GBS und die Psychoanalyse
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#1: GBS und die Psychoanalyse Autor: mondkalbnaturWohnort: Wien/Paderborn BeitragVerfasst am: 29.03.2015, 16:51
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Hallo!

Ich hab mich nach einiger Zeit mal wieder für meine Mitgliedschaft in der GBS interessiert und folglich eher für einen Austritt, da mir diese humanistische, szientistische Weltanschauung einfach nicht mehr zusagt. Auch das, was manche Mitglieder von sich geben interessiert mich nicht mehr wirklich (Abdel-Samad wirkt für mich mit seinem neuen Buch ein wenig fragwürdig aber das ist eine andere Diskussion...)Ganz besonders seltsam finde ich, dass die Psychoanalyse - vor allem als Kulturtheorie - kaum bis überhaupt nicht vertreten ist. Meines Erachtens ist diese Art der Kulturkritik, die in allem Religion und "unwissenschaftliches, irrationales" Denken sieht vollkommen unhistorisch und reduktionistisch und missachtet die Herrschaftsverhältnisse im Kapitalismus in ihrer Historität. Natürlich gibt es Gründe dafür, dass die Psychoanalyse so verdrängt ist im deutschsprachigen Raum (mussten vor gut 70 Jahren ja alle auswandern, die sich damit auskannten). Aber das kann ja nicht der einzige Grund sein dafür, oder?
Was hält - wenn ihr noch Teil der GBS seid - euch an der Vereinigung?

Smilie

#2: Re: GBS und die Psychoanalyse Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 29.03.2015, 17:06
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mondkalbnatur hat folgendes geschrieben:
Hallo!

Ich hab mich nach einiger Zeit mal wieder für meine Mitgliedschaft in der GBS interessiert und folglich eher für einen Austritt, da mir diese humanistische, szientistische Weltanschauung einfach nicht mehr zusagt. Auch das, was manche Mitglieder von sich geben interessiert mich nicht mehr wirklich (Abdel-Samad wirkt für mich mit seinem neuen Buch ein wenig fragwürdig aber das ist eine andere Diskussion...)Ganz besonders seltsam finde ich, dass die Psychoanalyse - vor allem als Kulturtheorie - kaum bis überhaupt nicht vertreten ist. Meines Erachtens ist diese Art der Kulturkritik, die in allem Religion und "unwissenschaftliches, irrationales" Denken sieht vollkommen unhistorisch und reduktionistisch und missachtet die Herrschaftsverhältnisse im Kapitalismus in ihrer Historität. Natürlich gibt es Gründe dafür, dass die Psychoanalyse so verdrängt ist im deutschsprachigen Raum (mussten vor gut 70 Jahren ja alle auswandern, die sich damit auskannten). Aber das kann ja nicht der einzige Grund sein dafür, oder?
Was hält - wenn ihr noch Teil der GBS seid - euch an der Vereinigung?

Smilie


So ist es! Das Gefettete habe ich hier auch schon mehrfach in verschiedenen Formulierungen anklingen lassen (Sermon hatte einmal kurz darauf geantwortet).

Die *Verdrängung der Psychoanalyse* als einer Methode und Theorie der Kulturanalyse ist ebenfalls kennzeichnend für oberflächlich agierende Religionskritiker und -innen.

Statt dessen wird - auch hier im Forum - oft auf den ultrareaktionären Nietzsche bezug genommen, der nun für die Religionskritik wirklich nichts beizutragen hat - außer eben jener von dir oben bereits erwähnten, platten, reduktionistischen *Erkenntniskritik*, gepaart mit dem bei ihm einschlägigen Biologismus.

Religionskritik - auch in Deutschland - war schon mal weiter als heute ...-

#3: Re: GBS und die Psychoanalyse Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 29.03.2015, 17:58
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mondkalbnatur hat folgendes geschrieben:
... da mir diese humanistische, szientistische Weltanschauung einfach nicht mehr zusagt. ... Ganz besonders seltsam finde ich, dass die Psychoanalyse - vor allem als Kulturtheorie - kaum bis überhaupt nicht vertreten ist.

Kannst Du das näher erläutern? Bin mir nicht sicher, wie ich es verstehen soll: Stört Dich, daß die Psychoanalyse von der GBS als unwissenschaftlich angesehen wird, weil Du selbst der Ansicht bist, sie eigne sich gut als Kulturtheorie?

mondkalbnatur hat folgendes geschrieben:
Meines Erachtens ist diese Art der Kulturkritik, die in allem Religion und "unwissenschaftliches, irrationales" Denken sieht vollkommen unhistorisch und reduktionistisch und missachtet die Herrschaftsverhältnisse im Kapitalismus in ihrer Historität.

Hmm ... ich persönlich finde, die Kritik an unwissenschaftlichem Denken, Esoterik, Religion usw., hat eine ganz eigene Berechtigung, die sich eher aus dem Inhaltlichen und Methodischen speist und daher als solche aufpassen muß, daß sie nicht in einen ideologischen, z.B. marxistischen oder völkischen, Rahmen gezwängt wird. Ähnlich auch bei der institutionellen Religionskritik: Wenn ich mich gegen Kirchen in Rundfunkräten engagiere oder gegen den RU in Schulen, muß ich das nicht marxistisch begründen.

Ich denke, wenn man von der GBS hauptsächlich eine marxistische Analyse historischer Herrschaftsverhältnisse erhofft, und eine Deutung aller Inhalte und Phänomene durch diese Brille, ist man da eher falsch.

mondkalbnatur hat folgendes geschrieben:
Natürlich gibt es Gründe dafür, dass die Psychoanalyse so verdrängt ist im deutschsprachigen Raum (mussten vor gut 70 Jahren ja alle auswandern, die sich damit auskannten). Aber das kann ja nicht der einzige Grund sein dafür, oder?

Ein weiterer Grund ist mE die desaströse Beurteilung der in der Psychoanalyse anzutreffenden wissenschaftlichen Qualitätsmerkmale. Ihr Verhältnis von viel Dogmatik und viel Spekulation einerseits zu wenig Überprüfbarkeit andererseits ist meines Wissens katastrophal. Ich würde daher erwarten, daß die Psychoanalyse auch außerhalb Deutschlands zumindest im akademischen Bereich zurückgedrängt wird. Da sie aber sehr stark archetypisch und auch sexuell geprägt ist, bleibt sie in Kunst, Boulevard und Volk sehr zäh erhalten. Ähnlich wie Religion oder Astrologie, vielleicht nicht so extrem.

mondkalbnatur hat folgendes geschrieben:
Was hält - wenn ihr noch Teil der GBS seid - euch an der Vereinigung?

Mich stören da vor allem 2 Dinge:
- einige Beiträge, die aus meiner Sicht die Grenze zum Hetzerischen überschreiten (Beispiel A.Hamad hattest Du bereits genannt)
- der "evolutionäre Humanismus" als solcher - ich möchte eigentlich keine moderne Metaphysik gepredigt bekommen, sondern Aufklärung pur (gern auch szientistisch und reduktionistisch zwinkern.

#4: Re: GBS und die Psychoanalyse Autor: mondkalbnaturWohnort: Wien/Paderborn BeitragVerfasst am: 29.03.2015, 19:12
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step hat folgendes geschrieben:
mondkalbnatur hat folgendes geschrieben:
... da mir diese humanistische, szientistische Weltanschauung einfach nicht mehr zusagt. ... Ganz besonders seltsam finde ich, dass die Psychoanalyse - vor allem als Kulturtheorie - kaum bis überhaupt nicht vertreten ist.

Kannst Du das näher erläutern? Bin mir nicht sicher, wie ich es verstehen soll: Stört Dich, daß die Psychoanalyse von der GBS als unwissenschaftlich angesehen wird, weil Du selbst der Ansicht bist, sie eigne sich gut als Kulturtheorie?


Ja, genau. Ich denke, psychoanalytische Methoden eignen sich gut um kulturelle Phänomene zu deuten oder zu erklären.

step hat folgendes geschrieben:
mondkalbnatur hat folgendes geschrieben:
Meines Erachtens ist diese Art der Kulturkritik, die in allem Religion und "unwissenschaftliches, irrationales" Denken sieht vollkommen unhistorisch und reduktionistisch und missachtet die Herrschaftsverhältnisse im Kapitalismus in ihrer Historität.

Hmm ... ich persönlich finde, die Kritik an unwissenschaftlichem Denken, Esoterik, Religion usw., hat eine ganz eigene Berechtigung, die sich eher aus dem Inhaltlichen und Methodischen speist und daher als solche aufpassen muß, daß sie nicht in einen ideologischen, z.B. marxistischen oder völkischen, Rahmen gezwängt wird. Ähnlich auch bei der institutionellen Religionskritik: Wenn ich mich gegen Kirchen in Rundfunkräten engagiere oder gegen den RU in Schulen, muß ich das nicht marxistisch begründen.


Das stimmt!

step hat folgendes geschrieben:
Ich denke, wenn man von der GBS hauptsächlich eine marxistische Analyse historischer Herrschaftsverhältnisse erhofft, und eine Deutung aller Inhalte und Phänomene durch diese Brille, ist man da eher falsch.


Deswegen würde ich um Herrschaftsverhältnisse zu kritisieren eben nicht mehr die GBS vorziehen, da diese es meines Erachtens irgendwie oberflächlich tut. Bzw. würde eine marxistische Analyse umfassender sein, das sie den Rahmen erfasst, indem sich der Rest abspielt. "Wissenschaftliche" Erklärungen jeder Art sind mir nach wie vor willkommen.

step hat folgendes geschrieben:
mondkalbnatur hat folgendes geschrieben:
Natürlich gibt es Gründe dafür, dass die Psychoanalyse so verdrängt ist im deutschsprachigen Raum (mussten vor gut 70 Jahren ja alle auswandern, die sich damit auskannten). Aber das kann ja nicht der einzige Grund sein dafür, oder?

Ein weiterer Grund ist mE die desaströse Beurteilung der in der Psychoanalyse anzutreffenden wissenschaftlichen Qualitätsmerkmale. Ihr Verhältnis von viel Dogmatik und viel Spekulation einerseits zu wenig Überprüfbarkeit andererseits ist meines Wissens katastrophal. Ich würde daher erwarten, daß die Psychoanalyse auch außerhalb Deutschlands zumindest im akademischen Bereich zurückgedrängt wird. Da sie aber sehr stark archetypisch und auch sexuell geprägt ist, bleibt sie in Kunst, Boulevard und Volk sehr zäh erhalten. Ähnlich wie Religion oder Astrologie, vielleicht nicht so extrem.


Genau das sehe ich anders Smilie

ME wird die Psychoanalyse dahingehend missverstanden, dass sie auf die Schriften Freuds und einige auswendiggelernte Phrasen begrenzt wird, als habe sie nie einem wissenschaftlichen Diskurs unterstanden. Ich verstehe sie als eine komplexe "Methode des Verstehens", die von durchaus nicht bloß weit hergeholten Annahmen ausgeht (das Unbewusste und den Einfluss auf die Selbstwahrnehmung beispielsweise) und den Menschen als historische Figur annimmt und zeigt, dass er in seiner Selbstbetrachtung stets beeinflusst ist, nie ein neutrales Bild von sich hat. Das ist doch eine wichtige Message auch hinsichtlich einer Psychologie und Soziologie, die sich Frei der Knechtschaft von Ökonomie wähnt. Sie nun ausführlich als wissenschaftliche Disziplin verteidigen bin ich jedoch nicht befähigt.

#5: Re: GBS und die Psychoanalyse Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 29.03.2015, 20:01
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mondkalbnatur hat folgendes geschrieben:
Ich denke, psychoanalytische Methoden eignen sich gut um kulturelle Phänomene zu deuten oder zu erklären.

Hmm ... ja, bei manchen "kulturellen Phänomenen" drängt sich das in der Tat auf - aber man sollte skeptisch sein, ob das wirklich eine Erklärung (des zugrundeliegenden Wirkmechanismus) ist, oder nur ein archetypisches Bild.

mondkalbnatur hat folgendes geschrieben:
ME wird die Psychoanalyse dahingehend missverstanden, dass sie auf die Schriften Freuds und einige auswendiggelernte Phrasen begrenzt wird, als habe sie nie einem wissenschaftlichen Diskurs unterstanden. Ich verstehe sie als eine komplexe "Methode des Verstehens", die von durchaus nicht bloß weit hergeholten Annahmen ausgeht (das Unbewusste und den Einfluss auf die Selbstwahrnehmung beispielsweise) ...

Wobei man fairerweise sagen muß, daß die Existenz unbewußter Vorgänge auch in anderen psychologischen Theorien nicht geleugnet wird.

mondkalbnatur hat folgendes geschrieben:
... und den Menschen als historische Figur annimmt und zeigt, dass er in seiner Selbstbetrachtung stets beeinflusst ist, nie ein neutrales Bild von sich hat.

Ja, aber auch das ist in anderen psychologischen Theorien weit verbreitet, soweit ich weiß.

mondkalbnatur hat folgendes geschrieben:
Das ist doch eine wichtige Message auch hinsichtlich einer Psychologie und Soziologie, die sich Frei der Knechtschaft von Ökonomie wähnt.

Da würde ich zustimmen. Jedoch scheint mir, daß auch die nicht-psychoanalytische Religionskritik (auch er gbs) diesen Punkt beinhaltet.

mondkalbnatur hat folgendes geschrieben:
Sie nun ausführlich als wissenschaftliche Disziplin verteidigen bin ich jedoch nicht befähigt.

Gilt umgekehrt für mich ebenfalls. Man informiert sich als fachfremder Intellektueller halt sekundär, aber damit natürlich auch oberflächlich, z.B. über http://de.wikipedia.org/wiki/Psychoanalyse#Kritik

#6:  Autor: SermonWohnort: Sine Nomine BeitragVerfasst am: 29.03.2015, 22:15
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mondkalbnatur hat folgendes geschrieben:
Ich hab mich nach einiger Zeit mal wieder für meine Mitgliedschaft in der GBS interessiert und folglich eher für einen Austritt, da ...

Die GBS ist eine private Stiftung und keine Mitgliederorganisation. Der GBS kann man weder beitreten, noch aus ihr austreten. Maximal hast Du einst erklaert, Dich selbst zum beitragsfreien Freundeskreis der GBS zu zaehlen. Schulterzucken

#7:  Autor: mondkalbnaturWohnort: Wien/Paderborn BeitragVerfasst am: 29.03.2015, 23:00
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Sermon hat folgendes geschrieben:
mondkalbnatur hat folgendes geschrieben:
Ich hab mich nach einiger Zeit mal wieder für meine Mitgliedschaft in der GBS interessiert und folglich eher für einen Austritt, da ...

Die GBS ist eine private Stiftung und keine Mitgliederorganisation. Der GBS kann man weder beitreten, noch aus ihr austreten. Maximal hast Du einst erklaert, Dich selbst zum beitragsfreien Freundeskreis der GBS zu zaehlen. Schulterzucken


Gerne meine ich genau das.

#8:  Autor: schtonk BeitragVerfasst am: 29.03.2015, 23:14
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Zum Thema PSA und Kultur/Gesellschaftskritik könnte ich was sagen, zur GBS nicht.
Wäre das noch im Rahmen der Fragestellung?

#9:  Autor: SermonWohnort: Sine Nomine BeitragVerfasst am: 29.03.2015, 23:16
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mondkalbnatur hat folgendes geschrieben:
Sermon hat folgendes geschrieben:
mondkalbnatur hat folgendes geschrieben:
Ich hab mich nach einiger Zeit mal wieder für meine Mitgliedschaft in der GBS interessiert und folglich eher für einen Austritt, da ...

Die GBS ist eine private Stiftung und keine Mitgliederorganisation. Der GBS kann man weder beitreten, noch aus ihr austreten. Maximal hast Du einst erklaert, Dich selbst zum beitragsfreien Freundeskreis der GBS zu zaehlen. Schulterzucken


Gerne meine ich genau das.




#10:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 29.03.2015, 23:32
    —
schtonk hat folgendes geschrieben:
Zum Thema PSA und Kultur/Gesellschaftskritik könnte ich was sagen, zur GBS nicht.
Wäre das noch im Rahmen der Fragestellung?


Wenn du etwas zum Thema PA und Religionskritik weißt, was über wikipedia hinaus geht, das wäre doch toll und passt prima zum Eingangsposting.

Wieso bist du so unsicher?

#11:  Autor: schtonk BeitragVerfasst am: 29.03.2015, 23:46
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Skeptiker hat folgendes geschrieben:
schtonk hat folgendes geschrieben:
Zum Thema PSA und Kultur/Gesellschaftskritik könnte ich was sagen, zur GBS nicht.
Wäre das noch im Rahmen der Fragestellung?


Wenn du etwas zum Thema PA und Religionskritik weißt, was über wikipedia hinaus geht, das wäre doch toll und passt prima zum Eingangsposting.

Wieso bist du so unsicher?

Ich bin nicht unsicher. Aber dieses
mondkalbnatur hat folgendes geschrieben:
...
Was hält - wenn ihr noch Teil der GBS seid - euch an der Vereinigung?

interpretiere ich als Hauptanliegen des Trööt-Eröffners. OT gibts ja genug im Forum, deshalb frage ich lieber vorher.

#12:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 29.03.2015, 23:52
    —
schtonk hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
schtonk hat folgendes geschrieben:
Zum Thema PSA und Kultur/Gesellschaftskritik könnte ich was sagen, zur GBS nicht.
Wäre das noch im Rahmen der Fragestellung?


Wenn du etwas zum Thema PA und Religionskritik weißt, was über wikipedia hinaus geht, das wäre doch toll und passt prima zum Eingangsposting.

Wieso bist du so unsicher?

Weil ich dieses
mondkalbnatur hat folgendes geschrieben:
...
Was hält - wenn ihr noch Teil der GBS seid - euch an der Vereinigung?

als Hauptanliegen des Trööt-Eröffners interpretiere. OT gibts ja genug im Forum, deshalb frage ich lieber vorher.


Ja, aber damit im Zusammenhang stand sein Hinweis, dass z.B. zu wenig die PA mit in die Religionskritik der GBS mit einbezogen wurde.

Genau genommen war das einer der Gründe für seine Distanzierungsgedanken bzw. seine Enttäuschung über die GBS. Da drängt sich doch direkt die Frage auf: Was ist denn nun eigentlich das religionskritische Potenzial der PA.

Mach, wie du denkst ...- Schulterzucken

#13:  Autor: mondkalbnaturWohnort: Wien/Paderborn BeitragVerfasst am: 30.03.2015, 00:18
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Sermon hat folgendes geschrieben:


Kann das Bild nicht sehen!


Zitat:
Was ist denn nun eigentlich das religionskritische Potenzial der PA.


Ich finde das Thema Gottvorstellung und Psychoanalyse (Über-Ich, Mutterbilder etc.) interessant, kenne mich aber auch nicht aus.

Mich interessiert besonders, wieso die Psychoanalyse nicht in der Arbeit der GBS vorkommt,
bzw. wieso man so wenig psychoanalytische Phrasen liest zwinkern . Es wird halt immer gesagt man brauche Wissenschaft und Kunst und so und das reiche aus. Ich denke aber, damit macht man es sich zu einfach, wenn man der Religion und Gottesvorstellungen etwas entgegensetzen will. Und in dem Punkt wäre doch die PA interessant.

Darüber hinaus interessiert mich genauso was ihr zur Kulturkritik/PA zu sagen habt wie das, was euch an der GBS hält.

#14:  Autor: schtonk BeitragVerfasst am: 30.03.2015, 00:27
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
...
Genau genommen war das einer der Gründe für seine Distanzierungsgedanken bzw. seine Enttäuschung über die GBS. Da drängt sich doch direkt die Frage auf: Was ist denn nun eigentlich das religionskritische Potenzial der PA.

Mach, wie du denkst ...- Schulterzucken

Ich bin nicht so begabt in Sachen Intrinsik wie du. Außerdem wollte ich höflich sein.
(Dass man das erklären muss, tz tz)

#15:  Autor: WilsonWohnort: Swift Tuttle BeitragVerfasst am: 30.03.2015, 00:35
    —
jetzt schreib doch endlich mal was zum thema PSA und Kultur/Gesellschaftskritik.

#16:  Autor: unquest BeitragVerfasst am: 30.03.2015, 00:58
    —
mondkalbnatur hat folgendes geschrieben:

Mich interessiert besonders, wieso die Psychoanalyse nicht in der Arbeit der GBS vorkommt,
bzw. wieso man so wenig psychoanalytische Phrasen liest zwinkern .

Vielleicht hat niemand in der GBS den Initiationsritus der Lehranalyse vollzogen und ist somit nicht Mitglied im Geheimbund der Analytiker?

#17:  Autor: mondkalbnaturWohnort: Wien/Paderborn BeitragVerfasst am: 30.03.2015, 01:46
    —
unquest hat folgendes geschrieben:
mondkalbnatur hat folgendes geschrieben:

Mich interessiert besonders, wieso die Psychoanalyse nicht in der Arbeit der GBS vorkommt,
bzw. wieso man so wenig psychoanalytische Phrasen liest zwinkern .

Vielleicht hat niemand in der GBS den Initiationsritus der Lehranalyse vollzogen und ist somit nicht Mitglied im Geheimbund der Analytiker?


Entweder existiert der Geheimbund nicht oder er ist sehr geheim.
Oder all die AnalytikerInnen die ich kenne sind bloß Hologramme.

Im Ernst, dieser Vorwurf der Geheimniskrämerei ist doch bloß eine Ausrede derer, die sich damit nicht beschäftigen wollen. Btw ist der mW einzige Psychoanalytiker der im Namen der GBS tätig war tot (Prof. Dr. Riedesser). Das spricht nicht unbedingt für die GBS zynisches Grinsen

#18:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 30.03.2015, 12:45
    —
schtonk hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
...
Genau genommen war das einer der Gründe für seine Distanzierungsgedanken bzw. seine Enttäuschung über die GBS. Da drängt sich doch direkt die Frage auf: Was ist denn nun eigentlich das religionskritische Potenzial der PA.

Mach, wie du denkst ...- Schulterzucken

Ich bin nicht so begabt in Sachen Intrinsik wie du. Außerdem wollte ich höflich sein.
(Dass man das erklären muss, tz tz)


Von wegen höflich. Erst mit dem großen Wissen über die PSA wedeln und dann den schwanz einziehen. Auf den Arm nehmen

Und prompt kommt dann so ein Berufsspötter wie unquest und zieht das Ganze dann vollendes ins lächerliche und esoterische.

Wilson hat folgendes geschrieben:
jetzt schreib doch endlich mal was zum thema PSA und Kultur/Gesellschaftskritik.


Genau! Trau dich und erkläre uns allen, was Sache ist mit der PSA ...-! Anbeten

#19:  Autor: unquest BeitragVerfasst am: 30.03.2015, 13:59
    —
mondkalbnatur hat folgendes geschrieben:

Im Ernst, dieser Vorwurf der Geheimniskrämerei ist doch bloß eine Ausrede derer, die sich damit nicht beschäftigen wollen.

Besser: "Deine Kritik lässt sich als emotionaler Widerstand, bzw. Angstabwehr deuten. Solltest du an deiner Kritik festhalten, könnte es sich auch um eine manifeste Störung handeln." Lachen

#20:  Autor: mondkalbnaturWohnort: Wien/Paderborn BeitragVerfasst am: 30.03.2015, 15:25
    —
unquest hat folgendes geschrieben:
mondkalbnatur hat folgendes geschrieben:

Im Ernst, dieser Vorwurf der Geheimniskrämerei ist doch bloß eine Ausrede derer, die sich damit nicht beschäftigen wollen.

Besser: "Deine Kritik lässt sich als emotionaler Widerstand, bzw. Angstabwehr deuten. Solltest du an deiner Kritik festhalten, könnte es sich auch um eine manifeste Störung handeln." Lachen


Ebenso billig.

#21:  Autor: Pfirsich BeitragVerfasst am: 30.03.2015, 15:34
    —
Ich hatte von G. Kehrer ein Buch gelesen, in dem er Religionssoziologie auf Kirchensoziologie verengt mit der Ausrede, dass die Kirchen die Hauptakteure auf dem religiösen Feld hierzulande wären (sinngemäß, ist schon 15-20 Jahre her). Als ich dann hierher kam und es hieß, "wir haben auch einen Soziologen", wandte ich mich gähnend (vpn der GBS) ab.

Noch eine Engführung?
Sollte mich das wundern?

#22:  Autor: schtonk BeitragVerfasst am: 30.03.2015, 16:05
    —
Oft wird die Psychoanalyse auf Freud reduziert und ihr der Vorwurf gemacht, sie sei sexualistisch ausgerichtet und spekulativ.
Etwas überspitzt gesagt reduziert man sie gerne auf den Penisneid und den Ödipuskomplex - das verträgt sich z.B. nicht mit den
emanzipatorischen Ansichten etwa der Befürworter der Frauenbewegung und anderer libertär gesinnten Gesellschaftskritikern.
Es erzeugt Abwehr und Aggression.

Die PSA wurde schon in den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts von Intellektuellen als Erklärungswerkzeug zur Transparentmachung von
gesellschaftlichen Verhältnissen und sozialer Ungleichheit angewandt. Das setzte zuerst einmal voraus, dass man sie nicht nur als eine neue
Therapieform betrachtete. Siegfried Bernfeld etwa schrieb 1928 in seinem Aufsatz "Ist Psychoanalyse eine Weltanschauung", dass die PSA eine
wissenschaftliche Entdeckung sei, die weltanschauliche Wirkung habe. Er verglich sie dabei mit der Lehre Darwins.
Sandor Ferenci setzte sie in Bezug zum Rechtswesen einer Gesellschaft, Paul Federn zur Revolution unter dem Eindruck der Geschehnisse 1918/19.
Und nicht zu vergessen Wilhelm Reichs Massenpsychologie des Faschismus.
Es gäbe noch viele Namen zu nennen. Eines eint sie alle: Die Erkenntnis, dass es in der Gesellschaft ungerecht zugeht, dass Herrschaftsverhältnisse
der Grund dafür sind und dass es augenscheinlich Bedingungen in der Psyche eines jeden Einzelnen gibt, die dafür sorgen, dass das so funktionieren kann.

Aus einem therapeutischen Instrument wurde also eine psychologische Blaupause zum Verständnis gesellschaftlicher Prozesse, die von ihrem abstrakten
Niveau abgelöst und individualisiert wurden. Zwangsläufig stieß man auf Mechanismen, die eine bestimmte Ordnung aufrecht erhielten, auf die individuellen
Besonderheiten derjenigen, die sie befürworteten und dies weitergaben und somit auf - im weitesten Sinne - Traditionen. Also auch historisches Denken
wurde zwangsläufig zum integralen Bestandteil dieser Denkschule.

Daraus entwickelte sich das, was analytische Sozialpsychologie genannt wird. Mithin ihre bekanntesten Vertreter sind die Mitscherlichs.
Ein Schüler A. Mitscherlichs, Helmut Dahmer, hat 1980 einen informativen und fundierten Sammelband zu diesem Thema herausgegeben.

Die PSA sowohl als Therapieform als auch als Instrument der Kritik von Gesellschaft und ihren Institutionen hatte ihre Hochzeit vom Beginn der 70er Jahre
bis etwa Mitte der 90er und wurde mitgetragen von den mannigfaltigen emanzipatorischen Strömungen in Deutschland und anderen Teilen Europas sowie in den USA.
Warum sie an Einfluss verlor hat Gründe, die zu benennen den Rahmen eines Forumsbeitrages sprengen würde.

Zur Kritik speziell an der Religion aus Sicht der PSA schreibe ich vielleicht später etwas.

#23:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 30.03.2015, 20:39
    —
schtonk hat folgendes geschrieben:
Siegfried Bernfeld etwa schrieb 1928 in seinem Aufsatz "Ist Psychoanalyse eine Weltanschauung", dass die PSA eine wissenschaftliche Entdeckung sei, die weltanschauliche Wirkung habe. Er verglich sie dabei mit der Lehre Darwins.

Sandor Ferenci setzte sie in Bezug zum Rechtswesen einer Gesellschaft, Paul Federn zur Revolution unter dem Eindruck der Geschehnisse 1918/19.

Und nicht zu vergessen Wilhelm Reichs Massenpsychologie des Faschismus. (...)

Aus einem therapeutischen Instrument wurde also eine psychologische Blaupause zum Verständnis gesellschaftlicher Prozesse, die von ihrem abstrakten Niveau abgelöst und individualisiert wurden. (...)

Zur Kritik speziell an der Religion aus Sicht der PSA schreibe ich vielleicht später etwas.


très bon! merci ...-! Daumen hoch!

#24:  Autor: funkeimdunkeln BeitragVerfasst am: 31.03.2015, 20:44
    —
schtonk hat folgendes geschrieben:

Aus einem therapeutischen Instrument wurde also eine psychologische Blaupause zum Verständnis gesellschaftlicher Prozesse, die von ihrem abstrakten
Niveau abgelöst und individualisiert wurden. Zwangsläufig stieß man auf Mechanismen, die eine bestimmte Ordnung aufrecht erhielten, auf die individuellen
Besonderheiten derjenigen, die sie befürworteten und dies weitergaben und somit auf - im weitesten Sinne - Traditionen. Also auch historisches Denken
wurde zwangsläufig zum integralen Bestandteil dieser Denkschule.


Hervorhebung von mir.

Was sind das für Mechanismen? Ist man diesen Mechanismen eigentlich hilflos ausgeliefert oder gibt es dagegen ein Heilmittel? Und wenn ja, warum hat das keiner vorher entdeckt?

Mirko

#25: Re: GBS und die Psychoanalyse Autor: funkeimdunkeln BeitragVerfasst am: 31.03.2015, 20:52
    —
mondkalbnatur hat folgendes geschrieben:
Hallo!

Ich hab mich nach einiger Zeit mal wieder für meine Mitgliedschaft in der GBS interessiert und folglich eher für einen Austritt, da mir diese humanistische, szientistische Weltanschauung einfach nicht mehr zusagt. Auch das, was manche Mitglieder von sich geben interessiert mich nicht mehr wirklich (Abdel-Samad wirkt für mich mit seinem neuen Buch ein wenig fragwürdig aber das ist eine andere Diskussion...)Ganz besonders seltsam finde ich, dass die Psychoanalyse - vor allem als Kulturtheorie - kaum bis überhaupt nicht vertreten ist. Meines Erachtens ist diese Art der Kulturkritik, die in allem Religion und "unwissenschaftliches, irrationales" Denken sieht vollkommen unhistorisch und reduktionistisch und missachtet die Herrschaftsverhältnisse im Kapitalismus in ihrer Historität. Natürlich gibt es Gründe dafür, dass die Psychoanalyse so verdrängt ist im deutschsprachigen Raum (mussten vor gut 70 Jahren ja alle auswandern, die sich damit auskannten). Aber das kann ja nicht der einzige Grund sein dafür, oder?
Was hält - wenn ihr noch Teil der GBS seid - euch an der Vereinigung?

Smilie


Du hast viel zu hohe Ansprüche an die GBS. Hauptsächlich ist das ein Haufen von Leute, die durch religiöse Erfahrungen traumatisiert sind und nun gute Gründe dafür suchen endlich gegen den bösen Übeltäter Religion wettern zu dürfen. Die Sache mit dem "Evolutionären Humanismus" ist sozusagen eine Ideologie, die dazu dient diesen Menschen ihr Bedürfnis nach einer gottfreien und wissenschaftlich fundierten Weltanschauung zu befriedigen. Du musst dir vorstellen, manche von denen sind jahrzehntelang unter der Rute der Kirche gewesen und denen musst du erst einmal vermitteln, dass Wissenschaft so richtig geil ist. Und um in diesen Menschen so richtig die Lust und die Freude an wissenschaftlich fundierter Erkenntnis zu vermitteln eignet sich die Evolutionstheorie als Ausgangsbasis für ein Weltbild natürlich viel besser als marxistische oder psychoanalystische Kulturkritik, da letztere doch mit dem Stigma zu kämpfen haben möglicherweise eine bloße Ideologie zu sein und als solche nicht hundertprozentig seriös, während die Evolutionstheorie im Allgemeinen als hieb- und stichfest gilt.

Im Übrigen bin ich nicht dort, um dort nochmal die hundertste neue Weltanschauung zu lernen, sondern weil es dort sehr interessante Menschen gibt.

Mit freundlichem Gruß,
Mirko

#26:  Autor: schtonk BeitragVerfasst am: 31.03.2015, 21:08
    —
funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben:
...
Was sind das für Mechanismen? Ist man diesen Mechanismen eigentlich hilflos ausgeliefert oder gibt es dagegen ein Heilmittel? Und wenn ja, warum hat das keiner vorher entdeckt?

Denk halt nach, bist doch schlau.

#27:  Autor: funkeimdunkeln BeitragVerfasst am: 31.03.2015, 21:12
    —
Also, ich würde ja sagen, dass die Menschen dazu neigen sich an die gesellschaftlichen Verhältnisse anzupassen, weil die sozialen Kosten für Widerstand oft sehr hoch sind. Das Gleiche erleben wir heutzutage mit der "political correctness" und funktioniert im Prinzip genauso wie die Gotteslehre der katholischen Kirche im Mittelalter. Wer früher gegen die damals herrschende Ideologie verstieß, wurde verbrannt. Wer heute gegen die herrschenden Ideologien verstößt, wird sozial stigmatisiert. Ergo hat man hohe soziale Kosten und ergo wollen nur wenige die entsprechenden Risiken eingehen.

Okay, soweit würde ich mir das erklären. Ich frage mich aber, warum ich dafür die Psychoanalyse brauche?

Mirko

#28:  Autor: schtonk BeitragVerfasst am: 31.03.2015, 21:37
    —
funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben:
Also, ich würde ja sagen, dass die Menschen dazu neigen sich an die gesellschaftlichen Verhältnisse anzupassen, weil die sozialen Kosten für Widerstand oft sehr hoch sind. Das Gleiche erleben wir heutzutage mit der "political correctness" und funktioniert im Prinzip genauso wie die Gotteslehre der katholischen Kirche im Mittelalter. Wer früher gegen die damals herrschende Ideologie verstieß, wurde verbrannt. Wer heute gegen die herrschenden Ideologien verstößt, wird sozial stigmatisiert. Ergo hat man hohe soziale Kosten und ergo wollen nur wenige die entsprechenden Risiken eingehen.

Okay, soweit würde ich mir das erklären. Ich frage mich aber, warum ich dafür die Psychoanalyse brauche?

Mirko

Brauchst du nicht. Frage geklärt.

#29: Re: GBS und die Psychoanalyse Autor: mondkalbnaturWohnort: Wien/Paderborn BeitragVerfasst am: 31.03.2015, 22:32
    —
funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben:
Im Übrigen bin ich nicht dort, um dort nochmal die hundertste neue Weltanschauung zu lernen, sondern weil es dort sehr interessante Menschen gibt.

Mit freundlichem Gruß,
Mirko


Klingt nach Partnerbörse nur ohne interessante Menschen!

#30:  Autor: unquest BeitragVerfasst am: 31.03.2015, 23:09
    —
Ich stehe vielem was aus der psychoanalytischen Ecke kommt mittlerweile eher skeptisch gegenüber.
Mindestens einen wissenschaftlichen Anspruch halte ich für zweifelhaft. Oder als Frage formuliert:

Welches Kriterium bietet uns die Psychoanalyse an, um als widerlegt zu gelten?

Als Beispiel möchte ich den für die analytische Praxis zentralen Begriff "Verdrängung" nehmen.
"Die Verdrängungslehre ist nun der Grundpfeiler, auf dem das Gebäude der Psychoanalyse ruht" (Freud, Zur Geschichte der psychoanalytischen Bewegung)

Im Laufe der Ausarbeitung Freuds kann dieser Begriff 2 Bedeutungen annehmen (Ich beziehe mich auf die Ausführung von Pontalis/Laplanche, Das Vokabular der Psychoanalyse)

A. An den Trieb gekopplte Vorstellungen werden ins Unbewusste zurück gestossen.
B. Verdrängung als Abwehrmechanismus des Ich

Gibt es empirische Studien, die den Mechanismus der Verdrängung belegen?
Die Wirklichkeit scheint eher das Gegenteil zu bezeugen:

Zitat:
"Eine Vielzahl von Studien bei Kindern (Terr 1983; Malmquist 1986; Pynoos & Nader 1989) und Erwachsenen (Leopold & Dillon 1963) hat gezeigt, daß psychologisch traumatische Ereignisse lebhaft, wenn auch nicht immer akkurat, erinnert werden und regelmäßig von eindrücklichem Wiedererleben in der einen oder anderen Form gefolgt werden. Das Problem bei den meisten Arten von Traumata ist nicht, daß die gewalttätigen Erlebnisse komplett aus dem Bewußtsein getilgt werden, sondern daß die Menschen nicht in der Lage sind, zu vergessen. Amnesien sind selten."
(Dr. Sydney Brandon et al: "Recovered memories of childhood sexual abuse: implications for clinical practice," British Journal of Psychiatry, April 98, S.300

http://www.novo-magazin.de/41/novo4134.htm


In diesem Zusammenhang auch interessant 2 Artikel von Gardner über Falsche Erinnerungen in Randow, Der Fremdling im Glas(Aufsätze aus dem Skeptical Inquirer).

Kann die Psychoanalyse als widerlegt gelten, sollte sich die Verdrängung als Einbildung Freuds herausstellen?

#31: Der zentrale Begriff "Verdrängung" Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 01.04.2015, 19:18
    —
unquest hat folgendes geschrieben:
Ich stehe vielem was aus der psychoanalytischen Ecke kommt mittlerweile eher skeptisch gegenüber.
Mindestens einen wissenschaftlichen Anspruch halte ich für zweifelhaft. Oder als Frage formuliert:

Welches Kriterium bietet uns die Psychoanalyse an, um als widerlegt zu gelten?

Als Beispiel möchte ich den für die analytische Praxis zentralen Begriff "Verdrängung" nehmen.
"Die Verdrängungslehre ist nun der Grundpfeiler, auf dem das Gebäude der Psychoanalyse ruht" (Freud, Zur Geschichte der psychoanalytischen Bewegung)

Im Laufe der Ausarbeitung Freuds kann dieser Begriff 2 Bedeutungen annehmen (Ich beziehe mich auf die Ausführung von Pontalis/Laplanche, Das Vokabular der Psychoanalyse)

A. An den Trieb gekopplte Vorstellungen werden ins Unbewusste zurück gestossen.
B. Verdrängung als Abwehrmechanismus des Ich

Gibt es empirische Studien, die den Mechanismus der Verdrängung belegen?
Die Wirklichkeit scheint eher das Gegenteil zu bezeugen:

Zitat:
"Eine Vielzahl von Studien bei Kindern (Terr 1983; Malmquist 1986; Pynoos & Nader 1989) und Erwachsenen (Leopold & Dillon 1963) hat gezeigt, daß psychologisch traumatische Ereignisse lebhaft, wenn auch nicht immer akkurat, erinnert werden und regelmäßig von eindrücklichem Wiedererleben in der einen oder anderen Form gefolgt werden. Das Problem bei den meisten Arten von Traumata ist nicht, daß die gewalttätigen Erlebnisse komplett aus dem Bewußtsein getilgt werden, sondern daß die Menschen nicht in der Lage sind, zu vergessen. Amnesien sind selten."
(Dr. Sydney Brandon et al: "Recovered memories of childhood sexual abuse: implications for clinical practice," British Journal of Psychiatry, April 98, S.300

http://www.novo-magazin.de/41/novo4134.htm

In diesem Zusammenhang auch interessant 2 Artikel von Gardner über Falsche Erinnerungen in Randow, Der Fremdling im Glas(Aufsätze aus dem Skeptical Inquirer).

Kann die Psychoanalyse als widerlegt gelten, sollte sich die Verdrängung als Einbildung Freuds herausstellen?


Allgemein ist es ja so, dass man, bevor man versucht, eine Aussage oder ein Aussagensystem zu widerlegen erst einmal guckt, worin die Aussage eigentlich besteht. Und wenn man das sicher geklärt hat, z.B. einen Begriff wie "Verdrängung" auch im Sinne seines Erfinders richtig verstanden hat, dann sollte man zweitens prüfen, wie gut die Begründungen dafür sind.

Erst danach würde dann ein Widerlegungsversuch kommen.

Beim Phänomen der "Verdrängung" handelt es sich aber nicht um eine All-Aussage, die sozusagen durch ein oder mehrere Gegenbeispiele widerlegt werden könnte, sondern so weit ich sehe, um eine Existenzaussage bezogen auf bestimmte Bedingungen. Existenzaussagen sind einer Widerlegung durch Gegenbeispiele prinzipiell nicht zugänglich.

Beispiel: Ich behaupte, es gibt mindestens einen durch Leberwesen bewohnten Planeten. Dann nützen kaum unzählige Gegenbeispiele "toter", unbewohnter Planeten, solange ich eben zeigen kann, dass es mindestens einen bewohnten Planeten gibt.

Das mal so grundsätzlich zum Thema Widerlegungen.

Was nun den Begriff "Verdrängung" betrifft, so ist er wohl engstens mit dem Begriff des "Unbewusten" verbunden. Ich hatte diese Begriffskomplexe ja bereits in bezug auf die Aufarbeitung geschichtlicher Ereignisse ("Traumen") in dem Sinne verwendet, indem ich z.B. schrieb:

"Wer nicht erinnert (aufarbeitet), muss wiederholen."

Dies kann man also über das Individuum hinaus verwenden etwa für ganze Nationen.

Die menschliche Geschichte ist aufgrund herrschender Interessen in bestimmten Teilen überhaupt nicht wirklich aufgearbeitet, sondern teilweise nur sehr oberflächlich in Form chronologischer Aufzählungen etwa, aber eben nicht in Form analytischer Erklärungen, in denen sämtliche relevanten Zusammenhänge vorkommen.

Hier greift meiner Ansicht nach der Begriff "Verdrängung" in einer transsubjektiven, gesamtgesellschaftlichen Dimension.

Deine Frage, ob es denn so etwas wie Verdrängung gebe, müsste sich also ebenfalls auf die gesellschaftliche Dimension erstrecken. Und so etwas kann man ganz konkret diskutieren ...-

#32: Re: Der zentrale Begriff "Verdrängung" Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 01.04.2015, 19:47
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Hier greift meiner Ansicht nach der Begriff "Verdrängung" in einer transsubjektiven, gesamtgesellschaftlichen Dimension.

Die gesamtgesellschaftliche Umdeutung bildhafter, archetypischer oder transzendentaler Begriffe auf passende Ziele findet man häufig auch im religiösen Begriffsbereich, etwa bei der Anwendung solcher Begriffe wie "Schuld", "Erlösung", "Seele" usw. auf ganze Völker.

#33: Re: Der zentrale Begriff "Verdrängung" Autor: unquest BeitragVerfasst am: 01.04.2015, 19:57
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Beim Phänomen der "Verdrängung" handelt es sich aber nicht um eine All-Aussage, die sozusagen durch ein oder mehrere Gegenbeispiele widerlegt werden könnte, sondern so weit ich sehe, um eine Existenzaussage bezogen auf bestimmte Bedingungen. Existenzaussagen sind einer Widerlegung durch Gegenbeispiele prinzipiell nicht zugänglich.

Beispiel: Ich behaupte, es gibt mindestens einen durch Leberwesen bewohnten Planeten. Dann nützen kaum unzählige Gegenbeispiele "toter", unbewohnter Planeten, solange ich eben zeigen kann, dass es mindestens einen bewohnten Planeten gibt.

Das mal so grundsätzlich zum Thema Widerlegungen.


Kann ich nicht nachvollziehen. Oder kann ich die Behauptung, das Denken des Menschen wird durch einen unsichtbaren Homunkulus gelenkt als wissenschaftlich ausweisen? Meine Behauptung über den Homunkulus ist selbstverständlich als Existenzaussage anzusehen.

#34: Re: Der zentrale Begriff "Verdrängung" Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 01.04.2015, 19:59
    —
step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Hier greift meiner Ansicht nach der Begriff "Verdrängung" in einer transsubjektiven, gesamtgesellschaftlichen Dimension.

Die gesamtgesellschaftliche Umdeutung bildhafter, archetypischer oder transzendentaler Begriffe auf passende Ziele findet man häufig auch im religiösen Begriffsbereich, etwa bei der Anwendung solcher Begriffe wie "Schuld", "Erlösung", "Seele" usw. auf ganze Völker.


Keine Ahnung. Das ist jedenfalls nicht der Punkt.

Bei der "Massenpsychologie des Faschismus" wird z.B. die strukturelle, überindividuelle psychologische Dynamik und emergente Eigenschaften derselben beschrieben.

#35: Re: Der zentrale Begriff "Verdrängung" Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 01.04.2015, 20:01
    —
unquest hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Beim Phänomen der "Verdrängung" handelt es sich aber nicht um eine All-Aussage, die sozusagen durch ein oder mehrere Gegenbeispiele widerlegt werden könnte, sondern so weit ich sehe, um eine Existenzaussage bezogen auf bestimmte Bedingungen. Existenzaussagen sind einer Widerlegung durch Gegenbeispiele prinzipiell nicht zugänglich.

Beispiel: Ich behaupte, es gibt mindestens einen durch Leberwesen bewohnten Planeten. Dann nützen kaum unzählige Gegenbeispiele "toter", unbewohnter Planeten, solange ich eben zeigen kann, dass es mindestens einen bewohnten Planeten gibt.

Das mal so grundsätzlich zum Thema Widerlegungen.


Kann ich nicht nachvollziehen. Oder kann ich die Behauptung, das Denken des Menschen wird durch einen unsichtbaren Homunkulus gelenkt als wissenschaftlich ausweisen? Meine Behauptung über den Homunkulus ist selbstverständlich als Existenzaussage anzusehen.


Kommt drauf an, ob der Homunkulus eine Realdefinition ist und wie gut dessen Existenz (und ggf. Wirkung) begründet ist.

#36: Online-Quelle: Massenpsychologie und Ich-Analyse Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 01.04.2015, 21:07
    —
Tipp: In der folgenden Online-Quelle kann die Theorie zur Freud'schen und später von anderen erweiteren Massenpsychologie nachgelesen werden:

Title: Massenpsychologie und Ich-Analyse, Author: Sigmund Freud

Vielleicht dort mal nach dem Stichwort "Verdrängung" suchen ...-

#37: Re: Online-Quelle: Massenpsychologie und Ich-Analyse Autor: unquest BeitragVerfasst am: 02.04.2015, 00:05
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Tipp: In der folgenden Online-Quelle kann die Theorie zur Freud'schen und später von anderen erweiteren Massenpsychologie nachgelesen werden:

Title: Massenpsychologie und Ich-Analyse, Author: Sigmund Freud

Vielleicht dort mal nach dem Stichwort "Verdrängung" suchen ...-


Jenseits der Wirklichkeit wird in Begriffen, die Inhalt suggerieren möchten, spekuliert und auf intellektuell gemacht. Kein Wunder dass dies in SEXPOL und im Sozialistischen Patientenkollektiv mündete.

"Die Kranken sind die revolutionäre Masse!" Lachen

#38: Re: Online-Quelle: Massenpsychologie und Ich-Analyse Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 02.04.2015, 13:25
    —
unquest hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Tipp: In der folgenden Online-Quelle kann die Theorie zur Freud'schen und später von anderen erweiteren Massenpsychologie nachgelesen werden:

Title: Massenpsychologie und Ich-Analyse, Author: Sigmund Freud

Vielleicht dort mal nach dem Stichwort "Verdrängung" suchen ...-


Jenseits der Wirklichkeit wird in Begriffen, die Inhalt suggerieren möchten, spekuliert und auf intellektuell gemacht. Kein Wunder dass dies in SEXPOL und im Sozialistischen Patientenkollektiv mündete.

"Die Kranken sind die revolutionäre Masse!" Lachen


Also zum einen hast du überhaupt nichts verstanden, wie mir deinen obigen Postings deutlich zeigen und zum zweiten nehme ich zur Kenntnis, dass deine Klischeebrille die *Wirklichkeit* auf ganz andere Weise zum Tanzen bringt ...- Cool

#39:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 02.04.2015, 14:57
    —
unquest hat folgendes geschrieben:
Kann die Psychoanalyse als widerlegt gelten, sollte sich die Verdrängung als Einbildung Freuds herausstellen?


Geht die Kritik speziell Richtung Psychoanalyse nach Freud? Oder geht die Kritik eher Richtung gesprächsorientierter Therapie allgemein?

#40:  Autor: unquest BeitragVerfasst am: 02.04.2015, 18:31
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
unquest hat folgendes geschrieben:
Kann die Psychoanalyse als widerlegt gelten, sollte sich die Verdrängung als Einbildung Freuds herausstellen?


Geht die Kritik speziell Richtung Psychoanalyse nach Freud? Oder geht die Kritik eher Richtung gesprächsorientierter Therapie allgemein?

Es gibt über 600 Therapieformen und wenn letzteres einem Gespräch mit einem Priester oder Rabbi ähnelt, würde ich es einer Psychoanalyse auf jeden Fall vorziehen.


Ich lese gerade in "Zwei Kinheitsneurosen":

Zitat:
„Der Kastrationskomplex ist die tiefste Wurzel des Antisemitismus, denn schon in der Kinderstube hört der Knabe, dass dem Juden etwas am Penis – er meint ein Stück des Penis – abgeschnitten wird, und dies gibt ihm das Recht, den Juden zu verachten.“

Wie soll man solchen Blödsinn ernst nehmen?

#41:  Autor: NaastikaWohnort: an der Fütterungsstelle der Eichhörnchen BeitragVerfasst am: 02.04.2015, 18:58
    —
unquest hat folgendes geschrieben:


Zitat:
„Der Kastrationskomplex ist die tiefste Wurzel des Antisemitismus, denn schon in der Kinderstube hört der Knabe, dass dem Juden etwas am Penis – er meint ein Stück des Penis – abgeschnitten wird, und dies gibt ihm das Recht, den Juden zu verachten.“

Wie soll man solchen Blödsinn ernst nehmen?



LOL

Dann erzähle ich mal was: Als ich ein kleines Mädchen war, musste ich zwar, dass Jungs Penisse haben (Kindergartenerkenntnis).
Ich habe jedoch nie einen nackten erwachsenen Mann gesehen.

Unreflektiert nahm ich jahrelang an, dass bei Jungs die Penisse irgendwann abfallen und erwachsene Männer normal, also wie Frauen, gebaut sind. Lachen

Ich frage mich, was ein Psychotherapeut diese Überzeugung deuten würde. Cool

#42:  Autor: Zumsel BeitragVerfasst am: 02.04.2015, 20:10
    —
Naastika hat folgendes geschrieben:
unquest hat folgendes geschrieben:


Zitat:
„Der Kastrationskomplex ist die tiefste Wurzel des Antisemitismus, denn schon in der Kinderstube hört der Knabe, dass dem Juden etwas am Penis – er meint ein Stück des Penis – abgeschnitten wird, und dies gibt ihm das Recht, den Juden zu verachten.“

Wie soll man solchen Blödsinn ernst nehmen?



LOL

Dann erzähle ich mal was: Als ich ein kleines Mädchen war, musste ich zwar, dass Jungs Penisse haben (Kindergartenerkenntnis).
Ich habe jedoch nie einen nackten erwachsenen Mann gesehen.

Unreflektiert nahm ich jahrelang an, dass bei Jungs die Penisse irgendwann abfallen und erwachsene Männer normal, also wie Frauen, gebaut sind. Lachen

Ich frage mich, was ein Psychotherapeut diese Überzeugung deuten würde. Cool


Nun, die erste Schlussfolgerung wäre wohl, dass du offensichtlich ohne Vater aufgewachsen bist und folglich an all deinen Problemen nur Mutti Schuld sein kann...

#43:  Autor: mondkalbnaturWohnort: Wien/Paderborn BeitragVerfasst am: 02.04.2015, 20:22
    —
Zumsel hat folgendes geschrieben:

Nun, die erste Schlussfolgerung wäre wohl, dass du offensichtlich ohne Vater aufgewachsen bist und folglich an all deinen Problemen nur Mutti Schuld sein kann...


Ich habe noch nie Psychoanalytiker_innen von Schuld sprechen hören.
Woher hast du deine Infos?

#44:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 02.04.2015, 22:15
    —
unquest hat folgendes geschrieben:
Ich lese gerade in "Zwei Kinheitsneurosen":

Zitat:
„Der Kastrationskomplex ist die tiefste Wurzel des Antisemitismus, denn schon in der Kinderstube hört der Knabe, dass dem Juden etwas am Penis – er meint ein Stück des Penis – abgeschnitten wird, und dies gibt ihm das Recht, den Juden zu verachten.“

Wie soll man solchen Blödsinn ernst nehmen?


Das ist natürlich ein etwas merkwürdiger Erklärungsansatz. Auf der anderen Seite muss man sagen, dass keine Erklärung des Antisemitismus auch nur annähernd so absurd sein kann wie die tatsächlichen Motive eines Antisemiten oder einer Antisemitin.

Freud ist aber bei diesem ersten Erklärungsversuch nicht stehen geblieben, sondern kam mit der Zeit auf die richtige Spur:

Zitat:
Erst im "Mann Moses" wagt sich Freud vorsichtig an eine Analyse des Antisemitismus. Dabei geht er von dessen religiösen Wurzeln aus. Zunächst finden wir einen weiteren Hinweis auf den psychischen Kannibalismus. So weist Freud darauf hin, dass der "Ritus der christlichen Kommunion, in der der Gläubige in symbolischer Form Blut und Fleisch seines Gottes sich einverleibt, Sinn und Inhalt der alten Totemmahlzeit wiederholt." (Freud 1939, 190) Diese Einverleibung geschehe hier jedoch "nur in ihrem zärtlichen, die Verehrung ausdrückenden, nicht in ihrem aggressiven Sinn." (ebd., 193f) Wieder können wir annehmen, dass die Aggressionen im Akt der Einverleibung abgespalten und auf die Juden und Jüdinnen projiziert werden. Der Vorwurf des Gottesmordes, den ja die Christen symbolisch im Akt der Kommunion wiederholen, hat hierin eine unbewusste Ursache.

Vor allem aber drücke sich im christlichen Antisemitismus ein schlechtes Gewissen aus: "Die Ambivalenz, die das Vaterverhältnis beherrscht, zeigte sich aber deutlich im Endergebnis der religiösen Neuerung. Angeblich zur Versöhnung des Vatergottes bestimmt, ging sie in dessen Entthronung und Beseitigung aus. Das Judentum war eine Vaterreligion, das Christentum wurde eine Sohnesreligion. [...] In manchen Hinsichten bedeutete die neue Religion eine kulturelle Regression gegen die ältere, jüdische [...]. Die christliche Religion hielt die Höhe der Vergeistigung nicht ein, zu der sich das Judentum aufgeschwungen hatte. Sie war nicht mehr streng monotheistisch, übernahm von den umgebenden Völkern zahlreiche symbolische Riten, stellte die große Muttergottheit wieder her und fand Platz zur Unterbringung vieler Göttergestalten des Polytheismus in durchsichtiger Verhüllung, obzwar in untergeordneten Stellungen. Vor allem verschloß sie sich nicht [...] dem Eindringen abergläubischer, magischer und mystischer Elemente, die für die geistige Entwicklung der nächsten zwei Jahrtausende eine schwere Hemmung bedeuten sollten." (ebd., 194) (...)

Unter den zahlreichen Gründen des "Judenhasses" hebt Freud einen heraus, "nämlich daß sie [die Juden und Jüdinnen, Anm. A.P.] allen Bedrückungen trotzten, daß es den grausamsten Verfolgungen nicht gelungen ist, sie auszurotten" (Freud 1939, 197). Die fortdauernde Existenz von Juden und Jüdinnen kann sich der/die AntisemitIn nur mit der jüdischen Allmacht erklären (vgl. Löwenthal 1990, 91). Daneben paart sich hier ein vages Schuldgefühl mit der Angst vor Rache, rationalisiert im Gerede von der alttestamentarischen Rachsucht.

Der Antisemitismus sei darüber hinaus motiviert durch "die Eifersucht auf das Volk, welches sich für das erstgeborene, bevorzugte Kind Gottvaters ausgab" (ebd., 197).


http://www.hagalil.com/archiv/contextxxi/psychoanalyse.htm


Auch diese bereits relativ elaborierte Deutung ist noch nicht die ganze Wahrheit, aber bereits schon ein wichtiger Teil derselben.

Die Psychoanalyse hat nach der Flucht oder Ermordung einiger ihrer radikalen Vertreter in Deutschland und auch im Exil einen Anpassungprozess vollzogen, der sie ihres prinzipiell subversiven Charakters zum großen Teil beraubte und heute letztlich in einer Medizinalisierung und Vernaturwissenschaftlichung bzw. entsprechenden Versuchen mündete.

Dabei ist die Psychoanalyse eigentlich eine Sozialwissenschaft.

Mich und sicher auch andere würde jetzt aber mal das religionskritische Potenzial der PSA interessieren.

@schtonk: könntest du das übernehmen ...-? zwinkern

#45:  Autor: Zumsel BeitragVerfasst am: 03.04.2015, 13:17
    —
mondkalbnatur hat folgendes geschrieben:
Zumsel hat folgendes geschrieben:

Nun, die erste Schlussfolgerung wäre wohl, dass du offensichtlich ohne Vater aufgewachsen bist und folglich an all deinen Problemen nur Mutti Schuld sein kann...


Ich habe noch nie Psychoanalytiker_innen von Schuld sprechen hören.
Woher hast du deine Infos?


Natürlich blind aus den Untiefen meiner rappelvollen Klischeekiste gezogen.

#46:  Autor: schtonk BeitragVerfasst am: 03.04.2015, 15:58
    —
unquest hat folgendes geschrieben:
Ich stehe vielem was aus der psychoanalytischen Ecke kommt mittlerweile eher skeptisch gegenüber.
Mindestens einen wissenschaftlichen Anspruch halte ich für zweifelhaft. Oder als Frage formuliert:

Welches Kriterium bietet uns die Psychoanalyse an, um als widerlegt zu gelten?

Als Beispiel möchte ich den für die analytische Praxis zentralen Begriff "Verdrängung" nehmen.
"Die Verdrängungslehre ist nun der Grundpfeiler, auf dem das Gebäude der Psychoanalyse ruht" (Freud, Zur Geschichte der psychoanalytischen Bewegung)


Die Frage macht natürlich Sinn, wenn man von vorneherein an der Existenz dessen zweifelt, was man Verdrängung nennt. Du tust das, wenn ich dich richtig verstehe,
weil du ihre mangelnde empirische Evidenz einklagst. Diesem Vorwurf ist auch schwer beizukommen, jedenfalls mittels quantitativer Empirie.

Der von dir angeführte Beitrag von Dr. Sydney Brandon et al ist m.E. nicht tauglich dafür. Er ist eingebettet in Thilo Spahls Kritik an den „Traumatisten“. Spahl will ja belegen,
dass Traumatisierung in bestimmten Fällen und in instrumentalisierender Absicht konstruiert wird (ein sehr heißes Eisen). Wenn man ihm folgt, wird damit implizit auch die Verdrängung
instrumentalisiert – eine harsche Kritik an einer „Opferindustrie“, nicht aber am Begriff selbst.

Aber auf diesem Feld ist es so gut wie unmöglich, zwischen Gegnern und Anhängern eine Einigung zu erzielen. Da man Neurosen oder Traumata weder auf dem Röntgenschirm noch im
MRT-Befund nachweisen kann, haben Holmes und Watson hier einen sehr schweren Stand Smilie

Eines ist noch wichtig: Der Terminus Verdrängung stammt nicht originär von Freud, sondern taucht erstmals beim Philsophen J.F. Herbart im Jahre 1824 auf (H. war Nachfolger Kants auf
dessen Lehrstuhl in Königsberg). Freud ist über seinen Lehrer Meynert darauf gekommen und war bald sehr angetan von Herbarts dynamischem Modell von Ich und Nicht-Ich, das man als
Vorläufer des berühmten 3-Instanzen-Modells ansehen kann.

Freud reaktivierte quasi die Verdrängung unter der Beobachtung des Widerstandes in der karthatischen Behandlung der Hysterie (zeitlichen Kontext beachten) ohne Hypnose, wie er es noch bei
Charcot gesehen hatte; er sprach in diesem Zusammenhang zuerst nur von Abwehr.


unquest hat folgendes geschrieben:
Im Laufe der Ausarbeitung Freuds kann dieser Begriff 2 Bedeutungen annehmen (Ich beziehe mich auf die Ausführung von Pontalis/Laplanche, Das Vokabular der Psychoanalyse)

A. An den Trieb gekopplte Vorstellungen werden ins Unbewusste zurück gestossen.
B. Verdrängung als Abwehrmechanismus des Ich


Hier wird eine wichtige Unterscheidung gemacht: Im ersten Fall geht es um die völlige Verbannung unliebsamer/anstößiger Vorstellungen aus dem Bewusstsein mit kompensatorischer Symptombildung.
Im zweiten Fall findet eine Verschiebung der affektbesetzten Vorstellung auf ein anderes Sujet statt (exemplarisch: Der Rattenmann).

Um von der Individualpsychologie loszukommen muss ich noch mal kurz auf die bereits von mir erwähnte analytische Sozialpsychologie rekurrieren: In dem Buch „Politik und seelischer Untergrund“ von
Tilmann Moser (Suhrkamp 1993) weist der Autor auf das „Fortwirken von Holocaust, Krieg, Gewalt, Rassismus im Bereich des Unbewussten und der fortdauernden Anstrengung der Abwehr, der Verfremdung,
der Kompensation“
hin (a.a.O., S. 13). Er vertritt die Annahme, dass das, was weggewirtschaftwundert wurde, noch bzw. überhaupt erst in der Enkelgeneration zum Tragen kommt. In diesem Zusammenhang
erwähnt er beispielsweise Mölln und Rostock-Lichtenhagen.

Und noch etwas in eigener Sache: Vor Jahren habe ich ein Buch über traumatisierte jüdische Ex-Häftlinge aus den Kzs gelesen. Es war glaube ich eine empirische Arbeit, entstanden mittels Leitfaden-Interviews.
Auch dort wurde beschrieben, wie bestimmte Erinnerungen und Erlebnisse resp. ihre Rezeption sich ihren Weg an die Bewusstseinsoberfläche erst in der Enkelgeneration gebahnt haben. Und ich weiß verdammt
noch mal weder Titel noch Autor. Ich weiß nur noch: Taschenbuch, hellrot. Warum habe ich mir nicht mehr gemerkt?

unquest hat folgendes geschrieben:
Kann die Psychoanalyse als widerlegt gelten, sollte sich die Verdrängung als Einbildung Freuds herausstellen?


Darüber reden wir, wenn es soweit ist Smilie

Edith: Inhaltl. Korrektur im letzten Absatz

#47:  Autor: unquest BeitragVerfasst am: 03.04.2015, 20:46
    —
schtonk hat folgendes geschrieben:
Eines ist noch wichtig: Der Terminus Verdrängung stammt nicht originär von Freud, sondern taucht erstmals beim Philsophen J.F. Herbart im Jahre 1824 auf (H. war Nachfolger Kants auf
dessen Lehrstuhl in Königsberg). Freud ist über seinen Lehrer Meynert darauf gekommen und war bald sehr angetan von Herbarts dynamischem Modell von Ich und Nicht-Ich, das man als
Vorläufer des berühmten 3-Instanzen-Modells ansehen kann.

Freud reaktivierte quasi die Verdrängung unter der Beobachtung des Widerstandes in der karthatischen Behandlung der Hysterie (zeitlichen Kontext beachten) ohne Hypnose, wie er es noch bei Charcot gesehen hatte; er sprach in diesem Zusammenhang zuerst nur von Abwehr.


Ein schönes Beispiel dafür, was Onfray in ANTI FREUD Freuds Kryptomnesie nennt.

So gut wie alles was Freud in der Psychoanalyse als Schöpfung eines genialen Wissenschaftlers darstellen möchte, war das Widerkäuen schonmal formulierter Ideen und Vorstellungen; meist aus der Philosophie. Denke nur daran, dass das "Unbewusste" eine typische Vorstellung der Romantik war.

Allein auf einer Seite führt Onfray Satz für Satz Aussagen Nietzsches auf, die eine Entsprechung im "analytischen Vokabular" fanden.


Gleichzeitig fehlt aber, um nochmals auf das Phänomen Verdrängung zu sprechen zu kommen, hierfür immer noch jeder empirische Beleg.
Im Gegenteil: Menschen, die außergewöhlich Schlimmes erlebten, haben das Problem genau diese Momente in ihrem taglichen Bewußtsein immer präsent zu haben, bei gleichzeitigem Wunsch es "verdrängen" zu wollen. Amnesie ist äußerst selten.

Und dass Menschen Dinge vergessen und sich später unter Umständen an das Vergessene wieder erinnern, halte ich für trivial.

#48:  Autor: funkeimdunkeln BeitragVerfasst am: 03.04.2015, 21:27
    —
schtonk hat folgendes geschrieben:
funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben:
Also, ich würde ja sagen, dass die Menschen dazu neigen sich an die gesellschaftlichen Verhältnisse anzupassen, weil die sozialen Kosten für Widerstand oft sehr hoch sind. Das Gleiche erleben wir heutzutage mit der "political correctness" und funktioniert im Prinzip genauso wie die Gotteslehre der katholischen Kirche im Mittelalter. Wer früher gegen die damals herrschende Ideologie verstieß, wurde verbrannt. Wer heute gegen die herrschenden Ideologien verstößt, wird sozial stigmatisiert. Ergo hat man hohe soziale Kosten und ergo wollen nur wenige die entsprechenden Risiken eingehen.

Okay, soweit würde ich mir das erklären. Ich frage mich aber, warum ich dafür die Psychoanalyse brauche?

Mirko

Brauchst du nicht. Frage geklärt.


Okay, dann stelle ich eine neue Frage. Warum brauchst du für solche Überlegungen
oder andere mit erklärendem Charakter die Psychoanalyse?

Mirko

#49: Re: GBS und die Psychoanalyse Autor: funkeimdunkeln BeitragVerfasst am: 03.04.2015, 21:30
    —
mondkalbnatur hat folgendes geschrieben:
funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben:
Im Übrigen bin ich nicht dort, um dort nochmal die hundertste neue Weltanschauung zu lernen, sondern weil es dort sehr interessante Menschen gibt.

Mit freundlichem Gruß,
Mirko


Klingt nach Partnerbörse nur ohne interessante Menschen!


Wie schätzt du ein, dass jemand interessant ist? Machst du Kenntnisse der Psychoanalyse zur Voraussetzung?

Mirko

#50:  Autor: schtonk BeitragVerfasst am: 03.04.2015, 22:47
    —
funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben:
schtonk hat folgendes geschrieben:
funkeimdunkeln hat folgendes geschrieben:
Also, ich würde ja sagen, dass die Menschen dazu neigen sich an die gesellschaftlichen Verhältnisse anzupassen, weil die sozialen Kosten für Widerstand oft sehr hoch sind. Das Gleiche erleben wir heutzutage mit der "political correctness" und funktioniert im Prinzip genauso wie die Gotteslehre der katholischen Kirche im Mittelalter. Wer früher gegen die damals herrschende Ideologie verstieß, wurde verbrannt. Wer heute gegen die herrschenden Ideologien verstößt, wird sozial stigmatisiert. Ergo hat man hohe soziale Kosten und ergo wollen nur wenige die entsprechenden Risiken eingehen.

Okay, soweit würde ich mir das erklären. Ich frage mich aber, warum ich dafür die Psychoanalyse brauche?

Mirko

Brauchst du nicht. Frage geklärt.


Okay, dann stelle ich eine neue Frage. Warum brauchst du für solche Überlegungen
oder andere mit erklärendem Charakter die Psychoanalyse?

Mirko

Hab ich gesagt, dass ich das brauche?

#51:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 03.04.2015, 22:59
    —
unquest hat folgendes geschrieben:
schtonk hat folgendes geschrieben:
Eines ist noch wichtig: Der Terminus Verdrängung stammt nicht originär von Freud, sondern taucht erstmals beim Philsophen J.F. Herbart im Jahre 1824 auf (H. war Nachfolger Kants auf
dessen Lehrstuhl in Königsberg). Freud ist über seinen Lehrer Meynert darauf gekommen und war bald sehr angetan von Herbarts dynamischem Modell von Ich und Nicht-Ich, das man als
Vorläufer des berühmten 3-Instanzen-Modells ansehen kann.

Freud reaktivierte quasi die Verdrängung unter der Beobachtung des Widerstandes in der karthatischen Behandlung der Hysterie (zeitlichen Kontext beachten) ohne Hypnose, wie er es noch bei Charcot gesehen hatte; er sprach in diesem Zusammenhang zuerst nur von Abwehr.


Ein schönes Beispiel dafür, was Onfray in ANTI FREUD Freuds Kryptomnesie nennt.

So gut wie alles was Freud in der Psychoanalyse als Schöpfung eines genialen Wissenschaftlers darstellen möchte, war das Widerkäuen schonmal formulierter Ideen und Vorstellungen; meist aus der Philosophie. Denke nur daran, dass das "Unbewusste" eine typische Vorstellung der Romantik war.

Allein auf einer Seite führt Onfray Satz für Satz Aussagen Nietzsches auf, die eine Entsprechung im "analytischen Vokabular" fanden.


Also, wen du hier alles gegen Freud in den Ring wirfst, finde ich ja lustig. Der verkrachte Nietzscheaner, der den reaktionären deutschen Philosophen quasi als den *besseren Freud* darstellen möchte, kommt doch schon arg irrational daher. Hier eine kritische Antwort dazu von Elisabeth Roudinesco:

http://www.literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=15929

unquest hat folgendes geschrieben:
Gleichzeitig fehlt aber, um nochmals auf das Phänomen Verdrängung zu sprechen zu kommen, hierfür immer noch jeder empirische Beleg.
Im Gegenteil: Menschen, die außergewöhlich Schlimmes erlebten, haben das Problem genau diese Momente in ihrem taglichen Bewußtsein immer präsent zu haben, bei gleichzeitigem Wunsch es "verdrängen" zu wollen. Amnesie ist äußerst selten.


Also, wahrscheinlich haben Traumata das so an sich, dass den Patienten die Verdrängung nicht mehr gelingt, was ja gerade deren Problem ausmacht. Bei Psychosen hat Freud das ähnlich beschrieben. Auch dort gelinge die Triebverdrängung nicht, so dass das Ich vom Es quasi überflutet werde mit Triebimpulsen und Unverdrängbarem.

Bei der Neurose ist es jedoch so, dass das Verdrängte sich in Krankheitssymptomen äußere ohne ohne weiteres bewusst zu werden.

Zur Empirie: Die Freud'sche Theorie hat sich entwickelt durch qualitative Interviews mit seinen Patienten und -innen. Da wurde also nicht einfach eine Zähl-Statistik durchgeführt, sondern es handelt sich hier um qualitative Daten. Nichtsdestoweniger haben auch diese empirischen Charakter.

unquest hat folgendes geschrieben:
Und dass Menschen Dinge vergessen und sich später unter Umständen an das Vergessene wieder erinnern, halte ich für trivial.


Das ist überhaupt nicht gemeint. Der Punkt ist nicht ein gutes oder schlechtes Gedächtnis, sondern ein Antagonismus zwischen Trieb und Verdrängug.

Ich habe nichts dagegen Freud einer ausführlichen Kritik zu unterziehen. Vorher aber sollte man erst mal gucken, was er überhaupt meint und wie gut er das Gemeinte begründet.

Ohne eine solche Vorarbeit ist Kritik nicht möglich ...-

#52:  Autor: NaastikaWohnort: an der Fütterungsstelle der Eichhörnchen BeitragVerfasst am: 04.04.2015, 10:44
    —
Zumsel hat folgendes geschrieben:
Naastika hat folgendes geschrieben:
unquest hat folgendes geschrieben:


Zitat:
„Der Kastrationskomplex ist die tiefste Wurzel des Antisemitismus, denn schon in der Kinderstube hört der Knabe, dass dem Juden etwas am Penis – er meint ein Stück des Penis – abgeschnitten wird, und dies gibt ihm das Recht, den Juden zu verachten.“

Wie soll man solchen Blödsinn ernst nehmen?



LOL

Dann erzähle ich mal was: Als ich ein kleines Mädchen war, musste ich zwar, dass Jungs Penisse haben (Kindergartenerkenntnis).
Ich habe jedoch nie einen nackten erwachsenen Mann gesehen.

Unreflektiert nahm ich jahrelang an, dass bei Jungs die Penisse irgendwann abfallen und erwachsene Männer normal, also wie Frauen, gebaut sind. Lachen

Ich frage mich, was ein Psychotherapeut diese Überzeugung deuten würde. Cool


Nun, die erste Schlussfolgerung wäre wohl, dass du offensichtlich ohne Vater aufgewachsen bist und folglich an all deinen Problemen nur Mutti Schuld sein kann...



*grins*


Zuminest kann mir kein Therapeut einen Penisneid einreden. zwinkern


Jetzt im Ernst: Vergiss nicht, dass es Geselleschaften gab und gibt, in denen es Menschen peinlichst vermeiden, von einem Angehörigen anderen Geschlechts nackt gesehen zu werden...

#53:  Autor: vrolijkeWohnort: Stuttgart BeitragVerfasst am: 04.04.2015, 11:26
    —
Naastika hat folgendes geschrieben:
Zumsel hat folgendes geschrieben:
Naastika hat folgendes geschrieben:
unquest hat folgendes geschrieben:


Zitat:
„Der Kastrationskomplex ist die tiefste Wurzel des Antisemitismus, denn schon in der Kinderstube hört der Knabe, dass dem Juden etwas am Penis – er meint ein Stück des Penis – abgeschnitten wird, und dies gibt ihm das Recht, den Juden zu verachten.“

Wie soll man solchen Blödsinn ernst nehmen?



LOL

Dann erzähle ich mal was: Als ich ein kleines Mädchen war, musste ich zwar, dass Jungs Penisse haben (Kindergartenerkenntnis).
Ich habe jedoch nie einen nackten erwachsenen Mann gesehen.

Unreflektiert nahm ich jahrelang an, dass bei Jungs die Penisse irgendwann abfallen und erwachsene Männer normal, also wie Frauen, gebaut sind. Lachen

Ich frage mich, was ein Psychotherapeut diese Überzeugung deuten würde. Cool


Nun, die erste Schlussfolgerung wäre wohl, dass du offensichtlich ohne Vater aufgewachsen bist und folglich an all deinen Problemen nur Mutti Schuld sein kann...



*grins*


Zuminest kann mir kein Therapeut einen Penisneid einreden. zwinkern


Jetzt im Ernst: Vergiss nicht, dass es Geselleschaften gab und gibt, in denen es Menschen peinlichst vermeiden, von einem Angehörigen anderen Geschlechts nackt gesehen zu werden...

Ich kann mich nicht erinnern, meine Eltern nackt gesehen zu haben.

#54:  Autor: Casual3rdparty BeitragVerfasst am: 04.04.2015, 12:08
    —
vrolijke hat folgendes geschrieben:
Naastika hat folgendes geschrieben:
Zumsel hat folgendes geschrieben:
Naastika hat folgendes geschrieben:
unquest hat folgendes geschrieben:


Zitat:
„Der Kastrationskomplex ist die tiefste Wurzel des Antisemitismus, denn schon in der Kinderstube hört der Knabe, dass dem Juden etwas am Penis – er meint ein Stück des Penis – abgeschnitten wird, und dies gibt ihm das Recht, den Juden zu verachten.“

Wie soll man solchen Blödsinn ernst nehmen?



LOL

Dann erzähle ich mal was: Als ich ein kleines Mädchen war, musste ich zwar, dass Jungs Penisse haben (Kindergartenerkenntnis).
Ich habe jedoch nie einen nackten erwachsenen Mann gesehen.

Unreflektiert nahm ich jahrelang an, dass bei Jungs die Penisse irgendwann abfallen und erwachsene Männer normal, also wie Frauen, gebaut sind. Lachen

Ich frage mich, was ein Psychotherapeut diese Überzeugung deuten würde. Cool


Nun, die erste Schlussfolgerung wäre wohl, dass du offensichtlich ohne Vater aufgewachsen bist und folglich an all deinen Problemen nur Mutti Schuld sein kann...



*grins*


Zuminest kann mir kein Therapeut einen Penisneid einreden. zwinkern


Jetzt im Ernst: Vergiss nicht, dass es Geselleschaften gab und gibt, in denen es Menschen peinlichst vermeiden, von einem Angehörigen anderen Geschlechts nackt gesehen zu werden...

Ich kann mich nicht erinnern, meine Eltern nackt gesehen zu haben.

ich schon! Komplett von der Rolle

#55:  Autor: funkeimdunkeln BeitragVerfasst am: 04.04.2015, 12:53
    —
schtonk hat folgendes geschrieben:

Zitat:

Okay, dann stelle ich eine neue Frage. Warum brauchst du für solche Überlegungen
oder andere mit erklärendem Charakter die Psychoanalyse?

Mirko

Hab ich gesagt, dass ich das brauche?


Okay, edann formuliere ich meine Frage in der allgemeinsten möglichen Weise:

Welche Intention verbindest du mit der Handlung ein Buch über Psychoanalyse in die Hand zu nehmen und sich die Buchstaben dieses Buches anzugucken? Cool

Mirko

#56:  Autor: unquest BeitragVerfasst am: 04.04.2015, 13:25
    —
Naastika hat folgendes geschrieben:
Zuminest kann mir kein Therapeut einen Penisneid einreden. zwinkern


Das hättest du wohl gerne.

Freud nahm später Abstand von der Behauptung, der Penisneid betreffe nur Frauen. Der Penisneid ist universal.

In "Der Penisneid und seine Beziehung zum Unbewußten" schreibt Freud:

Zitat:
Der Anblick des Riesengemächts eines Negers durch den weissen Mann darf als Geburtsstunde des Penisneids gelten.

Die Angstabwehr wurde durch Verschiebung mit einem Gesetz der Rassentrennung in die Verfassung der USA geschrieben. Aufgrund des Konstanzprinzips war jedoch keine Kompromißbildung möglich. Die Begeisterung der Männer bei Raktenstarts zeugt noch heute von dem uneingeschränkten Wirken dieser verdrängten Wünsche im Es des Mannes. Der typische Verzicht der phallischen Aktivität, die beim Weibe kennzeichnend ist, tritt meim Mann nicht ein.

#57:  Autor: Zumsel BeitragVerfasst am: 04.04.2015, 13:28
    —
Casual3rdparty hat folgendes geschrieben:
vrolijke hat folgendes geschrieben:
Naastika hat folgendes geschrieben:
Jetzt im Ernst: Vergiss nicht, dass es Geselleschaften gab und gibt, in denen es Menschen peinlichst vermeiden, von einem Angehörigen anderen Geschlechts nackt gesehen zu werden...

Ich kann mich nicht erinnern, meine Eltern nackt gesehen zu haben.

ich schon! Komplett von der Rolle


Geschockt

Bei Junos Titten!

Ich habe meine Eltern übrigens nicht nur regelmäßig nackt gesehen, sondern gelegentlich sogar "in action". Und nein, ich habe deswegen nie Mordphantasien gegenüber meinem Vater gehegt.

#58:  Autor: Kival BeitragVerfasst am: 04.04.2015, 14:22
    —
unquest hat folgendes geschrieben:

In "Der Penisneid und seine Beziehung zum Unbewußten" schreibt Freud:

Zitat:
Der Anblick des Riesengemächts eines Negers durch den weissen Mann darf als Geburtsstunde des Penisneids gelten.

Die Angstabwehr wurde durch Verschiebung mit einem Gesetz der Rassentrennung in die Verfassung der USA geschrieben. Aufgrund des Konstanzprinzips war jedoch keine Kompromißbildung möglich. Die Begeisterung der Männer bei Raktenstarts zeugt noch heute von dem uneingeschränkten Wirken dieser verdrängten Wünsche im Es des Mannes. Der typische Verzicht der phallischen Aktivität, die beim Weibe kennzeichnend ist, tritt meim Mann nicht ein.


Lachen Welche Ausgabe und welche Seite? zwinkern

#59:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 04.04.2015, 14:32
    —
Kival hat folgendes geschrieben:
unquest hat folgendes geschrieben:

In "Der Penisneid und seine Beziehung zum Unbewußten" schreibt Freud:

Zitat:
Der Anblick des Riesengemächts eines Negers durch den weissen Mann darf als Geburtsstunde des Penisneids gelten.

Die Angstabwehr wurde durch Verschiebung mit einem Gesetz der Rassentrennung in die Verfassung der USA geschrieben. Aufgrund des Konstanzprinzips war jedoch keine Kompromißbildung möglich. Die Begeisterung der Männer bei Raktenstarts zeugt noch heute von dem uneingeschränkten Wirken dieser verdrängten Wünsche im Es des Mannes. Der typische Verzicht der phallischen Aktivität, die beim Weibe kennzeichnend ist, tritt meim Mann nicht ein.


Lachen Welche Ausgabe und welche Seite? zwinkern


"Der Witz und seine Beziehung zum Unbewußten" kenne ich, aber "Der Penisneid und seine Beziehung zum Unbewußten"? Existiert dieser Aufsatz/dieses Buch überhaupt ...-? Am Kopf kratzen

#60:  Autor: Kival BeitragVerfasst am: 04.04.2015, 15:20
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:

"Der Witz und seine Beziehung zum Unbewußten" kenne ich, aber "Der Penisneid und seine Beziehung zum Unbewußten"? Existiert dieser Aufsatz/dieses Buch überhaupt ...-? Am Kopf kratzen


Nur ein wahrer Kenner kennt diese kaum bekannte Schrift Freuds!

#61:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 04.04.2015, 17:42
    —
schtonk hat folgendes geschrieben:
Oft wird die Psychoanalyse auf Freud reduziert und ihr der Vorwurf gemacht, sie sei sexualistisch ausgerichtet und spekulativ.
Etwas überspitzt gesagt reduziert man sie gerne auf den Penisneid und den Ödipuskomplex ...

Penisneid und Ödipuskomplex spielen bei Freud eine ganz besondere Rolle. Sie waren Ausdruck seiner Abwehr gegen die eigenen Feststellungen. (!)


Dazu gleich mehr. Ich möchte aber nicht mit Kritik anfangen, sondern mit einer kritischen Würdigung der Psychoanalyse.


Freud hat folgendes geschrieben:
Das Ich ist nicht Herr im eigenen Haus.


Vor Freud konnte der Denkvorgang so verstanden werden:

    Ich denke nach.
    Ich entscheide.
    Ich handle.

Ganz so einfach ist es aber nicht.

(Davon, daß man oft zuerst handelt und sich hinterher Ausreden zurechtlegt, will ich gar nicht anfangen.)

Es kommt vor, daß ein Gedanke nicht zum anderen passt, oder daß Gedanken, Entscheidungen und Handlungen nicht zusammenpassen - ohne daß dies der Person oder auch der Gruppe auffällt. "Flüchtigkeitsfehler" oder "nur versehentlich falsch" scheiden als Erklärung aus, denn die Auslassungen sind systematisch.

In der Kette von Gedanken, Entscheidungen, Taten können unterschwellige Motive wirksam sein. Das ist für mich die Kernaussage der Psychoanalyse.


Es, Ich, Überich:

Grundsätzlich finde ich den Ansatz gelungen. Er beschreibt die widersprüchlichen Anforderungen, denen man als Mensch ausgesetzt ist. Salopp so:

    - die Biologie sagt: "Los, vögeln und Kinder machen"
    - das Ich sagt: "Vögeln ist ja gut, aber zehn Kinder müssen es nicht sein."
    - das Über-Ich sagt unterschiedliches. Vatikanisch: "Vögeln um des Vögelns willen ist Sünde." Chinesisch: "Ein-Kind-Regel." Rumänisch: "Mindestens vier Kinder"

Zwei Kritikpunkte am Ansatz habe ich.

Zum Einen lädt er zu einer Verdinglichung von Es, Ich und Über-Ich ein. Zumindest metaphorisch wird über die Instanzen geredet, als seien sie Akteure. Das wären sie aber erst, wenn es im Gehirn Strukturen gäbe, die in etwa diese Rollen einnehmen.

Zum anderen: ist der Ansatz wirklich universell? Wäre eine Utopie denkbar, in der die die Forderungen der Gesellschaft mit den Forderungen des Ichs zusammenfallen? Etwa derart: "Kannst machen was du willst, solange du dabei keinem auf die Füße trittst." Oder, Stichwort Kohlbergs Moralstufen: wie passt jemand in den Freudschen Ansatz, der einem externen Über-Ich den Stinkefinger zeigt?

(Speist sich das Über-Ich eigentlich mehr aus einem persönlichen Ideal oder aus einem gesellschaftlichen?)


Zwischenfazit:

die Psychoanalyse hat ihren Platz in der Ideengeschichte zurecht. Sie wurde schon in die Reihe der "großen Kränkungen" eingereiht. Daß Freud manchmal Unausgegorenes geschrieben hat, daß seine Traumdeutung fürchterlichste Quacksalberei ist, ändert daran nichts.



Freud verdrängt seine Einsicht

Diese Geschichte wird leider viel zu selten erzählt. Dabei gehört sie zu den schönsten und lehrreichsten Eseleien, die die Wissenschaftsgeschichte zu bieten hat.

Freuds ursprüngliche Erkenntnis war, daß die Störungen seiner Patienten auf Erfahrungen von Mißbrauch zurück gehen. Das war zu starker Tobak für ihn. Eltern und Verwandten anklagen, das Kind schützen? Geht gar nicht; Eltern wollen nur das Beste für ihre Kinder. Also hat er eine Alternativerklärung herbeifantasiert: Penisneid, Ödipuskomplex und überhaupt die kindliche Sexualentwicklung, die den Mißbrauch nur erfindet.

Ob die Psychoanlytische Gesellschaft dieser Fehler bereits korrigiert hat, weiß ich nicht. Ich weiß nur, daß sich Alice Miller in den 1980er Jahren bei dem Thema mit der Gemeinschaft überworfen hat und ausgetreten ist.

Das Schlußwort überlasse ich dir:
schtonk hat folgendes geschrieben:
Es erzeugt Abwehr und Aggression.




PS:

schtonk hat folgendes geschrieben:
Und nicht zu vergessen Wilhelm Reichs Massenpsychologie des Faschismus.
Es gäbe noch viele Namen zu nennen. Eines eint sie alle: Die Erkenntnis, dass es in der Gesellschaft ungerecht zugeht, dass Herrschaftsverhältnisse
der Grund dafür sind und dass es augenscheinlich Bedingungen in der Psyche eines jeden Einzelnen gibt, die dafür sorgen, dass das so funktionieren kann.

Jo, Wilhelm Reich. In meiner Jugend habe ich ein bisschen Freud, Adler usw. gelesen. Ich kann mich an nichts mehr erinnern, nur daß Reich der einzige ist, an den ich mich positiv erinnere. Keine Ahnung, wie ich heute darüber urteilen würde.

#62:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 04.04.2015, 17:46
    —
unquest hat folgendes geschrieben:
Ich stehe vielem was aus der psychoanalytischen Ecke kommt mittlerweile eher skeptisch gegenüber.

Du meinst: "was aus der Ecke kam."

Aktuell kommt nicht mehr viel aus der Ecke, oder? Pfeifen


unquest hat folgendes geschrieben:
Mindestens einen wissenschaftlichen Anspruch halte ich für zweifelhaft. Oder als Frage formuliert:

Welches Kriterium bietet uns die Psychoanalyse an, um als widerlegt zu gelten?

Popper nannte zwei Beispiele für unwiderlegbare Theorien, als er sein Falsifikations-Kriterium entwickelte: Marxismus und eben Psychoanalyse.

Ich plädiere trotzdem auf ein mildes Urteil, schließlich fehlt es der Psychologie überhaupt an Konzepten, die im strengen Sinn Theorien sind.


unquest hat folgendes geschrieben:
Als Beispiel möchte ich den für die analytische Praxis zentralen Begriff "Verdrängung" nehmen.
"Die Verdrängungslehre ist nun der Grundpfeiler, auf dem das Gebäude der Psychoanalyse ruht" (Freud, Zur Geschichte der psychoanalytischen Bewegung)

<schnipp>

Gibt es empirische Studien, die den Mechanismus der Verdrängung belegen?
Die Wirklichkeit scheint eher das Gegenteil zu bezeugen:

Zitat:
"Eine Vielzahl von Studien bei Kindern (Terr 1983; Malmquist 1986; Pynoos & Nader 1989) und Erwachsenen (Leopold & Dillon 1963) hat gezeigt, daß psychologisch traumatische Ereignisse lebhaft, wenn auch nicht immer akkurat, erinnert werden und regelmäßig von eindrücklichem Wiedererleben in der einen oder anderen Form gefolgt werden. Das Problem bei den meisten Arten von Traumata ist nicht, daß die gewalttätigen Erlebnisse komplett aus dem Bewußtsein getilgt werden, sondern daß die Menschen nicht in der Lage sind, zu vergessen. Amnesien sind selten."
(Dr. Sydney Brandon et al: "Recovered memories of childhood sexual abuse: implications for clinical practice," British Journal of Psychiatry, April 98, S.300

http://www.novo-magazin.de/41/novo4134.htm

Überzeugt mich nicht.

Traumata führen nicht automatisch zu Verdrängung. Wesentlich ist, wie die Umwelt darauf reagiert. Solange das Trauma ausgedrückt werden kann, braucht nichts verdrängt zu werden. Erst wenn der Ausdruck auf ein Tabu trifft, wird es problematisch.


unquest hat folgendes geschrieben:
Kann die Psychoanalyse als widerlegt gelten, sollte sich die Verdrängung als Einbildung Freuds herausstellen?

Ob Freuds Schriften das hergeben, weiß ich nicht; für mich ist Verdrängung jede Art von kognitiver oder emotionaler Dissonanz.

Tipp: lies uwebus, damit sollte jeder Zweifel an einem wie auch immer gearteten Verdrängungsmechanismus ausgeräumt sein. zynisches Grinsen


Dies hier geht eigentlich auch nur mit Verdrängung:

Zitat:
Konformitätsexperiment von Asch

Das Konformitätsexperiment von Asch, 1951 von Solomon Asch veröffentlicht, ist eine Studienreihe, die zeigte, wie Gruppenzwang eine Person so zu beeinflussen vermag, dass sie eine offensichtlich falsche Aussage als richtig bewertet.

http://de.wikipedia.org/wiki/Konformitätsexperiment_von_Asch

#63:  Autor: unquest BeitragVerfasst am: 04.04.2015, 17:56
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
...die Psychoanalyse hat ihren Platz in der Ideengeschichte zurecht. Sie wurde schon in die Reihe der "großen Kränkungen" eingereiht. ...

Kleine Korrektur.
Es war Freud selbst, der sich in eine Reihe mit Kopernikus und Darwin setzte. Und selbstverständlich war seine Kränkung die er der Menschheit zufügte, seinem Größenwahn folgend, die Größte.

#64:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 04.04.2015, 19:32
    —
Kival hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:

"Der Witz und seine Beziehung zum Unbewußten" kenne ich, aber "Der Penisneid und seine Beziehung zum Unbewußten"? Existiert dieser Aufsatz/dieses Buch überhaupt ...-? Am Kopf kratzen


Nur ein wahrer Kenner kennt diese kaum bekannte Schrift Freuds!


Der wirklich wahre Kenner kennt nur die wichtigen Schriften und verdrängt die unwichtigen ...-! Auf den Arm nehmen

@unquest: Was ist nun mit der genauen Quellenangabe? Kommt die noch oder ist nix?

#65:  Autor: unquest BeitragVerfasst am: 04.04.2015, 20:29
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:

"Der Witz und seine Beziehung zum Unbewußten" kenne ich, aber "Der Penisneid und seine Beziehung zum Unbewußten"? Existiert dieser Aufsatz/dieses Buch überhaupt ...-? Am Kopf kratzen


Nur ein wahrer Kenner kennt diese kaum bekannte Schrift Freuds!


Der wirklich wahre Kenner kennt nur die wichtigen Schriften und verdrängt die unwichtigen ...-! Auf den Arm nehmen

@unquest: Was ist nun mit der genauen Quellenangabe? Kommt die noch oder ist nix?


Die Originalschrift war kurz nach dem Erscheinen vergriffen. Aber auch der Beste aller Psychoanalytiker stimmt inhaltlich voll zu. Lachen


#66:  Autor: Kival BeitragVerfasst am: 04.04.2015, 22:47
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:

"Der Witz und seine Beziehung zum Unbewußten" kenne ich, aber "Der Penisneid und seine Beziehung zum Unbewußten"? Existiert dieser Aufsatz/dieses Buch überhaupt ...-? Am Kopf kratzen


Nur ein wahrer Kenner kennt diese kaum bekannte Schrift Freuds!


Der wirklich wahre Kenner kennt nur die wichtigen Schriften und verdrängt die unwichtigen ...-! Auf den Arm nehmen


Das ist eine der wichtigsten! Viele Gedanken Freuds werden erst dort wirklich ausgereift.

#67:  Autor: unquest BeitragVerfasst am: 05.04.2015, 00:23
    —
Ich war auf der Suche nach seinen Briefen an Fließ und habe immerhin diese Seite gefunden auf der es alle Werke als ebook gibt. Leider scheint es die Briefe nur als Buch zu 150 € zu geben.

#68:  Autor: NaastikaWohnort: an der Fütterungsstelle der Eichhörnchen BeitragVerfasst am: 05.04.2015, 12:00
    —
@smalllie: Thx, von Kohlberg und de Längsschnitsstudie zuvor noch nichts gehört, faszinierend. Das Zusammenspiel Trauma-Tabu-Verdrängung leuchtet spontan an.


Zu Penisneid: Für heterosexuelle Frauen ist ein Penis als Mittel der eigenen Lustbefriedigung ein Objekt der Begierde, und nicht Neides.
Nur wenn er als Symbol der ausschließlich männlichen gesellschaftlichen Teilhabe empfunden wird, können Frauen neidvolle Gefühle entwickeln. Aber nicht auf das simple körperliche Organ, sondern auf die gesellschaftlliche Stellung, die seine Träger inne haben (das Ganze so imho).

#69:  Autor: unquest BeitragVerfasst am: 05.04.2015, 14:45
    —
Naastika hat folgendes geschrieben:
... Kohlberg...


Aber genau dies sind zwei paar Schuhe.

Auf der einen Seite liest man die wilden Phantastereien eines Neurotikers (Freud über Freud), der seine inzestiösen Wünsche als Ödipuskomplex von sich selbst unzulässig auf die Menschheit schloß und bei Kohlberg handelt es sich um einen gelungenen Versuch mit der Methodik eines Piagets die Entwicklung des Denkens und moralischen Urteils in der Kindheitsentwicklung zu verstehen.

Im Unterschied zu Freud wären sicherlich Piaget, Kohlberg oder Inhelder geeignete Mitglieder der GBS. Smilie

#70:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 05.04.2015, 18:08
    —
unquest hat folgendes geschrieben:
Naastika hat folgendes geschrieben:
... Kohlberg...


Aber genau dies sind zwei paar Schuhe.

Auf der einen Seite liest man die wilden Phantastereien eines Neurotikers (Freud über Freud), der seine inzestiösen Wünsche als Ödipuskomplex von sich selbst unzulässig auf die Menschheit schloß und bei Kohlberg handelt es sich um einen gelungenen Versuch mit der Methodik eines Piagets die Entwicklung des Denkens und moralischen Urteils in der Kindheitsentwicklung zu verstehen.

Im Unterschied zu Freud wären sicherlich Piaget, Kohlberg oder Inhelder geeignete Mitglieder der GBS. Smilie


Da würde ich vorschlagen, zu Kohlberg und seinen Geistesbrüdern einen gesonderten thread aufzumachen, denn Freud und Kollegen sind ja bis dato noch nicht zuende diskutiert.

Aber beim Überfliegen dieses Konzeptes fiel mir folgendes auf:

Das Problem bei Kohlberg ist, dass bei ihm das Subjekt zeitlos irgendwo im Nirgendwo existiert. Wo ist die Beziehung zur Gesellschaft bei ihm? Und wo ist das Unbewusste?

Seine Stufentheorie erinnert ein bisschen an die Stufen des Buddha oder irgendwas in theologisch zurecht definiertes. Da werden nach einem vorgegebenen Schema Stufen erklommen. Auf jeder Stufe folgt *der Mensch* irgend einer bestimmten Regel oder einem Prinzip. So etwas ähnliches hat man bei der GBS ja schon. Cool

Der Mensch auf dem Weg zur Erleuchtung quasi.

Es ist immer verdächtig, wenn Intellektuelle die Entwicklung des Subjekts so übermäßig betonen und über die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft - von der die Subjekte ja überhaupt nicht zu trennen sind! - quasi kein einziges Wort verlieren oder aber diese strunzdirekt aus *verbesserten* Menschen ableiten wollen.

---

Kommen wir zum Threadthema:

Ich habe da was interessantes zum Thema Empirie. Leider ist der Link nicht sehr ergiebig, d.h. das müsste man noch mal weitere Recherchen anstellen, aber ich stelle es mal rein:

Zitat:
Die Psychoanalyse wird erwachsen

Der Vorwurf, wonach das Werk Sigmund Freuds "unwissenschaftlich" sei, zielt zunehmend ins Leere. Nicht nur psychoanalytische Grundannahmen, sondern auch ihre therapeutische Wirkungen wurden mittlerweile gründlich empirisch untersucht. Auch wenn das noch nicht allgemein bekannt ist, sei dies ein Zeichen des "Erwachsenwerdens" der Psychoanalyse, meint der Gesundheitspsychologe Gerald Poscheschnik in einem Gastbeitrag. (...)

Sichtet man nämlich die Vielzahl an wissenschaftlichen Untersuchungen zur psychoanalytischen Theorie, zeichnet sich ein gänzlich anderes Bild ab: Aufbauend auf den Arbeiten amerikanischer Psychologen aus den 70er Jahren, die in unseren Breiten nur wenig rezipiert wurden, haben die deutschen Psychologen Christoph Werner und Arnold Langenmayr unlängst ein vierbändiges Übersichtswerk ("Psychoanalyse und Empirie") vorgelegt, in dem weit über tausend empirische Arbeiten zur Überprüfung psychoanalytischer Theorien zusammengefasst sind. (...)

Einhelliger Tenor ist, dass sich selbst komplexe psychoanalytische Theorien bis zu einem gewissen Grad wissenschaftlich überprüfen lassen und diese Überprüfung weitgehend positiv ausfällt.

So hat z. B. Thomas Köhler von der Universität Hamburg in einer Reihe von Assoziationsexperimenten, die freudsche Theorie der Verdrängung getestet. Diese besagt in nuce, dass unangenehme Gedanken in den Bereich des Unbewussten verschoben werden.

Dazu wurden Versuchspersonen gebeten, zu einer Reihe von Wörtern eine erste spontane Assoziation zu bilden. Ganz in Übereinstimmung mit der freudschen Theorie der Verdrängung zeigte sich, dass die emotional negativ erlebten Assoziationen zu einem späteren Zeitpunkt schlechter in Erinnerung gerufen werden konnten als neutral oder positiv eingestufte.


http://sciencev1.orf.at/science/news/144599


Da es ja um das zentrale Thema "Verdrängung" ging.

Des weiteren:

Zitat:
Hirnforscher erkunden das Unbewusste

Der Blick ins Gehirn verändert aber auch einige klassische Vorstellungen der Psychoanalyse. Zum Beispiel ist nicht mehr haltbar, dass das unbewusste Triebleben vor allem von sexuellen Wünschen beherrscht ist. Das Such- und Antriebssystem, das beim Träumen aktiv ist, kann mit allem zu tun haben, was den Menschen innerlich umtreibt. Das können sexuelle Bedürfnisse und Wünsche sein, aber genauso gut auch Ängste, Sorgen und schlechte Erinnerungen. (...) Das unbewusste Triebleben ist im Gehirn sehr vielfältig angelegt.


http://www.br.de/radio/bayern2/wissen/iq-wissenschaft-und-forschung/mensch/neuropsychologie-freud-unbewusste100.html


Und hier ein Fachbuch:

Zitat:
Der Band "Psychoanalyse. Die Lehre vom Unbewussten" richtet sich an den kulturwissenschaftlich und sozial interessierten Leser und psychotherapeutischen Praktiker. Die Psychoanalyse gilt als DIE Wissenschaft des Unbewussten.

Das Buch stellt u.a. die aktuellen und internationalen Diskurse zum Unterbewusstsein vor und beschreibt Geschichte, Klinik und Praxis.

Besonders hervorzuheben ist der Austausch dieser Wissenschaft mit kultur- und geisteswissenschaftlichen Erkenntnissen. Aber auch kognitionspsychologische und neurowissenschaftliche Befunde fließen in die Diskussion ein. Ausführliche Fallbeispiele verdeutlichen die Wirkkraft des Unterbewusstseins.


http://www.3sat.de/page/?source=/scobel/bt/178724/index.html


Dieser Dialog zwischen PSA und Neurowissenschaft ist in der letzten Zeit enger geworden. Aber man darf eben nicht vergessen, dass die PSA keine bloße Hirntheorie oder Sexualtheorie ist, sondern auch Sozialpsychologie und damit Teil der Sozialwissenschaften, wie man etwa bei den Forschungen zur Massenpsychologie sieht, die ja auch jederzeit einer vertieften Forschung offen stehen ...-

#71:  Autor: funkeimdunkeln BeitragVerfasst am: 05.04.2015, 19:18
    —
smallie hat folgendes geschrieben:

Es kommt vor, daß ein Gedanke nicht zum anderen passt, oder daß Gedanken, Entscheidungen und Handlungen nicht zusammenpassen - ohne daß dies der Person oder auch der Gruppe auffällt. "Flüchtigkeitsfehler" oder "nur versehentlich falsch" scheiden als Erklärung aus, denn die Auslassungen sind systematisch.


Ein potentielles Problem ist, dass "zusammenpassen" oder "nicht zusammenpassen" Bewertungen sind, die oft einen sehr stark subjektiven Charakter haben. Nehmen wir als Beispiel Religion. Dem Atheist fällt auf, dass eine Frau in die Kirche geht, sich dort eine Predigt über Nächstenliebe hört und dann aus der Kirche rausgeht und dem Bettler an der Kirchentüre kein Geld gibt. Daraufhin schließt er: Handlung 1 und Handlung 2 passen nicht zusammen. Typisch Religion: Wasser predigen und Wein trinken. Die Frau denkt wiederum, dass Nächstenliebe nicht dadurch praktiziert wird, dass man dem Bettler Geld gibt, sondern ihn freundlich grüßt und anlächelt. Ergo: Handlung 1 und Handlung 2 passen zusammen.

Mir ist bewusst, dass dies kein Argument gegen Psychoanalyse ist. Es weckt jedoch in mir eine Befürchtung vor einem potentiellen Missbrauch der Psychoanalyse. Der Analytiker kann dem Klienten leicht seine subjektive Deutung der Dinge aufdrängen und ihm so dessen "Widersprüche" und "Verleugnungen" um die Ohren schlagen. Jeder kritische Einwand, den der Klient wagt, kann dann mit der Bemerkung "Sie betreiben doch eine bloße Rationalisierung" abgeklatscht werden.

Historisch ist ein derartiger Missbrauch der Psychoanalyse übrigens durchaus schon mal vorgekommen. Das Beispiel, das ich jetzt im Sinn hatte, kann ich jetzt nicht wiederfinden, aber dafür habe ich ein anderes sehr schönes Beispiel gefunden:


Stuart Sutherland, der eine schwere und langanhaltende endogene Depression erlitt, beschreibt in seinem Therapiebericht "Die seelische Krise" aus seiner Psychoanalyse und von seinem Psychoanalytiker (S. 35f):


Stuart Sutherland hat folgendes geschrieben:

"Obwohl er versuchte, ein wenig von der Schuld , die ich mit mir herumtrug, von mir zu nehmen, machte er eine Reihe von Bemerkungen, die ich ziemlich bedrohlich fand. Er erklärte: »Es scheint, als hätten Sie die besten Dinge im Leben versäumt« Einmal diagnostizierte er bei mir verdrängte Homosexualität und während ich ihm von einem Kindheitserlebnis erzählte, beugte er sich vor und sagte etwas zutiefst Schockierendes. Ich bitte den Leser um Verzeihung, aber um die Art meiner Reaktionen zu verstehen, ist es notwendig, den Wortlaut wiederzugeben, nämlich:

»Hatten Sie damals nicht den Wunsch, Ihr Vater sollte Sie ficken, bis die Scheiße herausrinnt?«

Wenn ich jemals emen solchen Wunsch gehabt haben sollte, so habe ich ihn seither lang vergessen, jedenfalls aber fand ich diese Idee höchst bestürzend."


http://www.sgipt.org/th_schul/pa/misbr/wideru.htm#Stuart%20Sutherland,

Mirko

#72:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 05.04.2015, 20:18
    —
unquest hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
...die Psychoanalyse hat ihren Platz in der Ideengeschichte zurecht. Sie wurde schon in die Reihe der "großen Kränkungen" eingereiht. ...

Kleine Korrektur.
Es war Freud selbst, der sich in eine Reihe mit Kopernikus und Darwin setzte.

Das wußte ich nicht.

Sehr pikant, die Stelle möchte mir mal 'raussuchen.


unquest hat folgendes geschrieben:
Und selbstverständlich war seine Kränkung die er der Menschheit zufügte, seinem Größenwahn folgend, die Größte.

Hat er womöglich wieder vom Koka genascht? zwinkern

Unabhängig von möglichen persönlichen Unzulänglichkeiten Freuds, unabhängig von den deutlichen Unzulänglichkeiten seiner Ideen, denke ich schon, daß Freud eine Tür aufgemacht hat. Durchgegangen ist er nicht, dazu war er zu sehr in den Umständen seiner Zeit verhaftet.

Jedenfalls kratzen Freuds Ideen an der Vorstellung vom "freien Willen". Das Schopenhauersche "Man kann tun was man will, aber nicht wollen was man will" schlägt in die selbe Kerbe.

Daß hier eine Kränkung vorliegt zeigt sich in Sprüchen wie: "Ihr könnt dem Kerl doch keine mildernden Umstände geben, nur weil er eine schwere Kindheit hatte."


unquest hat folgendes geschrieben:
Naastika hat folgendes geschrieben:
... Kohlberg...


Aber genau dies sind zwei paar Schuhe.

Auf der einen Seite liest man die wilden Phantastereien eines Neurotikers (Freud über Freud), der seine inzestiösen Wünsche als Ödipuskomplex von sich selbst unzulässig auf die Menschheit schloß ...

Inhaltlich sind wir uns über die wilden Phantasterein wohl einig.

Nur fällt mein Urteil etwas milder aus als deines. Als Kind seiner Zeit war es ihm nicht vergönnt, zwei Schritte auf einmal zu tun.

Er ist nicht der einzige, der das nicht geschafft hat:

unquest hat folgendes geschrieben:
...und bei Kohlberg handelt es sich um einen gelungenen Versuch mit der Methodik eines Piagets die Entwicklung des Denkens und moralischen Urteils in der Kindheitsentwicklung zu verstehen.

Gelungen? Nicht wirklich.

Kohlberg ist einem kulturellen Vorurteil aufgesessen:

Kohlbergs Theorie der Moralentwicklung hat folgendes geschrieben:
1. Stufe – Die Orientierung an Strafe und Gehorsam: In der ersten Stufe orientieren sich diese nicht an moralischen Ansprüchen, sondern im Wesentlichen an wahrgenommenen Machtpotenzialen. Die von Autoritäten gesetzten Regeln werden befolgt, um Strafe zu vermeiden.

http://de.wikipedia.org/wiki/Kohlbergs_Theorie_der_Moralentwicklung"

Derartiges kann nur ein Mensch schreiben, der Strafe und Gehorsam als natürlichen Zustand begreift.

Insofern ist Kohlbergs "Theorie" genauso verkorkst wie die Freudsche.

#73:  Autor: unquest BeitragVerfasst am: 05.04.2015, 21:17
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
unquest hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
...die Psychoanalyse hat ihren Platz in der Ideengeschichte zurecht. Sie wurde schon in die Reihe der "großen Kränkungen" eingereiht. ...

Kleine Korrektur.
Es war Freud selbst, der sich in eine Reihe mit Kopernikus und Darwin setzte.

Das wußte ich nicht.

Sehr pikant, die Stelle möchte mir mal 'raussuchen.


Dreimal versicherte er der Welt sein Genie.

Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse GW 11 S. 294
Eine Schwierigkeit der Psychoanalyse GW 12 S. 7
Die Widerstände gegen die Psychoanalyse GW 14 S. 109

Zitat:
Nur fällt mein Urteil etwas milder aus als deines. Als Kind seiner Zeit war es ihm nicht vergönnt, zwei Schritte auf einmal zu tun.


Ich war zwischen 16 und 25 so eine Art Jünger. Menschen die vom Glauben abgefallen sind, werden manchmal auch ungerecht gegenüber dem Glauben.

Und dummerweise kenne ich auch noch 2 Menschen die eine Analyse gemacht haben und ihre "therapierten Neurosen" weiterhin pflegen und einen Analytiker, der seinen Kindern verbietet Fernsehen zu schauen, da dies "dämonisch" sei. Brrrr.... Smilie

#74:  Autor: unquest BeitragVerfasst am: 05.04.2015, 21:47
    —
@Skeptiker

Danke für die Literaturempfehlungen.

Aber das Vorwort deiner letzten Empfehlung reicht mir:



Dichte Erkenntnisse Gröhl...

#75:  Autor: unquest BeitragVerfasst am: 26.04.2015, 16:21
    —
smallie hat folgendes geschrieben:

...

Ob Freuds Schriften das hergeben, weiß ich nicht; für mich ist Verdrängung jede Art von kognitiver oder emotionaler Dissonanz.

Tipp: lies uwebus, damit sollte jeder Zweifel an einem wie auch immer gearteten Verdrängungsmechanismus ausgeräumt sein. zynisches Grinsen


Dies hier geht eigentlich auch nur mit Verdrängung:

Zitat:
Konformitätsexperiment von Asch

Das Konformitätsexperiment von Asch, 1951 von Solomon Asch veröffentlicht, ist eine Studienreihe, die zeigte, wie Gruppenzwang eine Person so zu beeinflussen vermag, dass sie eine offensichtlich falsche Aussage als richtig bewertet.

http://de.wikipedia.org/wiki/Konformitätsexperiment_von_Asch


Erstmal beobachte ich nur, dass eine Einzelmeinung an eine Mehrheitsmeinung sich anpaßt.

Und das scheint mir unter evolutionären Gesichtspunkten völlig normal.

Beispiele:
Du sitzt mit 20 Genossen in der Savanne und am Horizont erscheinen Hunderte von Kriegern. 19 deiner Genossen schreien laut auf und flüchten - Du beharrst darauf dass es eine Fata Morgana ist und stirbst den stolzen Tod in Verteidigung einer Einzelmeinung.

Alle Menschen beginnen auf der Straße in eine Richtung zu rennen. Was tust du?
Die Vorgehensweise in dieser Situation ertsmal nach der Ursache zu suchen könnte dich ebenfalls dein Leben kosten.

Ich könnte mir vorstellen, dass es eine Art "Mechanismus" gibt, der die Anpassung an den Gruppendruck quasi als "billigere" Lösung verständlich macht. Es kostet dich wenig der Mehrheit anzuschließen, aber unter Umständen sehr viel auf deiner eigenen Meinung zu beharren.


So kann ich hier nicht sehen, wo Inhalte des Ich in ein Es verschoben wurden.

#76:  Autor: schtonk BeitragVerfasst am: 26.04.2015, 16:48
    —
unquest hat folgendes geschrieben:
[...]

So kann ich hier nicht sehen, wo Inhalte des Ich in ein Es verschoben wurden.

Das ist nicht der Weg. Andersherum schon zwinkern

#77:  Autor: unquest BeitragVerfasst am: 26.04.2015, 16:55
    —
schtonk hat folgendes geschrieben:
unquest hat folgendes geschrieben:
[...]

So kann ich hier nicht sehen, wo Inhalte des Ich in ein Es verschoben wurden.

Das ist nicht der Weg. Andersherum schon zwinkern

Versteh ich nicht. Smallie wollte das Experiment als Beispiel für Verdrängung nutzen. Da kann doch nur der Weg vom Ich ins Es gemeint sein. Oder?

#78:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 27.04.2015, 23:33
    —
unquest hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:

...

Ob Freuds Schriften das hergeben, weiß ich nicht; für mich ist Verdrängung jede Art von kognitiver oder emotionaler Dissonanz.

Tipp: lies uwebus, damit sollte jeder Zweifel an einem wie auch immer gearteten Verdrängungsmechanismus ausgeräumt sein. zynisches Grinsen


Dies hier geht eigentlich auch nur mit Verdrängung:

Zitat:
Konformitätsexperiment von Asch

Das Konformitätsexperiment von Asch, 1951 von Solomon Asch veröffentlicht, ist eine Studienreihe, die zeigte, wie Gruppenzwang eine Person so zu beeinflussen vermag, dass sie eine offensichtlich falsche Aussage als richtig bewertet.

http://de.wikipedia.org/wiki/Konformitätsexperiment_von_Asch


Erstmal beobachte ich nur, dass eine Einzelmeinung an eine Mehrheitsmeinung sich anpaßt.

<schnipp>

So kann ich hier nicht sehen, wo Inhalte des Ich in ein Es verschoben wurden.

Ich auch nicht.

Verdrängung ist ein gutes Konzept, ich glaube nicht, daß es ohne geht. Ob aber Freuds Vorstellung von Verdrängung mit meiner vereinbar ist, weiß ich nicht. Es ist zu lange, daß ich Freud gelesen habe. Das war, was ich damit sagen wollte:

smallie hat folgendes geschrieben:
Ob Freuds Schriften das hergeben, weiß ich nicht; für mich ist Verdrängung jede Art von kognitiver oder emotionaler Dissonanz.

Solange nicht klar ist, ob die Probanden nur dem Druck nachgegeben haben, während sie innerlich bei ihrer Wahrnehmung blieben, oder ob der Gruppendruck sie wirklich etwas anderes wahrnehmen ließ, läßt sich wenig über die Tiefenpsychologie dahinter sagen.



unquest hat folgendes geschrieben:
Und das scheint mir unter evolutionären Gesichtspunkten völlig normal.

Beispiele:
Du sitzt mit 20 Genossen in der Savanne und am Horizont erscheinen Hunderte von Kriegern. 19 deiner Genossen schreien laut auf und flüchten - Du beharrst darauf dass es eine Fata Morgana ist und stirbst den stolzen Tod in Verteidigung einer Einzelmeinung.

Alle Menschen beginnen auf der Straße in eine Richtung zu rennen. Was tust du?
Die Vorgehensweise in dieser Situation ertsmal nach der Ursache zu suchen könnte dich ebenfalls dein Leben kosten.

Ich könnte mir vorstellen, dass es eine Art "Mechanismus" gibt, der die Anpassung an den Gruppendruck quasi als "billigere" Lösung verständlich macht. Es kostet dich wenig der Mehrheit anzuschließen, aber unter Umständen sehr viel auf deiner eigenen Meinung zu beharren.

Das ist ein gutes Argument, das bei der einen oder anderen Frage sehr nützlich sein kann.

Hier allerdings sehe ich den Nutzen nicht, weil das Argument eine viel größere Frage aufwirft, als es beantwortet, nämlich: warum sehen meine 19 Genossen eine Horde von Kriegern, wenn keine da ist? Geschockt




PS: siehe hier.

Zitat:
Fatima „Erscheinungen“ und „Botschaften“
6. Sechste Erscheinung am 13. Oktober 1917 und das Sonnenwunder

b) Sonnenwunder

Den großartigen Abschluß dieser letzten Erscheinung im Jahr 1917 bildete ein überwältigendes Sonnenwunder, das die Menge der Schaulustigen erleben durfte, [...]

„Schaut auf die Sonne!“ „Welch überwältigendes, nie gesehenes Schauspiel! Der Regen hörte plötzlich auf, die Wolken zerrissen und die Sonnenscheibe wurde sichtbar; doch sie war silbern wie der Mond. Mit einem Male begann die Sonne mit ungeheuerer Geschwindigkeit wie ein Feuerrad um sich selbst zu kreisen, gelbe, grüne, rote, blaue und violette Strahlenbündel werfend, die Wolken, Bäume, Felsen, Erde und die ungeheuere Menge in phantastische Farben tauchten. Einen Augenblick hielt sie an, dann begann der Tanz der Feuerscheibe von neuem. Noch einmal stand sie still um dann ein drittes Mal den wunderbaren Anblick zu bieten, noch farbenprächtiger als vorher. Atemlos, verzückt stand die Menge. Plötzlich hatten alle den Eindruck, als löse sich die Sonne vom Firmament und eile auf sie zu. Ein vieltausendstimmiger Schreckensschrei gellte auf. Dann klang es durcheinander: 'Ein Wunder, ein Wunder!' und: 'Ich glaube an Gott!' – 'Ave Maria! ' – 'Mein Gott, Barmherzigkeit!' Die Leute warfen sich in den Schlamm auf die Knie und beteten laut den Reueakt. Dieses Schauspiel dauerte gut zehn Minuten.“ Das Wunder wurde sogar von Personen beobachtet, die fünf und mehr Kilometer entfernt weilten. Noch ein zusätzliches Wunder ereignete sich: „Nach dem Sonnenwunder waren zur allgemeinen Überraschung die Kleider, die eben noch ganz durchnäßt gewesen waren, vollstündig trocken.“

http://www.josef-hanauer.de/fatima3.html

#79:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 28.04.2015, 23:00
    —
schtonk hat folgendes geschrieben:
unquest hat folgendes geschrieben:
[...]

So kann ich hier nicht sehen, wo Inhalte des Ich in ein Es verschoben wurden.

Das ist nicht der Weg. Andersherum schon zwinkern

Vielleicht magst du kurz sagen, was du unter dem Es verstehst. Beziehungsweise, was du meinst, was Freud darunter verstanden hat.



Ich kann mir dieses vorstellen:

    - read-only-Es. Schlaf, iß, fliehe, kämpfe, liebe, tröste.

    - permeables Es. Ich vermute, das ist Freuds Vorstellung. Unerwünschtes Verhalten kann zwar unterdrückt werden, es bleibt aber im "Verborgenen" wirksam. Von dort aus sabotiert es das zielgerichtete Denken und Handelns des Ich.

    - motorisches Es. Das wäre mein Ansatz. Eine neue Tätigkeit einzuüben kann mühsam sein, zum Beispiel ein Schlagzeuger, der einen paradiddle übt. Irgendwann kann man es im Schlaf. Das war die neutrale, selbstbestimmte Variante. Eine Daumenschrauben-Variante oder Belohnungsvariante kann ich mir auch denken, um Verhalten von außen "quasi-motorisch" zu internalisieren.



Hmm. wenn nichts vom Ich ins Es kommt, was unterscheidet das Freudsche Modell dann von operanter Konditionierung nach Skinner?

#80:  Autor: schtonk BeitragVerfasst am: 30.04.2015, 01:40
    —
unquest hat folgendes geschrieben:
schtonk hat folgendes geschrieben:
unquest hat folgendes geschrieben:
[...]

So kann ich hier nicht sehen, wo Inhalte des Ich in ein Es verschoben wurden.

Das ist nicht der Weg. Andersherum schon zwinkern

Versteh ich nicht. Smallie wollte das Experiment als Beispiel für Verdrängung nutzen. Da kann doch nur der Weg vom Ich ins Es gemeint sein. Oder?

und
smallie hat folgendes geschrieben:
...
Vielleicht magst du kurz sagen, was du unter dem Es verstehst. Beziehungsweise, was du meinst, was Freud darunter verstanden hat...

Freud hat, wenn er von der menschlichen Psyche gesprochen hat, sehr oft den Terminus "seelischer Apparat" benutzt.
Das hat ja einen technischen Anklang und findet seine Entsprechung in der Vorstellung von einer gegliederten Einheit mit den Abteilungen Ich (wahrnehmungsorientiert) und Es (trieborientiert).
Das Ich gliederte er nochmals auf in das Bewusste (akustik/wortgetriggert) und das Vorbewusste (erinnerungsgetriggert). Dem Ich ordnete er das Realitäts-, dem Es das Lustprinzip zu.
Dann noch das Über-Ich als Kontrollinstanz, und zu allem Überfluss postulierte er noch ein Ich-Ideal, das dem Individuum Frust bereitet, indem es Trauer und Melancholie erzeugt.

Nach Freuds Vorstellung/Modell ist im Es alles verortet, was mit "kulturellen Leistungen" nicht vereinbar ist: Destruktivität, Hemmungslosigkeit, Chaos etc. Sowas geht ja nun gar nicht,
wenn man gesittet leben und miteinander auskommen will. Was dann passiert ist klar: Mittels verschiedener Mechanismen tritt die Disziplinierung in Kraft. Das klappt aber nicht hundertprozentig,
deshalb muss verdrängt werden (Freud unterschied zwischen Ur-Verdrängung und sekundärer V.). Dieses Zeuch sah er irgendwo zwischen Ich und Es, und dabei handelt es sich, wie ich es verstanden habe,
um ein Konglomerat von dem, was von unten kommt (triebhaft), sublimiert wurde und nun über den "Widerstand" vom Bewusstsein ferngehalten wird. Manchmal sickert aber was durch.

Siggi stellte einen Pferd/Reiter-Vergleich an: Der Reiter (Ich) lenkt das Pferd (Es) zu einem bestimmten Ziel. Um dort anzukommen, muss er einen andauernden Kraftaufwand betreiben und
hie und da in Kauf nehmen, dass der Gaul seinen eigenen Willen durchsetzt, um ihn letztendlich doch einigemaßen befriedigend zu zähmen.

smallie hat folgendes geschrieben:
...
Hmm. wenn nichts vom Ich ins Es kommt, was unterscheidet das Freudsche Modell dann von operanter Konditionierung nach Skinner?

Das weiß ich nicht, würde es auch nicht miteinander vergleichen.

#81:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 04.05.2015, 00:35
    —
Überzeugt mich. Im Rahmen von Freuds Vorstellungen kommt nichts vom Ich ins Es. Laut Freud wird nicht ins Es verdrängt, sondern in einen unbewußten Teil des Ichs.

Siehe auch hier:

Zitat:


Freuds graphische Darstellung der Beziehungen zwischen Es, Ich und Über-Ich in der „Neuen Folge der Vorlesungen“, 1933

http://de.wikipedia.org/wiki/Das_Ich_und_das_Es

Die möglichen Überlagerungen von Es, Ich, Über-Ich auf der einen, und von Unbewußt, Unter(Vor-)bewußt, Bewußt auf der anderen Seite finde ich verwirrend. Hätte es denn praktische Auswirkungen auf Freuds Lehre, wenn ich die Trennlinie nach unten ins Es verschiebe? Ich denke nicht. Der theoretische Unterbau ist bei Freud etwas beliebig. Aber das trifft, ich sagte es bereits, auf andere psychologische Theorien ebenso zu.

#82:  Autor: schtonk BeitragVerfasst am: 04.05.2015, 01:06
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
Überzeugt mich. Im Rahmen von Freuds Vorstellungen kommt nichts vom Ich ins Es. Laut Freud wird nicht ins Es verdrängt, sondern in einen unbewußten Teil des Ichs.

Siehe auch hier:

Zitat:

[img]3-Instanzen-Grafik[/img]
Freuds graphische Darstellung der Beziehungen zwischen Es, Ich und Über-Ich in der „Neuen Folge der Vorlesungen“, 1933

http://de.wikipedia.org/wiki/Das_Ich_und_das_Es

Die möglichen Überlagerungen von Es, Ich, Über-Ich auf der einen, und von Unbewußt, Unter(Vor-)bewußt, Bewußt auf der anderen Seite finde ich verwirrend. Hätte es denn praktische Auswirkungen auf Freuds Lehre, wenn ich die Trennlinie nach unten ins Es verschiebe? Ich denke nicht. Der theoretische Unterbau ist bei Freud etwas beliebig. Aber das trifft, ich sagte es bereits, auf andere psychologische Theorien ebenso zu.

Wenn du die Trennlinie nach unten verschieben würdest, hätte das vor allem Auswirkungen auf dich: Du bekämest Haue von den Freudianern Prügel
Beliebig ist das alles überhaupt nicht. Nur eben der klassischen empirischen Methode unzugänglich, und dessen war Freud sich durchaus bewusst.
Und vor allem um einiges phantasievoller als die Skinner`sche Hebelumlegerei zwinkern

#83:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 04.05.2015, 22:54
    —
schtonk hat folgendes geschrieben:
Wenn du die Trennlinie nach unten verschieben würdest, hätte das vor allem Auswirkungen auf dich: Du bekämest Haue von den Freudianern Prügel

Wenn das so ist, kann ich die Stimmung mit ein paar kleinen Trolls aufheizen. Da! Nimm dies.








http://www.sciencecartoonsplus.com/gallery/psychology/index.php



schtonk hat folgendes geschrieben:
Beliebig ist das alles überhaupt nicht. Nur eben der klassischen empirischen Methode unzugänglich, und dessen war Freud sich durchaus bewusst.

Unzugänglich?

Irgendwie muß Freud ja auf seine Ideen gekommen sein. Wenn er nicht auf empirischem Wege, vulgo durch Beobachtung, drauf gekommen ist, dann, tja - hat er dann nur phantasiert? Wenn es aber Beobachtungen gibt, dann lassen sie sich auch nachvollziehen.

(Ich persönlich finde die Vorstellung, daß die Psychoanalyse in Teilen ein Produkt von Freuds Kokainkonsum war, nicht abwegig.)



Apropos Beobachtung: menschliche Kulturen sind äußerst vielfältig. Freud hat nur Menschen aus einer Kultur betrachtet, zu einer nicht gerade freizügigen Zeit. Was hältst du von dieser steilen These:

    Freuds Psychoanalyse ist hauptsächlich eine Studie der pathologischen Psyche, nicht aber eines "gesunden" Geistes.


Zu gewagt, oder machbar?


Noch eins. Zufällig bin ich beim Suchen nach obiger Skizze auf dieses Zitat gestoßen. Das hatte ich nicht auf dem Radar, daß Freud derartiges gesagt hat. Es schlägt in die gleiche Kerbe, in die ich auch schlage. (Das müßte ich näher erläutern, ich weiß.)

Zitat:
Die Absicht der Psychoanalyse besteht darin,

„das Ich zu stärken, es vom Über-Ich unabhängiger zu machen, sein Wahrnehmungsfeld zu erweitern und seine Organisation auszubauen, so daß es sich neue Stücke des Es aneignen kann. Wo Es war, soll Ich werden.

http://de.wikipedia.org/wiki/Das_Ich_und_das_Es

Also ist das Es doch irgendwie zugänglich?!

Der Schlüssel liegt wahrscheinlich darin, einfach zuzugeben, wie dumm und verkorkst man sein kann. Mir scheint, diese Einsicht ist manchen unmöglich ist, weil ihr Selbstwertgefühl dann im Arsch wäre.

Oops. Jetzt bin ich mit der Tür ins Haus gefallen. Verlegen Mal sehen, wie viel Abwehr das erzeugt. Mr. Green


schtonk hat folgendes geschrieben:
Und vor allem um einiges phantasievoller als die Skinner`sche Hebelumlegerei zwinkern

Zumindest zum empirischen Nachweis schadet es nicht, Verhalten, Geist oder Psyche als Black Box zu betrachten. Ein innerer Zustand sollte durch "Hebeldrücken" im weitesten Sinne nachgewiesen sein, sonst bleibt er nur eine phantasievolle Idee.

Bitte nicht falsch verstehen. Wenn ich einer Katze auf den Schwanz trete und die springt auf oder mir ins Gesicht, dann reicht mir das als Nachweis eines inneren Zustandes "Schmerz".

#84: Erklärungen statt Beschreibungen Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 05.05.2015, 12:46
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
Zumindest zum empirischen Nachweis schadet es nicht, Verhalten, Geist oder Psyche als Black Box zu betrachten. Ein innerer Zustand sollte durch "Hebeldrücken" im weitesten Sinne nachgewiesen sein, sonst bleibt er nur eine phantasievolle Idee.

Bitte nicht falsch verstehen. Wenn ich einer Katze auf den Schwanz trete und die springt auf oder mir ins Gesicht, dann reicht mir das als Nachweis eines inneren Zustandes "Schmerz".


Nein, das ist ja gerade die Stärke des - im wahrsten Sinne psychologischen! - Ansatzes von Sigmund Freud, dass die Psychoanalyse in seinem Sinne eben gerade nicht die Psyche in einer 'black box' verschwinden lässt, anders als ein Großteil der heutigen akademischen Psychologie, welche die Subjektivität und das Bewusstsein durch empirisch betrachtete Reiz-Reaktions-Schemata ersetzt.

So hat man allerdings nur Beschreibungen, keine Erklärungen.

Abweichungen von bestimmten Erwartungswerten versucht der Empirismus - welcher ja für sich genommen erst mal mit Psychologie nix zu tun hat, durch die Suche nach neuen und immer wieder neuen Variablen in den Griff zu kriegen.

Freud ging hier mit der Methode qualitativer Interviews vor, wie sie z.T. auch in der Marktforschung benutzt werden oder bei der Delphie-Methode.

Da der Empirismus - den ich ansonsten für durchaus wichtig halte! - wegen seiner Negation des Bewusstseins folglich auch kein Unbewusstes kennt, ist jener auch kaum in der Lage, zu erklären, warum bestimmte Gedanken entstehen und andere Gedanken partout nicht gedacht werden. Und genau dieses *warum?* ist die wissenschaftliche Frage-Intention Freuds - im Gegensatz zur hier ignoranten Empirie-Psychologie, die hier mit Wissenschaft im engeren Sinne eigentlich weniger zu tun hat, sondern eher mit Erbsenzählen ...-

#85:  Autor: schtonk BeitragVerfasst am: 08.05.2015, 22:59
    —
smallie hat folgendes geschrieben:
Ziemlich viel Smilie

Ich habs net vergessen, nur verdrängt. Antwort kommt noch Cool

#86:  Autor: smallie BeitragVerfasst am: 09.05.2015, 00:04
    —
Kein Problem. Find ich gut. Man muß ja nicht immer gleich den allerersten Blödsinn hinschreiben, der einem einfällt. Auf den Arm nehmen

Im Ernst: ich finde das Thema interessant. Ein oder zwei ungesagte Argumente habe ich auch noch übrig. Und natürlich fehlt meinerseits noch eine Antwort an Skeptiker.

#87:  Autor: schtonk BeitragVerfasst am: 22.02.2018, 02:00
    —
Aus dem AFD-Trööt hier reinkopiert:

fwo hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
... Wenn man Kultur mal als das definiert, worüber in Kulturmagazinen berichtet wird - also Kunst, Literatur, Musik und gesellschaftliche Entwicklungen - ....

Gut auf den Punkt gebracht. Das ist genau die Kultur, um die hier es aus den Gründen, die Du beschreibst, nicht geht.

Hier geht es um die Teile der Kultur, die sich nach ihrer Vermittlung meist im Unbewussten abspielen, sowohl als Wahrnehmungsfilter als auch als Handlungsvorgaben. Das ist - direkt - etwa Moral und Religion sowie - indirekt - auch die Sprache.

fett von mir

@fwo: Das Unbewusste ist der zentrale Begriff der Psychoanalyse, er ist stark umstritten und wird konzeptionell unterschiedlich bewertet:

Zitat:
Angesichts des Pluralismus psychoanalytischer Theoriesysteme verwundert es nicht, dass wir heute bei einem so zentralen Konzept wie dem Unbewussten ganz unterschiedliche Auffassungen vorfinden. Sie reichen vom klassischen Begriff des Unbewussten als Ort verdrängter Triebrepräsentanzen bis hin zu einem Unbewussten als dem Ort dissoziierter, nicht-verbalisierter Selbstzustände.

Das Unbewusste ist ein abstraktes Konzept, das wir immer nur erschließen, nie empirisch direkt erfassen können.

http://psychoanalyseforum.de/blog/das-unbewusste-psychoanalytische-kernkonzepte/



Was du schreibst ist ein spannender Ansatz. Aber mich wundert es ein wenig, weil ich dich doch eher als Empiriker einschätze.
War das ein Ausrutscher von dir oder zeigst du deine verborgenen Seiten? Smilie

#88:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 22.02.2018, 03:49
    —
schtonk hat folgendes geschrieben:
....
@fwo: Das Unbewusste ist der zentrale Begriff der Psychoanalyse, er ist stark umstritten und wird konzeptionell unterschiedlich bewertet:...

Ich rede nicht vom Unbewussten der Psychoanalyse oder der Tiefenpsychologie, sondern einfach von Vorgängen die unbewusst ablaufen, die dann z.b. als Gefühl im Bewusstsein auftauchen: Schuld, schlechtes Gewissen, Vertrauen, richtig, falsch, usw. So ist auch nicht umstritten, dass auch unsere "bewussten" Entscheidungen sehr oft in Wirklichkeit gefühlsmäßig getroffen und anschließend im Bewusstsein rationalisiert werden.

Diese Gefühle, auf deren Basis wir normalerweise entscheiden, werden nicht im Bewusstsein erzeugt, sondern sind Ergebnisse unbewusst ablaufender Prozesse. Das ist das Unbewusste, von mir aus auch Unterbewusstsein, von dem ich rede.

Letztendlich reden auch Freud und Konsorten davon. Was davon überholt ist, ist ihre Modellierung bzw. Interpretation dieser Vorgänge, nicht, dass es das gibt.

#89:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 22.02.2018, 13:42
    —
Wen empirische Untersuchungen zum Unterbewusstsein und dem Verhältnis zum Bewußtsein interessieren, dem sei Daniel Kahneman: Schnelles Denken, langsames Denken empfohlen.



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