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wurde auch Zeit : Hirnforschung entdeckt die Psychoanalyse
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smallie
resistent!?



Anmeldungsdatum: 02.04.2010
Beiträge: 3624

Beitrag(#1997951) Verfasst am: 24.04.2015, 20:45    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Skeptiker, eins ist mir nicht klar: wie grenzt du Psychoanalyse gegen Tiefenpsychologie ab? Gehört Jung zur Psychoanalyse oder ist das eine eigenständige Richtung?

C.G. Jung hat einen anderen Weg eingeschlagen. Jung hat sehr allgemeine (archaische) Inhalte des Unbewussten angenommen und damit die Unterschiede zwischen dem allgemeinen und dem besonderen verwischt. Das ging bis hin zu einem kollektiven Unterbewusstsein, durch welches sich verschiedene Völker unterscheiden sollen.

Freud hat sich damit beschäftigt, wie verschieden und individuell sich die allgemein-menschliche Kulturgeschichte niederschlägt, welch unterschiedliche Ausdrucksformen und Mischungen sie im Subjekt widerspiegeln kann. Hier zog er dann den Schluss auf das Allgemeine, während Jung den umgekehrten Weg ging und von daher sehr schematisch dachte.

Ich wollte auf dies hinaus:

    - Falls Freud morgen bestätigt und Jung widerlegt würde, hieße es: ...und die Psychoanalyse hatte doch recht!

    - Falls Jung morgen bestätigt und Freud widerlegt würde, hieße es ebenfalls: ...und die Psychoanalyse hatte doch recht!

    - Und falls beide widerlegt und ein dritter Vertreter bestätigt würde, hieße es nach wie vor: ...und die Psychoanalyse hatte doch recht!


Psychoanalyse läßt sich eng auslegen als Freudianische Lehre. Oder sie läßt sich weit auslegen, als alles was irgendwie mit Tiefenpsychologie zu tun hat. Leider kann ich nicht sagen, wie es in der einschlägigen Literatur gehandhabt wird.

Du scheinst eher im zweiten Sinn zu argumentieren: wie auch immer eine neuropsychologische Theorie aussehen wird, immer wäre sie eine Psychoanalyse.



Skeptiker hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Überhaupt erscheinen mir viele tiefenpsychologische Konzepte als just-so-stories. Mehr oder weniger plausible Geschichten lassen sich zuhauf ausdenken. Lassen sie sich auch überprüfen?

Ich verstehe die Frage nicht. Es wurde doch gerade erst *the first contact* zur Neurowissenschaft hergestellt und damit kann man doch jetzt endlich alles mögliche überprüfen. Da soll man doch jetzt nicht gleichzeitig anfangen, die fehlende Überprüfbarkeit zu bemäkeln.

Welche Beobachtungen brachten Freud dazu, einen Ödipuskomplex zu behaupten? Worauf beruhen seine Konzepte?

Egal wie die Antwort lautet: Freud brauchte keine Neurowissenschaft um diese Beobachtungen zu machen. Also braucht es auch keine Neurowissenschaft, um das nachvollziehen.



Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die Behauptung, die Freud'sche Theorie immunisiert sich gegen wissenschaftliche Prüfungen, ist im Prinzip völlig absurd. Es war nur zu Freuds Zeiten so, dass bestimmte Entdeckungen (Sexualhormone z.B.) und Methoden noch nicht vorhanden waren, so wie zu Zeiten Darwins noch keine Gene entdeckt waren.

Darwin baute auf bereits Bekanntem auf. Man kannte Fossilien und man wußte, daß sich die Gestalt der Erde über geologische Zeiträume veränderte. Beispiele für Evolution lassen sich zuhauf finden.

Wo sind die entsprechenden Beispiele für die Psychoanalyse?



Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Wenn die Neuropsychologie Fortschritte machen wird in Zukunft, dann wird man sehen, welche psychoanalytischen Begriffe das überleben werden und welche vielleicht in eine biochemische und biomedizinische Sprache übersetzt werden können.

Es ist also noch gar nicht 'raus, ob die psychoanalytischen Begriffe überleben werden?

Gut, dann sind wir eigentlich fertig hier. Thread kann zugemacht werden. Zustimmung



Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die weitere Frage ist dann die: was macht man mit der Kultur? Soll die durch den bürgerlichen Emiriokritizismus hinten runtern fallen? Soll es so verengt werden?

Das mußte ich erst mal suchen:

Zitat:
Empiriokritizismus

Empiriokritizismus ist ein erkenntnistheoretischer Ansatz, der Schlüsse über den Erfahrungshorizont hinaus in die Realität als metaphysisch ("übersinnlich") ablehnt. Erfahrungen (Sinneswahrnehmungen, Messwerte, Erlebnisse, Anschauungen, Befunde) gelten darin als die alleinigen Gegenstände, von denen ausgehend sich Wissenschaft befassen soll. Basierend auf Überlegungen über die Natur der Empfindungen, die nicht als Information sondern physisch und psychisch konstituiert gedacht wurde, resultierte ein Konzept der "Einheit von Ich und Welt" (Sein und Bewußtsein), weshalb die Untersuchung von Erfahrungstatsachen und ihrer Beziehungen zu einem „natürlichen Weltbild“ als Resultat der Erkenntnis führen sollte. Diese, den Empirismus radikalisierende Denkweise wird auch als "subjektivistischer Positivismus" bezeichnet.

http://de.wikipedia.org/wiki/Empiriokritizismus

Klingt erstmal ok für mich. Was gefällt dir daran nicht? Was ist verengt, was bürgerlich?

Du frägst: Was macht man mit der Kultur? Hmm. Ich weiß gerade nicht, worauf du hinaus willst.



Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die Herausfroderung wäre vielmehr die, die ganze Komplexität des theoretischen Ansatzes zu fassen und damit als nicht nur Partikel zu untersuchen, sondern - wie es die Wissenschaft tun sollte - Wechselwirkungen der Partikel und die Bildung von Systemen aus Partikeln mit neuen Eigenschaften, die nicht in den Partikeln selbst vorliegen.

Also Punkte und Partikel bilden Systeme, bilden neue Gesetzmäßigkeiten. Das muss, das kann man ausformulieren. Es ist doch gut, dass da noch vieles zu erforschen ist. Es ist reizvoll.

Skeptiker, du stellst ein riesiges Forschungsprojekt auf.

Gefragt sind aber konkrete Ergebnisse aus hundert Jahren Psychoanalyse. Siehe oben. Das, was die Psychoanalyse bisher ausformuliert hat, ist dürftig. Auf der Haben-Seite sehe ich freie Assoziation, um Denkmustern und Denkblockaden auf die Spur zu kommen - oder besser Fühlmustern und Fühlblockaden, denn rein intellektuelle Einsicht hilft oft wenig.

Allerdings ist das keine neue Technik - Meditation ist letztlich nichts anderes. Stillsitzen, atmen, und darauf hören, was der innere Monolog sagt, wenn er gerade wieder nicht die Klappe halten kann. So gesehen hat die Psychoanalyse die jahrhundertealte religiöse Tradition des Shikantaza wiederentdeckt. Mr. Green Oder findest du den Vergleich zu weit hergeholt?



Skeptiker hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
... die Geschichte der rumänischen Waisenkinder ...

Wo kann Psychoanalyse hier erklärend weiterhelfen?


Das ist so, als wenn ich einen Autounfall beschreibe und dann frage: Wie kann die Physik hier weiterhelfen?

Die Physik kann einen Teil des crash-zack-bumm erklären, aber nicht alles.

So kann womöglich die PSA auch einen Teil der Ceausescu-Politik erklären.

Womöglich? Also kann sie es gegenwärtig noch nicht?

In deinem Beispiel gibt es einen Unterschied zwischen Physik und Psychologie. Die Physik hat sich nicht auf die Fahnen geschrieben, agency - wie heißt das auf deutsch? - Urheberschaft, Motivation, Verhalten zu erklären. Die Psychologie schon.

Eine Psychologie, die der rumänischen Tragödie ratlos gegenübersteht, was wäre sie wert? Dabei ist es doch gar nicht so schwer, den Zustand der Welt zu erklären.

    Menschen sind manchmal auf ihren Vorteil bedacht. Leben ist den meisten wichtiger als Freiheit. Aus Opfern werden Täter. Das was Menschen angetan wurde, tun sie ohne mit Wimper zu zucken anderen an, weil sie es nicht anders kennen. Das Selbstbild von Menschen und Gruppen ist empfindlich: es muß immer super sein, Persilrein und Lenorweichgespült. Die Bösen und Idioten sind immer nur die anderen.


So ungefähr. (In Näherung und unter Auslassung positiver Gegentendenzen.)
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"There are two hard things in computer science: cache invalidation, naming things, and off-by-one errors."
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Anmeldungsdatum: 10.10.2010
Beiträge: 3326

Beitrag(#1997954) Verfasst am: 24.04.2015, 21:03    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Die weitere Frage ist dann die: was macht man mit der Kultur? Soll die durch den bürgerlichen Emiriokritizismus hinten runtern fallen? Soll es so verengt werden?

Das mußte ich erst mal suchen:

Zitat:
Empiriokritizismus

Empiriokritizismus ist ein erkenntnistheoretischer Ansatz, der Schlüsse über den Erfahrungshorizont hinaus in die Realität als metaphysisch ("übersinnlich") ablehnt. Erfahrungen (Sinneswahrnehmungen, Messwerte, Erlebnisse, Anschauungen, Befunde) gelten darin als die alleinigen Gegenstände, von denen ausgehend sich Wissenschaft befassen soll. Basierend auf Überlegungen über die Natur der Empfindungen, die nicht als Information sondern physisch und psychisch konstituiert gedacht wurde, resultierte ein Konzept der "Einheit von Ich und Welt" (Sein und Bewußtsein), weshalb die Untersuchung von Erfahrungstatsachen und ihrer Beziehungen zu einem „natürlichen Weltbild“ als Resultat der Erkenntnis führen sollte. Diese, den Empirismus radikalisierende Denkweise wird auch als "subjektivistischer Positivismus" bezeichnet.

http://de.wikipedia.org/wiki/Empiriokritizismus

Klingt erstmal ok für mich. Was gefällt dir daran nicht? Was ist verengt, was bürgerlich?

Weil du das Pamphlet "Materialismus und Empiriokritizismus. Kritische Bemerkungen über eine reaktionäre Philosophie" des grossen Geleerten W. I. Lenin nicht kennst. Lachen

Seiten wie psiram sind typisch für bürgerliche Ideologie.
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Kival
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Beiträge: 24071

Beitrag(#1998028) Verfasst am: 25.04.2015, 00:36    Titel: Antworten mit Zitat

Waren der Wiener Kreis eigentlich auch alles böse Bürgerliche? Sehr glücklich
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"A basic literacy in statistics will one day be as necessary for efficient citizenship as the ability to read and write." (angeblich H. G. Wells)
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Beiträge: 3326

Beitrag(#1998032) Verfasst am: 25.04.2015, 01:18    Titel: Antworten mit Zitat

Kival hat folgendes geschrieben:
Waren der Wiener Kreis eigentlich auch alles böse Bürgerliche? Sehr glücklich

Ich verstehe Skeptikers Verteidigung von Freud eh nicht. So habe ich gelernt, dass gerade Freud ein bürgerlicher Ideologe war und erst Reich die revolutionären Elemente der "Tiefenschau" mit dem revolutionären Kampf der Arbeiterklasse verband.

Freud hat übrigens mit dafür gesorgt, dass Reich aus der Psychoanalytischen Vereinigung flog. Lachen
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Anmeldungsdatum: 10.10.2010
Beiträge: 3326

Beitrag(#2005275) Verfasst am: 08.06.2015, 00:14    Titel: Antworten mit Zitat

Ich habe jetzt von Gerhard Roth "Aus Sicht des Gehirns" und "Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten" gelesen.

In der Tat gibt es bei ihm im Zusammenhang mit dem Unbewussten Verweise auf Freud. Allerdings meist derart allgemein, dass er auch auf Schopenhauer oder Nietzsche hätte verweisen können. Nur an zwei Stellen ordnet er Funktionen bzw. Inhalte konkret dem Freudschen Unbewußten zu. Wobei er allerdings auch Korrekturen vornimmt.
Aber sogleich folgt nicht nur eine Abrechnung mit der analytischen Therapie sondern auch anderen Therapieformen, deren "Erfolgen" er sehr skeptisch gegenüber steht.

Den psychoanalytischen Zauberkasten sehe ich zumindest von Roth nicht bestätigt.
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