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Tom der Dino registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.07.2011 Beiträge: 3949
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(#1677656) Verfasst am: 20.08.2011, 21:23 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Also mir ist das mit der Objektivierung immer noch suspekt (nicht nur was Frauen betrifft). Für einen würdigen Umgang miteinander müssen beide Seiten (und die Gesellschaft drumherum) mE zwei wesentliche Kriterien erfüllen:
- Die Frau (bzw. jede Person) muss die Möglichkeit gehabt haben, ihre Persönlichkeit und damit ihre Interssen angemessen zu entwickeln (z.B. Bildung).
- Ihr Gegenüber muß ihre Interessen angemessen respektieren.
That's it, aus meiner Sicht. |
Kann man zwar so sehen, aber das hilft ja nicht viel weiter. Das markierte 'angemessen' wäre dann hier das Thema. Also Kriterien dafür, wann etwas angemessen ist und wann nicht. Das ist der eigentlich strittige und schwierige Punkt und die von Nussbaum entwickelten Kriterien können dabei vielleicht helfen.
Nochmal kurz zu Nussbaum: wie gesagt, deren Kriterien sind nicht in Stein gemeißelt. Es gibt da auch ihr widersprechende Meinungen; ein bisschen Kritik an ihr habe ich ja schon zitiert. |
Deswegen frage ich ja danach, wie wir hier innerhalb dieser Diskussion Objektivierung definieren, da hier jeder offenbar eine andere Vorstellung davon hat.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Es ist auch niemand daran gehindert, selber den Artikel (oder sonstiges darüber) zu lesen, ich sehe mich hier nicht in der Position, alles vorlegen zu sollen. Das kann ich auch gar nicht, weil ich selber mit dem Thema nicht besonders vertraut bin.
Ich habe halt auch gedacht, dass Skeptiker hier was Erhellendes beitragen könnte, denn er behauptete ja im anderen Thread, dass dort 'Sexualisierung' der wesentliche Gesichtspunkt sei, (was ich nicht meine). Und dafür muss er ja einen Grund sehen, würde ich zumindest annehmen, wenn jemand sowas sagt. |
Wir versuchen hier also erstmal zu klären was Objektivierung, Sexualisierung und objektivierende Sexualisierung ist?
_________________ Am Anfang war ......das Experiment.
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Tom der Dino registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.07.2011 Beiträge: 3949
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(#1677661) Verfasst am: 20.08.2011, 21:35 Titel: |
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Shevek hat folgendes geschrieben: | Tom der Dino hat folgendes geschrieben: |
Shevek hat folgendes geschrieben: | Es ist ziemlich schnurz, ob du auf ihren Po schaust, wenn sie einfach nur an dir vorbei geht, oder neben dir steht. Es geht darum wie du dich verhältst, wenn sie etwas sagt oder tut.
Was ist, wenn sie vor dir steht und einen Vortrag über ein politisches Thema hält: Hörst du ihren Worten zu und denkst über diese nach, oder sitzt du da und denkst: "Wann drehst sie sich endlich zur Tafel, damit ich ihren Po ansehen kann." |
Das bedeutet, dass eine Objektivierung das Verlassen oder Negieren einer gemeinsamen Kommunikation bzw. zwischenmenschlichen Interaktion darstellt, die vom objektivierten Menschen verlangt wird. Kann man das so sagen? |
Ähm, also geht es dir nun um die Definition von Nussbaum, oder um das worum es geht, wenn Feministinnen nicht objektiviert werden wollen? |
Ich möchte klären was wir hier unter Objektivierung verstehen, bevor wir anfangen diese zu bewerten, um zu zeigen wann sie angemessen ist und wann nicht.
Shevek hat folgendes geschrieben: | Im zweiten Fall geht es denke ich weiter. Es geht darum die Frau als ganzen Menschen wahr zu nehmen und zu behandeln, nicht nur als schönen Hintern-Trägerin oder auch Köchin und Putzfrau. |
Das ist aber eine Lebensaufgabe, das mit dem ganzen Menschen. Die meisten Menschen, so wage ich zu behaupten, nehmen sich ja nicht mal selbst komplett wahr. Einen anderen Menschen komplett wahrzunehmen, erfordert Jahre des Kennenlernens, wenn es überhaupt möglich ist. Man nimmt doch sein Gegenüber immer nur in einem Teilbereich wahr, als Diskussionspartner, als Sexualpartner, als jemand der beim Umzug hilft, als jemand mit dem man um die Häuser zieht etc....
Wenn diese Frau mir einen Vortrag hält, dann sehe ich sie auch nicht als "ganze" Frau sondern mehr als Informations- und Meinungsträger. In Vorträgen blende ich persönlich die sexuelle Komponente weitesgehend aus, obwohl die ja auch zur ganzen Frau gehört.
_________________ Am Anfang war ......das Experiment.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1677669) Verfasst am: 20.08.2011, 22:05 Titel: |
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Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Wir versuchen hier also erstmal zu klären was Objektivierung, Sexualisierung und objektivierende Sexualisierung ist? |
Ich habe bisher dargestellt, welche Kriterien für Objektifizierung Nussbaum anführt und welches Kriterium sie anführt, wann Objektifizierung moralisch negativ ist.
Ich stimme Nussbaum soweit zu.
Und klar wäre es gut, wenn wir uns erst mal auf eine gemeinsame Basis einigen können. Und das muss selbstverständlich nicht diejenige sein, der ich zustimme.
Vielleicht noch ein Zitat:
Feminist Perspectives on Objectification hat folgendes geschrieben: | 6. Conclusion
Undoubtedly, objectification is a concept difficult to define, as Nussbaum also acknowledges, since it turns out to be ‘slippery’ and ‘multiple’ (Nussbaum 1995, 251). How to best define objectification, and whether this notion should be restricted to describe the morally objectionable, or expanded to cover benign and/or positive aspects of the way we see and treat each other in our daily lives is an ongoing debate. Much recent feminist work has been devoted to comprehensive philosophical analyses of objectification, which will hopefully lead to more complete and coherent understandings of this notion. |
Meine Übersetzung:
6. Abschließende Überlegungen
Fraglos ist Objektifizierung ein schwierig zu definierendes Konzept, wie Nussbaum ebenso anerkennt, da es sich als 'glitschig / schwer einzugrenzen' und 'mannigfaltig' erwiesen hat (Nussbaum 1995, 251). Wie man Objektifizierung am besten definieren kann und ob diese Definition auf das moralisch Fragwürdige beschränkt werden soll oder insofern erweitert werden soll, dass es auch gutartige und positive Aspekte dessen, wie wir uns in unserem täglichen Leben gegenseitig sehen und behandeln, einschließt, ist Bestandteil einer anhaltenden Debatte. Eine große Menge neuerer feministischer Arbeiten ist der ausgiebigen philosophischen Analyse von Objektifizierung gewidmet, die hoffentlich zu einem umfassenderen und kohärenteren Verständnis dieses Begriffes führen werden.
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Shevek ohne jeglichen Respekt vor Autoritäten
Anmeldungsdatum: 23.01.2006 Beiträge: 4289
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(#1677686) Verfasst am: 20.08.2011, 23:15 Titel: |
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Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Ich möchte klären was wir hier unter Objektivierung verstehen, bevor wir anfangen diese zu bewerten, um zu zeigen wann sie angemessen ist und wann nicht. |
Das wird schwierig und ich schätze mal so wirklich klar schafft man das mit keinem Begriff. Es gibt ja gewöhnlich einen bestimmten Kontext in dem ein Begriff geklärt wird. Hier geht es, denke ich, um Objektivizierung im feministischen Kontext, weil ja der Ausgangspunkt war, dass eine Feministin nicht sexualisiert werden wollte.
Da sehe ich nicht, was es bringt den Begriff abstrakt zu definieren. Der Punkt ist doch der, das es Verhalten gibt das Männer (nicht alle, aber ein deutlicher Anteil) Frauen gegenüber zeigen, dass deutlich sexualisierend und objektivierend ist. Wenn wir beim Ausgangspunkt bleiben, dann ist doch die Frage: Was hat RW gemeint und was wird allgemein innerhalb der feministischen Bewegung darunter verstanden.
Oder verstehe ich da eure Intention falsch?
Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Das ist aber eine Lebensaufgabe, das mit dem ganzen Menschen. |
Da überziehst du aber deutlich.
Es geht nicht darum einen Menschen in all seinen Facetten zu kennen, sondern darum wahrzunehmen dass da ein Mensch vor einem steht, der viele verschiedene Facetten hat, der noch andere Rollen und Interessen kennt als die, die einem gerade wichtig sind.
Das ist eine grundlegende Einstellung Menschen gegenüber, die ich für selbstverständlich halte.
_________________ Endlich sind die Terroristen weg,
und es herrschen Ordnung und Ruhe und Frieden,.......
.....die, die Unheil und Armut und Krankheit verbreiten,
für sie herrschen sorglose Zeiten,
da kein bisschen Sprengstoff sie daran hindert, ihre Geschafte zu betreiben...
....endlich sind die Terroristen weg,
und es herrschen Ordnung und Ruhe und Frieden.
(Jan Delay)
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Shevek ohne jeglichen Respekt vor Autoritäten
Anmeldungsdatum: 23.01.2006 Beiträge: 4289
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(#1677688) Verfasst am: 20.08.2011, 23:19 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Also mir ist das mit der Objektivierung immer noch suspekt (nicht nur was Frauen betrifft). Für einen würdigen Umgang miteinander müssen beide Seiten (und die Gesellschaft drumherum) mE zwei wesentliche Kriterien erfüllen:
- Die Frau (bzw. jede Person) muss die Möglichkeit gehabt haben, ihre Persönlichkeit und damit ihre Interssen angemessen zu entwickeln (z.B. Bildung).
- Ihr Gegenüber muß ihre Interessen angemessen respektieren.
That's it, aus meiner Sicht. |
Kann man zwar so sehen, aber das hilft ja nicht viel weiter. |
Warum nicht?
Das angemessen kann man meiner Meinung nach auch weglassen. Ein Interesse zu respektieren bedeutet ja nicht, ihm in jedem Fall nach zu gehen.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: |
Ich habe halt auch gedacht, dass Skeptiker hier was Erhellendes beitragen könnte, denn er behauptete ja im anderen Thread, dass dort 'Sexualisierung' der wesentliche Gesichtspunkt sei, (was ich nicht meine). Und dafür muss er ja einen Grund sehen, würde ich zumindest annehmen, wenn jemand sowas sagt. |
Ja, ich hätte auch gedacht, dass er sich an der von ihm eingeforderten Diskussion beteiligt.
_________________ Endlich sind die Terroristen weg,
und es herrschen Ordnung und Ruhe und Frieden,.......
.....die, die Unheil und Armut und Krankheit verbreiten,
für sie herrschen sorglose Zeiten,
da kein bisschen Sprengstoff sie daran hindert, ihre Geschafte zu betreiben...
....endlich sind die Terroristen weg,
und es herrschen Ordnung und Ruhe und Frieden.
(Jan Delay)
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1677690) Verfasst am: 20.08.2011, 23:33 Titel: |
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Shevek hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Kann man zwar so sehen, aber das hilft ja nicht viel weiter. |
Warum nicht?
Das angemessen kann man meiner Meinung nach auch weglassen. Ein Interesse zu respektieren bedeutet ja nicht, ihm in jedem Fall nach zu gehen. |
Aber selbst wenn so: hülfe ja auch nicht weiter. Dann müsste man Kriterien festlegen, wann und warum ein Interesse berücksichtigt werden sollte und wann und warum es nicht berücksichtigt werden brauchte.
Und ich respektiere nicht alle Interessen. Wenn Du z.B. ein Interesse daran hättest, dass ich nur noch rote T-Shirts tragen soll, dann wäre mir das einfach nur egal. Und Ignoranz ist was anderes als respektieren / Respekt.
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1677691) Verfasst am: 20.08.2011, 23:43 Titel: |
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Shevek hat folgendes geschrieben: | Da sehe ich nicht, was es bringt den Begriff abstrakt zu definieren. Der Punkt ist doch der, das es Verhalten gibt das Männer (nicht alle, aber ein deutlicher Anteil) Frauen gegenüber zeigen, dass deutlich sexualisierend und objektivierend ist. Wenn wir beim Ausgangspunkt bleiben, dann ist doch die Frage: Was hat RW gemeint und was wird allgemein innerhalb der feministischen Bewegung darunter verstanden.
Oder verstehe ich da eure Intention falsch? |
Ich würde das gerne noch mal klar stellen: ich habe diesen Thread nur eröffnet, ich sehe mich nicht als den, der hier Intentionen vorgibt.
Klar habe ich bestimmte Vorstellungen darüber, wie dieser Thread ablaufen könnte: mir wäre es lieb, wenn dies kein Feministen-Bashing würde, mir geht es um eine gemeinsame Erarbeitung des hier besprochenen Begriffes und ich fände es großartig, wenn sich ein Erkenntnisgewinn ergeben würde. Aus rein egoistischen Gründen: denn ich will Erkenntnis gewinnen.
Aber wie das zustande kommen kann: das weiß ich nicht; ich sehe mich nicht als den, der hier einen Plan vorgibt. Ich sehe mich nur als jemanden, der einen Ausgangspunkt vorgegeben hat und der selber gespannt ist, in welche Richtung das laufen wird.
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Tom der Dino registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.07.2011 Beiträge: 3949
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(#1677695) Verfasst am: 21.08.2011, 00:26 Titel: |
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Shevek hat folgendes geschrieben: | Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Ich möchte klären was wir hier unter Objektivierung verstehen, bevor wir anfangen diese zu bewerten, um zu zeigen wann sie angemessen ist und wann nicht. |
Das wird schwierig und ich schätze mal so wirklich klar schafft man das mit keinem Begriff. Es gibt ja gewöhnlich einen bestimmten Kontext in dem ein Begriff geklärt wird. Hier geht es, denke ich, um Objektivizierung im feministischen Kontext, weil ja der Ausgangspunkt war, dass eine Feministin nicht sexualisiert werden wollte.
Da sehe ich nicht, was es bringt den Begriff abstrakt zu definieren. Der Punkt ist doch der, das es Verhalten gibt das Männer (nicht alle, aber ein deutlicher Anteil) Frauen gegenüber zeigen, dass deutlich sexualisierend und objektivierend ist. Wenn wir beim Ausgangspunkt bleiben, dann ist doch die Frage: Was hat RW gemeint und was wird allgemein innerhalb der feministischen Bewegung darunter verstanden.
Oder verstehe ich da eure Intention falsch? |
Das machen wir doch im Dawkins-Thread. Ich dachte, hier gehts darum zu klären, was mit Objektivierung und Sexualisierung und objektivierender Sexualisierung gemeint ist.
Shevek hat folgendes geschrieben: | Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Das ist aber eine Lebensaufgabe, das mit dem ganzen Menschen. |
Da überziehst du aber deutlich.
Es geht nicht darum einen Menschen in all seinen Facetten zu kennen, sondern darum wahrzunehmen dass da ein Mensch vor einem steht, der viele verschiedene Facetten hat, der noch andere Rollen und Interessen kennt als die, die einem gerade wichtig sind.
Das ist eine grundlegende Einstellung Menschen gegenüber, die ich für selbstverständlich halte. |
Die Einstellung halte ich auch für selbstverständlich. Mir geht es auch gar nicht darum, objektivierendes Verhalten zu verteidigen. Wie man sich verhält, ist mir klar, mir ist nur nicht klar, wie man das beschreibt.
Ich versuch mich mal dran:
1. Eine Objektivierung kann nur dann passieren, wenn 2 oder mehr Menschen miteinander interagieren.
Es muss also einen objektivierenden und einen objektivierten Part geben.
2. Jeder dieser Parts hat gleiche Interessenbereiche, die sich nur in ihren Grenzen unterscheiden.
3. Das Übertragen der eigenen Grenzen des jeweiligen Interessenbereiches auf den anderen Part stellt solange keine Objektivierung dar, solange man sich ebenfalls innerhalb der Grenzen des anderen befindet.
Demnach wäre eine Objektivierung eine grenzüberschreitende Grenzenübertragung.
Dort würde ich dann noch zwischen starker und schwacher Objektivierung unterscheiden.
Die starke wäre ignoranter Art, eine Objektivierung um ihrer Selbst Willen, zum Beispiel bei Vergewaltigungen, Mobbing etc.
Die schwache wäre unbedarfter Art, sozusagen aus Versehen. Der objektivierende hat aus welchen Gründen auch immer die Grenzen des anderen nicht erkannt und ausschließlich deshalb überschritten.
Sexualisierung wäre das Hinleiten auf wie auch immer geartete sexuelle Interessengebiete.
_________________ Am Anfang war ......das Experiment.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1677732) Verfasst am: 21.08.2011, 11:10 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Also mir ist das mit der Objektivierung immer noch suspekt (nicht nur was Frauen betrifft). Für einen würdigen Umgang miteinander müssen beide Seiten (und die Gesellschaft drumherum) mE zwei wesentliche Kriterien erfüllen:
- Die Frau (bzw. jede Person) muss die Möglichkeit gehabt haben, ihre Persönlichkeit und damit ihre Interssen angemessen zu entwickeln (z.B. Bildung).
- Ihr Gegenüber muß ihre Interessen angemessen respektieren.
That's it, aus meiner Sicht. |
Kann man zwar so sehen, aber das hilft ja nicht viel weiter. |
Ich finde halt, daß die Geschichte mit der "Objektivierung" verschiedene Nachteile hat gegenüber einem direkten Bezug auf die Interessen:
- "Objektivierung" ist schwerer zu definieren als "Interesse", es kann leicht zu eng oder auch zu weit sein.
- Ein Ansatz über "Objektivierung" neigt stärker zum Paternalistischen, bei "Interesse" steht p.d. der/die Betroffene im Mittelpunkt
- "Interesse" beinhaltet bereits eine zeitliche / kulturelle / individuelle Dynamik (z.B. fühlt sich vielleicht eine traditionelle Muslima von anderen Handlungen belästigt als ein modernes City-Girl.
- "Objektivierung" rekurriert, wie ich weiter oben versucht habe zu zeigen, und wie auch einige andere gemerkt haben, letztlich doch wieder auf Interessen. Auch und gerade, wenn man Nussbaums Kriterien genauer betrachtet.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Das markierte 'angemessen' wäre dann hier das Thema. Also Kriterien dafür, wann etwas angemessen ist und wann nicht. Das ist der eigentlich strittige und schwierige Punkt und die von Nussbaum entwickelten Kriterien können dabei vielleicht helfen. |
Ja, natürlich ist es letztlich wieder ein Grenzziehungsproblem. Es hängt mE stark vom angestrebten Gesellschaftstyp ab. Wenn wir eine offene Gesellschaft wollen, in der es aufgeklärt, liberal und tendenziell eher individualistisch zugeht, dann müssen wir ...
- einerseits die Individualität der Interessen stärker respektiern (also z.B. kann von einem Mann erwartet werden, daß er auf individuelle Signale reagiert, es kann aber auch so etwas wie lustvolle Objektifizierung geben)
- andererseits müssen die individuellen Interessen auch stärker kommuniziert werden, da man aufgrund der Inhomogenität nicht mehr einfach davon ausgehen kann, was der Andere als Grenzüberschreitung ansieht. Zum Beispiel ist es schwer zu erraten, ob eine Frau, die es genießt, ihre sexuellen Merkmale zu präsentieren (z.B. gern mit ihrem Hintern wackelt), auch gern angesprochen werden möchte oder eben doch nicht.
Es ist es aus meiner Sicht auch kein guter Einwand zu sagen: "Es ist eben mein Interesse, die Frau anzubaggern". Zumindest in den meisten Fällen wäre ein solches Interesse schon durch einfache konsequenzialistische Abwägungen geringer zu gewichten als das der Frau.
Unsere heutige Gesellschaft befindet sich in einem Übergangsstadium, viele Verhaltensweisen werden noch rein traditionell normiert, d.h. man richtet sich danach, was erlaubt und was verboten ist, und wünscht sich eine sichere Richtschnur. So kommen dann solche Diskussionen zustande, was genau "Objektifizierung" ist und was nicht. Letztlich ist das mE jedoch unsinnig, weil es bereits heute durch die Individualisierung überholt ist.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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L.E.N. im falschen Film
Anmeldungsdatum: 25.05.2004 Beiträge: 27745
Wohnort: Hamburg
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(#1677738) Verfasst am: 21.08.2011, 11:27 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Also mir ist das mit der Objektivierung immer noch suspekt (nicht nur was Frauen betrifft). Für einen würdigen Umgang miteinander müssen beide Seiten (und die Gesellschaft drumherum) mE zwei wesentliche Kriterien erfüllen:
- Die Frau (bzw. jede Person) muss die Möglichkeit gehabt haben, ihre Persönlichkeit und damit ihre Interssen angemessen zu entwickeln (z.B. Bildung).
- Ihr Gegenüber muß ihre Interessen angemessen respektieren.
That's it, aus meiner Sicht. |
Kann man zwar so sehen, aber das hilft ja nicht viel weiter. |
Ich finde halt, daß die Geschichte mit der "Objektivierung" verschiedene Nachteile hat gegenüber einem direkten Bezug auf die Interessen:
- "Objektivierung" ist schwerer zu definieren als "Interesse", es kann leicht zu eng oder auch zu weit sein.
- Ein Ansatz über "Objektivierung" neigt stärker zum Paternalistischen, bei "Interesse" steht p.d. der/die Betroffene im Mittelpunkt
- "Interesse" beinhaltet bereits eine zeitliche / kulturelle / individuelle Dynamik (z.B. fühlt sich vielleicht eine traditionelle Muslima von anderen Handlungen belästigt als ein modernes City-Girl.
- "Objektivierung" rekurriert, wie ich weiter oben versucht habe zu zeigen, und wie auch einige andere gemerkt haben, letztlich doch wieder auf Interessen. Auch und gerade, wenn man Nussbaums Kriterien genauer betrachtet. |
ich finde auch, das individuelle interessen nicht nur klarer zu vermitteln sind, sie haben darüberhinaus auch den vorteil, nicht auf andere projezierbar zu sein. (meine interessen müssen nicht mit denen einer anderen person identisch oder auch nur ähnlich sein, selbst wenn ich viele eigenschaften mit ihr teile), während der vorwurf der negativen objektivierung (sofern er klar definiert und formuliert ist) immer auch auf dritte bezogen werden kann, selbst wenn die objektivierte person diesen vorwurf nicht teilt.
Zitat: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Das markierte 'angemessen' wäre dann hier das Thema. Also Kriterien dafür, wann etwas angemessen ist und wann nicht. Das ist der eigentlich strittige und schwierige Punkt und die von Nussbaum entwickelten Kriterien können dabei vielleicht helfen. |
Ja, natürlich ist es letztlich wieder ein Grenzziehungsproblem. Es hängt mE stark vom angestrebten Gesellschaftstyp ab. Wenn wir eine offene Gesellschaft wollen, in der es aufgeklärt, liberal und tendenziell eher individualistisch zugeht, dann müssen wir ...
- einerseits die Individualität der Interessen stärker respektiern (also z.B. kann von einem Mann erwartet werden, daß er auf individuelle Signale reagiert, es kann aber auch so etwas wie lustvolle Objektifizierung geben)
- andererseits müssen die individuellen Interessen auch stärker kommuniziert werden, da man aufgrund der Inhomogenität nicht mehr einfach davon ausgehen kann, was der Andere als Grenzüberschreitung ansieht. Zum Beispiel ist es schwer zu erraten, ob eine Frau, die es genießt, ihre sexuellen Merkmale zu präsentieren (z.B. gern mit ihrem Hintern wackelt), auch gern angesprochen werden möchte oder eben doch nicht.
Es ist es aus meiner Sicht auch kein guter Einwand zu sagen: "Es ist eben mein Interesse, die Frau anzubaggern". Zumindest in den meisten Fällen wäre ein solches Interesse schon durch einfache konsequenzialistische Abwägungen geringer zu gewichten als das der Frau.
Unsere heutige Gesellschaft befindet sich in einem Übergangsstadium, viele Verhaltensweisen werden noch rein traditionell normiert, d.h. man richtet sich danach, was erlaubt und was verboten ist, und wünscht sich eine sichere Richtschnur. So kommen dann solche Diskussionen zustande, was genau "Objektifizierung" ist und was nicht. Letztlich ist das mE jedoch unsinnig, weil es bereits heute durch die Individualisierung überholt ist. |
zustimmung.
ich nehme, dass es bei dieser vielzahl an unterschiedlichen verhaltensweisen sogar bleiben kann ohne dass eine angleichung auf eine bestimmte passiert.
_________________ Ich will Gott lästern dürfen! Weg mit §166 StGB!
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Tom der Dino registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.07.2011 Beiträge: 3949
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(#1677928) Verfasst am: 21.08.2011, 23:52 Titel: |
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Nachtrag zu 2. aus meinem letzten Post: es existieren nicht nur gleiche sondern auch unterschiedliche, komplementäre "Interessenbereiche". So komplementiert das sexuelle Interesse des Freiers, das monetäre der Prostituierten, oder das Interesse am Schmerzempfinden einer masochistischen Person komplementiert das Interesse am Schmerzbereiten einer sadistischen Person, oder Interesse an Arbeitskraft des Unternehmers komplementiert das monetäre interesse der Arbeitnehmer.
step hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Also mir ist das mit der Objektivierung immer noch suspekt (nicht nur was Frauen betrifft). Für einen würdigen Umgang miteinander müssen beide Seiten (und die Gesellschaft drumherum) mE zwei wesentliche Kriterien erfüllen:
- Die Frau (bzw. jede Person) muss die Möglichkeit gehabt haben, ihre Persönlichkeit und damit ihre Interssen angemessen zu entwickeln (z.B. Bildung).
- Ihr Gegenüber muß ihre Interessen angemessen respektieren.
That's it, aus meiner Sicht. |
Kann man zwar so sehen, aber das hilft ja nicht viel weiter. |
Ich finde halt, daß die Geschichte mit der "Objektivierung" verschiedene Nachteile hat gegenüber einem direkten Bezug auf die Interessen:
- "Objektivierung" ist schwerer zu definieren als "Interesse", es kann leicht zu eng oder auch zu weit sein.
- Ein Ansatz über "Objektivierung" neigt stärker zum Paternalistischen, bei "Interesse" steht p.d. der/die Betroffene im Mittelpunkt
- "Interesse" beinhaltet bereits eine zeitliche / kulturelle / individuelle Dynamik (z.B. fühlt sich vielleicht eine traditionelle Muslima von anderen Handlungen belästigt als ein modernes City-Girl.
- "Objektivierung" rekurriert, wie ich weiter oben versucht habe zu zeigen, und wie auch einige andere gemerkt haben, letztlich doch wieder auf Interessen. Auch und gerade, wenn man Nussbaums Kriterien genauer betrachtet. |
Objektivierung kann als eine Form des Verhältnisses der beteiligten Interessen verstanden werden. Die Definition würde die Kommunikation darüber erheblich erleichtern. Ähnlich wie die Verwendung des Wortes Impuls. Der Impuls geht zwar von gleichen Komponenten wie die kin. Energie aus, m und v, ist aber eine andere Verknüpfung dieser Größen, die bei Verwendung des Wortes sofort klar ist.
step hat folgendes geschrieben: | Es hängt mE stark vom angestrebten Gesellschaftstyp ab. | Warum? Ändert sich der Begriff in einer z.B. faschistischen Gesellschaft? Oder wird dort nur die Objektivierung an sich anders bewertet?
step hat folgendes geschrieben: | Wenn wir eine offene Gesellschaft wollen, in der es aufgeklärt, liberal und tendenziell eher individualistisch zugeht, dann müssen wir ...
- einerseits die Individualität der Interessen stärker respektiern (also z.B. kann von einem Mann erwartet werden, daß er auf individuelle Signale reagiert, es kann aber auch so etwas wie lustvolle Objektifizierung geben) | eine Gesellschaft wie du sie meinst, pegelt den Individualismus ein, da sonst eine Klassengesellschaft entsteht (die Individuen mit größerer Durchsetzungskraft unterdrücken die individuellen Interessen der weniger Durchsetzungsfähigen)
step hat folgendes geschrieben: | - andererseits müssen die individuellen Interessen auch stärker kommuniziert werden, da man aufgrund der Inhomogenität nicht mehr einfach davon ausgehen kann, was der Andere als Grenzüberschreitung ansieht. Zum Beispiel ist es schwer zu erraten, ob eine Frau, die es genießt, ihre sexuellen Merkmale zu präsentieren (z.B. gern mit ihrem Hintern wackelt), auch gern angesprochen werden möchte oder eben doch nicht. | Zeit- und Kraftverschwendung. Die eingepegelte Gesellschaft bringt Regeln des Zusammenlebens hervor, die allgemein respektiert werden. Jegliche Kommunikation, die näher ins private oder gar intime geht, wird genauso privat oder intim behandelt und jeweils zwischen den Beteiligten neu definiert. Die kann sich komplett von der allgemeinen Kommunikation unterscheiden.
step hat folgendes geschrieben: | Es ist es aus meiner Sicht auch kein guter Einwand zu sagen: "Es ist eben mein Interesse, die Frau anzubaggern". Zumindest in den meisten Fällen wäre ein solches Interesse schon durch einfache konsequenzialistische Abwägungen geringer zu gewichten als das der Frau. | Das versteh ich nicht. Anbaggern selbst ist ja nicht verkehrt, nur die Art und Weise sowie Ort und Zeit sind verkehrt wählbar.
step hat folgendes geschrieben: | Unsere heutige Gesellschaft befindet sich in einem Übergangsstadium, viele Verhaltensweisen werden noch rein traditionell normiert, d.h. man richtet sich danach, was erlaubt und was verboten ist, und wünscht sich eine sichere Richtschnur. So kommen dann solche Diskussionen zustande, was genau "Objektifizierung" ist und was nicht. Letztlich ist das mE jedoch unsinnig, weil es bereits heute durch die Individualisierung überholt ist. | Gerade da bin ich anderer Meinung. Die Individualisierung bringt doch erst die Not hervor, neue Regeln aufzustellen, gerade in einer Übergangsphase. Die Diskussion zur Objektivierung ist doch gerade der Versuch, eine Situation zu erklären, die neuer allgemeiner Verhaltensregeln bedarf.
_________________ Am Anfang war ......das Experiment.
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L.E.N. im falschen Film
Anmeldungsdatum: 25.05.2004 Beiträge: 27745
Wohnort: Hamburg
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(#1677974) Verfasst am: 22.08.2011, 07:44 Titel: |
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Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Wenn wir eine offene Gesellschaft wollen, in der es aufgeklärt, liberal und tendenziell eher individualistisch zugeht, dann müssen wir ...
- einerseits die Individualität der Interessen stärker respektiern (also z.B. kann von einem Mann erwartet werden, daß er auf individuelle Signale reagiert, es kann aber auch so etwas wie lustvolle Objektifizierung geben) | eine Gesellschaft wie du sie meinst, pegelt den Individualismus ein, da sonst eine Klassengesellschaft entsteht (die Individuen mit größerer Durchsetzungskraft unterdrücken die individuellen Interessen der weniger Durchsetzungsfähigen) |
also hättest du lieber paternalistische benimmregeln?
und welche konsequenzen hätte ein verstoß dagegen?
_________________ Ich will Gott lästern dürfen! Weg mit §166 StGB!
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Murphy auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 29.04.2011 Beiträge: 5000
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(#1677977) Verfasst am: 22.08.2011, 08:31 Titel: |
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Wenn ich Objektifizierung auflöse brauche ich Interesse zur sinnvollen Eingrenzung.
Wenn ich Interesse zugrunde lege muss ich für sinnvolle Grenzen objektifizieren.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1677980) Verfasst am: 22.08.2011, 08:34 Titel: |
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Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Es hängt mE stark vom angestrebten Gesellschaftstyp ab. | Warum? Ändert sich der Begriff in einer z.B. faschistischen Gesellschaft? Oder wird dort nur die Objektivierung an sich anders bewertet? |
Die Gewichtung individueller Interessen fällt in einer kollektivistischen Gesellschaft (z.B. Faschismus, Kommunismus, Gottesstaat) geringer aus, es wird erwartet, daß man "Teil der Bewegung" ist.
Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Die Individualisierung bringt doch erst die Not hervor, neue Regeln aufzustellen, gerade in einer Übergangsphase. Die Diskussion zur Objektivierung ist doch gerade der Versuch, eine Situation zu erklären, die neuer allgemeiner Verhaltensregeln bedarf. |
Hmm ... die Regeln in einer modernen Gesellschaft (und auch der Versuch, "unzulässige Objektifizierung" zu definieren) tendieren eher zu einer größeren Allgemeinheit, zu einer Abstraktheit, zu Meta-Regeln, a la "berücksichtige die Interessen Deines Gegenübers". Konkrete Regeln kann man da fast gar nicht mehr aufstellen.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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L.E.N. im falschen Film
Anmeldungsdatum: 25.05.2004 Beiträge: 27745
Wohnort: Hamburg
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(#1677985) Verfasst am: 22.08.2011, 08:54 Titel: |
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Sargnagel hat folgendes geschrieben: | Wenn ich Objektifizierung auflöse brauche ich Interesse zur sinnvollen Eingrenzung.
Wenn ich Interesse zugrunde lege muss ich für sinnvolle Grenzen objektifizieren.
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objektivierung lässt sich nicht auflösen, aber man könnte beschließen sie zb. in bereichen des zwischenmenschlichen miteinanders nicht mehr als (alleinige) handlungsgrundlage zu benutzen.
mE ist das in relativ liberalen und konsumorientierten gesellschaften schwer zu erreichen, da müsste eine erziehung her, die wieder stärker auf benimmregeln setzt und erwachsene müssten mit ernsthaften nachteilen rechnen, wenn sie diese nicht beachten.
im moment fehlt mir noch die vorstellungskraft wie so etwas wirksam umgesetzt werden könnte.
ich halte die jetzige situation allgemein zwar nicht für perfekt, dennoch ist es auszuhalten. aber ich bin ja auch ein "white privileged male".
_________________ Ich will Gott lästern dürfen! Weg mit §166 StGB!
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26495
Wohnort: im Speckgürtel
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(#1677987) Verfasst am: 22.08.2011, 08:58 Titel: |
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L.E.N. hat folgendes geschrieben: | .... aber ich bin ja auch ein "white privileged male". |
Ansichtssache - frag mal Ilmor
fwo
_________________ Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.
The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.
Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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Tom der Dino registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.07.2011 Beiträge: 3949
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(#1677991) Verfasst am: 22.08.2011, 09:18 Titel: |
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L.E.N. hat folgendes geschrieben: | Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Wenn wir eine offene Gesellschaft wollen, in der es aufgeklärt, liberal und tendenziell eher individualistisch zugeht, dann müssen wir ...
- einerseits die Individualität der Interessen stärker respektiern (also z.B. kann von einem Mann erwartet werden, daß er auf individuelle Signale reagiert, es kann aber auch so etwas wie lustvolle Objektifizierung geben) | eine Gesellschaft wie du sie meinst, pegelt den Individualismus ein, da sonst eine Klassengesellschaft entsteht (die Individuen mit größerer Durchsetzungskraft unterdrücken die individuellen Interessen der weniger Durchsetzungsfähigen) |
also hättest du lieber paternalistische benimmregeln?
und welche konsequenzen hätte ein verstoß dagegen? |
Strohmann. Du hast mal wieder den Text nicht verstanden.
step hat folgendes geschrieben: | Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Es hängt mE stark vom angestrebten Gesellschaftstyp ab. | Warum? Ändert sich der Begriff in einer z.B. faschistischen Gesellschaft? Oder wird dort nur die Objektivierung an sich anders bewertet? |
Die Gewichtung individueller Interessen fällt in einer kollektivistischen Gesellschaft (z.B. Faschismus, Kommunismus, Gottesstaat) geringer aus, es wird erwartet, daß man "Teil der Bewegung" ist. | Gesellschaftlich gesehen ja, aber da Objektivierung individuell empfunden wird, ändert sich nicht viel. Man kann sich nur schwerer gegen wehren.
step hat folgendes geschrieben: | Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Die Individualisierung bringt doch erst die Not hervor, neue Regeln aufzustellen, gerade in einer Übergangsphase. Die Diskussion zur Objektivierung ist doch gerade der Versuch, eine Situation zu erklären, die neuer allgemeiner Verhaltensregeln bedarf. |
Hmm ... die Regeln in einer modernen Gesellschaft (und auch der Versuch, "unzulässige Objektifizierung" zu definieren) tendieren eher zu einer größeren Allgemeinheit, zu einer Abstraktheit, zu Meta-Regeln, a la "berücksichtige die Interessen Deines Gegenübers". Konkrete Regeln kann man da fast gar nicht mehr aufstellen. | Genau das meinte ich
_________________ Am Anfang war ......das Experiment.
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Murphy auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 29.04.2011 Beiträge: 5000
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(#1677996) Verfasst am: 22.08.2011, 09:58 Titel: |
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L.E.N. hat folgendes geschrieben: | Sargnagel hat folgendes geschrieben: | Wenn ich Objektifizierung auflöse brauche ich Interesse zur sinnvollen Eingrenzung.
Wenn ich Interesse zugrunde lege muss ich für sinnvolle Grenzen objektifizieren.
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objektivierung lässt sich nicht auflösen, ... |
Es sollte heißen: wenn ich "nach" Objektifizierung auflöse
Zitat: |
mE ist das in relativ liberalen und konsumorientierten gesellschaften schwer zu erreichen, da müsste eine erziehung her, die wieder stärker auf benimmregeln setzt und erwachsene müssten mit ernsthaften nachteilen rechnen, wenn sie diese nicht beachten.
im moment fehlt mir noch die vorstellungskraft wie so etwas wirksam umgesetzt werden könnte. |
Du nimmst den Benimm als Ausgangspunkt, beginnst also mit den Grenzen. Das halte ich auch für vielversprechend, analysieren welche Grenzen sinnvoll sind und darauf aufbauen. Muss da aber erst nochmal meine Denkmurmel in Bewegung setzen, das kann ein bisschen dauern.
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L.E.N. im falschen Film
Anmeldungsdatum: 25.05.2004 Beiträge: 27745
Wohnort: Hamburg
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(#1678012) Verfasst am: 22.08.2011, 10:32 Titel: |
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Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | L.E.N. hat folgendes geschrieben: | Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Wenn wir eine offene Gesellschaft wollen, in der es aufgeklärt, liberal und tendenziell eher individualistisch zugeht, dann müssen wir ...
- einerseits die Individualität der Interessen stärker respektiern (also z.B. kann von einem Mann erwartet werden, daß er auf individuelle Signale reagiert, es kann aber auch so etwas wie lustvolle Objektifizierung geben) | eine Gesellschaft wie du sie meinst, pegelt den Individualismus ein, da sonst eine Klassengesellschaft entsteht (die Individuen mit größerer Durchsetzungskraft unterdrücken die individuellen Interessen der weniger Durchsetzungsfähigen) |
also hättest du lieber paternalistische benimmregeln?
und welche konsequenzen hätte ein verstoß dagegen? |
Strohmann. Du hast mal wieder den Text nicht verstanden. |
schon okay...
_________________ Ich will Gott lästern dürfen! Weg mit §166 StGB!
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#1678068) Verfasst am: 22.08.2011, 12:25 Titel: Re: Sexual objectification |
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tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Du wirst Dich wundern, was Kant wirklich zum Thema geschrieben hat. Nimm das:
Immanuel Kant hat folgendes geschrieben: | Geschlechtsgemeinschaft (commercium sexuale) ist der wechselseitige Gebrauch, den ein Mensch von eines anderen Geschlechtsorganen und Vermögen macht (...)
Denn der natürliche Gebrauch, den ein Geschlecht von den Geschlechtsorganen des anderen macht, ist ein Genuß, zu dem sich ein Theil dem anderen hingiebt. In diesem Act macht sich ein Mensch selbst zur Sache, welches dem Rechte der Menschheit an seiner eigenen Person widerstreitet. Nur unter der einzigen Bedingung ist dieses möglich, daß, indem die eine Person von der anderen gleich als Sache erworben wird, diese gegenseitig wiederum jene erwerbe; denn so gewinnt sie wiederum sich selbst und stellt ihre Persönlichkeit wieder her.
http://homepage.univie.ac.at/charlotte.annerl/texte/kant1.htm
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Das ist ungefähr das, was fwo mit "zurückobjektivieren" ausgedrückt hat. Für Kant ist es völlig notwendig, dass der eine Triebtäter die andere Triebtäterin zum Objekt des Gebrauchs, ja der Benutzung macht, solange das auf Gegenseitigkeit beruht. Dadurch ist das Gleichgewicht wieder hergestellt.
Aber die Ehe - oder die sexuelle Beziehung - ist nach Kant der gegenseitige Gebrauch der Geschlechtsorgane. Das ist erst mal eine Überraschung, gelle?
Wo bleibt da das heilige Subjekt? Es geht sozusagen auf in ein Gesamtsubjekt, indem der eine den jeweils anderen als Sache erwirbt. |
Natürlich, der Gebrauch des anderen als Sache und die eigene Hingabe als Sache (letzteres ist ja das, was Kant hier ja zunächst problematisiert!) wird auch bei Kant als unumgänglich gesehen - aber der Punkt ist ja gerade, dass es dabei nicht bleiben darf, sondern dass das gegenseitig geschieht, beide also nicht nur sich oder den anderen zur Sache machen, sondern die eigene Person und der andere eben auch als genießendes Subjekt vorkommen. Und der Punkt bei Nussbaums Beschreibung ist eben, dass das Subjekt nicht vorkommt, sondern der andere nur als Objekt betrachtet wird. |
Kant macht sich in seiner Suche nach Gerechtigkeit Gedanken darüber, wie jemand zugleich eine Sache und eine Person sein kann. Er findet eine Dialektik. Indem beide Sache werden, werden beide (wieder) Person. Er sagt nicht: Indem beide Person sind, sind sie direkt Person, sondern nur über diesen Umweg.
Wichtig ist hier das, was der Marxismus in ökonomischer NHinsicht als "gerechten Tausch" ansehen würde. Die Sexpartner tauschen nicht Sex gegen Geld, nicht Sache gegen Person, sondern Sache gegen Sache und Person gegen Person - also Gleiches gegen Gleiches.
Und nur dieser Tausch des Gleichen gegen Gleiches ist das, woran Kant die Heilung der vorübergehenden Asymmetrie erblickt. Bei Marx ist ebenfalls das menschliche Verhältnis, der menschliche Austausch - anders als in der entfremdeten Warenwelt - ein konkretes Verhältnis des Austausches. Hier decken sich Kant und Marx gegenseitig, die alten Ferkel.
(was ich erstaunlich finde.)
Vor allem aber ist Kant 1000-mal klüger und 1000-mal weiter als Nussbaum, die nicht versteht, warum die Überwindung der Objektifizierung bei der Sexualität gerade die Objektifizierung zur notwendigen Voraussetzung hat. Sie versteht nicht diese doppelte Negation, sie denkt nicht dialektisch.
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Der Feminismus hinkt deshalb gewaltig, weil er nicht das allgemeine in den 7 Punkten erkennt, weil er aus der Sexualität einen überhöhten Spezialfall machen will, der gegen die allgemeine Problematik der ungleichen Machtverteilung in der Gesellschaft blind ist. |
Wie kommst du denn auf das schmale Brett, dass "der Feminismus" das allgemeine an der Objektivierung nicht erkennen würde? Gerade Nussbaum beschreibt doch Objektivierung sehr allgemein und sexuelle Objektivierung als Spezialfall davon - den sie aber eben nicht überhöht, sondern durchaus in den Zusammenhang anderer gesellschaftlicher Objektivierungen einzuordnen weiß (auch wenn sie ihn, wie es jeder Spezialfall verdient, auch gesondert betrachtet). |
Was sie meint, lässt sich besser mit dem Begriff "Ausbeutung", auch "sexuelle Ausbeutung" beschreiben. Diese setzt aber ungleiche Machtverhältnisse voraus und dass einer über den anderen frei verfügen kann. Dadurch, dass sie immer nur von "treatment" spricht, blendet sie die Umgebungsvariable namens Machtverteilung aus.
Da diese Machtverteilung die Sexualität genau so durchzieht wie jedes beliebige andere menschliche Verhältnis, sollte auch aus der sexuellen Entfremdung der Individuen von sich selbst und untereinander nicht the one and only gemacht werden. Das aber ist in der feministischen Theorie der Fall, hier wird quasi aus diesem Beispiel das Prinzip der Objektifizierung hergeleitet:
Deswegen schrieb ich ja auch, dass wir es hier nicht mit einer Analyse (gesellschaftlicher Bedingungen) zu tun haben, sondern *bloß* mit Moral. (wobei ich nichts gegen eine gute Moral habe, aber ...)
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Kant sagt nicht: "Ein Mensch soll immer nur Zweck sein, niemals Mittel", sondern er sagt: "Die Menschheit selbst ist eine Würde; denn der Mensch kann von keinem Menschen [...] bloß als Mittel, sondern muss jederzeit zugleich als Zweck gebraucht werden und darin besteht seine Würde." Das ist ein wichtiger Unterschied: jemanden auch als Mittel zu einem Zweck anzusehen ist nach Kant nicht negativ, negativ ist, jemanden ausschließlich als Mittel zum Zweck anzusehen / zu behandeln.
Stimmt aber, was Skeptiker sagt: dass die Auffassungen von Kant zur Sexualität aus heutiger Sicht, (bzw. auch aus meiner Sicht), ziemlich problematisch sind. Jedoch halte ich die hier für nicht unbedingt diskussionswürdig, denn ich denke nicht, dass es dabei einen Dissens gibt. Für ähnlich problematisch halte ich übrigens die Ansichten von Dworkin and MacKinnon zur Pornographie. |
Da muss ich widersprechen. Kants Ansichten sind nicht problematisch, sondern er erkennt das Problem bei der Sexualität sehr gut und löst es. Damit durchbricht Kant auch ein Stück Heuchelei wie sie für die bürgerliche Gesellschaft typisch ist. Und für nicht diskussionswürdig oder für überholt aus heutiger Sicht halte ich die Sätze von Kant schon mal gar nicht. Vielmehr geht Kant der Sache sehr genau auf den Grund, nimmt sie förmlich in ihren Bestandteilen auseinander, um sie dann wieder zusammen zu setzen. Nussbaum dagegen verwischt die Dinge. Bei ihr reicht es höchstens zur der oberflächlichen Vulgärerkenntnis: Objektifizierung kann auch Spaß machen.
So? Wann denn? Und warum genau? Das verschweigt sie uns (weil sie es selber nicht benennen kann).
Die PorNo-Kampagne von Schwarzer und Dworkin ist in der Tat einfach nur Spießertum. Da kann man bei diesen Damen sehr sicher sein. Shevek fragte, warum Frau Dr. Watson sich von Schwarzer distanzieren solle, da diese doch Deutsche sei. Das wiederum habe ich nicht verstanden. Geht es um Nationalitäten oder um den Feminismus an sich?
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Ich würde lieber noch mal auf die Ansicht zurückkommen, die Nussbaum vertritt: nämlich, dass Objektivierung nicht unbedingt negativ sein muss:
Feminist Perspectives on Objectification hat folgendes geschrieben: | According to Nussbaum, then: ‘In the matter of objectification context is everything. … in many if not all cases, the difference between an objectionable and a benign use of objectification will be made by the overall context of the human relationship (Nussbaum 1995, 271); ‘… objectification has features that may be either good or bad, depending upon the overall context’ (Nussbaum 1995, 251). Objectification is negative, when it takes place in a context where equality, respect and consent are absent. |
Meine Übersetzung:
Entsprechend Nussbaum gilt: 'In Bezug auf Objektivierung ist der Kontext sehr wichtig. ... In vielen, wenn nicht in allen Fällen hängt der Unterschied zwischen einer üblen und einer gutartigen Verwendung von Objektifizierung vom Kontext der menschlichen Beziehungen ab (Nussbaum 1995, 271); '... Objektifizierung hat Merkmale, die gut oder schlecht sein können, abhängig vom aktuellen Kontext (Nussbaum 1995, 251). Objektifizierung ist negativ, wenn sie in einem Kontext erfolgt, in dem Gleichheit, Achtung und Einwilligung fehlt. |
Das ist mir - wie gesagt - zu ungenau. Sie sagt quasi: es hänge irgendwie vom Kontext ab. Aber es bleibt doch im Nebel und der Leser weiß: Objektifizierung ist mal gut und mal schlecht, je nachdem ob der Kontext gut oder schlecht ist. Zwar wird dieser Kontext mit Begriffen wie "Gleichheit, Achtung und Einwilligung" umrissen, und das klingt ein bisschen wie "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit", also wie eine Parole. Aber im Vergleich zu Kant ist das ein theoretischer Rückfall um mindestens 150 Jahre.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Abschließend noch ein Zitat zur Kritik an Nussbaums Überlegungen:
Feminist Perspectives on Objectification hat folgendes geschrieben: | Nussbaum's list of the seven features involved in objectification and the relations that exist between them provides perhaps the most systematic analysis of the concept of objectification to date. But Papadaki (forthcoming) has argued that Nussbaum's conception is too broad. [...] Papadaki argues that if objectification is to be a meaningful concept, we need to restrict it. Nussbaum herself seems to be concerned, at times, about her objectification category being too inclusive. For example, she states that sometimes we do not treat the occurrence of only one of these notions as sufficient for objectification (Nussbaum 1995, 258). However, Papadaki suggests, she does not give us enough guidance as to how we can decide whether objectification is present when a person is treated in one of the seven ways she mentions. In addition she suggests that once objectification's association with the morally problematic is weakened, there is the risk that the fight against (negative) objectification might be undermined. |
Meine Übersetzung:
Nussbaum sieben Kriterien der Objektifizierung und den Abhängigkeiten zwischen diesen bietet bisher vielleicht die systematischste Analyse des Konzeptes 'Objectification'. Aber Papadaki (erscheint noch) hat argumentiert, dass Nussbaums Konzept zu weitreichend sei. [...] Papadaki argumentiert, dass, um aus 'Objektifizierung' ein sinnvolles Konzept zu machen, dieses näher eingegrenzt werden muss. Nussbaum scheint manchmal selber Bedenken zu haben, ob ihre Objektifizierung-Kategorien nicht zu eng gefasst sind. Zum Beispiel sagt sie, dass wir manchmal nur das Auftreten einer einzigen dieser Kategorien nicht als hinreichend für Objektifizierung ansehen (Nussbaum 1995, 258). Jedoch meint Papadaki, dass sie uns nicht genug Anleitung dafür gibt, zu entscheiden, ob Objektifizierung gegeben ist, wann die Behandlung einer Person unter eine der sieben Kriterien fällt. Zusätzlich meint sie, falls erst mal die Zuordnung von Objektifizierung als moralisches Problem geschwächt wird, es das Risiko gäbe, dass der Kampf gegen (negative) Objektivierung unterminiert würde.
Dazu noch eine Anmerkung: eine derartige Kritik finde ich generell ziemlich merkwürdig. Es mag zwar richtig sein, dass Nussbaum keine Anleitung geschrieben hat, die ohne Nachzudenken in allen Lebenslagen blind angewendet werden kann. Nur: ich meine, sie hat Kants Objektformel systematisiert, was ich für wertvoll erachte. Das Leben und Beziehungen zwischen Menschen sind kompliziert, man kann nicht erwarten, das auf einfache Daumenregeln reduzieren zu können. Obzwar hier unbestritten noch Arbeit zu leisten ist, sind diese Überlegungen mMn begrüßenswert - sofern man mit der Objektformel von Kant etwas anfangen kann. |
Der Kritiker oben hat schon recht, dass Nussbaum nicht scharf genug ihr Konzept definiert. Allerdings sollte der Kritiker auch selbständig genug sein, selber zu denken und nicht auf Nussbaum zu warten.
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Und, @Skeptiker: es nutzt gar nichts, nebulös auf ungenannte Gesellschaftsbedingungen hinzuweisen und zu fragen, wo diese moralischen Überlegungen gelten sollen und wohlfeil zu fordern, es müsse eine gute Analyse stattfinden - ohne aber diese Analyse zu leisten. Das ist einfach nur billig. Da betrachte ich lieber erfolgte Analysen. |
"Nebulös" bin ich nicht.
Ich mag Klarheit, Einfachheit, nehme die Dinge gern auseinander und entwickle gern scharfe Begriffe.
Ich bin für Präzision und für die Einbeziehung von Wechselwirkungen.
Bezüglich des Feminismus habe ich ganz klar gesagt, der ist so gut wie seine Begriffe. Wenn man merkt, dass die Begriffe unausgegoren sind, dann scheint was nicht zu stimmen. Und das sage ich dann auch. Der kritische Anspruch des Feminismus ist jedenfalls nicht dadurch gewahrt, indem sich dieser eingeschnappt auf die eigene Gemeinde zurück zieht. Das können Christen auch.
Entweder, Begriffe werden offen diskutiert, oder man lässt es bei einem nebulösen Wühlen in unklaren emotionalen Befindlichkeiten oder neuen/alten Benimmregeln für den idealen Schwiegermuttersohn, wahlweise Messdiener mit frisch gebügeltem Hemd und so ...-
L.E.N. hat das offenbar auch gemerkt, Stichwort "Paternalismus".
Ilmor hat folgendes geschrieben: | Assarbad hat folgendes geschrieben: | Yogosh hat folgendes geschrieben: | Liege ich richtig, wenn ich da rauslese, dass Du dem Feminismus vorwirfst, bei den Ursachen der ungleichen Machtverteilung und/oder der Gewichtung der Symptome falsch zu liegen? | Für mich klingt es nach Kritik an der Gewichtung. Im Grunde ist Feminismus auch nur eine Lobby die ausschließlich an die eigene Klientel denkt. Keine Angst, ist nunmal bei Lobbies so und das verstehe ich - finde es auch nicht per-se verwerflich. Der Kritikpunkt ist aber dennoch berechtigt, denke ich. |
Ja, wenn sie das so ehrlich sagen würde, wäre daran nix verwerfliches. Sie tun aber so, als wäre Feminismus sowas wie Humanismus, zum Wohle aller Menschen gedacht. |
Zunächst mal hat Assarbad auf die Frage von Yogosh richtig geantwortet. Es ist immer schön, sich verstanden zu wissen.
Es ist schon ein Unterschied, für die radikale und umfassende Humanisierung der Welt einzutreten oder eben nur Klientelpolitik zu machen. Denn bei letzterem kommt man vom hundertsten ins tausendste, da es immer wieder neue Ungleichheiten gibt, auf Basis der Verhältnisse.
Evilbert hat folgendes geschrieben: | tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Ilmor hat folgendes geschrieben: | Assarbad hat folgendes geschrieben: | Yogosh hat folgendes geschrieben: | Liege ich richtig, wenn ich da rauslese, dass Du dem Feminismus vorwirfst, bei den Ursachen der ungleichen Machtverteilung und/oder der Gewichtung der Symptome falsch zu liegen? | Für mich klingt es nach Kritik an der Gewichtung. Im Grunde ist Feminismus auch nur eine Lobby die ausschließlich an die eigene Klientel denkt. Keine Angst, ist nunmal bei Lobbies so und das verstehe ich - finde es auch nicht per-se verwerflich. Der Kritikpunkt ist aber dennoch berechtigt, denke ich. |
Ja, wenn sie das so ehrlich sagen würde, wäre daran nix verwerfliches. Sie tun aber so, als wäre Feminismus sowas wie Humanismus, zum Wohle aller Menschen gedacht. |
Feminismus, richtig gedacht, ist auch ein Teil des Humanismus. |
Die Leier schon wieder. Das richtige Christentum, der richtige Marxismus etc. ist ganz toll, wenn er eben nur richtig gedacht würde und seine Anhänger ihn nicht falsch verstünden.
Gähn. |
Jedenfalls ist der weiße Mittelschichts-Feminismus vor allem ein Humanismus aus Sicht der weißen Mittelschichtsfrauen ...-
P.S.: Habe letztens mal was von Martha Gimenez gelesen. Das war mal ein bisschen Substanz. Aber sonst ist da einfach zu wenig.
_________________ °
K.I.Z - Frieden
Das ist Postmoderne Ideologie! Psychologe und Philosoph analysieren RASSISMUS-Video
Informationsstelle Militarisierung e.V.
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Tom der Dino registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.07.2011 Beiträge: 3949
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(#1678088) Verfasst am: 22.08.2011, 12:52 Titel: |
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L.E.N. hat folgendes geschrieben: | Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Wenn wir eine offene Gesellschaft wollen, in der es aufgeklärt, liberal und tendenziell eher individualistisch zugeht, dann müssen wir ...
- einerseits die Individualität der Interessen stärker respektiern (also z.B. kann von einem Mann erwartet werden, daß er auf individuelle Signale reagiert, es kann aber auch so etwas wie lustvolle Objektifizierung geben) | eine Gesellschaft wie du sie meinst, pegelt den Individualismus ein, da sonst eine Klassengesellschaft entsteht (die Individuen mit größerer Durchsetzungskraft unterdrücken die individuellen Interessen der weniger Durchsetzungsfähigen) |
also hättest du lieber paternalistische benimmregeln?
und welche konsequenzen hätte ein verstoß dagegen? |
Nein, ich meine nicht paternalistische Benimmregeln. Jede Gesellschaft bringt aus sich heraus Verhaltensregeln hervor. Die müssen nicht zwangsläufig oktroyiert werden. Sie können auch evolvieren. Damit eine Gesellschaft die größtmögliche Freiheit jedes Individuums garantieren kann, müssen die Individuen der Gesellschaft die Freiheiten der anderen Individuen respektieren. Dazu müssen sie zwangsläufig ihre eigene Freiheit einschränken.
Diese Einschränkungen werden sich als "Benimmregeln" etablieren.
_________________ Am Anfang war ......das Experiment.
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Shevek ohne jeglichen Respekt vor Autoritäten
Anmeldungsdatum: 23.01.2006 Beiträge: 4289
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(#1678152) Verfasst am: 22.08.2011, 16:15 Titel: Re: Sexual objectification |
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Ilmor hat folgendes geschrieben: | Assarbad hat folgendes geschrieben: | Yogosh hat folgendes geschrieben: | Liege ich richtig, wenn ich da rauslese, dass Du dem Feminismus vorwirfst, bei den Ursachen der ungleichen Machtverteilung und/oder der Gewichtung der Symptome falsch zu liegen? | Für mich klingt es nach Kritik an der Gewichtung. Im Grunde ist Feminismus auch nur eine Lobby die ausschließlich an die eigene Klientel denkt. Keine Angst, ist nunmal bei Lobbies so und das verstehe ich - finde es auch nicht per-se verwerflich. Der Kritikpunkt ist aber dennoch berechtigt, denke ich. |
Ja, wenn sie das so ehrlich sagen würde, wäre daran nix verwerfliches. Sie tun aber so, als wäre Feminismus sowas wie Humanismus, zum Wohle aller Menschen gedacht. |
Kannst du diese Behauptung auch belegen?
Ich kenne Feminismus als den Kampf von Frauen für Frauen innerhalb eines patriarchalen Männerzentrierten Systems um Rechte für Frauen und auch, dass es genau so gesagt wird. Das Ziel ist Bleichberechtigung (zumindest für weite Teile der Bewegung), aber beim Feminismus gehts um Frauenrechte.
Jede Bewegung die sich für die Rechte von irgendeiner Gruppe einsetzt ist so gesehen eine Lobby die ausschließlich an ihre eigene Klientel denkt, das gilt für die atheistischen Bewegung genauso.
_________________ Endlich sind die Terroristen weg,
und es herrschen Ordnung und Ruhe und Frieden,.......
.....die, die Unheil und Armut und Krankheit verbreiten,
für sie herrschen sorglose Zeiten,
da kein bisschen Sprengstoff sie daran hindert, ihre Geschafte zu betreiben...
....endlich sind die Terroristen weg,
und es herrschen Ordnung und Ruhe und Frieden.
(Jan Delay)
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Shevek ohne jeglichen Respekt vor Autoritäten
Anmeldungsdatum: 23.01.2006 Beiträge: 4289
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(#1678153) Verfasst am: 22.08.2011, 16:17 Titel: Re: Sexual objectification |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: |
Jedenfalls ist der weiße Mittelschichts-Feminismus vor allem ein Humanismus aus Sicht der weißen Mittelschichtsfrauen ...-  |
Welcher nur ein kleiner Teil der großen, weltweiten Frauenbewegung ist.
_________________ Endlich sind die Terroristen weg,
und es herrschen Ordnung und Ruhe und Frieden,.......
.....die, die Unheil und Armut und Krankheit verbreiten,
für sie herrschen sorglose Zeiten,
da kein bisschen Sprengstoff sie daran hindert, ihre Geschafte zu betreiben...
....endlich sind die Terroristen weg,
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(Jan Delay)
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Shevek ohne jeglichen Respekt vor Autoritäten
Anmeldungsdatum: 23.01.2006 Beiträge: 4289
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(#1678157) Verfasst am: 22.08.2011, 16:21 Titel: |
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Shevek hat folgendes geschrieben: | AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Kann man zwar so sehen, aber das hilft ja nicht viel weiter. |
Warum nicht?
Das angemessen kann man meiner Meinung nach auch weglassen. Ein Interesse zu respektieren bedeutet ja nicht, ihm in jedem Fall nach zu gehen. |
Aber selbst wenn so: hülfe ja auch nicht weiter. Dann müsste man Kriterien festlegen, wann und warum ein Interesse berücksichtigt werden sollte und wann und warum es nicht berücksichtigt werden brauchte.
Und ich respektiere nicht alle Interessen. Wenn Du z.B. ein Interesse daran hättest, dass ich nur noch rote T-Shirts tragen soll, dann wäre mir das einfach nur egal. Und Ignoranz ist was anderes als respektieren / Respekt. |
Da gibts recht einfach Kriterien die du aus der antiautoritären Pädagogik entnehmen kannst: Defensive und Offensive Grenzen, die kannst du entsprechen in Interessen umdeuten:
Interessen die andere betreffen sind etwas anderes als Interessen die nur einen selbst betreffen.
Mein Interesse selbst nur rote T-Shirts zu tragen würdest du doch sicher anders beurteilen, oder? Und es Ablehnen, das ich zum Tragen andersfarbiger T-Shirts gezwungen werden kann, oder?
(Wobei ich ja schwarz bevorzuge - also wenn mein Mann schwarze Shirts trägt .... aber das ist ot)
_________________ Endlich sind die Terroristen weg,
und es herrschen Ordnung und Ruhe und Frieden,.......
.....die, die Unheil und Armut und Krankheit verbreiten,
für sie herrschen sorglose Zeiten,
da kein bisschen Sprengstoff sie daran hindert, ihre Geschafte zu betreiben...
....endlich sind die Terroristen weg,
und es herrschen Ordnung und Ruhe und Frieden.
(Jan Delay)
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Shevek ohne jeglichen Respekt vor Autoritäten
Anmeldungsdatum: 23.01.2006 Beiträge: 4289
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(#1678162) Verfasst am: 22.08.2011, 16:31 Titel: |
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Tom der Dino hat folgendes geschrieben: |
Das machen wir doch im Dawkins-Thread. Ich dachte, hier gehts darum zu klären, was mit Objektivierung und Sexualisierung und objektivierender Sexualisierung gemeint ist. |
Aber von wem?
Also um wessen Definition geht es hier?
Und wenn es nicht um die feministische geht, was bringt uns dann eine Definition, die mit der von RW nichts zutun hat?
Tom der Dino hat folgendes geschrieben: |
Demnach wäre eine Objektivierung eine grenzüberschreitende Grenzenübertragung. |
Eine Objektivierung entsteht, wenn du dein Gegenüber nicht wirklich als Mensch respektierst und behandelst. Das passiert auch nicht ausversehen und es ist keine Frage der Handlung, sondern eine der Einstellung. Es zeigt sich nur in Handlungen und Worten.
_________________ Endlich sind die Terroristen weg,
und es herrschen Ordnung und Ruhe und Frieden,.......
.....die, die Unheil und Armut und Krankheit verbreiten,
für sie herrschen sorglose Zeiten,
da kein bisschen Sprengstoff sie daran hindert, ihre Geschafte zu betreiben...
....endlich sind die Terroristen weg,
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(Jan Delay)
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Tom der Dino registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.07.2011 Beiträge: 3949
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(#1678187) Verfasst am: 22.08.2011, 16:59 Titel: |
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Shevek hat folgendes geschrieben: | Tom der Dino hat folgendes geschrieben: |
Das machen wir doch im Dawkins-Thread. Ich dachte, hier gehts darum zu klären, was mit Objektivierung und Sexualisierung und objektivierender Sexualisierung gemeint ist. |
Aber von wem?
Also um wessen Definition geht es hier?
Und wenn es nicht um die feministische geht, was bringt uns dann eine Definition, die mit der von RW nichts zutun hat? | Hat RW eine Definition gegeben? Die hab ich dann übersehen. Ich dachte wir erarbeiten hier eine Definition.
Shevek hat folgendes geschrieben: | Tom der Dino hat folgendes geschrieben: |
Demnach wäre eine Objektivierung eine grenzüberschreitende Grenzenübertragung. |
Eine Objektivierung entsteht, wenn du dein Gegenüber nicht wirklich als Mensch respektierst und behandelst. Das passiert auch nicht ausversehen und es ist keine Frage der Handlung, sondern eine der Einstellung. Es zeigt sich nur in Handlungen und Worten. | Die Falschinterpretation einer nicht-objektivierenden Handlung kann aber dazu führen, dass die Handlung objektivierend wirkt.
Es gibt eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass EG es tatsächlich nicht besser wusste, und wirklich nur lautere Absichten hatte und in RW kein Unbehagen verursachen wollte. Dann hat er einfach nur das Fettnäpfchen gesucht und das größte gefunden was da war, aber dann ist der Vorwurf der Objektivierung nicht gerechtfertigt. Oder steh ich gerade total auf dem Schlauch?
_________________ Am Anfang war ......das Experiment.
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Shevek ohne jeglichen Respekt vor Autoritäten
Anmeldungsdatum: 23.01.2006 Beiträge: 4289
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(#1678197) Verfasst am: 22.08.2011, 17:11 Titel: |
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Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Shevek hat folgendes geschrieben: | Tom der Dino hat folgendes geschrieben: |
Das machen wir doch im Dawkins-Thread. Ich dachte, hier gehts darum zu klären, was mit Objektivierung und Sexualisierung und objektivierender Sexualisierung gemeint ist. |
Aber von wem?
Also um wessen Definition geht es hier?
Und wenn es nicht um die feministische geht, was bringt uns dann eine Definition, die mit der von RW nichts zutun hat? | Hat RW eine Definition gegeben? Die hab ich dann übersehen. Ich dachte wir erarbeiten hier eine Definition. |
Wir hatten eine Definition von Sexualisierung, und da RW Feministin ist, könnte man sich in dem Umfeld umsehen.
Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Shevek hat folgendes geschrieben: | Tom der Dino hat folgendes geschrieben: |
Demnach wäre eine Objektivierung eine grenzüberschreitende Grenzenübertragung. |
Eine Objektivierung entsteht, wenn du dein Gegenüber nicht wirklich als Mensch respektierst und behandelst. Das passiert auch nicht ausversehen und es ist keine Frage der Handlung, sondern eine der Einstellung. Es zeigt sich nur in Handlungen und Worten. | Die Falschinterpretation einer nicht-objektivierenden Handlung kann aber dazu führen, dass die Handlung objektivierend wirkt. |
Ja kann, und es ist ein altes Problem, dass Männer leugnen, dass sie objektivieren und erklären, sie hätten nur nicht gewusst, dass sie es anders gerne hätte.
Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Es gibt eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass EG es tatsächlich nicht besser wusste, und wirklich nur lautere Absichten hatte und in RW kein Unbehagen verursachen wollte. Dann hat er einfach nur das Fettnäpfchen gesucht und das größte gefunden was da war, aber dann ist der Vorwurf der Objektivierung nicht gerechtfertigt. Oder steh ich gerade total auf dem Schlauch? |
Möglich ist das, ich würds ihm nur nicht glauben. Sorry, aber wer eine Frau in so einer Situation anbaggert hat sich entweder keine Gedanken über ihre Interessenslage gemacht oder ist unglaublich dumm.
Aber das ist auch nicht ihr Punkt gewesen. Sie hat einen Aufhänger genommen um noch mal klar zu sagen, was sie nicht mag, was sie stört. Das muss man ja offensichtlich noch mal genauer erklären - gerade wenn er nicht objektiviert hat sondern einfach nur zu doof war um zu kapieren was sie meinte, denn dann kann es sein, dass auch andere es immer noch nicht kapiert haben, und denen hat sies noch mal erklärt.
_________________ Endlich sind die Terroristen weg,
und es herrschen Ordnung und Ruhe und Frieden,.......
.....die, die Unheil und Armut und Krankheit verbreiten,
für sie herrschen sorglose Zeiten,
da kein bisschen Sprengstoff sie daran hindert, ihre Geschafte zu betreiben...
....endlich sind die Terroristen weg,
und es herrschen Ordnung und Ruhe und Frieden.
(Jan Delay)
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tillich (epigonal) hat Spaß
Anmeldungsdatum: 12.04.2006 Beiträge: 22282
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(#1678216) Verfasst am: 22.08.2011, 17:34 Titel: |
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Yogosh hat folgendes geschrieben: | Genauso wie ich Samstag Nachmittag komplett alle andern Kunden im Kaufhaus objektifiziere. Das sind alles Dinge, die mir im Weg stehen. |
Kann ich mir eigentlich nicht vorstellen, dass du wirklich so handelst, als wären die anderen Leute nur Dinge, die im Weg rumstehen. Du magst sie auch als solche wahrnehmen - soweit normal und unproblematisch. Aber dein Handeln ist sicher davon bestimmt, dass sie noch einiges mehr sind.
_________________ "YOU HAVE TO START OUT LEARNING TO BELIEVE THE LITTLE LIES." -- "So we can believe the big ones?" -- "YES."
(Death / Susan, in: Pratchett, Hogfather)
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AgentProvocateur registrierter User
Anmeldungsdatum: 09.01.2005 Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin
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(#1678273) Verfasst am: 22.08.2011, 19:07 Titel: Re: Sexual objectification |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Vor allem aber ist Kant 1000-mal klüger und 1000-mal weiter als Nussbaum, die nicht versteht, warum die Überwindung der Objektifizierung bei der Sexualität gerade die Objektifizierung zur notwendigen Voraussetzung hat. Sie versteht nicht diese doppelte Negation, sie denkt nicht dialektisch.
[...]
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben: | Stimmt aber, was Skeptiker sagt: dass die Auffassungen von Kant zur Sexualität aus heutiger Sicht, (bzw. auch aus meiner Sicht), ziemlich problematisch sind. Jedoch halte ich die hier für nicht unbedingt diskussionswürdig, denn ich denke nicht, dass es dabei einen Dissens gibt. Für ähnlich problematisch halte ich übrigens die Ansichten von Dworkin and MacKinnon zur Pornographie. |
Da muss ich widersprechen. Kants Ansichten sind nicht problematisch, sondern er erkennt das Problem bei der Sexualität sehr gut und löst es. Damit durchbricht Kant auch ein Stück Heuchelei wie sie für die bürgerliche Gesellschaft typisch ist. Und für nicht diskussionswürdig oder für überholt aus heutiger Sicht halte ich die Sätze von Kant schon mal gar nicht. Vielmehr geht Kant der Sache sehr genau auf den Grund, nimmt sie förmlich in ihren Bestandteilen auseinander, um sie dann wieder zusammen zu setzen. Nussbaum dagegen verwischt die Dinge. Bei ihr reicht es höchstens zur der oberflächlichen Vulgärerkenntnis: Objektifizierung kann auch Spaß machen.
So? Wann denn? Und warum genau? Das verschweigt sie uns (weil sie es selber nicht benennen kann).
Die PorNo-Kampagne von Schwarzer und Dworkin ist in der Tat einfach nur Spießertum. Da kann man bei diesen Damen sehr sicher sein. |
Erst mal zu den Fragen: ich habe nicht den ganzen Artikel zitiert, geschweige denn, dass ich aus einer Originalarbeit von Nussbaum zitiert hätte. Im Artikel werden sie behandelt, auch Dich hindert keiner daran, ihn selber zu lesen. Es ist einfach Quatsch, zu behaupten, Nussbaum würde was verschweigen, nur weil ich es bisher nicht zitiert habe.
Dann finde ich hier Deine Aussage widersprüchlich: die weiter oben von mir zitierten Ansichten von Dworkin und MacKinnon zur Pornographie (von Schwarzer und der PorNo-Kampagne habe ich nicht geredet) seien (da könne man sicher sein) einfach nur Spießertum, aber Kant habe das Problem bei der Sexualität erkannt und gelöst. Dworkin und MacKinnon beziehen sich nun aber stark auf Kant.
Schauen wir also mal, was Kant zum Thema sagt:
Kant on sexuality and objectification hat folgendes geschrieben: | Kant thought that sexuality is extremely problematic when exercised outside the context of monogamous marriage, arguing that in such instances it leads to objectification. [...] Objectification, for Kant, involves the lowering of a person, a being with humanity, to the status of an object. Humanity, for Kant, is an individual's rational nature and capacity for rational choice. The characteristic feature of humanity is an individual's capacity for rationally setting and pursuing her own ends. A being with humanity is capable of deciding what is valuable, and of finding ways to realise and promote this value. [...] It is crucial, for Kant, that each person respects humanity in others, as well as humanity in their own person. [...] Kant is worried that when people exercise their sexuality outside the context of monogamous marriage, they treat humanity merely as a means for their sexual purposes. In the Lectures on Ethics Kant often speaks about ‘degradation’, ‘subordination’, and ‘dishonouring’ of humanity when exercise of sexuality is involved. He goes so far as to say that sexual activity can lead to the loss or ‘sacrifice’ of humanity (Kant Lectures on Ethics, 163–4). [...] Kant thought that in theory both men and women can be objectified, but he was well aware that in practice women are the most common victims of objectification. This is obvious in Kant's discussions of prostitution and concubinage. Exercise of sexuality within these morally problematic sexual contexts leads to the reduction of women (prostitutes and concubines) to men's objects of appetite.
Kant defines prostitution as the offer for profit of one's person for another's sexual gratification. A person, Kant holds, cannot allow others to use her body sexually in exchange for money without losing her humanity and becoming an object. [...] Kant blames the prostitute for her objectification. He takes her to be responsible for sacrificing her humanity, in offering herself as an object for the satisfaction of the clients' sexual desires.
The other relationship in which objectification is, for Kant, clearly present is concubinage. According to Kant, concubinage is the non-commodified sexual relationship between a man and more than one woman (the concubines). [...] |
Meine Übersetzung (Anmerkung noch: kann sein, dass im Originaltext 'Menschheit' oder so statt 'Humanität' steht, weiß nicht):
Für Kant ist Sexualität außerhalb einer monogamen Ehe extrem problematisch, er argumentiert, dass sie außerhalb dessen zu Objektifizierung führen würde. Objektifizierung bedeutet für Kant die Absenkung einer Person, eines Wesens mit Humanität, auf den Status eines Objektes. 'Humanität' bedeutet für Kant die rationale Natur eines Individuums und dessen Fähigkeit zur rationalen Entscheidung. Die charakteristische Eigenschaft von Humanität ist die Fähigkeit des Individuums, seine eigenen Ziele zu setzen. Ein Wesen mit Humanität ist fähig, zu entscheiden, was wertvoll ist und Wege zu finden, diesen Wert zu realisieren und zu fördern. [...] Es ist entscheidend, nach Kant, dass jede Person die Humanität in anderen und sich selber respektiert. [...] Kant ist beunruhigt darüber, dass, wenn Leute ihre Sexualität außerhalb monogamer Ehe ausüben, sie Humanität nur als ein Mittel für ihre sexuellen Zwecke verwenden. In the lectures of Ethik ('Vorlesung über Ethik') schreibt Kant im Zusammenhang mit Sexualität oft über 'Degradierung', 'Unterordnung' und 'Entehrung' von Humanität. Er geht so weit, zu sagen, dass sexuelle Aktivität zum Verlust oder der 'Opferung' von Humanität führen kann. [...] Kant dachte, dass zwar theoretisch sowohl Männer als auch Frauen objektifiziert werden können, aber er war sich dessen bewusst, dass in der Realität meistens Frauen die Opfer von Objektifizierung werden. Das wird offensichtlich in Kants Diskussionen über Prostitution und Konkubinat. Die Ausübung von Sexualität in solchen moralisch problematischen Kontexten führt zur Reduktion von Frauen (Prostituierte und Konkubinen) zu Objekten des Appetites von Männern.
Kant definiert Prostitution als das Angebot Profit für die eine Person gegen sexuelle Befriedigung für eine andere. Eine Person, so Kant, kann nicht einer anderen erlauben, ihren Körper gegen Austausch von Geld zu benutzen, ohne ihre Humanität zu verlieren und zu einem Objekt zu werden. [...] Kant tadelt die Prostituierte für ihre Objektifizierung. Er hält sie dafür verantwortlich, ihre Humanität zu opfern, indem sie sich selber als Objekt für die Befriedigung der sexuellen Wünsche des Kunden anbietet.
Die andere Beziehung, in der für Kant Objektifizierung eindeutig vorhanden ist, ist das Konkubinat. Kant versteht darunter eine Nicht-Dienstleistungsbeziehung zwischen einem Mann und mehr als einer Frau (den Konkubinen). [...]
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Und dann ist in diesem Zusammenhang vielleicht auch noch Kants Ansicht zur Masturbation interessant:
Wikipedia - Masturbation hat folgendes geschrieben: | Der Philosoph der Aufklärung Immanuel Kant sah Selbstbefriedigung als eine sittliche Verfehlung. Für ihn ist der natürliche Zweck des Sexualtriebes, dem nicht zuwidergehandelt werden dürfe, die Fortpflanzung. In seiner Metaphysik der Sitten legt er dar, dass die „wohllüstige Selbstschändung“ (d. h. die Masturbation) eine Verletzung der Pflicht des Menschen gegen sich selbst sei, weil er seine eigene Persönlichkeit aufgebe, indem er sich selbst als reines Mittel zur Befriedigung seiner Triebe gebrauche. Diese Selbstaufgabe erfordere nicht einmal Mut, sondern nur ein Nachgeben gegenüber dem Trieb, und wird deshalb von Kant als noch schlimmeres moralisches Vergehen bewertet als der Selbstmord. |
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Wie gesagt, halte ich die Ansichten von Kant zur Sexualität für überholt, nicht zeitgemäß, daher will ich zu seiner Sexualmoral nichts weiter sagen, sondern nur zu seiner Argumentation, die ich für fehlerhaft halte.
Kant sagt:
1. Ein Wesen mit Humanität ist dadurch gekennzeichnet, dass es selber seine Ziele rational festlegen kann, (d.h. diese sind nicht per se festgelegt), und ist fähig dazu, festzulegen, was wertvoll ist
2. Es ist nicht zulässig, seine Humanität oder die von anderen zu entehren, zu opfern, (teilweise) aufzugeben, das wäre Objektifizierung und die ist nach Kant unzulässig
Das erscheint mir selbstwidersprüchlich.
Es passt einfach nicht zusammen, auf der einen Seite zu sagen, der Mensch sei dadurch gekennzeichnet, dass ihm keine übergeordneten Ziele und Werte gegeben seien, er die selber finden / festlegen müsse, aber dann auf der anderen Seite zu behaupten, es gäbe doch ein naturgegebenes Wesen des Menschen, ein bestimmtes Bild, auf das hin er sich entwickeln solle bzw. dem er entsprechen solle - z.B. seinen Trieben niemals nachzugeben. Auf der einen Seite die Fähigkeit zur rationalen Entscheidung zuzugestehen, auf der anderen Seite aber, wenn die nicht im eigenen Sinne erfolgt, sie abzusprechen. Objektifizierung scheint für Kant etwas immer dann zu sein, wenn es seinem Bild des Idealmenschen (eine rein rational entscheidende Maschine mit eingebautem, vorgegebenem, überall gleichen Sittlichkeitsdetektor) nicht entspricht.
Stimmt, dass Nussbaum hier von Kant abweicht. Und zwar insofern, als sie keine starre, vorgegebene Schablone eines Idealmenschen anlegt und schaut, ob die passt oder nicht, (wenn nicht -> unzulässige Objektivierung), sondern die auch subjektive / individuelle Gefühle / Ansichten / Meinungen / Bewertungen in einer bestimmten Situation als wesentlich betrachtet.
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Edit: einige (Übersetzungs-)Fehler berichtigt, anderes genauer ausgedrückt.
Zuletzt bearbeitet von AgentProvocateur am 23.08.2011, 00:34, insgesamt einmal bearbeitet |
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Tom der Dino registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.07.2011 Beiträge: 3949
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(#1678304) Verfasst am: 22.08.2011, 20:15 Titel: |
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Shevek hat folgendes geschrieben: | Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Shevek hat folgendes geschrieben: | Tom der Dino hat folgendes geschrieben: |
Das machen wir doch im Dawkins-Thread. Ich dachte, hier gehts darum zu klären, was mit Objektivierung und Sexualisierung und objektivierender Sexualisierung gemeint ist. |
Aber von wem?
Also um wessen Definition geht es hier?
Und wenn es nicht um die feministische geht, was bringt uns dann eine Definition, die mit der von RW nichts zutun hat? | Hat RW eine Definition gegeben? Die hab ich dann übersehen. Ich dachte wir erarbeiten hier eine Definition. |
Wir hatten eine Definition von Sexualisierung, und da RW Feministin ist, könnte man sich in dem Umfeld umsehen. | Was denn nun? Sexualisierung oder Objektivierung? Die Nussbaumsche Definition wurde als hier Anhaltspunkt dargestellt, gleich mit Kritik versehen und zur Diskussion gestellt.
Shevek hat folgendes geschrieben: | Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Shevek hat folgendes geschrieben: | Tom der Dino hat folgendes geschrieben: |
Demnach wäre eine Objektivierung eine grenzüberschreitende Grenzenübertragung. |
Eine Objektivierung entsteht, wenn du dein Gegenüber nicht wirklich als Mensch respektierst und behandelst. Das passiert auch nicht ausversehen und es ist keine Frage der Handlung, sondern eine der Einstellung. Es zeigt sich nur in Handlungen und Worten. | Die Falschinterpretation einer nicht-objektivierenden Handlung kann aber dazu führen, dass die Handlung objektivierend wirkt. |
Ja kann, und es ist ein altes Problem, dass Männer leugnen, dass sie objektivieren und erklären, sie hätten nur nicht gewusst, dass sie es anders gerne hätte. | Ich habe ähnliches Verhalten auch schon bei Frauen erlebt. Aber ich denke das hat mit dem Thema Privileg zu tun.
Shevek hat folgendes geschrieben: | Tom der Dino hat folgendes geschrieben: | Es gibt eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass EG es tatsächlich nicht besser wusste, und wirklich nur lautere Absichten hatte und in RW kein Unbehagen verursachen wollte. Dann hat er einfach nur das Fettnäpfchen gesucht und das größte gefunden was da war, aber dann ist der Vorwurf der Objektivierung nicht gerechtfertigt. Oder steh ich gerade total auf dem Schlauch? |
Möglich ist das, ich würds ihm nur nicht glauben. Sorry, aber wer eine Frau in so einer Situation anbaggert hat sich entweder keine Gedanken über ihre Interessenslage gemacht oder ist unglaublich dumm. | Das er unglaublich dumm ist, kann doch gut sein, jedenfalls halte ich es nicht für ausgeschlossen.
Shevek hat folgendes geschrieben: | Aber das ist auch nicht ihr Punkt gewesen. Sie hat einen Aufhänger genommen um noch mal klar zu sagen, was sie nicht mag, was sie stört. Das muss man ja offensichtlich noch mal genauer erklären - gerade wenn er nicht objektiviert hat sondern einfach nur zu doof war um zu kapieren was sie meinte, denn dann kann es sein, dass auch andere es immer noch nicht kapiert haben, und denen hat sies noch mal erklärt. | Ja, da sind wir uns einig.
_________________ Am Anfang war ......das Experiment.
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