Erkenntnistheorie - Wieso erkennt A B nur als C?
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#1: Erkenntnistheorie - Wieso erkennt A B nur als C? Autor: Tom der Dino BeitragVerfasst am: 05.05.2012, 15:05
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In diesem Thread bin ich mit jenem interessanten Satz (Siehe Titel) konfrontiert worden.

Mir war das bisher nicht klar und irgendwie tu ich mich immer noch schwer ihn zu verstehen.

Ich versteh ihn folgendermaßen: A sind die Menschen, B ist das grundlegende Naturprinzip und C sind die Naturgesetze (von uns modelliert).

Wenn A nur C sieht, wieso ist C ungleich B? Macht diese Trennung tatsächlich Sinn? Oder ist es nur eine Art philosophische Erweiterung?

#2: Re: Erkenntnistheorie - Wieso erkennt A B nur als C? Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 05.05.2012, 15:32
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Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
In diesem Thread bin ich mit jenem interessanten Satz (Siehe Titel) konfrontiert worden.

Mir war das bisher nicht klar und irgendwie tu ich mich immer noch schwer ihn zu verstehen.

Ich versteh ihn folgendermaßen: A sind die Menschen, B ist das grundlegende Naturprinzip und C sind die Naturgesetze (von uns modelliert).

Wenn A nur C sieht, wieso ist C ungleich B? Macht diese Trennung tatsächlich Sinn? Oder ist es nur eine Art philosophische Erweiterung?

"A erkennt B als C".

Meines Erachtens können wir über B nichts sagen (auch nicht diesen Satz), genaugenommen sollten wir daher Sätze dieser Art mit sehr spitzen Fingern anfassen. Allerhöchstens könnte man unter B das primär Wahrgenommene, die Messungen usw. verstehen.

Der Grund, daß wir intuitiv von einer (evtl. verborgenen) wahren Natur der Dinge (und auch der Naturgesetze) ausgehen, ist wieder mal eine Übertragung aus dem Alltag: Wir sind es gewohnt, daß wir für wahrgenommene Phänomene Modellklassen verschiedener Abstraktion und Allgemeinheit benutzen, z.B. "etwas großes, grünes" und "Baum". Daher macht es beispielsweise durchaus Sinn, zu sagen: "Ich (A) erkenne dieses große, grüne (B) als Baum (C)." Leider neigen wir zum einen dazu, diese Erfahrung auch auf Situationen zu übertragen, in denen (B) gar kein wahrgenommenes Phänomen ist. Zum zweiten drehen wir intuitiv diese Klassifizierung auch um ("ich erkenne diesen Baum nur als etwas großes Grünes"). Und drittens reifizieren wir intuitiv die Modellklassen, obwohl es eigentlich nur Modellklassen sind - dies geschieht etwa, wenn ein Philosoph über ein Ding an sich grübelt.

Im Falle der "wahren Naturgesetze" sind mE all diese Fehlschlüsse mehr oder weniger am Werk. Eine gewisse Rechtfertigung erhielte das erst dann, wenn wir zigen könmnten, daß die Naturgesetze etwas konkret objekthaftes haben. Ich denke allerdings, daß, bevor das geschieht, wir unsere naive klassisch-philosophieche Vorstellung von "Existenz" bzw. "Objekt" sowieso längst entsorgt haben werden.

#3:  Autor: Tom der Dino BeitragVerfasst am: 05.05.2012, 18:46
    —
Um mal bei deinem Baumbeispiel zu bleiben, ist C also nur ein Name für eine bestimmte Menge an Eigenschaften. Die Menge an Eigenschaften entspricht dann B?
Aber dann können wir doch prinzipiell B erkennen oder nicht?
Die Einteilung in "Welt an sich" und "Welt für mich" wäre dann auch nicht mehr nötig, wenn es um konkrete Phänomene geht.

#4: Re: Erkenntnistheorie - Wieso erkennt A B nur als C? Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 05.05.2012, 18:58
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step hat folgendes geschrieben:
Und drittens reifizieren wir intuitiv die Modellklassen, obwohl es eigentlich nur Modellklassen sind - dies geschieht etwa, wenn ein Philosoph über ein Ding an sich grübelt.

Wenn der Philosoph über das Ding an sich grübelt, grübelt er in Wirklichkeit über das transzendentale Objekt. zwinkern

#5: Re: Erkenntnistheorie - Wieso erkennt A B nur als C? Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 05.05.2012, 19:55
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Tarvoc hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Und drittens reifizieren wir intuitiv die Modellklassen, obwohl es eigentlich nur Modellklassen sind - dies geschieht etwa, wenn ein Philosoph über ein Ding an sich grübelt.
Wenn der Philosoph über das Ding an sich grübelt, grübelt er in Wirklichkeit über das transzendentale Objekt. zwinkern

Ich dachte immer, seit Popper oder sagen wir seit Hans Albers ist das transzendentale Objekt out ...

#6:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 05.05.2012, 20:17
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Wie kommst du denn darauf? Mit den Augen rollen

#7:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 05.05.2012, 20:23
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Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Wie kommst du denn darauf? Mit den Augen rollen

Ich dachte immer, transzendentale Objekte sind so etwas wie Kant's synthetische Urteile a-priori, also z.B. Zeit, Kausalität usw. - deren behauptete Sonderstellung werden vom kritischen Rationalismus durch eine empirische Herangehensweise ersetzt, also zu Objekten der Wissenschaft.

Habe ich aber zugegeben nur noch grob in Erinnerung, auch weil es für mich immer klar war, daß diese Begriffe physikalisch erklärt werden müssen.

#8:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 05.05.2012, 20:29
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Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Um mal bei deinem Baumbeispiel zu bleiben, ist C also nur ein Name für eine bestimmte Menge an Eigenschaften. Die Menge an Eigenschaften entspricht dann B?

Oder einer Übermenge von B, da B die allgemeinere Modellklasse ist.

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Aber dann können wir doch prinzipiell B erkennen oder nicht?

Wir erkennen aber nicht B (als reifizierte Modellklasse), sondern wir beschreiben eine bestimmte Wahrnehmung mittels einer Modellkonvention.

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Die Einteilung in "Welt an sich" und "Welt für mich" wäre dann auch nicht mehr nötig, wenn es um konkrete Phänomene geht.

Ja, "Welt an sich" sollte man streichen. Vielleicht wäre "Welt für mich" und "Welt intersubjektiv" besser. Letztere beinhaltet noch mehr Konventionen als erstere.

#9:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 05.05.2012, 20:42
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step hat folgendes geschrieben:
Ich dachte immer, transzendentale Objekte sind so etwas wie Kant's synthetische Urteile a-priori

Nicht so richtig. Ich habe meine Magisterarbeit über Slavoj Zizeks Kant-Deutung geschrieben. Nach Zizeks Lesart (der ich zustimme) nimmt das transzendentale Objekt eine zentrale Stelle in Kants Philosophie ein. Um mal deine Redeweise mit den Modellklassen wieder aufzunehmen: Das transzendentale Objekt ist das Modell als Objekt, abstrahiert von dem, was es inhaltlich modelliert. Das Ding an sich ist hingegen der Inhalt selbst als Objekt, abstrahiert von seiner Modellierung. Der Witz an der Sache ist aber, dass wir gar nicht anders können als beides miteinander zu verwechseln. Wenn beides einfach zusammenfiele, dann gäbe es gar keinen Unterschied zwischen dem Modell und dem, was es modelliert ("intellektuelle Anschauung"), aber wenn beides streng voneinander getrennt wäre, könnte man überhaupt keine Beziehung zwischen dem Modell und dem, was es modelliert, herstellen (Solipsismus). Das heißt aber auch, dass die Beziehung zwischen dem Modell und dem, was es modelliert (bei Kant heißt diese Beziehung übrigens "Urteil"), immer problematisch ist.

#10:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 05.05.2012, 21:09
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Tarvoc hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ich dachte immer, transzendentale Objekte sind so etwas wie Kant's synthetische Urteile a-priori
Nicht so richtig. Ich habe meine Magisterarbeit über Slavoj Zizeks Kant-Deutung geschrieben. Nach Zizeks Lesart (der ich zustimme) nimmt das transzendentale Objekt eine zentrale Stelle in Kants Philosophie ein.

Jo, sehe ich ebenso. Nach meiner Deutung braucht Kant das als Rechtfertigung für allerlei anderes Zeugs (das mir nicht gefällt), mal salopp gesagt.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Um mal deine Redeweise mit den Modellklassen wieder aufzunehmen: Das transzendentale Objekt ist das Modell als Objekt, abstrahiert von dem, was es inhaltlich modelliert. Das Ding an sich ist hingegen der Inhalt selbst als Objekt, abstrahiert von seiner Modellierung. Der Witz an der Sache ist aber, dass wir gar nicht anders können als beides miteinander zu verwechseln. Wenn beides einfach zusammenfiele, dann gäbe es gar keinen Unterschied zwischen dem Modell und dem, was es modelliert ("intellektuelle Anschauung"), aber wenn beides streng voneinander getrennt wäre, könnte man überhaupt keine Beziehung zwischen dem Modell und dem, was es modelliert, herstellen (Solipsismus).

Hmm ... bin mir nicht sicher, ob ich z.B. bei "Zeit" oder "Kausalität" verstehe, inwiefern das ein "Modell als Objekt, abstrahiert von dem, was es inhaltlich modelliert" sein kann.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Das heißt aber auch, dass die Beziehung zwischen dem Modell und dem, was es modelliert (bei Kant heißt diese Beziehung übrigens "Urteil"), immer problematisch ist.

Da kann ich als Neopositivist (oder so) natürlich nur zustimmen, ich finde diese Beziehung auch sehr problematisch! Smilie Ich würde aus dem Bauch heraus sagen, daß ich für ein gutes Modell weder das transzendentale Objekt noch das Ding an sich benötige. Und bin mir sicher, daß Kant und die allermeisten Philosophen das anders sehen.

#11:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 05.05.2012, 21:25
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step hat folgendes geschrieben:
Ich würde aus dem Bauch heraus sagen, daß ich für ein gutes Modell weder das transzendentale Objekt noch das Ding an sich benötige.

Du musst für ein gutes Modell zwischen dem Modell und dem, was es modelliert, unterscheiden. Sonst kommt nämlich kein Modell dabei heraus, sondern moderne Kunst. zwinkern

#12:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 05.05.2012, 21:30
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"A erkennt B als C" verstehe ich als Repräsentationalen Realismus. Also: was wir sehen (bzw. erkennen), ist immer nur ein (Ab-)Bild in unserem Gehirn von etwas anderem, etwas dahinterliegenden. Ich sehe z.B. keinen Stift, sondern ich sehe ein Bild, das mein Gehirn vom Stift erzeugt. Was aber der Stift tatsächlich ist, weiß ich demnach nicht.

Zurzeit neige ich im Gegensatz dazu zu einem schlichten Naiven Realismus. (Oder auch die Variante des Direkten Realismus nach Putnam.)

#13:  Autor: Tom der Dino BeitragVerfasst am: 05.05.2012, 21:31
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step hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Aber dann können wir doch prinzipiell B erkennen oder nicht?

Wir erkennen aber nicht B (als reifizierte Modellklasse), sondern wir beschreiben eine bestimmte Wahrnehmung mittels einer Modellkonvention.
Das einzelne gesamte Experiment inklusive der Messanordnung ohne Beschreibung wäre B? Mehr geht ja nicht. Macht es dann noch Sinn zwischen Realität und Erkennbarem zu unterscheiden? Oder bin ich jetzt völlig verkehrt?

#14:  Autor: Tom der Dino BeitragVerfasst am: 05.05.2012, 21:32
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
"A erkennt B als C" verstehe ich als Repräsentationalen Realismus. Also: was wir sehen (bzw. erkennen), ist immer nur ein (Ab-)Bild in unserem Gehirn von etwas anderem, etwas dahinterliegenden. Ich sehe z.B. keinen Stift, sondern ich sehe ein Bild, das mein Gehirn vom Stift erzeugt. Was aber der Stift tatsächlich ist, weiß ich demnach nicht.

Zurzeit neige ich im Gegensatz dazu zu einem schlichten Naiven Realismus. (Oder auch die Variante des Direkten Realismus nach Putnam.)


Hi AP, schön dich mal wieder zu lesen.

#15:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 05.05.2012, 21:38
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Tarvoc hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ich würde aus dem Bauch heraus sagen, daß ich für ein gutes Modell weder das transzendentale Objekt noch das Ding an sich benötige.
Du musst für ein gutes Modell zwischen dem Modell und dem, was es modelliert, unterscheiden. Sonst kommt nämlich kein Modell dabei heraus, sondern moderne Kunst. zwinkern

Hmm ... also ich habe Wahrnehmungen / Phänomene / Messungen auf der einen Seite, und ein Modell auf der anderen Seite. So weit, so gut. Natürlich muß ich zwischen denen unterscheiden. Aber dieses hypothetische, rein ontologisch interessante Etwas, das nach Überzeugung der Realisten die Wahrnehmungen hervorruft, muß eigentlich nicht notwendig in meinem Modellierungsprozeß vorkommen, würde ich sagen.

#16:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 05.05.2012, 21:41
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Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Aber dann können wir doch prinzipiell B erkennen oder nicht?
Wir erkennen aber nicht B (als reifizierte Modellklasse), sondern wir beschreiben eine bestimmte Wahrnehmung mittels einer Modellkonvention.
Das einzelne gesamte Experiment inklusive der Messanordnung ohne Beschreibung wäre B? Mehr geht ja nicht. Macht es dann noch Sinn zwischen Realität und Erkennbarem zu unterscheiden? Oder bin ich jetzt völlig verkehrt?

Paßt schon so etwa. Man kann das Erkennbare "hypothetische Realität" nennen, von mir aus. Aber das verführt mE zu ontologischem Realismus. Wäre normalerweise harmlos, aber an den Grenzen der Wissenschaft sehe ich das als problematisch an - siehe Diskussionen über "Kriterien der Wirklichkeit" u.ä.

#17:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 05.05.2012, 21:44
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step hat folgendes geschrieben:
Aber dieses hypothetische, rein ontologisch interessante Etwas, das nach Überzeugung der Realisten die Wahrnehmungen hervorruft, muß eigentlich nicht notwendig in meinem Modellierungsprozeß vorkommen, würde ich sagen.

Das mit der kausalen Hervorrufung von Phänomenen durch das Ding an sich ist doch sowieso nur Schopenhauers m.E. falsche Lesart.
Der Punkt ist: Du behandelst das Phänomen, wenn du es modellierst, als Gegenstand und nicht z.B. als rein zufälliges Patchwork unzusammenhängender Sinneseindrücke. Schon deshalb, weil du etwas rein Zufälliges gar nicht modellieren könntest.

#18:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 05.05.2012, 22:10
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Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Du behandelst das Phänomen, wenn du es modellierst, als Gegenstand und nicht z.B. als rein zufälliges Patchwork unzusammenhängender Sinneseindrücke.

Das kann man so deuten, da gebe ich Dir recht. Es ist aber eher eine Deutung und keine metaphysische Voraussetzung. Man sieht das an einigen modernen physikalischen Modellen, wo zwar das Modell wohldefiniert und auch effizient ist, man sich aber darüber streitet, welche Aspekte des Modells als "Dinge" bzw. real anzusehen sind.

#19:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 05.05.2012, 22:16
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Vielleicht nochmal meine Einstellung anders erläutert:

Dem Satz: "A erkennt B als C" möchte ich (nicht mehr) zustimmen. Meiner jetzigen Ansicht nach muss der so lauten: "A erkennt B". Oder, anders gesagt: "die Welt ist so, wie wir sie wahrnehmen, (obgleich wir uns dennoch manchmal täuschen können)", (= naiver Realismus). Z.B. der Stift hier ist so, wie ich ihn wahrnehme, nichts darüber hinaus.

Mir scheint, dass ein Repräsentationaler Realismus (RR) hier eine zusätzliche Seinsebene (Reifikation) einfügt, (das C), die ich aber für überflüssig halte. Außerdem ist fraglich, ob ein RR nicht eher ein Idealismus als ein Realismus ist.

Vielleicht aber irre ich mich auch, dass "A erkennt B als C" auf einen RR hinausläuft.

#20:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 05.05.2012, 22:19
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Dem Satz: "A erkennt B als C" möchte ich (nicht mehr) zustimmen. Meiner jetzigen Ansicht nach muss der so lauten: "A erkennt B". ...

Ich wäre eher für "A erkennt als C". Interessant.

EDIT: Wäre vielleicht gut, ein konkretes Beispiel zu nehmen, denn B und C sind leicht verwechselbar.


Zuletzt bearbeitet von step am 05.05.2012, 22:26, insgesamt 2-mal bearbeitet

#21:  Autor: Tom der Dino BeitragVerfasst am: 05.05.2012, 22:22
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Vielleicht nochmal meine Einstellung anders erläutert:

Dem Satz: "A erkennt B als C" möchte ich (nicht mehr) zustimmen. Meiner jetzigen Ansicht nach muss der so lauten: "A erkennt B". Oder, anders gesagt: "die Welt ist so, wie wir sie wahrnehmen, (obgleich wir uns dennoch manchmal täuschen können)", (= naiver Realismus). Z.B. der Stift hier ist so, wie ich ihn wahrnehme, nichts darüber hinaus.

Mir scheint, dass ein Repräsentationaler Realismus (RR) hier eine zusätzliche Seinsebene (Reifikation) einfügt, (das C), die ich aber für überflüssig halte. Außerdem ist fraglich, ob ein RR nicht eher ein Idealismus als ein Realismus ist.

Vielleicht aber irre ich mich auch, dass "A erkennt B als C" auf einen RR hinausläuft.


Dem möchte ich mich anschließen, allerdings stehen einige Einwände von step im Raum die ich noch nicht nachvollziehen/verstehen konnte (Kriterien der Wirklichkeit). Das was für mich vor allem gegen den RR spricht, ist die Qualia-Problematik, die dort mitschwingt. Und die halte ich ebenso wie die Transzendenz für nicht sinnvoll.

#22:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 05.05.2012, 22:46
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step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Dem Satz: "A erkennt B als C" möchte ich (nicht mehr) zustimmen. Meiner jetzigen Ansicht nach muss der so lauten: "A erkennt B". ...

Ich wäre eher für "A erkennt als C". Interessant.

EDIT: Wäre vielleicht gut, ein konkretes Beispiel zu nehmen, denn B und C sind leicht verwechselbar.

A = jemand / etwas, das erkennen kann. B = ein als baumartiges Ding, (über einen längeren Beobachtungszeitraum), das als 'Baum' bezeichnet wird.

Unter 'C' verstehe ich hier ein zusätzliches Ding, nämlich eine zwischengeschaltete Wahrnehmung, die aber nichts über das tatsächliche 'B' aussagt, das tatsächliche B unerkennbar lässt.

#23: Re: Erkenntnistheorie - Wieso erkennt A B nur als C? Autor: Darwin UpheavalWohnort: Tief im Süden BeitragVerfasst am: 05.05.2012, 23:56
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Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
In diesem Thread bin ich mit jenem interessanten Satz (Siehe Titel) konfrontiert worden.

Mir war das bisher nicht klar und irgendwie tu ich mich immer noch schwer ihn zu verstehen.

Ich versteh ihn folgendermaßen: A sind die Menschen, B ist das grundlegende Naturprinzip und C sind die Naturgesetze (von uns modelliert).

Wenn A nur C sieht, wieso ist C ungleich B? Macht diese Trennung tatsächlich Sinn? Oder ist es nur eine Art philosophische Erweiterung?


Wir Menschen erkennen die Welt nicht wie sie wirklich ist, sondern erfassen sie allenfalls approximativ. Schließlich ist unser Gehirn primär kein Erkenntnisapparat, sondern ein Organ zum Überleben. Unser Gehirn liefert also nur "Hypothesen" über die Welt.

Nehmen wir an, B sei ein Teil dieser Welt (sagen wir: ein Schwarzes Loch). Wir nehmen Schwarze Löcher aber nicht wahr, und sie sind auch nicht Teil der mesokosmischen Welt. Wir können aber hypothetisch-deduktiv auf deren Existenz rückschließen, beispielsweise über Gravitationslinseneffekte, Gamma-Ray-Bursts, die Zustandsgleichungen der Materie usw. Das heißt: A (wir Menschen) erkennen B (Schwarze Löcher) als C (Gamma-Ray-Bursts, Gravitationslinsen,...).

Genau das, nämlich die hypothetisch-deduktive Rekonstruktion der unserer direkten Wahrnehmung unzugänglichen Bereiche und Verbindungsmechanismen dieser Welt, also die Rekonstruktion des "Bs", ist der Sinn der Naturwissenschaften.

#24:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 06.05.2012, 09:55
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step hat folgendes geschrieben:
Man sieht das an einigen modernen physikalischen Modellen, wo zwar das Modell wohldefiniert und auch effizient ist, man sich aber darüber streitet, welche Aspekte des Modells als "Dinge" bzw. real anzusehen sind.

Du verwechselst den Gegenstand mit seiner Existenz. Ein Einhorn ist auch ein Gegenstand, nur halt einer, der nicht existiert.

#25:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 06.05.2012, 10:17
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
A = jemand / etwas, das erkennen kann. B = ein als baumartiges Ding, (über einen längeren Beobachtungszeitraum), das als 'Baum' bezeichnet wird.

Unter 'C' verstehe ich hier ein zusätzliches Ding, nämlich eine zwischengeschaltete Wahrnehmung, die aber nichts über das tatsächliche 'B' aussagt, das tatsächliche B unerkennbar lässt.

Aha. Ich hatte tatsächlich B und C komplett anders verstanden, wahrscheinlich weil ich Deutungen vermeide, die einen naiven Realismus bereits implizit suggerieren. Mein Ansatz war folgendermaßen:

A nimmt etwas wahr, sagen wir B. B beschreibt also hier nicht irgendein Objekt, sondern eine Wahrnehmung (z.B. groß, grün, ...). A deutet nun B als C, d.h. A findet eine Modellklasse C (z.B. "Baum"), deren Modelleigenschaften mit den Wahrnehmungen B hinreichend übereinstimmen.

Also: A deutet ("erkennt") B als C.

Damit vermeide ich jegliche direkte Aussage darüber, ob hinter der Wahrnehmung B ein reales Objekt steht. Der (hypothetische) Realismus kommt bei mir nur dadurch herein, daß der Modellklasse C ("Baum") weitere Eigenschaften zugemessen werden, etwa intersubjektive Wiederholbarkeit und dgl. - diesen Ansatz empfinde ich als irgendwie "sauberer".

#26:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 06.05.2012, 10:18
    —
So hatte ich das auch verstanden.

#27:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 06.05.2012, 10:22
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Tarvoc hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Man sieht das an einigen modernen physikalischen Modellen, wo zwar das Modell wohldefiniert und auch effizient ist, man sich aber darüber streitet, welche Aspekte des Modells als "Dinge" bzw. real anzusehen sind.
Du verwechselst den Gegenstand mit seiner Existenz. Ein Einhorn ist auch ein Gegenstand, nur halt einer, der nicht existiert.

Selbst wenn das relevant wäre für die Physik, würde es nicht gegen mein Argument oben sprechen, denn der Realist setzt ja nicht nur Gegenstände voraus, sondern existierende Gegenstände.

#28:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 06.05.2012, 10:25
    —
step hat folgendes geschrieben:
Selbst wenn das relevant wäre für die Physik, würde es nicht gegen mein Argument oben sprechen, denn der Realist setzt ja nicht nur Gegenstände voraus, sondern existierende Gegenstände.

Ja. Aber dass sie existieren, war an der Stelle gar nicht der Punkt, sondern dass sie Gegenstände sind (bzw. als Gegenstände aufgefasst werden können).

#29:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 06.05.2012, 10:46
    —
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Selbst wenn das relevant wäre für die Physik, würde es nicht gegen mein Argument oben sprechen, denn der Realist setzt ja nicht nur Gegenstände voraus, sondern existierende Gegenstände.
Ja. Aber dass sie existieren, war an der Stelle gar nicht der Punkt, sondern dass sie Gegenstände sind (bzw. als Gegenstände aufgefasst werden können).

Hatte ich anders verstanden. Wo ist dann aber die metaphysische Voraussetzung, von der Du schriebst, wenn nichtmal die Existenz vorausgesetzt wird? Ein hypothetisches Objekt, das nicht existiert (Einhorn), ist doch nur ein Konstrukt.

#30:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 06.05.2012, 11:15
    —
step hat folgendes geschrieben:
Wo ist dann aber die metaphysische Voraussetzung, von der Du schriebst, wenn nichtmal die Existenz vorausgesetzt wird?

"Metaphysisch" ist ein etwas hochtrabender Begriff. Die Voraussetzung besteht eben darin, dass man den Gegenstand der Theorie als Gegenstand behandelt. Bzw. dass man zwischen dem Modell und seinem Gegenstand unterscheidet.

#31:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 06.05.2012, 11:45
    —
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Die Voraussetzung besteht eben darin, dass man den Gegenstand der Theorie als Gegenstand behandelt. Bzw. dass man zwischen dem Modell und seinem Gegenstand unterscheidet.

Ich versuche gerade, das anhand einer physikalischen Theorie nachzuvollziehen. Ich habe also ein Modell in Form eines mathematischen Formalismus, z.B. die Quantenphysik. Meine Aussage ist nun, daß dieser Formalismus bestimmte Beobachtungen voraussagt (mehr nicht!). Dazu muß ich natürlich den Termen im Formalismus eine Bedeutung in der Welt der Beobachtung zuweisen (z.B. "f" entspricht einer gemessenen Frequenz), aber ich muß die hinter den Observablen vermuteten Objekte keineswegs reifizieren.

Ich kann daher Deine Aussage höchstens so verstehen, daß ich methodisch zwischen Theorie (Modell) und Experiment unterscheide, und ich sehe nicht, inwiefern diese "Voraussetzung" mehr wäre als eine Eigenschaft der Methode, die vermutlich sogar direkt aus dem Überprüfbarkeitspostulat folgt.

#32:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 06.05.2012, 12:31
    —
step hat folgendes geschrieben:
Dazu muß ich natürlich den Termen im Formalismus eine Bedeutung in der Welt der Beobachtung zuweisen (z.B. "f" entspricht einer gemessenen Frequenz), aber ich muß die hinter den Observablen vermuteten Objekte keineswegs reifizieren.

Du musst die vermuteten Dinge keineswegs verdinglichen? Am Kopf kratzen

step hat folgendes geschrieben:
ich sehe nicht, inwiefern diese "Voraussetzung" mehr wäre als eine Eigenschaft der Methode

Was heißt "mehr"? Es ist eben eine notwendige "Eigenschaft" der Methode.

#33:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 06.05.2012, 12:49
    —
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Dazu muß ich natürlich den Termen im Formalismus eine Bedeutung in der Welt der Beobachtung zuweisen (z.B. "f" entspricht einer gemessenen Frequenz), aber ich muß die hinter den Observablen vermuteten Objekte keineswegs reifizieren.
Du musst die vermuteten Dinge keineswegs verdinglichen? Am Kopf kratzen

Ich muß die von Realisten vermuteten Dinge nicht so verdinglichen, wie die das tun, so meinte ich das.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
ich sehe nicht, inwiefern diese "Voraussetzung" mehr wäre als eine Eigenschaft der Methode
Was heißt "mehr"? Es ist eben eine notwendige "Eigenschaft" der Methode.

Dann bin ich ja beruhigt, ich mache also keine weiteren Voraussetzungen, sondern wende nur eine Methode an, die letztlich einzig dadurch legitimiert wird, daß keine bessere bekannt ist.

#34:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 06.05.2012, 12:58
    —
step hat folgendes geschrieben:
Dann bin ich ja beruhigt, ich mache also keine weiteren Voraussetzungen, sondern wende nur eine Methode an, die letztlich einzig dadurch legitimiert wird, daß keine bessere bekannt ist.

Mir ging's eigentlich nicht um die Legitimation der Methode, sondern darum, die Methode selbst zu verstehen.

#35:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 06.05.2012, 14:10
    —
step hat folgendes geschrieben:
Mein Ansatz war folgendermaßen:

A nimmt etwas wahr, sagen wir B. B beschreibt also hier nicht irgendein Objekt, sondern eine Wahrnehmung (z.B. groß, grün, ...). A deutet nun B als C, d.h. A findet eine Modellklasse C (z.B. "Baum"), deren Modelleigenschaften mit den Wahrnehmungen B hinreichend übereinstimmen.

Also: A deutet ("erkennt") B als C.

Damit vermeide ich jegliche direkte Aussage darüber, ob hinter der Wahrnehmung B ein reales Objekt steht. Der (hypothetische) Realismus kommt bei mir nur dadurch herein, daß der Modellklasse C ("Baum") weitere Eigenschaften zugemessen werden, etwa intersubjektive Wiederholbarkeit und dgl. - diesen Ansatz empfinde ich als irgendwie "sauberer".

Okay, Dein Ansatz ist also:

Erkennender A deutet Wahrnehmung B als Modell C.

Ich hatte El Schwalmo, (von dem ist ja der Spruch), bisher immer so verstanden:

Erkennender A erkennt 'das unerkennbare Ding an sich' B als Wahrnehmung C.

Ich finde beide Ansätze problematisch. In Deinem Ansatz gibt es gar keinen Bezug zur Realität, (Du vertrittst also einen Idealismus), in El Schwalmos Ansatz, (zumindest, so wie ich ihn verstehe, da müsste er selber was zu sagen), gibt es einen undefinierten, weil prinzipiell nicht erkennbaren Zusammenhang.

Mein Ansatz wäre nun, wie gesagt, der naive Realismus: wir nehmen nicht Wahrnehmungen wahr, sondern wir nehmen die Realität direkt wahr.

#36:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 06.05.2012, 14:16
    —
Also wenn ich Step richtig verstanden habe, meinte er: Die Wahrnehmung ist bereits die Realität, die wir modellieren.

#37:  Autor: pera BeitragVerfasst am: 06.05.2012, 14:50
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Mein Ansatz wäre nun, wie gesagt, der naive Realismus: wir nehmen nicht Wahrnehmungen wahr, sondern wir nehmen die Realität direkt wahr.


Warum ist das dein Ansatz? Um das Ganze etwas einfacher zu machen, indem alle möglichen Zwischenschritte übergangen werden? Oder nennst du deine Wahrnehmumg einfach Realität?
Noch was anderes, B und C ok, aber A ist der Wahrnehmende. Das kann doch auch alles mögliche sein, oder nicht?

#38:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 06.05.2012, 14:52
    —
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Also wenn ich Step richtig verstanden habe, meinte er: Die Wahrnehmung ist bereits die Realität, die wir modellieren.

Ja, richtig, wir modellieren die Wahrnehmungen, und unsere Modelle sagen auch nur Wahrnehmungen (Messungen usw.) voraus. In unserer "klumpigen" Alltagswelt macht man keinen großen Fehler, wenn man statt der Wahrnehmungen irgendwelche Objekte "dahinter" reifiziert oder gar naiv-relistisch sagt, man nehme diese Objekte selbst wahr. Aber durch die Physik bin ich drauf gekommen, daß das unter bestimmten Umständen einfach nicht mehr funktioniert. Etwa bei virtuellen Photonen in der vollständigen Beschreibung des Doppelspaltexperiments. Daher versuche ich Aussagen darüber zu vermeiden, ob etwa eine bestimmte prominente mathematische Struktur in einer gut überprüften Theorie (etwa das genannte virtuelle Photon) einer "realen Entität" entspricht. Und ich meine, man braucht das auch gar nicht, die Theorie durch diesen Verzicht nicht schlechter.

#39:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 06.05.2012, 15:03
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
In Deinem Ansatz gibt es gar keinen Bezug zur Realität, ...

Wie oben gesagt, der Realismus erscheint bei mir nur als Eigenschaft der Modellklasse, er ist also sozusagen reduziert. Zum Beispiel gehört zu den Eigenschaften der Modellklasse "Baum" auch, daß jemand Anderer, wenn er da hin schaut, auch etwas großes grünes sieht, u.ä. - "Realität" ist also in meiner Weltsicht ein Begriff, der bestimmte Eigenschaften klassischer Modellklassen zusammenfaßt. Diese Eigenschaften machen aber bei Modellklassen der modernen Physik mE nur noch beschränkt Sinn bzw. tragen dort eigentlich eher zur Verwirrung bei.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Mein Ansatz wäre nun, wie gesagt, der naive Realismus: wir nehmen nicht Wahrnehmungen wahr, sondern wir nehmen die Realität direkt wahr.

Kriegst Du da nicht Probleme, einmal an der Wahrnehmungsschnittstelle A (was nimmt die Realität wahr, Dein Auge oder Dein Gehirn?), zum zweiten bei der Abgrenzung des Objekts B (was nimmst Du wahr, die Galaxie oder den Lichtstrom?).

#40:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 06.05.2012, 15:04
    —
@pera

Ich verstehe Deine Fragen nicht so recht. Vielleicht mal ein Zitat, dem ich zustimme:

Direkter Realismus hat folgendes geschrieben:
Das grundlegende Problem des internen Realismus (den „mein eigenes Ich“ vertreten hat[54]) liegt für Putnam in dessen Prämissen. Diesen Kritikpunkt hätten, so Putnam, auch die Kritiker des internen Realismus nicht erkannt. Dieser fußt auf einer Theorie der Bezugnahme. Prädikate oder Sinnesdaten werden als Repräsentationen aufgefasst. Diese Repräsentationen werden als im Bewusstsein enthalten gedacht. Putnam änderte seine Auffassung nun in diesem Punkt und nimmt ähnlich wie schon Austin in „Sense and Sensibilia“ (1962)[55] an, dass zwischen Gegenstand und Ausdrücken nicht eine kausale Beziehung, sondern eine unmittelbare kognitive Relation besteht. Das Wahrgenommene existiert nicht im Bewusstsein, sondern weiterhin in der Außenwelt (Externalismus). Für den direkten Realisten gibt es kein „Interface“ der Wahrnehmung im Bewusstsein. Als Konsequenz kann man nach Putnam die Korrespondenztheorie der Wahrheit akzeptieren und muss die „verifikationistische Erklärung des Verstehens“ zurückweisen.

Der Punkt ist: ich meine, man kann auf die Annahme einer 'wahren, dahinterliegenden aber unerkennbaren' Realität verzichten, aber nicht auf Realismus als solchem, denn ich meine, man muss zwischen Fakten (die sich auf die Realität beziehen) und Fiktionen (die sich nicht auf die Realität beziehen) unterscheiden können.

#41:  Autor: pera BeitragVerfasst am: 06.05.2012, 15:36
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
@pera

Ich verstehe Deine Fragen nicht so recht. Vielleicht mal ein Zitat, dem ich zustimme:

Direkter Realismus hat folgendes geschrieben:
Das grundlegende Problem des internen Realismus (den „mein eigenes Ich“ vertreten hat[54]) liegt für Putnam in dessen Prämissen. Diesen Kritikpunkt hätten, so Putnam, auch die Kritiker des internen Realismus nicht erkannt. Dieser fußt auf einer Theorie der Bezugnahme. Prädikate oder Sinnesdaten werden als Repräsentationen aufgefasst. Diese Repräsentationen werden als im Bewusstsein enthalten gedacht. Putnam änderte seine Auffassung nun in diesem Punkt und nimmt ähnlich wie schon Austin in „Sense and Sensibilia“ (1962)[55] an, dass zwischen Gegenstand und Ausdrücken nicht eine kausale Beziehung, sondern eine unmittelbare kognitive Relation besteht. Das Wahrgenommene existiert nicht im Bewusstsein, sondern weiterhin in der Außenwelt (Externalismus). Für den direkten Realisten gibt es kein „Interface“ der Wahrnehmung im Bewusstsein. Als Konsequenz kann man nach Putnam die Korrespondenztheorie der Wahrheit akzeptieren und muss die „verifikationistische Erklärung des Verstehens“ zurückweisen.

Der Punkt ist: ich meine, man kann auf die Annahme einer 'wahren, dahinterliegenden aber unerkennbaren' Realität verzichten, aber nicht auf Realismus als solchem, denn ich meine, man muss zwischen Fakten (die sich auf die Realität beziehen) und Fiktionen (die sich nicht auf die Realität beziehen) unterscheiden können.

Kann man verzichten, da unerkennbar, ok.
Aber das mit dem "Interface der Wahrnehmung", das kannst du doch nicht einfach streichen. Das Wahrgenommene existiert nicht im Bewusstsein, ok. Der "Baum" steht immer noch wo er eben steht. Aber in meinem Bewusstsein ist ein "Bild" des Baumes" welches nicht der Baum selbst ist.
(Wahrscheinlich hab ich nur alles völlig falsch verstanden)

#42:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 06.05.2012, 15:46
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Der Punkt ist: ich meine, man kann auf die Annahme einer 'wahren, dahinterliegenden aber unerkennbaren' Realität verzichten, aber nicht auf Realismus als solchem, denn ich meine, man muss zwischen Fakten (die sich auf die Realität beziehen) und Fiktionen (die sich nicht auf die Realität beziehen) unterscheiden können.

Hier neige ich zur Zustimmung, auch wenn ich es etwas anders formulieren würde: Kriterien zur Unterscheidung von intersubjektiv stabilen und instabilen Phänomenen sind nützlich.

#43:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 06.05.2012, 16:02
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pera hat folgendes geschrieben:
Aber das mit dem "Interface der Wahrnehmung", das kannst du doch nicht einfach streichen. Das Wahrgenommene existiert nicht im Bewusstsein, ok. Der "Baum" steht immer noch wo er eben steht. Aber in meinem Bewusstsein ist ein "Bild" des Baumes" welches nicht der Baum selbst ist.
(Wahrscheinlich hab ich nur alles völlig falsch verstanden)

Ich denke, dass Du das richtig verstanden hast. Der direkte Realismus streicht dieses Interface, für ihn gibt es also keine dreistellige Relation zwischen einem Gedanken und der Welt, sondern nur eine zweistellige.

Ich könnte mal zwei Links anbieten, die das Ganze viel ausführlicher behandeln, als ich es könnte:

Repräsentationaler oder direkter Realismus?

Wie direkt soll ein Realismus sein?

@step
Ich bin mir nicht sicher, ob und inwiefern sich unsere Einstellungen unterscheiden, ob da nicht lediglich rein semantische Unterschiede bestehen.

#44:  Autor: pera BeitragVerfasst am: 06.05.2012, 17:46
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
pera hat folgendes geschrieben:
Aber das mit dem "Interface der Wahrnehmung", das kannst du doch nicht einfach streichen. Das Wahrgenommene existiert nicht im Bewusstsein, ok. Der "Baum" steht immer noch wo er eben steht. Aber in meinem Bewusstsein ist ein "Bild" des Baumes" welches nicht der Baum selbst ist.
(Wahrscheinlich hab ich nur alles völlig falsch verstanden)

Ich denke, dass Du das richtig verstanden hast. Der direkte Realismus streicht dieses Interface, für ihn gibt es also keine dreistellige Relation zwischen einem Gedanken und der Welt, sondern nur eine zweistellige.

Ich könnte mal zwei Links anbieten, die das Ganze viel ausführlicher behandeln, als ich es könnte:

Repräsentationaler oder direkter Realismus?

Wie direkt soll ein Realismus sein?

@step
Ich bin mir nicht sicher, ob und inwiefern sich unsere Einstellungen unterscheiden, ob da nicht lediglich rein semantische Unterschiede bestehen.


Nach dem Lesen der verlinkten Schriften sehe ich etwas klarer. (etwas) Drei Umstände scheinen mir trotzdem noch erläuterungsbedürftig.
- der fragmentarische Charakter der phänomenalen Erfahrung
- die Möglichkeit falscher, irrtümlicher Wahrnehmung
- die rosa Einhörner

#45:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 06.05.2012, 18:30
    —
Ich würde sagen, (will heißen, ich bin sicher kein Experte hierbei):

- nach Ansicht des direkten Realismus kann Erfahrung nur fragmentarisch sein, d.h. es kann keine 'übergeordnete' Erkenntnis darüber geben, wie etwas 'total (= nicht fragmentarisch) gesehen' ist, (was nämlich die Annahme einer 'zusätzlich dahinterliegenden Realität' voraussetzt, einen 'god's eye view')
- ich stelle mir das so vor: Gedanken beziehen sich immer auf etwas Reales, aber Gedanken selber sind auch etwas Reales, auf das sich wiederum Gedanken beziehen können. Wenn ich denke: 'da steht ein Baum', dann ist das nicht unabhängig von sonstigen Gedanken, (Erfahrungen etc.), sondern immer auch damit verknüpft. Nun kann es vorkommen, dass sich Gedanken nur auf Gedanken beziehen, daraus können z.B. Halluzinationen entstehen
- ein rosa Einhorn ist die gedankliche Verknüpfung von realen Dingen / Sachverhalten / Eigenschaften ('rosa', 'Pferd', 'Horn'), die in einen neuen (nicht existierenden) Zusammenhang gebracht werden

#46:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 06.05.2012, 19:22
    —
step hat folgendes geschrieben:
In unserer "klumpigen" Alltagswelt macht man keinen großen Fehler, wenn man statt der Wahrnehmungen irgendwelche Objekte "dahinter" reifiziert oder gar naiv-relistisch sagt, man nehme diese Objekte selbst wahr.

Wieso "dahinter"? Die Objekte sind nicht hinter, sondern in der Wahrnehmung, und wir nehmen schon die Objekte selbst wahr.

#47:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 06.05.2012, 19:24
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
@step
Ich bin mir nicht sicher, ob und inwiefern sich unsere Einstellungen unterscheiden, ob da nicht lediglich rein semantische Unterschiede bestehen.

Ja, könnte man meinen. Den meisten Details, die Du gepostet hast zu diesem Thema, kann ich im wesentlichen zustimmen.

Was mir noch Unbehagen bereitet: Du kannst ja nicht leugnen, daß Deine Deutungen auf der Auswertung von Wahrnehmungen beruhen. Und daß diese Wahrnehmungen (z.B. grüne Photonen) nicht identisch mit dem (aus Deiner Sicht) realen Baum sind. Wie begründest Du, daß Du einen realen Baum wahrnimmst, wenn Du nicht - wie ich - die Realitätskriterien auf die intersubjektive Überprüfbarkeit oder ähnliches auslagerst? Irgendwie scheint mir das nicht nur eine rein semantische Geschichte zu sein.


Zuletzt bearbeitet von step am 06.05.2012, 19:32, insgesamt einmal bearbeitet

#48:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 06.05.2012, 19:31
    —
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
In unserer "klumpigen" Alltagswelt macht man keinen großen Fehler, wenn man statt der Wahrnehmungen irgendwelche Objekte "dahinter" reifiziert oder gar naiv-relistisch sagt, man nehme diese Objekte selbst wahr.
Wieso "dahinter"? Die Objekte sind nicht hinter, sondern in der Wahrnehmung, und wir nehmen schon die Objekte selbst wahr.

Das bedarf mE genaugenommen einer Begründung. Zum einen erfordert es, das "reale" Objekt als Sender von Information über seine Natur anzusehen. Zum zweiten erfordert es, von dem Vorhandensein dieser Information (z.B. die grünen Photonen) darauf zu schließen, daß der Absender ein realer Baum ist.

Ich denke, man kann das begründen, aber um ein bloßes naives Postulat zu vermeiden, scheint es mir sauberer, Kriterien für diese "Realität" anzugeben und die wiederum (meßtechnisch, methodisch) gleich zu behandeln wie die Information selbst. "Realität" wird dadurch allerdings zu einer - wie soll ich sagen - sekundären, abgeleiteten Eigenschaft. Ansonsten ändert sich im Normalfall nichts gegenüber dem hypothetischen Realismus.

#49:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 06.05.2012, 19:45
    —
step hat folgendes geschrieben:
Zum einen erfordert es, das "reale" Objekt als Sender von Information über seine Natur anzusehen.

Wer redet denn von Sender oder real? Der Punkt ist: In meiner Wahrnehmung kommen Objekte vor und nicht nur ein wilder Strom unzusammenhängender Eindrücke.

Wahrnehmung und Modellierung lassen sich nicht scharf voneinander trennen.

#50:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 06.05.2012, 19:51
    —
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Wer redet denn von Sender? Es geht darum: In meiner Wahrnehmung kommen Objekte vor und nicht nur ein wilder Strom unzusammenhängender Eindrücke. Insofern ich z.B. Sinnestäuschungen erliegen kann, können in meiner Wahrnehmung sogar Objekte vorkommen, die nicht "real" sind.

Das hatten wir doch schon: Um den direkten Realismus von AP zu verstehen, sind primär die "realen" Objekte von Interesse.

#51:  Autor: Tom der Dino BeitragVerfasst am: 06.05.2012, 20:00
    —
step hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
In unserer "klumpigen" Alltagswelt macht man keinen großen Fehler, wenn man statt der Wahrnehmungen irgendwelche Objekte "dahinter" reifiziert oder gar naiv-relistisch sagt, man nehme diese Objekte selbst wahr.
Wieso "dahinter"? Die Objekte sind nicht hinter, sondern in der Wahrnehmung, und wir nehmen schon die Objekte selbst wahr.

Das bedarf mE genaugenommen einer Begründung. Zum einen erfordert es, das "reale" Objekt als Sender von Information über seine Natur anzusehen. Zum zweiten erfordert es, von dem Vorhandensein dieser Information (z.B. die grünen Photonen) darauf zu schließen, daß der Absender ein realer Baum ist.


Ich bin dafür, das gemessene Objekt, den Messvorgang und das Messgerät zu einer Einheit zusammenzufassen, nennen wir es Experiment. So können diese Begriffe, deren Abgrenzung zum Teil echt schwierig zu verstehen ist vermieden werden. Man schließt nun auch nicht mehr auf einen Baum sondern man misst ihn. Ein Rückschluss ist dann überflüssig.
Die virtuellen Photonen, die du ansprachst, gehören bereits zum Modell. Das Experiment besteht nur aus dem über die Zeit entstehenden Interferenzmuster und dem Rest des Versuchsaufbaus.
Oder können die virtuellen Photonen ebenfalls gemessen werden?

#52:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 06.05.2012, 20:13
    —
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Ich bin dafür, das gemessene Objekt, den Messvorgang und das Messgerät zu einer Einheit zusammenzufassen, nennen wir es Experiment.

Dieser Ansatz wird übrigens auch in der Physik regelmäßig vertreten.

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
So können diese Begriffe, deren Abgrenzung zum Teil echt schwierig zu verstehen ist vermieden werden. Man schließt nun auch nicht mehr auf einen Baum sondern man misst ihn. Ein Rückschluss ist dann überflüssig.

Richtig, bzw. ob man "der Baum" da "wirklich steht" ist dann irrelevant. Entscheidend ist nur die Modellierung der Messung - und ihre Wiederholbarkeit.

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Die virtuellen Photonen, die du ansprachst, gehören bereits zum Modell.

Schon, aber das Problem liegt woanders: Wir modellieren die Vorgänge beim Entstehen des Interferenzmusters, und die Frage ist nun, ob wir alle Terme in unserer hervorragend bestätigten Theorie, die Photonen entsprechen, als "reale" Photonen deuten sollen. Mein Standpunkt ist, solcherlei Ontologisierungen zu vermeiden.

Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Oder können die virtuellen Photonen ebenfalls gemessen werden?

Das ist eine gute und durchaus schwierige Frage. Je nachdem, wie man "das Experiment" und "messen" defeniert.

#53:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 06.05.2012, 20:19
    —
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Ich bin dafür, das gemessene Objekt, den Messvorgang und das Messgerät zu einer Einheit zusammenzufassen, nennen wir es Experiment.

So ungefähr. Nur dass ein Experiment eben keine undifferenzierte Einheit ist. Ansonsten wäre es kein Experiment, sondern Aktionskunst.

#54:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 06.05.2012, 20:31
    —
step hat folgendes geschrieben:
Was mir noch Unbehagen bereitet: Du kannst ja nicht leugnen, daß Deine Deutungen auf der Auswertung von Wahrnehmungen beruhen. Und daß diese Wahrnehmungen (z.B. grüne Photonen) nicht identisch mit dem (aus Deiner Sicht) realen Baum sind.

Ja, das will ich auch nicht leugnen. Ich meine lediglich, dass meine Wahrnehmungen sich direkt auf die Realität beziehen, ohne ein zusätzliches zwischengeschaltetes Bild der Realität, dass also eine direkte Beziehung zwischen den Wahrnehmungen und der Realität besteht - und dass die Realität nicht zusätzlich etwas darüber Hinausgehendes ist.

Mir ist aber bewusst, dass ich das nicht unmissverständlich ausdrücken / nicht eindeutig erklären kann.

(Vielleicht noch einen Link, der die grundlegenden Ideen und Argumente viel besser darstellen kann als ich: Die antirealistische Position des wissenschaftlichen Realismus)

step hat folgendes geschrieben:
Wie begründest Du, daß Du einen realen Baum wahrnimmst, wenn Du nicht - wie ich - die Realitätskriterien auf die intersubjektive Überprüfbarkeit oder ähnliches auslagerst?

Damit meinst Du jetzt einen Wahrheitsbegriff bzw. ein Wahrheitskriterium? Ich meine nicht, dass wir dabei weit auseinander sind - wenn ich Dich jetzt recht verstehe. (Ich möchte mich bezüglich des Wahrheitsbegriffes wieder Putnam anschließen, der unter 'Wahrheit' 'ideale Rechtfertigbarkeit' versteht - siehe dazu auch den Link oben.)

step hat folgendes geschrieben:
Irgendwie scheint mir das nicht nur eine rein semantische Geschichte zu sein.

Ich weiß noch nicht. Ich möchte nun nochmal dies von Dir oben Gesagte aufgreifen:

step hat folgendes geschrieben:
Ja, richtig, wir modellieren die Wahrnehmungen, und unsere Modelle sagen auch nur Wahrnehmungen (Messungen usw.) voraus. In unserer "klumpigen" Alltagswelt macht man keinen großen Fehler, wenn man statt der Wahrnehmungen irgendwelche Objekte "dahinter" reifiziert oder gar naiv-relistisch sagt, man nehme diese Objekte selbst wahr. Aber durch die Physik bin ich drauf gekommen, daß das unter bestimmten Umständen einfach nicht mehr funktioniert. Etwa bei virtuellen Photonen in der vollständigen Beschreibung des Doppelspaltexperiments. Daher versuche ich Aussagen darüber zu vermeiden, ob etwa eine bestimmte prominente mathematische Struktur in einer gut überprüften Theorie (etwa das genannte virtuelle Photon) einer "realen Entität" entspricht. Und ich meine, man braucht das auch gar nicht, die Theorie durch diesen Verzicht nicht schlechter.

Ich bin mir zwar nicht sicher, ob ich das richtig verstehe, aber so wie ich das verstehe, kann ich dem nicht zustimmen. Das Argument, dass etwas unter bestimmten Umständen, in bestimmten Situationen, unter bestimmten Rahmenbedingungen funktioniert, unter anderen aber nicht anwendbar ist und man es deswegen auch in denjenigen Situationen, in denen es funktioniert, nicht anwenden dürfe, halte ich für problematisch. Das Argument wäre ja in Ordnung, wenn man eine bessere Alternative präsentieren könnte, also ein umfassenderes und/oder einfacheres Modell, aber solange man das nicht kann, ist es ungültig.

Konkreter gesagt: auch wenn es strittig ist, ob man in Grenzbereichen Dinge als existierend oder nicht ansieht, folgt daraus noch lange nicht, dass man deswegen darauf verzichten sollte, über Existenz / Realität zu reden. Mir erscheint dieser Schluss merkwürdig und nicht gerechtfertigt.

Und außerdem scheint mir mal wieder folgende Idee dahinter zu stecken, die ich aber ablehne: "es gibt (hypothetisch) eine einzige eindeutige und allumfassende wahre Beschreibung der Welt".

Aber, wie gesagt: kann alles auch nur ein Sprachproblem zu sein. Mir scheint jedenfalls erst mal, dass Du unter 'Realismus' etwas anderes verstehst als ich. Ich verstehe darunter folgende Behauptungen:

(1) Es gibt reale Objekte.
(2) Sie existieren unabhängig von unserer Erfahrung und unserem Wissen von ihnen.
(3) Sie haben Eigenschaften und gehen Relationen ein unabhängig von unseren Konzepten, mit denen wir sie verstehen und unserer Sprache, mit der wir sie beschreiben.

#55:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 06.05.2012, 21:15
    —
@AP: Ich lese den Link, sobald ich Ziet habe, danke. Im Moment nur kurz:

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Konkreter gesagt: auch wenn es strittig ist, ob man in Grenzbereichen Dinge als existierend oder nicht ansieht, folgt daraus noch lange nicht, dass man deswegen darauf verzichten sollte, über Existenz / Realität zu reden. Mir erscheint dieser Schluss merkwürdig und nicht gerechtfertigt.

Vielleicht bin ich da zu sehr von der Physik geprägt.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und außerdem scheint mir mal wieder folgende Idee dahinter zu stecken, die ich aber ablehne: "es gibt (hypothetisch) eine einzige eindeutige und allumfassende wahre Beschreibung der Welt".

Obwohl ich mich als Reduktionisten bezeichne, möchte ich das entschieden zurückweisen! Ich glaube nicht an eine allumfassende und auch nicht an eine wahre Beschreibung der Welt.

#56:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 06.05.2012, 21:48
    —
step hat folgendes geschrieben:
Vielleicht bin ich da zu sehr von der Physik geprägt.

Hm, aber in der Physik gilt doch das Gleiche? Nehmen wir mal den eliminativen Materialismus:

Eliminativer Materialismus hat folgendes geschrieben:
Der eliminative Materialismus oder Eliminativismus ist eine kontroverse Position innerhalb der Philosophie des Geistes. Seine zentrale These ist, dass die alltägliche Rede über mentale Zustände falsch sei. Eine zukünftige neuro- oder kognitionswissenschaftliche Beschreibung des Menschen werde nicht nur die Alltagspsychologie ersetzen, sondern auch nachweisen, dass es gar keine mentalen Zustände gebe.

Ich möchte nicht über diese Ansicht an sich diskutieren, dazu habe ich zu wenig Kenntnis darüber, (ich glaube, dass das viel zu verkürzt ist, dem nicht gerecht wird). Mein Punkt ist nur ein rein pragmatischer: nehmen wir mal an, dem wäre so, das wäre richtig. Aber selbst dann wäre das für uns heute - pragmatisch gesehen - uninteressant, weil folgenlos. Es wäre doch wenig hilfreich, ein halbwegs funktionierendes Modell aufzugeben, weil man meinte, irgendwann zukünftig mal ein Besseres haben zu können. Denn dann hätte man ja in der Zeit bis dahin überhaupt kein Modell - was doch wohl schlechter ist, als ein halbwegs funktionierendes Modell zu haben, oder?

step hat folgendes geschrieben:
Ich glaube nicht an eine allumfassende und auch nicht an eine wahre Beschreibung der Welt.

Ah, okay, das war mir bisher nicht klar. Dann sind wir uns ja dabei einig. Ich vermute jedoch immer noch, dass Du unter 'Realismus' etwas anderes verstehst als ich, Du zu meinen scheinst, dass ein Realist - zusätzlich zu den von mir oben genannten Behauptungen - weitergehende metaphysische Annahmen treffen müsse.

#57:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 07.05.2012, 18:41
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
nehmen wir mal an, [eine neue Theorie] wäre richtig. Aber selbst dann wäre das für uns heute - pragmatisch gesehen - uninteressant, weil folgenlos.

Ja, in gewisser Weise sind diese Diskussionen über Existenzkriterien an den verschwommenen Randbereichen unserer Welt immer relativ folgenlos für unseren Alltag. Ja, man könnte sogar sagen, die gesamte Erkenntnistheorie und große Teilder der Phlosophie, ja sogar der Physik, sind (erstmal) folgenlos und daher für sehr "pragmatisch" denkende Mitbürger "uninteressant".

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Es wäre doch wenig hilfreich, ein halbwegs funktionierendes Modell aufzugeben, weil man meinte, irgendwann zukünftig mal ein Besseres haben zu können. Denn dann hätte man ja in der Zeit bis dahin überhaupt kein Modell - was doch wohl schlechter ist, als ein halbwegs funktionierendes Modell zu haben, oder?

Ich gebe Dir insofern recht, daß man ein einfacheres, bewährtes Modell nicht aufgeben muß, wenn es im Alltag gut funktioniert. Man benutzt ja auch Newton weiterhin, wieso also nicht den naiven Realismus.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich vermute jedoch immer noch, dass Du unter 'Realismus' etwas anderes verstehst als ich, Du zu meinen scheinst, dass ein Realist - zusätzlich zu den von mir oben genannten Behauptungen - weitergehende metaphysische Annahmen treffen müsse.

Schaun wir mal:

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
(1) Es gibt reale Objekte.

Ist das nicht überflüssig oder zumindest rekursionsgefährdet, weil es bereits "es gibt" benutzt? Du sagst ja quasi so etwas wie "Mindestens ein reales Objekt ist real." Ich lasse das erstmal weg und mache mit den anderen weiter.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
(2) Sie existieren unabhängig von unserer Erfahrung und unserem Wissen von ihnen.
(3) Sie haben Eigenschaften und gehen Relationen ein unabhängig von unseren Konzepten, mit denen wir sie verstehen und unserer Sprache, mit der wir sie beschreiben.

Diese beiden scheinen mir ziemlich äquivalent zu den Kriterien, die ich weiter oben angesprochen hatte: Intersubjektive Überprüfbarkeit der Eigenschaften und dgl.

Ich würde daher so etwas wie (2) und (3) verwenden, um zu spezifizieren, wann wir unser Modell eines Phänomens mit der Modelleigenschaft "real" versehen. Ich bin mir eben nicht sicher, ob ich damit noch ein Realist bin - aus dem Bauch heraus würde ich sagen: nicht unbedingt.

Noch zum vollständigen Verständnis, und um auf (1) zurückzukommen: Meinst Du, daß es Objekte gibt, die (2) und (3) erfüllen, aber nicht real sind?

#58:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 07.05.2012, 20:09
    —
step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
nehmen wir mal an, [eine neue Theorie] wäre richtig. Aber selbst dann wäre das für uns heute - pragmatisch gesehen - uninteressant, weil folgenlos.

Ja, in gewisser Weise sind diese Diskussionen über Existenzkriterien an den verschwommenen Randbereichen unserer Welt immer relativ folgenlos für unseren Alltag. Ja, man könnte sogar sagen, die gesamte Erkenntnistheorie und große Teilder der Phlosophie, ja sogar der Physik, sind (erstmal) folgenlos und daher für sehr "pragmatisch" denkende Mitbürger "uninteressant".

Oh, da stimmt jetzt was absolut nicht, mein Punkt ist so ganz falsch dargestellt. Mein Einwand war folgender: wenn man, wie z.B. der eliminative Materialismus, eine eventuelle zukünftige Theorie behauptet, die besser sei, als die heutige, man die aber nicht vorweisen kann, sondern nur auf die Zukunft vertröstet, dann ist das - pragmatisch gesehen - uninteressant. Insbesondere dann, wenn man diese Behauptung nicht beweisen (= hinreichend plausibel machen) kann.

Wäre dann so, als wie wenn ich sagte: all unsere heutigen physikalischen Theorien müssen wir heute verwerfen, weil es zukünftig mal die TOE (Theory of everything) geben wird, (und diese habe absolut nichts mehr mit den heutigen physikalischen Theorien zu tun).

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
(2) Sie existieren unabhängig von unserer Erfahrung und unserem Wissen von ihnen.
(3) Sie haben Eigenschaften und gehen Relationen ein unabhängig von unseren Konzepten, mit denen wir sie verstehen und unserer Sprache, mit der wir sie beschreiben.

Diese beiden scheinen mir ziemlich äquivalent zu den Kriterien, die ich weiter oben angesprochen hatte: Intersubjektive Überprüfbarkeit der Eigenschaften und dgl.

Ich würde daher so etwas wie (2) und (3) verwenden, um zu spezifizieren, wann wir unser Modell eines Phänomens mit der Modelleigenschaft "real" versehen. Ich bin mir eben nicht sicher, ob ich damit noch ein Realist bin - aus dem Bauch heraus würde ich sagen: nicht unbedingt.

Hm, ich bin zwar Pragmatiker, aber das ist mir dennoch einen Ticken zu pragmatisch gedacht. Ich würde gerne unterscheiden wollen zwischen dem, was es gibt und dem, was wir intersubjektiv überprüfen können, (was sowohl in die eine Richtung - wir irren uns kollektiv und systematisch ob der Existenz von X) als auch in die andere Richtung (niemand von uns erkennt die Existenz von Y) unterschiedlich sein kann). Wenn es Dinge unabhängig von uns gibt, (was ich als Realist annehme), dann kann es die auch geben, wenn die niemand jemals wahrnimmt/misst/in eine Theorie einbaut. Denn was wir wahrnehmen, ist ja letztlich kontingent, hängt z.B. von den (räumlichen und zeitlichen) Umständen unserer Existenz ab.

Mit anderen Worten: man müsste hier für meinen Geschmack noch ein hypothetisches Element hinzufügen: nur das existiert, was wir hypothetisch wahrnehmen/messen könnten. Egal, ob das lange vor unserer Existenz war oder ob das (räumlich) außerhalb der Reichweite unserer Messinstrumente/Wahrnehmungen liegt.

Oder so: ich würde gerne unterscheiden können, zwischen dem, was es gibt und dem, was wir (hier und jetzt) erkennen können.

(Aber vielleicht meintest Du ja auch so?)

step hat folgendes geschrieben:
Noch zum vollständigen Verständnis, und um auf (1) zurückzukommen: Meinst Du, daß es Objekte gibt, die (2) und (3) erfüllen, aber nicht real sind?

Hm, diese Frage halte ich nicht für besonders sinnvoll. 'Realität' ist ja durch die 3 Punkte definiert, was also das erfüllt, ist demnach real.

Mag bloß sein, dass diese Definition nicht hinreichend ist, erweitert werden muss, wie auch immer.

#59:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 07.05.2012, 21:17
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wäre dann so, als wie wenn ich sagte: all unsere heutigen physikalischen Theorien müssen wir heute verwerfen, weil es zukünftig mal die TOE (Theory of everything) geben wird, (und diese habe absolut nichts mehr mit den heutigen physikalischen Theorien zu tun).

Die Analogie hinkt aber ein bißchen, da der Realismus keine Theorie ist, schon gar keine, bei der man viel verlieren würde, sondern eher eine intuitive metaphysische Deutung.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ich würde gerne unterscheiden wollen zwischen dem, was es gibt und dem, was wir intersubjektiv überprüfen können ... Wenn es Dinge unabhängig von uns gibt, (was ich als Realist annehme), dann kann es die auch geben, wenn die niemand jemals wahrnimmt/misst/in eine Theorie einbaut. Denn was wir wahrnehmen, ist ja letztlich kontingent, hängt z.B. von den (räumlichen und zeitlichen) Umständen unserer Existenz ab.

Hmm ... ich verstehe das so, daß Du Objekten die Eigenschaft "real" unter Umständen auch dann zuweisen möchtest, wenn die üblichen Kriterien dafür nicht überprüft werden. Mich würde hier interessieren, welche Umstände genau dies wohl sein mögen.

Ich habe die Vermutung, daß diese Umstände Erfahrungswerte sind, die letztlich Induktionen von bereits Überprüftem darstellen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Oder so: ich würde gerne unterscheiden können, zwischen dem, was es gibt und dem, was wir (hier und jetzt) erkennen können.

Kannst Du ein Objekt benennen, dem Du begründbar das Attribut "existiert real" zuweisen kannst, ohne daß es intersubjektiv überprüfbar wäre?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
(Aber vielleicht meintest Du ja auch so?)

Nee, ich denke, Du hast den Unterschied schon gut getroffen. Mein Realismus ist sozusagen völlig unmetaphysisch.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Noch zum vollständigen Verständnis, und um auf (1) zurückzukommen: Meinst Du, daß es Objekte gibt, die (2) und (3) erfüllen, aber nicht real sind?
Hm, diese Frage halte ich nicht für besonders sinnvoll. 'Realität' ist ja durch die 3 Punkte definiert, was also das erfüllt, ist demnach real.

Nein, 'Realität' ist eher durch (2) und (3) definiert. (1) sieht aus wie eine Behauptung, daß dies für bestimmte Objekte zutrifft. Andererseits ist (1) für mich so etwas wie eine Tautologie: "Mindestens ein reales Objekt ist real." Deswegen hatte ich vermutet, daß Du (1) extra erwähnst, weil es dE auch Objekte "gibt", auf die (2) und (3) zutrifft, die aber nicht real sind.

#60:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 07.05.2012, 22:36
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step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wäre dann so, als wie wenn ich sagte: all unsere heutigen physikalischen Theorien müssen wir heute verwerfen, weil es zukünftig mal die TOE (Theory of everything) geben wird, (und diese habe absolut nichts mehr mit den heutigen physikalischen Theorien zu tun).

Die Analogie hinkt aber ein bißchen, da der Realismus keine Theorie ist, schon gar keine, bei der man viel verlieren würde, sondern eher eine intuitive metaphysische Deutung.

Hm, das trifft wieder meinen Punkt nicht. Der war folgender: aus der Erkenntnis, dass Realismus keine alles umfassende Erklärung ist, er in Grenzbereichen strittig ist, folgt mE nicht, dass man Realismus an sich ablehnen müsse. Zumindest nicht, solange man keine bessere Erklärung/Interpretation/Theorie/Weltbild whatever hat.

Und: 'metaphysisch' ist zwar richtig, (d.h. man kann Realismus nicht experimentell bestätigen / verwerfen), aber es ist mE nicht richtig, dass man nichts verlieren würde, wenn man den Realismus aufgibt.

Wenn man Modelle aufstellt, muss man auch dazu sagen, von was man Modelle aufstellt, worauf sich die beziehen. Man kann nicht einfach sagen: "auf nichts", das geht nicht, (denn dann wäre jedes Modell zu jedem anderen Modell gleichwertig).

Was bleibt, ist also:

1. die Modelle beziehen sich auf die Realität
2. die Modelle beziehen sich nur auf unsere Sinnesdaten, (und die wiederum beziehen sich entweder auf eine prinzipiell unerkennbare Realität, oder auf Gott [= einen allem übergeordneten Geist], oder auf nichts)

step hat folgendes geschrieben:
Hmm ... ich verstehe das so, daß Du Objekten die Eigenschaft "real" unter Umständen auch dann zuweisen möchtest, wenn die üblichen Kriterien dafür nicht überprüft werden. Mich würde hier interessieren, welche Umstände genau dies wohl sein mögen.

Nun, nehmen wir mal folgenden Umstand: ein Planet existiert und zwar zu Urzeiten, (will sagen, lange vor unserer Existenz). Nun zerfällt dieser Planet aus irgendwelchen Gründen, (welche, ist hier egal, ich denke, dass man sich das vorstellen kann, ohne dass ich das expliziere). Und weiterhin gibt es heute keine eindeutigen Indizien, aus denen man auf die vergangene Existenz zurückschließen kann. Dennoch aber hat er existiert. Ich meine zumindest, dass diese Aussage einen Sinn ergibt.

Anders gesagt: nach meinem Existenzbegriff existiert nicht nur das, was wir hier jetzt zweifelsfrei (bzw. intersubjektiv hinreichend bestätigt) feststellen/wahrnehmen/in eine Theorie einbauen können.

Aber auf der anderen Seite würde etwas, das prinzipiell nicht wahrnehmbar/messbar wäre, nicht existieren.

Ich meine, dass Dein Existenzbegriff zu eng ist, weil er nur auf das 'hier und jetzt und unsere jetzigen Theorien' abhebt.

Davon unterscheiden muss man nun aber die pragmatische Sichtweise: "was ist hier und jetzt sinnvoll für uns, als existent anzunehmen?" Ich weiß nicht, ob dieser Stern existierte oder nicht, er ist also rein hypothetisch, aber wenn es ihn gab, dann existierte er, ganz egal, ob wir das jetzt (oder künftig) feststellen könnten oder nicht.

step hat folgendes geschrieben:
Ich habe die Vermutung, daß diese Umstände Erfahrungswerte sind, die letztlich Induktionen von bereits Überprüftem darstellen.

?

Ich möchte einfach gerne zwischen 'tatsächlicher (von uns und unserer jetzigen Erkenntnisfähigkeit unabhängiger) Existenz' und 'Existenz nach unseren heutigen Wahrnehmungen/Messungen/Theorien' unterscheiden.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Oder so: ich würde gerne unterscheiden können, zwischen dem, was es gibt und dem, was wir (hier und jetzt) erkennen können.

Kannst Du ein Objekt benennen, dem Du begründbar das Attribut "existiert real" zuweisen kannst, ohne daß es intersubjektiv überprüfbar wäre?

Nein, natürlich nicht, das wäre ja auch selbstwidersprüchlich. Aber das heißt eben noch lange nicht, dass nicht etwas existieren könnte, von dem wir hier und jetzt keinen Schimmer hätten.

Und daher meine ich, dass man in irgend einer Weise ein hypothetisches Element bei einer Existenzaussage einfügen muss.

Ich wende mich ja gar nicht gegen Deine Ansicht, dass etwas nur dann existiert, wenn es gemessen/wahrgenommen/Teil einer Theorie sein kann.

Aber auf dieses hypothetische Element kann ich nicht verzichten, obgleich das alles sehr kompliziert und vielleicht gar letztendlich unmöglich macht.

step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
(Aber vielleicht meintest Du ja auch so?)

Nee, ich denke, Du hast den Unterschied schon gut getroffen. Mein Realismus ist sozusagen völlig unmetaphysisch.

Mir ist unverständlich, wie ein Weltbild un-metaphysisch sein kann. Ich halte das für unmöglich, ('Metaphysik' würde ich mal grob so definieren: 'alle Aussagen, die empirisch nicht als wahr oder falsch getestet werden können').

step hat folgendes geschrieben:
Nein, 'Realität' ist eher durch (2) und (3) definiert. (1) sieht aus wie eine Behauptung, daß dies für bestimmte Objekte zutrifft. Andererseits ist (1) für mich so etwas wie eine Tautologie: "Mindestens ein reales Objekt ist real." Deswegen hatte ich vermutet, daß Du (1) extra erwähnst, weil es dE auch Objekte "gibt", auf die (2) und (3) zutrifft, die aber nicht real sind.

Die drei Punkte habe ich schlicht aus dem oben genannten Link herauskopiert. Mir scheinen die 'Realismus' (die Grundanforderungen an einen solchen) gut darzustellen.



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