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DDR - Erziehung/ Indoktrination/ Ausgrenzung
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IEFPIEH
held-im-kartoffelfeld



Anmeldungsdatum: 22.03.2010
Beiträge: 26

Beitrag(#1450367) Verfasst am: 26.03.2010, 10:56    Titel: DDR - Erziehung/ Indoktrination/ Ausgrenzung Antworten mit Zitat

Der Anregung von RAW im Thread Missbrauchsfälle in der RKK folge ich gern und spinne mal einen "DDR-Faden" an.

Natürlich kann ich hier nur eigene Erfahrungen und meine subjektiven Schlüsse daraus darstellen.
Als die DDR der BRD 1990 betrat, war ich 20 Jahre alt, hatte aber dafür nicht zuletzt auf Grund meines familiären backgroundes schon einiges mit dem Apperat erlebt - also keinen geradlinigen, ungestörten, halt DDR-typischen Lebenslauf wie z.B. die Pfarrestochter Angela Merkel, geb. Kasner.

Das DDR-Bildungssystem war - so meine Wahrnehmung auch damals -ein straff durchorganisiertes Indoktrinationsinstrument mit stark militaristischer Ausrichtung.

Schon im Kindergartenalter wußten wir wie der Armeechef hieß und aussah (Armeegeneral Heinz Hoffmann), bekamen Bildchen zum ausmalen auf denen Soldaten der NVA mit den sowjetischen Waffenbrüdern im Manöver dargestellt waren und wurden angehalten zum Tag der NVA am 1.März Bilder zu malen auf denen Kinder "unseren" Soldaten, die meist auf Panzern saßen, mindestens aber eine Knarre in der Hand hatten, Blümchen überreichten --- ich habe einiges davon noch griffbereit in der Schublade und wir sagen Lieder von Hans-Jürgen, der vor dem Kasernentor steht, lernten schon im KiGa marschieren ect. pp ...

Insgesamt aber sehe ich heute das Grundprinzip der Wissensvermittlung in DDR und seine Ergebnisse eher positiv. Man denke jetzt nicht nur an die POS, sondern z.B. auch an die Organisation der Studienplatzvergabe - so gab es durch die zentrale Lenkung einen sehr hohen Anteil von Frauen in den technischen und naturwissentschaftlichen Fachgebieten.

Aber man darf über all den positiven Aspekten aber die allgemeinen Erziehungsziele, die von der Kindergrippe an rigeros durch gezogen wurden, nicht vergessen.
Klares Ziel war die "allseitig gebildete, sozialistische Persönlichkeit" - Ziel war das Leben des einzelnen überschaubar und dem Willen der Partei-und Staatsführung steuerbar zu machen ... die große sozialistische Gesellschaft und der Führung der Vorhut der Arbeiterklasse, der Partei neuen Typs, der SED - Orwells "1984" lag in vielem tatsächlich nicht so falsch....

So und jetzt hole ich erst mal Luft und hoffe das wird eine interessante Diskussion.
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Martha-Helene
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Anmeldungsdatum: 24.02.2010
Beiträge: 1155

Beitrag(#1450371) Verfasst am: 26.03.2010, 11:15    Titel: Antworten mit Zitat

Ein anderer DDR-Geborener hat unter seinen Schreiben "Venceremos" stehen.
"Wir werden siegen"
Bisher bin ich nicht dazu gekommen zu fragen, wer da siegen soll.

Bei dir steht nun auch Spanisches (?)
Hat das irgendwie miteinander zu tun?
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Telliamed
registrierter User



Anmeldungsdatum: 05.03.2007
Beiträge: 5125
Wohnort: Wanderer zwischen den Welten

Beitrag(#1450373) Verfasst am: 26.03.2010, 11:33    Titel: Antworten mit Zitat

"Venceremos" war die Losung der Unidad Popular in Chile, die am 11. September 1973 durch den Staatsstreich Pinochets die Regierungsgewalt verlor. Ihrem Sänger Victor Jarra, der das Lied "Venceremos" schuf, zerbrachen die Schergen in einem KZ-Stadion die Hände. Ein Großteil der Führung von Sozialisten und Kommunisten siedelte ins Exil in die DDR über.

"No pasaran!" ("Sie kommen nicht durch") kommt aus der Zeit des Spanischen Bürgerkrieges 1936-1939. Die Verteidiger der demokratischen Republik und die Interbrigadisten aus vielen Ländern Europas erhoben diese Losung 1937, als die spanischen und italienischen Faschisten Madrid bedrohten. Sie ist auf alten Fotos zu sehen, die die Barrikaden der Verteidiger zeigen.
Der Einsatz der Interbrigadisten wurde in Filmen thematisiert, wie "Fünf Patronenhülsen" oder "Hans Beimler, Kamerad", die irgendwann auch jene zu sehen bekamen, die zur DDR auf Distanz gehen sollten.
Während der Verteidigungsminister der DDR, Heinz Hoffmann aus Mannheim, wirklich als Offizier im Schützengraben lag, verdiente sich Erich Mielke seine Sporen als Henkersknecht im sogenannten "Büro Herz" in Barcelona, wo nicht etwa die Faschisten verhört wurden, sondern die eigenen Leute sowie Demokraten und Anarchisten. In der DDR wurde auch nicht bekannt, dass das Idol Hans Beimler nicht etwa aus dem Olivenhain vor ihm tödlich von den Franquisten getroffen wurde, wie im Film zu sehen war, sondern die Kugel von hinten kam, wie der Obduktionsbericht ausweist.
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Telliamed
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Anmeldungsdatum: 05.03.2007
Beiträge: 5125
Wohnort: Wanderer zwischen den Welten

Beitrag(#1450375) Verfasst am: 26.03.2010, 11:44    Titel: Antworten mit Zitat

Mein allererster Beitrag im FGH war auch mit der DDR-Problematik verbunden. Vielleicht finden sich darin einige Anregungen.

http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=681657&highlight=#681657

Nach den ersten Reaktionen wollte ich eigentlich das Forum wieder verlassen. Ich dachte: "Hier bist Du doch sehr fremd".

Zum DDR-Schulunterricht. Den naturwissenschaftlich-technischen Fächern wurde ein großes Augenmerk geschenkt, um im Wettbewerb der beiden Systeme eines Tages - so glaubte man - ein Übergewicht über den Westen zu erlangen. Viele Lehrbücher waren vorbildlich systematisch aufgebaut.
Ferner wurde über den "Unterrichtstag in der Produktion" versucht, einen engen Praxisbezug herzustellen; obligatorisch waren auch die Unterrichtsfächer "Technisches Zeichnen" und "Einführung in die sozialistische Produktion" (ESP). Das war allerdings eine zweischneidige Angelegenheit, konnten doch die Schüler mitbekommen, wie es wirklich in den Betrieben aussah (fehlende Materialzufuhr, Schlamperei, schwere körperliche Arbeit) und wie die Angehörigen der "Arbeiterklasse" wirklich über ihre Arbeit und das System dachten.
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IEFPIEH
held-im-kartoffelfeld



Anmeldungsdatum: 22.03.2010
Beiträge: 26

Beitrag(#1450380) Verfasst am: 26.03.2010, 12:06    Titel: Antworten mit Zitat

Martha-Helene hat folgendes geschrieben:
Ein anderer DDR-Geborener hat unter seinen Schreiben "Venceremos" stehen.
"Wir werden siegen"
Bisher bin ich nicht dazu gekommen zu fragen, wer da siegen soll.

Bei dir steht nun auch Spanisches (?)
Hat das irgendwie miteinander zu tun?


Telliamed hat das schön zusammengefasst, dem ist nichts hinzuzufügen.

Vielleicht noch ein paar Lektürehinweise zu den stalinistischen Verfolgungen von Trotzkisten, Anarchisten und anderen "Links"abweichlern hinter der Front:
Hans Magnus Enzensberger: Der kurze Sommer der Anarchie
Augustin Souchy: Nacht über Spanien
Abel Paz: Durruti, Leben und Tod des spanischen Anarchisten

Für mich ist "¡No Pasarán!" der Ausruf entschlossener Menschen, die sich für ihre Ideale gegen Unterdrückung und Reaktion einsetzen.
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IEFPIEH
held-im-kartoffelfeld



Anmeldungsdatum: 22.03.2010
Beiträge: 26

Beitrag(#1450393) Verfasst am: 26.03.2010, 12:51    Titel: Antworten mit Zitat

Telliamed hat folgendes geschrieben:
Mein allererster Beitrag im FGH war auch mit der DDR-Problematik verbunden. Vielleicht finden sich darin einige Anregungen.

http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=681657&highlight=#681657


ich finde du fasst das Verhältnis Staat/ Individium/ Kirche etwas einseitig ... die ev. Kirche in der DDR war tatsächlich ein sehr heterogenes Sammelbecken für alle möglichen Menschen die mit dem Spitzel- und Unterdrückungssystem in der DDR nicht einverstanden waren - es gab einfach keine andere Möglichkeit, keinen anderen Raum um offen über Mißstände, Schikanen u.s.w zu sprechen ...
das "religiöse"/ fromme spielte in vielen Gemeinden, besonders in den Städten, nach meiner Wahrnehmung eher eine untergeordnete Rolle
- darum ja dann mein Schock am kirchlichen Proseminar in Naumburg - die Mitschüler aus den Erzgebirgsdörfern waren alles andere als "oppositionell", die waren z.T. stark evangelikal-charismatisch angehaucht ...
Erst dort wurde mir klar: die Kirche ist nicht der bis dahin wahrgenommene Ort der Befreiung.
Und wenn man es wagte Glaubensdinge zu hinterfragen, wurde man genauso isoliert, bespitzelt und verleumdet - wie in der soz. Gesellschaft, wenn man Zweifel an der Partei-und Staatsführung äußerte.

Zum Thema Unterricht gehe ich konform: ESP, PA, TZ waren Teil des polytechnischen Konzeptes und ich denke wir haben da eine Menge mitnehmen können.

Andererseits wurden im Schulsystem junge Menschen, die nicht voll auf Linie waren gnadenlos ausgesiebt. In der Begründung der Ablehnung meiner Bewerbung um einen Platz an der EOS hieß es: "Der Schüler hat Reserven in der Persönlichkeitsentwicklung...."

Eigentlich klasse, wenn man mit 16 noch Reserven hat ... ;)
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I.R
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Beiträge: 9142

Beitrag(#1450413) Verfasst am: 26.03.2010, 13:56    Titel: Antworten mit Zitat

Weder wusste ich im Kindergarten, wie der Obersoldat hiess, noch welchen Dienstgrad er hatte. Das war ganz gewiss nicht obligatorisches Dauerthema.
Ich kenne auch niemanden, der im Kindergarten marschiert wäre. OK, manchmal rief die eine Tante: "Marsch, Marsch!", aber das war sicher nicht gemeint, oder?
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IEFPIEH
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Anmeldungsdatum: 22.03.2010
Beiträge: 26

Beitrag(#1450420) Verfasst am: 26.03.2010, 14:27    Titel: Antworten mit Zitat

I.R hat folgendes geschrieben:
Weder wusste ich im Kindergarten, wie der Obersoldat hiess, noch welchen Dienstgrad er hatte. Das war ganz gewiss nicht obligatorisches Dauerthema.
Ich kenne auch niemanden, der im Kindergarten marschiert wäre. OK, manchmal rief die eine Tante: "Marsch, Marsch!", aber das war sicher nicht gemeint, oder?


Nun, wir sind halt Anfang der 70er marschiert, und wußten über die grünen Männel bestens Bescheid.

Ich weiß nicht wieviel Spielraum die Kindergartenleitung bei der Ausgestalltung hatte.
Deswegen schrieb ich auch im ersten Eingangsbeitrag, dass ich hier nur eigene Erfahrungen wiedergeben kann. In dem Kindergarten den ich besuchte, war das so ...

Soviel ich weiß gab es einen verbindlichen Lehrplan für den Kindergarten, ich kann ja mal schauen ob ich den irgendwo finde ...
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pewe
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Beiträge: 3377

Beitrag(#1450499) Verfasst am: 26.03.2010, 17:16    Titel: Antworten mit Zitat

IEFPIEH hat folgendes geschrieben:

Soviel ich weiß gab es einen verbindlichen Lehrplan für den Kindergarten, ich kann ja mal schauen ob ich den irgendwo finde ...

Ich hörte, dass hier auch die Kinder gefragt wurden, ob das Sandmännchen einen langen Bart hat?
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wuffi
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Anmeldungsdatum: 23.12.2009
Beiträge: 1256

Beitrag(#1450513) Verfasst am: 26.03.2010, 17:53    Titel: Antworten mit Zitat

Hatte in meiner Abiturklasse 2 Pfarrerkinder , natürlich waren die in der FDJ . Zu meinem Bedauern wurden eher Lippenbekenntnisse und äussere Zeichen ( Halstuch , FDJ- Hemd ) verlangt , als durch Kritik , Diskusion und Erfahrung gewonnene Überzeugungen , deshalb sind sie auch so tierisch auf die Fresse gefallen . Ein Grossteil der Opposition wollte dann auch einen eigenen DDR Weg in die Demokratie , als Kohl dann aber mit dem Westgeld winkte , was das vorbei .
Finde das Thema , nur auf Erziehung gelegt etwas zu kurz gegriffen
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Heizölrückstoßabdämpfung
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Anmeldungsdatum: 26.07.2007
Beiträge: 17529
Wohnort: Stralsund

Beitrag(#1450530) Verfasst am: 26.03.2010, 19:21    Titel: Re: DDR - Erziehung/ Indoktrination/ Ausgrenzung Antworten mit Zitat

IEFPIEH hat folgendes geschrieben:
Der Anregung von RAW im Thread Missbrauchsfälle in der RKK folge ich gern und spinne mal einen "DDR-Faden" an.


Das könnte interessant werden.

Zitat:
Natürlich kann ich hier nur eigene Erfahrungen und meine subjektiven Schlüsse daraus darstellen.
Als die DDR der BRD 1990 betrat, war ich 20 Jahre alt, hatte aber dafür nicht zuletzt auf Grund meines familiären backgroundes schon einiges mit dem Apperat erlebt - also keinen geradlinigen, ungestörten, halt DDR-typischen Lebenslauf wie z.B. die Pfarrestochter Angela Merkel, geb. Kasner.


Ich war 10 Jahre alt. Einige Repressalien v.a. gegen meinen Vater habe ich auch mitbekommen.

Zitat:
Das DDR-Bildungssystem war - so meine Wahrnehmung auch damals -ein straff durchorganisiertes Indoktrinationsinstrument mit stark militaristischer Ausrichtung.


Ich erinnere mich noch genau an die Pioniernachmittage, ich habe sie gehasst. Aber nicht wegen der sozialistischen Indoktrination, das war mir schuppe und zudem auch nicht so stark präsent, sondern weil ich an solchen Nachmittagen nicht machen konnte, was ich wollte. Mich interessierten andere Dinge als Basteln und ähnliche Tätigkeiten.

Zitat:

Schon im Kindergartenalter wußten wir wie der Armeechef hieß und aussah (Armeegeneral Heinz Hoffmann), bekamen Bildchen zum ausmalen auf denen Soldaten der NVA mit den sowjetischen Waffenbrüdern im Manöver dargestellt waren und wurden angehalten zum Tag der NVA am 1.März Bilder zu malen auf denen Kinder "unseren" Soldaten, die meist auf Panzern saßen, mindestens aber eine Knarre in der Hand hatten, Blümchen überreichten --- ich habe einiges davon noch griffbereit in der Schublade und wir sagen Lieder von Hans-Jürgen, der vor dem Kasernentor steht, lernten schon im KiGa marschieren ect. pp ...


Ich habe nichts derartiges in Erinnerung. Ich kann mich nur daran erinnern, dass wir am 1. Mai immer rote Nelken an einem Soldatengrab niedergelegt haben.

Zitat:
Insgesamt aber sehe ich heute das Grundprinzip der Wissensvermittlung in DDR und seine Ergebnisse eher positiv. Man denke jetzt nicht nur an die POS, sondern z.B. auch an die Organisation der Studienplatzvergabe - so gab es durch die zentrale Lenkung einen sehr hohen Anteil von Frauen in den technischen und naturwissentschaftlichen Fachgebieten.

Aber man darf über all den positiven Aspekten aber die allgemeinen Erziehungsziele, die von der Kindergrippe an rigeros durch gezogen wurden, nicht vergessen.
Klares Ziel war die "allseitig gebildete, sozialistische Persönlichkeit" - Ziel war das Leben des einzelnen überschaubar und dem Willen der Partei-und Staatsführung steuerbar zu machen ... die große sozialistische Gesellschaft und der Führung der Vorhut der Arbeiterklasse, der Partei neuen Typs, der SED - Orwells "1984" lag in vielem tatsächlich nicht so falsch....

So und jetzt hole ich erst mal Luft und hoffe das wird eine interessante Diskussion.


Ich erinnere mich an meine DDR-Schulzeit mit gespaltenen Gefühlen. Einerseits wurden naturwissenschaftliche und andere Grundkenntnisse gut und anschaulich vermittelt. Ich kann mich z.B. noch genau an die Sezierungen eines Frosches und eines Fisches erinnern. Andererseits mochte ich das straff organisierte System nicht, ich denke da z.B. an die Fahnenappelle, bei denen besonders gute oder schlechte Schüler nach vorn traten oder den Samstagsunterricht.
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„Wer in einem gewissen Alter nicht merkt, daß er hauptsächlich von Idioten umgeben ist, merkt es aus einem gewissen Grunde nicht.“ Curt Goetz
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Evilbert
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Anmeldungsdatum: 16.09.2003
Beiträge: 42408

Beitrag(#1450538) Verfasst am: 26.03.2010, 19:50    Titel: Re: DDR - Erziehung/ Indoktrination/ Ausgrenzung Antworten mit Zitat

Heizölrückstoßabdämpfung hat folgendes geschrieben:


Ich erinnere mich an meine DDR-Schulzeit mit gespaltenen Gefühlen. Einerseits wurden naturwissenschaftliche und andere Grundkenntnisse gut und anschaulich vermittelt. Ich kann mich z.B. noch genau an die Sezierungen eines Frosches und eines Fisches erinnern.


Das hatten wir im Westen auch - war ein Tintenfisch. Die (Bio-) Lehrerin war eine Alkoholikerin, die gleichzeitig auch unsere Englischlehrerin war.
Sie war nett und bemüht und hat wenig Bio unterrichtet, sondern mehr Englisch.

Die Tintenfischsezierung war unangekündigt und hat mir den Tag verdorben.

Was will ich damit sagen?

Es ist wahrscheinlich nicht nur eine Frage der Systeme, des Ortes usw.
Der konkrete Lehrkörper zählt am Meisten.
Ich hatte in Mathe von Jg. 12 bis 13 zwischen 13 und 2 Punkten. Glaub kaum; dass das nur an meinen Eskarpaden lag oder genetisch bedingt war.

Die unterschiedlichen Erfahrungen Ifpies und IRs (also Ostler scheinen ja alle doofe Nicks zu haben : zynisches Grinsen ) sind also wohl nicht verwunderlich.
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I.R
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Anmeldungsdatum: 08.10.2006
Beiträge: 9142

Beitrag(#1450541) Verfasst am: 26.03.2010, 20:06    Titel: Antworten mit Zitat

pewe hat folgendes geschrieben:
IEFPIEH hat folgendes geschrieben:

Soviel ich weiß gab es einen verbindlichen Lehrplan für den Kindergarten, ich kann ja mal schauen ob ich den irgendwo finde ...

Ich hörte, dass hier auch die Kinder gefragt wurden, ob das Sandmännchen einen langen Bart hat?

Es gibt nur ein Sandmännchen!
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Heizölrückstoßabdämpfung
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Anmeldungsdatum: 26.07.2007
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Beitrag(#1450557) Verfasst am: 26.03.2010, 21:03    Titel: Re: DDR - Erziehung/ Indoktrination/ Ausgrenzung Antworten mit Zitat

Noseman hat folgendes geschrieben:
(also Ostler scheinen ja alle doofe Nicks zu haben : zynisches Grinsen )


Den A.... versohlen
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Beitrag(#1450594) Verfasst am: 26.03.2010, 22:28    Titel: Re: DDR - Erziehung/ Indoktrination/ Ausgrenzung Antworten mit Zitat

Noseman hat folgendes geschrieben:
(also Ostler scheinen ja alle doofe Nicks zu haben : zynisches Grinsen )


Vor allem Heizmannrückholdampfkesselwart oder wie der heisst.

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Femina
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Beitrag(#1450608) Verfasst am: 26.03.2010, 23:14    Titel: Antworten mit Zitat

Ich kann mich erinnern, dass ich mich meine ganze Kindheit über sowas von dieser Indoktrination abgestoßen fühlte. Im Kindergarten haben sie es noch weniger übertrieben. Da erinnere ich mich aber auch an die Soldaten, von denen öfter mal die Rede war und dass ich dabei immer dachte: "Ein Glück, dass ich kein Junge bin." Sie machten mir aber auch Angst. Denn: "Wozu brauchen wir Soldaten?" - "Damit sie uns vor den bösen Menschen beschützen." - "Was denn für böse Menschen?" - "Na, die sind hinter der Mauer." - "Und wenn die Soldaten es nicht schaffen, die bösen Menschen zurück zu halten?" - "Das schaffen sie." - Aber genau das habe ich nie so richtig glauben können und deshalb hatte ich schon als kleines Kind Angst.

In der Schule ging die erste Peinlichkeit mit dem blauen Halstuch los. Es gab recht bald nach der Einschulung so einen Gruppennachmittag in einem Partnerbetrieb und da gab es auch die blauen Halstücher. "Ihr seid jetzt Pioniere." Ich war nicht mal ablehnend beeinflusst. Meine Eltern sprachen mit mir nie über sowas. Sie hatten nicht gesagt, du kriegst heute ein blaues Halstuch und das ist doof. Ich habe ganz von selber und ganz von Anfang angespürt, dass ich dieses Ding hasse. ´Zu Hause habe ich es dann versteckt, weil ich mich dafür gechämt habe. Später bekamen wir so indoktrinierene Bücher zu lesen. Die habe ich auch immer versteckt, damit meine Eltern nur nicht sehen mussten, welch furchtbare Bücher ich für die Schule lesen musste.

Ich hasste die Fahnenappelle, die bei Wind und Wetter stattfanden und wo so bescheuertes Zeug gefaselt wurde, ich hasste die Pionier- und FDJ Tracht und wurde unzählige Male dafür gerügt, dass ich sie einfach nicht angezogen hatte. Der Gipfel vom Ganzen waren später diese mehrfachen Armee Drills an der Schule und auch noch vor Beginn des 2. Studienjahrs für Mädchen. Da habe ich mich auch einige Male verweigert. Dabei bin ich allerdings auch auf den Unmut meiner Mitchüler gestoßen, weil die unbedingt immer gewinnen wollten und mit mir war das nicht möglich. Ich sagte, mir wäre das scheißegal, ob wir nun erster oder letzter werden. Ist doch eh alles Kacke. Naja, ich habe damit nicht gerade Freunde gewonnen. Habe mich aber darüber hinweg gesetzt.

Was ich auch noch ganz schrecklich in Erinnerung habe, war, dass irgendwann in der 6. Klasse die Rede davon war, der Westen bereite einen Atomkrieg vor und dabei würden wir bald alle sterben. Ich hatte von da an über Jahre Todesängste, lag nachts in meinem Bett und konnte nicht einschlafen, weil ich überzeugt davon war, jetzt geht es gleich los.

Ich hatte auch ein Problem damit, dass ich nicht immer sagen durfte, was ich wollte. Habe noch nie gern ein Blatt vor den Mund genommen. Noch bildlich vor Augen habe ich, wie wir in der 8. Klasse in die DSF (für die Wessis: Deutsch Sowjetische Freundschaft) eintreten sollten, ich aber nicht wollte. Meine Klassenlehrerin hatte es sich zum Ziel gesetzt, alle Schüler da mit rein zu bekommen. Ich blieb hartnäckig. Bis eines Nachmittags meine Mutter zu mir sagte, ich würde gewiss nie einen Studienplatz bekommen, wenn ich da nicht einträte. ...

In einer anderen Situation habe ich mich für die negativen Konsequenzen entschieden. Ich hätte einen Platz zum Studium der Finanzwirtschaft bei der Staatsbank bekommen können. Den hätte ich wirklich gern angenommen. Die Bedingung war aber, meine ganze Familie hätte keine Kontakte in den Westen mehr haben dürfen. Wir hatten 2 Kontakte. Und nee, das hätte ich als Verrat empfunden. Ich habe mich gegen den Studienplatz entschieden.

Die Liste könnte hier noch länger werden. Ich bin heute einfach froh, dass unsere Kinder nahezu angstfrei aufwachsen können, dass sie in der Schule keine Kluft tragen müssen, dass die Bücher, die sie lesen müssen, interessant sind, so dass ich sie teilweise gern gemeinsam mit ihnen lese, dass ihre Klassenausflüge und sonstige Unternehmungen frei von Indoktrination sind. Gegen religiöse Indoktrination müssen wir uns zwar heute auflehnen, aber die hat doch zumindest dann, wenn man an den gewissen Fächern nicht teilnimmt, an der Schule nicht den Stellenwert, den die sozialistische Indoktrination bei uns damals hatte. Ich hoffe jedenfalls, dass wir die eines Tages auch noch besiegen.

Außerordentlich erleichtert bin ich, dass man meine Söhne nicht eines Tages dazu zwingen wird, zur Armee zu gehen.

Lernmäßig ist es für unsere Kinder heute auch viel besser. Gut, es ist eine andere Zeit, aber z.B. Sprachen werden doch heute viel eher und viel praktischer gelernt. Das ist etwas, was mir heute ganz deutlich fehlt.


Zuletzt bearbeitet von Femina am 27.03.2010, 22:24, insgesamt einmal bearbeitet
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Beitrag(#1450610) Verfasst am: 26.03.2010, 23:22    Titel: Antworten mit Zitat

Femina hat folgendes geschrieben:
Ich kann mich erinnern, dass ich mich meine ganze Kindheit über sowas von dieser Indoktrination abgestoßen fühlte. Im Kindergarten haben sie es noch weniger übertrieben. Da erinnere ich mich aber auch an die Soldaten, von denen öfter mal die Rede war und dass ich dabei immer dachte: "Ein Glück, dass ich kein Junge bin." Sie machten mir aber auch Angst. Denn: "Wozu brauchen wir Soldaten?" - "Damit sie uns vor den bösen Menschen beschützen." - "Was denn für böse Menschen?" - "Na, die sind hinter der Mauer." - "Und wenn die Soldaten es nicht schaffen, die bösen Menschen zurück zu halten?" - "Das schaffen sie." - Aber genau das habe ich nie so richtig glauben können und deshalb hatte ich schon als kleines Kind Angst.

In der Schule ging die erste Peinlichkeit mit dem blauen Halstuch los. Es gab recht bald nach der Einschulung so einen Gruppennachmittag in einem Partnerbetrieb und da gab es auch die blauen Halstücher. "Ihr seid jetzt Pioniere." Ich war nicht mal ablehnend beeinflusst. Meine Eltern sprachen mit mir nie über sowas. Sie hatten nicht gesagt, du kriegst heute ein blaues Halstuch und das ist doof. Ich habe ganz von selber und ganz von Anfang angespürt, dass ich dieses Ding hasse. ´Zu Hause habe ich es dann versteckt, weil ich mich dafür gechämt habe. Später bekamen wir so indoktrinierene Bücher zu lesen. Die habe ich auch immer versteckt, damit meine Eltern nur nicht sehen mussten, welch furchtbare Bücher ich für die Schule lesen musste.

Ich hasste die Fahnenappelle, die bei Wind und Wetter stattfanden und wo so bescheuertes Zeug gefaselt wurde, ich hasste die Pionier- und FDJ Tracht und wurde unzählige Male dafür gerügt, dass ich sie einfach nicht angezogen hatte. Der Gipfel vom Ganzen waren später diese mehrfachen Armee Drills an der Schule und auch noch vor Beginn des 2. Studienjahrs für Mädchen. Da habe ich mich auch einige Male verweigert. Dabei bin ich allerdings auch auf den Unmut meiner Mitchüler gestoßen, weil die unbedingt immer gewinnen wollten und mit mir war das nicht möglich. Ich sagte, mir wäre das scheißegal, ob wir nun erster oder letzter werden. Ist doch eh alles Kacke. Naja, ich habe damit nicht gerade Freunde gewonnen. Habe mich aber darüber hinweg gesetzt.

Was ich auch noch ganz schrecklich in Erinnerung habe, war, dass irgendwann in der 6. Klasse die Rede davon war, der Westen bereite einen Atomkrieg vor und dabei würden wir bald alle sterben. Ich hatte von da an über Jahre Todesängste, lag nachts in meinem Bett und konnte nicht einschlafen, weil ich überzeugt davon war, jetzt geht es gleich los.

Ich hatte auch ein Problem damit, dass ich nicht immer sagen durfte, was ich wollte. Habe noch nie gern ein Blatt vor den Mund genommen. Noch bildlich vor Augen habe ich, wie wir in der 8. Klasse in die DSF (für die Wessis: Deutsch Sowjetische Freundschaft) eintreten sollten, ich aber nicht wollte. Meine Klassenlehrerin hatte es sich zum Ziel gesetzt, alle Schüler da mit rein zu bekommen. Ich blieb hartnäckig. Bis eines Nachmittags meine Mutter zu mir sagte, ich würde gewiss nie einen Studienplatz bekommen, wenn ich da nicht einträte. ...

In einer anderen Situation habe ich mich für die negativen Konsequenzen entschieden. Ich hätte einen Platz zum Studium der Finanzwirtschaft bei der Staatsbank bekommen können. Den hätte ich wirklich gern angenommen. Die Bedingung war aber, meine ganze Familie hätte keine Kontakte in den Westen mehr haben dürfen. Wir hatten 2 Kontakte. Und nee, das hätte ich als Verrat empfunden. Ich habe mich gegen den Studienplatz entschieden.

Die Liste könnte hier noch länger werden. Ich bin heute einfach froh, dass unsere Kinder nahezu angstfrei aufwachsen können, dass sie in der Schule keine Kluft tragen müssen, dass die Bücher, die sie lesen müssen, interessant sind, so dass ich sie teilweise gern gemeinsam mit ihnen lese, dass ihre Klassenausflüge und sonstige Unternehmungen frei von Indoktrination sind. Gegen religiöse Indoktrination müssen wir uns zwar heute auflehnen, aber die hat doch zumindest dann, wenn man an den gewissen Fächern nicht teilnimmt, an der Schule nicht den Stellenwert, den die sozialistische Indoktrination bei uns damals hatte. Ich hoffe jedenfalls, dass wir die eines Tages auch noch besiegen.

Lernmäßig ist es für unsere Kinder heute auch viel besser. Gut, es ist eine andere Zeit, aber z.B. Sprachen werden doch heute viel eher und viel praktischer gelernt. Das ist etwas, was mir heute ganz deutlich fehlt.


Na siehst Du. Es ist alles gut geworden. Oder zumindest wird alles gut!

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Anmeldungsdatum: 23.12.2009
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Beitrag(#1450638) Verfasst am: 27.03.2010, 03:19    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Telliamed , habe Deinen 1. Beitrag gelesen , gut analysiert , dem ist nichts hinzuzufügen .
Ich komm nun aus einer Familie des kommunistischen Widerstands , mich hat das Christentum insofern als Heranwachsender interresiert , dass ich dachte , irgendetwas muss doch daran sein , weshalb ist es wohl so unerwünscht , bin auch heimlich mit Schulkameraden in die Christenlehre gegangen ( es gab nur 2 in meiner Klasse ). Es ging sogar soweit ,dass ich mit 18 Jahren gegen den Willen meiner Eltern Christ wurde , das Abitur durfte ich auf Grund meiner Familiengeschichte noch machen , aber mit dem Studium wurde es nichts . Gegen Ende der DDR sind mir die Augen aufgegangen , als die ganzen Popen riefen : Jetzt sind wir dran
Uns wurden die humanistischen Traditionen nicht vermittelt ( Meinungsfreiheit , Pessefreiheit usw.) und als kleinbürgerlich abgetan , ist mit ein Grund des Scheiterns der DDR .
Bei diesen Themen sollten Wessis nur höfliche Fragen stellen dürfen , dann braucht man sich auch nicht überlegen aus dem Forum auszusteigen
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Wilson
zwischen gaga und dada



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Beitrag(#1450655) Verfasst am: 27.03.2010, 09:50    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:

Ich bin heute einfach froh, dass unsere Kinder nahezu angstfrei aufwachsen können, dass sie in der Schule keine Kluft tragen müssen, dass die Bücher, die sie lesen müssen, interessant sind, so dass ich sie teilweise gern gemeinsam mit ihnen lese, dass ihre Klassenausflüge und sonstige Unternehmungen frei von Indoktrination sind. Gegen religiöse Indoktrination müssen wir uns zwar heute auflehnen, aber die hat doch zumindest dann, wenn man an den gewissen Fächern nicht teilnimmt, an der Schule nicht den Stellenwert, den die sozialistische Indoktrination bei uns damals hatte. Ich hoffe jedenfalls, dass wir die eines Tages auch noch besiegen[/code]


naja. man geht hier eben subtiler vor.
jedoch nicht minder erfolgreich.
in der ddr wusste doch sowieso jeder, dass was nicht stimmte, salopp gesagt.
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"als ob"
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Roody
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Beitrag(#1450669) Verfasst am: 27.03.2010, 11:55    Titel: Antworten mit Zitat

Wilson hat folgendes geschrieben:
Zitat:

Ich bin heute einfach froh, dass unsere Kinder nahezu angstfrei aufwachsen können, dass sie in der Schule keine Kluft tragen müssen, dass die Bücher, die sie lesen müssen, interessant sind, so dass ich sie teilweise gern gemeinsam mit ihnen lese, dass ihre Klassenausflüge und sonstige Unternehmungen frei von Indoktrination sind. Gegen religiöse Indoktrination müssen wir uns zwar heute auflehnen, aber die hat doch zumindest dann, wenn man an den gewissen Fächern nicht teilnimmt, an der Schule nicht den Stellenwert, den die sozialistische Indoktrination bei uns damals hatte. Ich hoffe jedenfalls, dass wir die eines Tages auch noch besiegen[/code]


naja. man geht hier eben subtiler vor.
jedoch nicht minder erfolgreich.
in der ddr wusste doch sowieso jeder, dass was nicht stimmte, salopp gesagt.

Dem kann ich so nicht zustimmen!
Meine klaren Feindbilder sind erst spät entstanden.
Da meine Eltern sehr opportunistisch in politischen Fragen waren, wuchs ich "gläubig" auf, der Kommunismus war das Endziel der Geschichte.
Im Kindergarten sang ich inbrünstig das Lied vom "Kleinen Trompeter", das Halstuch war für MICH eine Auszeichnung!
Das Ganze hatte etwas religiöses!
Besonders deutlich wird mir das im Nachhinein in Bezug auf meinen siebenwöchigen Aufenthaltes in der "Pionierrepublik Wilhelm Pieck". Rotlicht pur!
Das heftigste war dann die abschließende Fahrt zum X. Parteitag der SED in den Palast der Republik. Ich versteh deshalb, wie das "Dritte Reich" seine Kids in Extase versetzte, denn bis zu meinem ersten Sex war das der schönste Tag in meinem Leben!
Erst viel später bei der NVA wurde ich "ungläubig".
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"Es sind die Zweifel, die die Menschen vereinen. Ihre Überzeugungen trennen sie."
Sir Peter Ustinov
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Femina
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Beitrag(#1450906) Verfasst am: 27.03.2010, 22:37    Titel: Antworten mit Zitat

@Wilson: Du hast Recht, ich hätte schreiben sollen, relativ frei von Indoktrination. Ich kann dir auch zustimmen, dass man heute mit der religiösen Indoktrination subtiler vorgeht. Der Hauptunterschied ist, dass man heute bei der religiösen Indoktrination die Bedürfnisse von Menschen, insbesondere von jungen Menschen bewusster ausnutzt. Ich habe mich bei diesem ganzen Sozialismusgelabere und all den Zwängen nie bei meinen Bedürfnissen gepackt gesehen. Deshalb konnten die wohl bei den meisten Menschen nicht so in die Herzen vordringen.

Roody, bei dir waren es wohl zu einem großen Teil die Eltern, die die Sozialismusgläubigkeit bei dir unterstützt haben. Was man mit mit der Muttermilch mitbekommt, beeinflusst nicht unerheblich. Deine Eltern haben es geschafft, das bei dir auf der emotionalen Schiene zu bewirken. Das ist entscheidend. Prozentual gesehen waren das wohl aber eher wenige Menschen, die vom politischen System der DDR überzeugt waren.

Für mich war vor 2 Jahren ein Klassentreffen ganz interessant. Ich hatte in meiner Klasse eine ganze Reihe von Kindern so genannter roter Socken, die immer alles brav mitgeacht haben, was bei mir Widerstand ausgelöst hat. Und gerade diese Familien waren interessanter Weise die ersten, die nach dem Mauerfall in den Westen übergesiedelt sind. Und obwohl man es denen damals nie angemerkt hat, dass sie mit dem System nicht einverstanden waren, haben sie heute so völlig anders geredet, als hätten sie schon immer diese Überzeugung gehabt.
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Telliamed
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Beitrag(#1451339) Verfasst am: 29.03.2010, 10:17    Titel: Antworten mit Zitat

Die bisherigen Berichte weckten alle in mir Erinnerungen.

In Kürze wird nach 36 Jahren das erste Mal meine Abiturklasse zusammenkommen.

Wir hatten auch durch die Wohnlage im Süden Erfurts einen hohen Anteil von Kindern aus Kreisen der Funktionäre, Offiziere, Polizisten, Hochschullehrer, leitenden Betriebskader. Die Verbundenheit mit dem Staat war allgemein eng, religiöse Schüler gab es nur ganz wenige. Bei mir - Null-Westverwandtschaft. Vor 1989 kannte ich keinen einzigen Bundesbürger persönlich näher, Kontakte waren im Arbeitsumfeld nicht möglich und erwünscht.

@Femina
Mit Ängsten vor dem Atomkrieg bin ich in den 1960er Jahren auch aufgewachsen. Da wurde auch noch der Atomalarm in New York und anderen Städten der USA im Fernsehen gezeigt (wir bekamen 1963 Fernsehen), bei dem alle Sirenen einer Großstadt gleichzeitig heulten. Das wiederum erinnerte meine Eltern an die Zerstörung ihrer Heimatstädte Dresden und Chemnitz, die sie in den Bombenkellern miterlebten. Mit ihren Berichten von den brennenden Menschen in der Dresdener Innenstadt bin ich in der frühen Kindheit aufgewachsen.
In sowjetischen Filmen wiederum wurde gezeigt, wie Kinder als Partisanen die deutschen Eindringlinge töteten. Dann aber gleichzeitig die Erzählung eines Onkels aus Wehrmachts-Zeiten, wonach ein deutscher Maschinengeschütze allein ganze Reihen anstürmender Sowjetsoldaten niedermähte, die völlig ungedeckt ins Feuer getrieben wurden. Was auf der einen Seite als "Heldentum" hingestellt wurde, erschien auf der anderen Seite als offen zutage tretende Geringschätzung des einmaligen, unwiederholbaren Menschenlebens.

Im November 1983, auf dem Höhepunkt der Krise um die Mittelstreckenraketen von NATO und Warschauer Vertrag, als die Sowjets ein südkoreanisches Passagierflugzeug abschossen, prahlten an einem Nebentisch im Berliner Restaurant "Praha" mehrere SED-Funktionäre: "Unsere Atom U-Boote sind jetzt vor Washington aufgetaucht!" Ich dachte bloß: "Wißt Ihr eigentlich, wie gefährlich das alles ist? Bei uns sind atomare Mittelstreckenwaffen von Würzburg und Jena aus aufeinander gerichtet!" Doch bereits im Juli 1982 hatte der berühmte Waldspaziergang bei Genf zwischen Paul Nitze und Julij Kvizinskij stattgefunden, der zu einer späteren Regelung bei den Mittelstreckenwaffen führten.
http://www.zeit.de/1993/20/Ein-blutendes-Herz



Meine Freundin, mit der ich in der Abiturzeit zusammen war, gehörte mit ihren Eltern der evangelischen Kirche an. So lernte ich den Umgang mit nahe stehenden Andersdenkenden. In den 1970er Jahren hatte sie nicht mehr solche Schwierigkeiten mit dem Zugang zum Medizinstudium und ist heute leitende Medizinerin. Damals hatte man staatlicherseits eingesehen, dass sich in Ärztefamilien wieder eigener Nachwuchs einfand. Beim Medizinstudium kamen viele der von der Partei zum Studium delegierten jungen Menschen nicht klar.

Wenn ich in meinem Bericht nicht genügend innerhalb der verschiedenen Gruppierungen in der evangelischen Kirche differenzierte, so liegt das daran, dass ich auf die Kirchen nur von außen blickte. Ich stammte aus einer atheistischen Familie in dritter Generation, schon meine Großeltern waren um die Jahrhundertwende als sächsische Freidenker für die "Verbrennung" im Krematorium.
Was mich in die Kirchen zog, waren die Musik von Bach und Händel oder mittelalterliche und frühneuzeitliche Altarbilder und Schnitzkunstwerke, gotische Glasmalereien und barocke Sarkophage.
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Femina
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Beitrag(#1451879) Verfasst am: 29.03.2010, 22:44    Titel: Antworten mit Zitat

@Telliamed: Zu diesen ganzen politischen Hintergründen aus dieser Zeit kann ich fast gar nichts sagen, weil ich Politik bewusst abgeblockt habe. Sie war langweilig und nervig. Berichte über Krieg, ... usw. haben mir schon beim Sehen einiger Bilder Angst gemacht, habe ich stets sofort abgeschaltet. Erst nach der Wende begann ich mich für Politik zu interessieren, weil es plötzlich spannend und interessant wurde.

Ich kannte auch Menschen, die in der Kirche waren, aber nie hat einer von denen aus dem Nähkästchen geplaudert. Ich habe die auch nie als Andersdenkende empfunden. Meine beste Studienfreundin ist relativ streng gläubig (ja, ich stellte dann beim Studium staunend fest, dass es tatsächlich mehrere Studenten gab, die in der Kirche waren. Mein Studium begann 1986.) und obwohl wir 4 Jahre lang in einem Zimmer gewohnt haben, hat sie nie näher darüber gesprochen. Wir haben uns in allen anderen Alltagsfragen bestens verstanden. Meine eigene Familie, die waren auch in der Kirche. Allerdings alles Mitläufer. Von denen hat auch keiner großartig über Religion gesprochen. Meine Omi habe ich ein paarmal in der Kirche singen hören, da sie dort im Chor war. Aber doch nur, weil´s so schön klingt. Nie hat sie über Religion gesprochen. Ich wollte mit ihr jetzt darüber sprechen, aber sie lehnt es ab. Sie sagt, sie möchte sich nicht aufregen, sie möchte ihre Ruhe haben.
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Beitrag(#1452236) Verfasst am: 30.03.2010, 16:43    Titel: Antworten mit Zitat

Femina hat folgendes geschrieben:
@Telliamed: Zu diesen ganzen politischen Hintergründen aus dieser Zeit kann ich fast gar nichts sagen, weil ich Politik bewusst abgeblockt habe. Sie war langweilig und nervig. Berichte über Krieg, ... usw. haben mir schon beim Sehen einiger Bilder Angst gemacht, habe ich stets sofort abgeschaltet. Erst nach der Wende begann ich mich für Politik zu interessieren, weil es plötzlich spannend und interessant wurde.


Da waren die Kriegsbilder aus Belgrad und Irak plötzlich interessant oder wie?

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wuffi
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Beitrag(#1452282) Verfasst am: 30.03.2010, 17:31    Titel: Antworten mit Zitat

Was mich auch immer genervt hat , war die Verherrlichung des preussischen Militarismus , obwohl in der Tradition Sozialisten und Kommunisten immer gegen diesen Kadavergehorsam gekämpft hatten .
Der Höhepunkt war dann in den 70 ern als neue Denkmäler für die Preussen Generäle errichtet wurden .
Auch die NVA Offiziersuniformen unterschieden sich nicht viel von den alten Vorbildern , diese ekligen Reiterhosen . In meiner Wehrdienstzeit hab ich bei so manchem Offizier gedacht , das Arschloch könnte auch in der Wehrmacht gedient haben .
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Evilbert
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Beitrag(#1452288) Verfasst am: 30.03.2010, 17:37    Titel: Antworten mit Zitat

wuffi hat folgendes geschrieben:

Der Höhepunkt war dann in den 70 ern als neue Denkmäler für die Preussen Generäle errichtet wurden .


Geschockt

Das hab ich nicht gewußt und damit hätte ich jetzt auch nicht gerechnet.
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wuffi
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Beitrag(#1452332) Verfasst am: 30.03.2010, 18:53    Titel: Antworten mit Zitat

Das bekannteste war wohl der Hau Degen Schill , hinter der Berliner Staatsoper . Es muss wohl interne Kritik gegeben haben , denn die Propaganda Maschine lief auf Hochtouren . Denn es wurde auch gerechtfertigt , was sonst nicht deren Art war , zb. mit den Befreiungskriegen
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Asz
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Beitrag(#1452350) Verfasst am: 30.03.2010, 19:13    Titel: Re: DDR - Erziehung/ Indoktrination/ Ausgrenzung Antworten mit Zitat

Heizölrückstoßabdämpfung hat folgendes geschrieben:
Noseman hat folgendes geschrieben:
(also Ostler scheinen ja alle doofe Nicks zu haben : zynisches Grinsen )


Den A.... versohlen


ich schließ mich Heizölrückstoßabdämpfung an und verstehe überhaupt nicht, was ihr an diesem wunderschönen Namen auszusetzen habt komm her kleiner
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Telliamed
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Anmeldungsdatum: 05.03.2007
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Beitrag(#1452367) Verfasst am: 30.03.2010, 19:45    Titel: Antworten mit Zitat

@wuffi
Zitat:
Was mich auch immer genervt hat , war die Verherrlichung des preussischen Militarismus , obwohl in der Tradition Sozialisten und Kommunisten immer gegen diesen Kadavergehorsam gekämpft hatten .
Der Höhepunkt war dann in den 70 ern als neue Denkmäler für die Preussen Generäle errichtet wurden .
Auch die NVA Offiziersuniformen unterschieden sich nicht viel von den alten Vorbildern , diese ekligen Reiterhosen . In meiner Wehrdienstzeit hab ich bei so manchem Offizier gedacht , das Arschloch könnte auch in der Wehrmacht gedient haben .


Die Wiedererrichtung der Bronze-Standbilder für Scharnhorst, Bülow, Gneisenau, Blücher und Yorck in Berlin kann man sicher unter noch mehr Gesichtspunkten betrachten.
Zum einen gehörten sie zum historischen Bild des Zentrums von Berlin, das durch den vom Nationalsozialismus entfesselten Zweiten Weltkrieg stark in Mitleidenschaft gezogen worden war. Sie stammten zum anderen alle von Christian Daniel Rauch (1777-1857), dem nach Gottfried Schadow wohl bedeutendsten Bildhauer des Klassizismus in Preußen, ebenso wie das Reiterstandbild für Friedrich II. Unter den Linden.
1981 wurde es enthüllt, nachdem es von Potsdam nach Berlin gebracht worden war. Der Literaturwissenschaftler Werner Mittenzwei erzählte einmal, wie erstaunt er war, dass die von seiner Frau Ingrid verfasste Biographie Friedrichs II. 1979 zufällig in die Hände Honeckers geriet, was die Wiedererrichtung des Denkmals ungemein beförderte.

Einerseits brachten die Heere Napoleons bürgerlichen Fortschritt in die europäischen Länder, in Deutschland profitierten besonders das Königreich Westfalen und das Großherzogtum Berg von der Einführung des Code Civil, die auch die Gleichstellung der Juden mit sich brachte. Zum anderen forderten jedoch die grenzenlosen Eroberungskriege Napoleons mehr als 1 Million Menschenleben, und ihr Ziel wurde selbst von seinen engsten Mitstreitern, wie Caulaincourt, nicht mehr verstanden. Sie konnten nur noch durch einen Abwehrkampf gestoppt werden.

Ja, diese Generale dienten Preußen. Aber Scharnhorst setzte sich - gegen die Lethargie des Königs Friedrich Wilhelm III. - für die allgemeine Volksbewaffnung im Kampf gegen Napoleon ein, die von den Junkern denn doch argwöhnisch betrachtet wurde. Bülow sicherte 1813 in der Schlacht bei Dennewitz den Zugang zu Berlin, der durch Marschall Michel Ney bedroht wurde. Gneisenau war Generalstabschef und strategischer Kopf des Befreiungskrieges gegen Napoleon, Blücher (der sich 1806 nicht wie die Kommandanten Magdeburgs und Stettins beim Auftauchen der Franzosen gleich ergab) als "Marschall Vorwärts" zwar ein halb-analphabetischer Haudegen, aber eine beliebte Volksfigur. Schließlich bewirkte die Konvention von Tauroggen, die der ansonsten reaktionäre Junker Yorck mit dem russischen General Diebitsch im Dezember 1812 abschloß, das Ausscheiden des preußischen Hilfskorps aus dem Kampf gegen die Russen.

Dafür, dass die historische Bewertung dieser Figuren zwiespältig ausfällt, können die Denkmäler Rauchs nichts.
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Asz
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Anmeldungsdatum: 31.01.2008
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Beitrag(#1452372) Verfasst am: 30.03.2010, 19:50    Titel: Antworten mit Zitat

Ansonsten bin ich auch Ossa. Ich war nicht im Widerstand (aus für mich wichtigen Gründen) und ich habe die Wende von der anderen Seite erlebt.

Ich bin in einer Familie großgeworden, in der Politik z.B. selbstverständlich war. Es wurde nicht groß diskutiert, aber wir haben damit gelebt. Bildung war das wichtigste, was es überhaupt gab.
Meine Eltern waren beide Lehrer. Ich glaube, mein Vater war ziemlich autoritär, er ist ja auch nicht lange im Schuldienst geblieben, weil er einem Kind auf dem Schulhof eine gescheuert hatte. Während meiner Schulzeit war er an der Uni als Lehrer im Hochschuldienst (russisch und polnisch) Meine Mutter war eine ausgesprochen beliebte Lehrerin, manche ihrer Schüler (sie war Grundschullehrerin) kamen noch als Erwachsene zu Besuch zu uns nach Hause. Von meiner Mutter habe ich übrigens das erste Mal den Begriff Legastheniker gehört. Im Gegensatz zu vielen anderen Lehrern (Mitte bis Ende der 60iger Jahre) hat sie die Betroffenen in ihrem Unterricht immer sehr gefördert. Seit damals weiß ich, daß eine echte Legasthenie (meistens) mit einer ausgesprochenen Mathematikbegabung einhergeht.
Es ist durchaus so gewesen, daß es in der DDR ein etwas durchorganisierteres Schulsystem gab als jetzt. Die blöden Fahnenapelle gehörten auch dazu. Aber auch ein einheitlicher Lehrplan und einheitliche Prüfungen, jeder zukünftige Student war nach dem Abitur auf einem relativ einheitlichen Wissensstand. Und Mittwochs gab es keine Hausaufgaben. Auch wenn kein Pioniernachmittag war Verlegen
Als meine Tochter zum (bundesdeutschen)Abitur hin Physik abwählen durfte, bin ich fast umgefallen!
Was ich aber ganz persönlich mitbekommen habe war, daß es in den Händen der Schuldirektoren, aber auch der Lehrer und auch der Schüler lag, wie das Leben in der Schule ablief.
In der einen Schule gab es den autoritären Führungsstil, zwei verfeindete Lehrerlager (was mir als Schülerin fast zum Verhängnis wurde) und ein, zwei engagierte Lehrer/innen, bei denen das Lernen einfach Spaß machte.
In der anderen Schule gab es ca. 3 Lehrer/innen die schwierig und verfeindet waren, ein gutes Verhältnis zwischen Direktion und Schülern und die meisten Lehrer waren engagiert.
Meine Deutschlehrerin ist in den 90igern verstorben, zu ihrer Beerdigung war der Friedhof voller Leute (kein kleiner Friedhof) und die meisten von denen waren ehemalige Schüler, die genauso heulten wie ich.
Natürlich gab es Indoktrination - "der Sozialismus wird siegen, weil er war ist" - da bin ich zum ersten Mal ausgestiegen... warum brauch ich hier wohl nicht zu erklären.
Ich hatte mit der Kirche überhaupt keine Berührung weil wir atheistisch waren - wohlgemerkt a.. nicht anti.
Deshalb habe ich mich auch ein wenig mit dem Christentum beschäftigt. Hab mir von einer Mitschülerin (ich glaube heute, die waren irgendwie evangelikal) das Vaterunser richtig beibringen lassen. Meine Mutter wurde mal nett von einem Mitlehrer daraufhingewiesen, daß ich einen Rosenkranz (Pan Jesus) als Kette um den Hals trug. Ich fands bloß kultig und hatte keine Ahnung. Nach dem Gespräch mit meiner Mutter habe ich natürlich gleich mal geforscht, was das ist Auf den Arm nehmen
Kirchenbauten fand ich architektionisch schön (ähm, die romanischen) - wie irgendwie Denkmäler oder Theater oder so.
In Halle (MediFA) waren viele christliche Mädchen in meinem Studiengang, auch eine Zeugin Jehovas, die in einer ExtraPension wohnte und ihre dünnen langen Haare immer in unserem Studentenwohnheim föhnte, weil "sonst der Haarsaft" verlorengeht.
Ich hab eigentlich immer erlebt, daß uns "Kommunistengören" immer gesagt wurde, wir müßten Vorbilder sein und überhaupt. Mag sein, daß es bei anderen anders war, dann hatte ich eben einfach Pech (oder Glück).
Und die meisten Außenseiter, die ich zu meiner Schulzeit erlebt hatte, wurden oft durch ihre Eltern zu Außenseitern gemacht - u.a. weil ja der Atheismus und natürlich der Sozialismus des Teufels waren. Nichtdestotrotz gingen viele auf die EOS und studierten. Zwei meiner entsprechenden Klassenkameraden haben sich allerdings im jungen Erwachsenenalter umgebracht.

So, jetzt wird das Posting zu lang - also klemme ich mir weitere Hinweise auf mein wirklich buntes (Schul-) leben...
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