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Lars unregistrierter User
Anmeldungsdatum: 23.05.2004 Beiträge: 240
Wohnort: Berlin
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(#160199) Verfasst am: 02.08.2004, 15:20 Titel: Re: Klarstellungen zum 2. Hptsatz |
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GermanHeretic hat folgendes geschrieben: |
2. Der Einfluß der Gravitation auf die Thermodynamik in kosmologischem Maßstab ist noch völlig ungeklärt.
3. Gravitation schafft von ganz alleine aus Chaos Strukturen: Gaswolken -> Sterne -> Planetensysteme -> Galaxien -> Haufen.
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Das ist so nicht ganz richtig.
Es ist ein beliebtes Argument von Kreationisten, dass die Urknalltheorie dem 2.HS wiedersprechen würde, weil das Universum kurz nach dem Urknall als heißer Strahlungball ja in einem Zustand maximaler Entropie gewesen sei, während es heute komplexe Strukturen enthalte.
Aber, wie du richtig gesagt hast, Unordnung ist nicht gleich Entropie, sondern nur eine grobe Analogie.
Tatsächlich kann man recht gut zeigen, dass die Entropie des Universums heute wesentlich größer ist als damals. Allein schon das wesentlich gewachsene Volumen bedingt dies.
_________________ 1. Mose 6, 5-6:
Und der Mensch sah, daß die Bosheit des Gottes im Himmel groß war und alles Sinnen der Gedanken seines Herzens nur böse den ganzen Tag.
Und es reute den Menschen, daß er den Gott im Himmel gemacht hatte, und es bekümmerte ihn in sein Herz hinein.
(leicht aktualisiert)
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frajo dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 25.08.2003 Beiträge: 11440
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(#160224) Verfasst am: 02.08.2004, 16:16 Titel: |
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Klaus-Peter hat folgendes geschrieben: | Ähnlich (oder vielmehr noch krasser) verhält es sich z.B. bei Inertialsystemen: Es gibt im ganzen Universum kein einziges real existierendes Inertialsystem. Trotzdem rechnet die Newtonsche Physik und die Spezielle Relativitätstheorie praktisch ausschliesslich und höchst erfolgreich in Inertialsystemen. |
das ist auch völlig legitim, solange im hinterkopf behalten wird, daß es sich um lokale approximationen handelt.
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Lars unregistrierter User
Anmeldungsdatum: 23.05.2004 Beiträge: 240
Wohnort: Berlin
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(#160247) Verfasst am: 02.08.2004, 17:50 Titel: |
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abi hat folgendes geschrieben: |
Zitat: | Ebenso ist es mit unserem Sonnensystem. Die Behauptung, die man häufig hört, die Erde hätte ihre Entropie im Zuge der biologischen Evolution senken können, weil dies durch eine Entropieerhöhung der Sonne erkauft worden wäre, ist falsch.
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dies gilt aber nicht nur für die erde, sondern auch für dem wurm/fötus
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Sicher, aber Deine Argumentation stützt dies absolut nicht. Beide können zwar keine Entropie an die Sonne abgeben, sehr wohl aber an ihre Umgebung. Die Erde als ganzes tut dies, indem sie hochentropische Infrarotstrahlung abgibt; der Wurm/Fötus indem er wenige große organische Moleküle zu vielen kleinen Molekülen abbaut.
Auf beides habe ich bereits hingewiesen
abi hat folgendes geschrieben: |
ich kann dir Lars in diesem punkt aber nicht zustimmen :
Zitat: | Sicher, und da sind wir uns dann einig, dass wir tagtäglich und überall Entropieabsenkung beobachten, die durch noch stärkere Entropieerhöhung der Umgebung erkauft wird.
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Da dies nur eine Behauptung, Vermutung, die bisher weder gemessen und damit bewiesen worden ist.
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Bitte rede keinen Blödsinn. Sicher hast auch Du schon beobachtet, wie eine Tasse Kaffee sich abkühlt und dabei ihre Umgebung anwärmt. Dabei sinkt, wie schon gesagt, (per Definition) die Entropie des Kaffees, während (per Definition) die Entropie der kühleren Umgebung noch stärker ansteigt.
Natürlich hat man solche Prozesse auch schon im Labor im Detail untersucht und gemessen, und zwar schon seit mehr als 150 Jahren.
Wenn Du also meinst irgendetwas sinnvolles zum Thema Thermodynamik aussagen zu können, sollten diese Dinge inzwischen schon bei Dir angekommen sein.
abi hat folgendes geschrieben: |
Worin, (Wie ist es messbar) liegt die gesamt Entropiesenkung des Planetarischen Ordnungs Systems Erde, mit all ihren Organismen und der Entropieerhöhung des Planeten Erde, die nicht von der sonne erkauft werden kann.
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Die Entropiesenkung findet dadurch statt, dass Materie im Lauf der Evolution in immer größere und komplexere Strukturen eingebaut wird. Damit können sich die entsprechenden Atome immer weniger unabhängig voneinander bewegen, was aufgrund der zweiten Teilchenstatistischen Definition der Entropie eine Erhöhung derselben darstellt.
Die Entropieabgabe nach außen findet statt, indem die Erde hochentropische Infrarotstrahlung abgibt.
abi hat folgendes geschrieben: |
Wie hast du dieses Verhältnis: gesamt Entropiesenkung Erde / gesamt Entropieerhöhung Erde, messen können ?,
(wobei die Erde als „offenes System“ gesehen werden sollte, ohne das sie es sich von der Sonne „erkaufen“ kann, sehe ich nämlich genauso und wurde mir von anderen Physikern bestätigt)
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Zunächst einmal. Ich habe das überhaupt nicht gemessen, sondern ich habe nur Ahnung von Wissenschaft und weiß daher, was andere gemessen haben.
Das die Entropieabgabe der Erde nach außen sehr viel größer ist als die Entropieabsenkung der Oberfläche der Erde durch Evolution folgert schon daraus, das der Energieumsatz der Erde insgesamt wesentlich höher ist als der Gesamtenergieumsatz sämtlicher Lebewesen.
Den Gesamtenergieumsatz der Erde kann man messen, indem man die von der Sonne einfallende Lichstrahlung misst, und die von der Erde abgegebene Infrarotstrahlung.
Darüber hinaus kann man sich noch zusätzliche Gewissheit verschaffen, indem man die Gesamtentropie der heutigen Biosphäre abschätzt und mit der einer entsprechenden 'Ursuppe' vergleicht. Die Entropieabgabe der Erde auf die letzten drei Milliarden Jahre hochgerechnet ist bei weitem größer.
abi hat folgendes geschrieben: |
die erde besitzt sehr wenig Entropie, was produziert sie als gesamt Entropieerhöhung und wie ist es messbar ? |
Wie man Licht und Infrarotstrahlung misst und wie hoch die entsprechenden Werte sind, darfst Du bitte selbst in der nächsten Bibliothek nachschlagen.
Wie man daraus Entropien berechnet, folgt für Temperaturstrahlung direkt aus der Definition.
Den Rest kannst Du selbst mit einem Taschenrechner erledigen.
_________________ 1. Mose 6, 5-6:
Und der Mensch sah, daß die Bosheit des Gottes im Himmel groß war und alles Sinnen der Gedanken seines Herzens nur böse den ganzen Tag.
Und es reute den Menschen, daß er den Gott im Himmel gemacht hatte, und es bekümmerte ihn in sein Herz hinein.
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Brochi registrierter User
Anmeldungsdatum: 26.07.2003 Beiträge: 93
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(#160379) Verfasst am: 02.08.2004, 21:52 Titel: |
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caballito hat folgendes geschrieben: | abi hat folgendes geschrieben: | Aber wer noch einen Gedanken zu diesem Thema besitzt sollte es formulieren, nochmals :
Abgeschlossenes System "Sonnensytem" + Zeit = mindestens gleiche Endropie (Unordnung)
Abgeschlossenes System "Sonnensystem" + Zeit = komplexe Ordnung Erde
einer muß seine theorie über bord werfen ! |
Nein, keiner muss seine Theorie über Bord werfen, weil die Zweite von dir genannte These niemand vertritt. Die Gesamtentropie im Sonnesystem nimmt ständig zu. die Entstehung komplexerer Systeme in Zuge der Evolution beziht sich auf nicht-abgeschlossene Systeme, die in ihrem Teilbereich die Entropie verringern, aber die Entropie der Umgebung und damit die Gesamtentropie erhöhen. |
Ich würde es noch etwas anders sehen: die erste These ist zwar formal richtig, aber in dieser Form nichtssagend in Bezug auf das "Problem", die zweite These ist unvollständig (ok, dadurch eigentlich falsch) und nicht zwangsläufig.
muss heissen:
1. Abgeschlossenes System "Sonnensytem" + Zeit = immer Entropiezunahme (und damit mindestens gleiche Entropie)
2. Abgeschlossenes System "Sonnensystem" + Zeit = komplexe Ordnung Erde + immer Entropiezunahme (aber geringere Zunahme als in 1.)
So vertragen sie sich miteinander. Dabei ist unerheblich ob das System nun offen oder geschlossen ist. Diese häufige Bezugnahme (im Thread allg.) auf ein "irgendwie" benötigtes offenes System ist nicht notwendig. Alles was es braucht, ist eine Ungleichverteilung der (inneren) Energie über den Raum des geschlossenen Systems.
D.h. Entropie wird auch nirgendwohin "abgegeben" oder irgendwie "transportiert", sie ist eine Zustandsgröße des Systems wie z.B. die Temperatur. Ebenso wie man auch nicht sagen würde das die Sonne "Temperatur abgibt". Kann man natürlich machen, wenn sich alle einig sind was gemeint ist. Wenn man das aber nicht voraussetzen kann trägt es mE eher zur Verwirrung bei. "Hochentropische Infrarotstrahlung“ grenzt dann aber schon fast an grobe Irreführung. Der Grund warum die Erde tatsächlich Energie abgeben "muss", ist der, das bestimmte Strukturen eben nur in einem gewissen Temperaturfenster bestand haben, es würde schlicht zu heiss, wenn keine Energie abgegeben werden würde.
Beispiel Larsen's Kaffeetasse:
geschlossenes System: Zimmer (mit irgendeiner "Atmossphäre" drin), 1 Tasse heisser Kaffee und eine "Wärmekraftmaschine" (etwas sperriger Ausdruck für eine Vorrichtung die bei einem bestehenden Temperaturgefälle zwischen 2 Pktn "im Raum" Arbeit verrichten kann).
Fall 1 ( Wärmekraftmaschine ausgeschaltet):
Zum Zeitpkt. t1 die Entropie "zu null" setzen (willkürlich gewähltes Bezugsniveau, nur die Änderungen sind interessant(Betrag und Richtung)), abwarten bis sich an jedem Pkt. im Raum die gleiche Temperatur eingestellt hat (t2); zwischendrin bei jedem "infinitesimalen" Zeitschritt für jedes "infinitesimales" Volumen(des geschl. Systems) den Quotienten "zugeführte Energiemenge / aktuelle Temperatur" auswerten und aufaddieren -> Entropie bei Zeitpkt. t2 = const. (ab t2) = S1_2 > S0
Fall 2 :
genauso wie Fall 1, nur mit eingeschalteter Wärmekraftmaschine, die ihre abgegebene Arbeit zu Beispiel zu spannen einer Feder verwendet; das sie Arbeit verrichten kann liegt am vorhandenen Temperaturgefälle im Raum zwischen den Zeitpktn. 1 u. 2
= Entropie bei Zeitpkt. t2 = const. (ab t2) = S2_2 > S0
Es gilt immer (eben auch in diesem geschl. System):
S1_2 > S2_2 > S0
Daß Spannen der Feder kann man sich dabei durch jeden anderen "ordnungserzeugenden" Prozess ersetzt vorstellen, ggf. müsste man nur eine weitere Maschine in den Raum stellen, z.B. eine die, eine Leiche aus den Molekülen der Atmosphäre zusammensetzt.
Grüße
Brochi
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Lars unregistrierter User
Anmeldungsdatum: 23.05.2004 Beiträge: 240
Wohnort: Berlin
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(#160437) Verfasst am: 02.08.2004, 23:38 Titel: |
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Brochi hat folgendes geschrieben: |
Dabei ist unerheblich ob das System nun offen oder geschlossen ist. Diese häufige Bezugnahme (im Thread allg.) auf ein "irgendwie" benötigtes offenes System ist nicht notwendig. Alles was es braucht, ist eine Ungleichverteilung der (inneren) Energie über den Raum des geschlossenen Systems.
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Und diese Ungleichverteilung kann wunderschön verwendet werden um das System in Untersysteme aufzuteilen.
Die Frage dieses Threads war es aber letztlich, ob in einigen dieser Untersysteme die Entropie unter Ausbildung geordneter Strukturen abnehmen kann.
Um diese Frage hast Du dich hier wunderschön herumgemogelt. (Vielleicht weil du selbst Annhänger des Irrglauben bist, dass Entropie nicht abnehmen kann?)
Die Antwort auf die Frage ist, die Entropie kann abnehmen, und dazu ist es aufgrund des 2HS sehr wohl erheblich, dass das Teilsystem offen ist.
Brochi hat folgendes geschrieben: |
D.h. Entropie wird auch nirgendwohin "abgegeben" oder irgendwie "transportiert", sie ist eine Zustandsgröße des Systems wie z.B. die Temperatur. Ebenso wie man auch nicht sagen würde das die Sonne "Temperatur abgibt". Kann man natürlich machen, wenn sich alle einig sind was gemeint ist. Wenn man das aber nicht voraussetzen kann trägt es mE eher zur Verwirrung bei. "Hochentropische Infrarotstrahlung“ grenzt dann aber schon fast an grobe Irreführung. Der Grund warum die Erde tatsächlich Energie abgeben "muss", ist der, das bestimmte Strukturen eben nur in einem gewissen Temperaturfenster bestand haben, es würde schlicht zu heiss, wenn keine Energie abgegeben werden würde.
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Entschuldige, aber dieser Absatz ist grob irreführender Unsinn.
Die innere Energie eines Systems ist eine Zustandsgröße. Wenn Sie sich verändert, dann muß geklärt werden woher die Energie kommt, oder wohin sie geht.
Die Stoffmenge eines Systems ist eine Zustandsgröße. Wenn Sie sich verändert, dann muß geklärt werden woher die Teilchen kommen, oder wohin sie gehen.
Die Temperatur eines Systems ist ebenfalls eine Zustandsgröße. Wenn Sie sich verändert, dann muß nicht geklärt nicht werden woher sie kommt, oder wohin sie geht. Davon, dass das System "Temperatur abgibt" kann man nicht sprechen. Dies wäre schlicht Unsinn.
Der Unterschied besteht nicht darin, ob eine Größe eine Zusandsgröße ist, sondern darin, ob es für sie so etwas wie einen Erhaltungssatz gibt. Energie und Stoffmenge sind Erhaltungsgrößen, sie können sich nur verändern, wenn sie sich an anderer Stelle in entgegengesetzter Weise verändern. Sie werden transportiert.
Temperatur ist keine Erhaltungsgröße, sie kann sich unabhängig von der Temperatur an anderen Stellen verändern. Sie wird daher nicht transportiert.
Entropie ist zwar keine "echte" Erhaltungsgröße, aber es gilt für sie sozusagen ein "halber Erhaltungsatz" - der zweite Hauptsatz der Thermodynamik.
Anders als zB. Energie, kann Entropie zwar 'erzeugt' werden, aber genauso wie Energie kann Entropie nicht 'vernichtet' werden.
Deshalb kann in einem abgeschlossenen System die Gesamtentropie nicht abnehmen.
Wenn in einem System die Gesamtentropie abnimmt, ist es ein offenes System. Die Entropie wird aus ihm hinaustransportiert.
Deshalb ist es auch keine "grobe Irreführung", sondern ganz normale physikalische Terminologie nach dem Mechanismus bzw. dem Medium dieses Transports zu fragen.
Brochi hat folgendes geschrieben: |
Beispiel Larsen's Kaffeetasse:
geschlossenes System: Zimmer (mit irgendeiner "Atmossphäre" drin), 1 Tasse heisser Kaffee und eine "Wärmekraftmaschine" (etwas sperriger Ausdruck für eine Vorrichtung die bei einem bestehenden Temperaturgefälle zwischen 2 Pktn "im Raum" Arbeit verrichten kann).
Fall 1 ( Wärmekraftmaschine ausgeschaltet):
Zum Zeitpkt. t1 die Entropie "zu null" setzen (willkürlich gewähltes Bezugsniveau, nur die Änderungen sind interessant(Betrag und Richtung)), abwarten bis sich an jedem Pkt. im Raum die gleiche Temperatur eingestellt hat (t2); zwischendrin bei jedem "infinitesimalen" Zeitschritt für jedes "infinitesimales" Volumen(des geschl. Systems) den Quotienten "zugeführte Energiemenge / aktuelle Temperatur" auswerten und aufaddieren -> Entropie bei Zeitpkt. t2 = const. (ab t2) = S1_2 > S0
Fall 2 :
genauso wie Fall 1, nur mit eingeschalteter Wärmekraftmaschine, die ihre abgegebene Arbeit zu Beispiel zu spannen einer Feder verwendet; das sie Arbeit verrichten kann liegt am vorhandenen Temperaturgefälle im Raum zwischen den Zeitpktn. 1 u. 2
= Entropie bei Zeitpkt. t2 = const. (ab t2) = S2_2 > S0
Es gilt immer (eben auch in diesem geschl. System):
S1_2 > S2_2 > S0
Daß Spannen der Feder kann man sich dabei durch jeden anderen "ordnungserzeugenden" Prozess ersetzt vorstellen, ggf. müsste man nur eine weitere Maschine in den Raum stellen, z.B. eine die, eine Leiche aus den Molekülen der Atmosphäre zusammensetzt.
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Ja, aber wie sich dabei der Zustand des Teilsystems 'Kaffee', insbesondere seine Entropie verändert, hast Du damit immer noch nicht erklärt. Warum in der Welt an manchen Stellen geordnete Strukturen entstehen können, erklärt Deine oberflächliche Beschreibung des Gesamtsystems ebenfalls nicht.
_________________ 1. Mose 6, 5-6:
Und der Mensch sah, daß die Bosheit des Gottes im Himmel groß war und alles Sinnen der Gedanken seines Herzens nur böse den ganzen Tag.
Und es reute den Menschen, daß er den Gott im Himmel gemacht hatte, und es bekümmerte ihn in sein Herz hinein.
(leicht aktualisiert)
Zuletzt bearbeitet von Lars am 03.08.2004, 00:51, insgesamt einmal bearbeitet |
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Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
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(#160440) Verfasst am: 02.08.2004, 23:50 Titel: |
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Hi Brochi!
Brochi hat folgendes geschrieben: | D.h. Entropie wird auch nirgendwohin "abgegeben" oder irgendwie "transportiert", sie ist eine Zustandsgröße des Systems wie z.B. die Temperatur. Ebenso wie man auch nicht sagen würde das die Sonne "Temperatur abgibt". Kann man natürlich machen, wenn sich alle einig sind was gemeint ist. Wenn man das aber nicht voraussetzen kann trägt es mE eher zur Verwirrung bei. "Hochentropische Infrarotstrahlung“ grenzt dann aber schon fast an grobe Irreführung. Der Grund warum die Erde tatsächlich Energie abgeben "muss", ist der, das bestimmte Strukturen eben nur in einem gewissen Temperaturfenster bestand haben, es würde schlicht zu heiss, wenn keine Energie abgegeben werden würde.
Beispiel Larsen's Kaffeetasse:
geschlossenes System: Zimmer (mit irgendeiner "Atmossphäre" drin), 1 Tasse heisser Kaffee und eine "Wärmekraftmaschine" (etwas sperriger Ausdruck für eine Vorrichtung die bei einem bestehenden Temperaturgefälle zwischen 2 Pktn "im Raum" Arbeit verrichten kann).
Fall 1 ( Wärmekraftmaschine ausgeschaltet):
Zum Zeitpkt. t1 die Entropie "zu null" setzen (willkürlich gewähltes Bezugsniveau, nur die Änderungen sind interessant(Betrag und Richtung)), abwarten bis sich an jedem Pkt. im Raum die gleiche Temperatur eingestellt hat (t2); zwischendrin bei jedem "infinitesimalen" Zeitschritt für jedes "infinitesimales" Volumen(des geschl. Systems) den Quotienten "zugeführte Energiemenge / aktuelle Temperatur" auswerten und aufaddieren -> Entropie bei Zeitpkt. t2 = const. (ab t2) = S1_2 > S0
Fall 2 :
genauso wie Fall 1, nur mit eingeschalteter Wärmekraftmaschine, die ihre abgegebene Arbeit zu Beispiel zu spannen einer Feder verwendet; das sie Arbeit verrichten kann liegt am vorhandenen Temperaturgefälle im Raum zwischen den Zeitpktn. 1 u. 2
= Entropie bei Zeitpkt. t2 = const. (ab t2) = S2_2 > S0
Es gilt immer (eben auch in diesem geschl. System):
S1_2 > S2_2 > S0
Daß Spannen der Feder kann man sich dabei durch jeden anderen "ordnungserzeugenden" Prozess ersetzt vorstellen, ggf. müsste man nur eine weitere Maschine in den Raum stellen, z.B. eine die, eine Leiche aus den Molekülen der Atmosphäre zusammensetzt. |
Wozu denn irgendeine "Atmosphäre" im 'Zimmer'?! Na ja, um es als Fan der TIP rund zu machen:
dS = deS + diS (mit diS >/= 0)
wobei:
dS: Entropieproduktion
deS: Entropiefluß über die Systemgrenzen infolge materieller und energetischer Austauschvorgänge mit der Systemumgebung
diS: Entropieproduktion aufgrund irreversibler interner Prozesse
Die Betonung liegt hier auf Fluß! Systeme, die mit ihrer Umgebung nicht Energie- und Materie austauschen (= Geschlossene Systeme), können demnach ihre Entropie entweder steigern oder ihre strukturell-funktionelle Ordnung verringern. Dabei ist es erstmal unerheblich, ob Geschlossene Systeme nun 'nur' Ideale Systeme sind.
Bei Offenen Systemen kann dagegen die Produktion von Entropie dS minimiert werden, falls die Relation zwischen diS und deS entsprechend abgestimmt ist und dies auch mit den äußeren, an den Systemgrenzen vorhandenen Bedingungen (wie Temperatur- oder Konzentrationsgradienten) vereinbar ist. Und genau deswegen können auch höher geordnete Zustände, wie etwa evolutiv neue Strukturen, entstehen! Diese wiederum sind dann stationär, wenn ein Energiefluß vorhanden ist und wenn entweder dS = 0 oder deS = -diS </= 0 gilt.
Wichtig wäre noch, zu erwähnen, dass der genannte stationäre Zustand der Offenen Systeme vom Gleichgewicht Geschlossener Systeme verschieden ist. Der letztere Fall ist der Gegenstand der klassischen Thermodynamik (Stichwort Carnot): Mit dS >/= 0 sind für geschlossene Systeme sowohl diS = 0 als auch deS = 0.
Jetzt wären wir dann schon beim thermodynamischen Fließgleichgewicht offener Systeme angelangt.
Cheers,
Lamarck
_________________ „Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)
„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.” (John Maynard Smith)
„Computers are to biology what mathematics is to physics.” (Harold Morowitz)
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Spock lebt noch
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 4185
Wohnort: Herbipolis
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(#160560) Verfasst am: 03.08.2004, 11:54 Titel: |
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Klaus-Peter hat folgendes geschrieben: | Man kann sich nämlich leicht ein (gedachtes) abgeschlossenes System erzeugen, indem man um ein beliebiges System eine gedachte Kugel legt, sämtliche Materie und Energieflüsse (rein und raus) durch die Oberfläche dieser Kugel betrachtet und eine zweite, diese Kugel umschliessende Kugel als Quelle und Senke dieser Energie- und Materieflüsse auffasst. Das Innere der (nur gedachten) Äusseren Kugel ist dann ein abgeschlossenes System. |
Wie gesagt, ist das nur gedacht Ich kenne nichts, was wirklich jeden Einfluss abschirmt und im Falle der Gravitation ist das auch gar nicht möglich
_________________ "Wieviel dieses Märchen von Christus uns un den Unseren genützt hat, ist allbekannt!" (Papst Leo x.)
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narziss auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 21939
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(#160571) Verfasst am: 03.08.2004, 12:33 Titel: |
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Spock hat folgendes geschrieben: | Klaus-Peter hat folgendes geschrieben: | Man kann sich nämlich leicht ein (gedachtes) abgeschlossenes System erzeugen, indem man um ein beliebiges System eine gedachte Kugel legt, sämtliche Materie und Energieflüsse (rein und raus) durch die Oberfläche dieser Kugel betrachtet und eine zweite, diese Kugel umschliessende Kugel als Quelle und Senke dieser Energie- und Materieflüsse auffasst. Das Innere der (nur gedachten) Äusseren Kugel ist dann ein abgeschlossenes System. |
Wie gesagt, ist das nur gedacht Ich kenne nichts, was wirklich jeden Einfluss abschirmt und im Falle der Gravitation ist das auch gar nicht möglich  | Ist es wirklich nicht möglich die Gravitation komplett abzuschirmen? Könnte man nicht Star Trek like den Raum geschickt verzerren um das zu erreichen, oder wäre das dann schon wieder ein eigenes Universum wenn man es hinbekommt?
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frajo dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 25.08.2003 Beiträge: 11440
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(#160593) Verfasst am: 03.08.2004, 14:07 Titel: |
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narziss hat folgendes geschrieben: | Spock hat folgendes geschrieben: | Klaus-Peter hat folgendes geschrieben: | Man kann sich nämlich leicht ein (gedachtes) abgeschlossenes System erzeugen, indem man um ein beliebiges System eine gedachte Kugel legt, sämtliche Materie und Energieflüsse (rein und raus) durch die Oberfläche dieser Kugel betrachtet und eine zweite, diese Kugel umschliessende Kugel als Quelle und Senke dieser Energie- und Materieflüsse auffasst. Das Innere der (nur gedachten) Äusseren Kugel ist dann ein abgeschlossenes System. |
Wie gesagt, ist das nur gedacht Ich kenne nichts, was wirklich jeden Einfluss abschirmt und im Falle der Gravitation ist das auch gar nicht möglich  | Ist es wirklich nicht möglich die Gravitation komplett abzuschirmen? |
realiter kannst du nur eine "gravitationsfalle" herstellen, die aber keine potentialmulde, sondern eine potentialkuppel wäre. also eigentlich gar keine "falle". "herstellen" ist auch etwas übertrieben; besser ist "aufsuchen".
also z.b. einen punkt zwischen sonne, erde, mond, wo alle drei g-felder sich (für einen moment) ausbalancieren.
oder dynamisch: spring ganz weit oben aus dem raumschiff. dann befindest du dich für eine zeitlang in einem scheinbar gravitationsfreien raum.
Zitat: | Könnte man nicht Star Trek like den Raum geschickt verzerren um das zu erreichen, oder wäre das dann schon wieder ein eigenes Universum wenn man es hinbekommt? |
selbst hypothetisch macht die gravitation schwierigkeiten.
meine augäpfel, die ekpyrosis samt geschwistern, sehen in der gravitation sogar die einzige der vier klassischen wechselwirkungen, deren felder nicht auf die bran beschränkt sind, die wir "universum" nennen, während die restlichen drei sich hübsch in deren (dreidimensionalen) schranken zu halten haben.
es sei denn, jemand macht gebrauch von den im gefolge des inflationsmodells inflationär angebotenen wechselwirkungsfeldern jenseits der vier klassischen. dem "inflaton"-feld z.b., oder der "quintessenz" oder der "dark energy".
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Brochi registrierter User
Anmeldungsdatum: 26.07.2003 Beiträge: 93
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(#160972) Verfasst am: 03.08.2004, 22:35 Titel: |
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Lars hat folgendes geschrieben: | Brochi hat folgendes geschrieben: |
Dabei ist unerheblich ob das System nun offen oder geschlossen ist. Diese häufige Bezugnahme (im Thread allg.) auf ein "irgendwie" benötigtes offenes System ist nicht notwendig. Alles was es braucht, ist eine Ungleichverteilung der (inneren) Energie über den Raum des geschlossenen Systems.
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Und diese Ungleichverteilung kann wunderschön verwendet werden um das System in Untersysteme aufzuteilen.
Die Frage dieses Threads war es aber letztlich, ob in einigen dieser Untersysteme die Entropie unter Ausbildung geordneter Strukturen abnehmen kann. |
Die Frage war, ob das Entstehen geordneter Strukturen mit dem 2. HS vereinbar ist.
Lars hat folgendes geschrieben: |
Um diese Frage hast Du dich hier wunderschön herumgemogelt. (Vielleicht weil du selbst Annhänger des Irrglauben bist, dass Entropie nicht abnehmen kann?) |
Weder das eine noch das andere. Ich habe nur gesagt/versucht zu zeigen, das man sich nicht explizit auf eine lokale Entropiesenkung beziehen muss, um abi’s Frage zu beantworten...
Lars hat folgendes geschrieben: |
Die Antwort auf die Frage ist, die Entropie kann abnehmen, und dazu ist es aufgrund des 2HS sehr wohl erheblich, dass das Teilsystem offen ist. |
...muss aber zugeben, dass ich in meiner Vorstellung doch stark den geschlossenen Systemen verhaftet bin, um "in einem Rutsch" die "globlale" Entropieerhöhung mit unterzubringen.
Lars hat folgendes geschrieben: | Brochi hat folgendes geschrieben: |
D.h. Entropie wird auch nirgendwohin "abgegeben" oder irgendwie "transportiert", sie ist eine Zustandsgröße des Systems wie z.B. die Temperatur. Ebenso wie man auch nicht sagen würde das die Sonne "Temperatur abgibt". Kann man natürlich machen, wenn sich alle einig sind was gemeint ist. Wenn man das aber nicht voraussetzen kann trägt es mE eher zur Verwirrung bei. "Hochentropische Infrarotstrahlung“ grenzt dann aber schon fast an grobe Irreführung. Der Grund warum die Erde tatsächlich Energie abgeben "muss", ist der, das bestimmte Strukturen eben nur in einem gewissen Temperaturfenster bestand haben, es würde schlicht zu heiss, wenn keine Energie abgegeben werden würde.
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Entschuldige, aber dieser Absatz ist grob irreführender Unsinn. |
Nein, ich muss mich entschuldigen, für meine völlig unangebrachte nassforsche Art Dir Irreführung zu unterstellen, ist mir ziemlich peinlich. Zumal Du wahrscheinlich in dem Thema wesentlich sattelfester bist als ich.
Lars hat folgendes geschrieben: |
Die innere Energie eines Systems ist eine Zustandsgröße. Wenn Sie sich verändert, dann muß geklärt werden woher die Energie kommt, oder wohin sie geht.
Die Stoffmenge eines Systems ist eine Zustandsgröße. Wenn Sie sich verändert, dann muß geklärt werden woher die Teilchen kommen, oder wohin sie gehen.
Die Temperatur eines Systems ist ebenfalls eine Zustandsgröße. Wenn Sie sich verändert, dann muß nicht geklärt nicht werden woher sie kommt, oder wohin sie geht. Davon, dass das System "Temperatur abgibt" kann man nicht sprechen. Dies wäre schlicht Unsinn.
Der Unterschied besteht nicht darin, ob eine Größe eine Zusandsgröße ist, sondern darin, ob es für sie so etwas wie einen Erhaltungssatz gibt. Energie und Stoffmenge sind Erhaltungsgrößen, sie können sich nur verändern, wenn sie sich an anderer Stelle in entgegengesetzter Weise verändern. Sie werden transportiert.
Temperatur ist keine Erhaltungsgröße, sie kann sich unabhängig von der Temperatur an anderen Stellen verändern. Sie wird daher nicht transportiert. |
Ok, die Analogie zur Temperatur war ein Fehlgriff, das ist nachvollziehbar.
Lars hat folgendes geschrieben: |
Entropie ist zwar keine "echte" Erhaltungsgröße, aber es gilt für sie sozusagen ein "halber Erhaltungsatz" - der zweite Hauptsatz der Thermodynamik.
Anders als zB. Energie, kann Entropie zwar 'erzeugt' werden, aber genauso wie Energie kann Entropie nicht 'vernichtet' werden.
Deshalb kann in einem abgeschlossenen System die Gesamtentropie nicht abnehmen.
Wenn in einem System die Gesamtentropie abnimmt, ist es ein offenes System. Die Entropie wird aus ihm hinaustransportiert.
Deshalb ist es auch keine "grobe Irreführung", sondern ganz normale physikalische Terminologie nach dem Mechanismus bzw. dem Medium dieses Transports zu fragen. |
Hier habe ich vermutlich vorstellungmäßig irgendwie den Klemmer. Das die Entropie in einem offenen System abnimmt, ist nicht das Problem, aber das sie abgegeben wird und sich dabei "irgenwo/irgendwann" "vermehrt" ist mir nicht eingängig, irgendwie halte ich automatisch Ausschau nach der nächsten Sytemgrenze-> klebe zu sehr an meinem Bild vom "dann doch" geschlossenen System.
Grüße
Brochi
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Spock lebt noch
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 4185
Wohnort: Herbipolis
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(#161176) Verfasst am: 04.08.2004, 11:12 Titel: |
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Gravitation ist nicht aufzuhalten und gekrümmter Raum ist ja Gravitation
Außerdem ist kein Kalorymetergefäß im Stande, alle Wärmeenergie abzuschirmen
_________________ "Wieviel dieses Märchen von Christus uns un den Unseren genützt hat, ist allbekannt!" (Papst Leo x.)
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Tso Wang Vergiß es
Anmeldungsdatum: 21.09.2003 Beiträge: 1433
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(#161619) Verfasst am: 05.08.2004, 09:37 Titel: |
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Brochi hat folgendes geschrieben: | Lars hat folgendes geschrieben: | Brochi hat folgendes geschrieben: |
Dabei ist unerheblich ob das System nun offen oder geschlossen ist. Diese häufige Bezugnahme (im Thread allg.) auf ein "irgendwie" benötigtes offenes System ist nicht notwendig. Alles was es braucht, ist eine Ungleichverteilung der (inneren) Energie über den Raum des geschlossenen Systems.
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Und diese Ungleichverteilung kann wunderschön verwendet werden um das System in Untersysteme aufzuteilen.
Die Frage dieses Threads war es aber letztlich, ob in einigen dieser Untersysteme die Entropie unter Ausbildung geordneter Strukturen abnehmen kann. |
Die Frage war, ob das Entstehen geordneter Strukturen mit dem 2. HS vereinbar ist.
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Hallo Brochi,
mir sind keine Fälle bekannt, bei denen das Entstehen bzw. Vorhandensein geordneter Strukturen (wie z.B. lebende Zellen) gegen den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik verstoßen würde. Im Gegenteil : Lebende 'Systeme' folgen streng den Gesetzen der Thermodynamik. Wobei zu beachten ist, daß z.B. eine Zelle kein abgeschlossenes System darstellt. Zellen sind offene (im thermodynamischen Sinne) Systeme, die mit ihrer Umgebung im Fließgleichgewicht stehen (wie Lamarck es auch schon erwähnte).
Die Schwierigkeit mancher mag darin bestehen, daß bei irreversiblen Reaktionen die Entropie (das Maß der Unordnung/ das Maß der Unzugänglichkeit der Energie) zunimmt. Nahezu alle Reaktionen in der Alltagswelt sind irreversibel (unumkehrbar). Irreversibel bedeutet hier, daß ein freiwillig verlaufender Vorgang - wie z.B. eine an einem Abhang liegende Kugel, die spontan ins Tal rollt oder eine heiße Tasse Kaffee, die sich spontan abkühlt - niemals freiwillig in umgekehrter Reihenfolge stattfindet. Dazu wäre die Zufuhr von Energie notwendig. Bei all diesen freiwillig ablaufenden Reaktionen nimmt die Entropie zu. Jetzt erhebt sich vielleicht bei einigen die Frage: Wie kann überhaupt eine Zelle 'freiwillig' existieren, wenn doch bei allen freiwilligen Reaktionen das Maß der Unordnung zunimmt? Über die 'Freiwilligkeit' von Reaktionen macht die sog. Gibbs-Helmholtz-Gleichung, in die auch die Zustandsgröße Entropie eingebettet ist, eine Aussage:
(Delta) G = (Delta) H - T * (Delta) S
wobei:
(Delta) G: Änderung der Freien Enthalpie
(Delta H): Änderung der Enthalpie (Reaktionswärme)
T: Temperatur
(Delta) S: Änderung der Entropie bedeutet.
Damit ein Vorgang freiwillig abläuft, muß Delta G negativ sein. Man sagt dann, die Reaktion sei exergonisch (Gegenteil: endergonisch): Das Produkt einer solchen Reaktion enthält weniger Freie Enthalpie als sein(e) Edukt(e). Bei lebenden Zellen nun ist es so, daß energetisch ungünstige Reaktionen (endergonische Prozesse) an energetisch günstige (exergonische) gekoppelt sind, sodaß die Summe der Veränderung der Freien Enthalpie negativ ist (und somit 'freiwillig' abläuft).
Ein immer wieder schönes Beispiel: Der Aufbau von Proteinen aus Aminosäuren ist thermodynamisch ungünstig (endergonisch), er ist jedoch mit der Reaktion ATP--> AMP + 2 Phosphat (stark exergonisch) eng gekoppelt (Delta G also negativ).
Aminosäuren ---> Proteine ;Delta G (1) ist positiv (endergonisch)
ATP ---> AMP + 2 Phosphat ;Delta G(2) ist negativ (exergonisch)
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Summe : Aminosäuren + ATP ---> Proteine + AMP + 2 Phosphat
Die Summe von Delta G(1) und Delta G(2) ist negativ (der Gesamtvorgang exergonisch)
Bei isolierter Betrachtung wäre der 'freiwillige' Aufbau von Proteinen thermodynamisch unmöglich, bei interdependenter Betrachtung löst sich dieses Problem wie 'von Selbst'.
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P.S. Weiß jemand, wie man hier Formeln eingeben kann?
_________________ Geh' weiter
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frajo dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 25.08.2003 Beiträge: 11440
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(#161883) Verfasst am: 05.08.2004, 19:35 Titel: |
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Tso Wang hat folgendes geschrieben: | P.S. Weiß jemand, wie man hier Formeln eingeben kann? |
ich versuch's mal:
Δ<sub>G</sub> = Δ<sub>H</sub> - T * Δ<sub>S</sub>
wobei
Δ<sub>G</sub>: Änderung der Freien Enthalpie
Δ<sub>H</sub>: Änderung der Enthalpie (Reaktionswärme)
T : Temperatur
Δ<sub>S</sub>: Änderung der Entropie bedeuten.
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Brochi registrierter User
Anmeldungsdatum: 26.07.2003 Beiträge: 93
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(#163128) Verfasst am: 07.08.2004, 22:32 Titel: |
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Tso Wang hat folgendes geschrieben: | Brochi hat folgendes geschrieben: | Lars hat folgendes geschrieben: | Brochi hat folgendes geschrieben: |
Dabei ist unerheblich ob das System nun offen oder geschlossen ist. Diese häufige Bezugnahme (im Thread allg.) auf ein "irgendwie" benötigtes offenes System ist nicht notwendig. Alles was es braucht, ist eine Ungleichverteilung der (inneren) Energie über den Raum des geschlossenen Systems.
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Und diese Ungleichverteilung kann wunderschön verwendet werden um das System in Untersysteme aufzuteilen.
Die Frage dieses Threads war es aber letztlich, ob in einigen dieser Untersysteme die Entropie unter Ausbildung geordneter Strukturen abnehmen kann. |
Die Frage war, ob das Entstehen geordneter Strukturen mit dem 2. HS vereinbar ist.
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Hallo Brochi,
mir sind keine Fälle bekannt, bei denen das Entstehen bzw. Vorhandensein geordneter Strukturen (wie z.B. lebende Zellen) gegen den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik verstoßen würde. Im Gegenteil : Lebende 'Systeme' folgen streng den Gesetzen der Thermodynamik. Wobei zu beachten ist, daß z.B. eine Zelle kein abgeschlossenes System darstellt. Zellen sind offene (im thermodynamischen Sinne) Systeme, die mit ihrer Umgebung im Fließgleichgewicht stehen (wie Lamarck es auch schon erwähnte). |
Hi Tso Wang,
eigentlich war mir schon klar, daß die Entstehung 'geordneter Strukturen' nicht gegen den 2.HS verstösst/verstossen kann. Ich hatte mich nur etwas an Lars' Hinweis auf ein offenes System gestört. Das Entstehen solcher Strukturen kann man natürlich ebensogut an geschlossenen Systemen erläutern, wobei letzteres mE den (bescheidenen) Vorteil hat, das es den Aspekt der 'globalen' Entropiezunahme deutlicher hervorhebt. Dieser scheinbare Widerspruch war ja Ausgangspunkt von abis's Frage. Die Beantwortung dieser Frage mit dem Hinweis auf ein offenens System fand ich etwas ungünstig.
Auch den Energieerhaltungssatz würde ich z.B. nicht ausgerechnet an einem offenen System erläutern, weil ich befürchten würde, das ein zentraler Aspekt nicht deutlich wird. Andererseits geb ich Lars vollkommen recht, das es ebenso falsch ist, es so 'abzuspeichern', das die Entropie nicht abnehmen kann.
Die im 'Zimmerbeispiel' erwähnten 'kleinen Volumina' stellen ja praktisch wieder offene Systeme dar über deren Grenzen bilanziert wird. Einige senken ihre Entropie, z.B. die 'in' der Kaffeetasse, andere steigern ihre Entropie. Man könnte also auch sagen die Entropie.....-fließt (obwohl ich die Formulierung immer noch ein wenig komisch finde).
Das ganze 'numereisch' mit endlichen Volumina/Zeitschritten berechnet, würde dann wohl das 'Fließgleichgewicht' in Form eines (großen) 'Gleich'-chungssytems in Erscheinung treten lassen.
Grüsse
Brochi
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Ekkard registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.08.2004 Beiträge: 14
Wohnort: overath
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(#163721) Verfasst am: 09.08.2004, 17:30 Titel: Systeme im Ungleichgewicht |
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Die Sache mit der Entropie und den diversen Erhaltungsgrößen halte ich nach den Beiträgen von Lars, Tso Wang und anderen für ausreichend geklärt. Die von abi eingangs und mit einiger Hartnäckigkeit vertretenen These, dass die Entstehung von komplexen Systemen dem 2. Hauptsatz der Wärmelehre widerspreche, beruht m.E. auf einer Einschränkung, die man im 19.Jahrundert weitgehend gemacht und gerne als Wärmetod des Universums beschrieben hat.
Die Einschränkung beruht auf der Betrachtung und Berechnung von Gleichgewichtszuständen statistisch unabhängiger Teilchen. Dehnt man jedoch die Betrachtungsweise auf gekoppelte Teilchen und Systeme fernab vom Gleichgewicht aus, so ergibt sich keineswegs ein "Wärmetod" auch ohne den 2. Hauptsatz zu verletzen - jedenfalls über sehr lange Zeiten hinweg nicht.
Hingegen kann die Komplexität gekoppelter Teilchen (Teilsysteme) lokal noch extrem zunehmen.
Möglicherweise tritt ein Wärmetod auch nie ein, wenn es Mechanismen im Universum gibt, die das Ungleichgewicht gekoppelter Systeme aufrecht erhält. Ich erinnere nur daran, dass die Zeit eine relative Größe ist, deren Ablauf in unserem lokalen Sinn langsam abnehmen kann. Die Entropie des Gesamtsystems würde zwar immer noch wachsen, aber nur noch sehr wenig.
Ehre, wem Ehre gebührt: Die gekoppelten Teilchensysteme wurden im Beitrag zur Kohlenstoff-Chemie (Tso Wang) bereits beschrieben.
_________________ Mit freundlichem Gruß
Ekkard
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Die Realität ist mystischer als jeder Mythos
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