Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen |
Autor |
Nachricht |
El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
|
(#115289) Verfasst am: 13.04.2004, 14:54 Titel: |
|
|
Hi Shadaik,
Shadaik hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Hi Shadaik,
Shadaik hat folgendes geschrieben: | Wäre immer noch nett, wenn du mir erklärst, wie sich diese Definition (unter der Beachtung der darin implizierten Kausalkette) auf eine Kerzenflamme anwenden lässt:
Zitat: | Leben definiert sich als komplexer chemischer Prozess, der eine konkrete Form erzeugt bevor er sich weiter fortpflanzen kann. |
|
eine Kerzenflamme ist ein verdammt komplexer chemischer Prozess (dessen genauer Mechanismus noch gar nicht aufgeklärt ist). Beim Brennen am Docht muss erst eine konkrete Form ('Flamme', die ist strukturiert, wie Du leicht sehen kannst) erzeugt werden, bevor die sich weiter fortpflanzen kann. |
Kann nur eine Flamme eine Flamme erzeugen?
Ist eine Flamme aus sich selbst heraus strukturiert?
Ist das Ergebnis der Fortpflanzung ein Nachkomme oder einfach nur eine weitere Flamme? |
lies Deine Definition, überlege, was sie von einer Flamme unterscheidet. Habe _ich_ behauptet, dass eine Flamme ein gutes Modell für Leben ist? Ich wollte Dir nur zeigen, dass _Deine_ Definition nicht besonders brauchbar ist. Merkwürdigerweise stelltst Du die richtigen Fragen, ohne sie auf Deine Definition anzuwenden.
Shadaik hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Shadaik hat folgendes geschrieben: | Und um die Heimlichtuerei per PN zu beenden: Ich lerne durch aktive Diskussion sehr viel mehr und sehr viel effektiver als durch stundenlanges Bücherlesen. |
Solange Du nette Mitmenschen findest, die bereit sind, für Dich Buch zu spielen, ja. |
Es liegt außerhalb meiner Vorstellungskraft dass jemand sein Wissen und seine Ideen nicht weitergeben möchte, so es sich nicht um ein großes Geheimnis handelt. |
Ich gebe doch gerne weiter: es ist schon innerhalb der Biologen äußerst umstritten, was man eigentlich unter 'Leben' verstehen soll, von Philosophen ganz zu schweigen. Deine 'Definition' ist ein Versuch unter vielen, die ich kenne. Was soll ich Dir nun konkret weitergeben außer dem Rat, eine bessere Definition zu bringen oder Dich schlau zu machen?
In dem Link, den ich schon genannt habe, findest Du Literaturangaben. Oder soll ich auch noch die Texte für Dich lesen und zu beurteilen versuchen, das Dich interessieren könnte um Dir Zeit zu sparen, sie selber zu lesen?
BTW, es ging um etwas ganz anderes, das wir nicht sinnvoll diskutieren können, ohne bestimmte Grundlagen zu haben.
Grüßle
Thomas
|
|
Nach oben |
|
 |
Shadaik evolviert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 26377
Wohnort: MG
|
(#115297) Verfasst am: 13.04.2004, 15:05 Titel: |
|
|
Gut, ich beantworte meine Fragen einmal selber wie ich sie sehe:
Zitat: | Kann nur eine Flamme eine Flamme erzeugen? |
Nein.
Zitat: | Ist eine Flamme aus sich selbst heraus strukturiert? |
Nein, sie wird von physikalischen Umgebungsbeidngen (Luftzusammensetzung, Schwerkraft etc.) geformt.
Zitat: | Ist das Ergebnis der Fortpflanzung ein Nachkomme oder einfach nur eine weitere Flamme? |
Eine weitere Flamme, da sie in keiner Beziehung außer dem Kausalzusammenhang der Entzündung mit der "Mutterflamme" steht.
Zitat: | Ich wollte Dir nur zeigen, dass _Deine_ Definition nicht besonders brauchbar ist. |
Ich habe danach meine ursprüngliche Definition an die neuen Erkenntnisse anzupassen versucht um nur das zu erfassen, was ich unter Leben verstehe.
Zitat: | Ich gebe doch gerne weiter: es ist schon innerhalb der Biologen äußerst umstritten, was man eigentlich unter 'Leben' verstehen soll, von Philosophen ganz zu schweigen. Deine 'Definition' ist ein Versuch unter vielen, die ich kenne. Was soll ich Dir nun konkret weitergeben außer dem Rat, eine bessere Definition zu bringen oder Dich schlau zu machen? |
Bisher läufts doch ganz gut. Ich stelle eine Definition auf, du kritisierst, ich adaptiere oder argumentiere.
Bücher antworten mir nicht auf meine Fragen, wissenschaftliche Bücher sind entweder unauffindbar (oder in irgendeiner Bibliothek in Jena versteckt) oder schlicht und einfach zu teuer.
Zitat: | In dem Link, den ich schon genannt habe, findest Du Literaturangaben. Oder soll ich auch noch die Texte für Dich lesen und zu beurteilen versuchen, das Dich interessieren könnte um Dir Zeit zu sparen, sie selber zu lesen? |
Das musst du nun wirklich nicht. Die meisten dieser Texte sind aber für mich aus den genannten Gründen njicht zugänglich.
Zitat: | BTW, es ging um etwas ganz anderes, das wir nicht sinnvoll diskutieren können, ohne bestimmte Grundlagen zu haben. |
Was ist an dieser Aussage so anders?
_________________ Fische schwimmen nur in zwei Situationen mit dem Strom: Auf der Flucht und im Tode
|
|
Nach oben |
|
 |
El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
|
(#115307) Verfasst am: 13.04.2004, 15:20 Titel: |
|
|
Hi Shadaik,
Shadaik hat folgendes geschrieben: | Gut, ich beantworte meine Fragen einmal selber wie ich sie sehe:
Zitat: | Kann nur eine Flamme eine Flamme erzeugen? |
Nein. |
auch aus 'Nicht-Leben' musste mindestens einmal 'Leben' entstanden sein.
Shadaik hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Ist eine Flamme aus sich selbst heraus strukturiert? |
Nein, sie wird von physikalischen Umgebungsbeidngen (Luftzusammensetzung, Schwerkraft etc.) geformt. |
Und Lebewesen? Was ist an denen 'order for free'?
Shadaik hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Ist das Ergebnis der Fortpflanzung ein Nachkomme oder einfach nur eine weitere Flamme? |
Eine weitere Flamme, da sie in keiner Beziehung außer dem Kausalzusammenhang der Entzündung mit der "Mutterflamme" steht. |
So langsam sollte Dir einleuchten, was an Deiner Definition und der Flamme _fehlt_.
Merkwürdigerweise hast Du Deine Argumentation darauf _aufgebaut_.
Grüßle
Thomas
|
|
Nach oben |
|
 |
Shadaik evolviert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 26377
Wohnort: MG
|
(#115313) Verfasst am: 13.04.2004, 15:27 Titel: |
|
|
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Hi Shadaik,
Shadaik hat folgendes geschrieben: | Gut, ich beantworte meine Fragen einmal selber wie ich sie sehe:
Zitat: | Kann nur eine Flamme eine Flamme erzeugen? |
Nein. |
auch aus 'Nicht-Leben' musste mindestens einmal 'Leben' entstanden sein. |
Unmittelbar?
Zitat: | Shadaik hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Ist eine Flamme aus sich selbst heraus strukturiert? |
Nein, sie wird von physikalischen Umgebungsbeidngen (Luftzusammensetzung, Schwerkraft etc.) geformt. |
Und Lebewesen? Was ist an denen 'order for free'? |
Die in den genen codierten Informationen. Und auch wenn das nicht alle benötigten Informationen sind, sind sie für die Formgebung doch ausschlaggebend.
Zitat: | Shadaik hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Ist das Ergebnis der Fortpflanzung ein Nachkomme oder einfach nur eine weitere Flamme? |
Eine weitere Flamme, da sie in keiner Beziehung außer dem Kausalzusammenhang der Entzündung mit der "Mutterflamme" steht. |
So langsam sollte Dir einleuchten, was an Deiner Definition und der Flamme _fehlt_. |
Hm, Erblichkeit von Informationen?
Zitat: | Merkwürdigerweise hast Du Deine Argumentation darauf _aufgebaut_. |
Es hilft kurzfristig um zu einem vorläufigen Ergebnis zu kommen.
das erinnert mich übrigens an meine Abi-Frage in Geschichte: "Kann man die Industrielle Revolution als eine Revolution bezeichnen?" und ich antwortete: "Das kommt darauf an, ob Sie bei Ihrer Definition des begriffes "Revolution" die Industrielle Revolution mit erfasst haben oder nicht."
Nachdem sich das Prüfungsgremium darüber kaputtgelacht hat bekam ich eine andere Frage.
_________________ Fische schwimmen nur in zwei Situationen mit dem Strom: Auf der Flucht und im Tode
|
|
Nach oben |
|
 |
El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
|
(#115371) Verfasst am: 13.04.2004, 17:01 Titel: |
|
|
Hi Shadaik,
[ ... ]
Shadaik hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: |
So langsam sollte Dir einleuchten, was an Deiner Definition und der Flamme _fehlt_. |
Hm, Erblichkeit von Informationen? |
in etwa. Den Begriff 'Information' sollte man in diesem Kontext besser vermeiden, vor allem, wenn Kreationisten im Raum sind.
Shadaik hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Merkwürdigerweise hast Du Deine Argumentation darauf _aufgebaut_. |
Es hilft kurzfristig um zu einem vorläufigen Ergebnis zu kommen. |
Ups.
Shadaik hat folgendes geschrieben: | das erinnert mich übrigens an meine Abi-Frage in Geschichte: "Kann man die Industrielle Revolution als eine Revolution bezeichnen?" und ich antwortete: "Das kommt darauf an, ob Sie bei Ihrer Definition des begriffes "Revolution" die Industrielle Revolution mit erfasst haben oder nicht."
Nachdem sich das Prüfungsgremium darüber kaputtgelacht hat bekam ich eine andere Frage. |
Wenn ich Prüfer gewesen wäre, hättest Du ausgelacht gehabt. Derartige 'Antworten' fallen unter die Rubrik 'Laberintelligenz', AKA 'wie sage ich zu etwas, von dem ich keine Ahnung habe, doch irgendwas, so dass man nicht auf den ersten Blick sieht, dass ich Null Schnallung habe, weil, falls man das principle of charity anwendet, vielleicht unter Einbeziehung aller Mitleidsfaktoren doch noch ansatzweise so etwas wie ein verquerer Sinn dahinter versteckt sein könnte, den herauszufinden man dem armen Menschen angesichts des Prüfungsstresses und der schlechten Aussichten auf dem Arbeitsmarkt doch lieber nicht antun sollte'. Offensichtlich waren Deine Prüfer sehr weichherzig und überaus gnädig.
Ich hätte es als Frechheit empfunden, wenn mir jemand, anstatt zu erklären, was _er_ unter 'Revolution' versteht, so tut, als wisse er eine Antwort, wenn er auf _mein_ Verständnis von 'Revolution' rekurriert. Ich hätte Dir durch ganz konkretes Nachfragen die Chance gegeben, ganz genau zu zeigen, was Du 'drauf hast. Beispielsweise, indem ich Dich definieren hätte lassen, was unter 'Revolution' im allgemeinen und 'industrieller Revolution' verstanden wird. Dann hättest Du immer noch die Chance gehabt, Deine These zu belegen.
Wenn Du gesagt hättest: 'Mir fällt zu der Frage nichts ein' hättest Du sofort ohne Gelächter von mir eine andere bekommen und trotzdem die höchstmögliche Punktzahl erreichen können. Notfalls auch mehrfach. Das ist nämlich ehrlich und es kann jedem passieren, dass er 'auf dem falschen Bein' erwischt wird.
Grüßle
Thomas
|
|
Nach oben |
|
 |
Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
|
(#116525) Verfasst am: 17.04.2004, 03:01 Titel: |
|
|
Hi!
Ah, welch' Metapher - die Flamme des Lebens... . Bei den Lebensdefinitionen ist der entscheidende Punkt auf jeden Fall die Keimbahn. Und - ja - damit meine ich etwas mehr als das Genom.
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Es geht ja darum, wie Evolution _mechanismisch_ abläuft. Und wenn man dabei zu große Sprünge postuliert, hat man ein Problem mit dem, zumindest derzeit noch mehr oder weniger anerkannten, _einheitlichen_ Mechanismus der STE ('die Adaptatiogenese erklärt die Phylogenese', der eigentliche 'Knaller' an Darwins Auffassung). Es kann aber sein, dass so langsam wieder 'dualistische' (im Sinne Harwoods) Auffassungen salonfähig werden, die von einem _zweiphasigen_ Evolutionsprozes ausgehen: eine nicht selektionsgesteuerte, möglicherweise sprunghafte (EvoDevo?)-Phase, in der Neuheiten entstehen, und eine zweite, selektionsgesteuerte, adaptationistische. Das widerspricht aber der explizit eingeforderten 'schöpferischen Selektion' der STE. |
Diese beiden Sichten sind sicher weit verbreitet, aber IMHO wird da nicht das wesentliche - die Dynamik des Prozesses - gesehen: Selektion zeigt sich ja, ebenso wie die (selektions-) neutrale Struktur, nur im Rückspiegel, alles andere ist Prognose. Denke da doch nur mal an Dein mehrstufiges Würfel-Beispiel. - Aber übertreibe es nicht, bei zu exzessiver Betätigung kommst Du auf alle 20 Artbegriffe (Natürlich ist der Speziesbegriff konstruiert ).
Und dann noch wegen Information & Kreationisten etc.: Geht mein Thread
Zitat: | http://www.mykath.de/index.php?showtopic=7316 |
für einen seriösen Wissenschaftler noch durch oder war ich zu hart zu 'Believer' - was meint ihr?
Cheers,
Lamarck
_________________ „Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)
„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.” (John Maynard Smith)
„Computers are to biology what mathematics is to physics.” (Harold Morowitz)
|
|
Nach oben |
|
 |
El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
|
(#116541) Verfasst am: 17.04.2004, 08:27 Titel: |
|
|
Hi Lamarck,
Lamarck hat folgendes geschrieben: |
Ah, welch' Metapher - die Flamme des Lebens... . Bei den Lebensdefinitionen ist der entscheidende Punkt auf jeden Fall die Keimbahn. |
stimmt. Hat damit nicht Weismann Lamarck aus dem Rennen geworfen? Hat zwar noch ein paar Jahre gedauert, bis sich die Konsequenzen bei Biologens und vor allem bei den Paläontologen herumgesprochen hat, aber bis auf Steele und ein paar aufrechte Einzelkämpfer hat sich nicht mehr viel geändert.
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Und - ja - damit meine ich etwas mehr als das Genom. |
Klar. Aber jede Evolutionsvorstellung, die das Genom nicht ins Zentrum stellt, ist auf der Ebene der Kerze: das Wesentliche fehlt.
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Es geht ja darum, wie Evolution _mechanismisch_ abläuft. Und wenn man dabei zu große Sprünge postuliert, hat man ein Problem mit dem, zumindest derzeit noch mehr oder weniger anerkannten, _einheitlichen_ Mechanismus der STE ('die Adaptatiogenese erklärt die Phylogenese', der eigentliche 'Knaller' an Darwins Auffassung). Es kann aber sein, dass so langsam wieder 'dualistische' (im Sinne Harwoods) Auffassungen salonfähig werden, die von einem _zweiphasigen_ Evolutionsprozes ausgehen: eine nicht selektionsgesteuerte, möglicherweise sprunghafte (EvoDevo?)-Phase, in der Neuheiten entstehen, und eine zweite, selektionsgesteuerte, adaptationistische. Das widerspricht aber der explizit eingeforderten 'schöpferischen Selektion' der STE. |
Diese beiden Sichten sind sicher weit verbreitet, aber IMHO wird da nicht das wesentliche - die Dynamik des Prozesses - gesehen: Selektion zeigt sich ja, ebenso wie die (selektions-) neutrale Struktur, nur im Rückspiegel, alles andere ist Prognose. Denke da doch nur mal an Dein mehrstufiges Würfel-Beispiel. |
Stimmt. Aber auch an der Entstehung von Strukturen sind Gene beteiligt. Ich will nicht für einen Genreduktionismus eintreten, aber einer Auffassung, die den Organismus ins Zentrum stellt und sich nicht weiter darum kümmert, wie die Organismen entstehen, ist auch defizitär.
Lamarck hat folgendes geschrieben: | - Aber übertreibe es nicht, bei zu exzessiver Betätigung kommst Du auf alle 20 Artbegriffe (Natürlich ist der Speziesbegriff konstruiert :wink: ). |
Wie kommst Du darauf, gibt es wirklich nur 20 Artbegriffe? BTW, wenn der Spezies_begriff_ konstruiert ist, was folgt daraus für die Spezies?
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Und dann noch wegen Information & Kreationisten etc.: Geht mein Thread
Zitat: | http://www.mykath.de/index.php?showtopic=7316 |
für einen seriösen 8) Wissenschaftler noch durch oder war ich zu hart zu 'Believer' - was meint ihr? |
Genial war Dein letztes Posting. Leider gestattet mir der Papst des dortigen Forums nicht, mich an der Diskussion zu beteiligen. Es ist immer wieder amüsant zu lesen, wie Strukturwissenschaftler auf Evolution eindreschen, weil sie den Unterschied zwischen Dingen und Konstrukten nicht verstehen.
Grüßle
Thomas
|
|
Nach oben |
|
 |
Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
|
(#116578) Verfasst am: 17.04.2004, 14:12 Titel: |
|
|
Hi Lamarck,
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Hi!
Ah, welch' Metapher - die Flamme des Lebens... . Bei den Lebensdefinitionen ist der entscheidende Punkt auf jeden Fall die Keimbahn. Und - ja - damit meine ich etwas mehr als das Genom.
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Es geht ja darum, wie Evolution _mechanismisch_ abläuft. Und wenn man dabei zu große Sprünge postuliert, hat man ein Problem mit dem, zumindest derzeit noch mehr oder weniger anerkannten, _einheitlichen_ Mechanismus der STE ('die Adaptatiogenese erklärt die Phylogenese', der eigentliche 'Knaller' an Darwins Auffassung). Es kann aber sein, dass so langsam wieder 'dualistische' (im Sinne Harwoods) Auffassungen salonfähig werden, die von einem _zweiphasigen_ Evolutionsprozes ausgehen: eine nicht selektionsgesteuerte, möglicherweise sprunghafte (EvoDevo?)-Phase, in der Neuheiten entstehen, und eine zweite, selektionsgesteuerte, adaptationistische. Das widerspricht aber der explizit eingeforderten 'schöpferischen Selektion' der STE. |
Diese beiden Sichten sind sicher weit verbreitet, aber IMHO wird da nicht das wesentliche - die Dynamik des Prozesses - gesehen: Selektion zeigt sich ja, ebenso wie die (selektions-) neutrale Struktur, nur im Rückspiegel, alles andere ist Prognose. |
BTW, ist es dann nicht sinnvoller, von "Mehrschichtenselektion" zu sprechen und die Milieuselektion der STE halt einfach als den "letzten Ausläufer" davon anzusehen, als statt dessen zwischen "2 Phasen" zu unterscheiden? Mir hat irgendwie nie recht einleuchten wollen, warum die "inneren Faktoren", die in der STE keine Berücksichtigung finden, nicht auch bei "Phase 1" mitspielen sollen und man umgekehrt für "Phase 2" irgendwelche "Sondermechanismen" postulieren muß, so daß es so aussieht, als gäbe es einen ontologischen Unterschied zwischen "Mikro-" und "Makroevolution".
Und, wenn die Evolution als komplizierter Systemprozeß anzusehen ist, läßt sich dann noch die Behauptung aufrecht erhalten, zwischen STE und den erklärungsmächtigeren Systemtheorien bestünden "echte" Gegensätze (im Sinne von Kuhns inkommensurablen Paradigmen)? Deine Standpunkte würden mich interessieren.
P.S.: Wenn ich ehrlich sein soll, muß ich gestehen, daß ich von Kuhns Idee, daß der Weg des Wissensfortschritts von "radikal neuen", "inkommensurablen" Theorien gepflastert ist, für abseitig halte. IMAO gibt es zwischen jeder Theorie (so auch zwischen STE und einer Systemtheorie der Evolution) mehr oder weniger zahlreiche semantische und begriffliche Überschneidungen, also keine radikalen "Bedeutungsverschiebungen" gibt.
Lamarck hat folgendes geschrieben: |
Und dann noch wegen Information & Kreationisten etc.: Geht mein Thread
Zitat: | http://www.mykath.de/index.php?showtopic=7316 |
für einen seriösen Wissenschaftler noch durch oder war ich zu hart zu 'Believer' - was meint ihr?
|
Alle Achtung, was Du geschreiben hast, hat mich beeindruckt (Muß mir gelegentlich eine Scheibe davon abschneiden): Kurz, kernig, kompetent, getragen von einer milden Verachtung aber doch die intellektuelle Distanz und Ruhe wahrend. Cool
Was Du zu den Wahrscheinlichkeitsrechnungen geschrieben hast, kann nur voll unterschreiben: Die Menschen wissen wirklich nicht, was sie eigentlich ausrechnen, weil sie die dafür notwendigen Randbedingungen entweder nicht beachten oder nicht kennen. Falls Dich meine unmaßgebliche Meinung dazu interessieren sollte, ich habe das in folgendem Artikel etwas näher versucht aufzudröseln:
http://www.martin-neukamm.de/zufall.html
Grüße
Martin
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
www.ag-evolutionsbiologie.de
www.facebook.com/AGEvolutionsbiologie
|
|
Nach oben |
|
 |
Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
|
(#118092) Verfasst am: 23.04.2004, 03:12 Titel: |
|
|
Hi!
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: |
Hat damit nicht Weismann Lamarck aus dem Rennen geworfen? |
Welchen 'Lamarck'?
Entgültig aber 1957 mit Francis Crick und seinem 'Central Dogma of molecular biology'. Aber wie das mit den Dogmen so ist: Ein ganz klein wenig 'Lamarck' geht doch. - Was könnte das sein?
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: |
Klar. Aber jede Evolutionsvorstellung, die das Genom nicht ins Zentrum stellt, ist auf der Ebene der Kerze: das Wesentliche fehlt. |
Wie wäre es mit einer organismuszentrierten Betrachtung unter Berücksichtigung der Speziation? - Ich denke, wir sind in diesem Punkt einer Meinung.
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: |
Wie kommst Du darauf, gibt es wirklich nur 20 Artbegriffe? BTW, wenn der Spezies_begriff_ konstruiert ist, was folgt daraus für die Spezies? |
Prinzipiell gibt es beliebig viele Artbegriffe. Der Begriff Spezies ist demnach Heuristik.
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: |
BTW, ist es dann nicht sinnvoller, von "Mehrschichtenselektion" zu sprechen und die Milieuselektion der STE halt einfach als den "letzten Ausläufer" davon anzusehen, als statt dessen zwischen "2 Phasen" zu unterscheiden? Mir hat irgendwie nie recht einleuchten wollen, warum die "inneren Faktoren", die in der STE keine Berücksichtigung finden, nicht auch bei "Phase 1" mitspielen sollen und man umgekehrt für "Phase 2" irgendwelche "Sondermechanismen" postulieren muß, so daß es so aussieht, als gäbe es einen ontologischen Unterschied zwischen "Mikro-" und "Makroevolution"? |
Meinen "Meister" (der nur Binnenselektion gelten lassen wollte) habe ich mal ziemlich auf die Palme gebracht mit der Bemerkung: "Es gibt keine innere oder äußere Selektion, genauso wie es keine innere oder äußere Mathematik gibt." In der Tat läßt sich IN (!) einem System nicht zusätzlich ein 'Innen' von einem 'Außen' unterscheiden. Im Thread 'Rassen zu Arten?' habe ich von "ökologischen Krücken" gesprochen - aber genau besehen: Gehören diese Krücken zum Organismus - oder zur Umwelt? Du siehst: Es kommt halt auf den Standpunkt des Beobachters an.
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: |
Und, wenn die Evolution als komplizierter Systemprozeß anzusehen ist, läßt sich dann noch die Behauptung aufrecht erhalten, zwischen STE und den erklärungsmächtigeren Systemtheorien bestünden "echte" Gegensätze (im Sinne von Kuhns inkommensurablen Paradigmen)? |
Nein! Die Verbindung von STE und den Systemtheorien scheitert bislang im wesentlichen am Plural des letzteren, wenn ich das mal so ausdrücken darf (Im übrigen eigentlich auch mein derzeitiges Hauptprojekt ).
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: |
Falls Dich meine unmaßgebliche Meinung dazu interessieren sollte, ich habe das in folgendem Artikel etwas näher versucht aufzudröseln: http://www.martin-neukamm.de/zufall.html) |
Von wegen unmaßgeblich!
So, dann werde ich aufgrund des Zuspruchs demnächst ein paar "Designer" bei mykath.de ärgern. - Für heute bin ich zu müde, ich muß schließlich gleich wieder aufstehen ...
Cheers,
Lamarck
_________________ „Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)
„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.” (John Maynard Smith)
„Computers are to biology what mathematics is to physics.” (Harold Morowitz)
|
|
Nach oben |
|
 |
El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
|
(#118128) Verfasst am: 23.04.2004, 10:31 Titel: |
|
|
Hi Lamarck
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: |
Hat damit nicht Weismann Lamarck aus dem Rennen geworfen? |
Welchen 'Lamarck'? :D |
den bekannteren ;-)
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Entgültig aber 1957 mit Francis Crick und seinem 'Central Dogma of molecular biology'. Aber wie das mit den Dogmen so ist: Ein ganz klein wenig 'Lamarck' geht doch. - Was könnte das sein? 8) |
Ups, Bildungslücke. Außer Retrotransposons wie eingeklinkten Viren etc. und ein paar obskuren Dingern, die ich bei Steele oder Koestler gelesen habe, fällt mir eigentlich nichts ein.
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: |
Klar. Aber jede Evolutionsvorstellung, die das Genom nicht ins Zentrum stellt, ist auf der Ebene der Kerze: das Wesentliche fehlt. |
Wie wäre es mit einer organismuszentrierten Betrachtung unter Berücksichtigung der Speziation? - Ich denke, wir sind in diesem Punkt einer Meinung. |
Vermutlich
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: |
Wie kommst Du darauf, gibt es wirklich nur 20 Artbegriffe? BTW, wenn der Spezies_begriff_ konstruiert ist, was folgt daraus für die Spezies? |
Prinzipiell gibt es beliebig viele Artbegriffe. |
Ich dachte an einen Artikel, der vor nicht allzu langer Zeit erschienen ist und den ich nur durch ein Zitat von Mayr kenne und in dem eine Zahl von IIRC über 20 stand.
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Der Begriff Spezies ist demnach Heuristik. |
Der _Begriff_ schon. IIRC soll _nur_ diesem Taxon ein realer 'Gegenstand' entsprechen.
[ ... ]
Lamarck hat folgendes geschrieben: | So, dann werde ich aufgrund des Zuspruchs demnächst ein paar "Designer" bei mykath.de ärgern. |
Wenn Du auch noch die Betreiber dieses Forums ärgern möchtest, bestell denen einen schönen Gruß von mir. Ich hätte dem 'Believer' dort auch gerne etwas auf die Finger geklopft. Aber da ich die größtmögliche Todsünde in diesem Forum begangen habe, indem ich mit dem Diktat des dortigen Papstes nicht gefügt habe, darf ich nur noch zuschauen (es sei denn, es überkommt mich und ich melde dort wieder mal einen neuen Nick an).
Grüßle
Thomas
|
|
Nach oben |
|
 |
Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
|
(#118614) Verfasst am: 25.04.2004, 01:35 Titel: |
|
|
Hi Thomas,
im Sinne von Lamarck könnten etwa die Beispiele Horizontaler Gentransfer oder die Endosymbionten-Theorie gewertet werden. Dann gibt es hierzu noch einige interessante Experimente, z. B.: Bei einem Pantoffeltierchen wird ein Teil der Zelloberfläche verkehrt herum eingesetzt; die entsprechenden Cilien schlagen somit in Gegenrichtung. Dies wird dann über einige Generationen hinweg so beibehalten.
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: |
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Der Begriff Spezies ist demnach Heuristik. |
Der _Begriff_ schon. IIRC soll _nur_ diesem Taxon ein realer 'Gegenstand' entsprechen. |
Da sagt der Radikale Konstruktivist in mir immer: Was soll das den sein, ein realer 'Gegenstand' ... ? Aber Entitäten-Diskussionen führe ich immer wieder gerne.
Cheers,
Lamarck
_________________ „Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)
„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.” (John Maynard Smith)
„Computers are to biology what mathematics is to physics.” (Harold Morowitz)
|
|
Nach oben |
|
 |
El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
|
(#118640) Verfasst am: 25.04.2004, 08:58 Titel: |
|
|
Hi Lamarck
Lamarck hat folgendes geschrieben: | im Sinne von Lamarck könnten etwa die Beispiele Horizontaler Gentransfer oder die Endosymbionten-Theorie gewertet werden. Dann gibt es hierzu noch einige interessante Experimente, z. B.: Bei einem Pantoffeltierchen wird ein Teil der Zelloberfläche verkehrt herum eingesetzt; die entsprechenden Cilien schlagen somit in Gegenrichtung. Dies wird dann über einige Generationen hinweg so beibehalten. |
okay, wenn man 'Vererbung erworbener Eigenschaften' als 'Lamarckismus' definiert (das bei den Paramecien würde ich in Richtung 'Dauermodifikation' einordnen, die lange Zeit als einziger Befund für 'Lamarckismus' angesehen wurde). Aber ob das 'im Sinne von Lamarck' ist? Dessen Theorie war etwas umfassender. Die Vererbung erworbener Eigenschaften war bei Lamarck eher eine Marginalie.
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: |
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Der Begriff Spezies ist demnach Heuristik. |
Der _Begriff_ schon. IIRC soll _nur_ diesem Taxon ein realer 'Gegenstand' entsprechen. |
Da sagt der Radikale Konstruktivist in mir immer: Was soll das den sein, ein realer 'Gegenstand' ... ? |
Das, was noch wäre, wenn es keine Menschen mehr gibt (oder schon existierte, bevor der erste Mensch hinieden wandelte).
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Aber Entitäten-Diskussionen führe ich immer wieder gerne. :D |
Ich mache das am liebsten nachts um halb drei mit besoffenem Kopf in der Kneipe. Konstruktivismus (wir konstruieren uns ein Bild) finde ich okay. Radikaler Konstruktivismus (wir konstruieren uns die Welt) ist ein beliebtes Thema im Club der Solipsisten. Die Erkenntnis, dass wir über 'das Sein des Seienden' nichts Gültiges aussagen können, scheint mir mit der ersteren Auffassung kompatibler zu sein als mit der zweiten.
Grüßle
Thomas
|
|
Nach oben |
|
 |
shiningthrough deaktiviert
Anmeldungsdatum: 08.11.2003 Beiträge: 1099
|
(#118655) Verfasst am: 25.04.2004, 11:43 Titel: Was ich schon immer wissen wollte... |
|
|
Frage bzgl. radikalen Konstruntivismus:
Wenn es richtig ist, dass ich mir meine Welt konstruiere, wie soll ich dann die Entdeckung von Neuem erklären? Wie stellt sich der radikale Konstruktivismus z.B. die Entdeckung kosmischer Phänomene vor (z.B. die Entdeckung durch Teleskope - sind Teleskope auch nur von mir konstruiert - wo ich gar nicht weiß, wie ich ein solches Ding wie Hubble bauen könnte)?
Und was das Alte betrifft:
Habe ich auch Fossilien in meinem Bewußtsein konstruiert? Wozu?
(erinnert das nicht auch an jene Kreationisten, die behaupten, dass Gott eine alte Erde nur vortäuscht?)
Danke vorab für die Antwort.
Gruss
Fischkopp
|
|
Nach oben |
|
 |
Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
|
(#118704) Verfasst am: 25.04.2004, 14:54 Titel: |
|
|
Hi Lamarck,
Lamarck hat folgendes geschrieben: | im Sinne von Lamarck könnten etwa die Beispiele Horizontaler Gentransfer oder die Endosymbionten-Theorie gewertet werden. Dann gibt es hierzu noch einige interessante Experimente, z. B.: Bei einem Pantoffeltierchen wird ein Teil der Zelloberfläche verkehrt herum eingesetzt; die entsprechenden Cilien schlagen somit in Gegenrichtung. Dies wird dann über einige Generationen hinweg so beibehalten. |
Ist ja interessant - wie läßt sich der Befund erklären?
BTW, zu dem Thema fällt mir immer eine Story von Riedl ein, der mal über Mayr gejaunert hat, daß der seine Systemtheorie für lamarckistisch hielt. Der Anlaß war, daß Riedl von einer wechselseitigen Kausalität ausgeht, wonach nicht nur der Genotyp qua "Weismann-Doktrin" auf den Phänotyp wirkt, sondern daß auch umgekehrt die Funktionszusammenhänge des Phänotyps sozusagen vom epigenetischen System "kopiert" werden. Nachdem Mayr das kapiert hat, soll er nach anfänglichem Lob Riedl's "Ordnung des Lebendigen" nie wieder erwähnt haben.
Warum er so reagiert hat, weiß ich wirklich nicht. Ich hätte eher erwartet, daß er sich an den "inneren Prinzipien" und an den aus den constraints resultierenden "Kanalisierungen" der Evolution stört, die doch immerhin etwas an "Orthoevolution" bzw. Lamarckismus erinnern. Kurioserweise hat Mayr in diesem Punkt Riedl sogar noch ausdrücklich beglückwünscht, obwohl er eigentlich das ganze simplistische "Mutations-Selektions-Schema" der STE über den Haufen warf
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: |
BTW, ist es dann nicht sinnvoller, von "Mehrschichtenselektion" zu sprechen und die Milieuselektion der STE halt einfach als den "letzten Ausläufer" davon anzusehen, als statt dessen zwischen "2 Phasen" zu unterscheiden? Mir hat irgendwie nie recht einleuchten wollen, warum die "inneren Faktoren", die in der STE keine Berücksichtigung finden, nicht auch bei "Phase 1" mitspielen sollen und man umgekehrt für "Phase 2" irgendwelche "Sondermechanismen" postulieren muß, so daß es so aussieht, als gäbe es einen ontologischen Unterschied zwischen "Mikro-" und "Makroevolution"? |
Meinen "Meister" (der nur Binnenselektion gelten lassen wollte) habe ich mal ziemlich auf die Palme gebracht mit der Bemerkung: "Es gibt keine innere oder äußere Selektion, genauso wie es keine innere oder äußere Mathematik gibt." |
Uuuups
Lamarck hat folgendes geschrieben: | In der Tat läßt sich IN (!) einem System nicht zusätzlich ein 'Innen' von einem 'Außen' unterscheiden. Im Thread 'Rassen zu Arten?' habe ich von "ökologischen Krücken" gesprochen - aber genau besehen: Gehören diese Krücken zum Organismus - oder zur Umwelt? Du siehst: Es kommt halt auf den Standpunkt des Beobachters an. |
Klar. Aber wenn man unter diesem Aspekt die Debatte um "Mikro-/Makroevolution" konsequent zuende denkt, hieße das, daß auch diese Begriffe "Krücken" sind, die keine Entsprechung in der Realität haben. Es gibt dann halt EINE (!) Evolution - egal, ob die "Umweltselektion" der STE nun alles ist, was es gibt, oder sie durch "innere Prinzipien" ins Hinterzimmer verbannt wird
Folglich wäre das ganze "Mikro-/Makro-Gequatsche" und das Gerede über "Optimierungs-" vs. "Konstruktionsproblem" der Kreationisten nur Schall und Rauch. Würdest Du das so unterschreiben?
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: |
Und, wenn die Evolution als komplizierter Systemprozeß anzusehen ist, läßt sich dann noch die Behauptung aufrecht erhalten, zwischen STE und den erklärungsmächtigeren Systemtheorien bestünden "echte" Gegensätze (im Sinne von Kuhns inkommensurablen Paradigmen)? |
Nein! Die Verbindung von STE und den Systemtheorien scheitert bislang im wesentlichen am Plural des letzteren, wenn ich das mal so ausdrücken darf (Im übrigen eigentlich auch mein derzeitiges Hauptprojekt ).
|
Interessant, darf man Näheres erfahren? Und wer ist eigentlich Dein "Meister" - Peters?
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: |
Falls Dich meine unmaßgebliche Meinung dazu interessieren sollte, ich habe das in folgendem Artikel etwas näher versucht aufzudröseln: http://www.martin-neukamm.de/zufall.html) |
Von wegen unmaßgeblich! |
Danke für die Blumen
Lamarck hat folgendes geschrieben: | So, dann werde ich aufgrund des Zuspruchs demnächst ein paar "Designer" bei mykath.de ärgern... |
Ja, mach mal! Vergiß aber bitte nicht, uns zu informieren, wenn's im Karton anfängt zu rauchen
Grüße
Martin
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
www.ag-evolutionsbiologie.de
www.facebook.com/AGEvolutionsbiologie
|
|
Nach oben |
|
 |
Tso Wang Vergiß es
Anmeldungsdatum: 21.09.2003 Beiträge: 1433
|
(#118812) Verfasst am: 25.04.2004, 21:40 Titel: |
|
|
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: |
BTW, zu dem Thema fällt mir immer eine Story von Riedl ein, der mal über Mayr gejaunert hat, daß der seine Systemtheorie für lamarckistisch hielt. Der Anlaß war, daß Riedl von einer wechselseitigen Kausalität ausgeht, wonach nicht nur der Genotyp qua "Weismann-Doktrin" auf den Phänotyp wirkt, sondern daß auch umgekehrt die Funktionszusammenhänge des Phänotyps sozusagen vom epigenetischen System "kopiert" werden. Nachdem Mayr das kapiert hat, soll er nach anfänglichem Lob Riedl's "Ordnung des Lebendigen" nie wieder erwähnt haben.  |
Hallo Martin,
das gefällt mir. Gegenseitige Entstehung (dependent origination) macht und hat so etwas wie Sinn (auch wenn es buddhistisch angehaucht scheint, hihihi).
Zitat: | Folglich wäre das ganze "Mikro-/Makro-Gequatsche" und das Gerede über "Optimierungs-" vs. "Konstruktionsproblem" der Kreationisten nur Schall und Rauch. Würdest Du das so unterschreiben? |
Gequatsche.
()
------
Nature via Nurture
_________________ Geh' weiter
|
|
Nach oben |
|
 |
Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
|
(#119554) Verfasst am: 29.04.2004, 01:55 Titel: |
|
|
Hi Thomas!
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | okay, wenn man 'Vererbung erworbener Eigenschaften' als 'Lamarckismus' definiert (das bei den Paramecien würde ich in Richtung 'Dauermodifikation' einordnen, die lange Zeit als einziger Befund für 'Lamarckismus' angesehen wurde). Aber ob das 'im Sinne von Lamarck' ist? Dessen Theorie war etwas umfassender. Die Vererbung erworbener Eigenschaften war bei Lamarck eher eine Marginalie.. |
Nunja, ich sagte ja auch: Ein klein wenig ... . Und weil wir immer wieder verwechselt werden , hier der Erfinder des Begriffs 'Biologie':
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: |
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Der Begriff Spezies ist demnach Heuristik. |
Der _Begriff_ schon. IIRC soll _nur_ diesem Taxon ein realer 'Gegenstand' entsprechen. |
Da sagt der Radikale Konstruktivist in mir immer: Was soll das den sein, ein realer 'Gegenstand' ... ? |
Das, was noch wäre, wenn es keine Menschen mehr gibt (oder schon existierte, bevor der erste Mensch hinieden wandelte). |
Eigentlich das Konstrukt der Hypothese hiervon, oder etwa nicht? Und wenn es keine Menschen gibt, dann gibt es trotzdem den 'Begriff' Taxa?! Oder die Konstruktion des Begriffs existiert gar als Konstruktion als solches? Oder es existiert etwas, das ein Mensch mit entsprechenden Wissen und unter bestimmten Umständen als Taxon ansprechen würde? Also die Vorstellungen eines Menschen von Menschen ohne Menschen?
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Aber Entitäten-Diskussionen führe ich immer wieder gerne. |
Ich mache das am liebsten nachts um halb drei mit besoffenem Kopf in der Kneipe. |
Das kann ich mir nun nicht erlauben - ich habe schließlich einen Ruf zu verlieren.
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Konstruktivismus (wir konstruieren uns ein Bild) finde ich okay. Radikaler Konstruktivismus (wir konstruieren uns die Welt) ist ein beliebtes Thema im Club der Solipsisten. Die Erkenntnis, dass wir über 'das Sein des Seienden' nichts Gültiges aussagen können, scheint mir mit der ersteren Auffassung kompatibler zu sein als mit der zweiten. |
Ich bin mir in meinem Solipsisten-Club doch immer recht einig. Bin doch weder schizo noch multipel!
Wie gelingt die Unterscheidung zwischen 'Bild' und 'Welt'? Ist das 'Bild' 'real' oder die 'Welt'? Beides? Keins? Wie mache ich aus einer Hypothese Realität?
Cheers,
Lamarck
_________________ „Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)
„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.” (John Maynard Smith)
„Computers are to biology what mathematics is to physics.” (Harold Morowitz)
|
|
Nach oben |
|
 |
Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
|
(#119555) Verfasst am: 29.04.2004, 02:28 Titel: Re: Was ich schon immer wissen wollte... |
|
|
Hi Fischkopp!
Fischkopp hat folgendes geschrieben: | Frage bzgl. radikalen Konstruntivismus:
Wenn es richtig ist, dass ich mir meine Welt konstruiere, wie soll ich dann die Entdeckung von Neuem erklären? Wie stellt sich der radikale Konstruktivismus z.B. die Entdeckung kosmischer Phänomene vor (z.B. die Entdeckung durch Teleskope - sind Teleskope auch nur von mir konstruiert - wo ich gar nicht weiß, wie ich ein solches Ding wie Hubble bauen könnte)?
Und was das Alte betrifft:
Habe ich auch Fossilien in meinem Bewußtsein konstruiert? Wozu?
(erinnert das nicht auch an jene Kreationisten, die behaupten, dass Gott eine alte Erde nur vortäuscht?) |
Woher weißt Du, was Fossilien oder Teleskope sind? Du konstruierst Dir Vorstellungen, aber wie die Welt "wirklich" aussieht, kannst Du nicht wissen. Aber eben weil Du Vorstellungen konstruieren kannst, kannst Du auch neue Vorstellungen (Ideen, Gedanken, Entdeckungen, Erfindungen) zusammenbauen. Dein Kreationisten-Beispiel ist gar nicht so schlecht; warum glauben diese Leute das? Warum dachten die Menschen vor einigen Jahrhunderten, die Erde ist eine Scheibe?
Diese Realitätskonstruktionen sind keineswegs beliebig, aber es ist auch nicht ausgeschlossen, daß es mehr als eine Konstruktionsmöglichkeit gibt. Du kannst also nur versuchen, Deine autarken Konstruktionen auf Wiederspruchsfreiheit zu untersuchen, um Dich so wie Münchhausen selbst am eigenen Zopf aus dem Sumpf zu ziehen. Der Rest ist Evolution.
These: Wenn Du eine (!) absolute Wahrheit auch nur asymptotisch erkennen könntest, wärst Du Gott - dann könntest Du aber wiederum alles beliebig gestalten.
Cheers,
Lamarck
_________________ „Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)
„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.” (John Maynard Smith)
„Computers are to biology what mathematics is to physics.” (Harold Morowitz)
|
|
Nach oben |
|
 |
Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
|
(#119556) Verfasst am: 29.04.2004, 03:44 Titel: |
|
|
Hi Martin!
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Ist ja interessant - wie läßt sich der Befund erklären? |
Thomas hat schon ganz richtig von 'Dauermodifikation' gesprochen; das geht hier also auch ohne genetische Codierung.
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | BTW, zu dem Thema fällt mir immer eine Story von Riedl ein, der mal über Mayr gejaunert hat, daß der seine Systemtheorie für lamarckistisch hielt. Der Anlaß war, daß Riedl von einer wechselseitigen Kausalität ausgeht, wonach nicht nur der Genotyp qua "Weismann-Doktrin" auf den Phänotyp wirkt, sondern daß auch umgekehrt die Funktionszusammenhänge des Phänotyps sozusagen vom epigenetischen System "kopiert" werden. Nachdem Mayr das kapiert hat, soll er nach anfänglichem Lob Riedl's "Ordnung des Lebendigen" nie wieder erwähnt haben. |
Einfacher ausgedrückt, handelt es sich hier um Organismische Konstruktionen ... .
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | In der Tat läßt sich IN (!) einem System nicht zusätzlich ein 'Innen' von einem 'Außen' unterscheiden. Im Thread 'Rassen zu Arten?' habe ich von "ökologischen Krücken" gesprochen - aber genau besehen: Gehören diese Krücken zum Organismus - oder zur Umwelt? Du siehst: Es kommt halt auf den Standpunkt des Beobachters an. |
Klar. |
Prima. Interessant ist: Ich habe eine Formulierung dergestalt noch nirgendwo gelesen. Du vielleicht?
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Aber wenn man unter diesem Aspekt die Debatte um "Mikro-/Makroevolution" konsequent zuende denkt, hieße das, daß auch diese Begriffe "Krücken" sind, die keine Entsprechung in der Realität haben. Es gibt dann halt EINE (!) Evolution - egal, ob die "Umweltselektion" der STE nun alles ist, was es gibt, oder sie durch "innere Prinzipien" ins Hinterzimmer verbannt wird
Folglich wäre das ganze "Mikro-/Makro-Gequatsche" und das Gerede über "Optimierungs-" vs. "Konstruktionsproblem" der Kreationisten nur Schall und Rauch. Würdest Du das so unterschreiben? |
Unbedingt!!! Optimiert wird doch gegebenenfalls die Organismische Konstruktion, da besteht doch Kohärenz. Gegen die Unterscheidung zwischen Mikro- & Makroevolution war ich schon immer, im Gegensatz etwa zu den Begriffspaaren Mikro- & Makroökonomie existieren hier ja keine unterschiedlichen Handlungs- bzw. Prozessebenen.
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: |
Und, wenn die Evolution als komplizierter Systemprozeß anzusehen ist, läßt sich dann noch die Behauptung aufrecht erhalten, zwischen STE und den erklärungsmächtigeren Systemtheorien bestünden "echte" Gegensätze (im Sinne von Kuhns inkommensurablen Paradigmen)? |
Nein! Die Verbindung von STE und den Systemtheorien scheitert bislang im wesentlichen am Plural des letzteren, wenn ich das mal so ausdrücken darf (Im übrigen eigentlich auch mein derzeitiges Hauptprojekt ).
|
Interessant, darf man Näheres erfahren? |
Unverbindlich, wie es sich vor Publikationsdatum gehört: Im Sinne der System-Biologie betreibe ich hierzu Modellbildung "in silicio".
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Und wer ist eigentlich Dein "Meister" - Peters?
|
Rezent bin ich mein eigener Meister. Die Anekdote bezieht sich auf W. F. Gutmann.
Cheers,
Lamarck
_________________ „Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)
„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.” (John Maynard Smith)
„Computers are to biology what mathematics is to physics.” (Harold Morowitz)
|
|
Nach oben |
|
 |
El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
|
(#119573) Verfasst am: 29.04.2004, 10:34 Titel: |
|
|
Hi Lamarck
[ ... ]
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: |
Da sagt der Radikale Konstruktivist in mir immer: Was soll das den sein, ein realer 'Gegenstand' ... ? |
Das, was noch wäre, wenn es keine Menschen mehr gibt (oder schon existierte, bevor der erste Mensch hinieden wandelte). |
Eigentlich das Konstrukt der Hypothese hiervon, oder etwa nicht? Und wenn es keine Menschen gibt, dann gibt es trotzdem den 'Begriff' Taxa?! |
das glaube ich nicht. Der emergiert mit Menschen.
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Oder die Konstruktion des Begriffs existiert gar als Konstruktion als solches? Oder es existiert etwas, das ein Mensch mit entsprechenden Wissen und unter bestimmten Umständen als Taxon ansprechen würde? Also die Vorstellungen eines Menschen von Menschen ohne Menschen? |
Es existiert das 'Sein des Seienden'. Das 'ist' einfach. Auch wenn uns Menschen nur unsere Konstrukte zur Verfügung stehen, die von diesem Sein nur sozusagen 'negativ' tangiert werden. Ich halte nichts von 'esse est percipi'.
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Aber Entitäten-Diskussionen führe ich immer wieder gerne. :D |
Ich mache das am liebsten nachts um halb drei mit besoffenem Kopf in der Kneipe. |
Das kann ich mir nun nicht erlauben - ich habe schließlich einen Ruf zu verlieren. :wink: |
Ich stehe zu meinen Lastern ;-)
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Konstruktivismus (wir konstruieren uns ein Bild) finde ich okay. Radikaler Konstruktivismus (wir konstruieren uns die Welt) ist ein beliebtes Thema im Club der Solipsisten. Die Erkenntnis, dass wir über 'das Sein des Seienden' nichts Gültiges aussagen können, scheint mir mit der ersteren Auffassung kompatibler zu sein als mit der zweiten. |
Ich bin mir in meinem Solipsisten-Club doch immer recht einig. Bin doch weder schizo noch multipel!
Wie gelingt die Unterscheidung zwischen 'Bild' und 'Welt'? |
Gar nicht, weil wir ja in der Welt der 'Bilder' gefangen sind.
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Ist das 'Bild' 'real' oder die 'Welt'? Beides? |
In meinem Weltbild ist beides 'real'. Das zweite als 'Sein des Seienden', das erste als unser Bild (vulgo 'Konstrukt') davon.
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Keins? |
Mir ist noch niemand begegnet, der so etwas behauptet hätte.
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Wie mache ich aus einer Hypothese Realität? |
Das kann nur Gott. Wir brauchen für unsere Hypothesen die Realität (vulgo 'Sein des Seienden').
Grüßle
Thomas
|
|
Nach oben |
|
 |
shiningthrough deaktiviert
Anmeldungsdatum: 08.11.2003 Beiträge: 1099
|
(#119580) Verfasst am: 29.04.2004, 11:01 Titel: Kontrukteure |
|
|
Danke, Lamarck, für Deine Erklärungen!
Bin aber leider noch nicht ganz zufrieden, sorry.
Also haben nicht Mutation, Selektion, etc. die naturelle Vielfalt geschaffen - das bildet man sich nur ein - sondern unsere (mentalen?) Konstruktionen.
Und das Nachdenken über Genetik und morphologische Felder ist auch unnötig, weil es ja a priori Eigenkonstruktionen des Bewußtseins sind.
Sehe ich das so richtig? (Ich hoffe nicht!)
Wenn ich den Gedanken des radikalen Konstruktivismus annehme, dann bin ich es, der die Welt erschafft. Allerdings hätte ich bestimmt keine Welt wie diese geschaffen. Folglich ist diese (sibjektive) Konstruktion nicht das Ergebnis meines bewußten Wollens sondern eher das eines unbewußten Wollens, auf das ich wenig Einfluß habe. Damit sind wir beim Karma!
Denn wir müssen ja auch nach der Ursache dieses Wollens fragen.
Und überhaupt: Warum nehme ich nicht auch gleich an, dass der radikale Konstruktivismus selber ein Produkt radikaler Eigenkonstruktionen ist?
Man kann an allem zweifeln, nur nicht am Zweifel - also ist der Zweifel real. Dieser ist geistig (bewußtseinshaft) und daher existiert Geist in Gestalt dessen, der Geist hat. Aber natürlich kann man auch diesen noch hinterfragen und übrig bleiben Prozesse ohne wirkliche Verursacher und ohne tatsächliche Wirkungen. Madhyamaka-Buddhismus pur (nur Skandhas, deren Reinheit - Leerheit - zu begreifen ist und man ist ein Buddha)!
Bedauerlicherweise vermochte solch hohe Geistigkeit die chinesischen Invasoren nicht davon abzuhalten, Tibet zu besetzen. Überhaupt: Wie erklärt der Radikalkonstruktivist das Leiden (Alter, Krankheit, Tod)? Er braucht die Karmahypothese (allgemein: Kausalität), oder?
Gruss
Egin
|
|
Nach oben |
|
 |
frajo dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 25.08.2003 Beiträge: 11440
|
(#119619) Verfasst am: 29.04.2004, 13:36 Titel: Re: Kontrukteure |
|
|
Fischkopp hat folgendes geschrieben: | Bedauerlicherweise vermochte solch hohe Geistigkeit die chinesischen Invasoren nicht davon abzuhalten, Tibet zu besetzen. |
fragt sich nur, ob die tibetische bevölkerung zuvor besser dran war, als ihr gebiet zwar durch nicht-chinesen kontrolliert wurde, sie aber dennoch keineswegs der souverän war.
|
|
Nach oben |
|
 |
Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
|
(#120030) Verfasst am: 01.05.2004, 04:15 Titel: |
|
|
Hi Thomas!
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Es existiert das 'Sein des Seienden'. Das 'ist' einfach. Auch wenn uns Menschen nur unsere Konstrukte zur Verfügung stehen, die von diesem Sein nur sozusagen 'negativ' tangiert werden. Ich halte nichts von 'esse est percipi'. |
Oder von "esse est percipi vel percipere"? Was bedeutet hier 'negativ' tangiert? Und wie komme ich überhaupt auf das 'Sein des Seienden' - kann dies denn mehr sein als eine willkürliche Annahme???
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Wir brauchen für unsere Hypothesen die Realität (vulgo 'Sein des Seienden'). |
Von der Hypothese zur Realität und wieder zurück.
Ich finde, hier paßt der Zusammenhang nicht. Es erinnert mich alles ein wenig an ein Bild von Escher.
Cheers,
Lamarck
_________________ „Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)
„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.” (John Maynard Smith)
„Computers are to biology what mathematics is to physics.” (Harold Morowitz)
|
|
Nach oben |
|
 |
Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
|
(#120031) Verfasst am: 01.05.2004, 04:49 Titel: Re: Kontrukteure |
|
|
Hi Fischkopp!
Fischkopp hat folgendes geschrieben: | Also haben nicht Mutation, Selektion, etc. die naturelle Vielfalt geschaffen - das bildet man sich nur ein - sondern unsere (mentalen?) Konstruktionen.
Und das Nachdenken über Genetik und morphologische Felder ist auch unnötig, weil es ja a priori Eigenkonstruktionen des Bewußtseins sind.
Sehe ich das so richtig? (Ich hoffe nicht!) |
Aber nein. "Willst Du erkennen, lerne zu handeln" (von Foersters ästhetischer Imperativ). Das Wort Fakt kommt ja von 'facere' - machen. So gesehen, ist also Nachdenken gewiß nicht unnötig. Und auch 'Einbildung' impliziert auch eine gewisse Abweichung von einer als absolut angenommen Realität.
Fischkopp hat folgendes geschrieben: | Wenn ich den Gedanken des radikalen Konstruktivismus annehme, dann bin ich es, der die Welt erschafft. Allerdings hätte ich bestimmt keine Welt wie diese geschaffen. Folglich ist diese (sibjektive) Konstruktion nicht das Ergebnis meines bewußten Wollens sondern eher das eines unbewußten Wollens, auf das ich wenig Einfluß habe. Damit sind wir beim Karma!
Denn wir müssen ja auch nach der Ursache dieses Wollens fragen. |
Ungefähr die Richtung. Vielleicht mal so herum: Existieren Zahlen? - Du kannst sie weder essen noch sehen; in welcher Weise sind Zahlen, etwa die Zahl 4, wirklich?
Fischkopp hat folgendes geschrieben: | Und überhaupt: Warum nehme ich nicht auch gleich an, dass der radikale Konstruktivismus selber ein Produkt radikaler Eigenkonstruktionen ist?
Man kann an allem zweifeln, nur nicht am Zweifel - also ist der Zweifel real. Dieser ist geistig (bewußtseinshaft) und daher existiert Geist in Gestalt dessen, der Geist hat. Aber natürlich kann man auch diesen noch hinterfragen und übrig bleiben Prozesse ohne wirkliche Verursacher und ohne tatsächliche Wirkungen. Madhyamaka-Buddhismus pur (nur Skandhas, deren Reinheit - Leerheit - zu begreifen ist und man ist ein Buddha)!
Bedauerlicherweise vermochte solch hohe Geistigkeit die chinesischen Invasoren nicht davon abzuhalten, Tibet zu besetzen. Überhaupt: Wie erklärt der Radikalkonstruktivist das Leiden (Alter, Krankheit, Tod)? Er braucht die Karmahypothese (allgemein: Kausalität), oder? |
Zunächst: Ich weiß zuwenig über den Buddhismus, um dazu qualifiziert Stellung nehmen zu können; scheint mir jedenfalls von der Philosophie her nicht uninteressant zu sein. Selbstverständlich ist auch der Radikale Konstruktivismus als solches eine Konstruktion; ebenso wie übrigens der Zweifel. Oder der Zweifel vom Zweifel. Ich komme jedenfalls mit dem Kausalitätsprinzip sehr gut aus - ich akzeptiere eigentlich nur, im Gegensatz zum Hypothetischen Realismus, das ich mir nie absolut sicher sein kann. Das ist doch aber selbstverständlich, oder nicht?
Cheers,
Lamarck
_________________ „Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)
„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.” (John Maynard Smith)
„Computers are to biology what mathematics is to physics.” (Harold Morowitz)
|
|
Nach oben |
|
 |
El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
|
(#120038) Verfasst am: 01.05.2004, 07:50 Titel: Re: Kontrukteure |
|
|
Hi Lamarck,
[ ... ]
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Ich komme jedenfalls mit dem Kausalitätsprinzip sehr gut aus - ich akzeptiere eigentlich nur, im Gegensatz zum Hypothetischen Realismus, das ich mir nie absolut sicher sein kann. Das ist doch aber selbstverständlich, oder nicht? |
das verstehe ich nicht. Der hypothetische Realismus heißt doch genau deshalb _hypothetisch_, weil man sich nie absolut sicher sein kann. Könnte es sein, dass Du einen Gegensatz konstruierst, den es gar nicht 'gibt'?
Grüßle
Thomas
|
|
Nach oben |
|
 |
Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
|
(#120120) Verfasst am: 01.05.2004, 13:58 Titel: Re: Kontrukteure |
|
|
Hi Lamarck,
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Fischkopp hat folgendes geschrieben: | Wenn ich den Gedanken des radikalen Konstruktivismus annehme, dann bin ich es, der die Welt erschafft. Allerdings hätte ich bestimmt keine Welt wie diese geschaffen. Folglich ist diese (sibjektive) Konstruktion nicht das Ergebnis meines bewußten Wollens sondern eher das eines unbewußten Wollens, auf das ich wenig Einfluß habe. Damit sind wir beim Karma!
Denn wir müssen ja auch nach der Ursache dieses Wollens fragen. |
Ungefähr die Richtung. Vielleicht mal so herum: Existieren Zahlen? - Du kannst sie weder essen noch sehen; in welcher Weise sind Zahlen, etwa die Zahl 4, wirklich? |
Hmmm... Zahlen sind aber nur Konstrukte, gedankliche Abstraktionen ohne ontologischen Status (ebenso wie z.B. mathematische Funktionen und ihre graphischen Darstellungen, semantische Information, Typen usw.) Als emergentistischer Materialist à la Mahner und Bunge frage ich jetzt, weshalb gleiches auch für Entitäten gelten soll. Sind die wirklich konstruiert oder nur ein Teil ihrer Eigenschaften?
Wenn Du letzteres vertrittst, sind wir uns einig. Ersteres wäre wohl ein ontologischer Konstruktivismus (vulgo Solipsismus)? Hier könnte man gleich weiterfragen, wie man den in eine rational-wissenschaftliche Weltsicht einbauen könnte.
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Zunächst: Ich weiß zuwenig über den Buddhismus, um dazu qualifiziert Stellung nehmen zu können; scheint mir jedenfalls von der Philosophie her nicht uninteressant zu sein. Selbstverständlich ist auch der Radikale Konstruktivismus als solches eine Konstruktion; ebenso wie übrigens der Zweifel. Oder der Zweifel vom Zweifel. Ich komme jedenfalls mit dem Kausalitätsprinzip sehr gut aus - ich akzeptiere eigentlich nur, im Gegensatz zum Hypothetischen Realismus, das ich mir nie absolut sicher sein kann. |
Sorry, macht das der Realismus - sofern er kein "naiver" ist - nicht ebenso? IMAO ist der Zusatz "hypothetisch" völlig überflüssig. Oder kennst Du in der Wissenschaft oder Philosophie irgendeine Aussage, die nicht von vorne herein unter dem Vorbehalt der Fallibilität steht?
Grüße
Martin
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
www.ag-evolutionsbiologie.de
www.facebook.com/AGEvolutionsbiologie
|
|
Nach oben |
|
 |
El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
|
(#120125) Verfasst am: 01.05.2004, 14:39 Titel: |
|
|
Hi Lamarck
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Es existiert das 'Sein des Seienden'. Das 'ist' einfach. Auch wenn uns Menschen nur unsere Konstrukte zur Verfügung stehen, die von diesem Sein nur sozusagen 'negativ' tangiert werden. Ich halte nichts von 'esse est percipi'. |
Oder von "esse est percipi vel percipere"? |
Descartes redivivus?
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Was bedeutet hier 'negativ' tangiert? |
Gab's da nicht mal die schöne Geschichte mit dem Blinden, der durch den Wald läuft? Solange er nicht auf einen Baum trifft, meint er, auf dem Weg zu gehen.
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Und wie komme ich überhaupt auf das 'Sein des Seienden' - kann dies denn mehr sein als eine willkürliche Annahme??? |
Sagen wir 'educated guess' dazu? Oder meinethalben 'fruchtbare Heuristik'?
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Wir brauchen für unsere Hypothesen die Realität (vulgo 'Sein des Seienden'). |
Von der Hypothese zur Realität und wieder zurück. :)
Ich finde, hier paßt der Zusammenhang nicht. Es erinnert mich alles ein wenig an ein Bild von Escher. |
Mich auch. Aber, wie ich schon sagte, aus der Tatsache, dass wir etwas begrifflich nicht klar fassen können, folgt nicht, dass das ein Problem wäre. Ich sehe zwar, dass es für uns _phänomenologisch_ keinen Unterschied macht, ob wir die Welt 'nur' konstruieren oder abbilden, aber irgendwie finde ich die Annahme, dass es 'etwas' gibt, das unsere Konstrukte ermöglicht, anziehender als 'nur' Konstrukte.
Auch wenn der Blinde nicht sieht, was ein Baum ist, merkt er doch, dass 'etwas' da ist.
Grüßle
Thomas
|
|
Nach oben |
|
 |
Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
|
(#120172) Verfasst am: 01.05.2004, 20:17 Titel: |
|
|
Hi!
Um vom o. g. einiges zu relativieren: Den Solipsismus-Vorwurf kann der Radikale Konstruktivist doch auch zum Hypothetischen Realisten durchreichen; ein kleiner Solipsist versteckt sich doch hinter dem hypothetischen des Hypothetischen Realismus:
Keine Wahrheit ohne Denken,
kein Denken ohne Denker,
kein Denker ohne Wahrheit ... .
Zahlen sind nicht nur Konstrukte, sie sind bedeutenderweise Konstrukte. Um etwa die Natürlichen Zahlen zu konstruieren, benötige ich nur die Strategie, regelmäßig 'Eins' hinzuzuzählen. Die Erfassung dieser Regel - die Grammatik - ist ein Problem der Mustererkennung. Wer konstruiert nun diese Muster?!
Cheers,
Lamarck
_________________ „Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)
„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.” (John Maynard Smith)
„Computers are to biology what mathematics is to physics.” (Harold Morowitz)
|
|
Nach oben |
|
 |
Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
|
(#120247) Verfasst am: 02.05.2004, 14:56 Titel: |
|
|
Hi Lamarck,
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Um vom o. g. einiges zu relativieren: Den Solipsismus-Vorwurf kann der Radikale Konstruktivist doch auch zum Hypothetischen Realisten durchreichen; ein kleiner Solipsist versteckt sich doch hinter dem hypothetischen des Hypothetischen Realismus:
Keine Wahrheit ohne Denken,
kein Denken ohne Denker,
kein Denker ohne Wahrheit ... . |
Hmmm... Läßt sich die bloße Akezptanz der Tatsache, daß es keine "absolut-ewigen Wahrheiten" gibt, bereits als Solipsismus interpretieren?
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Zahlen sind nicht nur Konstrukte, sie sind bedeutenderweise Konstrukte. Um etwa die Natürlichen Zahlen zu konstruieren, benötige ich nur die Strategie, regelmäßig 'Eins' hinzuzuzählen. Die Erfassung dieser Regel - die Grammatik - ist ein Problem der Mustererkennung. Wer konstruiert nun diese Muster?! |
Ich sehe das Argument. Die Frage ist doch aber nicht, wer die Muster konstruiert, sondern eher, nach welcher Vorlage die Muster konstruiert werden. Du kannst vielleicht mit einem Recht behaupten, daß der Realismus auf dem Boden des Solipsismus (oder besser: Konstruktivismus) stünde, wonach gilt: "Keine Wahrheit ohne Denken". Ist aber der Satz noch für den Solipsismus typisch, wonach auch gilt: "Kein Denker ohne Wahrheit"?
BTW, auch ein Blinder, der durch den Wald irrt, der aber nicht mit den Bäumen kollidiert und irgendwann nach Hause findet, geht auf einem durch die Realität "vorgegebenen" Weg. Die Frage ist demnach: Kann der radikale Konstruktivismus den Unterschied zwischen "Überlebensadäquat" und dem "approximativen Erkennen" des von der Realität "vorgegebenen Weges" überhaupt rechtfertigen?
Grüße
Martin
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
www.ag-evolutionsbiologie.de
www.facebook.com/AGEvolutionsbiologie
|
|
Nach oben |
|
 |
Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
|
(#122428) Verfasst am: 08.05.2004, 00:55 Titel: |
|
|
Hi Martin!
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Um vom o. g. einiges zu relativieren: Den Solipsismus-Vorwurf kann der Radikale Konstruktivist doch auch zum Hypothetischen Realisten durchreichen; ein kleiner Solipsist versteckt sich doch hinter dem hypothetischen des Hypothetischen Realismus:
Keine Wahrheit ohne Denken,
kein Denken ohne Denker,
kein Denker ohne Wahrheit ... . |
Hmmm... Läßt sich die bloße Akezptanz der Tatsache, daß es keine "absolut-ewigen Wahrheiten" gibt, bereits als Solipsismus interpretieren? |
In letzter Konsequenz schon: Der Denker ist doch gleichzeitig Zweifler - Die Gewißheit könnte also nur von einem (unfehlbaren!) 'Außen' kommen - qed.
So sagt René Descartes: "Ich zweifle, also bin ich, oder was dasselbe ist, ich denke, also bin ich" (dubito, ergo sum vel quod idem est, cogito, ergo sum). Eben deshalb benötigt Descartes auch einen Gott, der als 'dritte Substanz' die Erkennbarkeit der Außenwelt garantiert!
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Ich sehe das Argument. Die Frage ist doch aber nicht, wer die Muster konstruiert, sondern eher, nach welcher Vorlage die Muster konstruiert werden. |
Exakt. Allerdings ist keine 'Vorlage' nötig. Muster entstehen in der Tat "von selbst" ... .
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Du kannst vielleicht mit einem Recht behaupten, daß der Realismus auf dem Boden des Solipsismus (oder besser: Konstruktivismus) stünde, wonach gilt: "Keine Wahrheit ohne Denken". Ist aber der Satz noch für den Solipsismus typisch, wonach auch gilt: "Kein Denker ohne Wahrheit"? |
Nicht nur für den Solipsist, sondern für alle Denker. Warum sollte jemand den sonst auch "denken"?
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | BTW, auch ein Blinder, der durch den Wald irrt, der aber nicht mit den Bäumen kollidiert und irgendwann nach Hause findet, geht auf einem durch die Realität "vorgegebenen" Weg. Die Frage ist demnach: Kann der radikale Konstruktivismus den Unterschied zwischen "Überlebensadäquat" und dem "approximativen Erkennen" des von der Realität "vorgegebenen Weges" überhaupt rechtfertigen? |
Für mich ist "Überlebensadäquat" der primäre Begriff. Wenn's gut geht, ist das dann "approximatives Erkennen". - Falls alles gut geht: Woher sollte der Blinde denn wissen, das es möglich ist, mit Bäumen zu kollidieren?
Cheers,
Lamarck
_________________ „Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)
„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.” (John Maynard Smith)
„Computers are to biology what mathematics is to physics.” (Harold Morowitz)
|
|
Nach oben |
|
 |
Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
|
(#122434) Verfasst am: 08.05.2004, 01:10 Titel: Re: Kontrukteure |
|
|
Hi Thomas!
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Ich komme jedenfalls mit dem Kausalitätsprinzip sehr gut aus - ich akzeptiere eigentlich nur, im Gegensatz zum Hypothetischen Realismus, das ich mir nie absolut sicher sein kann. Das ist doch aber selbstverständlich, oder nicht? |
das verstehe ich nicht. Der hypothetische Realismus heißt doch genau deshalb _hypothetisch_, weil man sich nie absolut sicher sein kann. Könnte es sein, dass Du einen Gegensatz konstruierst, den es gar nicht 'gibt'? |
Der genannte Gegensatz steckt aus meiner Sicht in der Janusköpfigkeit des Hypothetischen Realismus. In anderen Worten:
Ist der Hypothetische Realismus realistisch, weil er hypothetisch ist - oder ist er hypothetisch, weil er realistisch ist?! - Also: Das Problem steckt im Wörtchen 'Realismus': Was bedeutet dieser Begriff?
Cheers,
Lamarck
_________________ „Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)
„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.” (John Maynard Smith)
„Computers are to biology what mathematics is to physics.” (Harold Morowitz)
|
|
Nach oben |
|
 |
|