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GWUP: Diskussion um den sogenannten _Wokeismus_
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Myron
Metaphysischer Materialist



Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3515

Beitrag(#2301575) Verfasst am: 29.11.2023, 00:12    Titel: Antworten mit Zitat

+++Da die GWUP nur im ersten Beitrag erwähnt wird, und es im gesamten Thread um den Wokeismus im Allgemeinen geht, sollte dieser Thread umbenannt werden in Wokeismus oder Die Woke Linke.+++
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tillich (epigonal)
hat Spaß



Anmeldungsdatum: 12.04.2006
Beiträge: 21818

Beitrag(#2301580) Verfasst am: 29.11.2023, 17:22    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
+++Da die GWUP nur im ersten Beitrag erwähnt wird, und es im gesamten Thread um den Wokeismus im Allgemeinen geht, sollte dieser Thread umbenannt werden in Wokeismus oder Die Woke Linke.+++

Besser:
Ursprünglichen Titel abändern:
Zitat:
GWUP: Diskussion um den sogenannten "Wokeismus"

Die Diskussion ging ja gerade darum, ob das überhaupt ein sinnvoller Begriff ist bzw. was man implizit voraussetzt und damit macht und behauptet, wenn man diesen Begriff benutzt.
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astarte
Foren-Admin
Foren-Admin



Anmeldungsdatum: 13.11.2006
Beiträge: 46488

Beitrag(#2301582) Verfasst am: 29.11.2023, 18:14    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
+++Da die GWUP nur im ersten Beitrag erwähnt wird, und es im gesamten Thread um den Wokeismus im Allgemeinen geht, sollte dieser Thread umbenannt werden in Wokeismus oder Die Woke Linke.+++

Besser:
Ursprünglichen Titel abändern:
Zitat:
GWUP: Diskussion um den sogenannten "Wokeismus"

Die Diskussion ging ja gerade darum, ob das überhaupt ein sinnvoller Begriff ist bzw. was man implizit voraussetzt und damit macht und behauptet, wenn man diesen Begriff benutzt.

Gute Idee.
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Tja
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smallie
resistent!?



Anmeldungsdatum: 02.04.2010
Beiträge: 3649

Beitrag(#2301593) Verfasst am: 30.11.2023, 13:32    Titel: Antworten mit Zitat

Zu Woke sage ich erst mal nichts.

narr hat folgendes geschrieben:
Die "Woke-Bewegung" hat sich inzwischen zur Ideologie entwickelt. Grundlage sind nicht mehr wissenschaftliche Regeln, sondern "Gefühle". Begriffe wie "westliche Wissenschaft" werden ohne nachzudenken benutzt. Aber was soll denn "westliche Wissenschaft" sein?

Der Vorfall in Neuseeland zur M?tauranga M?ori ist ein ein ausgezeichnetes Beispiel für das Abdriften der "Woke-Bewegung", das auch schon in Westeuropa zu beobachten ist.

Herrscht bereits Konsens über Matauranga Maori - die Maori-Weisheit?

Maori-Wissenschaft soll in den Lehrplan:

Pandas Thumb hat folgendes geschrieben:

Chemistry Professor Paul Kilmartin on "mauri" in the NZ Chemistry/Biology curriculum
By Nick Matzke
February 20, 2022 17:00 MST


Zitat:
These were proposed last year for inclusion in the NCEA curriculum, and have been piloted in some schools.

I understand that this year, a further 5 schools will be involved in mini-pilots, with full pilots to take place next year, and full implementation by 2024.

One of the Big Ideas in the Chemistry area has to do with the properties of matter, as follows:

Bild: Mauri is present in all matter. All particles have their own mauri und presence as part of a larger whole, for example within a molecule, polymer, salt or metal.

The following Glossary is provided, where mauri is defined as:

Bild: Mauri - The vital essence, life force of everything: be it a physical object, living thing or ecosystem.

[...]

One final example of mauri is of interest to myself as an electrochemist, given our use of electricity to interface with chemistry. And this relates to domestic electrical wiring. In the current New Zealand Electrical Code of Practice, we are encouraged to think of the Green/Yellow=Earth wire as a Papatuanuku or Earth Mother.

Bild: New Zealand Electrical Code of Practise

Beim letzten Bild wird die Phase wird als tapu eingeordnet.

Wikipedia beschreibt tapu so:

Maori Religion hat folgendes geschrieben:
Das Wort tapu kann als "heilig", als " spirituelle Vorschrift" oder als "implizites Verbot" interpretiert werden; es beinhaltet Regeln und Verbote. Es gibt zwei Arten von Tapu: privates Tapu (in Bezug auf Einzelpersonen) und öffentliches Tapu (in Bezug auf Gemeinschaften). Eine Person, ein Gegenstand oder ein Ort, der tapu ist, darf nicht berührt werden, in manchen Fällen darf man sich ihm nicht einmal nähern. Eine Person, ein Objekt oder ein Ort kann durch Tapu für eine bestimmte Zeit heilig gemacht werden.

In der M?ori-Gesellschaft vor dem europäischen Kontakt war Tapu eine der stärksten Kräfte im Leben der M?ori. Ein Verstoß gegen Tapu konnte schlimme Folgen haben, einschließlich des Todes des Täters durch Krankheit oder durch die Hand eines von der Tat Betroffenen.

https://en.wikipedia.org/wiki/M%C4%81ori_religion

Der Phasenleiter ist also Tapu, weil man ihn besser nicht anfaßt, sonst wischts dir eine.

Eine "nützliche Parallele", behauptet der Text. Wenn's hilft. So auf Kleinkindniveau passts schon: "Da ist Aua drin!"


Es kommt noch schlimmer:

Maori-Religion hat folgendes geschrieben:
In früheren Zeiten galten Speisen, die für eine Person von hohem Rang gekocht wurden, als tapu und durften von einem Untergebenen nicht gegessen werden.

Mit diesem Satz ist klar: die Maori waren eine stratifizierte Gesellschaft. Nix edle Wilde, die untereinander gleichberechtigt in Einklang mit der Natur leben. Ich wette einen Fünfer, die hatten Sklavenhaltung und Vielweiberei. Frauenrechte, Schwulenrechte, Kinderrechte? Eher nicht.

Da hat wohl jemand das Verfallsdatum von Matauranga Maori nicht überprüft.
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VanHanegem
Weltmeister



Anmeldungsdatum: 24.04.2006
Beiträge: 2968

Beitrag(#2301596) Verfasst am: 30.11.2023, 15:12    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
Mit diesem Satz ist klar: die Maori waren eine stratifizierte Gesellschaft. Nix edle Wilde, die untereinander gleichberechtigt in Einklang mit der Natur leben. Ich wette einen Fünfer, die hatten Sklavenhaltung und Vielweiberei. Frauenrechte, Schwulenrechte, Kinderrechte? Eher nicht.

Die Marotte etablierter Zivilisationen, indigenen Gesellschaften ihre Wunschvorstellungen aufzudrücken kennen wir spätestens seit Tacitus (Germania). Befriedigt anscheinend ein wohlstandsbürgerliches Grundbedürfnis.
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smallie
resistent!?



Anmeldungsdatum: 02.04.2010
Beiträge: 3649

Beitrag(#2301599) Verfasst am: 30.11.2023, 16:42    Titel: Antworten mit Zitat

Lebendige Flüsse, ontologische Überlegenheit und eine veritable Verschwörungstheorie


Im Denken der Maori werden mitunter natürliche Gegebenheiten als lebendig angesehen, Flüsse zum Beispiel.

Der folgende Text stammt von Maori-Wissenschaftlern und erwähnt eine derartige Studie. Hab' ein bisschen wissenschaftstheoretisches Fleisch drangelassen, weil ontological supremacy eine Standardkritik an der, errmm, westlichen Wissenschaft ist.

Journal of Experimental Biology hat folgendes geschrieben:
Moving beyond ontological (worldview) supremacy: Indigenous insights and a recovery guide for settler-colonial scientists

Journal of Experimental Biology - June 2023

Zur Überwindung der ontologischen (Weltanschauungs-)Vorherrschaft: Indigene Einsichten und ein Leitfaden zur Rettung siedler-kolonialer Wissenschaftler

Biowissenschaftler gehen heute oft von einem "objektivistischen" und universellen Wissen aus, das aus der frühen westlichen Wissenschaftsphilosophie stammt ... Dem "Mythos der wissenschaftlichen Objektivität" folgend, betrachten Wissenschaftler, die sich mit natürlichen Systemen befassen, die natürliche Welt oft als "Objekt", was im Gegensatz zu relationaler Ethik und indigenen Seins- und Wissensweisen steht.

Obwohl das Streben nach Objektivität ein mächtiges Instrument ist, kann es dazu führen, dass Wissenschaftler und Lernende der Wissenschaft andere Formen der Wissenschaft fälschlicherweise als "unwissenschaftlich" bezeichnen. ...

[z. B. das Verständnis der Biophysik von Flüssen als lebende Einheiten in Aotearoa (Brierley et al., 2022) oder die Untersuchung der genetisch-sprachlichen Verbindungen zwischen Grizzlybären und indigenen Gemeinschaften (Henson et al., 2021)].


Hab mir beide Arbeiten angesehen. Solide, aber nichts Neues, beide hart an der Grenze zum Trivialen. . Vom lebenden Fluß bleibt in der einen Arbeit nur eine Metapher. Ob das auf die an anderer Stelle angesprochenen Differenzen indigener und Siedler-Wissenschaftler zurückgeht?


Fluß-Studie hat folgendes geschrieben:
Die Wiederbelebung der strangulierten Flüsse in Aotearoa, Neuseeland

Die heutigen Bewirtschaftungsmethoden haben die Flusssysteme in Aotearoa Neuseeland künstlich eingeengt (stranguliert), um eine intensivere Landnutzung in den Anrainergebieten zu ermöglichen. Diese Praktiken arbeiten gegen die Natur und vermindern die Funktionalität und den Wert der biologischen Vielfalt lebender Flüsse sowie die damit verbundenen soziokulturellen Beziehungen zu Flüssen. Die Einengung von Flüssen kann das Hochwasserrisiko verstärken [...]

Bislang wurden in Aotearoa Neuseeland noch keine Maßnahmen ergriffen, um Flüssen mehr Raum zu geben, was solche Mängel beheben könnten. Und das, obwohl solche Praktiken direkt mit den Konzepten der Maori (Ureinwohner) übereinstimmen, die Flüsse als unteilbare, lebendige Einheiten betrachten.

https://wires.onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1002/wat2.1624


Was? Mehr nicht zu den lebenden Flüssen?

Folgend wird der Vertrag von Waitangi erwähnt, der den Maori Rechte über ihre Länder und damit auch die Flüsse eingeräumt haben soll:

Fluß-Studie hat folgendes geschrieben:
Die im Vertrag von Waitangi verankerten Verpflichtungen, die die Rechte der Maori neben den kolonialen Rechten der Siedlergesellschaft geltend machen, sind eine zusätzliche Triebfeder für die Einführung von Initiativen zur Schaffung von mehr Bewegungsraum für Flüsse.


Der Vertrag wurde in drei Tagen geschrieben und in einer Nacht übersetzt mit späteren Nachbesserungen. Die englische und die Maori-Fassungen sind nicht deckungsgleich.


Wikipedia hat folgendes geschrieben:
Treaty of Waitangi 1840

In Artikel zwei des Maori-Textes wird festgelegt, dass die Maori die uneingeschränkte Herrschaft über ihre Ländereien, Dörfer und all ihre Schätze behalten, während der englische Text das fortgesetzte Eigentum der Maori an ihren Ländereien festschreibt und das uneingeschränkte Vorkaufsrecht der Krone festlegt.

Da einige Wörter im englischen Vertrag nicht direkt in die damalige Maori-Sprache übersetzt wurden, ist der Maori-Text keine exakte Übersetzung des englischen Textes, insbesondere in Bezug auf die Bedeutung von "Souveränität haben" und "Souveränität abtreten" Diese Unterschiede führten in den Jahrzehnten nach der Unterzeichnung zu Meinungsverschiedenheiten, die schließlich zu den Neuseelandkriegen von 1845 bis 1872 beitrugen und bis zu den Vereinbarungen im Vertrag von Waitangi in den frühen 1990er Jahren andauerten.

https://en.wikipedia.org/wiki/Treaty_of_Waitangi


Wurde absichtlich falsch übersetzt oder nur aus Eile geschlampt? Warum eigentlich die Eile? Perfekter Stoff für eine Verschwörungstheorie.

Laut Wikipedia legen Gerichte einige Stellen inzwischen so aus, daß taonga, "treasures", "precious things" nicht nur materiellen Besitz und Land bedeutet, sondern auch Sprache und Kultur einschließt. Ebenso sei der Maori-Text die gültige Fassung, denn die wurde von Maori-Hauptlingen unterschrieben.

Ist das der Grund, warum Matauranga Maori in die Lehrpläne soll? Weil Maori-Kultur seit 1840 vertraglich geschützt ist?

PS: Hoffentlich fordert ein schelmischer Maori das Recht auf Polygamie ein. Die gerichtliche Begründung, warum Polygamie nicht geht, möchte ich sehen.
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VanHanegem
Weltmeister



Anmeldungsdatum: 24.04.2006
Beiträge: 2968

Beitrag(#2301600) Verfasst am: 30.11.2023, 20:27    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
Im Denken der Maori werden mitunter natürliche Gegebenheiten als lebendig angesehen, Flüsse zum Beispiel.

Ist aber nicht Maori-spezifisch. So zitiert Aelianus den Aristoteles mit dem Bericht, Pythagoras sei beim Durchwaten des Flusses Kosa vom Fluss selbst angesprochen worden und viele Zeugen hätten diese Anrede gehört.


smallie hat folgendes geschrieben:
Dem "Mythos der wissenschaftlichen Objektivität" folgend, betrachten Wissenschaftler, die sich mit natürlichen Systemen befassen, die natürliche Welt oft als "Objekt"...

geht ebenfalls auf die Vorsokratiker zurück, die erstmals eine rein materielle Basis alles Seienden postuliert haben.


smallie hat folgendes geschrieben:
Hoffentlich fordert ein schelmischer Maori das Recht auf Polygamie ein. Die gerichtliche Begründung, warum Polygamie nicht geht, möchte ich sehen.

Was daran "schelmisch" sein soll, sein gutes Recht als Mann einzufordern erschließt sich mir jetzt nicht so ganz. Aber egal:
Wenn er in NZL nicht damit durchkommt, kann er ja immer noch in D Asyl beantragen.
https://www.welt.de/politik/deutschland/article109544417/Polygamie-in-der-Migranten-Parallelgesellschaft.html
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tillich (epigonal)
hat Spaß



Anmeldungsdatum: 12.04.2006
Beiträge: 21818

Beitrag(#2301601) Verfasst am: 30.11.2023, 20:46    Titel: Antworten mit Zitat

VanHanegem hat folgendes geschrieben:
Wenn er in NZL nicht damit durchkommt, kann er ja immer noch in D Asyl beantragen.
https://www.welt.de/politik/deutschland/article109544417/Polygamie-in-der-Migranten-Parallelgesellschaft.html

Nein, könnte er nicht. Und zwar nicht einmal nach diesem reißerischen, zehn Jahre alten, vor Unsinn nur so strotzenden und tendenziell rassistischen Artikel aus der Springerpresse.
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Zuletzt bearbeitet von tillich (epigonal) am 30.11.2023, 20:54, insgesamt einmal bearbeitet
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tillich (epigonal)
hat Spaß



Anmeldungsdatum: 12.04.2006
Beiträge: 21818

Beitrag(#2301602) Verfasst am: 30.11.2023, 20:53    Titel: Antworten mit Zitat

Und ich möchte einfach mal ganz allgemein fragen, welche Relevanz denn bitteschön der Umgang der Neuseeländer mit dem kulturellen Erbe der von ihnen kolonisierten Maori für uns haben soll, zumal auf dieser ziemlich schmalen Quellenbasis.

Wobei es natürlich völlig legitimerweise diskutiert werden kann. Warum nicht. Nur eben bitte als ein einzelnes Thema, dem man sich dann bitte mit angemessener Tiefe widmen möge, statt es als Steinbruch für Aufreger-Zitathäppchen zu benutzen, die dann mit x-anderen Themen zu einem sinnlosen Brei zusammengerührt werden.

Einige der letzten Beiträge sind dafür gute Ansätze. Deswegen würde ich vorschlagen, dafür einen eigenen Thread zu eröffnen, Titelvorschlag: "Maori-Traditionen und Naturwissenschaft".
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Myron
Metaphysischer Materialist



Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3515

Beitrag(#2301608) Verfasst am: 30.11.2023, 21:43    Titel: Antworten mit Zitat

VanHanegem hat folgendes geschrieben:

Die Marotte etablierter Zivilisationen, indigenen Gesellschaften ihre Wunschvorstellungen aufzudrücken kennen wir spätestens seit Tacitus (Germania). Befriedigt anscheinend ein wohlstandsbürgerliches Grundbedürfnis.


Nun ist es umgekehrt: Der Naturwissenschaft soll die Maori-Mythologie/-Philosophie als gleichwertes Wissenssystem "aufgedrückt" werden!

Hier zeigen sich der postmoderne Relativismus und der Antiszientismus der Wachen Linken: Die moderne Wissenschaft betrachten sie nicht als eine globale Institution der Menschheit, deren Verfahren und Erkenntnisse universell gültig sind, sondern nur als ein lokales/regionales Wissens(erzeugungs)system unter vielen anderen, welche in methodologisch-epistemologischer Hinsicht nicht minder gültig und (mindestens) gleichwertig sind.

Somit gibt es für die Woken so etwas wie die Wissenschaft überhaupt nicht, sondern lediglich unterschiedliche kulturrelative Wissenschaften. Was Leute wie ich "die Wissenschaft" nennen, ist für sie lediglich europäische/abendländische/westliche/weiße Wissenschaft oder sogar nur männliche westliche/weiße Wissenschaft. Außerdem wird diese als "hegemonialer", imperialistisch-kolonialistischer Machtapparat der weißen Rasse und Kultur betrachtet, der mit seinem Überlegenheitsanspruch gegenüber mythischen/philosophischen/religiösen Glaubenssystemen andere Rassen und Kulturen "epistemisch unterdrückt". Das führt zu "epistemischer Ungerechtigkeit" und sogar "epistemischer Gewalt" gegenüber den Kulturen (Mythologien/Philosophien) indigener Völker wie der Maori, gegen die es politisch zu kämpfen gilt – und genau das tun die Wachen Linken in Neuseeland (leider mit Erfolg).


Zuletzt bearbeitet von Myron am 01.12.2023, 02:45, insgesamt einmal bearbeitet
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Myron
Metaphysischer Materialist



Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3515

Beitrag(#2301609) Verfasst am: 30.11.2023, 21:59    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
Lebendige Flüsse, ontologische Überlegenheit und eine veritable Verschwörungstheorie

Im Denken der Maori werden mitunter natürliche Gegebenheiten als lebendig angesehen, Flüsse zum Beispiel. ...


Die Maori-Mythologie ist vitalistisch. Von dieser Sichtweise hat sich die moderne Wissenschaft, insbesondere die Biologie, längst zu Recht verabschiedet. Der Glaube an eine alles durchwaltende, physikalisch-chemisch irreduzible Lebensenergie/-kraft kann nur noch als unwissenschaftlich bezeichnet werden.
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smallie
resistent!?



Anmeldungsdatum: 02.04.2010
Beiträge: 3649

Beitrag(#2301610) Verfasst am: 30.11.2023, 23:06    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Und ich möchte einfach mal ganz allgemein fragen, welche Relevanz denn bitteschön der Umgang der Neuseeländer mit dem kulturellen Erbe der von ihnen kolonisierten Maori für uns haben soll, zumal auf dieser ziemlich schmalen Quellenbasis.

Das Maori-Thema ist unverbraucht. Medial hierzulande kaum präsent und deshalb noch nicht partisan besetzt. Außerdem geographisch weit genug weg und damit in sicherem Abstand zu den üblichen Aufregern.

Es steht ja noch deine Frage im Raum, was woke denn überhaupt sei, wenn nicht Kampfbegriff oder Ausdruck von Präzisierungsfaulheit. Einige Leute haben Antworten gegeben, an Matauranga Maori lassen sie sich überprüfen.

Ich finde die Sache weit über das woke-Thema hinaus spannend: ein Land mit zwei verschiedenen Bevölkerungsgruppen, die kulturelle Autonomie haben. Wieviel Parallelgesellschaft ist machbar?

Wären Amische in Deutschland machbar? Nee, dafür ist Deutschland nicht tolerant genug. Polygamie? Mit den Fingern essen? Nachmittags Khat kauen?

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Hoppla. Wikipedia sagt, Anteil Maori-Religion: 1,3 %. Vergesst, was ich zur Parallelgesellschaft gesagt habe.
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Myron
Metaphysischer Materialist



Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3515

Beitrag(#2301611) Verfasst am: 30.11.2023, 23:45    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:

Es steht ja noch deine Frage im Raum, was woke denn überhaupt sei, wenn nicht Kampfbegriff oder Ausdruck von Präzisierungsfaulheit. Einige Leute haben Antworten gegeben, an Matauranga Maori lassen sie sich überprüfen.

Ich finde die Sache weit über das woke-Thema hinaus spannend: ein Land mit zwei verschiedenen Bevölkerungsgruppen, die kulturelle Autonomie haben. Wieviel Parallelgesellschaft ist machbar?


Was wir derzeit in Neuseeland in Sachen "social justice for Maori" sehen, ist ein gutes Beispiel für angewandten Wokeismus, worin das Thema Multikulturalismus eine zentrale Rolle spielt.

Zitat:
"Multiculturalism is part of a broader political movement for greater inclusion of marginalized groups, including African Americans, women, LGBTQ people, and people with disabilities (Glazer 1997, Hollinger 1995, Taylor 1992). This broader political movement is reflected in the “multiculturalism” debates in the 1980s over whether and how to diversify school curricula to recognize the achievements of historically marginalized groups. But the more specific focus of contemporary theories of multiculturalism is the recognition and inclusion of minority groups defined primarily in terms of ethnicity, nationality, and religion. The main concern of contemporary multiculturalism are immigrants who are ethnic and religious minorities (e.g. Latinx people in the U.S., Muslims in Western Europe), minority nations (e.g. the Basque, Catalans, Québécois, Welsh) and indigenous peoples (e.g. Native peoples and indigenous groups in Canada, the U.S., Australia, and New Zealand)."

Quelle: https://plato.stanford.edu/entries/multiculturalism/
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tillich (epigonal)
hat Spaß



Anmeldungsdatum: 12.04.2006
Beiträge: 21818

Beitrag(#2301614) Verfasst am: 01.12.2023, 00:33    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Was wir derzeit in Neuseeland in Sachen "social justice for Maori" sehen, ist ein gutes Beispiel für angewandten Wokeismus, worin das Thema Multikulturalismus eine zentrale Rolle spielt.

Nein, das ist viel eher ein gutes Beispiel für angewandten oberen zapokanischen Motrentismus.
Dieser äußert sich außerdem in einer übergroßen Toleranz (trotz der verheerenden medizinischen Folgen!) für "traditionellen", jahreszeitlich orientierten exzessiven Drogenkonsum im Südosten Deutschlands, in einem absurden Verständnis weitgehender Bevölkerungsteile der USA für den traditionellen Privatgebrauch (oft mit Todesfolge!) von explosivstoffbetrieben Tötungsgeräten sowie im traditionellen Tanz der drehenden Derwische (mit seiner geplanten Ausschaltung des natürlichen Schwindels).

Der angewandte obere zapokanische Motrentismus ist somit die gemeinsame Ideologie hinter den Vorstellungen der Maorigemeinschaft, der Vereinigung der Wiesnworte, der NRA und den Sufiorden, die ihre jeweiligen Gesellschaften ideologisch voll im Griff haben.
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Myron
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Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3515

Beitrag(#2301615) Verfasst am: 01.12.2023, 02:38    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:

Ein Beispiel für linke Kritik an der Wachen (Identitären/Kulturellen) Linken:

"Der laut verfochtene Antirassismus lenkt vom Klassenkampf ab: Ein amerikanischer Linker attackiert die Identitätspolitik
Arm oder reich? Die materiellen Lebensgrundlagen definierten den gesellschaftlichen Status eines Menschen stärker als die Hautfarbe oder die sexuelle Orientierung – das schreibt der Literaturwissenschafter Walter Benn Michaels und macht sich damit wenig Freunde."



"Zurück zur Klassenpolitik" – so lautet der Titel eines Textes von Richard Rorty:…


2022 ist ein Buch mit dem Titel No Politics but Class Politics mit Texten von und Interviews mit Walter Benn Michaels & Adolph Reed Jr. erschienen. Reed spricht darin von…

Zitat:
"…the identitarian/culturalist left…"

(Reed, Jr., Adolph. "Django Unchained, or, The Help: How ‘Cultural Politics’ Is Worse Than No Politics at All, and Why." In: Walter Benn Michaels & Adolph Reed, Jr., No Politics but Class Politics, 157-193. Edited by Anton Jäger & Daniel Zamora. London: ERIS, 2022. p. 172)


Bessere Namen für die Woke/Wache Linke als die folgenden habe ich bisher nicht gefunden:

die identitäre Linke
die kulturelle/kulturalistische Linke
identitärer Sozialismus
kultureller/kulturalistischer Sozialismus (Kultursozialismus)
Linksidentitarismus


Dass es zwischen den Woken und den Nichtwoken unter den Linken durchaus deutliche Unterschiede gibt, zeigt sich beispielsweise darin, dass auch schon ein linker schwarzer Politikwissenschaftler wie Adolph Reed Jr. Opfer der woken "cancel culture" wurde; und zwar deshalb, weil ihm die gute alte sozialistische Klassenpolitik wichtiger ist als die Rassenpolitik (im Sinne der kritischen Rassentheorie) im Besonderen und die linke Identitätspolitik (mit ihrem "Intersektionalismus") im Allgemeinen. Das macht ihn in den Augen der woken Sozialisten zu einem "Reaktionär".

Zitat:
"The New York Times published a lengthy news article last week highlighting an instructive incident that took place earlier this year within the Democratic Socialists of America (DSA). A speech by professor emeritus of political science Adolph Reed, Jr. was cancelled due to objections by the AFROSOCialist and Socialists of Color Caucus over his “reactionary and class reductionist form of politics.”…"

Quelle: https://www.wsws.org/en/articles/2020/08/18/reed-a18.html
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Myron
Metaphysischer Materialist



Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3515

Beitrag(#2301616) Verfasst am: 01.12.2023, 03:25    Titel: Antworten mit Zitat

Erschreckend und widerlich! So sieht die (antisemitische) Praxis der radikalen Linksidentitären (mit ihrem "Antikolonialismus" und "Antirassismus") aus:

Zitat:
"Kunststudenten in Berlin betreiben antisemitischen Aktivismus und verbreiten eine Kultur der Angst: In Deutschland häufen sich israelfeindliche Vorfälle an Hochschulen. Die Universität der Künste in Berlin sticht besonders hervor. Eine propalästinensische Gruppe versucht dort gerade, den politischen Diskurs zu kapern.…"

Quelle: https://www.nzz.ch/feuilleton/antisemitismus-und-israelfeindlichkeit-an-der-universitaet-der-kuenste-berlin-ld.1768196


Zitat:
"Den rot gefärbten Händen wird in Kreisen antiisraelischer Aktivisten allerdings noch eine weitere Bedeutung zugeschrieben. Sie sollen angeblich an einen Vorfall erinnern, bei dem 12. Oktober 2000 in der palästinensisch kontrollierten Stadt Ramallah im Westjordanland ein Mob zwei israelische Reservisten lynchten. Die beiden waren offenbar falsch abgebogen und versehentlich nach Ramallah gefahren. Nach ihrer Festnahme stürmten etwa 1000 Männer die Polizeistation, ein gutes Dutzend von ihnen stach und schlug auf die Israeli ein, riss ihnen Augen und innere Organe heraus. Ein italienisches Fernsehteam filmte, als einer der Mörder ans Fenster trat und der draussen stehenden Menge seine blutverschmierten Hände zeigte."


Die unmenschliche Botschaft der Studenten, die diese Symbolik verwenden, lautet also: "Die Juden mit ihrem Unrechtsstaat sind böse weiße Kolonialisten & Rassisten, die es verdienen, abgeschlachtet zu werden." Damit teilen jene Studenten die Auffassung der Hamas-Terroristen und heißen deren Gemetzel gut.
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hat Spaß



Anmeldungsdatum: 12.04.2006
Beiträge: 21818

Beitrag(#2301619) Verfasst am: 01.12.2023, 11:20    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Bessere Namen für die Woke/Wache Linke als die folgenden habe ich bisher nicht gefunden:

die identitäre Linke
die kulturelle/kulturalistische Linke
identitärer Sozialismus
kultureller/kulturalistischer Sozialismus (Kultursozialismus)
Linksidentitarismus

Wenn die Sache ein willkürlich konstruiertes Phantom ist, ist ein Name so schlecht wie der andere.
"Wokeismus" ist insofern noch ehrlicher, als es durch die arg dumme Wortbildung den reinen Wunsch zur Diffamierung so offen vor sich her trägt.
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44174

Beitrag(#2301622) Verfasst am: 01.12.2023, 12:51    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
Was wir derzeit in Neuseeland in Sachen "social justice for Maori" sehen, ist ein gutes Beispiel für angewandten Wokeismus, worin das Thema Multikulturalismus eine zentrale Rolle spielt.

Nein, das ist viel eher ein gutes Beispiel für angewandten oberen zapokanischen Motrentismus.
Dieser äußert sich außerdem in einer übergroßen Toleranz (trotz der verheerenden medizinischen Folgen!) für "traditionellen", jahreszeitlich orientierten exzessiven Drogenkonsum im Südosten Deutschlands, in einem absurden Verständnis weitgehender Bevölkerungsteile der USA für den traditionellen Privatgebrauch (oft mit Todesfolge!) von explosivstoffbetrieben Tötungsgeräten sowie im traditionellen Tanz der drehenden Derwische (mit seiner geplanten Ausschaltung des natürlichen Schwindels).

Der angewandte obere zapokanische Motrentismus ist somit die gemeinsame Ideologie hinter den Vorstellungen der Maorigemeinschaft, der Vereinigung der Wiesnworte, der NRA und den Sufiorden, die ihre jeweiligen Gesellschaften ideologisch voll im Griff haben.

Diese verdammten Montrentisten!!! Motzen Daumen hoch!
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VanHanegem
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Beitrag(#2301624) Verfasst am: 01.12.2023, 15:33    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Was wir derzeit in Neuseeland in Sachen "social justice for Maori" sehen, ist ein gutes Beispiel für angewandten Wokeismus, worin das Thema Multikulturalismus eine zentrale Rolle spielt.

Es war abzusehen, dass der - öhem - "konsequent angewandte" Gleichheitsgedanke in PC/Wokeismus (oder wie immer man das nennen mag) letztlich dazu führt unseren evidenzbasierten wissenschaftlichen Ansatz als weiße Marotte zu betrachten, die gefälligst mit asiatischen, afrikanischen und anderen indigenen Weisheitslehren gleichzustellen sei. Alles andere sei selbstredend Rassismus.

Konsequent weitergedacht könnte man/frau bald auch den Gleichheitsgedanken als weiße Marotte erkennen. Womit sich die Katze dann in den Schwanz gebissen hätte.
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Myron
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Beitrag(#2301627) Verfasst am: 01.12.2023, 19:24    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
Bessere Namen für die Woke/Wache Linke als die folgenden habe ich bisher nicht gefunden:

die identitäre Linke
die kulturelle/kulturalistische Linke
identitärer Sozialismus
kultureller/kulturalistischer Sozialismus (Kultursozialismus)
Linksidentitarismus

Wenn die Sache ein willkürlich konstruiertes Phantom ist, ist ein Name so schlecht wie der andere.
"Wokeismus" ist insofern noch ehrlicher, als es durch die arg dumme Wortbildung den reinen Wunsch zur Diffamierung so offen vor sich her trägt.


Die Sache, um die es hier geht, ist mitnichten ein "willkürlich konstruiertes Phantom", sondern ein reales politisches Phänomen.
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tillich (epigonal)
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Beitrag(#2301628) Verfasst am: 01.12.2023, 20:44    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Die Sache, um die es hier geht, ist mitnichten ein "willkürlich konstruiertes Phantom", sondern ein reales politisches Phänomen.

Ich für meinen Teil kann keinerlei sinnvollen Zusammenhang zwischen Lehrplanänderungen in Neuseeland mit Bezug auf Maorikultur, Klassenkampfdiskussionen in den USA und von israelbezogenem Antisemitismus geprägten Protestaktionen von Kunststudierenden in Berlin erkennen. Jedenfalls bist du es schuldig geblieben, diesen angeblichen Zusammenhang aufzuzeigen.
Ich finde, dass ich noch sehr höflich bin, wenn ich ein solches Sammelsurium "willkürlich konstruiert" nenne.

Beschäftige du dich mal lieber mit dem angewandten oberen zapokanischen Motrentismus. Der ist doch wohl als Bewegung mindestens genauso klar fassbar und weitaus gefährlicher.
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smallie
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Beitrag(#2301636) Verfasst am: 02.12.2023, 12:14    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Es kommt lediglich ein wildes Sammelsurium aus Themen, die eigentlich nichts miteinander zu tun haben (jedenfalls stellst du nicht dar, was sie miteinander zu tun hätten), außer dass du da irgendwas doof findest: Dreadlocks, Mohrenköpfe, M?tauranga M?ori, Geschlechterdiskussion, "westliche Wissenschaft" - was zum Teufel ist denn da der Zusammenhang?


tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
Die Sache, um die es hier geht, ist mitnichten ein "willkürlich konstruiertes Phantom", sondern ein reales politisches Phänomen.

Ich für meinen Teil kann keinerlei sinnvollen Zusammenhang zwischen Lehrplanänderungen in Neuseeland mit Bezug auf Maorikultur, Klassenkampfdiskussionen in den USA und von israelbezogenem Antisemitismus geprägten Protestaktionen von Kunststudierenden in Berlin erkennen. Jedenfalls bist du es schuldig geblieben, diesen angeblichen Zusammenhang aufzuzeigen.

Der Zusammenhang ist, daß diese Themen tendenziell im Bündel befürwortet oder abgelehnt werden. Wer sagt, Dreadlocks gehören den Rastarfari (oder wem auch) wird statistisch öfter pro Gendersprache sein, Antirassistisch sein, oder, falls von den USA die Rede ist, pro-palästinensisch.

Als Experiment am Beispiel des FGH:

Gehe die Mitgliederliste durch, nimm die regelmäßigen Schreiber der letzten so-und-so vielen Jahre. Sortiere sie von nicht woke nach sehr woke. Vergleiche deine Reihenfolge mit der anderer Versuchsteilnehmer. Falls sich mehr als nur zufällige Übereinstimmung zeigt, ist woke eine nachvollziehbare Kategorie.

Jetzt wirst du vielleicht einwenden: wie soll ich jemanden als woke einschätzen, wenn mir nicht klar ist, was das ist. Ok, dann wird das Experiment etwas aufwendiger.

Erstellen wir eine Liste von Aussagen - hast ja schon angefangen - alle möglichst auf einen Punkt reduziert: "Straßen, die Mohrenstraße heißen, sollten umbenannt werden", etc. Für jedes Mitglied abschätzen, wie stark es den Aussagen zustimmt oder sie ablehnt, besser noch die Mitglieder selber Punkte dafür vergeben lassen. Wieder nach Punktezahl sortieren. Dann mit den Ergebnissen anderer Versuchsteilnehmer vergleichen und mit den Ergebnissen des ersten Experimentes. Da Konservative tendenziell weniger woke sind als progressiv-Linke, braucht es einige Kontroll-Aussagen, die links, aber nicht woke sind.

Ich bin mir sicher, es würden sich klare Tendenzen zeigen, wer als mehr und wer als weniger woke herauskommt und wie stark die woken Ansichten klumpen. Ich weiß sogar, wer ganz unten landet. Mr. Green



PS: Zum Sammelsurium später mehr.
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tillich (epigonal)
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Beitrag(#2301637) Verfasst am: 02.12.2023, 13:16    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
Der Zusammenhang ist, daß diese Themen tendenziell im Bündel befürwortet oder abgelehnt werden. Wer sagt, Dreadlocks gehören den Rastarfari (oder wem auch) wird statistisch öfter pro Gendersprache sein, Antirassistisch sein, oder, falls von den USA die Rede ist, pro-palästinensisch.

Erstens habe ich meine erheblichen Zweifel daran, dass diese Dinge "im Bündel befürwortet oder abgelehnt werden". Zum Beispiel würde ich einiges darauf wetten, dass von den Studenten, die an der Berliner Universität der Künste eine antisemitische Aktion gemacht haben, kaum jemand über eine neuseeländische Lehrplanänderung mit Bezug auf Matauranga Maori auch nur jemals etwas gehört hat.

Zweitens halte ich es sowieso schon für eine ziemlich grobschlächtige und unangemessene Vereinfachung, solche komplexen Themen auf ein simples "befürworten oder ablehnen" zu reduzieren.

Drittens dachte ich irgendwie, dass es bei der Behauptung einer gemeinsamen Ideologie um etwas mehr ginge als statistische Korrelation (die, wenn sie existiert, auch ganz andere Ursachen haben könnte, z.B. Persönlichkeitsmerkmale. Oder eben eine Feindbild-Konstruktion).

Viertens finde ich es bezeichnend, dass du schon in deiner knappen Aufzählung einbauen musst, dass schon diese bloß statistische Korrelation ganz offensichtlich nicht länderübergreifend ist, also je nach Kontext variabel, also vielleicht doch nicht eine so klare Sache, wie behauptet wird.

Fünftens wäre - selbst wenn es denn so wäre - eine solche statistische Korrelation kein Argument dafür, diese Themen auch "im Bündel" zu diskutieren. Ablehnung von Atomkraft, Befürwortung von Seenotrettung und eine positive Einstellung zur Gesamtschulidee korrelieren wahrscheinlich auch, trotzdem wäre es mMn ein sicheres Zeichen politischen Wahnsinns, diese Dinge ernsthaft in eine gemeinsame Debatte packen zu wollen.
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Myron
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Beitrag(#2301640) Verfasst am: 02.12.2023, 17:56    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
Die Sache, um die es hier geht, ist mitnichten ein "willkürlich konstruiertes Phantom", sondern ein reales politisches Phänomen.

Ich für meinen Teil kann keinerlei sinnvollen Zusammenhang zwischen Lehrplanänderungen in Neuseeland mit Bezug auf Maorikultur, Klassenkampfdiskussionen in den USA und von israelbezogenem Antisemitismus geprägten Protestaktionen von Kunststudierenden in Berlin erkennen. Jedenfalls bist du es schuldig geblieben, diesen angeblichen Zusammenhang aufzuzeigen.
Ich finde, dass ich noch sehr höflich bin, wenn ich ein solches Sammelsurium "willkürlich konstruiert" nenne.


In seinem Buch (das im nächsten Jahr bei Klett-Cotta auf Deutsch erscheint) schreibt Yascha Mounk, dass es schwer sei, eine produktive Debatte über eine Ideologie zu führen, wenn man sich nicht einmal darauf einigen kann, wie sie zu nennen ist. Gewiss, aber dieser Umstand bedeutet keineswegs, dass der Diskussionsgegenstand nichts weiter als ein (verschwörungstheoretisches) Phantom oder eine Fiktion ist. Mounk sieht den theoretischen "Wokeismus" als eine "Identitätssynthese".

Zitat:
"The roots of the new ideology that is changing the key rules and norms of mainstream institutions lie in the transformation of the core commitments of many self-described progressives.“

(Mounk, Yascha. The Identity Trap: A Story of Ideas and Power in Our Time. New York: Penguin, 2023. p. 8 )

"Ten years ago, newspaper articles that discussed the rise of this new ideology often talked about “identity politics.” As recently as five years ago, many of the people who embraced it would proudly describe themselves as “woke.” But the use of both terms has since become deeply polarizing. Nowadays, anybody who talks about identity politics or describes an activist as woke is liable to be perceived as an old man yelling at the clouds. No generally accepted term has so far come to take the place of these earlier labels.

That is a problem. It is hard to have a productive debate about an ideology when you can’t even agree on what to call it. So it would be helpful to settle on a name that is acceptable both to its supporters and to its critics. I have a suggestion. This body of ideas draws on a broad variety of intellectual traditions and is centrally concerned with the role that identity categories like race, gender, and sexual orientation play in the world. So I will, for the most part, refer to it as the “identity synthesis.”

The identity synthesis is concerned with many different kinds of groups, including (but not limited to) those based on race, gender, religion, sexual orientation, and disability. It is the product of a rich set of intellectual influences, including postmodernism, postcolonialism, and critical race theory. It can be pressed into the service of diverse political causes from a radical rejection of capitalism to a tacit alliance with corporate America.

All of that makes it tempting to assume that the identity synthesis lacks coherence, or even to dismiss the whole thing as a vague cultural “vibe” that will eventually dissipate. Indeed, virtually everything that has been written about this topic so far falls into one of two camps. Either it uncritically celebrates the core ideas of the identity synthesis as a necessary tonic to the injustices of the world, or it summarily dismisses them as a fad that need not be taken seriously from an intellectual point of view. But on closer examination, the ideology that dare not speak its name turns out to have a nature that is all too real."

(Mounk, Yascha. The Identity Trap: A Story of Ideas and Power in Our Time. New York: Penguin, 2023. pp. 9-10)

"The Main Themes of the Identity Synthesis

Intellectual life on American campuses has, over the course of the past half century, been fundamentally reshaped by the ascendancy of the “identity synthesis.” Inspired by postmodernism, postcolonialism, and critical race theory, a new generation of scholars succeeded in welding a diverse set of influences into one coherent ideology.

Despite the real variation within and between different academic departments, this synthesis is characterized by a widespread adherence to seven fundamental propositions: a deep skepticism about objective truth inspired by Michel Foucault; the use of a form of discourse analysis for explicitly political ends inspired by Edward Said; an embrace of essentialist categories of identity inspired by Gayatri Chakravorty Spivak; a proud pessimism about the state of Western societies as well as a preference for public policies that explicitly make how someone is treated depend on the group to which they belong, both inspired by Derrick Bell; and an embrace of an intersectional logic for political activism as well as a deep-seated skepticism about the ability of members of different identity groups to understand each other, both associated with Kimberlé Crenshaw."

(Mounk, Yascha. The Identity Trap: A Story of Ideas and Power in Our Time. New York: Penguin, 2023. p. 65)

"Key Takeaways
 
* Since the 1960s, parts of the American left paid growing attention to social issues connected to oppression on the basis of race, gender, and sexuality. When the Soviet Union collapsed in the early 1990s, the left could no longer look to a powerful country committed to class struggle. It became increasingly focused on questions of culture and identity.

* In the last decades of the twentieth century, this new emphasis started to transform intellectual life on campus. It led to a renewed focus on the experiences of marginalized groups in both the humanities and the social sciences. This transformation was further accelerated by the rise of a new set of academic centers and departments devoted to studying questions of identity, such as gender studies, media studies, African American studies, Latino studies, and disability studies.

* Gradually, the triple influence of postmodernism, postcolonialism, and critical race theory gave rise to an “identity synthesis.” This new ideology was defined by seven major themes: a rejection of the existence of objective truth; the use of a form of discourse analysis for explicitly political ends; an embrace of strategic essentialism; a deep pessimism about the possibility of overcoming racism or other forms of „ other forms of bigotry; a preference for public policies that explicitly distinguish between citizens on the basis of the group to which they belong; an embrace of intersectionality as a strategy for political organizing; and a deep skepticism about the ability of members of different groups to communicate with each other.

* The identity synthesis was inspired by major thinkers including Michel Foucault, Edward Said, Gayatri Chakravorty Spivak, Derrick Bell, and Kimberlé Crenshaw. But ironically, many of these thinkers have expressed serious misgivings about the way in which their work has transformed the left."

(Mounk, Yascha. The Identity Trap: A Story of Ideas and Power in Our Time. New York: Penguin, 2023.)
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Myron
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Beitrag(#2301641) Verfasst am: 02.12.2023, 18:23    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:


In seinem Buch (das im nächsten Jahr bei Klett-Cotta auf Deutsch erscheint) schreibt Yascha Mounk, dass es schwer sei, eine produktive Debatte über eine Ideologie zu führen, wenn man sich nicht einmal darauf einigen kann, wie sie zu nennen ist. Gewiss, aber dieser Umstand bedeutet keineswegs, dass der Diskussionsgegenstand nichts weiter als ein (verschwörungstheoretisches) Phantom oder eine Fiktion ist. Mounk sieht den theoretischen "Wokeismus" als eine "Identitätssynthese".


Mounk bestreitet, dass "die Identitätssynthese" eine marxistische Theorie ist, wenngleich er zugibt, dass es auffällige strukturelle Ähnlichkeiten zwischen dem Marxismus und dem Linksidentitarismus (dieses Wort benutzt er selbst nicht) gibt. Diese überwiegen seiner Meinung nach jedoch nicht die Unterschiede.

"It simply isn’t true that the main intellectual roots for the identity synthesis are Marxist. On the contrary, its original impetus stems from postmodern thinkers like Michel Foucault and Jean-François Lyotard." (The Identity Trap)

Die Szene der französischen Postmodernisten ist jedoch selbst vom Marxismus beeinflusst.
Die postmodern eingestellten Linksidentitären der Gegenwart sind zwar keine klassischen oder orthodoxen Marxisten, aber zumindest der Neomarxismus und der Postmarxismus gehören zu ihren ideologischen Wurzeln. Aber die Bezeichnung "Kulturmarxismus" reduziert den Linksidentitarismus (Wokeismus) unrichtigerweise auf eine marxistische Theorie.
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Myron
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Beitrag(#2301642) Verfasst am: 02.12.2023, 18:46    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Erschreckend und widerlich! So sieht die (antisemitische) Praxis der radikalen Linksidentitären (mit ihrem "Antikolonialismus" und "Antirassismus") aus:

Zitat:
"Kunststudenten in Berlin betreiben antisemitischen Aktivismus und verbreiten eine Kultur der Angst: In Deutschland häufen sich israelfeindliche Vorfälle an Hochschulen. Die Universität der Künste in Berlin sticht besonders hervor. Eine propalästinensische Gruppe versucht dort gerade, den politischen Diskurs zu kapern.…"

Quelle: https://www.nzz.ch/feuilleton/antisemitismus-und-israelfeindlichkeit-an-der-universitaet-der-kuenste-berlin-ld.1768196


Fußnote: Den linken Antisemitismus haben die Wachen Linken des 21. Jahrhunderts nicht erfunden.
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smallie
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Beitrag(#2301643) Verfasst am: 02.12.2023, 22:33    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Der Zusammenhang ist, daß diese Themen tendenziell im Bündel befürwortet oder abgelehnt werden. Wer sagt, Dreadlocks gehören den Rastarfari (oder wem auch) wird statistisch öfter pro Gendersprache sein, Antirassistisch sein, oder, falls von den USA die Rede ist, pro-palästinensisch.

Erstens habe ich meine erheblichen Zweifel daran, dass diese Dinge "im Bündel befürwortet oder abgelehnt werden".

Ok. Wenn die Idee des "Bündels" für dich passt, reicht mir das. Ich bin ja schon froh, wenn man sich auf Kriterien einigen kann, anhand derer man richtig oder falsch beurteilt.


tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Zum Beispiel würde ich einiges darauf wetten, dass von den Studenten, die an der Berliner Universität der Künste eine antisemitische Aktion gemacht haben, kaum jemand über eine neuseeländische Lehrplanänderung mit Bezug auf Matauranga Maori auch nur jemals etwas gehört hat.

Natürlich haben die nichts von Matauranga Maori gehört. Oben sagte ich, das Thema sei unverbraucht und hierzulande kaum präsent.


tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Zweitens halte ich es sowieso schon für eine ziemlich grobschlächtige und unangemessene Vereinfachung, solche komplexen Themen auf ein simples "befürworten oder ablehnen" zu reduzieren.

Nein. Jedes komplexe Thema läßt sich auf eine Kombination von Einzelfragen mit Antwortmöglichkeit von 0 bis 1 herunterbrechen.

(Sorry, ist ex-cathedra gesprochen. Mir fällt grad nichts ein, wie ich das kurz und knapp erläutere. )

Der Wahlohmat macht ja auch nichts anderes, als Einzelaussagen aus Parteiprogrammen herauszugreifen, denen man mehr oder weniger zustimmen kann.


tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Drittens dachte ich irgendwie, dass es bei der Behauptung einer gemeinsamen Ideologie um etwas mehr ginge als statistische Korrelation (die, wenn sie existiert, auch ganz andere Ursachen haben könnte, z.B. Persönlichkeitsmerkmale. Oder eben eine Feindbild-Konstruktion).

Hast selbstverständlich richtig gedacht. Hatte ja noch mehr Text angekündigt.


tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Viertens finde ich es bezeichnend, dass du schon in deiner knappen Aufzählung einbauen musst, dass schon diese bloß statistische Korrelation ganz offensichtlich nicht länderübergreifend ist, also je nach Kontext variabel, also vielleicht doch nicht eine so klare Sache, wie behauptet wird.

Das war anders gemeint.

Aufgrund unserer Geschichte ist Israelkritik bei deutschen links-progressiven nicht sehr ausgeprägt. In den USA und anderen Ländern gehört Israelkritk zum woken Portfolio. Ist man sich dessen hierzulande bewußt?


them hat folgendes geschrieben:
Why Queer Solidarity With Palestine Is Not “Chickens for KFC”

Viele der lautesten Demonstranten waren queere und transsexuelle Menschen. Neben vielen Momenten der LGBTQ+-Solidarität haben queere Journalisten bei der New York Times wegen der Berichterstattung über Gaza gekündigt, und queere Prominente wie Kehlani, Jonathan Van Ness, Angelina Jolie, Susan Sarandon und Indya Moore haben öffentlich pro-palästinensische Positionen eingenommen.

https://www.them.us/story/lgbtq-solidarity-palestine-saed-atshan




tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Fünftens wäre - selbst wenn es denn so wäre - eine solche statistische Korrelation kein Argument dafür, diese Themen auch "im Bündel" zu diskutieren.

Du meinst das?

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Nur eben als einzelne Themen, sodass man sich mit ihnen auch konkret und differenziert auseinandersetzen konnte, und nicht unter einem sinnlosen Kampfbegriff zusammengemanscht.

Ja, sehe ich auch so. Die Subthemen von woke müssen einzeln behandelt werden. Von mir wirst du nicht hören: woke ist generell blöd, deshalb ist das Subthema x automatisch falsch. Als Heuristik, womit sich die Beschäftigung lohnt, ist das in Ordnung. Ein Argument ist es nicht.

Übrigens: du siehst woke als "Kampfbegriff" und weigerst dich, woke als gültige Benennung eines Themenkomplexes zu sehen. Im Spiegel weiß man was woke ist, Barack Obama weiß es, etliche US-Tageszeitungen wissen es. Willst du die alle ins Abseits stellen und ihnen vorwerfen, daß sie das in vernebelnder, dumpfbackiger und minderheitenfeindlicher Absicht tun?

Nein, das willst du nicht. Darum nicht:

Zitat:
Nationwide Survey Results - Liberals, Progressives, Wokeness and Israel
Samuel J. Abrams & David L. Bernstein

JewishJournal / Jewish Institute for Liberal Values INC


Wir definieren woke culture als eine ideologische Veranlagung, die Welt als geteilt zwischen den Ohnmächtigen und den Mächtigen, den Unterdrückten und den Unterdrückern zu sehen und Ungleichheiten zwischen Völkern und Gruppen auf wahrgenommene Machtunterschiede zurückzuführen und den Unterdrückten moralische Überlegenheit zuzusprechen.

Der postmodernen Theorie zufolge durchdringen unterdrückerische Machtsysteme jeden Winkel der Gesellschaft, sind aber schwer zu erkennen, weil sie so tief in unser Leben eingebettet sind. Die Opfer von Unterdrückung, so argumentieren die Postmodernen, haben den einzigen authentischen Einblick in diese verborgenen Kräfte und sind daher in einzigartiger Weise qualifiziert, sie für den Rest der Gesellschaft zu definieren und zu kommentieren.

[...]

Putting all this together, the more woke one is, the less likely they are to hold pro-Israel views.

https://jilv.org/poll/

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Myron
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Beitrag(#2301653) Verfasst am: 03.12.2023, 23:29    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
…Drittens dachte ich irgendwie, dass es bei der Behauptung einer gemeinsamen Ideologie um etwas mehr ginge als statistische Korrelation (die, wenn sie existiert, auch ganz andere Ursachen haben könnte, z.B. Persönlichkeitsmerkmale. Oder eben eine Feindbild-Konstruktion).

Viertens finde ich es bezeichnend, dass du schon in deiner knappen Aufzählung einbauen musst, dass schon diese bloß statistische Korrelation ganz offensichtlich nicht länderübergreifend ist, also je nach Kontext variabel, also vielleicht doch nicht eine so klare Sache, wie behauptet wird.

Fünftens wäre - selbst wenn es denn so wäre - eine solche statistische Korrelation kein Argument dafür, diese Themen auch "im Bündel" zu diskutieren. Ablehnung von Atomkraft, Befürwortung von Seenotrettung und eine positive Einstellung zur Gesamtschulidee korrelieren wahrscheinlich auch, trotzdem wäre es mMn ein sicheres Zeichen politischen Wahnsinns, diese Dinge ernsthaft in eine gemeinsame Debatte packen zu wollen.


Den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen...

Das Große & Ganze, wovon hier als "die Wache/Woke Linke", "die Neue Neue Linke", "die (multi)kulturelle Linke" oder "die identitäre Linke" die Rede ist, ist das Ergebnis einer längeren Entwicklung und allmählichen Wandlung innerhalb der Linken im 20. & 21. Jahrhundert, die wohl mit dem Neomarxismus (à la Gramsci & Frankfurter Schule) begonnen hat. Die Zeit der Neuen Linken in den 1960ern/70ern spielt dabei eine sehr wichtige Rolle. Die gegenwärtige Wache/Woke Linke hat einige ideologische Wenden hinter sich:

* die (multi)kulturelle Wende vom Ökonomismus zum (Multi-)Kulturalismus oder politischen "Symbolismus" – vom wirtschaftlichen Klassenkampf zwischen "Proletariat" und "Bourgeoisie" zum multiplen kulturellen Gruppenkampf zwischen allen erdenklichen "unterdrückten" Minderheiten und der "unterdrückenden" Mehrheit – von der Forderung nach gerechter Umverteilung ökonomischen Kapitals zur Forderung nach gerechter Umverteilung symbolischen Kapitals [im Sinne der vier Kapitalsorten nach Pierre Bourdieu: ökonomisches K., kulturelles K., soziales K., symbolisches K.].

* die postmoderne Wende (einschließlich der poststrukturellen Wende) zum Skeptizismus gegenüber der Moderne seit der Aufklärung – mit Themen wie Pluralismus, Relativismus (Kontextualismus/Situationismus), Antiuniversalismus/Partikularismus, "Fragmentarismus"/"Tribalismus", Antiobjektivismus/Subjektivismus, Antineutralismus, epistemischer/ethischer Antifundamentalismus, semantischer Antirepräsentationalismus (mit Ablehnung der Korrespondenztheorie der Wahrheit), semantischer Indeterminismus, metaphysischer Antirealismus (sozialer oder linguistischer Konstruktionismus), Antiessenzialismus, "Antibinarismus", Antipositivismus, Antiszientismus.

* die postkoloniale Wende zu einer gegen die "weiße Rasse" & die westliche (europäische/abendländische) Kultur gerichteten "culture of repudiation" (Roger Scruton), einer Gegenkultur der Ablehnung/Zurückweisung/Verwerfung/Verschmähung/Abwertung/Geringschätzung der weißen/westlichen Kultur, die als imperalistisch-kolonialistisches "Hegemonialsystem" verdammt wird.

* die praktische politische Wende zur identitären Anerkennungspolitik (politics of recognition), Identitätspolitik (identity politics), und Differenzpolitik (politics of difference) – außerdem zur political correctness (politischen Korrektheit) und der affirmative action/positive discrimination (positiven Diskriminierung).


Zuletzt bearbeitet von Myron am 04.12.2023, 01:18, insgesamt einmal bearbeitet
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Myron
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Beitrag(#2301654) Verfasst am: 04.12.2023, 01:13    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
…Die gegenwärtige Wache/Woke Linke hat einige ideologische Wenden hinter sich:

* die postkoloniale Wende zu einer gegen die "weiße Rasse" & die westliche (europäische/abendländische) Kultur gerichteten "culture of repudiation" (Roger Scruton), einer Gegenkultur der Ablehnung/Zurückweisung/Verwerfung/Verschmähung/Abwertung/Geringschätzung der weißen/westlichen Kultur, die als imperalistisch-kolonialistisches "Hegemonialsystem" verdammt wird.


Zitat:
"In the late eighties, when controversy arose over the teaching of required courses in Western civilization, the public became aware of the existence of an Academic Left. “Hey, hey, ho, ho, Western culture’s got to go,” shouted radical black and white students at Stanford [University]."

(Diggins, John Patrick. The Rise and Fall of the American Left. New York: W. W. Norton & Co., 1992. pp. 291-2)
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Myron
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Beitrag(#2301672) Verfasst am: 06.12.2023, 21:13    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:

Zitat:
"…the identitarian/culturalist left…"

(Reed, Jr., Adolph. "Django Unchained, or, The Help: How ‘Cultural Politics’ Is Worse Than No Politics at All, and Why." In: Walter Benn Michaels & Adolph Reed, Jr., No Politics but Class Politics, 157-193. Edited by Anton Jäger & Daniel Zamora. London: ERIS, 2022. p. 172)


Bessere Namen für die Woke/Wache Linke als die folgenden habe ich bisher nicht gefunden:

die identitäre Linke
die kulturelle/kulturalistische Linke
identitärer Sozialismus
kultureller/kulturalistischer Sozialismus (Kultursozialismus)
Linksidentitarismus


Auch Henry Gates (wie Reed ein bekannter schwarzer Intellektueller in den USA) spricht von der kulturellen Linken:

Zitat:
"…the cultural left—which I am defining here loosely and generously, as that uneasy, shifting set of alliances formed by feminist critics, critics of so-called minority discourse, and Marxist and poststructuralist critics generally, the Rainbow Coalition of contemporary critical theory."

(Gates, Henry Louis, Jr. Loose Canons: Notes on the Culture Wars. New York: Oxford University Press, 1992. p. 17)


(Gut gesagt: "…die Regenbogenkoalition der zeitgenössischen kritischen Theorie")

Die woke Linke als radikale kulturelle Linke der Gegenwart ist eine postmoderne multikulturelle Linke, in der Identitarismus (Identitätspolitik) und "Minoritarismus" (Minderheitenpolitik) vorherrschen. Ihre Radikalität zeigt sich in der Praxis darin, dass sie auch illiberale Mittel zur Erreichung ihrer politischen Ziele einsetzt. Ihre Aktivisten legen ein hohes Maß an Intoleranz und moralischer Rigorosität an den Tag.

Zitat:
"The most significant themes within multiculturalism are:
* postcolonialism
* politics of recognition
* culture and identity
* minority rights
* togetherness in difference."
———
"Die bedeutsamsten Themen innerhalb des Multikulturalismus sind:
* Postkolonialismus
* Anerkennungspolitik
* Kultur und Identität
* Minderheitenrechte
* Zusammensein in Verschiedenheit."

(Heywood, Andrew. Political Ideologies: An Introduction. 7th ed. London: Red Globe/Macmillan, 2021. p. 227)
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