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GWUP: Diskussion um den sogenannten _Wokeismus_
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44173

Beitrag(#2301479) Verfasst am: 24.11.2023, 04:36    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Doch er hat nicht erklärt, wer oder was als diese »Macht« aktiv sei, beziehungsweise er hat es erklärt, aber mit wenig überzeugenden Argumenten.

Lachen Er hat es nicht erklärt, "beziehungsweise" er hat es erklärt. Also hat er es jetzt erklärt oder nicht? Am Kopf kratzen
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44173

Beitrag(#2301480) Verfasst am: 24.11.2023, 04:57    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Wenn es um die Gleichsetzung von woke und links vonseiten der Rechten geht, dann ist das zitierte Buch trotz der satirischen Herangehensweise eine "seriöse Quelle".

Mit den Augen rollen Nein, natürlich ist The Babylon Bee auch dafür keine seriöse Quelle, wenn auch aus etwas anderen Gründen. Vielleicht kommst du ja sogar selbst drauf, wieso. So schwer ist das nämlich gar nicht.

Aber gut, nehmen wir mal an, es sei eine seriöse Quelle zu diesem Thema. Worin genau besteht denn dann eigentlich deine Kritik? Darin, dass The Babylon Bee "woke" synonym mit "links" verwendet? Ja schön, das wird ja auch von tillich und mir schon die ganze Zeit kritisiert: Dass das Wort "wokeism" selbst im Diskurs der rechten Kulturkämpfer nichts weiter als ein Gummibegriff ist, unter das alles fallen kann, was ihnen gerade nicht passt. Aber das ist ja nicht deine Behauptung. Du willst uns erzählen, dass das zwar repräsentativ für den Diskurs der (zumindest religiösen) Rechten ist (ansonsten ist gar nicht klar, warum du das hier überhaupt zitierst), aber nicht die eigentliche Bedeutung des Wortes "woke". Ja wo kommt sie denn her, deine "eigentliche" Bedeutung, wenn nicht aus der wirklichen Wortverwendung im Diskurs? Aus dem platonischen Ideenhimmel oder was? Oder beschränkt sich deine Kritik darauf, dass sie das Wort für alles verwenden, was sie doof finden, und nicht nur für das, was du doof findest? Womit halt einfach unser Vorwurf wieder bestätigt wäre.

Myron hat folgendes geschrieben:
Wo steht, dass es sich um evangelikale Kreationisten handelt?

Tja, das wüsstest du vielleicht, wenn du The Babylon Bee nicht nur von Google und Wikipedia kennen würdest. Zum Beispiel von ihrer eigenen Website. (Man bemerke insbesondere die ausdrücklich nicht-satirische Anmerkung in Kursivschrift ganz am Ende.)

Das ist auch so eine Sache, die du immer wieder machst: Google-Suche nach Zeug, das irgendwie in dein Narrativ passen könnte, und dann wird das ins Forum geworfen ohne jedwede zusätzliche, geschweige denn kritische Recherche zu Autor und Kontext. Genau deswegen kannst du hier ganze Threads mit ellenlangen Beitragsketten zupflastern, in denen du ohne jede Unterbrechung durch andere User Beitrag an Beitrag und Zitat an Zitat reihst: Weil diese Art der Beitragsproduktion minimal Aufwand kostet. Dass das für dich immer wieder ins Auge geht, sobald sich jemand mit den Zitaten und Quellen näher beschäftigt als du selbst, musst du allerdings auf eigene Rechnung in Kauf nehmen.
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Myron
Metaphysischer Materialist



Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3500

Beitrag(#2301483) Verfasst am: 24.11.2023, 08:22    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
Wenn es um die Gleichsetzung von woke und links vonseiten der Rechten geht, dann ist das zitierte Buch trotz der satirischen Herangehensweise eine "seriöse Quelle".

Mit den Augen rollen Nein, natürlich ist The Babylon Bee auch dafür keine seriöse Quelle, wenn auch aus etwas anderen Gründen. Vielleicht kommst du ja sogar selbst drauf, wieso. So schwer ist das nämlich gar nicht.

Aber gut, nehmen wir mal an, es sei eine seriöse Quelle zu diesem Thema. Worin genau besteht denn dann eigentlich deine Kritik? Darin, dass The Babylon Bee "woke" synonym mit "links" verwendet? Ja schön, das wird ja auch von tillich und mir schon die ganze Zeit kritisiert: Dass das Wort "wokeism" selbst im Diskurs der rechten Kulturkämpfer nichts weiter als ein Gummibegriff ist, unter das alles fallen kann, was ihnen gerade nicht passt. Aber das ist ja nicht deine Behauptung. Du willst uns erzählen, dass das zwar repräsentativ für den Diskurs der (zumindest religiösen) Rechten ist (ansonsten ist gar nicht klar, warum du das hier überhaupt zitierst), aber nicht die eigentliche Bedeutung des Wortes "woke". Ja wo kommt sie denn her, deine "eigentliche" Bedeutung, wenn nicht aus der wirklichen Wortverwendung im Diskurs? Aus dem platonischen Ideenhimmel oder was? Oder beschränkt sich deine Kritik darauf, dass sie das Wort für alles verwenden, was sie doof finden, und nicht nur für das, was du doof findest? Womit halt einfach unser Vorwurf wieder bestätigt wäre.


Soweit ich weiß, hat das Adjektiv "woke" in seinem politischen Sinn seinen Ursprung im linken "Diskurs".

Dass viele Rechte woke und links zu propagandistischen Zwecken gleichsetzen, bedeutet nicht, dass dies aus politologischer (ideologietheoretischer) Sicht richtig ist.

Es ist ebenfalls unzutreffend, dass wokeness/wokeism nichts weiter als ein demagogisches Hirngespinst der Rechten ist, wie du anzunehmen scheinst.

Alle Woken sind links, aber nicht alle Linken sind woke—d.h. nicht alle Linken gehören zur postmodernen kulturellen Linken mit ihren akademischen Cultural Studies und Critical Theories, die sich in der Nachfolge der Neuen Linken der 60er/70er Jahre herausgebildet hat. Das Auffällige und Besondere daran gegenüber der älteren Linken ist das ziemliche Desinteresse am wirtschaftspolitischen Klassenkampf. Den Kapitalismus finden die Wachen Linken zwar immer noch doof, aber die wirtschaftlich Benachteiligten und Ausgegrenzten gehören nicht zu ihren bevorzugten Opfergruppen und Unterdrückungssubjekten. Economic Studies (z.B. Armutsstudien, Arbeitslosigkeitsstudien, Obdachlosigkeitsstudien) sind nicht Teil ihrer Lieblingsbeschäftigungen.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
Wo steht, dass es sich um evangelikale Kreationisten handelt?

Tja, das wüsstest du vielleicht, wenn du The Babylon Bee nicht nur von Google und Wikipedia kennen würdest. Zum Beispiel von ihrer eigenen Website. (Man bemerke insbesondere die ausdrücklich nicht-satirische Anmerkung in Kursivschrift ganz am Ende.)


Geschenkt, denn es ist für meinen Punkt völlig unerheblich, ob die Babylon-Bee-Macher Antidarwinisten sind oder nicht.

Myron hat folgendes geschrieben:
Das ist auch so eine Sache, die du immer wieder machst: Google-Suche nach Zeug, das irgendwie in dein Narrativ passen könnte, und dann wird das ins Forum geworfen ohne jedwede zusätzliche, geschweige denn kritische Recherche zu Autor und Kontext. Genau deswegen kannst du hier ganze Threads mit ellenlangen Beitragsketten zupflastern, in denen du ohne jede Unterbrechung durch andere User Beitrag an Beitrag und Zitat an Zitat reihst: Weil diese Art der Beitragsproduktion minimal Aufwand kostet. Dass das für dich immer wieder ins Auge geht, sobald sich jemand mit den Zitaten und Quellen näher beschäftigt als du selbst, musst du allerdings auf eigene Rechnung in Kauf nehmen.


Was soll dieser persönliche Angriff mit böswilligen Unterstellungen?!
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44173

Beitrag(#2301487) Verfasst am: 24.11.2023, 12:22    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
d.h. nicht alle Linken gehören zur postmodernen kulturellen Linken mit ihren akademischen Cultural Studies und Critical Theories

Was haben denn die anderen Linken deiner Meinung nach sonst so für theoretische Grundlagen? Beziehungsweise welche Grundlagen hättest du gerne?

Myron hat folgendes geschrieben:
Das Auffällige und Besondere daran gegenüber der älteren Linken ist das ziemliche Desinteresse am wirtschaftspolitischen Klassenkampf. Den Kapitalismus finden die Wachen Linken zwar immer noch doof, aber die wirtschaftlich Benachteiligten und Ausgegrenzten gehören nicht zu ihren bevorzugten Opfergruppen und Unterdrückungssubjekten. Economic Studies (z.B. Armutsstudien, Arbeitslosigkeitsstudien, Obdachlosigkeitsstudien) sind nicht Teil ihrer Lieblingsbeschäftigungen.

Du kennst diese Gruppen nur aus dritter Hand, oder?

Myron hat folgendes geschrieben:
Geschenkt, denn es ist für meinen Punkt völlig unerheblich, ob die Babylon-Bee-Macher Antidarwinisten sind oder nicht.

Was genau war denn jetzt eigentlich nochmal dein Punkt?
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Myron
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Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3500

Beitrag(#2301519) Verfasst am: 25.11.2023, 21:25    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:

Myron hat folgendes geschrieben:
Geschenkt, denn es ist für meinen Punkt völlig unerheblich, ob die Babylon-Bee-Macher Antidarwinisten sind oder nicht.

Was genau war denn jetzt eigentlich nochmal dein Punkt?


Zitat:
"…was für die Rechten und insbesondere die Rechtsextremen typisch ist: Sie machen "woke" zu einem Synonym von "links", und verteufeln damit die ganze Linke als woke Bande, und nicht nur die Wache Linke (the Woke Left) im engeren Sinn oder die Linksextremen (the Far-Left). Sozialdemokraten und Sozialliberale zählen damit allesamt ebenso zu den Woken wie radikale Sozialisten oder Kommunisten. Hier müssen Erstere sofort widersprechen und die Gleichsetzung von "woke" und "left" entschieden zurückweisen, wenn sie den Rechten nicht in die Falle tappen wollen. Denn die Wache Linke ist mitnichten die Linke insgesamt und überhaupt, sondern nur ein Teil davon."
—Myron


Es gibt sowohl linke als auch rechte Kritik an der linksradikalen Wachen Linken, wobei die rechten Kritiker sie im Gegensatz zu den linken Kritikern oft mit der Linken ingesamt gleichsetzen. Da wird nicht nur der "Wokeismus" im engeren Sinn verdammt, sondern alles Linke unterschiedslos als teuflischer Marxismus/Sozialismus/Kommunismus abgetan.

(Wenn dir der Name "Wache Linke" nicht gefällt, dann darfst du gerne einen passenderen wählen—falls du einen findest!)
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44173

Beitrag(#2301520) Verfasst am: 25.11.2023, 23:30    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Es gibt sowohl linke als auch rechte Kritik an der linksradikalen Wachen Linken

Es gibt unter Linken ganz grundsätzlich, um nicht zu sagen notorisch, Kritik von allen an allen für alles Mögliche. Dass das in irgendeiner herausragenden oder auch nur nennenswerten Weise unter dem Vorzeichen einer binären begrifflichen Spaltung zwischen "woken" und "nicht-woken Linken" geschähe, entspringt hingegen ausschließlich deiner Phantasie.

Möchtest du mir eigentlich noch meine Frage beantworten, was die theoretischen Grundlagen der nicht-woken Linken sind?
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Myron
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Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3500

Beitrag(#2301522) Verfasst am: 26.11.2023, 06:04    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
Es gibt sowohl linke als auch rechte Kritik an der linksradikalen Wachen Linken

Es gibt unter Linken ganz grundsätzlich, um nicht zu sagen notorisch, Kritik von allen an allen für alles Mögliche. Dass das in irgendeiner herausragenden oder auch nur nennenswerten Weise unter dem Vorzeichen einer binären begrifflichen Spaltung zwischen "woken" und "nicht-woken Linken" geschähe, entspringt hingegen ausschließlich deiner Phantasie.

Möchtest du mir eigentlich noch meine Frage beantworten, was die theoretischen Grundlagen der nicht-woken Linken sind?


Zu den Linken zähle ich das gesamte vielfältige Spektrum von Kommunisten, Sozialisten, Sozialdemokraten und Sozialliberalen; und darin gibt es eine bunte Vielfalt an Theoretikern und Theorien, von denen man wohl kaum alle sinnvoll als "woke" bezeichnen kann.

Eine scharfe historisch-ideologische Grenze zwischen den Woken und den Nichtwoken unter den Linken kann ich allerdings nicht erkennen. Da das Adjektiv "woke" in seiner aktuellen politischen Bedeutung erst in den 2010er-Jahren gebräuchlich wurde, ist es zugegebenermaßen fraglich, ob eine anachronistische Verwendung zulässig ist.

Man könnte den "Wokeismus" historisch mit der theoretischen Wende des Marxismus hin zum gesellschaftlichen "Überbau" (über der Wirtschaft) beginnen lassen; aber dann würde er bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts zurückreichen, also bis zur Entstehung des westlichen Neomarxismus oder Kulturmarxismus.

Perry Anderson listet in seinem Buch über den westlichen Marxismus (Considerations on Western Marxism, 1976) folgende zentrale Personen auf: G. Lukacs, K. Korsch, A. Gramsci, W. Benjamin, M. Horkheimer, G. Della Volpe, H. Marcuse, H. Lefebvre, Th. Adorno, J.-P. Sartre, L. Goldmann, L. Althusser, L. Colleti. Insbesondere Gramsci und die Vertreter der Frankfurter Schule (Horkheimer, Marcuse, Adorno u.a.) werden als geistige Vorläufer und Wurzeln der Woken Linken betrachtet—was nicht falsch ist.

"Unwoke" wären dann die prämarxistischen "utopischen Sozialisten" und die wirtschaftszentrierten "Paläomarxisten", d.i. die klassischen und orthodoxen Marxisten sowie deren ideologische Nachfolger im 20. & 21. Jahrhundert. Anderson listet hierzu folgende zentrale Personen auf: K. Marx, F. Engels, A. Labriola, F. Mehring, K. Kautsky, G. Plechanow, W. Lenin, R. Luxemburg, R. Hilferding, L. Trotzki, O. Bauer, J. Preobraschenski, N. Bucharin.

(Ebenso "unwoke" wären dann die britischen Vordenker des Sozialliberalismus wie Thomas Green, Leonard Hobhouse und John Hobson im späten 19. & frühen 20. Jahrhundert.)

Die Woke Linke oder der Wokeismus kann, so denke ich, mit Recht der Tradition des Kulturmarxismus zugerechnet werden, aber nicht mit dieser insgesamt gleichgesetzt werden. Außerdem bevorzuge ich die weniger Marx(ismus)-zentrierte Bezeichnung Kultursozialismus.

Unter der "Woken Linken" oder dem "Wokeismus" im engeren Sinn verstehe ich nun den radikalen, illiberalen, postmodernistisch, postkolonialistisch (antiwestlich/-europäisch) und multikulturalistisch geprägten Kultursozialismus ("cultural socialist extremism" – Eric Kaufmann) der Gegenwart (mit all seinen Cultural Studies & Critical Theories), wie er sich in der Nachfolge der Neuen Linken der 1960er/70er Jahre in mehreren Erscheinungsformen herausgebildet hat.

Übrigens, falls du vorhast zu erwidern, dass sich hinter dem Namen "Kulturmarxismus" nichts weiter als eine rechte Verschwörungstheorie verbirgt:

Zitat:
"Current identity-oriented progressive writers and scholars do not like to use expression “Cultural Marxism.” Moreover, those of them who did not take time to explore the history of Marxism and neo-Marxism and their genetic links with the current (cultural) left have been quick to label “Cultural Marxism” as a hate taboo term that promotes fascist, Nazi, and anti-Semitic ideas. The left instead prefer to use the above-mentioned term Critical Theory and the host of expressions derived from it: Critical Cultural Theory, Critical Race Theory, Critical Legal Studies, and so forth. However, earlier left authors (Ioan Davis, Dennis Dworkin, and Douglas Kellner) did not see any problems in using “Cultural Marxism.” In fact, they assumed that this very expression captured well the essence of the socialist thought collective that was undergoing an adjustment to the new conditions in the 1960s–1990s."

(Znamenski, Andrei. Socialism as a Secular Creed: A Modern Global History. Lanham, MD: Lexington, 2021. p. 347)
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Tarvoc
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Beiträge: 44173

Beitrag(#2301523) Verfasst am: 26.11.2023, 09:11    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Man könnte den "Wokeismus" historisch mit der theoretischen Wende des Marxismus hin zum gesellschaftlichen "Überbau" (über der Wirtschaft) beginnen lassen; aber dann würde er bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts zurückreichen, also bis zur Entstehung des westlichen Neomarxismus oder Kulturmarxismus.

Nur ist der Dualismus von "Basis" und "Überbau" erstens unmarxistisch und zweitens keine sachangemessene Theorie gesellschaftlicher Realität, sondern bestenfalls eine deskriptive Metapher, d. h. eine bloße Vorstufe einer erst noch zu entwickelnden Theorie (Althusser 1968) - die allerdings inzwischen vorliegt. Tatsächlich ist die Version der Deutschen Ideologie, der sie ursprünglich entstammt (s. MEW 3), eine von Stalin in Auftrag gegebene Fälschung Adoratskis (Pagel 2019); in der 2017 erstmals veröffentlichten Urfassung (MEGA I.V) wird unmissverständlich klar, dass es sich bei der Unterscheidung um eine ironisierende Übernahme des Stirnerschen Begriffs des "Sparrens" zum Zwecke seiner Kritik handelt. Adoratski schiebt diese der Kritik Stirners gewidmeten Passagen fälschlich dem Feuerbach-Teil der Deutschen Ideologie zu. Ansonsten fallen die Begriffe Basis und Überbau noch einmal in Zur Kritik der politischen Ökonomie auf, allerdings ist dort klar, dass es sich um eine Hilfskonstruktion handelt: Sobald man den Blick von der Produktion auf die gesellschaftliche Reproduktion lenkt, bekommt man mit der Unterscheidung herbe Schwierigkeiten (Althusser 1968). Auf die dialektische Hilflosigkeit der Unterscheidung weist auch Benjamin in einem Brief an Adorno hin, in dem Benjamin seinen Baudelaire-Aufsatz verteidigt (Benjamin 1938/1995). Marx selbst hat seine ganze Karriere über auch Phänomene kritisch behandelt, die du zum "Überbau" rechnen würdest, von Politik und Juristerei bis hin zu Kunst und Literatur (z. B. "Die Heilige Familie", MEW 2) und sogar Fragen wie etwa die nach jüdischer Identität (z. B. "Zur Judenfrage", MEW 1). Überhaupt verzichten seit etwa den Siebzigerjahren auch fast alle nach wie vor ökonomisch orientierten "orthodoxen" Marxisten auf diese Gegenüberstellung - von Althusser bis zur Gruppe Gegenstandpunkt.

Du gründest deine Abgrenzung auf eine Unterscheidung, die heute nicht nur als theoretisch überholt, sondern als vor-theoretisch gilt und von heutigen Marxisten ubiquitär abgelehnt wird. Oder anders gesagt: Du stellst nicht zwei Strömungen der heutigen Linken einander gegenüber, sondern den heutigen Marxismus einem vergangenen Marxismus, der sowohl faktisch nicht mehr existiert als auch theoretisch überholt ist. Auf der Basis (hrhr) einer Übernahme oder Nichtübernahme des Basis-Überbau-Schemas lässt sich keine Spaltung innerhalb der heutigen Linken festmachen. Die kleine Minderheit derjenigen, die das immer noch für eine theoretisch angemessene begriffliche Unterscheidung halten und nicht bestenfalls für eine populäre Metapher, ist noch nicht mal primär in der Defensive gegenüber einer "postmodernen" "nichtökonomischen" kultur- und identitätsorientierten Linken, sondern schon gegenüber ihren nach wie vor ökonomisch orientierten Genossen, die diesen Aspekt der Theorie revidiert haben. Jeder, der auch nur einen Blick in Brecht oder Benjamin geworfen hat, weiß sowieso, dass Fragen von Kunst und Kultur und sogar Religion auch im klassischen Marxismus ohnehin immer eine Rolle gespielt haben, auch bei Autoren mit ganz unbestreitbar klassisch marxistischer ökonomischer Ausrichtung (und wie gesagt de facto sogar bei Marx selbst).

...Über dieses Thema habe ich übrigens meine Dissertation geschrieben. Pfeifen

Quellen:
Althusser, Louis: Ideologie und ideologische Staatsapparate, 1. Halbband.
Benjamin, Walter: Brief an Theodor W. Adorno vom 9. 12. 1938.
Pagel, Ulrich: Der Einzige und die deutsche Ideologie
MEGA I.V
MEW 1, 2, 3, 13
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Myron
Metaphysischer Materialist



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Beitrag(#2301536) Verfasst am: 27.11.2023, 01:28    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
Man könnte den "Wokeismus" historisch mit der theoretischen Wende des Marxismus hin zum gesellschaftlichen "Überbau" (über der Wirtschaft) beginnen lassen; aber dann würde er bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts zurückreichen, also bis zur Entstehung des westlichen Neomarxismus oder Kulturmarxismus.

Nur ist der Dualismus von "Basis" und "Überbau" erstens unmarxistisch und zweitens keine sachangemessene Theorie gesellschaftlicher Realität, sondern bestenfalls eine deskriptive Metapher, d. h. eine bloße Vorstufe einer erst noch zu entwickelnden Theorie (Althusser 1968) - die allerdings inzwischen vorliegt. Tatsächlich ist die Version der Deutschen Ideologie, der sie ursprünglich entstammt (s. MEW 3), eine von Stalin in Auftrag gegebene Fälschung Adoratskis (Pagel 2019); in der 2017 erstmals veröffentlichten Urfassung (MEGA I.V) wird unmissverständlich klar, dass es sich bei der Unterscheidung um eine ironisierende Übernahme des Stirnerschen Begriffs des "Sparrens" zum Zwecke seiner Kritik handelt. Adoratski schiebt diese der Kritik Stirners gewidmeten Passagen fälschlich dem Feuerbach-Teil der Deutschen Ideologie zu. Ansonsten fallen die Begriffe Basis und Überbau noch einmal in Zur Kritik der politischen Ökonomie auf, allerdings ist dort klar, dass es sich um eine Hilfskonstruktion handelt: Sobald man den Blick von der Produktion auf die gesellschaftliche Reproduktion lenkt, bekommt man mit der Unterscheidung herbe Schwierigkeiten (Althusser 1968). Auf die dialektische Hilflosigkeit der Unterscheidung weist auch Benjamin in einem Brief an Adorno hin, in dem Benjamin seinen Baudelaire-Aufsatz verteidigt (Benjamin 1938/1995). Marx selbst hat seine ganze Karriere über auch Phänomene kritisch behandelt, die du zum "Überbau" rechnen würdest, von Politik und Juristerei bis hin zu Kunst und Literatur (z. B. "Die Heilige Familie", MEW 2) und sogar Fragen wie etwa die nach jüdischer Identität (z. B. "Zur Judenfrage", MEW 1). Überhaupt verzichten seit etwa den Siebzigerjahren auch fast alle nach wie vor ökonomisch orientierten "orthodoxen" Marxisten auf diese Gegenüberstellung - von Althusser bis zur Gruppe Gegenstandpunkt.

Du gründest deine Abgrenzung auf eine Unterscheidung, die heute nicht nur als theoretisch überholt, sondern als vor-theoretisch gilt und von heutigen Marxisten ubiquitär abgelehnt wird. Oder anders gesagt: Du stellst nicht zwei Strömungen der heutigen Linken einander gegenüber, sondern den heutigen Marxismus einem vergangenen Marxismus, der sowohl faktisch nicht mehr existiert als auch theoretisch überholt ist. Auf der Basis (hrhr) einer Übernahme oder Nichtübernahme des Basis-Überbau-Schemas lässt sich keine Spaltung innerhalb der heutigen Linken festmachen. Die kleine Minderheit derjenigen, die das immer noch für eine theoretisch angemessene begriffliche Unterscheidung halten und nicht bestenfalls für eine populäre Metapher, ist noch nicht mal primär in der Defensive gegenüber einer "postmodernen" "nichtökonomischen" kultur- und identitätsorientierten Linken, sondern schon gegenüber ihren nach wie vor ökonomisch orientierten Genossen, die diesen Aspekt der Theorie revidiert haben. Jeder, der auch nur einen Blick in Brecht oder Benjamin geworfen hat, weiß sowieso, dass Fragen von Kunst und Kultur und sogar Religion auch im klassischen Marxismus ohnehin immer eine Rolle gespielt haben, auch bei Autoren mit ganz unbestreitbar klassisch marxistischer ökonomischer Ausrichtung (und wie gesagt de facto sogar bei Marx selbst).


Benjamin gehört doch zum Dunstkreis der neumarxistischen Frankfurter Schule und damit nicht zum klassischen Marxismus (Altmarxismus). (Sein Freund Adorno hat sich sehr intensiv mit Musik befasst.)

Du hast auf diese Stelle bereits angespielt:

Zitat:
"In der gesellschaftlichen Produktion ihres Lebens gehen die Menschen bestimmte, notwendige, von ihrem Willen unabhängige Verhältnisse ein, Produktionsverhältnisse, die einer bestimmten Entwicklungsstufe ihrer materiellen Produktivkräfte entsprechen. Die Gesamtheit dieser Produktionsverhältnisse bildet die ökonomische Struktur der Gesellschaft, die reale Basis, worauf sich ein juristischer und politischer Überbau erhebt und welcher bestimmte gesellschaftliche Bewußtseinsformen entsprechen. Die Produktionsweise des materiellen Lebens bedingt den sozialen, politischen und geistigen Lebensprozeß überhaupt. Es ist nicht das Bewußtsein der Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewußtsein bestimmt. Auf einer gewissen Stufe ihrer Entwicklung geraten die materiellen Produktivkräfte der Gesellschaft in Widerspruch mit den vorhandenen Produktionsverhältnissen oder, was nur ein juristischer Ausdruck dafür ist, mit den Eigentumsverhältnissen, innerhalb deren sie sich bisher bewegt hatten. Aus Entwicklungsformen der Produktivkräfte schlagen diese Verhältnisse in Fesseln derselben um. Es tritt dann eine Epoche sozialer Revolution ein. Mit der Veränderung der ökonomischen Grundlage wälzt sich der ganze ungeheure Überbau langsamer oder rascher um. In der Betrachtung solcher Umwälzungen muß man stets unterscheiden zwischen der materiellen, naturwissenschaftlich treu zu konstatierenden Umwälzung in den ökonomischen Produktionsbedingungen und den juristischen, politischen, religiösen, künstlerischen oder philosophischen, kurz, ideologischen Formen, worin sich die Menschen dieses Konflikts bewußt werden und ihn ausfechten."

(Marx, Karl. Zur Kritik der politischen Ökonomie. 1859. Marx/Engels-Werke 13. Berlin: Dietz, 1961. S. 8-9)


Ich bin kein Fachmann in Marxismusgeschichte; aber wenn von einer kulturellen Linken oder einem Kulturmarxismus die Rede ist (im sachlichen politologischen Diskurs), dann kommt darin zum Ausdruck, dass beginnend mit dem westlichen Neomarxismus allmählich eine kulturelle Wende innerhalb der Linken stattgefunden hat, d.h. eine Schwerpunktverlagerung hin zum soziokulturellen "Überbau" und damit eine Aufhebung oder Überwindung des streng ökonomischen Basisdeterminismus (historischen Materialismus) des klassischen Marxismus. Das soll nicht heißen, dass der Kulturmarxismus die ökonomische Basis als soziale Determinante gänzlich außer Acht lässt, sondern nur, dass die Marxisten des 20. Jahrhunderts erkannten, dass auch das Bewusstsein (die "ideale" Sphäre) das gesellschaftliche Sein maßgeblich mitbestimmt—und nicht nur umgekehrt, wie Marx behauptet. Die Kultur ist also kein bloßer "Appendix" der Ökonomie. Die kulturelle Linke hat ihr Hauptaugenmerk auf andere (angeblich unterdrückte) soziale Gruppen gerichtet als die Proletarier des Altmarxismus, d.i. die (weiße) Arbeiterklasse.

Zitat:
"Many among the New Left were ready to give up on proletarians who “misbehaved” by converting to “bourgeois” values, virtues, materialism, and enjoying the material perks of capitalism. The former “noble savages” who were destined to become the “chosen people” to redeem humankind from oppressive capitalism, were all sucked into the consumer culture of capitalism. From a traditional Marxist viewpoint, they betrayed the true cause and adopted the “false consciousness.” Thus, Marcuse argued that the bourgeoisie was purposely buying the loyalty of masses by improving their living standards to make sure these masses would not desire to make fundamental changes in political system and their personal lives. In 1962, Tom Hayden, one of the leaders of Students for Democratic Society, a U.S.-based New Left organization, told his comrades that the working class “is not just the missionary force we can count on.” In fact, as early as the 1920s, several members of the Frankfurt School had already expressed doubts about the “chosen ones” as the great revolutionary hope. Pollock, one of the founders of the school, remembered how, during that decade, he, along with Erich Fromm and several other “Frankfurters,” had been upset about the revolutionary potential of industrial workers: “The workers were much more interested in middle-class furniture and apartments than in transforming society.”

Furthermore, the whole structure of traditional labor was undergoing and dramatic change in postwar Europe and North America. In the 1970s, 42% European workers were employed in blue-collar manufacturing jobs. By the 1990s, this number further dropped to 33%, and in the early 2000s, it declined to 16%. The increasing number of people entered service industries; in our days, the shift to digital technologies has continued washing out manufacturing jobs. Finally, in 1982, André Gorz, one of the prominent New Left ideologists, pointing to social and economic changes that phased out the traditional industrial proletarians, came up with a landmark book whose title sounded as a verdict: Farewell to the Working Class.

Exorcising the messiah class from the body of socialism was not a straight-forward process. In the 1960s, among the emerging New Left, marginalized communist parties, and Trotskyite fossils, there were still activists who continued to believe into the revolutionary élan of the proletariat. In fact, the most committed still tried to “go native” by shedding their middleclass bourgeois skins. A good example is Joschka Fischer, a prominent 1960s radical who later was active in the Green party and who subsequently became a Western German foreign minister. After a brief stint in the militant Proletarian Union for Terror and Destruction, which was specialized in violent attacks on police officers, he decided to “root” himself among proletarians. With his fellow student radicals, Fischer purposely went to work at an Opel automobile factory’s conveyer lines, seeking to establish a bond with working masses and “wake up” their revolutionary potential. Yet, the “oppressed” German workers did not want to have anything to do with the “limousine left” who pestered them by trying to convert them into “authentic” proletarians.

The New Left were scanning the political horizon for new groups of “chosen people” to act as surrogate proletarians to fulfill the messianic role of liberators. If the “corrupt” proletarians were incapable to perform this role, it should be somebody else who could be qualified to serve as an oppressed victim and simultaneously as the redeemer from the state of oppression. Describing that ideological quest of the 1960s–1970s, Irving Howe, a prominent veteran of the American left, remembered, “Almost everyone on the left, but the Marxist remnants especially, was fervently on the hunt for a ‘substitute proletariat’—some agency that might yet undertake the historical mission assigned to the workers by Marxism. Some turned to the blacks, some to Asian and African peasantries, some to the intelligentsia, some to homosexuals and—in the last, mad days of the Weatherman—even to high school students.”"

(Znamenski, Andrei. Socialism as a Secular Creed: A Modern Global History. Lanham, MD: Lexington, 2021. pp. 359-60)


Dazu ein interessanter (und kostenlos runterladbarer) Aufsatz von Andrei Znamenski: From Class to Culture: Ideological Landscapes of the Left Thought Collective in the West, 1950-1908s

Hier ein Zitat von Richard Rorty über die post-60er kulturelle Linke:

Zitat:
"The heirs of the New Left of the Sixties have created, within the academy, a cultural Left. Many members of this Left specialize in what they call the "politics of difference" or "of identity" or "of recognition." This cultural Left thinks more about stigma than about money, more about deep and hidden psychosexual motivations than about shallow and evident greed.

This shift of attention came at the same time that intellectuals began to lose interest in the labor unions, partly as a result of resentment over the union members' failure to back George McGovern over Richard Nixon in 1972. Simultaneously , the leftist ferment which had been centered, before the Sixties, in the social science departments of the colleges and the universities moved into the literature departments. The study of philosophy—mostly apocalyptic French and German philosophy—replaced that of political economy as an essential preparation for participation in leftist initiatives."

(Rorty, Richard. Achieving Our Country: Leftist Thought in Twentieth Century America. Cambridge, MA: Harvard University Press, 1998. pp. 76-7)

"When the Right proclaims that socialism has failed, and that capitalism is the only alternative, the cultural Left has little to say in reply. For it prefers not to talk about money. Its principal enemy is a mind-set rather than a set of economic arrangements—a way of thinking which is, supposedly, at the root of both selfishness and sadism. This way of thinking is sometimes called "Cold War ideology," sometimes "technocratic rationality," and sometimes "phallogocentrism" (the cultural Left comes up with fresh sobriquets every year). It is a mind-set nurtured by the patriarchal and capitalist institutions of the industrial West, and its bad effects are most clearly visible in the United States.

To subvert this way of thinking, the academic Left believes, we must teach Americans to recognize otherness. To this end, leftists have helped to put together such academic disciplines as women's history, black history, gay studies, Hispanic-American studies, and migrant studies. This has led Stefan Collini to remark that in the United States, though not in Britain, the term "cultural studies" means "victim studies." Collini's choice of phrase has been resented, but he was making a good point: namely, that such programs were created not out of the sort of curiosity about diverse forms of human life which gave rise to cultural anthropology, but rather from a sense of what America needed in order to make itself a better place. The principal motive behind the new directions taken in scholarship in the United States since the Sixties has been the urge to do something for people who have been humiliated—to help victims of socially acceptable forms of sadism by making such sadism no longer acceptable.

Whereas the top-down initiatives of the Old Left had tried to help people who were humiliated by poverty and unemployment, or by what Richard Sennett has called the "hidden injuries of class," the top-down initiatives of the post-Sixties left have been directed toward people who are humiliated for reasons other than economic status."

(Rorty, Richard. Achieving Our Country: Leftist Thought in Twentieth Century America. Cambridge, MA: Harvard University Press, 1998. pp. 79-80)
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Myron
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Beitrag(#2301537) Verfasst am: 27.11.2023, 01:36    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:

Zitat:
"…Whereas the top-down initiatives of the Old Left had tried to help people who were humiliated by poverty and unemployment, or by what Richard Sennett has called the "hidden injuries of class," the top-down initiatives of the post-Sixties left have been directed toward people who are humiliated for reasons other than economic status."

(Rorty, Richard. Achieving Our Country: Leftist Thought in Twentieth Century America. Cambridge, MA: Harvard University Press, 1998. pp. 79-80)


Newt Gingrich (wahrlich kein Linker wie Rorty) schreibt:

Zitat:
"The only meaningful difference between the radical left’s class consciousness of a hundred years ago and the radical left’s wokeness of today is in how they are choosing to divide people. Before it was economic status. Now it is by fixed identity traits, such as race, gender, and sexuality. (In fact, being woke is sometimes explicitly referred to as achieving racial consciousness.)

(Gingrich, Newt. Beyond Biden: Rebuilding the America We Love. New York: Center Street, 2021. p. 98 )
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Myron
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Beitrag(#2301538) Verfasst am: 27.11.2023, 01:51    Titel: Antworten mit Zitat

Ted Cruz (wahrlich auch kein Linker) schreibt:

Zitat:
"In the years immediately following the tumultuous events of 1968, which turned public opinion sharply against the radical Left, the new revolutionaries began implementing the long march through the institutions, carefully following the instructions of Gramsci, Dutschke, and Marcuse. For the most part, they worked slowly. Sometimes they stumbled. In the process, many of the revolutionaries actually became what they were pretending to be, throwing off the ridiculous revolutionary ideas of Marx and becoming genuinely productive members of society.

But enough of these leftists remained committed to the project that it began to succeed. Over the course of several decades, this group of revolutionary professors, journalists, film writers, and others began slowly to change the way Americans thought about culture. They exploited their new avenues of transmission to great effect. Along the way, the original tenets of Marxism—which, in the beginning, applied mostly to economics—began to mutate. The new revolutionaries found that the core idea of Marxism—namely, that the world was a battleground between oppressed people and their oppressors—could be mapped not only onto warring economic classes (what Marx called the “proletariat” and the “bourgeoisie”) but onto races as well.

Today, many Americans are so used to this idea that they don’t wonder where it came from. But its origin is worth investigating. You might wonder why, in the year 2023, with the long shadow of overt racism receding further into the past every day, we constantly hear stories about “racial tension” in the media. Why is it that there is seemingly no news story that the radical Left cannot twist to fit the narrative of racial oppression?

The answer is that the long march through the institutions has finally paid off. Today, ideas that were once peripheral to American life are at the forefront. Notions like White supremacy, class warfare, and internalized racism are now discussed on major news networks as if they have always been with us. Few people stop to wonder how these concepts, which seem to have come straight from a college literature seminar, have ended up ubiquitous throughout American culture.

The term “Cultural Marxism” refers to this transition. Over the past several decades, Marxists took Marx’s communist teachings, which were originally applied to economics and to property, and applied them to culture instead. Using the same Marxist framework—a never-ending struggle between victims and oppressors that can only be corrected through force by the government’s punishing the oppressors and rewarding the victims—they extended the oppression matrix to race, gender, sexual orientation, transgenderism, and disability. And they expanded their weapons to enforce Marxism: no longer is it imposed just through government policy, but now also through education, journalism, Big Tech, Big Business, sports, music, and Hollywood."

(Cruz, Ted. Unwoke: How to Defeat Cultural Marxism in America. Washington, DC: Regnery Publishing, 2023.)
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Myron
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Beitrag(#2301539) Verfasst am: 27.11.2023, 02:09    Titel: Antworten mit Zitat

Für Rechte wie Gingrich & Cruz ist "Kulturmarxismus" der Name des linken Teufels, den es auszutreiben gilt. Viele woke Linke fordern, dass man diesen Namen niemals verwenden soll, um keine rechtsextreme Verschwörungstheorie über sie zu verbreiten.

Zitat:
"Tory MP criticised for using antisemitic term 'cultural Marxism'
Board of Deputies says Suella Braverman should pledge not to use phrase linked with far right

A leading Jewish group has criticised a Conservative former minister for using the term “cultural Marxism” in a speech, a reference to a conspiracy theory often associated with the far right and antisemitism.…"

Quelle: https://www.theguardian.com/news/2019/mar/26/tory-mp-criticised-for-using-antisemitic-term-cultural-marxism


Dazu ein Kommentar von Jeff Smith:

Zitat:
"The Guardian should not refer to “the antisemitic term ‘cultural Marxism’” as if that were a settled fact (Tory in antisemitism row, 27 March). Suella Braverman can explain for herself what she meant by it – the article does not give her exact quote – but “cultural Marxism” was in common use in British and American humanities departments in the 1980s and 1990s, not for anything conspiratorial but merely as a term for a certain approach to what is still called “cultural studies”.

Numerous examples of that usage can be found by searching the phrase on the academic database Jstor. For instance, Ioan Davies’s history of “British cultural Marxism” in the spring 1991 issue of the International Journal of Politics, Culture, and Society. The term also appears in this academic context in The Cambridge Companion to Critical Theory, published in 2004 by Cambridge University Press. If it has since been seized upon by the alt-right, that is very unfortunate, and any antisemitic use or implication should be condemned. But it already existed long before that as a term for an academic enterprise that was, if anything, often rather abstruse, even boring."
—Jeff Smith

Quelle: https://www.theguardian.com/news/2019/mar/29/how-the-term-cultural-marxism-has-been-co-opted-by-the-alt-right
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Myron
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Beitrag(#2301540) Verfasst am: 27.11.2023, 02:48    Titel: Antworten mit Zitat

Der amerikanische Politikwissenschaftler Richard Weiner hat 1981 ein Buch über den Kulturmarxismus geschrieben:

Zitat:
"In response to a complex of problems which the labor movements in advanced industrial societies have not been capable of solving either theoretically or practically, there emerged in the wanderings of social and political theorizing in the 1960s and 1970s a culturally oriented perspective. It picks up on the Marxian theme of praxis: the mediating relation between human beings and nature, and between consciousness and its objects. This perspective—one we can refer to as “cultural Marxism”—puts its emphasis upon consciousness and intentional activity as major elements in constituting, reproducing, or changing a particular form of society. As a result, it raises the issue of class consciousness, as well as the need for a critical theory of consciousness to conceptually comprehend the articulations and potential of social movements in their questioning the power relations and the ideological discourse of the dominant class.

From such culturally oriented Marxist theorizing, we can put together a conceptual framework that confronts the more traditional Marxist critique with the need to deal with questions of consciousness regarding institutions. We can do so in a way that draws upon many of the insights of the academic discipline of political sociology, while at the same time responds to many of that discipline’s limitations. Such a framework can be understood as a capstone in an arch that has been built by others, an arch whose outline and strength our conceptual reconstruction endeavors to make manifest.

Renewing the Practical-Moral Concerns of Marxism

Cultural Marxism—derived from the theorizing of Georg Lukacs, Antonio Gramsci, and the Frankfurt School—represents an attempt to remove difficulties in the mechanical Marxism that has arisen since Lenin’s generation, and that precludes the practical-moral concerns of the type that defined classical Marxism. In the process, this theoretical perspective comes to redirect the focus of Marxism from the infrastructure to the superstructure. It confronts the more traditional Marxist critique of political economy with the concept of conscious experience, not in a negating manner, but in a complementary one; and it incorporates the sociocultural dimension neglected by the “passive” and mechanical materialism of the Second International (e.g., Lenin, Engels, Kautsky, Plekhanov, Guesde, Lafargue, Labriola, Mehring and Cunow).

The emergent cultural Marxism was conceived with a practical intent. It starts from the assumption that Marxism is still the theory and practice that could at once explain and transform. The approach is marked by strong moral elements: (1) the idea of an enlightened political will self-conscious of its potential, and (2) the idea of human beings mutually and dialogically recognizing each other in a domination-free (i.e., nonrepressive) communication. Human beings are seen as not simply natural objects. They have a sense of moral integrity and practical capacity. They are understood as having the potential to comprehend epistemic and normative predicaments confronting them.

During the epoch of Joseph Stalin, there came to be a rupturing of theory and practice. And the resultant Marxian dogmatism lacked attractiveness to Western minds. With Stalin, the questions left unanswered by Lenin’s generation were disregarded as Marxism lost its universal character and ceased to be the self-consciousness of the proletariat. As a result, endeavors to construct a formal theory of the historical development of class consciousness were impaired. At best, Marxism as a mechanical materialism was redefined in the Stalin era as an externally valid, objectively given structure, and became an ideological tool for domination.

The cultural Marxism revival of the 1960s and 1970s may actually have taken off in 1956. That was the year of Stalinism’s complete intellectual exposure and political condemnation by Khrushchev at the Twentieth Congress of the Communist Party of the Soviet Union. It was also the year of the Soviet invasion of Hungary, following the attempted revolution there against the bureaucratized and militarily enforced domination of the Cominform. It was a revolt to whose causes Lukacs would rally after decades of biting the bullet of Communist Party discipline in his native Hungary. The events in Hungary helped to end the hegemony of Soviet Marxism in the international radical movement. The events led Jean-Paul Sartre in France and E.P. Thompson in England to break with their respective national communist parties.

In the wake of 1956, Thompson and Ralph Miliband led ex-communists and other radicals in England to create the journals Universities and Left Review and The New Reasoner, later to be merged in 1962 as The New Left Review. Mao Tse-Tung exclaimed how appalled he was by the “ravages” that bureaucratized state socialism had produced in Eastern Europe. Also in 1956, Herbert Marcuse’s Eros and Civilization appeared, followed by his polemical piece Soviet Marxism. Renewed interest in the Frankfurt School was kindled. And finally, between 1956 and 1960 significant social movements having universalizing goals blossomed: the Campaign for Nuclear Disarmament in England, the civil rights movements in the United States and South Africa, and the anti-colonialism/anti-imperialism struggles in the Third World.

We should note seminal figures in the cultural Marxism that evolved in the past two decades. Most relevant to the project of this book are a number of Western Europeans: Thompson, Miliband, Raymond Williams, and Perry Anderson in England; Sartre, Maurice Merleau-Ponty, Henri Lefebvre, and Lucien Goldmann in France; Jürgen Habermas, Claus Offe, Albrecht Wellmer, Oskar Negt, Karl-Otto Apel, and Alfred Schmidt in West Germany. Some significant West Europeans with a cultural Marxian slant are now working in American universities, such as Manuel Castells, Claus Mueller, and Michael Burawoy. We need also mention some significant East European theorists who, despite their all too brief mention in this volume, have contributed to this evolving cultural approach: Karel Kosik from Czechoslovakia, Rudolf Bahro in East Germany, Agnes Heller and Gyorgy Markus in Hungary, and Mihailo Markovic in Yugoslavia. Also significant here are the respective social theories of Alain Touraine, Frank Parkin, and Anthony Giddens: each of whom disclaims the appellation Marxist, but still recognizes how their work is decidedly influenced by cultural Marxian as well as Weberian theorizing.

Disenchanted with what Thompson referred to as the “socialism of the heavy industrial base,” these thinkers moved away from the idea of determination by the economic structure, even “in the last instance.” They came to treat the state and ideology as the main determining forces of domination. The focus turned to the media by which collectivities are institutionally—i.e., normatively—structured. The focus turned to values, beliefs, attitudes, role expectancies, and skills that affect a particular people’s political interactions—that is, what political sociologists refer to as a “political cul-ture.”

Culturally oriented Marxist approaches understand the consciousness of creative acting groups and classes as being shaped by a dominant political belief system, as well as the socioeconomic context in which those groups and classes are living. Together these comprise a structure of dominance. Whatever the ultimate sources of action, the immediate causes are understood to be conscious desires, beliefs, and intentions. Humans act in accordance with conscious interpretations, rather than blindly reacting to stimuli.

Most often, these interpretations are offered to us by institutionalized frames of reference. These symbolic frames define the “normal” perception of social reality —the ways in which experiences should be approached and understood. For example, in America we are bound by the sanctity of the marketplace, a nomenclature of “corporateness,” and a well-drilled hostility to all forms of “creeping socialism” that hamper every potential entrepreneur among us. Such institutionalization of norms and practices obscures the fact that the political economy is serving the dominant interests of one class or stratum rather than the interests of society as a whole.

When the power relations of dominant interests enter into commonly shared frames of reference, whole aggregates of social norms are removed from practical questioning and discourse. They become that part of the structure of the “everyday life-world”’ commonly known as the rules of the game. And the very fact of institutionalization preserves the legitimacy of the rules of the game by which one can participate in society and its political process.

Significantly, cultural Marxian thinkers perceive in Marx’s concepts of the relations and the forces of production an inadequate appreciation of the conscious experience involved with regard to institutions. Some of them like Habermas and Williams attempt to correct this perceived discrepancy by employing a notion of institution modeled on language. It is on account of what seems to be missing in Marx’s analysis of institutions that the mode of analysis itself has come to be understood as having been proved too limited in explaining modern capitalist society.

In light of such a perceived inadequacy, these thinkers—especially those associated with The New Reasoner and New Left Review like Miliband, Williams, and Anderson—have come to emphasize the Gramscian notion of the hegemony of a dominant value system and its integrative and assimilative effects. They note that major political, social, and economic institutions and the values they represent result in a dominant culture or a normative order which legitimizes and buttresses the status quo. Within the institutional framework, they perceive the sedimentation of the mediated consequences of class struggle. Such an approach focuses on the compliant acceptance of definitions of political reality as offered by dominant classes and their institutions.

The compliant acceptance of ideological definitions is rooted in and expressed in our everyday practices. Ideology is seen as pervading every level of the social order and acting on an atomized and dispersed people so as to arouse and organize its collective consent. Practices are organized as though they presented real choices, however narrowly confined those choices might be. (In the nineteenth century, when the arena of consent was still small, Marx had no place in his theory for the supplementing of coercion with an elicited willingness on the part of the worker to cooperate in the wage labor process.)

The more traditional and mechanical Marxism assumes that political action, consciousness, ideology and normative issues—such as those of tradition and constitutionalism—are functions of the underlying productive structure. Cultural Marxism instead, inserts a series of qualifications that greatly reduces this dependency relationship and accords them greater autonomy. The latter approach helps in critically raising issues crucial to appreciating how class consciousness is kept latent in the advanced capitalist societies. These would include:

(1) the apparent consensual stabilization of the capitalist state and the staying power of the political culture of bourgeois democratic forms; and
(2) the autonomy and efficacy of cultural superstructures as a political problem.

Now, Volume III of Capital breaks off just as Marx is about to embark on the definition of “class.” But unfortunately this fifty-third and final chapter of the third volume is little more than a page long. From remarks on this theme scattered throughout his work it becomes clear, that for the most part, Marx uses the concept of class in a specific way. While what constitutes a class is the common objective position in relation to the means of production in a commodity-producing society, if a class is to decide over its own fate, then this common social position must be made conscious and people must act in the light of this self-knowledge. It was to this scant treatment of the concept of class consciousness—as well as the inadequate appreciation of the consciousness involved in the institutional realm of the everyday life-world—that the pioneering cultural Marxian studies of Lukacs, Gramsci, and, more recently, E. P. Thompson responded. These studies argued that traditional Marxist analysis has spent more time discussing the “structure of domination” and its institutionalization, than any other stage in Marx’s continuous depiction of the development of the class struggle. The emphasis traditionally had been on how the ideas and culture of the “ruling class” are institutionalized as the normative structure of the society as a whole. What is missing is fuller study of the actual experience of these institutionalized values, and either the compliant acceptance or critical response that those values generate.

The “dominated class” had been regarded as hardly more than a class-in-itself. It had only nascent institutions. Georg Lukacs had recognized this disregard to be the failure to develop an adequate notion of praxis which would help advance Marxian analysis beyond the notion of an idealized “imputed class consciousness.”

Thus, cultural Marxism represents an approach that takes account of normative, indeed ideological, factors as well as cognitive and practical ones concerning acting and symbolizing. It recognizes the need for such factors to take their proper place in the general explanatory model that Marxism was putting forth. And it continues in the search for the ways in which consciousness, in its political form, is necessary for a class if it is to achieve an understanding of its own identity and possibilities. "

(Weiner, Richard R. Cultural Marxism and Political Sociology. Beverly Hills, CA: SAGE Publications, 1981. pp. 17-22)
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Myron
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Beitrag(#2301541) Verfasst am: 27.11.2023, 03:38    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:

Dazu ein interessanter (und kostenlos runterladbarer) Aufsatz von Andrei Znamenski: From Class to Culture: Ideological Landscapes of the Left Thought Collective in the West, 1950-1908s


Zitat:
"Since the 1960s, [the left mainstream] drifted away from concerns about an economic growth and class-based politics, which were associated with the old left. Instead, the left began shifting toward culture, race, and identity issues as well as environmentalism. This metamorphosis is sometimes labeled by a loose umbrella expression the “cultural turn.” On the level of ideas, this turn is usually associated with the emergence of the often-mentioned post-modernism, and it includes several intellectual trends and political practices that came to a forefront as traditional Marxism was eclipsing. The most important among these trends were post-colonial studies, critical theory, feminism, multiculturalism, and political correctness. Some authors on the right refer to all this by an umbrella term “Cultural Marxism” – a pejorative expression that serves to point to genetic links between the current cultural left and the old Marxian left."

(Znamenski, Andrei A. "From Class to Culture: Ideological Landscapes of the Left Thought Collective in the West, 1950s–1980s." In Proceeedings of Topical Issues in International Political Geography, edited by Radomir Bolgov, Vadim Atnashev, Yury Gladkiy et al., 337-355. Cham: Springer, 2021. p. 338)


Fußnote: Daraus, dass die Rechten "Kulturmarxismus" pejorativ verwenden, folgt nicht, dass die Linken dies auch tun (sollten). Eric Kaufmann folgend, finde ich "Kultursozialismus" ("cultural socialism") allerdings passender für die aktuelle Woke Linke, weil es außer dem (Neo-)Marxismus noch andere ideologische/philosophische Einflüsse gibt, zu denen die oben genannten zählen: Postmodernismus, Postkolonialismus, Multikulturalismus, Feminismus. Hinzu kommen Psychoanalytismus, Existenzialismus, Ökologismus, und auch Aspekte des Anarchismus und Liberalismus. Letztere ergeben sich aus dem Liberationismus der Woken, die ja für die Befreiung von (Fremd-/Gewalt-)Herrschaft und Unterdrückung kämpfen—leider nicht immer mit liberalen oder legalen Mitteln.
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Tarvoc
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Beitrag(#2301543) Verfasst am: 27.11.2023, 09:03    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Benjamin gehört doch zum Dunstkreis der neumarxistischen Frankfurter Schule und damit nicht zum klassischen Marxismus (Altmarxismus). (Sein Freund Adorno hat sich sehr intensiv mit Musik befasst.)

Aha. Also womit Benjamin sich befasst hat, hast du keine Ahnung, aber du weißt, dass sein Freund Adorno sich sehr intensiv mit Musik befasst hat, und daher kann Benjamin nicht zum klassischen Marxismus gehören. Ob sein anderer Freund Bertold Brecht das auch so gesehen hat? Brechts Zugehörigkeit zum klassischen Marxismus dürfte ja hoffentlich nicht in Frage stehen, oder? Andererseits, Brecht hat sich natürlich (übrigens genauso wie Marx und Engels) auch viel mit Literatur (und sogar mit Musik) beschäftigt. Vielleicht gehören Brecht, Marx und Engels einfach auch nicht zum klassischen Marxismus. Oder vielleicht ist Benjamin einfach gar kein Marxist, sondern einfach ein orthodoxer Jude, denn er war auch mit Gerschom Scholem befreundet. (Überhaupt ist Benjamins Religiosität tatsächlich ein besseres Argument für deine Einordnung als seine Freundschaft mit Adorno.) Ist Hannah Arendt eigentlich für dich ein Nazi? Die hatte ja bekanntlich mal ein Verhältnis mit Martin Heidegger. Oder ist das Kriterium der freundschaftlichen Assoziation mit irgendwem zur Einordnung einfach scheiße doof und zudem noch deine Behauptung, klassische Marxisten hätten sich nicht mit Kunst und Kultur befasst, offensichtlich falsch? Es ist fast so, als wäre diese strenge Grenzziehung zwischen zwei Polen eine reine Schimäre.

Myron hat folgendes geschrieben:
aber wenn von einer kulturellen Linken oder einem Kulturmarxismus die Rede ist (im sachlichen politologischen Diskurs), dann kommt darin zum Ausdruck, dass beginnend mit dem westlichen Neomarxismus allmählich eine kulturelle Wende innerhalb der Linken stattgefunden hat

Nur ist das halt, wenn man sich die Geschichte des Marxismus anschaut, nirgendwo nachweisbar: Auseinandersetzungen mit Kunst und Kultur hat es im Marxismus schon immer gegeben, seit den Frühschriften von Marx und Engels. Was stattgefunden hat, ist eine Vertreibung der Marxisten bzw. generell "linker" Theoriebildung (Sozialdemokraten und linken Keynesianern ging es ja nicht besser) aus den ökonomischen Fakultäten und zunehmend auch aus dem öffentlichen Diskurs über Ökonomie. Jede Verschiebung innerhalb der Linken von ökonomischen zu kulturpolitischen Themen ist ein Resultat dieses akademischen und medialen Ostrazismus.

Myron hat folgendes geschrieben:
d.h. eine Schwerpunktverlagerung hin zum soziokulturellen "Überbau" und damit eine Aufhebung oder Überwindung des streng ökonomischen Basisdeterminismus (historischen Materialismus) des klassischen Marxismus.

Es gab keine "Verschiebung hin zum Überbau", sondern eine Infragestellung des Basis-Überbau-Schemas auf der Ebene der Theorie selbst.

Verstehst du tatsächlich den Unterschied nicht? Nochmal: Von Marx' und Engels' Frühschriften an (und keineswegs im Spätwerk abbrechend) interessierten sich Marxisten schon immer auch auf der Ebene der Theorie und der Kritik für Phänomene, die du unter dem Begriff "Überbau" fasst. Überhaupt reproduziert der abstrakte Dualismus des Basis-Überbau-Schemas genau die Trennung zwischen "Sein" und "Bewusstsein", die Marx und Engels mal aufzuheben angetreten waren.

Myron hat folgendes geschrieben:
Das soll nicht heißen, dass der Kulturmarxismus die ökonomische Basis als soziale Determinante gänzlich außer Acht lässt, sondern nur, dass die Marxisten des 20. Jahrhunderts erkannten, dass auch das Bewusstsein (die "ideale" Sphäre) das gesellschaftliche Sein maßgeblich mitbestimmt—und nicht nur umgekehrt, wie Marx behauptet.

Magisches Denken. Das "Bewusstsein" bestimmt natürlich nicht kausal das "gesellschaftliche Sein" als ein diesem äußerliches. Wo sollte dieses dem gesellschaftlichen Sein äußerliche Bewusstsein denn auch bitte herkommen? Bewusstsein Gottes oder was? Oder der Hegelsche Weltgeist, der sich in der materiellen Geschichte auch unabhängig von dieser vollzieht? Der richtige theoretische Ansatz ist nicht der der Behauptung einer kausalen Bestimmung "des Seins" durch "das Bewusstsein" oder umgekehrt (sowieso blutleere Abstrakta), sondern der einer Analyse der Rolle und Funktion ideologischer Apparate für die Reproduktion des Gesellschaftsganzen.

Myron hat folgendes geschrieben:
Die Kultur ist also kein bloßer "Appendix" der Ökonomie.

Weswegen eben das Basis-Überbau-Schema aufzugeben (bzw. was in diesem Falle das selbe ist: richtig einzuordnen) ist. Was mich zu der Frage zurückführt, warum du das immer noch ohne mit der Wimper zu zucken verwendest.

Myron hat folgendes geschrieben:
Die kulturelle Linke hat ihr Hauptaugenmerk auf andere (angeblich unterdrückte) soziale Gruppen gerichtet als die Proletarier des Altmarxismus, d.i. die (weiße) Arbeiterklasse.

Angeblich, aha. Mit den Augen rollen
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Tarvoc
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Beitrag(#2301544) Verfasst am: 27.11.2023, 09:13    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
wahrlich kein Linker wie Rorty

Lachen Newt Gingrich ist in der Tat kein Linker "wie" Rorty, nämlich in dem Sinne, dass er kein Liberaler wie Rorty ist, sondern ein Konservativer.
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Myron
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Beitrag(#2301550) Verfasst am: 27.11.2023, 20:31    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
wahrlich kein Linker wie Rorty

Lachen Newt Gingrich ist in der Tat kein Linker "wie" Rorty, nämlich in dem Sinne, dass er kein Liberaler wie Rorty ist, sondern ein Konservativer.


Rorty hat sich mal scherzhaft als "postmodern bourgeois liberal" bezeichnet. Sein Liberalismus entspricht aber dem modernen, progressiven Liberalismus = Sozialliberalismus (Linksliberalismus) und nicht dem klassischen Liberalismus; und er bezeichnet sich auch als Sozialdemokrat, wobei sich der Sozialliberalismus und der Sozialdemokratismus weitgehend decken: sozialer Liberalismus vs. liberaler Sozialismus. Für klassische Liberale wie Mises sind die Sozialliberalen (wie die Engländer Leonard Hobhouse und James Hobson, und der Deutsche Friedrich Naumann) eh keine echten Liberalen mehr, sondern "gemäßigte Sozialisten".

Zitat:
"Dem Liberalismus waren im 19. Jahrhundert heftige und starke Gegner erwachsen, denen es gelungen ist, einen großen Teil der liberalen Errungenschaften wieder rückgängig zu machen. Die Welt will heute vom Liberalismus nichts mehr wissen. Außerhalb Englands ist die Bezeichnung "Liberalismus" geradezu geächtet; in England gibt es zwar noch "Liberale", doch ein großer Teil von ihnen sind es nur dem Namen nach, in Wahrheit sind sie eher gemäßigte Sozialisten."

(Mises, Ludwig. Liberalismus. Jena: G. Fischer, 1927. S. 2)


Zitat:
"RR: In the U.S., liberal means what social democrat means in Europe."

(Rorty, Richard. "Biography and Philosophy." Interview by Andrzej Szahaj. In Take Care of Freedom and Truth Will Take Care of Itself: Interviews with Richard Rorty, edited by Eduardo Mendieta, 148-160. Stanford, CA: Stanford University Press, 2006. p. 152)

"Hollinger is, like myself, a social democrat and an admirer of Dewey."

(Rorty, Richard. "The Unpredictable American Empire." 2003. In What Can We Hope For? Essays on Politics, edited by W. P. Malecki and Chris Voparil, 161-177. Princeton, NJ: Princeton University Press, 2022. p. 169)

"What pragmatists do say is that our values—the values, for example, of social democrats like myself…"

(Rorty, Richard. "On Philosophy and Politics." Interview by Chronis Polychroniou. In Take Care of Freedom and Truth Will Take Care of Itself: Interviews with Richard Rorty, edited by Eduardo Mendieta, 89-103. Stanford, CA: Stanford University Press, 2006. p. 90)

"Q: What about other arguments against bourgeois liberalism—Dewey’s for example? Didn't Dewey see the need for far-reaching structural change in the basic institutional arrangements of American society?

RR: Yes, Dewey was what in Europe would have been called a social democrat. He was the inspiration for a good deal of what we think of as the left wing of the Democratic Party."

(Rorty, Richard. "Postphilosophical Politics." Interview by Danny Postel. In Take Care of Freedom and Truth Will Take Care of Itself: Interviews with Richard Rorty, edited by Eduardo Mendieta, 28-33. Stanford, CA: Stanford University Press, 2006. p. 30)
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Myron
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Beitrag(#2301552) Verfasst am: 28.11.2023, 00:07    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
Benjamin gehört doch zum Dunstkreis der neumarxistischen Frankfurter Schule und damit nicht zum klassischen Marxismus (Altmarxismus). (Sein Freund Adorno hat sich sehr intensiv mit Musik befasst.)

Aha. Also womit Benjamin sich befasst hat, hast du keine Ahnung, aber du weißt, dass sein Freund Adorno sich sehr intensiv mit Musik befasst hat, und daher kann Benjamin nicht zum klassischen Marxismus gehören. Ob sein anderer Freund Bertold Brecht das auch so gesehen hat? Brechts Zugehörigkeit zum klassischen Marxismus dürfte ja hoffentlich nicht in Frage stehen, oder? Andererseits, Brecht hat sich natürlich (übrigens genauso wie Marx und Engels) auch viel mit Literatur (und sogar mit Musik) beschäftigt. Vielleicht gehören Brecht, Marx und Engels einfach auch nicht zum klassischen Marxismus. Oder vielleicht ist Benjamin einfach gar kein Marxist, sondern einfach ein orthodoxer Jude, denn er war auch mit Gerschom Scholem befreundet. (Überhaupt ist Benjamins Religiosität tatsächlich ein besseres Argument für deine Einordnung als seine Freundschaft mit Adorno.) Ist Hannah Arendt eigentlich für dich ein Nazi? Die hatte ja bekanntlich mal ein Verhältnis mit Martin Heidegger. Oder ist das Kriterium der freundschaftlichen Assoziation mit irgendwem zur Einordnung einfach scheiße doof und zudem noch deine Behauptung, klassische Marxisten hätten sich nicht mit Kunst und Kultur befasst, offensichtlich falsch? Es ist fast so, als wäre diese strenge Grenzziehung zwischen zwei Polen eine reine Schimäre.


Ich bin in der Tat weder Benjamin- noch Brecht-Kenner, aber Benjamin wird doch zu den Neomarxisten gezählt—und natürlich nicht allein deshalb, weil er mit dem Neomarxisten Adorno befreundet war.
(Auf der Vorderseite von Perry Andersons Buch Considerations on Western Marxism sind vier Personen abgebildet: Althusser, Della Volpe, Sartre und Benjamin. Hat sich Anderson bei Letzterem etwa vertan?)

Soweit ich mich entsinne, habe ich nicht behauptet, dass sich klassische Marxisten niemals mit Kunst und Kultur befasst haben. Nichtsdestoweniger ist der klassische Marxismus in einem Maße basiszentriert & proletariatsfixiert, also ökonomozentrisch, wie es der Neomarxismus nicht mehr ist.

Zitat:
"Neo-Marxism: An updated and revised form of Marxism that rejects determinism, the primacy of economics and the privileged status of the proletariat."

(Heywood, Andrew. Political Ideologies: An Introduction. 7th ed. London: Red Globe/Macmillan, 2021. p. 93)


Der Soziologie Erwin Scheuch gebraucht sogar den Ausdruck "Überbau-Marxismus" als Synonym für "Neomarxismus", wobei der gesellschaftliche Überbau nicht nur die Kultur in engeren Sinn umfasst, sondern Kunst, Wissenschaft, Philosophie, Ideologie, Religion, Politik, Recht & Sitte.

Zitat:
"Die Neomarxisten wurden von den Parteimarxisten deshalb so entschieden abgelehnt, weil sie der Arbeiterschaft die Eignung absprachen, unter heutigen Bedingungen noch das revolutionäre Subjekt zu sein. Das sei vielmehr die von der Wirtschaftsgesellschaft entfremdete Kulturintelligenz, weil sie – um eine Bezeichnung von Karl Mannheim (1893-1947) aus den zwanziger Jahren zu übernehmen (…) – "freischwebend" zu Einsichten komme, die den inzwischen verbürgerlichten Arbeitern nicht zugänglich seien. Den Parteimarxisten ist sicherlich zuzustimmen, dass eine Lehre, die den ,"Freischwebenden" die Funktion zuweist, revolutionäres Subjekt zu sein, kaum noch materialistisch genannt werden kann: Der Marxismus wird in diesen Lehren zu einem "Überbau-Marxismus"."

(Scheuch, Erwin K. Sozialer Wandel, Band 1: Theorien des sozialen Wandels. Wiesbaden: Westdeutscher Verlag, 2003. S. 32)


Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
aber wenn von einer kulturellen Linken oder einem Kulturmarxismus die Rede ist (im sachlichen politologischen Diskurs), dann kommt darin zum Ausdruck, dass beginnend mit dem westlichen Neomarxismus allmählich eine kulturelle Wende innerhalb der Linken stattgefunden hat

Nur ist das halt, wenn man sich die Geschichte des Marxismus anschaut, nirgendwo nachweisbar: Auseinandersetzungen mit Kunst und Kultur hat es im Marxismus schon immer gegeben, seit den Frühschriften von Marx und Engels. Was stattgefunden hat, ist eine Vertreibung der Marxisten bzw. generell "linker" Theoriebildung (Sozialdemokraten und linken Keynesianern ging es ja nicht besser) aus den ökonomischen Fakultäten und zunehmend auch aus dem öffentlichen Diskurs über Ökonomie. Jede Verschiebung innerhalb der Linken von ökonomischen zu kulturpolitischen Themen ist ein Resultat dieses akademischen und medialen Ostrazismus.


Die "Vertreibung" der akademischen Linken aus den wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten (und deren Einzug in die geistes- oder kulturwissenschaftlichen Fakultäten) mag ein institutioneller Grund für die Schwächung des alten ökonomischen "Basis-Marxismus" sein; aber dahinter steht auch ein theoretischer Wandel im marxistischen Denken selbst.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
…d.h. eine Schwerpunktverlagerung hin zum soziokulturellen "Überbau" und damit eine Aufhebung oder Überwindung des streng ökonomischen Basisdeterminismus (historischen Materialismus) des klassischen Marxismus.

Es gab keine "Verschiebung hin zum Überbau", sondern eine Infragestellung des Basis-Überbau-Schemas auf der Ebene der Theorie selbst.


Ich bin auch kein Gramsci-Fachmann, aber mit seinem Begriff eines historischen Blocks scheint er eine soziale Synthese von Basis und Überbau zu postulieren, die deren Trennung "dialektisch aufhebt", also sowohl beseitigt als auch bewahrt.

Zitat:
"In place of the common Marxist division of economic “structure” and “superstructure”, Gramsci proposed the concept of a “historical bloc” (blocco storico). This was a composite of distinct class and social forces joined politically and culturally under a specific form of hegemony."

Quelle: https://plato.stanford.edu/entries/gramsci/


Mein allgemeiner Eindruck ist jedenfalls, dass die postklassischen Marxisten begonnen haben, ganzheitlicher zu denken, d.h. über den rein wirtschaftlichen Klassenkampf zwischen "Proletariat" und "Bourgeoisie" sowie dessen (angeblich vorprogrammierte) geschichtliche Entwicklung hinaus.
Im Zuge dessen haben sie außer der alten Arbeiterklasse andere soziale "Opfergruppen" entdeckt, die nicht durch ihre wirtschaftliche Rolle und Stellung in der Gesellschaft definiert sind. Diese sind es, die nun im Mittelpunkt der woken Politik der "Diversität, Äquität & Inklusion", der Politik der "Identität" bzw. "Differenz" und der Politik der "Anerkennung" ("recognition") stehen.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
Die Kultur ist also kein bloßer "Appendix" der Ökonomie.

Weswegen eben das Basis-Überbau-Schema aufzugeben (bzw. was in diesem Falle das selbe ist: richtig einzuordnen) ist. Was mich zu der Frage zurückführt, warum du das immer noch ohne mit der Wimper zu zucken verwendest.


Die alte Marxsche Unterscheidung ist insofern weiterhin nützlich, als sie einen realen Wandel innerhalb in der Marxismusgeschichte markiert, nämlich—wie schon gesagt—eine Schwerpunktverlagerung von einem ökonomistischen "Basis-Marxismus" zu einem kulturalistischen "Überbau-Marxismus", wobei der Kulturbegriff sehr weit gefasst ist und sich mitnichten nur auf die Kunst bezieht.

Bezeichnungen wie "the cultural turn (of the left)", "the cultural left", "cultural marxism/socialism" und "(Marxist) cultural studies" beziehen sich doch nicht auf bloße Fiktionen.
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Myron
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Beitrag(#2301553) Verfasst am: 28.11.2023, 00:46    Titel: Antworten mit Zitat

@Tarvoc: Mich würde interessieren, wo du die Wache (Woke) Linke des 21. Jahrhunderts ideologisch & historisch einordnest.
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tillich (epigonal)
hat Spaß



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Beitrag(#2301554) Verfasst am: 28.11.2023, 01:02    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Es gibt unter Linken ganz grundsätzlich, um nicht zu sagen notorisch, Kritik von allen an allen für alles Mögliche. Dass das in irgendeiner herausragenden oder auch nur nennenswerten Weise unter dem Vorzeichen einer binären begrifflichen Spaltung zwischen "woken" und "nicht-woken Linken" geschähe, entspringt hingegen ausschließlich deiner Phantasie.

Myron hat folgendes geschrieben:
@Tarvoc: Mich würde interessieren, wo du die Wache (Woke) Linke des 21. Jahrhunderts ideologisch & historisch einordnest.

Komplett von der Rolle
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"YOU HAVE TO START OUT LEARNING TO BELIEVE THE LITTLE LIES." -- "So we can believe the big ones?" -- "YES."

(Death / Susan, in: Pratchett, Hogfather)
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Myron
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Beitrag(#2301555) Verfasst am: 28.11.2023, 01:32    Titel: Antworten mit Zitat

Der Politologe Eric Kaufmann sagt in einem Interview vom Januar 2023 Folgendes:

Zitat:
"Eric Kaufmann: Now, what it is, it's a clash between I guess what I'd call "cultural liberalism," which is free speech, equal treatment, due process, rational science, on the one hand, objective truth — against "cultural socialism," which is really about, you know — the most important value is protecting these minority groups from any kind of psychological harm, and we need equal outcomes. If we don't have, if there's any race gap, gender gap, that's automatic evidence of white privilege, and patriarchy, and white supremacy. You know, so this is sort of the ideology that's challenging cultural liberalism, which has been really the sort of operating model for our societies.

Sharyl: Did you come up with the term "cultural socialism"?

Kaufmann: Yeah. I just think this is the best term to describe what we're talking about, which, in simple terms, is about transposing the oppressor-oppressed radical transformation framework from Marxism onto a cultural plane of identity groups. So, it's not about class anymore, but it's about race, gender, sexuality. And that's sort of the simplest way to understand what we're in."

Quelle: https://fullmeasure.news/news/shows/cultural-socialism


Er bevorzugt also den Namen "kultureller Sozialismus" für die Wache Linke; aber in einem (lesenswerten) Aufsatz aus dem Jahr 2020 mit dem Titel "Liberal Fundamentalism: A Sociology of Wokeness" stellt er sie als einen hauptsächlich aus einem "Linksmodernismus" entstandenen "liberalen Fundamentalismus" dar:

Zitat:
"The Awokening’s roots are more liberal than socialist. At this ideology’s core is a simple emotional binary that began with the minoritarian liberalism of the nineteenth century, in which minorities are viewed warmly and majorities coolly. I term this the liberal iden­tity.

The liberal identity has steadily diverged from liberal principles, and its blend of ideas is now best characterized as left-modernism, a blend of cultural egalitarianism and modernist individualism.

Why liberal fundamentalism? After all, illiberalism in the name of “social justice” is this movement’s calling card. This cognitive disso­nance doesn’t arise from liberal principles, but from liberal identity. Liberalism’s concern with the tyranny of the majority has produced a minoritarian sensibility that has morphed into a perfectionist left-modernism, which is profoundly illiberal.

The liberal Progressive movement of the first decade of the twentieth century is an important chrysalis for today’s dominant ideology, the blend of liberal and leftist ideas that I term left-modern­ism. Liberal Progressivism brought together university-educated lib­eral Protestants like John Dewey and Jane Addams with freethinkers like William James and Felix Adler.

Left-modernism’s roots lie in minoritarian liberalism, not socialism, which envisioned a majoritarian uprising of the working masses. In this sense, socialism was closer to ideas of “the people,” like nationalism and populist democracy, than to left-liberalism.

At the same time, left-leaning liberals—the so-called lyrical Left—had a tense relationship with socialism. While drawn to the utopian dreams of Marxism, many of these left-modernists found themselves repelled by Soviet socialism’s doctrinaire conformity and political demands.

The sacralization of race by left-modernists would prove monumentally important in the decades to come. The anti-WASP ethos of the early left-modernists gradually evolved into a generalized anti-whiteness as white Catholics and Jews assimilated into a new un­hyphenated white majority. Robin DiAngelo’s “white fragility” and Noel Ignatiev’s 1990s critical race theory trope of “abolishing the white race” stem from the same liberal mindset as Mencken and Bourne’s anti-WASP diatribes.
This development, it should be stressed, originates not with Marx­ism but with liberalism’s minoritarian sympathies and anti-majority ethos. In effect, liberalism’s categories of majority and minority cultural identities were plugged into socialism’s oppressor-oppressed terminal, filling the blank slots left by the bourgeoisie and the pro­letariat. While those who point to wokeness as a cultural form of Marxism are partially correct, these influences came later, and ferti­lized a preexisting liberal matrix."

Quelle: https://americanaffairsjournal.org/2020/11/liberal-fundamentalism-a-sociology-of-wokeness/
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Beitrag(#2301556) Verfasst am: 28.11.2023, 01:49    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Es gibt unter Linken ganz grundsätzlich, um nicht zu sagen notorisch, Kritik von allen an allen für alles Mögliche. Dass das in irgendeiner herausragenden oder auch nur nennenswerten Weise unter dem Vorzeichen einer binären begrifflichen Spaltung zwischen "woken" und "nicht-woken Linken" geschähe, entspringt hingegen ausschließlich deiner Phantasie.

Myron hat folgendes geschrieben:
@Tarvoc: Mich würde interessieren, wo du die Wache (Woke) Linke des 21. Jahrhunderts ideologisch & historisch einordnest.

Komplett von der Rolle


Von wegen! Wenn beispielsweise von der Neuen Linken der 60er Jahre die Rede ist, dann handelt es sich dabei unbestreitbar um ein reales Phänomen innerhalb der langen Geschichte der Linken, das sich ideologisch-historisch einordnen lässt—auch wenn es nicht leicht zu fassen ist und sich nicht auf einen einfachen Nenner bringen lässt. Gleiches gilt für die Wache Linke der Gegenwart; und es ist offenkundig falsch, dass sie sich in nichts von allen linken Vorgängern unterscheidet.
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Beitrag(#2301557) Verfasst am: 28.11.2023, 01:52    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
…[Kaufmann] bevorzugt also den Namen "kultureller Sozialismus" für die Wache Linke; aber in einem (lesenswerten) Aufsatz aus dem Jahr 2020 mit dem Titel "Liberal Fundamentalism: A Sociology of Wokeness" stellt er sie als einen hauptsächlich aus einem "Linksmodernismus" entstandenen "liberalen Fundamentalismus" dar:…


Wir haben es allerdings in der Wachen Linken auch mit einem Linkspostmodernismus zu tun.
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Beitrag(#2301559) Verfasst am: 28.11.2023, 10:06    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Soweit ich mich entsinne, habe ich nicht behauptet, dass sich klassische Marxisten niemals mit Kunst und Kultur befasst haben. Nichtsdestoweniger ist der klassische Marxismus in einem Maße [...] ökonomozentrisch, wie es der Neomarxismus nicht mehr ist.

Nach dem Maßstab ist auch Benjamin ein klassischer Marxist. zwinkern Und selbst Adornos Werk ist nicht ohne Grund in großen Teilen einer Kritik der Kulturindustrie und der Durchdringung der "Kultur" mit ökonomischen Kategorien gewidmet.

Myron hat folgendes geschrieben:
"Neo-Marxism: An updated and revised form of Marxism that rejects determinism, the primacy of economics and the privileged status of the proletariat."

(Heywood, Andrew. Political Ideologies: An Introduction. 7th ed. London: Red Globe/Macmillan, 2021. p. 93)

Noch so ein Objekt, das nicht existiert. Welcher Marxist lehnt denn das "Primat" des Ökonomischen ab? Nur der, der aufhòrt, Marxist zu sein. Das Problem hier ist, dass ein Prozess einer Neubestimmung dessen, was "Primat der Ökonomie" bedeutet, als Prozess der Abkehr vom Primat der Ökonomie missverstanden wird. Das ist insofern verständlich, als tatsächlich einige Leute in diesem Prozess ganz vom Marxismus absprangen (Lyotard, Foucault, etc.).

Myron hat folgendes geschrieben:
Die "Vertreibung" der akademischen Linken aus den wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten (und deren Einzug in die geistes- oder kulturwissenschaftlichen Fakultäten) mag ein institutioneller Grund für die Schwächung des alten ökonomischen "Basis-Marxismus" sein; aber dahinter steht auch ein theoretischer Wandel im marxistischen Denken selbst.

Aha. Also dahinter, nämlich hinter dem Ausschluss von Marxisten und anderen wie z. B. linken Keynesianern aus den ökonomischen Fakultäten durch die Neoklassik steht also ein theoretischer Wandel innerhalb des Marxismus. Also die Marxisten sind an ihrem eigenen Ausschluss Schuld. Pillepalle

Myron hat folgendes geschrieben:
Ich bin auch kein Gramsci-Fachmann, aber mit seinem Begriff eines historischen Blocks scheint er eine soziale Synthese von Basis und Überbau zu postulieren, die deren Trennung "dialektisch aufhebt", also sowohl beseitigt als auch bewahrt.

Gramsci kenne ich auch nur als konkurrierenden Ansatz zu Althusser. Mit diesem (Althusser) stimme ich darin überein, dass eine "Synthese von Basis und Überbau", die nicht nur Wortspielerei sein, sondern den Dualismus wirklich überwinden will, sich erstmal darauf verständigen muss, was das "Basis-Überbau-Schema" überhaupt ist, nämlich ein bloßes metaphorisches Beobachtungsschema, und damit nicht selbst eine Theorie oder auch nur ein Baustein einer fertigen Theorie, sondern eine Vorstufe einer wirklichen Theorie, die mit deren Entwicklung wegfallen kann bzw. sich in den neuen Begrifflichkeiten und Erklärungsmustern auflöst. (Althusser meint, dies mit seiner Theorie der ISAs und der gesellschaftlichen Reproduktion geleistet zu haben.)

Myron hat folgendes geschrieben:
Mein allgemeiner Eindruck ist jedenfalls, dass die postklassischen Marxisten begonnen haben, ganzheitlicher zu denken, d.h. über den rein wirtschaftlichen Klassenkampf zwischen "Proletariat" und "Bourgeoisie" sowie dessen (angeblich vorprogrammierte) geschichtliche Entwicklung hinaus.

Nehmen wir mal an, das wäre eine adäquate Darstellung dessen, was sich abgespielt hat. Warum ist das jetzt gleich nochmal was Schlechtes?

Myron hat folgendes geschrieben:
Bezeichnungen wie "the cultural turn (of the left)", "the cultural left", "cultural marxism/socialism" und "(Marxist) cultural studies" beziehen sich doch nicht auf bloße Fiktionen.

"Marxist cultural studies" ist da, wo es nicht eine Falschzuschreibung ist, einfach nur ein anderes Wort für Marxisten,die eben Kulturwissenschaft machen. Und was die anderen Begriffe angeht: Da ich sie praktisch nie von Marxisten höre, würde ich mal ganz kackdreist behaupten: Doch, das sind bloße Fiktionen. Oder bestenfalls Mystifizierungen, die wirklichen Veränderungen und Entwicklungen mehr vernebelt als erhellen.
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Zuletzt bearbeitet von Tarvoc am 28.11.2023, 10:18, insgesamt 5-mal bearbeitet
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Beitrag(#2301560) Verfasst am: 28.11.2023, 10:09    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Es gibt unter Linken ganz grundsätzlich, um nicht zu sagen notorisch, Kritik von allen an allen für alles Mögliche. Dass das in irgendeiner herausragenden oder auch nur nennenswerten Weise unter dem Vorzeichen einer binären begrifflichen Spaltung zwischen "woken" und "nicht-woken Linken" geschähe, entspringt hingegen ausschließlich deiner Phantasie.

Myron hat folgendes geschrieben:
@Tarvoc: Mich würde interessieren, wo du die Wache (Woke) Linke des 21. Jahrhunderts ideologisch & historisch einordnest.

Komplett von der Rolle

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Beitrag(#2301567) Verfasst am: 28.11.2023, 15:23    Titel: Antworten mit Zitat

Hier sind einige Kommentare (von Rechten) zur Frage, in welchem Verhältnis der Wokeismus zum Marxismus und zum Liberalismus steht:

* Edward Feser: What is the relationship between wokeism, Marxism, and liberalism?

* Darrick Taylor: Wokeism Is Liberalism

* Michael Rectenwald: The Maoist Rage of Woke Ideology

* Alexander Riley: Why Wokeism Is Not Marxist

* Paul Gottfried: Marx Was Not Woke

Gottfried (ein "Paläokonservativer") meint:

Zitat:
"Wokeism arises out of the failure of liberalism, not out of the theory of Marxism.

The woke left is an even more grotesque distortion of Marxism than anything the interwar and postwar Frankfurt School brought forth. This left has shed any recognizable Marxist theory, but it continues to venerate Communist heroes while appealing to the interwar struggle between the Communist left and “fascism.” Despite socialist proposals that occasionally enter woke wish lists, corporate capitalists are integral to the post-Marxist left. Nor are such capitalists likely to suffer any ill effects even if the green agenda that most Western countries are pushing is put more broadly into effect.

Unlike Marxism, moreover, the woke left has long ceased paying homage to science and rationality. The left is driven by hate against traditional Americans with fixed gender roles, communal hierarchies, and some form of inherited religious faith. Truth, for the woke left, is determined and redefined by those in power. Woke beliefs have no necessary connection to what is empirically provable, since from the woke perspective, Western science and empirical demonstration are tainted by white, masculine, racist prejudice. Communism in Europe, at least in practice, never showed the frenzied nihilistic energy that seems endemic to the woke left. From tearing down statues to abolishing genders to inciting mob violence against white Americans to throwing open borders for invasion by Third World migrants, the woke left seems far more socially and culturally destructive than most past Communist governments.

Hazony’s key point in identifying the woke left as Marxist is their shared focus on the historical struggle between the oppressors and oppressed. This struggle is certainly foundational for Marx and the Marxists, but it is one that other ideologies and movements have embraced as well."
—Paul Gottfried


Dagegen hält Hazony den Wokeismus für "an updated Marxism":

Zitat:
"Anti-Marxist liberals have labored under numerous disadvantages in the recent struggles to maintain control of liberal organizations. One is that they are often not confident they can use the term “Marxist” in good faith to describe those seeking to overthrow them. This is because their tormentors do not follow the precedent of the Communist Party, the Nazis, and various other political movements that branded themselves using a particular party name and issued an explicit manifesto to define it. Instead, they disorient their opponents by referring to their beliefs with a shifting vocabulary of terms, including “the Left,” “Progressivism,” “Social Justice,” “Anti-Racism,” “Anti-Fascism,” “Black Lives Matter,” “Critical Race Theory,” “Identity Politics,” “Political Correctness,” “Wokeness,” and more. When liberals try to use these terms, they often find themselves deplored for not using them correctly, and this itself becomes a weapon in the hands of those who wish to humiliate and ultimately destroy them.

The best way to escape this trap is to recognize the movement presently seeking to overthrow liberalism for what it is: an updated version of Marxism. I do not say this to disparage anyone. I say this because it is true. And because recognizing this truth will help us understand what we are facing.

The new Marxists do not use the technical jargon that was devised by the nineteenth-century Communist Party. They don’t talk about the bourgeoisie, proletariat, class struggle, alienation of labor, commodity fetishism, and the rest, and in fact they have developed their own jargon tailored to present circumstances in America, Britain, and elsewhere. Nevertheless, their politics are based on Marx’s framework for critiquing liberalism (what Marx calls the “ideology of the bourgeoisie”) and overthrowing it. We can describe Marx’s political framework as follows:

1. Oppressor and Oppressed. Marx argues that, as an empirical matter, people invariably form themselves into cohesive groups (he calls them classes), which exploit one another to the extent they are able. A liberal political order is no different in this from any other, and it tends toward two classes, one of which owns and controls pretty much everything (the oppressor); while the other is exploited, and the fruit of its labor appropriated, so that it does not advance and, in fact, remains forever enslaved (the oppressed). In addition, Marx sees the state itself, its laws and its mechanisms of enforcement, as a tool that the oppressor class uses to keep the regime of oppression in place and to assist in carrying out this work.

2. False Consciousness. Marx recognizes that the liberal businessmen, politicians, lawyers, and intellectuals who keep this system in place are unaware that they are the oppressors, and that what they think of as progress has only established new conditions of oppression. Indeed, even the working class may not know that they are exploited and oppressed. This is because they all think in terms of think in terms of liberal categories (for example, the individual’s right to freely sell his labor) which obscure the systematic oppression that is taking place. This ignorance of the fact that one is an oppressor or oppressed is called the ruling ideology (Engels’s later coined the phrase false consciousness to describe it), and it is only overcome when one is awakened to what is happening and learns to recognize reality using true categories.

3. Revolutionary Reconstitution of Society. Marx suggests that, historically, oppressed classes have materially improved their conditions only through a revolutionary reconstitution of society at large—that is, through the destruction of the oppressor class and of the social norms and ideas that hold the regime of systematic oppression in place. He even specifies that liberals will supply the oppressed with the tools needed to overthrow them. There is a period of “more or less veiled civil war, raging within existing society, up to the point where that war breaks out into open revolution” and the “violent overthrow” of the liberal oppressors. At this point, the oppressed seize control of the state.

4. Total Disappearance of Class Antagonisms. Marx promises that after the oppressed underclass takes control of the state, the exploitation of individuals by other individuals will be “put to an end” and the antagonism between classes of individuals will totally disappear. How this is to be done is not specified.

Marxist political theories have undergone much development and elaboration over nearly two centuries. The story of how “neo-Marxism” emerged after the First World War in the writings of Antonio Gramsci and the Frankfurt School has been frequently told, and academics will have their hands full for many years to come arguing over how much influence was exerted on various successor movements by Herbert Marcuse, Michel Foucault, post-modernism, and more. But for present purposes, this level of detail is not necessary, and I will use the term “Marxist” in a broad sense to refer to any political or intellectual movement that is built upon Marx’s general framework as I’ve just described it. This includes the “Progressive” or “Anti-Racism” movement that has overtaken liberal institutions in America and other countries. This movement uses racial and gender categories to describe the oppressors and the oppressed in our day. But it relies entirely on Marx’s general framework for its critique of liberalism and for its plan of action against the liberal political order. It is simply an updated Marxism—one that has taken the oppressed to be people of color and LGBTQ rather than the working class."

(Hazony, Yoram. Conservatism: A Rediscovery. Washington, DC: Regnery Gateway, 2022.)
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Myron
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Beitrag(#2301568) Verfasst am: 28.11.2023, 15:55    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:

Myron hat folgendes geschrieben:
Die "Vertreibung" der akademischen Linken aus den wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten (und deren Einzug in die geistes- oder kulturwissenschaftlichen Fakultäten) mag ein institutioneller Grund für die Schwächung des alten ökonomischen "Basis-Marxismus" sein; aber dahinter steht auch ein theoretischer Wandel im marxistischen Denken selbst.

Aha. Also dahinter, nämlich hinter dem Ausschluss von Marxisten und anderen wie z. B. linken Keynesianern aus den ökonomischen Fakultäten durch die Neoklassik steht also ein theoretischer Wandel innerhalb des Marxismus. Also die Marxisten sind an ihrem eigenen Ausschluss Schuld.


Mit dem theoretischen Wandel "dahinter" meine ich nicht den Grund für die Vertreibung/den Ausschluss der marxistischen Akademiker aus den ökonomischen Fakultäten. Vielleicht hätte ich das Wort "daneben" verwenden sollen.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:

Myron hat folgendes geschrieben:
Mein allgemeiner Eindruck ist jedenfalls, dass die postklassischen Marxisten begonnen haben, ganzheitlicher zu denken, d.h. über den rein wirtschaftlichen Klassenkampf zwischen "Proletariat" und "Bourgeoisie" sowie dessen (angeblich vorprogrammierte) geschichtliche Entwicklung hinaus.

Nehmen wir mal an, das wäre eine adäquate Darstellung dessen, was sich abgespielt hat. Warum ist das jetzt gleich nochmal was Schlechtes?


Bislang ist es hier nur um eine sachliche ideologiehistorische Beschreibung gegangen und nicht um eine politische Bewertung.
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Beitrag(#2301570) Verfasst am: 28.11.2023, 17:34    Titel: Antworten mit Zitat

Der Wokeismus hat sowohl marxistische als auch liberalistische Wurzeln, aber er steckt meiner Meinung nach tiefer im Sozialismus als im Liberalismus. Er ist mit seinem Egalitarismus eher ein liberaler Sozialismus als ein sozialer Liberalismus, wobei ich den Namen liberaler Sozialismus auch nicht für wirklich passend halte. Wäre libertärer Sozialismus besser? Ich denke nicht, denn im ursprünglichen Sinn bedeutet Libertarismus so viel wie Anarchismus; und als Anarchosozialisten würde ich die Woke Linke auch nicht bezeichnen. Denn zur Verwirklichung ihrer egalitären und antidiskriminatorischen Grundwerte Diversität, Äquität & Inklusion und zur entsprechenden Herstellung von Gleichheit und sozialer Gerechtigkeit benötigen sie ja einen großen und starken Staat mit seinem bürokratisch-juristischen Apparat. In dieser Hinsicht ist die Woke Linke nicht anarchistisch (anti-etatistisch), sondern archistisch (etatistisch).

In vorherigen Beiträgen war bereits die Rede vom Wokeismus als Kulturmarxismus (cultural marxism) oder Kultursozialismus (cultural socialism). Was genau unter "Kultur" zu verstehen ist, ist eine Sache; aber es geht allgemein um einen "Überbaumarxismus", der sich vom alten ökonomistischen "Basismarxismus" unterscheidet. Vollkommen zufrieden bin ich mit der (von Eric Kaufmann bevorzugten) Bezeichnung cultural socialism aber nicht, wobei ich sie besser finde als cultural marxism.

Welche alternative Bezeichnung bietet sich an? Beim Durchlesen des Inhaltsverzeichnisses eines demnächst erscheinenden Buches von Graham Harrison mit dem Titel The Internet Left: Ideology in the Age of Social Media bin ich auf den Namen identitarian socialism (identitärer Sozialismus) gestoßen, der gar nicht schlecht ist.
Identitär bezieht sich auf die identitätspolitische Ausrichtung der woken Linken; und da diese Bezeichnung im Gegensatz z.B. zu liberaler/libertärer Sozialismus noch nicht gebräuchlich ist, bietet sie sich zur Unterscheidung der woken Linken von der vor-/nichtwoken Linken an.

(Neben dem Linksidentitarismus der Woken gibt es den völkischen Rechtsidentitarismus der Faschos.)
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Beitrag(#2301571) Verfasst am: 28.11.2023, 22:58    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Welche alternative Bezeichnung bietet sich an? Beim Durchlesen des Inhaltsverzeichnisses eines demnächst erscheinenden Buches von Graham Harrison mit dem Titel The Internet Left: Ideology in the Age of Social Media bin ich auf den Namen identitarian socialism (identitärer Sozialismus) gestoßen, der gar nicht schlecht ist.


Den Ausdruck "(the) identitarian left"/"(die) identitäre Linke" findet man bereits öfter.
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Beitrag(#2301572) Verfasst am: 28.11.2023, 23:26    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:

Komplett von der Rolle indeed.


Ein Beispiel für linke Kritik an der Wachen (Identitären/Kulturellen) Linken:

"Der laut verfochtene Antirassismus lenkt vom Klassenkampf ab: Ein amerikanischer Linker attackiert die Identitätspolitik
Arm oder reich? Die materiellen Lebensgrundlagen definierten den gesellschaftlichen Status eines Menschen stärker als die Hautfarbe oder die sexuelle Orientierung – das schreibt der Literaturwissenschafter Walter Benn Michaels und macht sich damit wenig Freunde."


Quelle: https://www.nzz.ch/feuilleton/der-trubel-um-diversitaet-walter-benn-michaels-ueber-identitaeten-ld.1660088
Zitat:

"[T]he point of this book as a whole is that the least important thing about us—our identity—is the thing we have become most committed to talking about, and that this commitment is, especially from the standpoint of a left politics, a profound mistake. What it means is that the political left—increasingly committed to the celebration of diversity and the redress of historical grievance—has converted itself into the accomplice rather than the opponent of the right. The old Socialist leader Eugene Debs used to be criticized for being unwilling to interest himself in any social reform that didn’t involve the attack on economic inequality. The situation now is almost exactly the opposite; the left today obsessively interests itself in issues that have nothing to do with economic inequality.

And, not content with pretending that our real problem is cultural difference rather than economic difference, we have also started to treat economic difference as if it were cultural difference. So now we’re urged to be more respectful of poor people and to stop thinking of them as victims, since to treat them as victims is condescending—it denies them their “agency.” And if we can stop thinking of the poor as people who have too little money and start thinking of them instead as people who have too little respect, then it’s our attitude toward the poor, not their poverty, that becomes the problem to be solved, and we can focus our efforts of reform not on getting rid of classes but on getting rid of what we like to call classism. The trick, in other words, is to stop thinking of poverty as a disadvantage, and once you stop thinking of it as a disadvantage then, of course, you no longer need to worry about getting rid of it. More generally, the trick is to think of inequality as a consequence of our prejudices rather than as a consequence of our social system and thus to turn the project of creating a more egalitarian society into the project of getting people (ourselves and, especially, others) to stop being racist, sexist, classist homophobes. This book is an attack on that trick."

(Michaels, Walter Benn. The Trouble with Diversity: How We Learned to Love Identity and Ignore Inequality. New York: Metropolitan Books, 2006. pp. 19-20)


"Zurück zur Klassenpolitik" – so lautet der Titel eines Textes von Richard Rorty:

Zitat:
"The Vietnam War saw the end of the traditional alliance between the academics and the unions—an alliance which had nudged the Democratic party steadily to the left during the previous twenty years. We are still living with the consequences of the anti–Vietnam War movement, and in particular with those of the rage of the increasingly manic student protesters of the late 1960s. These protesters were absolutely right that Vietnam was an unjust war, a massacre of which our country will always be ashamed. But when the students began to burn flags, and to spit at returning soldiers, they did deeper and more long-lasting damage to the American left than they could ever have imagined. When they began to spell “America” with a “k,” they lost the respect and the sympathy of the union members. Until George McGovern’s defeat in 1972, the New Left did not realize that it had unthinkingly destroyed an alliance which had been central to American leftist politics.

Since those days, leftists in the colleges and universities have concentrated their energies on academic politics rather than on national politics. As Todd Gitlin put it, we academics marched on the English department while the Republicans took over the White House. While we had our backs turned, the labor unions were being steadily ground down by the shift to a service economy, and by the machinations of the Reagan and Bush administrations. The best thing that could happen to the American left would be for the academics to get back into the class struggle, and for the labor union members to forgive and forget the stupid and self-defeating anti-American rhetoric which filled the universities of the late 1960s.

This is not to say that those twenty-five years of inward-looking academic politics were in vain. American campuses are very much better places—morally better places—than they were in 1970. Thanks to all those marches on the English department, and various other departments, the situation of women, gays, lesbians, African-Americans, and Hispanics has been enormously improved. Their new role in the academy is helping improve their situation in the rest of American society.

Nevertheless, leftist academic politics has run its course. It is time to revive the kind of leftist politics which pervaded American campuses from the Great Depression through the early 1960s—a politics which centers on the struggle to prevent the rich from ripping off the rest of the country. If the unions will help us revive this kind of politics, maybe the academy and the labor movement can get together again. Maybe together we can help bring our country closer to the goal which matters most: the classless society. That is the cause for which the AFL-CIO [American Federation of Labor & Congress of Industrial Organizations] organizers are now fighting, and for which some of their predecessors died."

(Rorty, Richard. "Back to Class Politics." 1997. Reprinted in What Can We Hope For? Essays on Politics, edited by W. P. Malecki and Chris Voparil, 138-145. Princeton, NJ: Princeton University Press, 2022. pp. 144-5)
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