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Gewalt in der Bibel - Diskussion
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44148

Beitrag(#2299754) Verfasst am: 08.09.2023, 16:46    Titel: Re: Kain und Abel - welchen Sinn hat das? Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Die Jungs zeugten ja nicht im Sterbejahr, sondern erheblich früher. Man darf also nicht die Sterbealter aus der Liste addieren

Hab ich ja auch nicht gemacht. Sonst wäre ich nicht auf 3000 gekommen, sondern auf 6695. Ja gut, mit deinen Zahlen bleibt man wohl unter 1000. Man muss dann aber auch annehmen, dass diese acht Generationen alle gleichzeitig lebten. Ja gut, wird wohl rein mathematisch schon so funktionieren. Schulterzucken
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tillich (epigonal)
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Anmeldungsdatum: 12.04.2006
Beiträge: 21801

Beitrag(#2299755) Verfasst am: 08.09.2023, 16:50    Titel: Re: Kain und Abel - welchen Sinn hat das? Antworten mit Zitat

wolle hat folgendes geschrieben:
Ich will kein Bibelfundamentalist sein, ...

Du argumentierst aber wie einer, wenn du persistent darauf bestehst, die Bibel müsse als das unmittelbare und wahre Wort Gottes verstanden werden.

wolle hat folgendes geschrieben:
..., sondern die Bibel zitiere ich im Gegenteil deshalb, um den Unsinn der Bibel heraus zu arbeiten.

Das gelingt dir aber nicht, sondern du behauptest das nur.
Du zeigst dagegen nur den Unsinn deiner Interpretation der Bibel.
Das ist bestenfalls (nicht in der Mehrzahl der Fälle!) der Unsinn einer fundamentalistischen Bibelinterpretation, die aber zB mich (und die überwiegende Mehrheit moderner deutscher Theologen) überhaupt nicht interessiert.
Meistens aber ist es ein von dir allein ausgedachter Unfug, nämlich eine "Interpretation", die diesen Namen nicht verdient, weil sie am Text überprüft einfach falsch ist.
Kurz: Du zeigst meistens bloß die Absurdität von Strohmännern.

wolle hat folgendes geschrieben:
Nun beanspruchen Grimms Märchen ja nicht, dass die Aussagen des Bösen Wolfs die Meinung der Herausgeber Gebrüder Grimm vertreten.
Grimms Märchen waren als eine Sammlung von volkstümlichen Geschichten und (politischen) Parabeln gedacht.
Die Bibel hat einen anderen Status als Wort Gottes, obwohl diverse Autoren dahinter stecken.

Auch die Bibel beansprucht nicht, dass die Aussagen von Personen darin identisch mit Aussagen Gottes wären. Nicht einmal im fundamentalistischen Verständnis. Das ist völlig unabhängig vom Status, den man der Bibel zuschreibt.

wolle hat folgendes geschrieben:
In Gen 4 wird Methusael als Vater von Lamech (777 Jahre alt) genannt.

In Gen4 wird gar kein Alter angegeben.

wolle hat folgendes geschrieben:
Es kann einer ungenauen Transkribierung geschuldet sein, ...
Methusael/ Methusalah wurde ins Deutsche häufig als Methusalem transkribiert, auch wurde er sprichwörtlich wegen seines Alters.

Nein, kann es nicht. Auch das könnte man prüfen, bevor man es einfach behauptet. Die Namen des jeweiligen Vaters sind im hebräischen Urtext unterschiedlich, im Gegenteil sind es vereinzelte Übersetzungen (ich habe es für die altgriechische Septuaginta gefunden), die die beiden Namen gleich transkribieren. Außerdem sind ja auch alle anderen Vorfahren bis zu Kain bzw. Seth unterschiedlich und sogar deren Zahl.

wolle hat folgendes geschrieben:
Es kann einer ungenauen Transkribierung geschuldet sein, obwohl in Gen 4 und Gen 5 unterschiedliche Kinder von Lamech genannt werden. [...]
In Gen 4 werden noch 4 Kinder Lamechs genannt (Jabal, Jubal, Thubalkain, Naema), während in Gen 5 nur Noah aufgeführt wird, der wiederum drei Kinder hatte (Sem, Ham, Japhet).

Danke für die Argumentationshilfe - die unterschiedlichen Kinder sind natürlich ein weiterer Hinweis darauf, dass es sich bei den beiden Lamechs aus Gen4 und 5 um zwei verschiedene Figuren handelt, bei denen man nicht einfach Informationen aus dem einen Text auch dem anderen zuschreiben darf.

wolle hat folgendes geschrieben:
Wie dem auch sei, ich hatte ja bereits angeführt, dass ein Schutz Gottes für Lamech dadurch abgeleitet werden kann, dass er eine Stadt gründete, zwei Frauen und vier erfolgreiche Nachkommen hatte.

"Abgeleitet" aber nur in der Bedeutung "frei erfunden".
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(Death / Susan, in: Pratchett, Hogfather)
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44148

Beitrag(#2299756) Verfasst am: 08.09.2023, 16:53    Titel: Re: Freiheit Antworten mit Zitat

Schneegestürm hat folgendes geschrieben:
Um zu einer solchen Aussage kommen zu können, müsste ich erst einmal die Bibel verstehen

Dein "Verstehen" hast du u. A. hier zur Genüge demonstriert, wo du meintest, von einer phonetischen Ähnlichkeit im Deutschen auf eine etymologische Verwandtschaft im Hebräischen schließen zu können. Du bist wirklich der Letzte hier, der es sich leisten kann, anderen von der Notwendigkeit eines Verstehens zu predigen.

Schneegestürm hat folgendes geschrieben:
Ich führe über Kain und Abel fort:
Kain ist ein Repräsentant einer vorherigen und quasi gestorbenen Zeit, lebt aber in der neuen. Es ist etwa so, wie wenn jemand nach den 80ern noch mit dieser für sie typische Kleidung, Frisur und Denkweise herumliefe. Dieser wäre naiv wie in der vergangenen Zeit stehen geblieben. So etwa ließe sich Kain sehen. Abel hingegen ist der Repräsentant der neuen Zeit.

Es gibt ein Bild von Klee, das Angelus Novus heißt. Ein Engel ist darauf dargestellt, der aussieht, als wäre er im Begriff, sich von etwas zu entfernen, worauf er starrt. Seine Augen sind aufgerissen, sein Mund steht offen und seine Flügel sind ausgespannt. Der Engel der Geschichte muß so aussehen. Er hat das Antlitz der Vergangenheit zugewendet. Wo eine Kette von Begebenheiten vor uns erscheint, da sieht er eine einzige Katastrophe, die unablässig Trümmer auf Trümmer häuft und sie ihm vor die Füße schleudert. Er möchte wohl verweilen, die Toten wecken und das Zerschlagene zusammenfügen. Aber ein Sturm weht vom Paradiese her, der sich in seinen Flügeln verfangen hat und so stark ist, daß der Engel sie nicht mehr schließen kann. Dieser Sturm treibt ihn unaufhaltsam in die Zukunft, der er den Rücken kehrt, während der Trümmerhaufen vor ihm zum Himmel wächst. Das, was wir den Fortschritt nennen, ist dieser Sturm.

Walter Benjamin, IX. These zum Begriff der Geschichte. Kann man gar nicht oft genug zitieren.


Link repariert. -jdf
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Schneegestürm
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Beiträge: 156

Beitrag(#2299776) Verfasst am: 09.09.2023, 12:56    Titel: Von Mutter Natura über Sündenfall bis Kain und Abel Antworten mit Zitat

vrolijke hat folgendes geschrieben:

Dein Gott drückt sich reichlich verschwommen aus.


Wie oder wo müsste denn anfangen werden, damit es nicht verschwommen ist?





vrolijke hat folgendes geschrieben:

... dass er, deine Meinung nach, nur von eine wirklich sehr kleine Minderheit verstanden wird.


Das ist nicht meine Meinung, das kommt eher von der Kirche.

Gott findet sich in der Tiefe der Seele eines ausnahmslos jeden Menschen!





vrolijke hat folgendes geschrieben:

... dass er, deine Meinung nach, nur von eine wirklich sehr kleine Minderheit verstanden wird. Was ich in Anbetracht, dass er für alle Menschen da sein soll, äußerst unlogisch ist.


So tut die Kirche und ihre Gläubigen gehorchen ihr in einer kindlich-naiven Weise. Die Kirche ist an vielen Stellen des Alten Testaments noch hängen geblieben wie an dieser.

Allerdings steckt darin ein Stückchen Wahrheit, die tief in uns als eine längst vergangene Erinnerung steckt. Es wird damit eine Ära angesprochen, die noch vor dem Sündenfall gewesen ist. Der Mythos erzählt von der Göttin Natura, als der Mensch noch ohne sein Zutun an den Brüsten der Natur mit Milch ernährt wurde, ähnlich wie heute ein Säugling an den Brüsten seiner Mutter.
So unschuldig, wie es der damalige Mensch gewesen ist, der uns heute im Säugling ein Bild ist, will die Kirche ihre Gläubigen sehen, ohne zu berücksichtigen, dass der Mensch sich weiterentwickelt hat (wovon das Alte Testament z.B. bei Hiob berichtet), was ich im Folgenden für diese Ära kurz darstelle. Sie lässt sich in drei Teile gliedern: Zuerst Mutter Natura, dann der Sündenfall und schließlich Kain. Kain ist der Letzte dieser Ära, aber wird in der neuen des Abel als Erster hineingeboren, dann erst wird Abel geboren, es entstehen Zwistigkeiten.
Der Mensch wird in Form des Kain‘ nicht mehr passiv ernährt, sondern muss durch Folgen des Sündenfalls für seine Ernährung als Ackerbauer nun selber sorgen. Kain ist der letzte Vertreter dieser Ära der Unschuld und der Selbsternährung, dem damit aber noch Zutritt gewährt wird für die neue des Abel‘, die die der Erkenntnis von Gut und Böse ist.
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wolle
Anti-Theist und Welt-Verbesserer



Anmeldungsdatum: 23.03.2015
Beiträge: 3909

Beitrag(#2299779) Verfasst am: 09.09.2023, 15:19    Titel: Re: Kain und Abel - welchen Sinn hat das? Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
wolle hat folgendes geschrieben:
Ich will kein Bibelfundamentalist sein, ...

Du argumentierst aber wie einer, wenn du persistent darauf bestehst, die Bibel müsse als das unmittelbare und wahre Wort Gottes verstanden werden.

wolle hat folgendes geschrieben:
..., sondern die Bibel zitiere ich im Gegenteil deshalb, um den Unsinn der Bibel heraus zu arbeiten.

Das gelingt dir aber nicht, sondern du behauptest das nur.
Du zeigst dagegen nur den Unsinn deiner Interpretation der Bibel.
Das ist bestenfalls (nicht in der Mehrzahl der Fälle!) der Unsinn einer fundamentalistischen Bibelinterpretation, die aber zB mich (und die überwiegende Mehrheit moderner deutscher Theologen) überhaupt nicht interessiert.
Meistens aber ist es ein von dir allein ausgedachter Unfug, nämlich eine "Interpretation", die diesen Namen nicht verdient, weil sie am Text überprüft einfach falsch ist.
Kurz: Du zeigst meistens bloß die Absurdität von Strohmännern.

wolle hat folgendes geschrieben:
Nun beanspruchen Grimms Märchen ja nicht, dass die Aussagen des Bösen Wolfs die Meinung der Herausgeber Gebrüder Grimm vertreten.
Grimms Märchen waren als eine Sammlung von volkstümlichen Geschichten und (politischen) Parabeln gedacht.
Die Bibel hat einen anderen Status als Wort Gottes, obwohl diverse Autoren dahinter stecken.

Auch die Bibel beansprucht nicht, dass die Aussagen von Personen darin identisch mit Aussagen Gottes wären. Nicht einmal im fundamentalistischen Verständnis. Das ist völlig unabhängig vom Status, den man der Bibel zuschreibt.

wolle hat folgendes geschrieben:
In Gen 4 wird Methusael als Vater von Lamech (777 Jahre alt) genannt.

In Gen4 wird gar kein Alter angegeben.

wolle hat folgendes geschrieben:
Es kann einer ungenauen Transkribierung geschuldet sein, ...
Methusael/ Methusalah wurde ins Deutsche häufig als Methusalem transkribiert, auch wurde er sprichwörtlich wegen seines Alters.

Nein, kann es nicht. Auch das könnte man prüfen, bevor man es einfach behauptet. Die Namen des jeweiligen Vaters sind im hebräischen Urtext unterschiedlich, im Gegenteil sind es vereinzelte Übersetzungen (ich habe es für die altgriechische Septuaginta gefunden), die die beiden Namen gleich transkribieren. Außerdem sind ja auch alle anderen Vorfahren bis zu Kain bzw. Seth unterschiedlich und sogar deren Zahl.

wolle hat folgendes geschrieben:
Es kann einer ungenauen Transkribierung geschuldet sein, obwohl in Gen 4 und Gen 5 unterschiedliche Kinder von Lamech genannt werden. [...]
In Gen 4 werden noch 4 Kinder Lamechs genannt (Jabal, Jubal, Thubalkain, Naema), während in Gen 5 nur Noah aufgeführt wird, der wiederum drei Kinder hatte (Sem, Ham, Japhet).

Danke für die Argumentationshilfe - die unterschiedlichen Kinder sind natürlich ein weiterer Hinweis darauf, dass es sich bei den beiden Lamechs aus Gen4 und 5 um zwei verschiedene Figuren handelt, bei denen man nicht einfach Informationen aus dem einen Text auch dem anderen zuschreiben darf.

wolle hat folgendes geschrieben:
Wie dem auch sei, ich hatte ja bereits angeführt, dass ein Schutz Gottes für Lamech dadurch abgeleitet werden kann, dass er eine Stadt gründete, zwei Frauen und vier erfolgreiche Nachkommen hatte.

"Abgeleitet" aber nur in der Bedeutung "frei erfunden".


Dann nehmen wir doch mal die gute alte Wiki zu Hilfe:
https://de.wikipedia.org/wiki/Lamech#Historisch-kritische_Auslegung schrieb:
Zitat:
Es wird angenommen, dass es sich bei den Erwähnungen Lamechs in Gen 4 und 5 um dieselbe Person handelt, die nur unterschiedlich genealogisch eingeordnet wird. Dabei wird Gen 4 der nichtpriesterschriftlichen Überlieferung und Gen 5 der Priesterschrift zugerechnet.


https://de.wikipedia.org/wiki/Lamech#Genesis_4 schrieb:
Zitat:
Darauf machte der Herr dem Kain ein Zeichen, damit ihn keiner erschlage, der ihn findet.“ Es preist also anscheinend die exzessive Praxis der Blutrache eines Clans, der sich auf Kain, den ersten Menschenmörder, zurückführte.


Und weiter:
Zitat:
In der rabbinischen Literatur wird das Lied mit der Erfindung des Schwertes durch den Schmied Tubal-Kain in Verbindung gebracht, daher wird es auch „Schwertlied“ genannt.

Das "Lied" ist das vorher erwähnte Zitat von Lamech:

Zitat:
„Ada und Zilla, hört auf meine Stimme, ihr Frauen Lamechs, lauscht meiner Rede! Ja, einen Mann erschlage ich für eine Wunde, und einen Knaben für eine Strieme. Wird Kain siebenfach gerächt, dann Lamech siebenundsiebzigfach.“


Also die Rabbinische Literatur unterstützt auch meine These, dass es sich bei dem Lamech aus Gen 4 und Gen 5 um die gleiche Person handelt.
Warum sollte die Bibel auch von einem Kapitel auf das Andere zwei verschiedene Lamechs aufführen?

Gott unterstützt hier also noch die Blutrache.
Und zudem unterstützt Gott interessanter Weise die Polygamie, da Lamech mit seinen zwei Frauen offenbar fünf Kinder zeugt, die allesamt erfolgreich werden.

Es ist also späteren Interpretationen der Kirche zuzuschreiben, dass die Monogamie gepredigt wird.
_________________
72. Generalversammlung der Vereinten Nationen, Presse-Mitteilung
http://www.un.org/en/ga/72/presskit/pdf/full_kit72_en.pdf
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Schneegestürm
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Beiträge: 156

Beitrag(#2299794) Verfasst am: 10.09.2023, 13:59    Titel: Im Neuen das Alte Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:

Schneegestürm hat folgendes geschrieben:
Ich führe über Kain und Abel fort:
Kain ist ein Repräsentant einer vorherigen und quasi gestorbenen Zeit, lebt aber in der neuen. Es ist etwa so, wie wenn jemand nach den 80ern noch mit dieser für sie typische Kleidung, Frisur und Denkweise herumliefe. Dieser wäre naiv wie in der vergangenen Zeit stehen geblieben. So etwa ließe sich Kain sehen. Abel hingegen ist der Repräsentant der neuen Zeit.

Es gibt ein Bild von Klee, das Angelus Novus heißt. Ein Engel ist darauf dargestellt, der aussieht, als wäre er im Begriff, sich von etwas zu entfernen, worauf er starrt. Seine Augen sind aufgerissen, sein Mund steht offen und seine Flügel sind ausgespannt. Der Engel der Geschichte muß so aussehen. Er hat das Antlitz der Vergangenheit zugewendet. Wo eine Kette von Begebenheiten vor uns erscheint, da sieht er eine einzige Katastrophe, die unablässig Trümmer auf Trümmer häuft und sie ihm vor die Füße schleudert. Er möchte wohl verweilen, die Toten wecken und das Zerschlagene zusammenfügen. Aber ein Sturm weht vom Paradiese her, der sich in seinen Flügeln verfangen hat und so stark ist, daß der Engel sie nicht mehr schließen kann. Dieser Sturm treibt ihn unaufhaltsam in die Zukunft, der er den Rücken kehrt, während der Trümmerhaufen vor ihm zum Himmel wächst. Das, was wir den Fortschritt nennen, ist dieser Sturm.

Walter Benjamin, IX. These zum Begriff der Geschichte. ...


"Der Engel der Geschichte", wie der "Angelus Novus" auch genannt wird, scheint mir beim flüchtigen Lesen doch zu sehr die Vergangenheit hinter sich lassen zu wollen, ohne sie als Schatz der Erfahrung für die Zukunft mitzunehmen. Menschen machen diese abschätzige Geste in ähnlichen Situationen bereits im Alltag, wobei dieser Blick nur mit den Augen zur Seite ohne Bewegung des Kopfes wie von selbst geschieht, während sie nach vorne gehen.
In dem Mythos von Kain und Abel wird die durch den Sündenfall an sich verlorene paradiesische Vergangenheit des Menschen durch Kain als Repräsentant dieser Zeit in die neue des Abel' ein Stück hineingetragen. Was hier geschieht, kennt Ähnliches jeder aus seiner eigenen Erfahrung, etwa so, wenn ein Zweitklässer formal in die dritte Klasse kommt, aber die Kenntnisse des zweiten Schuljahres dabei nicht verloren, sondern Grundlage für das nächste Schuljahr sind. Was bei Kain und Abel wirkt, kann der Angelus Novum wohl nicht, er ist der Fatalist, der mit dem Vergangenen nichts mehr zu tun haben will. Dass Kain in die Welt des Abel hineingeboren wird, ist nur teils mit dem Kind vergleichbar, das ins nächste Schuljahr kommt, denn es muss die unterschiedliche Besonderheit des Charakters der beiden Ären Paradies/Sündenfall und Welt der Erkenntnis von Gut und Böse näher betrachtet werden.

siehe auch: https://www.deutschlandfunk.de/walter-benjamins-engel-der-geschichte-ein-sturm-weht-vom-100.html
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Tarvoc
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Beiträge: 44148

Beitrag(#2299806) Verfasst am: 11.09.2023, 00:26    Titel: Antworten mit Zitat

Bei solch aufmerksamen, textnahen und scharfsinnigen Exegesen wundert mich gar nichts mehr. Mit den Augen rollen
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Schneegestürm
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Anmeldungsdatum: 21.02.2023
Beiträge: 156

Beitrag(#2299873) Verfasst am: 13.09.2023, 12:52    Titel: Re: Kain unschuldig wie ein Kind Antworten mit Zitat

wolle hat folgendes geschrieben:

https://de.wikipedia.org/wiki/Lamech#Genesis_4 schrieb:
Zitat:
Darauf machte der Herr dem Kain ein Zeichen, damit ihn keiner erschlage, der ihn findet.“ Es preist also anscheinend die exzessive Praxis der Blutrache eines Clans, der sich auf Kain, den ersten Menschenmörder, zurückführte.


Kain stammt repräsentativ aus der paradiesischen Zeit und wird in die gegenwärtige des Abel hineingeboren, die die der Folgen des Sündenfalls ist. Kain ist vergleichbar wie ein kleines Kind heute, das noch wie paradiesisch unschuldig ist. Es wird wie Kain in eine Zeit hineingeboren, die Gut und Böse und damit Schuld sowie Verantwortung kennt, aber das Kind kennt es nicht. Es kann zwar schlechte Taten tun, ist aber wie Kain dafür nicht verantwortlich.

quote-Tag ergänzt. vrolijke
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Beiträge: 21801

Beitrag(#2299878) Verfasst am: 13.09.2023, 18:43    Titel: Re: Kain und Abel - welchen Sinn hat das? Antworten mit Zitat

wolle hat folgendes geschrieben:
Also die Rabbinische Literatur unterstützt auch meine These, dass es sich bei dem Lamech aus Gen 4 und Gen 5 um die gleiche Person handelt.

Nein, das sagt nicht die rabbinische Literatur, sondern - laut deinem eigenen Zitat aus dem Wikipedia-Artikel - "die historisch-kritische Auslegung".
Recht zweifelhaft wird die Aussage, dass es sich um dieselbe Person handle, wenn sie anfügen muss, dass diese "nur unterschiedlich genealogisch eingeordnet" - da die genealogische Einordnung und eine darauf bezogene Prophezeiung in Gen 5 das einzige ist, was über die Person gesagt wird, sodass das "nur" in diesem Fall eher albern ist.
Kurz: Die Informationen über Lamech in Gen 4 und 5 stimmen in keinem einzigen Punkt überein, widersprechen sich aber klar in der Genealogie, die aber nun mal das das wesentliche Thema von Kap. 5 ist. Es ist schon etwas überraschend, dass die historisch-kritische Auslegung dennoch - angeblich! - zu dem Schluss kommt, es hndle sich um dieselbe Person. Ich würde ja gerne wissen, wer genau das sagt und mit welcher Begründung.
Leider gibt der Artikel dafür aber nicht einmal eine Quelle an, sodass ich das nicht nachprüfen kann. Die englische Wikipedia-Artikel sieht die Lamechs in Gen 4 und 5 dagegen eindeutig als verschiedene Personen an, weswegen sie auch zwei Artikel dazu hat.

Jedenfalls: Auf der Textoberfläche des Bibeltexts sind es - mit o.g. Gründen - sind es zwei verschiedene Texte mit zwei unterschiedlichen Personen. Es könnte allerdings immerhin sein - diese Theorie lese ich in der engl. WP - dass es irgendwo in der literargeschichtlichen Vorgeschichte der beiden Texte dieselbe überlieferte Genealogie verwendet und dann verändert wurde. Aber auch dann wäre eben der zugrundegelegte Text so stark verändert worden, dass ich den einen nicht mehr zur Deutung des anderen heranziehgen kann, wie du es möchtest.
(Vergleich: Ich kann die Völuspa nicht benutzen, um Dwalin im Hobbit zu beschreiben; und in diesem Fall weiß man sogar, dass der Name dorther genommen wurde.)

wolle hat folgendes geschrieben:
Warum sollte die Bibel auch von einem Kapitel auf das Andere zwei verschiedene Lamechs aufführen?

Warum nicht? Es gibt massenhaft Namensdopplungen. Guck mal, wie viele Adajas es gibt ...
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_biblischer_Personen/A

wolle hat folgendes geschrieben:
Gott unterstützt hier also noch die Blutrache.

Lamech, der im Text die Aussage macht, ist immer noch nicht Gott - weder Gott als Figur in der Bibel noch Gott als - nach fundamentalistischer Auslegung - unmittelbarer Autor der Bibel. Es ist mir schleierhaft, wie man über diesen simpelsten Grundsatz des Textverständnisses (Figur =/= Autor) sogar nach mehrfachen Hinweisen einfach hinweggehen kann.

wolle hat folgendes geschrieben:
Und zudem unterstützt Gott interessanter Weise die Polygamie, da Lamech mit seinen zwei Frauen offenbar fünf Kinder zeugt, die allesamt erfolgreich werden.
Es ist also späteren Interpretationen der Kirche zuzuschreiben, dass die Monogamie gepredigt wird.

Na, jetzt hast du aber was revolutionär Neues entdeckt: In der Bibel gibt es Polygamie, während die Kirche sie verbietet.
Wenn das mal nicht die Kirche in ihren Grundfesten erschüttert.
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Anmeldungsdatum: 12.04.2006
Beiträge: 21801

Beitrag(#2299879) Verfasst am: 13.09.2023, 18:47    Titel: Re: Kain unschuldig wie ein Kind Antworten mit Zitat

Schneegestürm hat folgendes geschrieben:
wolle hat folgendes geschrieben:

https://de.wikipedia.org/wiki/Lamech#Genesis_4 schrieb:
Zitat:
Darauf machte der Herr dem Kain ein Zeichen, damit ihn keiner erschlage, der ihn findet.“ Es preist also anscheinend die exzessive Praxis der Blutrache eines Clans, der sich auf Kain, den ersten Menschenmörder, zurückführte.


Kain stammt repräsentativ aus der paradiesischen Zeit und wird in die gegenwärtige des Abel hineingeboren, die die der Folgen des Sündenfalls ist. Kain ist vergleichbar wie ein kleines Kind heute, das noch wie paradiesisch unschuldig ist. Es wird wie Kain in eine Zeit hineingeboren, die Gut und Böse und damit Schuld sowie Verantwortung kennt, aber das Kind kennt es nicht. Es kann zwar schlechte Taten tun, ist aber wie Kain dafür nicht verantwortlich.

quote-Tag ergänzt. vrolijke

Ihr Anthroposophen könnt euch diese neue Mythologie ja gerne solange erzählen, wie ihr lustig seid.
Nur tut bitte nicht so, als hätte das irgendwas mit der Bibel zu tun und wäre nicht eure eigene, freie Erfindung.
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Schneegestürm
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Anmeldungsdatum: 21.02.2023
Beiträge: 156

Beitrag(#2299887) Verfasst am: 14.09.2023, 11:51    Titel: Kain aus Paradies geboren Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
... als hätte das irgendwas mit der Bibel zu tun und wäre nicht eure eigene, freie Erfindung.


Eva sagt, nachdem sie ihren ersten Sohn Kain geboren hat: "Zum Manne erworben habe ich mir Jahve." Dieser Satz deutet auf die göttliche Begnadung hin, die bei Kains Geburt mitgewirkt hat. Nicht Adam, sondern eine göttliche Macht ist Kains Vater. Deshalb wirken in Kain die Gesetze der paradiesischen Urzeit nach.
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wolle
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Anmeldungsdatum: 23.03.2015
Beiträge: 3909

Beitrag(#2299889) Verfasst am: 14.09.2023, 12:42    Titel: Re: Kain und Abel - welchen Sinn hat das? Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
wolle hat folgendes geschrieben:
Also die Rabbinische Literatur unterstützt auch meine These, dass es sich bei dem Lamech aus Gen 4 und Gen 5 um die gleiche Person handelt.

Nein, das sagt nicht die rabbinische Literatur, sondern - laut deinem eigenen Zitat aus dem Wikipedia-Artikel - "die historisch-kritische Auslegung".
Recht zweifelhaft wird die Aussage, dass es sich um dieselbe Person handle, wenn sie anfügen muss, dass diese "nur unterschiedlich genealogisch eingeordnet" - da die genealogische Einordnung und eine darauf bezogene Prophezeiung in Gen 5 das einzige ist, was über die Person gesagt wird, sodass das "nur" in diesem Fall eher albern ist.
Kurz: Die Informationen über Lamech in Gen 4 und 5 stimmen in keinem einzigen Punkt überein, widersprechen sich aber klar in der Genealogie, die aber nun mal das das wesentliche Thema von Kap. 5 ist. Es ist schon etwas überraschend, dass die historisch-kritische Auslegung dennoch - angeblich! - zu dem Schluss kommt, es hndle sich um dieselbe Person. Ich würde ja gerne wissen, wer genau das sagt und mit welcher Begründung.
Leider gibt der Artikel dafür aber nicht einmal eine Quelle an, sodass ich das nicht nachprüfen kann. Die englische Wikipedia-Artikel sieht die Lamechs in Gen 4 und 5 dagegen eindeutig als verschiedene Personen an, weswegen sie auch zwei Artikel dazu hat.

Jedenfalls: Auf der Textoberfläche des Bibeltexts sind es - mit o.g. Gründen - sind es zwei verschiedene Texte mit zwei unterschiedlichen Personen. Es könnte allerdings immerhin sein - diese Theorie lese ich in der engl. WP - dass es irgendwo in der literargeschichtlichen Vorgeschichte der beiden Texte dieselbe überlieferte Genealogie verwendet und dann verändert wurde. Aber auch dann wäre eben der zugrundegelegte Text so stark verändert worden, dass ich den einen nicht mehr zur Deutung des anderen heranziehgen kann, wie du es möchtest.
(Vergleich: Ich kann die Völuspa nicht benutzen, um Dwalin im Hobbit zu beschreiben; und in diesem Fall weiß man sogar, dass der Name dorther genommen wurde.)

Ich kann mir schon gut vorstellen, wie vor Allem in den amerikanischen Übersetzungen aus einem Lemech später Lamech und Lemech wurden.

Wenn man die hebräischen Zeichen vergleicht:
Bereshit (Genesis) - Chapter 4
https://www.chabad.org/library/bible_cdo/aid/8168

Bereshit (Genesis) - Chapter 5
https://www.chabad.org/library/bible_cdo/aid/8169

Man sieht, dass die beiden Namen sich im hebräischen nur durch winzige Punkte oder Striche unterscheiden.

https://de.wikipedia.org/wiki/Lamech#Namensvarianten schrieb:
Zitat:
Der Name lautet im Hebräischen ??????? lemech. Der Name kommt jedoch auch am Versende (in Pausalform) mit gelängtem Vokal als ??????? lamech vor.


Wenn man bedenkt, dass nur wenige Schriftgelehrten damals überhaupt lesen konnten, und die beiden Namen bei schlechten Umweltbedingungen (Licht, Verschmutzung) oder schlechten Augen kaum unterscheidbar sind, wundert mich ein Übersetzungsfehler nicht.

Edit: quote Tag ergänzt
_________________
72. Generalversammlung der Vereinten Nationen, Presse-Mitteilung
http://www.un.org/en/ga/72/presskit/pdf/full_kit72_en.pdf


Zuletzt bearbeitet von wolle am 16.09.2023, 17:35, insgesamt einmal bearbeitet
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Beitrag(#2299890) Verfasst am: 14.09.2023, 12:49    Titel: Re: Kain aus Paradies geboren Antworten mit Zitat

Schneegestürm hat folgendes geschrieben:
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
... als hätte das irgendwas mit der Bibel zu tun und wäre nicht eure eigene, freie Erfindung.


Eva sagt, nachdem sie ihren ersten Sohn Kain geboren hat: "Zum Manne erworben habe ich mir Jahve." Dieser Satz deutet auf die göttliche Begnadung hin, die bei Kains Geburt mitgewirkt hat. Nicht Adam, sondern eine göttliche Macht ist Kains Vater. Deshalb wirken in Kain die Gesetze der paradiesischen Urzeit nach.


Eigentlich tillichs Sache, aber mir reichen schon irgendwelche Reste aus dem Religionsunterricht der Unterstufe und ein bisschen Verständnis früher Gemeinschaften, um zu verstehen, warum tillich keine Lust mehr hat:

Einheitsübersetzung 1.Mose 4 hat folgendes geschrieben:
Der Mensch erkannte Eva, seine Frau; sie wurde schwanger und gebar Kain. Da sagte sie: Ich habe einen Mann vom HERRN erworben. 2 Sie gebar ein zweites Mal, nämlich Abel, seinen Bruder. Abel wurde Schafhirt und Kain Ackerbauer.[1] 3 Nach einiger Zeit brachte Kain dem HERRN eine Gabe von den Früchten des Erdbodens dar; 4 auch Abel brachte eine dar von den Erstlingen seiner Herde und von ihrem Fett. Der HERR schaute auf Abel und seine Gabe, 5 aber auf Kain und seine Gabe schaute er nicht. Da überlief es Kain ganz heiß und sein Blick senkte sich. 6 Der HERR sprach zu Kain: Warum überläuft es dich heiß und warum senkt sich dein Blick? 7 Ist es nicht so: Wenn du gut handelst, darfst du aufblicken; wenn du nicht gut handelst, lauert an der Tür die Sünde. Sie hat Verlangen nach dir, doch du sollst über sie herrschen. 8 Da redete Kain mit Abel, seinem Bruder. Als sie auf dem Feld waren, erhob sich Kain gegen Abel, seinen Bruder, und tötete ihn.[2] 9 Da sprach der HERR zu Kain: Wo ist Abel, dein Bruder? Er entgegnete: Ich weiß es nicht. Bin ich der Hüter meines Bruders? 10 Der HERR sprach: Was hast du getan? Das Blut deines Bruders erhebt seine Stimme und schreit zu mir vom Erdboden. 11 So bist du jetzt verflucht, verbannt vom Erdboden, der seinen Mund aufgesperrt hat, um aus deiner Hand das Blut deines Bruders aufzunehmen. 12 Wenn du den Erdboden bearbeitest, wird er dir keinen Ertrag mehr bringen. Rastlos und ruhelos wirst du auf der Erde sein. 13 Kain antwortete dem HERRN: Zu groß ist meine Schuld, als dass ich sie tragen könnte. 14 Siehe, du hast mich heute vom Erdboden vertrieben und ich muss mich vor deinem Angesicht verbergen; rastlos und ruhelos werde ich auf der Erde sein und jeder, der mich findet, wird mich töten. 15 Der HERR aber sprach zu ihm: Darum soll jeder, der Kain tötet, siebenfacher Rache verfallen. Darauf machte der HERR dem Kain ein Zeichen, damit ihn keiner erschlage, der ihn finde. 16 So zog Kain fort, weg vom HERRN und ließ sich im Land Nod nieder, östlich von Eden.


Der erste Satz in der biblischen Sprache bedeutet auf Deutsch:
Und Adam und Eva pimperten und sie warf Kain.

Über den Sinn des zweiten Satzes kann man sich streiten, aber das sollen die Theoligen unter sich ausmachen. Auf jeden Fall fiel er nach der Geburt - da konnte von Kain kaum als Mann gesprochen werden - ich tippe mal eher, dass Adam mit dem Mann gemeint ist. Deine gewaltsame Umdeutung des zweiten Satzes steht auf jeden Fall im direkten Gegensatz zum ersten Satz.

Dann haben wir nach dem missglückten Opfer - inzwischen ist Kain wirklich ein Mann - etwas sehr Seltenes: Dieser Gott spricht mit Kain und warnt ihn persönlich.

Dann kommt der geplante Mord, und Gott spricht seine Strafe aus: Verbannung und Erfolglosigkeit bis an sein Lebensende.

Der Ausschluss aus der Gemeinschaft schuf bei alten Gesellschaften (bei uns im Christentum noch im Mittelalter) den Zustand der Vogelfreiheit: Jeder der dich sah, hatte das Recht, dich zu töten. Nun ist aber der christliche Gott ein ziemlicher Sadist und hatte etwas dagegen, dass jemand das von ihm verhängte Strafmaß, nämlich ein Leben ohne das Erbe des Vaters, in Misserfolg und außerhalb seiner Familie, verkürzte. Das ist der "Schutz", den er mit dem Kainsmal gab: Es ist der Schutz der göttlichen Strafe vor einer Verkürzung durch Menschen.

EDIT PS:
Schneegestürm hat folgendes geschrieben:
...
In der Bibel auftauchende Personen wie Kain und Abel stehen als Repräsentanten für ein Übergeordnetes. Kain steht für ein Vergangenes und Abel für ein damals Gegenwärtiges. Solche Informationen sind in für uns fremdartig wirkenden Ausdrucksweisen eingekleidet, was wie verschleiert wirken mag.

Was mir an Deiner Interpretation auch verwunderlich erscheint, sind die beiden Berufe dieser Söhne:
Beide betreiben Landwirtschaft, der eine als Viehhirt und der andere als Ackerbauer. Keiner von beiden ist also "paradiesisch", sonst hätte er Jäger und Sammler sein müssen. Die zeitliche Reihenfolge der beiden Landwirtschaftsformen ist anthropologisch nicht eindeutig, man geht meistens von einer Gleichzeitigkeit aus. Auch hier fehlt eine Begründung Deiner Lesart.
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Zuletzt bearbeitet von fwo am 14.09.2023, 14:53, insgesamt einmal bearbeitet
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wolle
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Beitrag(#2299894) Verfasst am: 14.09.2023, 13:47    Titel: Re: Kain aus Paradies geboren Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:

Der Ausschluss aus der Gemeinschaft schuf bei alten Gesellschaften (bei uns im Christentum noch im Mittelalter) den Zustand der Vogelfreiheit: Jeder der dich sah, hatte das Recht, dich zu töten. Nun ist aber der christliche Gott ein ziemlicher Sadist und hatte etwas dagegen, dass jemand das von ihm verhängte Strafmaß, nämlich ein Leben ohne das Erbe des Vaters, in Misserfolg und außerhalb seiner Familie, verkürzte. Das ist der "Schutz", den er mit dem Kainsmal gab: Es ist der Schutz der göttlichen Strafe vor einer Verkürzung durch Menschen.


Wenn Kain ein Leben schlimmer als der Tod gehabt hätte, würde ich dir ja beipflichten, dass das Kainsmal eine Strafe gewesen wäre.
Dagegen spricht aber die Stadtgründung Kains und dass er die Stadt nach seinem Sohn genannt hat, seine gleichzeitigen (!) Frauen und viele erfolgreiche Kinder.

Wenn man es vergleicht mit dem Mord an Kim Jong Nam, dem Halbbruder von Kim Jong Un, so zeigt sich auch hier, dass ein Brudermord nicht bestraft wird, sondern Kim Jong Un weiterhin sein Volk hungern lassen kann, während sogar seine Häscher mit milden Strafen davon kommen.
https://www.n-tv.de/panorama/Kims-Halbbruder-starb-qualvollen-Tod-article19720299.html schrieb:
Zitat:
Kim Jong Nam (rechts) setzte sich 2013 nach Malaysia ab, nachdem sein Halbbruder Kim Jong Un seinen Onkel Jang Song Taek hinrichten ließ.


Zumindest das Gottesbild als Sadist könnte somit passen, denn die drei zugeschriebenen Eigenschaften Allmacht, Allwissen und Allgüte wären wären zumindest empirisch letzterer Eigenschaft beraubt.
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http://www.un.org/en/ga/72/presskit/pdf/full_kit72_en.pdf
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Beitrag(#2299895) Verfasst am: 14.09.2023, 14:42    Titel: Re: Kain aus Paradies geboren Antworten mit Zitat

wolle hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:

Der Ausschluss aus der Gemeinschaft schuf bei alten Gesellschaften (bei uns im Christentum noch im Mittelalter) den Zustand der Vogelfreiheit: Jeder der dich sah, hatte das Recht, dich zu töten. Nun ist aber der christliche Gott ein ziemlicher Sadist und hatte etwas dagegen, dass jemand das von ihm verhängte Strafmaß, nämlich ein Leben ohne das Erbe des Vaters, in Misserfolg und außerhalb seiner Familie, verkürzte. Das ist der "Schutz", den er mit dem Kainsmal gab: Es ist der Schutz der göttlichen Strafe vor einer Verkürzung durch Menschen.


Wenn Kain ein Leben schlimmer als der Tod gehabt hätte, würde ich dir ja beipflichten, dass das Kainsmal eine Strafe gewesen wäre.
Dagegen spricht aber die Stadtgründung Kains und dass er die Stadt nach seinem Sohn genannt hat, seine gleichzeitigen (!) Frauen und viele erfolgreiche Kinder.

Aber um im Bild zu bleiben, sollte man berücksichtigen, dass diese Erfolge im "Ausland" stattfanden, er durfte nicht wieder zurück in die Heimat. Da ginge s stattdessen so weiter, dass Adam und Eva mindestens noch einmal erfolgreich pimperten und es so zu einem Ersatzabel namens Seth kam, mit dem dann alles weiterging.
Darauf, dass dieser Gott schon mit dem Ausrufen des Dominium terrae gezeigt hatte, dass seine Vorhersagefähigkeiten zu wünschen übrig ließen, hatte ich schon hingewiesen.

wolle hat folgendes geschrieben:
Wenn man es vergleicht mit dem Mord an Kim Jong Nam, dem Halbbruder von Kim Jong Un, so zeigt sich auch hier, dass ein Brudermord nicht bestraft wird, sondern Kim Jong Un weiterhin sein Volk hungern lassen kann, während sogar seine Häscher mit milden Strafen davon kommen.....

Ich bin mir nicht sicher, ob die Verirrungen heutiger Despoten beim Bibelverständnis hilfreich sind.
Ist Kim Jong Un nicht selbst sowas wie Gott?
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Beitrag(#2299903) Verfasst am: 14.09.2023, 16:28    Titel: Re: Kain aus Paradies geboren Antworten mit Zitat

Schneegestürm hat folgendes geschrieben:
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
... als hätte das irgendwas mit der Bibel zu tun und wäre nicht eure eigene, freie Erfindung.

Eva sagt, nachdem sie ihren ersten Sohn Kain geboren hat: "Zum Manne erworben habe ich mir Jahve." Dieser Satz deutet auf die göttliche Begnadung hin, die bei Kains Geburt mitgewirkt hat. Nicht Adam, sondern eine göttliche Macht ist Kains Vater. Deshalb wirken in Kain die Gesetze der paradiesischen Urzeit nach.

Das ist wieder so eine Spezialdeutung von euch Anthroposophen. Wirklich jede Übersetzung, die ich nachschauen konnte - bis zu altgriechischen - übersetzt sinngemäß: "Ich (Eva) habe einen Mann gewonnen mithilfe/ vom/ durch den Herrn", d.h. es ist Gottes Hilfe, durch die sie den Sohn bekommen hat. Das als Vaterschaft zu deuten, ist völlig abwegig, weil ja vorher ganz klar gesagt wird, dass Adam und Eva Sex hatten und dadurch Kain empfangen und geboren wird, also Adam der Vater ist. Also ja, Gottes Hilfe ist immer dabei, aber der Vater ist Adam.

Und die Idee, dass speziell in Kain "die Gesetze der paradiesischen Urzeit" nachwirkten, ist sowieso eure völlig freie Erfindung ohne jeden Anhalt am Text.

Wie gesagt: Ihr könnt ja gerne auf diese Art eure eigene Mythologie erinden, aber tut nicht so, als hättet ihr die Bibel besser verstanden als andere Leute.
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Beitrag(#2299904) Verfasst am: 14.09.2023, 16:41    Titel: Re: Kain und Abel - welchen Sinn hat das? Antworten mit Zitat

wolle hat folgendes geschrieben:
Ich kann mir schon gut vorstellen, wie vor Allem in den amerikanischen Übersetzungen aus einem Lemech später Lamech und Lemech wurden.

Wenn man die hebräischen Zeichen vergleicht:
Bereshit (Genesis) - Chapter 4
https://www.chabad.org/library/bible_cdo/aid/8168

Bereshit (Genesis) - Chapter 5
https://www.chabad.org/library/bible_cdo/aid/8169

Man sieht, dass die beiden Namen sich im hebräischen nur durch winzige Punkte oder Striche unterscheiden.

Das wiederum hat nichts mit "amerikanisch" zu tun, sondern (vermute ich) mit Lubawitsch, also mit deiner Neigung, immer die merkwürdigsten Quellen auszugraben statt die leicht zugänglichen, allgemein anerkannten. Die Lubawitscher sind hier offenbar so extrem bibeltreu, dass sie sogar den Punktierungsunterschied im Namen mit den Vokalen nachbilden, was mW keine andere Übersetzung macht.

wolle hat folgendes geschrieben:
https://de.wikipedia.org/wiki/Lamech#Namensvarianten schrieb:
Zitat:
Der Name lautet im Hebräischen ??????? lemech. Der Name kommt jedoch auch am Versende (in Pausalform) mit gelängtem Vokal als ??????? lamech vor.


Wenn man bedenkt, dass nur wenige Schriftgelehrten damals überhaupt lesen konnten, und die beiden Namen bei schlechten Umweltbedingungen (Licht, Verschmutzung) oder schlechten Augen kaum unterscheidbar sind, wundert mich ein Übersetzungsfehler nicht.

Jetzt hast du viele Worte gemacht, um für etwas zu argumentieren, was überhaupt nicht streitig ist. Dass der Name der gleiche ist, bestreite ich ja nicht, sondern sage nur, dass man die Aussagen aus dem einen Text nicht für die Interpretation des anderen nehmen kann, weil die geschilderten Personen in nichts übereinstimmen.
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Beitrag(#2299905) Verfasst am: 14.09.2023, 16:44    Titel: Re: Kain aus Paradies geboren Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Der Ausschluss aus der Gemeinschaft schuf bei alten Gesellschaften (bei uns im Christentum noch im Mittelalter) den Zustand der Vogelfreiheit: Jeder der dich sah, hatte das Recht, dich zu töten. Nun ist aber der christliche Gott ein ziemlicher Sadist und hatte etwas dagegen, dass jemand das von ihm verhängte Strafmaß, nämlich ein Leben ohne das Erbe des Vaters, in Misserfolg und außerhalb seiner Familie, verkürzte. Das ist der "Schutz", den er mit dem Kainsmal gab: Es ist der Schutz der göttlichen Strafe vor einer Verkürzung durch Menschen.

Naja. Das ist jetzt auch eine Verdrehung des Textes. Da ist ja ganz klar, dass alle Beteilgten Tod für schlimmer halten als Verbannung, und dass das Zeichen der Schutz vor einer Tötung sein soll.
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Beitrag(#2299907) Verfasst am: 14.09.2023, 17:22    Titel: Re: Kain aus Paradies geboren Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Der Ausschluss aus der Gemeinschaft schuf bei alten Gesellschaften (bei uns im Christentum noch im Mittelalter) den Zustand der Vogelfreiheit: Jeder der dich sah, hatte das Recht, dich zu töten. Nun ist aber der christliche Gott ein ziemlicher Sadist und hatte etwas dagegen, dass jemand das von ihm verhängte Strafmaß, nämlich ein Leben ohne das Erbe des Vaters, in Misserfolg und außerhalb seiner Familie, verkürzte. Das ist der "Schutz", den er mit dem Kainsmal gab: Es ist der Schutz der göttlichen Strafe vor einer Verkürzung durch Menschen.

Naja. Das ist jetzt auch eine Verdrehung des Textes. Da ist ja ganz klar, dass alle Beteilgten Tod für schlimmer halten als Verbannung, und dass das Zeichen der Schutz vor einer Tötung sein soll.

Lachen Ich möchte aber doch bemerken, dass das meine Interpretation ist, die ich auch nur dafür halte: Meine eben, die ohne die Zusatzannahme von der Gnade Gottes auskommt.
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Beitrag(#2299913) Verfasst am: 14.09.2023, 18:28    Titel: Re: Kain aus Paradies geboren Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Der Ausschluss aus der Gemeinschaft schuf bei alten Gesellschaften (bei uns im Christentum noch im Mittelalter) den Zustand der Vogelfreiheit: Jeder der dich sah, hatte das Recht, dich zu töten. Nun ist aber der christliche Gott ein ziemlicher Sadist und hatte etwas dagegen, dass jemand das von ihm verhängte Strafmaß, nämlich ein Leben ohne das Erbe des Vaters, in Misserfolg und außerhalb seiner Familie, verkürzte. Das ist der "Schutz", den er mit dem Kainsmal gab: Es ist der Schutz der göttlichen Strafe vor einer Verkürzung durch Menschen.

Naja. Das ist jetzt auch eine Verdrehung des Textes. Da ist ja ganz klar, dass alle Beteilgten Tod für schlimmer halten als Verbannung, und dass das Zeichen der Schutz vor einer Tötung sein soll.

Lachen Ich möchte aber doch bemerken, dass das meine Interpretation ist, die ich auch nur dafür halte: Meine eben, die ohne die Zusatzannahme von der Gnade Gottes auskommt.

Naja, aber wenn du an wesentlichen Elementen des Textes vorbeigehst, ist auch das dann eigentlich keine Interpretation des Textes mehr.
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Tarvoc
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Beitrag(#2299915) Verfasst am: 14.09.2023, 18:33    Titel: Antworten mit Zitat

Ob das Verbot der Tötung Kains nun eine Gnade Gottes war oder eine Verlängerung der Strafe: Das eigentlich Interessante an der Geschichte ist doch, dass in der Bibel mit der Logik der sacratio überhaupt auf diese Weise gebrochen wird. Die Botschaft scheint mir vor allem zu sein: Die Gerechtigkeit Gottes ist eine andere als die der weltlichen Traditionen und Rechtssysteme.
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Beitrag(#2299925) Verfasst am: 14.09.2023, 20:29    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Ob das Verbot der Tötung Kains nun eine Gnade Gottes war oder eine Verlängerung der Strafe: Das eigentlich Interessante an der Geschichte ist doch, dass in der Bibel mit der Logik der sacratio überhaupt auf diese Weise gebrochen wird. Die Botschaft scheint mir vor allem zu sein: Die Gerechtigkeit Gottes ist eine andere als die der weltlichen Traditionen und Rechtssysteme.

Kain konnte und durfte nicht getötet werden. Denn die Figur des Ackerbauers Kain steht für einen der wichtigsten Momente der Menschheitsgeschichte: der neolithischen Revolution. Den Übergang von der Alt- zur Jungsteinzeit, für die Sesshaftwerdung der Menschheit. Abel steht dagegen als Hirte und Nomade als Figur für den mittelsteinzeitlichen Menschen, ihre Eltern, Adam und Eva für die Altsteinzeitlichen Menschen, die als Jäger und Sammler im Paradies lebten.
Der Mord an Abel symbolisiert neolithische Revolution, die als solche auch von Gott gewollt war und auch gewollt sein musste: schließlich entwickelten sich im Nahen und Mitlleren Osten daraus die ersten Hochkulturen. Und Basis dieser Hochkulturen und den dazugehörigen Herrschaftsverhältnissen war eben: der Ackerbau und die Sesshaftwerdung. Und man darf eines nicht vergessen: Abram, der spätere Abraham kam aus Ur. Und Ur war schon damals eine Stadt.
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fwo
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Beitrag(#2299928) Verfasst am: 14.09.2023, 21:03    Titel: Antworten mit Zitat

sünnerklaas hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Ob das Verbot der Tötung Kains nun eine Gnade Gottes war oder eine Verlängerung der Strafe: Das eigentlich Interessante an der Geschichte ist doch, dass in der Bibel mit der Logik der sacratio überhaupt auf diese Weise gebrochen wird. Die Botschaft scheint mir vor allem zu sein: Die Gerechtigkeit Gottes ist eine andere als die der weltlichen Traditionen und Rechtssysteme.

Kain konnte und durfte nicht getötet werden. Denn die Figur des Ackerbauers Kain steht für einen der wichtigsten Momente der Menschheitsgeschichte: der neolithischen Revolution. Den Übergang von der Alt- zur Jungsteinzeit, für die Sesshaftwerdung der Menschheit. Abel steht dagegen als Hirte und Nomade als Figur für den mittelsteinzeitlichen Menschen, ihre Eltern, Adam und Eva für die Altsteinzeitlichen Menschen, die als Jäger und Sammler im Paradies lebten.
Der Mord an Abel symbolisiert neolithische Revolution, die als solche auch von Gott gewollt war und auch gewollt sein musste: schließlich entwickelten sich im Nahen und Mitlleren Osten daraus die ersten Hochkulturen. Und Basis dieser Hochkulturen und den dazugehörigen Herrschaftsverhältnissen war eben: der Ackerbau und die Sesshaftwerdung. Und man darf eines nicht vergessen: Abram, der spätere Abraham kam aus Ur. Und Ur war schon damals eine Stadt.

Das ist die Interpretation unter der Prämisse, dass sich die "neolithische Revolution" so zugetragen hat, wie ihre Erfinder sich das dachten. Wenn Du Dir den jetzigen Artikel zu diesem Thema durchliest passt das nicht mehr so gut.
Man ist sich z.B. nicht mehr sicher, dass es die Tierzucht der Hirten vor dem Ackerbau gab. (Witzig zu dem Thema die im Detail unterschiedlichen Zeitangaben bei den Kapiteln Zucht, neolithische Revolution, Hirtenvolk, Pastoralism.)
Die von Dir vorgetragene Interpretation wäre verständlich, wenn Abel kein Hirte sondern ein Jäger gewesen wäre.
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sünnerklaas
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Beitrag(#2299930) Verfasst am: 14.09.2023, 21:38    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:

Man ist sich z.B. nicht mehr sicher, dass es die Tierzucht der Hirten vor dem Ackerbau gab. (Witzig zu dem Thema die im Detail unterschiedlichen Zeitangaben bei den Kapiteln Zucht, neolithische Revolution, Hirtenvolk, Pastoralism.)
Die von Dir vorgetragene Interpretation wäre verständlich, wenn Abel kein Hirte sondern ein Jäger gewesen wäre.


Dabei übersieht man, dass es zwischen der Alt- und der Jungsteinzeit eine Übergangsphase gab: das Mesolithikum. Die Phase, in der nomadisierende Hirten unterwegs waren. Auch die nomadisierenden Hirten mussten ihren Lebensunterhalt mit Arbeit verdienen - indem sie ihre Herden pflegten und hüteten und mit ihnen durch die Landschaft zogen. Mit Beginn der neolithischen Revolution gab es dann zum einen mesolithische Hirten auf der einen und neolithische Ackerbauern auf der anderen Seite.
Dass Gott Kain am Leben ließ, zeigt die Strategie der (sagenhaften) biblischen Erzählung. Denn Kain bedeutete technologischen Fortschritt.
Insofern mein wichtiger Hinweis: die Bibel berichtet sagenhaft und aus dem Blickwinkel von Interessensträgern, bei denen der Machterhalt an oberster Stelle stand. Ob die biblischen Berichte den tatsächlichen Tatsachen entspricht, ist eine andere Frage. Ich sage und behaupte: das sind nur (mündlich) überlieferte Sagen. Und trotzdem: ein Körnchen Wahrheit ist stets mit dabei.
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Beitrag(#2299932) Verfasst am: 14.09.2023, 22:54    Titel: Antworten mit Zitat

sünnerklaas hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:

Man ist sich z.B. nicht mehr sicher, dass es die Tierzucht der Hirten vor dem Ackerbau gab. (Witzig zu dem Thema die im Detail unterschiedlichen Zeitangaben bei den Kapiteln Zucht, neolithische Revolution, Hirtenvolk, Pastoralism.)
Die von Dir vorgetragene Interpretation wäre verständlich, wenn Abel kein Hirte sondern ein Jäger gewesen wäre.


Dabei übersieht man, dass es zwischen der Alt- und der Jungsteinzeit eine Übergangsphase gab: das Mesolithikum. Die Phase, in der nomadisierende Hirten unterwegs waren. Auch die nomadisierenden Hirten mussten ihren Lebensunterhalt mit Arbeit verdienen - indem sie ihre Herden pflegten und hüteten und mit ihnen durch die Landschaft zogen. Mit Beginn der neolithischen Revolution gab es dann zum einen mesolithische Hirten auf der einen und neolithische Ackerbauern auf der anderen Seite.
Dass Gott Kain am Leben ließ, zeigt die Strategie der (sagenhaften) biblischen Erzählung. Denn Kain bedeutete technologischen Fortschritt.
Insofern mein wichtiger Hinweis: die Bibel berichtet sagenhaft und aus dem Blickwinkel von Interessensträgern, bei denen der Machterhalt an oberster Stelle stand. Ob die biblischen Berichte den tatsächlichen Tatsachen entspricht, ist eine andere Frage. Ich sage und behaupte: das sind nur (mündlich) überlieferte Sagen. Und trotzdem: ein Körnchen Wahrheit ist stets mit dabei.

Jetzt setzt Du wieder eine klare zeitliche Reihenfolge, die aber alles andere als gesichert ist.
Die Wiki-Artikel sind da leider nicht alle auf dem aktuellen Stand (s.o.), der über das Mesolithikum erklärt es aber richtig:
Wiki-Mesolithikum hat folgendes geschrieben:
Auslöser waren die durch die Wiederbewaldung Mitteleuropas zu Beginn des Holozäns etwa 9600 v. Chr. (10. Jahrtausend v. Chr.) gesetzten neuen Lebensbedingungen. Die Menschen mussten lernen, anstelle des verschwindenden Großwildes der Kältesteppen nun in den Wäldern Standwild zu jagen und die Fischerei zu verstärken. Beendet wurde die Mittelsteinzeit durch die Ausbreitung der erzeugenden Wirtschaftsweise (Ackerbau und Viehzucht) der Jungsteinzeit regional verschieden. Sie dauerte im südosteuropäischen Raum bis etwa 5.800 v. Chr., während sie im nordwesteuropäischen Raum erst um etwa 4.300 v. Chr. endete.

Die Einteilung erfolgt lokal anhand des archäologischen Befundes, bei dem man heute keine zeitlichen Unterschiede zwischen den Anfängen der beiden Wirtschaftsweisen Ackerbau und Viehzucht erkennen mag. Man geht z.T auch davon aus, dass nicht der Ackerbau die Grundlage der Sesshaftwerdung war sondern umgekehrt Ackerbau und Viehzucht Folgen der Sesshaftwerdung. (Aus einer rein evolutionären Sicht würde ich das auch vorziehen.)

Was dramaturgisch gegen diese Auslegung des Kain & Abel Mythos spricht, sind die in der Bibel mW ziemlich einzigartigen Gespräche zwischen Kain und Gott vor und nach dem Brudermoird - das spricht nicht besonders für diese Geschichte als Metapher des Kulturwandels.

Auch ein bisschen hinderlich ist, dass wir den Schutz Kains nicht für den Fortschritt brauchen - Abraham geht nicht auf Kain zurück, sondern auf Set, den Vorfahr Noahs, also des Flaschenhalses durch den das Volk Israel musste. Abram, der Mann aus Ur, ist also nicht aus der Linie Kains.
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Beitrag(#2299933) Verfasst am: 15.09.2023, 01:09    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:

Die Einteilung erfolgt lokal anhand des archäologischen Befundes, bei dem man heute keine zeitlichen Unterschiede zwischen den Anfängen der beiden Wirtschaftsweisen Ackerbau und Viehzucht erkennen mag. Man geht z.T auch davon aus, dass nicht der Ackerbau die Grundlage der Sesshaftwerdung war sondern umgekehrt Ackerbau und Viehzucht Folgen der Sesshaftwerdung. (Aus einer rein evolutionären Sicht würde ich das auch vorziehen.)

Was dramaturgisch gegen diese Auslegung des Kain & Abel Mythos spricht, sind die in der Bibel mW ziemlich einzigartigen Gespräche zwischen Kain und Gott vor und nach dem Brudermoird - das spricht nicht besonders für diese Geschichte als Metapher des Kulturwandels.

Auch ein bisschen hinderlich ist, dass wir den Schutz Kains nicht für den Fortschritt brauchen - Abraham geht nicht auf Kain zurück, sondern auf Set, den Vorfahr Noahs, also des Flaschenhalses durch den das Volk Israel musste. Abram, der Mann aus Ur, ist also nicht aus der Linie Kains.


Vergiss bitte nicht, dass die biblische Überlieferung eine sagenhafte, v.a. machtpolitisch motivierte Überlieferung ist. Und nicht auf archäologischen Befunde beruhte.
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Beitrag(#2299943) Verfasst am: 15.09.2023, 11:16    Titel: Göttlicher Hermaphrodit als Vater Kains Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Schneegestürm hat folgendes geschrieben:

Eva sagt, nachdem sie ihren ersten Sohn Kain geboren hat: "Zum Manne erworben habe ich mir Jahve." Dieser Satz deutet auf die göttliche Begnadung hin, die bei Kains Geburt mitgewirkt hat. Nicht Adam, sondern eine göttliche Macht ist Kains Vater. Deshalb wirken in Kain die Gesetze der paradiesischen Urzeit nach.



Einheitsübersetzung 1.Mose 4 hat folgendes geschrieben:
Der Mensch erkannte Eva, seine Frau; sie wurde schwanger und gebar Kain. Da sagte sie: Ich habe einen Mann vom HERRN erworben.


Der erste Satz in der biblischen Sprache bedeutet auf Deutsch:
Und Adam und Eva pimperten und sie warf Kain.

Über den Sinn des zweiten Satzes kann man sich streiten, aber das sollen die Theoligen unter sich ausmachen. Auf jeden Fall fiel er nach der Geburt - da konnte von Kain kaum als Mann gesprochen werden - ich tippe mal eher, dass Adam mit dem Mann gemeint ist. Deine gewaltsame Umdeutung des zweiten Satzes steht auf jeden Fall im direkten Gegensatz zum ersten Satz.


"Der Mensch erkannte Eva", also nicht ein Mann und damit nicht Adam. Mit "Mensch" wird auf das göttlich-hermaphroditische Leben des Paradieses hingewiesen, als der Mensch noch nicht in die beiden Geschlechter getrennt war. Dieser Mensch trägt das Göttliche in sich, das Göttliche erkannte Eva.

Wann genau Eva von Kain als einen Mann spricht, wird nicht gesagt, es muss nicht unmittelbar nach der Geburt gewesen sein, wie du den Anschein gibst. Selbst wenn sie es getan hätte, hätte ich den Satz verstanden.

Den zweiten Satz in 1 sollte man nicht einfach so übergehen, er kann eine wichtige Information beinhalten, wie die Genesis von "Mensch" als Vater Kains spricht und nicht von Adam als Vater. Solche Details sollten beachtet und ihnen nachgegangen werden, sonst droht es, auf ihnen auszurutschen.
In der Tat ist der zweite Satz nicht einfach verständlich. In der mir vorliegenden Literatur heißt es, es handele sich um eine falsche Übersetzung, die aus Verlegenheit gegenüber dem Rätsel, das der Urtext aufgebe, entstanden sei.

So versteht sich insgesamt die von mir bevorzugte Übersetzung in dem Zusammenhang, dass kein Mann, sondern ein Mensch, der als göttlich-hermaphroditischer Mensch aus dem für die Menschheit verlorenen Paradies Kains Vater ist.
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Tarvoc
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Beitrag(#2299945) Verfasst am: 15.09.2023, 11:40    Titel: Re: Göttlicher Hermaphrodit als Vater Kains Antworten mit Zitat

Schneegestürm hat folgendes geschrieben:
"Der Mensch erkannte Eva", also nicht ein Mann und damit nicht Adam.

Magst du mir vielleicht auch sagen, wie das hebräische Wort lautet, das in der Einheitsübersetzung mit "Der Mensch" wiedergegeben ist? Solche Details sollte man beachten und ihnen nachgehen, sonst droht man, auf ihnen auszurutschen. Lachen

(Hier kann man sich das Ganze übrigens mal auf Hebräisch mit englischem Untertitel selbst anhören.)
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Beitrag(#2299947) Verfasst am: 15.09.2023, 13:00    Titel: Re: Göttlicher Hermaphrodit als Vater Kains Antworten mit Zitat

Schneegestürm hat folgendes geschrieben:
"Der Mensch erkannte Eva", also nicht ein Mann und damit nicht Adam.
[...] von "Mensch" als Vater Kains spricht und nicht von Adam als Vater.

Argh

Das passiert, wenn Leute ellenlange Erfindungen aus einem Text herausspintisieren, ohne ein Fitzelchen Mühe für das Verständnis des Textes aufzuwenden - in diesem Fall, worauf Tarvoc schon hinwies, dafür, herauszufinden, was der Zusammenhang zwischen dem Namen "Adam" und dem hebräischen Wort für "Mensch" ist.
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Beitrag(#2299948) Verfasst am: 15.09.2023, 13:03    Titel: Re: Göttlicher Hermaphrodit als Vater Kains Antworten mit Zitat

Schneegestürm hat folgendes geschrieben:
[...
"Der Mensch erkannte Eva", also nicht ein Mann und damit nicht Adam. Mit "Mensch" wird auf das göttlich-hermaphroditische Leben des Paradieses hingewiesen, als der Mensch noch nicht in die beiden Geschlechter getrennt war. Dieser Mensch trägt das Göttliche in sich, das Göttliche erkannte Eva.

Wann genau Eva von Kain als einen Mann spricht, wird nicht gesagt, es muss nicht unmittelbar nach der Geburt gewesen sein, wie du den Anschein gibst. Selbst wenn sie es getan hätte, hätte ich den Satz verstanden.

Den zweiten Satz in 1 sollte man nicht einfach so übergehen, er kann eine wichtige Information beinhalten, wie die Genesis von "Mensch" als Vater Kains spricht und nicht von Adam als Vater. Solche Details sollten beachtet und ihnen nachgegangen werden, sonst droht es, auf ihnen auszurutschen.
In der Tat ist der zweite Satz nicht einfach verständlich. In der mir vorliegenden Literatur heißt es, es handele sich um eine falsche Übersetzung, die aus Verlegenheit gegenüber dem Rätsel, das der Urtext aufgebe, entstanden sei.

So versteht sich insgesamt die von mir bevorzugte Übersetzung in dem Zusammenhang, dass kein Mann, sondern ein Mensch, der als göttlich-hermaphroditischer Mensch aus dem für die Menschheit verlorenen Paradies Kains Vater ist.

Das kann man sich natürlich so ausdenken - aber ausrutschen wird da nur, wer zuviel Inhalt hineingeheimst. Wenn man dieses Machwerk schon so ernst nehmen möchte, dann sollten die Interpretationen aber auch zum Text passen, so heißt es in der Genesis:

1.Mose 1 hat folgendes geschrieben:
27 Gott erschuf den Menschen als sein Bild, als Bild Gottes erschuf er ihn. Männlich und weiblich erschuf er sie. 28 Gott segnete sie und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehrt euch, füllt die Erde und unterwerft sie und waltet über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die auf der Erde kriechen!

Die Autoren von damals standen nicht so auf queer.
Tillich würde Dir jetzt außerdem sagen, dass der ganze Kram in Hebräisch geschrieben wurde, und auf Hebräisch ist Adam eigentlich keine Name sondern bedeutet einfach Mensch.
Aber sehen wir uns die Verwendung von "Mensch" einfach weiter an:

1.Mose 2 hat folgendes geschrieben:
7 Da formte Gott, der HERR, den Menschen, Staub vom Erdboden, und blies in seine Nase den Lebensatem. So wurde der Mensch zu einem lebendigen Wesen.[2]
...
18 Dann sprach Gott, der HERR: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein ist. Ich will ihm eine Hilfe machen, die ihm ebenbürtig ist. 19 Gott, der HERR, formte aus dem Erdboden alle Tiere des Feldes und alle Vögel des Himmels und führte sie dem Menschen zu, um zu sehen, wie er sie benennen würde. Und wie der Mensch jedes lebendige Wesen benannte, so sollte sein Name sein. 20 Der Mensch gab Namen allem Vieh, den Vögeln des Himmels und allen Tieren des Feldes. Aber eine Hilfe, die dem Menschen ebenbürtig war, fand er nicht. 21 Da ließ Gott, der HERR, einen tiefen Schlaf auf den Menschen fallen, sodass er einschlief, nahm eine seiner Rippen und verschloss ihre Stelle mit Fleisch. 22 Gott, der HERR, baute aus der Rippe, die er vom Menschen genommen hatte, eine Frau und führte sie dem Menschen zu. 23 Und der Mensch sprach: Das endlich ist Bein von meinem Bein / und Fleisch von meinem Fleisch. Frau soll sie genannt werden;...


Wir haben hier jetzt wieder die Rollen der Mensch (=Adam) und die Frau.

Den "Sündenfall" sparen wir uns, aber auch da ist in der deutschen Übersetzung Adam "der Mensch", einmal wird er allerdings als als der (Ehe-)Mann Evas bezeichnet - klingt auch nicht sehr nach einem Hermaphrodithen.

Kommen wir also wieder zu 1.Moses 4, in dem der Mensch plötzlich zu Adam wird:
1.Mose 4 hat folgendes geschrieben:
1 Der Mensch erkannte Eva, seine Frau; sie wurde schwanger und gebar Kain. Da sagte sie: Ich habe einen Mann vom HERRN erworben.
...
25 Adam erkannte noch einmal seine Frau. Sie gebar einen Sohn und gab ihm den Namen Set, Setzling. Denn sie sagte: Gott setzte mir einen anderen Nachkommen anstelle Abels, weil Kain ihn getötet hat....

Hier ist jetzt von Adam die Rede, der noch einmal auf seine Frau gestiegen ist, jetzt also auch für Dich als Vater gelten muss, wobei durch noch einmal gesagt wird, dass er auch die ersten Male der Vater war, und Eva redet wieder so ein unverständliches Zeug. Das alles spricht nicht für Dich, sondern eher für die Interpretation des Kollegen tillich.

Fazit: Deine eigenartige Bibelinterpretation, die Du hier im Duktus des Fachmanns vorträgst, ist selbst für einen Heiden mau, wenn der die Texte im Zusammenhang liest, statt Dir Deine komischen Versteigungen einfach zu glauben.

Mit Deinen eigenen Worten: Du bist auf diesem 2. Satz ausgerutscht.

p.s.
Lachen Hatte ich es doch geahnt.
Tarvoc und tillich habe das schicht mit mit dem Hinweis auf das Hebräische Adam = Mensch erledigt.
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Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.

The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.

Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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