen geben muss. Aber ich befürworte den konkreten Verstoß dagegen, wenn einem Menschen in Not, eigentlich gegen das Gesetz in Deutschland, der Aufenthalt ermöglicht wird.


Ja, sicherlich. Psychologisch und emotional nachvollziehbar.

Was hältst Du von der Anwendung dessen in folgender Weise: "Mir geht es beim Verbot von Folter so. Ich sehe ein, dass es Regelungen geben muß. Aber ich befürworte den konkreten Verstoß dagegen, wenn einem Menschen in Not, z.B. einem Entführungsopfer oder potentiellen Anschlagsopfer anders keine Hilfe zuteil kommen kann."
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funkeimdunkeln
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Anmeldungsdatum: 12.05.2014
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Beitrag(#1989064) Verfasst am: 08.03.2015, 15:16    Titel: Antworten mit Zitat

Chinasky hat folgendes geschrieben:
funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben:
Mir ist ehrlich gesagt unklar, was du mit den Begriffen "unmenschlich" oder "zum Objekt degradieren" meinst.


Ich befürchte, Dir nicht in der gewünschten Klarheit Antwort darüber geben zu können.


Das macht nichts. Mir reicht es, wenn ich besser verstehe, was du meinst. Es geht mir nicht darum dich argumentativ zu zerlegen, sondern ich bin einfach nur neugierig auf deine damit zusammenhängenden Assoziationen. Smilie

Zitat:

funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben:

a) Entweder bist du der Meinung, dass es eine vernünftige argumentative Begründung dafür gibt, dass die von dir beschriebene Handlung der Bestrafung "unmenschlich" ist. Dann solltest du diese Begründungsstruktur transparent machen, das würde mich doch sehr interessieren. Außerdem gäbe es dann immerhin die Möglichkeit in einer Gesellschaft ein Justizsystem zu errichten, welches nach wohlbegründeten Prinzipien organisiert ist, also nicht mehr "unmenschlich" ist.


Ich gerate hier an meine sprachlichen Grenzen und weiß gerade nicht, was eine transparente Begründungsstruktur sein mag. Als "unmenschlich" empfinde ich jede Situation, wo zwischen Menschen ein Machtgefälle herrscht und der Mächtigere dieses Gefälle nutzt, um in irgendeiner Weise über den weniger Mächtigen zu verfügen, ihn zu etwas zu zwingen, was er von sich aus nicht will. Das verstehe ich unter "jemanden zum Objekt degradieren".


Du verwendest das Wort "zwingen". Ich glaube, das ist der entscheidende Punkt, der dir Unbehagen vermeidet. Ich gehe von einem grundlegenden Recht auf Selbstbestimmung und Autonomie aus und betrachte deshalb auch jede Einschränkung dieses Rechtes mit großem Unbehagen.

Soweit stimmen wir überein! Smilie

Ich bin weiterhin der Meinung, dass wir eine vernunftbasierte Herangehensweise an dieses Problem brauchen. Denn wir stehen ja weiterhin vor der Frage, was für eine Gesellschaft wir wollen: Eine Anarchie, die auf jeden Zwang verzichtet? Einen Minimalstaat, der nur den allernotwendigsten Zwang ausübt? Oder einen Sozialismus, welcher Selbstbestimmung und Autonomie für esoterischen Quatsch hält und Zwang für gerechtfertigt hält, wenn er im Dienste der Wissenschaft steht?

Es gibt also nicht einfach nur "Zwang der Mächtigeren", es gibt diesen in unterschiedlichen Abstufungen Smilie Und deswegen bin ich neugierig, wie dein Empfinden diesbezüglich ist. Hättest du gerne lieber viel Zwang oder lieber wenig Zwang oder lieber gar keinen? Auf den Arm nehmen

Zitat:

Einer Gesellschaft gegenüber, die sich überwiegend aus Mitleidlosen zusammensetzt, kann ich nicht logisch beweisen, dass das Prinzip Mitleid vorzuziehen sei.

*in dem Sinne, in welchem Schopenhauer, der das Mitleid als Wurzel aller Moral versteht, dieses Prinzip interpretiert.


Du musst "der Gesellschaft" gar nichts beweisen. Hoffentlich ohne wieder zu pingelig zu erscheinen möchte ich doch darauf hinweisen, dass wir uns hier nicht einer Illusion überlassen dürfen. Es gibt nicht "die Gesellschaft". Es gibt auch nicht "das Volk". Darum ist auch die Demokratie als eine "Herrschaft durch das Volk" eine hanebüchene Illusion. Es gibt lediglich eine Ansammlung von Individuen. Manche davon sind voller Mitgefühl und manche davon sind wieder voller Rachsucht.

Die Frage ist nun, nach welchen Prinzipien soll das Zusammenleben dieser so unterschiedlichen Menschen mit so unterschiedlichen Empfindungen geregelt werden? Nach dem Mitleidsprinzip? Mach einem demokratischen Mehrheitsprinzip?

Mit freundlichem Gruß,
Mirko
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funkeimdunkeln
Bösmensch



Anmeldungsdatum: 12.05.2014
Beiträge: 878

Beitrag(#1989065) Verfasst am: 08.03.2015, 15:25    Titel: Antworten mit Zitat

sehr gut hat folgendes geschrieben:
Chinasky hat folgendes geschrieben:
Diejenigen Christen nun, welche immer wieder diesen Gnadenaspekt in ihrer Theologie hintanstellen oder komplett vergessen, sondern auf die strikte Einhaltung aller Regeln pochen, wird dann der Vorwurf der Gesetzlichkeit gemacht. Die heilstheologische Volte, die diesen Vorwurf begründet, nämlich dass zwar das Gesetz Mose weiterhin Geltung habe, aber durch Jesu Opfertod eben gleichzeitig schon erfüllt sei, ist zwar wie bei so vielen religiösen Konstrukten absurd, dennoch liegt unter dem ganzen theologischen Klimbim sowas wie eine Weisheit vergraben inform einer leisen Skepsis gegenüber der Legitimität sämtlicher Sanktionen gegenüber Regelübertretern.

Wenn man ein anderes Konzept zur Schaffung bzw Aufrechterhaltung von 'Leben' hat wie durch "Einhaltung von Regeln" heisst nicht das es keine Regeln gibt.

Wenn man auf anderem Weg zu Leben kommt wie durch ein beständiges Regelwerk hat das Regelwerk seinen Sinn verloren, heisst aber nicht das die Inhalte die hinter den Regeln stehen (sollten) obsolet sind.


Ich denke, dass wir es hier mit einem Prozess gesellschaftlicher Weiterentwicklung zu tun haben. Der Jesus hat halt gegen das bestehende Regelwerk gelästert und somit einen gesellschaftlichen Fortschritt bewirkt.

Und ich mache hier im Forum letzten Endes das Gleiche. Ich lästere gegen "Demokratie", gegen "political correctness", gegen den "Staat" und gegen "Religion". Und damit leiste ich meinen Beitrag zum gesellschaftlichen Fortschritt.

Hurra, ich bin wie Jesus!

Mirko
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funkeimdunkeln
Bösmensch



Anmeldungsdatum: 12.05.2014
Beiträge: 878

Beitrag(#1989068) Verfasst am: 08.03.2015, 15:34    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Chinasky hat folgendes geschrieben:
Vielleicht ist jede Bestrafung immer auch unmenschlich in dem Sinne, dass der Mächtigere über den weniger Mächtigen per Strafe verfügt und also der weniger Mächtige zum Objekt degradiert wird.

Ja, das sehe ich ebenso. Mit der Strafe wir der durch die Tat begangenen Unmenschlichkeit eine weitere hinzugefügt.


Mir ist noch eine Sache zu dem Aspekt der "Unmenschlichkeit" eingefallen. Das ist ja immer eine Empfindungssache. Es gibt nun eine Reihe von Empfindungen, die eine Bestrafung wieder als "menschlich" erscheinen lassen:

- Solidarität mit dem Opfer
- Unterstützung für das Opfer (bei einer Entschädigung durch den Täter)
- Trost für das Opfer durch Rache am Täter
- Gefühl von Sicherheit beim friedliebenden Bürger

Es geht mir jetzt nicht darum eine dieser Empfindungen gegenüber deiner Empfindung als überlegen darzustellen. Es geht mir darum die Individualität menschlichem Empfindens zu verdeutlichen.

Mirko
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zelig
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Anmeldungsdatum: 31.03.2004
Beiträge: 25404

Beitrag(#1989077) Verfasst am: 08.03.2015, 16:49    Titel: Antworten mit Zitat

Chinasky hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:

Man kann eine Regel befürworten und zugleich den Verstoß gegen sie. Mir geht es beim Asylrecht so. Ich sehe ein, daß es Regelungen geben muss. Aber ich befürworte den konkreten Verstoß dagegen, wenn einem Menschen in Not, eigentlich gegen das Gesetz in Deutschland, der Aufenthalt ermöglicht wird.


Ja, sicherlich. Psychologisch und emotional nachvollziehbar.

Was hältst Du von der Anwendung dessen in folgender Weise: "Mir geht es beim Verbot von Folter so. Ich sehe ein, dass es Regelungen geben muß. Aber ich befürworte den konkreten Verstoß dagegen, wenn einem Menschen in Not, z.B. einem Entführungsopfer oder potentiellen Anschlagsopfer anders keine Hilfe zuteil kommen kann."


Das ist ein ähnlich gelagerter Fall, mit weiteren Verästelungen. Der Aussage stimme ich nicht zu, da sie das Zufügen von Leid in jedem Fall befürwortet. Ich würde aber einer Aussage zustimmen, die ungefähr so lautet:

Folter soll strikt verboten sein. Es kann Szenarien geben, in denen der konkrete Verstoß gegen das Folterverbot nachvollziehbar erscheint. Doch müsste der Staat diese Handlung sanktionieren. Denn Folter darf nicht Mittel des Staates sein. Und ein geduldeter Verstoß gegen das Verbot zöge die Berufung auf die Duldung nach sich.

Aus diesem Dilemma (Gäfgen-Fall) sehe ich keinen Ausweg.
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Waldmeister
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Anmeldungsdatum: 28.06.2014
Beiträge: 449

Beitrag(#1989088) Verfasst am: 08.03.2015, 18:57    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Du musst "der Gesellschaft" gar nichts beweisen. Hoffentlich ohne wieder zu pingelig zu erscheinen möchte ich doch darauf hinweisen, dass wir uns hier nicht einer Illusion überlassen dürfen. Es gibt nicht "die Gesellschaft". Es gibt auch nicht "das Volk". Darum ist auch die Demokratie als eine "Herrschaft durch das Volk" eine hanebüchene Illusion. Es gibt lediglich eine Ansammlung von Individuen. Manche davon sind voller Mitgefühl und manche davon sind wieder voller Rachsucht.

Die Frage ist nun, nach welchen Prinzipien soll das Zusammenleben dieser so unterschiedlichen Menschen mit so unterschiedlichen Empfindungen geregelt werden? Nach dem Mitleidsprinzip? Mach einem demokratischen Mehrheitsprinzip?


Es geht nur um die Gesellschaft. es geht nur darum, wie die Menge an Individuen sich innerhalb der Gesellschaft einfinden. das ist die res publica, die zählt. Da haben Begriffe wie Empfindungen, Autonomie etc. keinen Platz zur Definition dessen selbst. Das wird erst eine Bedeutung haben, wenn die Empfindung sich in eine sachliche Forderung im Rahmen dessen, was die Politik in der causa res publica macht, entwickelt hat.

Vorher ist alles nur Balleyhoo, wie trefflich meist zu sehen.
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funkeimdunkeln
Bösmensch



Anmeldungsdatum: 12.05.2014
Beiträge: 878

Beitrag(#1989097) Verfasst am: 08.03.2015, 20:22    Titel: Antworten mit Zitat

Waldmeister hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Du musst "der Gesellschaft" gar nichts beweisen. Hoffentlich ohne wieder zu pingelig zu erscheinen möchte ich doch darauf hinweisen, dass wir uns hier nicht einer Illusion überlassen dürfen. Es gibt nicht "die Gesellschaft". Es gibt auch nicht "das Volk". Darum ist auch die Demokratie als eine "Herrschaft durch das Volk" eine hanebüchene Illusion. Es gibt lediglich eine Ansammlung von Individuen. Manche davon sind voller Mitgefühl und manche davon sind wieder voller Rachsucht.

Die Frage ist nun, nach welchen Prinzipien soll das Zusammenleben dieser so unterschiedlichen Menschen mit so unterschiedlichen Empfindungen geregelt werden? Nach dem Mitleidsprinzip? Mach einem demokratischen Mehrheitsprinzip?


Es geht nur um die Gesellschaft. es geht nur darum, wie die Menge an Individuen sich innerhalb der Gesellschaft einfinden. das ist die res publica, die zählt. Da haben Begriffe wie Empfindungen, Autonomie etc. keinen Platz zur Definition dessen selbst. Das wird erst eine Bedeutung haben, wenn die Empfindung sich in eine sachliche Forderung im Rahmen dessen, was die Politik in der causa res publica macht, entwickelt hat.

Vorher ist alles nur Balleyhoo, wie trefflich meist zu sehen.


Nochmals: "Gesellschaft" ist ein abstraktes Konstrukt und es ist erst einmal nicht klar, was damit gemeint ist: Der Staat? Die Firma oder die Schule, in der ich arbeite? Alle Menschen in NRW? In Deutschland? Auf der Welt?

Wohl aber gehe ich Beziehungen mit meinen Mitmenschen ein. Und wenn es die Lebensumstände so wollen, dann treffe ich einen Vater, dessen Sohn von einem Pädophilen ermordet worden ist und der nun großen Rachsucht verspürt - tja, was sage ich ihm dann? "Meine humanistischen Ideale sind so toll, die zählen mehr als dein Wunsch nach Rache - tja, da hast du Pech gehabt?"

Solche Menschen gibt es empirisch betrachtet. Die empirische Existenz von Menschen mit unterschiedlichen Empfindungen schafft großes Konfliktpotential. Ich rede also nicht von einer abstrakten Entität, sondern von realen Menschen und fragen nun, was wir tun können (oder was wir faktisch tun und ob das eine zufriedenstellende Lösung ist), damit es trotz der Unterschiedlichkeit der Weltanschauungen möglichst wenige Konflikte gibt.

Mit freundlichem Gruß,
Mirko
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Waldmeister
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Anmeldungsdatum: 28.06.2014
Beiträge: 449

Beitrag(#1989101) Verfasst am: 08.03.2015, 20:29    Titel: Antworten mit Zitat

funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben:
Waldmeister hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Du musst "der Gesellschaft" gar nichts beweisen. Hoffentlich ohne wieder zu pingelig zu erscheinen möchte ich doch darauf hinweisen, dass wir uns hier nicht einer Illusion überlassen dürfen. Es gibt nicht "die Gesellschaft". Es gibt auch nicht "das Volk". Darum ist auch die Demokratie als eine "Herrschaft durch das Volk" eine hanebüchene Illusion. Es gibt lediglich eine Ansammlung von Individuen. Manche davon sind voller Mitgefühl und manche davon sind wieder voller Rachsucht.

Die Frage ist nun, nach welchen Prinzipien soll das Zusammenleben dieser so unterschiedlichen Menschen mit so unterschiedlichen Empfindungen geregelt werden? Nach dem Mitleidsprinzip? Mach einem demokratischen Mehrheitsprinzip?


Es geht nur um die Gesellschaft. es geht nur darum, wie die Menge an Individuen sich innerhalb der Gesellschaft einfinden. das ist die res publica, die zählt. Da haben Begriffe wie Empfindungen, Autonomie etc. keinen Platz zur Definition dessen selbst. Das wird erst eine Bedeutung haben, wenn die Empfindung sich in eine sachliche Forderung im Rahmen dessen, was die Politik in der causa res publica macht, entwickelt hat.

Vorher ist alles nur Balleyhoo, wie trefflich meist zu sehen.


Nochmals: "Gesellschaft" ist ein abstraktes Konstrukt und es ist erst einmal nicht klar, was damit gemeint ist: Der Staat? Die Firma oder die Schule, in der ich arbeite? Alle Menschen in NRW? In Deutschland? Auf der Welt?

Wohl aber gehe ich Beziehungen mit meinen Mitmenschen ein. Und wenn es die Lebensumstände so wollen, dann treffe ich einen Vater, dessen Sohn von einem Pädophilen ermordet worden ist und der nun großen Rachsucht verspürt - tja, was sage ich ihm dann? "Meine humanistischen Ideale sind so toll, die zählen mehr als dein Wunsch nach Rache - tja, da hast du Pech gehabt?"

Solche Menschen gibt es empirisch betrachtet. Die empirische Existenz von Menschen mit unterschiedlichen Empfindungen schafft großes Konfliktpotential. Ich rede also nicht von einer abstrakten Entität, sondern von realen Menschen und fragen nun, was wir tun können (oder was wir faktisch tun und ob das eine zufriedenstellende Lösung ist), damit es trotz der Unterschiedlichkeit der Weltanschauungen möglichst wenige Konflikte gibt.

Mit freundlichem Gruß,
Mirko


Hoffentlich nichts in deinem Sinne.

Nur der gut ausgeformte Konflikt bringt das, was etwas bringt. Also forme den Konflikt (http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/konflikt.html) und nicht so was wie die Eierpampe, die nach meiner Einschätzung deine Ausrichtung ist.
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