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Urheberrecht
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AgentProvocateur
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Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
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Beitrag(#1753737) Verfasst am: 19.05.2012, 01:10    Titel: Urheberrecht Antworten mit Zitat

Ich weiß wohl, dass es im Piraten-Thread dazu schon eine Diskussion gab, aber ich habe noch nicht mal den Hauch einer Lust, das zusammenzufassen, zu gliedern oder wie auch immer. Wer das aber für nötig hält und Lust dazu hat, soll das bitte selber machen.

Erst mal dazu das Parteiprogramm der Piraten: Klick

Mal kurz zusammenfass':

1. "Geistiges Eigentum" sei ein veraltetes Konzept
2. Beschränkungen der Kopierbarkeit von geistigen Schöpfungen seien unmoralisch
3. Die Kopierbarkeit von digital vorliegenden Werken lasse sich nicht einschränken
4. Nicht-kommerzielles Kopieren und Zugänglichmachung von digitalen Werken sei "natürlich" und solle deswegen nicht eingeschränkt werden
5. Wäre der Punkt 4 realisiert, tangiere das niemanden negativ
6. Es gäbe andere Geschäftskonzepte, die von Schöpfern geistiger Arbeit aufgegriffen werden könnten
7. Daher solle nichtkommerzielles Kopieren, Zugänglichmachen, Speichern und Nutzen von Werken nicht nur legalisiert, sondern gefördert werden
8. Persönlichkeitsrechte von Urhebern sollen zwar anerkannt werden, allerdings sei zu berücksichtigen, dass alle Urheber auf gesellschaftlich vorhandenes Vorwissen zurückgriffen und daher ihre Leistungen gerechtfertigt vergesellschaftet werden könnten
9. Die Vergesellschaftung von Leistungen Dritter müsse aber 'fair' vonstatten gehen - wobei offen bleibt, inwiefern - gesagt wird nur, dass die Dauer der Rechtsansprüche auf urheberrechtlich geschütze Werke drastisch verkürzt werden solle


Nun gibt es hier aber leider nun eine Menge Probleme.

- wieso und inwiefern ist 'geistiges Eigentum' ein veraltetes Konzept und was soll konkret an dessen Stelle treten?
- wieso sind Beschränkungen von Veröffentlichungen geistiger Leistungen unmoralisch? (Dieser Punkt bereitet mir am meisten Kopfzerbrechen, denn das würde ja, wenn man das mal logisch weiterdenkt, bedeuten, dass es unmoralisch wäre, nicht alle seine Gedanken öffentlich und kopierbar und weiterverbreitbar zu machen!? Geschockt )
- zu 3 und 4: das Argument, die Kopierbarkeit lasse sich nicht einschränken, gälte aber, falls das stimmte, gleichermaßen für kommerzielle und für nicht-kommerzielle Nutzung. Wieso wird dennoch hier unterschieden?
- selbst wenn es andere Geschäftskonzepte gäbe, als z.B. Software an Kunden zu verkaufen: wieso sollte jemand die ergreifen?
- zu Punkt 7: wie wird die Vergütung von Urhebern sichergestellt, wie wird das ausgeglichen?
- zu Punkt 8: klar ist niemand eine Insel. Aber wieso sollte daraus folgen, dass seine Arbeit einfach so vergesellschaftet werden darf, auch wenn das "nur" geistige Arbeit ist? (Wäre das Argument richtig, dann könnte man es es auf ausnahmslos auf jeden anwenden, egal, welche Arbeit er ausführt - auch ein Klempner, Dachdecker, Versicherungsvertreter, Bankangestellter, Fabrikarbeiter etc. pp. kann nichts aus dem Nichts heraus tun, es gibt immer ein gesellschaftliches Wissen, auf dem aufgebaut wird)
- zu Punkt 9: es ist schon irgendwie bezeichnend, dass hier kein positives Konzept vorgelegt wird

Mal auf mich bezogen. Ich bin nun kein Künstler, sondern (teilweise) nur ein Softwareentwickler. Der zur Erstellung von Software von mehreren Monaten bis zu mehreren Jahren benötigt. Nun ist es zweifelllos richtig, dass ich diese Software nicht aus dem Nichts erschaffe, sondern die nur erstellen kann, weil ich auf eine große Basis von Vorwissen und auf diverse Werkzeuge, (die teilweise andere kostenlos zur Verfügung gestellt haben), zurückgreifen kann.

Aber dennoch: in meinen Erzeugnissen steckt eine ganz gewaltige Menge Arbeit von mir selber drin. Und die möchte ich deswegen nicht kostenlos anderen zur Verfügung stellen, weil ich auch meine Brötchen bezahlen muss, ganz einfach. Ich investiere eine Menge Zeit und auch Geld, um ein Produkt zu entwickeln, von dem ich vorher nicht weiß, ob es sich im Nachhinnein rechnet. Und diese Produkte versehe ich mit einem Software-Schutz, mir ist nicht ersichtlich, wieso das nun in irgend einer Weise unmoralisch sein sollte. Diesen Gedanken finde ich geradezu absurd, (s.o.). Wieso also? Würde man die Idee dahinter weiterspinnen, dann liefe das doch wohl darauf hinaus, dass es unmoralisch sei, seine Gedanken nicht öffentlich zu machen. Und wenn das nicht absurd ist: was sonst wäre dann absurd?

Ich sehe auch nicht, wie ich mein Geschäftsmodell umstellen könnte. Ich bin nicht Google. Ich mein', gut, wenn mir hier jemand einen soliden monatlichen Salär zahlen würde, dann wäre es mir auch egal, was mit meinen Programmen geschähe, dann würde ich die gerne zur allgemeinen Verfügung stellen. Aber das tut nun mal keiner. Und der Staat kann das aus naheliegenden Gründen auch nicht tun, (dann würde er schnell pleite gehen).

Die Idee, alle geistigen Leistungen vergesellschaften zu wollen, mag ja schön und gut sein. Aber ich müsste dann etwas anderes machen, als ich jetzt mache, ich kann es mir schlicht nicht leisten, ohne Vergütung zu arbeiten und ich schätze, dass es wenige gibt, die sich das leisten können.
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AgentProvocateur
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Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
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Beitrag(#1754100) Verfasst am: 20.05.2012, 18:53    Titel: Antworten mit Zitat

Ich möchte mal klarstellen, um was es mir hier geht: und zwar nicht um mich, (ich habe mich nur als beliebiges Beispiel genommen), sondern es geht mir um eine philosophische Begründung, (ob und warum es geistiges Eigentum geben kann/soll oder ob und warum nicht - und welche weiteren Folgerungen sich daraus ergeben).

Ich bin nun auf diesen Text gestoßen, der sich auf eine Dissertation des finnischen Ethikforschers Kai Kimppa (2007) bezieht, in der dieser begründen möchte, dass es keine philosophische (ethische) Begründung für die Schutzwürdigkeit von geistigem Eigentum geben kann:

Probleme der ethischen Begründung von “Geistigem Eigentum” und Immaterialgüterrechten im Informationszeitalter hat folgendes geschrieben:
Die Rechtfertigungen für das Immaterialgüterrecht fussen im wesentlichen auf folgenden philosophischen Grundlagen:
  • Die liberale/libertaristische Begründung: “Das Ergebnis meiner Arbeit gehört mir.” (What I create is mine.)
  • Die utilitaristische Begründung: Privates “Geistiges Eigentum” fördert das Gemeinwohl.
  • Die deontologische Begründung: Es ist moralische Pflicht, dem Urheber Respekt zu erweisen.

Ich möchte mich erst mal auf den ersten Punkt beschränken:

Probleme der ethischen Begründung von “Geistigem Eigentum” und Immaterialgüterrechten im Informationszeitalter hat folgendes geschrieben:
Akzeptiert man diese Philosophie von Locke, so ergibt sich daraus das schwerwiegendste Argument für die Untauglichkeit der liberalen Begründung geistigen Eigentums:

“Geistiges Eigentum” als Eigentum nämlich beschränkt die Freiheit des anderen erheblich. Wir haben ein natürliches, nicht in Frage zu stellendes Recht auf Leben, und um dieses Recht wahrzunehmen, brauchen wir das Recht auf Freiheit. Wenn wir aber nicht einmal über unmittelbares materielles Eigentum frei verfügen können, weil dem immaterielle Rechte entgegenstehen, ist unsere Freiheit erheblich eingeschränkt. Immaterialrechte eines Einzelnen beschneiden also die Freiheit von vielen, anstelle sie zu erweitern. Damit lassen sich Immaterialrechte aus einem liberalen Standpunkt heraus nicht begründen.

Das erscheint mir nun als offensichtlich falsch, hier muss man ein bisschen weiterdenken. "Immaterialrechte eines Einzelnen" beziehen sich nicht nur auf künstlerische/wissenschaftliche/sonstige Werke, sondern sie bestehen auch z.B. in Persönlichkeitsrechten, z.B. dem Recht auf das eigene Bild, (und diversen anderen Rechten).

Wenn die Argumentation hier richtig wäre, dann müsste man sie folgerichtig auch auf alle immateriellen Rechte anwenden. Nur habe ich solches noch nicht gelesen, (z.B. im Parteiprogramm der Piraten), und also gibt es hier eine große Diskrepanz in der Argumentation. Oder vergleiche auch in der zugrunde liegenden Dissertation das Schaubild auf Seite 8: "Artificial, socially constructed limits on the usage of an immaterial object compared to no artificial limits". Auch hier scheint implizit zugrundegelegt werden, dass 'künstliche, sozial konstruierte Grenzen bei der Nutzung immaterieller Objekte' etwas per se Schlechtes und Abzulehnendes seien. Nur: wenn man das tatsächlich so meint, dann müsste man dabei auch konsequent sein.

Und solange man das nicht ist, scheitert dieses Argument völlig. Denn wäre es richtig, könnte es auch keine Begründung für z.B. Persönlichkeitsrechte geben und ergo müssten auch diese aufgegeben werden.
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pera
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Anmeldungsdatum: 01.07.2009
Beiträge: 4256

Beitrag(#1754117) Verfasst am: 20.05.2012, 19:35    Titel: Antworten mit Zitat

Hier stehen die alten Regeln des CCC,

http://www.ccc.de/hackerethics

die gerade im Moment überarbeitet werden.

http://www.spiegel.de/netzwelt/web/sigint-konferenz-hacker-suchen-neue-regeln-a-834085.html

Immer schon für falsch fand ich speziell:
Zitat:
Alle Informationen müssen frei sein.

Das passt zu AP's Punkt 2.

Ansonsten habe ich dem Programm nichts gelesen was einem Vorschlag, wie es denn anders zu handhaben sei, nahekommt. (Für den Bereich Geistiges Eigentum)
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moecks
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Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 4560

Beitrag(#1754126) Verfasst am: 20.05.2012, 20:09    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und solange man das nicht ist, scheitert dieses Argument völlig. Denn wäre es richtig, könnte es auch keine Begründung für z.B. Persönlichkeitsrechte geben und ergo müssten auch diese aufgegeben werden.

Inwiefern beschränken Persönlichkeitsrechte die Freiheit anderer?
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AgentProvocateur
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Anmeldungsdatum: 09.01.2005
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Wohnort: Berlin

Beitrag(#1754128) Verfasst am: 20.05.2012, 20:22    Titel: Antworten mit Zitat

moecks hat folgendes geschrieben:
Inwiefern beschränken Persönlichkeitsrechte die Freiheit anderer?

Weil die anderen verbieten, z.B. Fotos von mir, meine Adresse, meine Passwörter, meine Kontonummer und PIN und TANs oder üble Nachreden / Beleidigungen über mich verbreiten zu dürfen.

In den Worten der oben verlinkten Dissertation gesagt:

hat folgendes geschrieben:
The digital distribution of the immaterial, especially via the Internet, has finally allowed for the kind of immaterial commons which could be viewed to follow from Locke. The method for this would be the abolishment of the current IPRs and the use of a GNU GPL type of system in their stead. This would also strengthen the possibility of people (whether users, manufacturers, designers or purchasers) to do with what they have as they please (Long, 1995) without the artificial scarcity introduced by the IPR laws.

(Anmerkung: IPR = intellectual property rights)

Hervorhebung von mir.

(Und hier bleibt übrigens unklar, wieso und inwiefern eine GNU GPL jedem das Recht einräumen würde, mit Werken anderer das zu tun, was immer ihnen beliebt. Auch die GNU GPL ist eine Lizenz, die eben nicht alles erlaubt.)
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beachbernie
male Person of Age and without Color



Anmeldungsdatum: 16.04.2006
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Beitrag(#1754133) Verfasst am: 20.05.2012, 20:34    Titel: Antworten mit Zitat

moecks hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und solange man das nicht ist, scheitert dieses Argument völlig. Denn wäre es richtig, könnte es auch keine Begründung für z.B. Persönlichkeitsrechte geben und ergo müssten auch diese aufgegeben werden.

Inwiefern beschränken Persönlichkeitsrechte die Freiheit anderer?



Jedes persoenliche Eigentumsrecht beschraenkt die Freiheit anderer sich beliebig Dinge anzueignen oder diese zu benutzen, die sie gerade gebrauchen koennen.


....und ich moechte hinzufuegen, dass das eigentlich ganz gut so ist.


Im Zeitalter des Internet wird es nun notwendig die bisherigen Regeln zum Schutze des persoenlichen Eigentums zu ergaenzen um sie an die veraenderten Moeglichkeiten anzupassen, idealerweise so, dass einerseits praktikable Loesungen zum Urheberrecht gefunden werden und andererseits das Grundprinzip des persoenlichen Eigentums auch auf diesem Gebiet erhalten bleibt.

Ich gebe zu, das ist sicher keine leichte Aufgabe. Wenn ich auch die oft recht radikalen Vorstellungen der Piraten nicht fuer zustimmungsfaehig halte, so gebuehrt dieser Partei zumindest das Verdienst diese dringend notwendige Diskussion sehr plakativ angestossen zu haben. Sie muss jetzt nur noch gefuehrt werden.
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AgentProvocateur
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Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#1754172) Verfasst am: 20.05.2012, 22:55    Titel: Antworten mit Zitat

pera hat folgendes geschrieben:
Hier stehen die alten Regeln des CCC,

http://www.ccc.de/hackerethics

[...]

Immer schon für falsch fand ich speziell:
Zitat:
Alle Informationen müssen frei sein.

Das passt zu AP's Punkt 2.

Schlicht widersprüchlich erscheinen mir diese 2 Punkte in der von Dir verlinkten Hackerethik:
  • Alle Informationen müssen frei sein.
  • Öffentliche Daten nützen, private Daten schützen.
Was macht aber Daten/Informationen zu öffentlichen Daten/Informationen, was zu privaten? Wenn nicht die oben als irgendwie per se als falsch angeprangerten 'künstlichen, sozial konstruierten Grenzen bei der Nutzung immaterieller Objekte'? Was z.B., wenn jemand Daten über mich, die ich als privat ansehe und geschützt sehen möchte, dennoch öffentlich macht? Wären sie dann öffentlich oder privat?

Der Satz "Alle Informationen müssen frei sein" müsste ja genau genommen so lauten: "Alle öffentlichen Informationen müssen frei sein" - falls man denn zustimmt, dass private Daten/Informationen nicht frei (= für alle beliebig zugänglich zugänglich und verwertbar) sein sollen. Falls man aber dem nicht zustimmt, dann muss eben der zweite Punkt (und somit auch die Persönlichkeitsrechte) gestrichen werden.

pera hat folgendes geschrieben:
Ansonsten habe ich dem Programm nichts gelesen was einem Vorschlag, wie es denn anders zu handhaben sei, nahekommt. (Für den Bereich Geistiges Eigentum)

Ich habe folgenden Vorschlag des CCC gefunden: Kulturwertmark. Was auf jeden Fall schon mal besser ist als eine 'Kulturflatrate'.

Mich interessieren hier vor allem die philosophischen Argumente. Meine Frage bei dem CCC-Vorschlag wäre daher, wieso die einen Unterschied zwischen kommerzieller und nicht-kommerzieller Verwertung/Kopien sehen und wie der begründet wird:

Kulturwertmark hat folgendes geschrieben:
Insbesondere müssen Schutzfristen deutlich verkürzt und die straf- und zivilrechtliche Verfolgung von Filesharing und privaten Kopien auf kommerzielle – also auf profitorientierte Gewinnerzielung zielende – Verstöße beschränkt werden.

Entweder nun vertritt man die absolute Position, dass tatsächlich alle Informationen (Daten) öffentlich und absolut uneingeschränkt zugänglich sein sollen, (weil das angeblich die optimale Freiheit aller herstellen würde). Aber dann dürfte man auch nicht mehr unterscheiden zwischen kommerzieller/nicht kommerzieller Nutzung und zwischen öffentlichen/privaten Daten. (Und man müsste übrigens dann auch eine Pflicht aller, alle Gedanken öffentlich zu machen, vertreten. Und auch eine Arbeitspflicht: wer in der Lage dazu ist, ein Werk von öffentlichem Interesse zu schaffen, wäre moralisch verpflichtet dazu, das zu tun - und zwar ohne Anspruch auf Entschädigung/Vergütung.)

Oder aber man sieht diese Unterscheidungen als sinnvoll an und plädiert für eine unterschiedliche Behandlung. Aber dann kann man nicht mehr alles über einen Kamm scheren und kann sich auch nicht mehr auf die angebliche Kraft des Faktischen berufen, ("so ist das Internet nun mal, da können wir eh nix machen, also müssen wir alles laufen lassen und es folgt daraus nun auch, dass jedwedes Kopieren von immateriellen Daten moralisch in Ordnung ist, da ja niemandem daraus ein Schaden entsteht, weil niemandem etwas weggenommen wird; die Ursprungsdaten werden ja nicht angestastet, stehen immer noch zur Verfügung und außerdem hat jeder einen moralischen/"natürlichen" Anspruch auf jede Information, die es in der Welt gibt").
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Kival
Profeminist Ghost



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Beiträge: 24071

Beitrag(#1754176) Verfasst am: 20.05.2012, 23:14    Titel: Antworten mit Zitat

beachbernie hat folgendes geschrieben:
moecks hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und solange man das nicht ist, scheitert dieses Argument völlig. Denn wäre es richtig, könnte es auch keine Begründung für z.B. Persönlichkeitsrechte geben und ergo müssten auch diese aufgegeben werden.

Inwiefern beschränken Persönlichkeitsrechte die Freiheit anderer?



Jedes persoenliche Eigentumsrecht beschraenkt die Freiheit anderer sich beliebig Dinge anzueignen oder diese zu benutzen, die sie gerade gebrauchen koennen..


Persönlichkeitsrechte sind eigentlich keine Eigentumsrechte, daher ist mir nicht ganz klar, was Du unter der Konstruktion "persönliches Eigentumsrecht" eigentlich meinst.
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AgentProvocateur
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Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#1754181) Verfasst am: 20.05.2012, 23:38    Titel: Antworten mit Zitat

Kival hat folgendes geschrieben:
beachbernie hat folgendes geschrieben:
moecks hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und solange man das nicht ist, scheitert dieses Argument völlig. Denn wäre es richtig, könnte es auch keine Begründung für z.B. Persönlichkeitsrechte geben und ergo müssten auch diese aufgegeben werden.

Inwiefern beschränken Persönlichkeitsrechte die Freiheit anderer?

Jedes persoenliche Eigentumsrecht beschraenkt die Freiheit anderer sich beliebig Dinge anzueignen oder diese zu benutzen, die sie gerade gebrauchen koennen..

Persönlichkeitsrechte sind eigentlich keine Eigentumsrechte, daher ist mir nicht ganz klar, was Du unter der Konstruktion "persönliches Eigentumsrecht" eigentlich meinst.

Er meint - schätze ich: Eigentumsrecht, wie wir es zurzeit haben. Egal, ob man jetzt unterscheiden will zwischen 'materiellem Eigentum' (z.B.: dieses [materielle] Fahrrad gehört mir') und 'immateriellem Eigentum' (z.B.: dieses [immaterielle] Programm habe ich entwickelt und die Rechte liegen bei mir).

Beides beschränkt die Freiheit anderer, (jemand darf nicht mein Fahrrad ohne Erlaubnis benutzen, jemand darf nicht mein Programm ohne Erlaubnis an Dritte weitergeben), egal, ob er jeweils etwas dabei verdient, etwas pekuniär für ihn dabei herausspringt oder nicht.

Ebenso beschränken Persönlichkeitsrechte die Freiheit anderer: Du dürftest z.B. nicht ohne meine Erlaubnis meinen Klarnamen und meine Adresse hier veröffentlichen - so Du die kennen würdest.
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44084

Beitrag(#1754183) Verfasst am: 20.05.2012, 23:56    Titel: Antworten mit Zitat

"Sooft sich durch die Entwicklung der Industrie und des Handels neue Verkehrsformen gebildet haben [...], war das Recht jedesmal genötigt, sie unter die Eigentumserwerbsarten aufzunehmen."
- Marx/Engels: Die Deutsche Ideologie, I. Feuerbach. MEW 3 S. 64.
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AgentProvocateur
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Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#1754189) Verfasst am: 21.05.2012, 00:13    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
"Sooft sich durch die Entwicklung der Industrie und des Handels neue Verkehrsformen gebildet haben [...], war das Recht jedesmal genötigt, sie unter die Eigentumserwerbsarten aufzunehmen."
- Marx/Engels: Die Deutsche Ideologie, I. Feuerbach. MEW 3 S. 64.

"Sooft sich die Gesellschaft substantiell weiterentwickelt hat, hat sich das Recht geändert und angepasst."
- AgentProvocateur: FGH-Forum, 21.05.2012, 1:13, Beitrag #1754189.

Und nun?
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Kival
Profeminist Ghost



Anmeldungsdatum: 14.11.2006
Beiträge: 24071

Beitrag(#1754206) Verfasst am: 21.05.2012, 01:49    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
beachbernie hat folgendes geschrieben:
moecks hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und solange man das nicht ist, scheitert dieses Argument völlig. Denn wäre es richtig, könnte es auch keine Begründung für z.B. Persönlichkeitsrechte geben und ergo müssten auch diese aufgegeben werden.

Inwiefern beschränken Persönlichkeitsrechte die Freiheit anderer?

Jedes persoenliche Eigentumsrecht beschraenkt die Freiheit anderer sich beliebig Dinge anzueignen oder diese zu benutzen, die sie gerade gebrauchen koennen..

Persönlichkeitsrechte sind eigentlich keine Eigentumsrechte, daher ist mir nicht ganz klar, was Du unter der Konstruktion "persönliches Eigentumsrecht" eigentlich meinst.

Er meint - schätze ich: Eigentumsrecht, wie wir es zurzeit haben. Egal, ob man jetzt unterscheiden will zwischen 'materiellem Eigentum' (z.B.: dieses [materielle] Fahrrad gehört mir') und 'immateriellem Eigentum' (z.B.: dieses [immaterielle] Programm habe ich entwickelt und die Rechte liegen bei mir).

Beides beschränkt die Freiheit anderer, (jemand darf nicht mein Fahrrad ohne Erlaubnis benutzen, jemand darf nicht mein Programm ohne Erlaubnis an Dritte weitergeben), egal, ob er jeweils etwas dabei verdient, etwas pekuniär für ihn dabei herausspringt oder nicht.

Ebenso beschränken Persönlichkeitsrechte die Freiheit anderer: Du dürftest z.B. nicht ohne meine Erlaubnis meinen Klarnamen und meine Adresse hier veröffentlichen - so Du die kennen würdest.


Ja, ich bezweifle ja auch nicht, dass durch Persönlichkeitsrechte Freiheiten eingeschränkt werden, dennoch sind Persönlichkeitsrechte und Eigentumsrechte zwei verschiedene Dinge und dementsprechend fand ich die Aussage etwas irritierend. Als Antwort auf moecks Frage hätte ja dein letzter Absatz vollauf genügt.
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Murphy
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Anmeldungsdatum: 29.04.2011
Beiträge: 5000

Beitrag(#1754218) Verfasst am: 21.05.2012, 06:13    Titel: Antworten mit Zitat

Ich finde die Forderungen der Piraten weisen grundsätzlich in die richtige Richtung, aber so auf den Punkt gebracht erscheint mir die Begründung dafür auch etwas 'dünn'. Ich wüsste aber auch nicht wie man das groß philosophisch begründen sollte, das wichtigste ist doch zunächst eine praktikable Lösung mit der alle Beteiligten, Künstler und Konsumenten, einigermaßen leben können.

Also ich seh das so, wenn ich Musik auf einem Tonträger kaufe, dann erwerbe ich damit das Recht an der Nutzung ganz allgemein für mich, unabhängig vom Medium und in meinen Augen müsste das lebenslang gelten. Ich hab erst kürzlich meine sämtlichen Cds zusammengesucht, durchgesehen, konvertiert und in Kisten verpackt. Da war natürlich einiges auch zerkratzt oder man hat die Hülle aber die CD ist auf Ewigkeit verliehen oder jemand hat sie sich beim auflegen mal gekrallt. Umgekehrt findet man auch geliehene Sachen, weiß vielleicht schon gar nicht mehr wem die gehören oder hat keinen Kontakt mehr. Auch getauscht hab ich schon die ein oder andere Scheibe.

Was soll man da machen? Wenn die CD furt is oder hin und ich sie mal gekauft habe, dann saug ich das Zeug auch wieder und soweit ich weiß genügt bei geliehenen Medien nach Medienrecht der Besitz um sich eine legale Kopie herzustellen. Jedenfalls zahl ich bestimmt nicht zweimal für den selben Scheiß, einmal wenn es das wert ist, aber da gebe ich mein Geld eigentlich auch für Qualität und Leistung her, darum gehts mir bei dem Handel und nicht weil irgendjemand Recht an einer Information hat, die er mit anderen nur gegen Bares teilt und sie ansonsten allen anderen verbieten will. Das ist schon irgendwie ein perverser kapitalistischer Auswuchs, soviel Macht darf man nicht ausschließlich vom Geld abhängig machen.
[überleg mal was das für Konsequenzen haben könnte, Geld und Information gekoppelt bedingt sich gegenseitig, polarisiert sich in den Händen immer weniger Anbieter die einer immer größeren Nachfrage gegenüberstehen, Oligarchie oder zuletzt Alleinherrschaft wären vorprogrammiert, sowas wählt man ja nicht]

Was ich mir wünsche wäre noch etwas mehr entgegenkommen von seiten der Künstler. Wenn die schon im Geld schwimmen oder eine Platte sich mit Multiplatin schon richtig ausgezahlt hat, dann kann man die Sachen irgendwann ruhig kostenlos auf einem eigenen Channel zur Verfügung stellen. Manche machen das, aber die scheiß Plattenindustrie will ja die Rechte am liebsten auf ewig und bitcht noch rum bei Sachen die echt schon tausend Jahre alt sind.
Also Alles sollte nach bestimmter Frist ins Gemeingut übergehen und diese Frist darf man von mir aus gerne auch noch nach unten setzen. Wenn dann jemand Geld verdienen und es publizieren möchte muss er eben gute Arbeit und damit einen Grund liefern, warum man kaufen und nicht am Allgemeingut frei partizipieren sollte.

Summa summarum bin ich also dafür, irgendwie einen gerechten Handel im Auge zu behalten. Der bisherige Maßstab für den Wert ist ja oft die Popularität. Sollen sie halt eine unabhängige Behörde schaffen oder sonst eine Einrichtung, die als so eine Art Börse geistigen Eigentums fungiert, so dass man in Zukunft nur noch Rechte kauft oder sowas. Auch die Künstler müssten dann das Recht am Handel mit ihrer Idee erwerben und die können dann je nach Nachfrage entscheiden obs das wert ist.
Ein bisschen utopisch und Sci-Fi, aber was blöderes fällt mir jetzt im Moment auch nicht ein zwinkern
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Shadaik
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 26377
Wohnort: MG

Beitrag(#1754232) Verfasst am: 21.05.2012, 08:16    Titel: Antworten mit Zitat

Kival hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
beachbernie hat folgendes geschrieben:
moecks hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und solange man das nicht ist, scheitert dieses Argument völlig. Denn wäre es richtig, könnte es auch keine Begründung für z.B. Persönlichkeitsrechte geben und ergo müssten auch diese aufgegeben werden.

Inwiefern beschränken Persönlichkeitsrechte die Freiheit anderer?

Jedes persoenliche Eigentumsrecht beschraenkt die Freiheit anderer sich beliebig Dinge anzueignen oder diese zu benutzen, die sie gerade gebrauchen koennen..

Persönlichkeitsrechte sind eigentlich keine Eigentumsrechte, daher ist mir nicht ganz klar, was Du unter der Konstruktion "persönliches Eigentumsrecht" eigentlich meinst.

Er meint - schätze ich: Eigentumsrecht, wie wir es zurzeit haben. Egal, ob man jetzt unterscheiden will zwischen 'materiellem Eigentum' (z.B.: dieses [materielle] Fahrrad gehört mir') und 'immateriellem Eigentum' (z.B.: dieses [immaterielle] Programm habe ich entwickelt und die Rechte liegen bei mir).

Beides beschränkt die Freiheit anderer, (jemand darf nicht mein Fahrrad ohne Erlaubnis benutzen, jemand darf nicht mein Programm ohne Erlaubnis an Dritte weitergeben), egal, ob er jeweils etwas dabei verdient, etwas pekuniär für ihn dabei herausspringt oder nicht.

Ebenso beschränken Persönlichkeitsrechte die Freiheit anderer: Du dürftest z.B. nicht ohne meine Erlaubnis meinen Klarnamen und meine Adresse hier veröffentlichen - so Du die kennen würdest.


Ja, ich bezweifle ja auch nicht, dass durch Persönlichkeitsrechte Freiheiten eingeschränkt werden, dennoch sind Persönlichkeitsrechte und Eigentumsrechte zwei verschiedene Dinge und dementsprechend fand ich die Aussage etwas irritierend. Als Antwort auf moecks Frage hätte ja dein letzter Absatz vollauf genügt.
Andersrum wird ein Schuh draus: Eigentumsrecht ist, insbesondere bei immateriellen Gütern, ein Persönlichkeitsrecht.
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Shadaik
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 26377
Wohnort: MG

Beitrag(#1754233) Verfasst am: 21.05.2012, 08:23    Titel: Antworten mit Zitat

Sargnagel hat folgendes geschrieben:
Was ich mir wünsche wäre noch etwas mehr entgegenkommen von seiten der Künstler. Wenn die schon im Geld schwimmen oder eine Platte sich mit Multiplatin schon richtig ausgezahlt hat, dann kann man die Sachen irgendwann ruhig kostenlos auf einem eigenen Channel zur Verfügung stellen.
Kennst du unglue.it?

Zitat:
Also Alles sollte nach bestimmter Frist ins Gemeingut übergehen und diese Frist darf man von mir aus gerne auch noch nach unten setzen. Wenn dann jemand Geld verdienen und es publizieren möchte muss er eben gute Arbeit und damit einen Grund liefern, warum man kaufen und nicht am Allgemeingut frei partizipieren sollte.

Das gibt es bereits. Das Urheberrecht hat Auslauffristen. Die sind momentan nur leider extrem großzügig.

Zitat:
Summa summarum bin ich also dafür, irgendwie einen gerechten Handel im Auge zu behalten. Der bisherige Maßstab für den Wert ist ja oft die Popularität. Sollen sie halt eine unabhängige Behörde schaffen oder sonst eine Einrichtung, die als so eine Art Börse geistigen Eigentums fungiert, so dass man in Zukunft nur noch Rechte kauft oder sowas. Auch die Künstler müssten dann das Recht am Handel mit ihrer Idee erwerben und die können dann je nach Nachfrage entscheiden obs das wert ist.
Ein bisschen utopisch und Sci-Fi, aber was blöderes fällt mir jetzt im Moment auch nicht ein zwinkern
Das gab es in den USA vor der Einführung des modernen Copyright: Man musste sein Urheberrecht bei einer Behörde anmelden, sonst hatte man keines. Hat man schnell wieder abgeschafft, weil es etliche Künstler daran gehindert hat, ihre Werke anzubieten und somit eine überaus effektive Kulturbekämpfungsmaßnahme war. Vom Verwaltungsaufwand ganz zu schweigen. Und das war vor dem Internetzeitalter.
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Telliamed
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Anmeldungsdatum: 05.03.2007
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Beitrag(#1754237) Verfasst am: 21.05.2012, 08:38    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
"Sooft sich durch die Entwicklung der Industrie und des Handels neue Verkehrsformen gebildet haben [...], war das Recht jedesmal genötigt, sie unter die Eigentumserwerbsarten aufzunehmen."
- Marx/Engels: Die Deutsche Ideologie, I. Feuerbach. MEW 3 S. 64.

"Sooft sich die Gesellschaft substantiell weiterentwickelt hat, hat sich das Recht geändert und angepasst."
- AgentProvocateur: FGH-Forum, 21.05.2012, 1:13, Beitrag #1754189.

Und nun?


Im Bundesjustizministerium ist man bei der Anpassung des Eigentumsrechts an das Internet-Zeitalter noch nicht so weit.
Zudem sind auf einigen Feldern die Grenzen nationaler Rechtsprechung bereits überwunden. Es gibt kein im internationalen Maßstab so ohne weiteres einheitlich durchsetzbares Eigentumsrecht.

Du hast Deine Situation beschrieben: Das Entwickeln von Programmen (oder das Bücherschreiben) ist eine langwierige, mühselige Arbeit. Du musst Deinen Lebensunterhalt gewährleisten können. Entweder die Produktion geistiger Güter, bei der eigene schöpferische Leistungen zur Geltung gebracht werden, wirft für Dich etwas ab, damit Du dazu in der Lage bist. Oder Du wirst von einer Einrichtung finanziell unterstützt und betrachtest das als Nebenerwerb. Oder Du musst umsatteln, wenn Du nicht ausreichend davon versorgt wirst.

Eher unphilosophisch und ziemlich orthodox-marxistisch: Dort, wo das Kapital konzentriert ist, dort wo die Finanzen im Kasten liegen, wird entschieden, ob Dein Projekt gefördert wird.

Die Vorstellung, wonach sich das durchsetzt, was von sehr vielen für gut gehalten wird, orientiert sich hier in der bisherigen Diskussion vor allem an der durch die moderne Technik öffentlich zugänglich gemachten Musikszene.

In dem Bereich, wo Du tätig bist (und ich auch), gibt es aber eventuell nur ganz wenige, die den wirklichen Wert dessen zu schätzen wissen, womit Du Dich jahrelang beschäftigst.

Meine bisherigen Beiträge in dem anderen Thread waren in dem Sinne nicht konstruktiv, als ich auch keine Idee habe, wie man etwas rechtlich verändern kann, mit dem Wissen, dass im Landesmaßstab das Geld, dass die Großbanken das Sagen bei dem haben, was gefördert wird. Mir ging es erst einmal um eine Abwehr der Vorstellung, wonach es das "geistige Eigentum" gar nicht gäbe, das Patentrecht vielleicht im technischen Bereich schon alles abdecke und in den Bereich, in dem geistige Arbeiter (oft: Prekariat) ihren Lebensunterhalt bestreiten, Leute hineinreden, die nur von der Distribution durch das Internet ausgehen, jedoch nicht die "Mühen der Ebene" kennen, der langwierigen, schlecht oder zunächst gar nicht bezahlten Kopfarbeit.
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caballito
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Beitrag(#1754250) Verfasst am: 21.05.2012, 09:26    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Ich bin nun auf diesen Text gestoßen, der sich auf eine Dissertation des finnischen Ethikforschers Kai Kimppa (2007) bezieht, in der dieser begründen möchte, dass es keine philosophische (ethische) Begründung für die Schutzwürdigkeit von geistigem Eigentum geben kann:

Probleme der ethischen Begründung von “Geistigem Eigentum” und Immaterialgüterrechten im Informationszeitalter hat folgendes geschrieben:
Die Rechtfertigungen für das Immaterialgüterrecht fussen im wesentlichen auf folgenden philosophischen Grundlagen:
  • Die liberale/libertaristische Begründung: “Das Ergebnis meiner Arbeit gehört mir.” (What I create is mine.)
  • Die utilitaristische Begründung: Privates “Geistiges Eigentum” fördert das Gemeinwohl.
  • Die deontologische Begründung: Es ist moralische Pflicht, dem Urheber Respekt zu erweisen.


Vielleicht bringt das tatsächlich die Problematik auf den Punkt:

Begründung 2 und 3 schließen eine Vergesellschaftung geistigen Eigentums nicht aus, sondern vrlangen nur, ass diese angemessen entschädigt wird.

Punkt 1 aber ist problematisch, und die Problematik ist insbesondere durch die Software-Patente zutage getreten: Dieser Punkt ist nämlich nicht so einfach von materiellem Eigentum auf geistiges zu übertragen, und zwar aus folgendem Grund: Wenn ich etwas mache, und dieses Ding dann mir gehört, dann kann mein Nachbar zwar nicht über mein Ding verfügen - er kann sich aber jederzeit selber ein eigenes machen, über das dann wiederum er allein verfügen kann. Will heißen: Mein Eigentum an dem Ding hindert meinen Nachbarn nicht, das gleiche Ding zu haben, es verschafft mir kein Monopol.

Wenn ich aber eine Idee habe, und dann über diese als geistiges Eigentum allein verfügen kann, kann mein Nachbar eben nicht selber die gleiche Idee haben, und dann darüber verfügen ... geistiges Eigentum verschafft also die Möglichkeit der gesellschaftlichen Blockade, und genau da liegt der Knackpunkt, wo das Urheberrecht reformbedürftig ist.
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Aber nicht alle Gedanken wissen das.
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Defätist
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Beitrag(#1754260) Verfasst am: 21.05.2012, 10:09    Titel: Antworten mit Zitat

caballito hat folgendes geschrieben:
.....
Wenn ich aber eine Idee habe, und dann über diese als geistiges Eigentum allein verfügen kann, kann mein Nachbar eben nicht selber die gleiche Idee haben, und dann darüber verfügen ... geistiges Eigentum verschafft also die Möglichkeit der gesellschaftlichen Blockade, und genau da liegt der Knackpunkt, wo das Urheberrecht reformbedürftig ist.

Ich stimme dir da voll und ganz zu, gehe aber sogar noch einen Schritt weiter, weil das mMn gesellschaftlich noch kritischer zu Buche schlägt:
Es ist durchaus möglich, dass mehrere Menschen gleichzeitig oder auch nur räumlich getrennt gleichlautende Überlegungen und Ideen haben können. Um es mal extrem zu veranschaulichen, hat Jochen an der TU in Dresden heute Abend die zündende Idee für einen effizienten kostengünstigen Solarstromspeicher und lässt sich diese Idee natürlich sofort patentieren, um daran entsprechend partizipieren zu können.
M´habusi am College in Timbuktu hat just heut abend die gleiche Idee, macht sich sofort an die Umsetzung und stellt, zuerst nur für seine Stadt, dann für die Region diese Idee zur technischen Realisierung kostenlos zur Verfügung. Sie wird verfielfältigt und kopiert.... e.t.c.

Was meint ihr, wie die Geschichte ausgeht?
Juristisch zumindest ist es klar.
Ethisch aber? Und genau da widerspricht "die gesellschaftliche Ethik" der "Wirtschaftsethik" aus Punkt 1 des Finnen von AP´s Zitat.
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Ralf Rudolfy
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Beitrag(#1754323) Verfasst am: 21.05.2012, 13:57    Titel: Re: Urheberrecht Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
8. Persönlichkeitsrechte von Urhebern sollen zwar anerkannt werden, allerdings sei zu berücksichtigen, dass alle Urheber auf gesellschaftlich vorhandenes Vorwissen zurückgriffen und daher ihre Leistungen gerechtfertigt vergesellschaftet werden könnten

Insbesondere diesen Gedanken finde ich maßlos absurd und abwegig. Mit dieser Begründung müßte ich auch den Maurer nicht bezahlen, denn wie man richtig mauert, haben sich schließlich andere vor ihm ausgedacht. Oder aber man begibt sich auf das dünne Brett, daß geistige Arbeit keine Arbeit im eigentlichen Sinne sei.
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Kramer
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Beitrag(#1754332) Verfasst am: 21.05.2012, 14:13    Titel: Antworten mit Zitat

caballito hat folgendes geschrieben:
Wenn ich aber eine Idee habe, und dann über diese als geistiges Eigentum allein verfügen kann, kann mein Nachbar eben nicht selber die gleiche Idee haben, und dann darüber verfügen ... geistiges Eigentum verschafft also die Möglichkeit der gesellschaftlichen Blockade, und genau da liegt der Knackpunkt, wo das Urheberrecht reformbedürftig ist.


Da würde eine Reform des Urheberrechts aber wenig bringen, weil das Gegenstand des Patentrechtes ist. Bei künstlerischen Werken (im weiteren Sinn) gibt es auch gar keine derartigen Beschränkungen. Man darf ein Werk nicht kopieren, aber man darf sich der Technik, die ein anderer erfunden hat, bedienen.
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AgentProvocateur
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Beitrag(#1754334) Verfasst am: 21.05.2012, 14:17    Titel: Antworten mit Zitat

caballito hat folgendes geschrieben:
Punkt 1 aber ist problematisch, und die Problematik ist insbesondere durch die Software-Patente zutage getreten: [...]

Wenn ich aber eine Idee habe, und dann über diese als geistiges Eigentum allein verfügen kann, kann mein Nachbar eben nicht selber die gleiche Idee haben, und dann darüber verfügen ... geistiges Eigentum verschafft also die Möglichkeit der gesellschaftlichen Blockade, und genau da liegt der Knackpunkt, wo das Urheberrecht reformbedürftig ist.

Aber Du sagst es doch selber: Du redest über das Patentrecht, nicht über das Urheberrecht.

(Software-Patente - also Patente auf Algorithmen - finde ich auch sehr problematisch.)
----
@Defätist:

Ich bin zwar kein Jurist, aber ich würde davon ausgehen, dass die rechtliche Lage in Deinem Beispiel so aussieht: Jochen hat Pech gehabt, kann seine Idee nicht patentieren lassen, weil sie nicht neu ist, (da M´habusi sie ebenfalls hatte, bevor das Patent erteilt wurde und das nachweisen kann). Rechtlich anders wäre es, wenn M´habusi die Idee erst ein Jahr später gehabt hätte.

Aber das ist ja ebenfalls Patentrecht, nicht Urheberrecht.

(Oops, Kramer war schneller)
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Ralf Rudolfy
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Beitrag(#1754336) Verfasst am: 21.05.2012, 14:26    Titel: Antworten mit Zitat

Kramer hat folgendes geschrieben:
caballito hat folgendes geschrieben:
Wenn ich aber eine Idee habe, und dann über diese als geistiges Eigentum allein verfügen kann, kann mein Nachbar eben nicht selber die gleiche Idee haben, und dann darüber verfügen ... geistiges Eigentum verschafft also die Möglichkeit der gesellschaftlichen Blockade, und genau da liegt der Knackpunkt, wo das Urheberrecht reformbedürftig ist.


Da würde eine Reform des Urheberrechts aber wenig bringen, weil das Gegenstand des Patentrechtes ist. Bei künstlerischen Werken (im weiteren Sinn) gibt es auch gar keine derartigen Beschränkungen. Man darf ein Werk nicht kopieren, aber man darf sich der Technik, die ein anderer erfunden hat, bedienen.

Ideen klauen kann man als Künstler, soviel man will. Das ist allenfalls blamabel, aber nicht verboten.
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Murphy
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Beitrag(#1754355) Verfasst am: 21.05.2012, 15:34    Titel: Antworten mit Zitat

Shadaik hat folgendes geschrieben:
Sargnagel hat folgendes geschrieben:
Was ich mir wünsche wäre noch etwas mehr entgegenkommen von seiten der Künstler. Wenn die schon im Geld schwimmen oder eine Platte sich mit Multiplatin schon richtig ausgezahlt hat, dann kann man die Sachen irgendwann ruhig kostenlos auf einem eigenen Channel zur Verfügung stellen.
Kennst du unglue.it?

Nö.
Shadaik hat folgendes geschrieben:
Sargnagel hat folgendes geschrieben:
Summa summarum bin ich also dafür, irgendwie einen gerechten Handel im Auge zu behalten. Der bisherige Maßstab für den Wert ist ja oft die Popularität. Sollen sie halt eine unabhängige Behörde schaffen oder sonst eine Einrichtung, die als so eine Art Börse geistigen Eigentums fungiert, so dass man in Zukunft nur noch Rechte kauft oder sowas. Auch die Künstler müssten dann das Recht am Handel mit ihrer Idee erwerben und die können dann je nach Nachfrage entscheiden obs das wert ist.
Ein bisschen utopisch und Sci-Fi, aber was blöderes fällt mir jetzt im Moment auch nicht ein zwinkern
Das gab es in den USA vor der Einführung des modernen Copyright: Man musste sein Urheberrecht bei einer Behörde anmelden, sonst hatte man keines. Hat man schnell wieder abgeschafft, weil es etliche Künstler daran gehindert hat, ihre Werke anzubieten und somit eine überaus effektive Kulturbekämpfungsmaßnahme war. Vom Verwaltungsaufwand ganz zu schweigen. Und das war vor dem Internetzeitalter.

Grundsätzlich keine schlechte Idee soetwas wie das Patentrecht auch auf Musik und so Sachen einzuführen. Wenn der Staat Rechte garantiert sollte er auch der Erste sein, der daran verdient. Nebenbei würde es die Qualitätssicherung unterstützen.
Und, etwas /Off Topic: Für die Piraten wäre das doch genau die richtige Aufgabe, zu zeigen, wie man das Potenzial der Computer und des Internets nutzen kann, unbürokratisch, transparent, frei zugänglich für jeden und fair.
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Kival
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Beitrag(#1754370) Verfasst am: 21.05.2012, 15:55    Titel: Antworten mit Zitat

Shadaik hat folgendes geschrieben:

Andersrum wird ein Schuh draus: Eigentumsrecht ist, insbesondere bei immateriellen Gütern, ein Persönlichkeitsrecht.


Also entweder bin ich bisher falsch informiert, oder das ist schlicht falsch. Es gibt zwar ein Urheberpersönlichkeitsrecht, aber da geht es nur um das Recht auf die Entscheidung zur Erstveröffentlichung. Das Recht am eigenen Bild und Wort sind keine Eigentumsrechte, sondern sie beziehen sich immer darauf als Schutz vor Veröffentlichung. Sie spielen keine Rolle mehr, wenn bereits (mit Einwilligung etc.) veröffentlicht wurde. Es geht hier gerade nicht um immaterielle Eigentumsrechte.
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caballito
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Beitrag(#1754405) Verfasst am: 21.05.2012, 19:12    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
caballito hat folgendes geschrieben:
Punkt 1 aber ist problematisch, und die Problematik ist insbesondere durch die Software-Patente zutage getreten: [...]

Wenn ich aber eine Idee habe, und dann über diese als geistiges Eigentum allein verfügen kann, kann mein Nachbar eben nicht selber die gleiche Idee haben, und dann darüber verfügen ... geistiges Eigentum verschafft also die Möglichkeit der gesellschaftlichen Blockade, und genau da liegt der Knackpunkt, wo das Urheberrecht reformbedürftig ist.

Aber Du sagst es doch selber: Du redest über das Patentrecht, nicht über das Urheberrecht.

Ich rede zunächst mal über geistiges Eigentum, also auch über Patentrecht, aber eben nicht nur. Richtig ist auch, dass im Urheberrecht einen gewisse Vergesellschaftung tatsächlich vorliegt, die dann wiederum von den Verwertungsgesellschaften verwaltet wird, und genau die sind das Problem, weniger die Urheber.

Was du übersiehst, ist, dass zum einen aber auch im Urheberrecht Blockadepotential liegt, denn unters Urheberrecht fallen ja nicht nur Nette Bilder und Romane, sondern z.B. auch inhaltliche Bücher, deren Verbreitung sich so regulieren lässt. Urherberrecht kann zur Zensur benutzt werden.

Ein weiteres Problem ist natürlich, wenn unter dem Vorwand der Verhinderung von Raubkopien die effektive Ausübung legal gekaufter Nutzungsrechte behindert wird, wenn etwa das (im Urheberrecht seit jeher enthaltene) Recht auf Privatkopie ausgehöhlt wird. Ebenfalls problematisch wird es, wenn durch technische Beschränkungen des Austauschs auch der Austausch von gemeinfreier Information behindert wird. Ich sehs noch kommen, dass man vor lauter systemseitiger Rechtekontrolle irgendwann keine selbstgeschriebenen Programme mehr wird laufen lassen können ... Und ich finde den Gedanken nicht von der Hand zu weisen, dass es der Medienindustrie zumindest auch um solche Seiteneffekte als Konkurrenzverhinderung geht.

Dagegen, dass Künstler für ihre Kunst bezahlt werden sollen, hat ja keiner was. Absurd wird es aber, wenn Künstler über ihre eigenen Werke nicht mehr verfügen können, weil die GEMA was dagegen hat (und der Standardeinwand, die Künstler bräuchen der GEMA ja keine Rechte einzuräumen, ist mE ein ziemlicher Hohn gegenüber kleinen Künstlern, die sich ein eigenes Inkasso schlicht nicht leisten können) Absurd wird es, wenn ich beim Erwerb von CD-Rohlingen Lizenzgebühren für Kopien zahle, für die ich sie gar nicht nutzen darf.

Und vollends absurd wird es, wenn sich ein Rudel geldgeiler Abmahnanwälte eine goldenen Nase an Leuten verdienen, die auf ihrer privaten Homepage die falsche Datei hochgeladen haben. Ebenfalls absurd wird es, wenn ein sowohl künstlerischer als auch juristischer Laie wissen soll, dass, wenn er sich Fotografieren lässt, die Antwort auf die Frage, wozu es das Bild denn braucht, bestimmt, wofür er das Bild benutzen darf (gesagt wird einem das beim Fotografen nicht - wie kommt die Jurisprudenz eigentlich überhaupt dazu, dass die Nutzung ohne eine entsprechende explizite Ansage des Fotografen beschränkt ist?). Das ist, aus Kundensicht, etwa so, als wenn wenn ich beim Bäcker sage, die Brötchen seien für meine Mutter, ich sie nicht selber essen darf ...
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AgentProvocateur
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Beitrag(#1754428) Verfasst am: 21.05.2012, 19:42    Titel: Antworten mit Zitat

@Sargnagel

Inwiefern würde das eine Qualitätssicherung unterstützen? Wie stellst Du Dir das konkret vor? Eine Behörde, (oder ein sonstwie geartetes Gremium), die/das entscheidet, was Kunst ist und was nicht?

@Kival

Ich stimme Dir zu, was den Unterscheid zwischen Persänlichkeits- und Eigentumsrecht betrifft, aber das war überhaupt nicht mein Punkt hier. Sondern der war, dass ich folgende Argumentation für falsch halte, (die bezieht sich auf Lockes Schrift 'Two Treatises of Government' (TTG)):

Problems with the Justification of Intellectual Property Rights in Relation to Software and Other Digitally Distributable Media hat folgendes geschrieben:
Finally, what all this boils down to is that the order of “life, liberty and estate” (TTG II) is that just because it is important to keep in mind that the previous is a requirement for a latter right. Rights to property cannot surpass rights to life or liberty, nor can right to liberty be meaningful without life. IPRs, as a property right, limit our liberty and this is the main reservation arising from the Lockean approach. If these three basic rights are accepted to be true, IPRs must be wrong. We have a natural, unquestionable right to life and in order to be able to exercise that right, the right to liberty must exist. If we cannot even control our immediate property and do with it as we please, then no liberty exists. And this is where IPRs limit instead of enhance our rights.

Der grundlegende Fehler ist, (implizit) zu meinen, dass Einschränkungen der Freiheit in einzelnen Bereichen eine Gesamteinschränkung der Freiheit bedeuten müsse, insgesamt also eine geringere Freiheit ergäben. Aber das ist falsch, z.B. die Einschränkung meiner Freiheit dadurch, dass ich andere nicht grundlos töten oder verletzen darf, bedeutet letztlich eine Erhöhung meiner Freiheit, wenn dieses Verbot für alle gilt, (ich kann mich dann frei bewegen, ohne befürchten zu müssen, getötet oder verletzt zu werden).

Im Prinzip ist jedes - zumindest fast jedes - Recht eines Jemanden eine Einschränkung der Freiheit Dritter, (legt diesen Verpflichtungen auf). Und Locke wendet sich doch wohl offensichtlich nicht gegen Rechte, daher läuft die Argumentation hier ziemlich ins Leere, es ist schlicht nicht richtig, dass aus Lockes Argumentation folgen müsse, dass IPRs falsch sein müssten.

Ich habe deswegen speziell auf Persönlichkeitsrechte (z.B. dem Recht am eigenen Bild) abgehoben, weil sich das sehr gut z.B. mit Software-Lizenzen vergleichen lässt. Ein Bild kann ebenfalls digital sein, es kann über Tauschbörsen etc. verbreitet werden.

Man könnte argumentieren, dass mir durch die Verbreitung meiner Software kein Schaden entstünde, aber durch die Verbreitung eines Bildes von mir sehr wohl. Aber das stimmt ja nicht: es entsteht mir auch ein Schaden, wenn ein Kunde mein Programm nicht bei mir kauft, sondern es einfach über eine Tauschbörse bezieht. Bzw. wenn alle potentiellen Kunden es sich einfach saugen. Und dieser Schaden entsteht schneller/eher, wenn ich mein Programm nicht schützen würde - und wieso ist es nochmal unmoralisch, dass ich das tue?

Allerdings verstehe ich wohl nun noch nicht richtig, was er oben mit "If we cannot even control our immediate property and do with it as we please, then no liberty exists." meint, bzw. was da zum Beispiel das "immediate property" sein soll. Wenn ich ein Foto von Dir mache, dann ist es mein Foto. Dennoch aber darf ich es nicht ohne Deine Erlaubnis hier einstellen, (was, wie gesagt, nichts mit 'immateriellem Eigentum', sondern mit Deinen Persönlichkeitsrechten zu tun hat). Meint er das z.B.? Und weil ich damit nicht tun kann, "as I please", folge nun, dass "no liberty exists"? Oder was meint er wohl sonst, wenn nicht das?

@caballito

Alles richtig, was Du sagst, dabei haben wir keinen Dissens.
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beachbernie
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Beitrag(#1754434) Verfasst am: 21.05.2012, 20:01    Titel: Antworten mit Zitat

Kival hat folgendes geschrieben:
beachbernie hat folgendes geschrieben:
moecks hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Und solange man das nicht ist, scheitert dieses Argument völlig. Denn wäre es richtig, könnte es auch keine Begründung für z.B. Persönlichkeitsrechte geben und ergo müssten auch diese aufgegeben werden.

Inwiefern beschränken Persönlichkeitsrechte die Freiheit anderer?



Jedes persoenliche Eigentumsrecht beschraenkt die Freiheit anderer sich beliebig Dinge anzueignen oder diese zu benutzen, die sie gerade gebrauchen koennen..


Persönlichkeitsrechte sind eigentlich keine Eigentumsrechte, daher ist mir nicht ganz klar, was Du unter der Konstruktion "persönliches Eigentumsrecht" eigentlich meinst.



Eigentumsrechte zaehlen allerdings zu den Persoenlichkeitsrechten, zumindest insoweit wie sie sich auf persoenliches Eigentum beziehen (im Gegensatz zum oeffentlichen Eigentum z.B.). So war das von mir gemeint.

Bei der copyright-Diskussion geht es ueberwiegend um persoenliches Eigentum von Kuenstlern an ihrem Werk und seiner Vermarktung.
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Shadaik
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Beitrag(#1754468) Verfasst am: 21.05.2012, 22:15    Titel: Re: Urheberrecht Antworten mit Zitat

Ralf Rudolfy hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
8. Persönlichkeitsrechte von Urhebern sollen zwar anerkannt werden, allerdings sei zu berücksichtigen, dass alle Urheber auf gesellschaftlich vorhandenes Vorwissen zurückgriffen und daher ihre Leistungen gerechtfertigt vergesellschaftet werden könnten

Insbesondere diesen Gedanken finde ich maßlos absurd und abwegig. Mit dieser Begründung müßte ich auch den Maurer nicht bezahlen, denn wie man richtig mauert, haben sich schließlich andere vor ihm ausgedacht. Oder aber man begibt sich auf das dünne Brett, daß geistige Arbeit keine Arbeit im eigentlichen Sinne sei.
Vor allem greifen sie nur auf vorhandene Steine zurück, die arbeiten also gar nicht richtig.
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Shadaik
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Beitrag(#1754473) Verfasst am: 21.05.2012, 22:28    Titel: Antworten mit Zitat

Kival hat folgendes geschrieben:
Shadaik hat folgendes geschrieben:

Andersrum wird ein Schuh draus: Eigentumsrecht ist, insbesondere bei immateriellen Gütern, ein Persönlichkeitsrecht.


Also entweder bin ich bisher falsch informiert, oder das ist schlicht falsch. Es gibt zwar ein Urheberpersönlichkeitsrecht, aber da geht es nur um das Recht auf die Entscheidung zur Erstveröffentlichung. Das Recht am eigenen Bild und Wort sind keine Eigentumsrechte, sondern sie beziehen sich immer darauf als Schutz vor Veröffentlichung. Sie spielen keine Rolle mehr, wenn bereits (mit Einwilligung etc.) veröffentlicht wurde. Es geht hier gerade nicht um immaterielle Eigentumsrechte.
Das Recht am eigenen Bild ist eigentlich etwas anderes zwinkern

Grundsätzlich gilt: Als Urheber kann ich jede kommerzielle Verwendung meines Werkes untersagen, wenn sie mir nicht gefällt. Vorausgesetzt, diese fällt nicht aufgrund eigener Schöpfungshöhe unter die Kunstfreiheit. Auch kann ich einem Verwerter (sprich Verlag) jederzeit das Recht auf Nutzung meiner Werke zur Füllung von Büchern u.ä. untersagen, wobei mir hier das Vertragsrecht Schranken setzt. Im europäischen Recht ist das Urheberrecht nicht übertragbar und lebenslang mit der Person des Urhebers verbunden. Selbst wenn ich wollte, könnte ich es nicht abtreten - ich kann nur darauf verzichten, mein Recht durchzusetzen bzw. mein Werk unter eine freie Lizenz stellen.

Anders ist das beim Copyright im amerikanischen Recht. Dieses kann vollständig auf eine andere (juristische oder natürliche) Person übertragen werden. Das ist für die Diskussion in Deutschland aber irrelevant.
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Beitrag(#1754480) Verfasst am: 21.05.2012, 23:36    Titel: Antworten mit Zitat

Noch ein paar Anmerkungen zum Piraten-Parteiprogramm:

Piraten-Parteiprogramm hat folgendes geschrieben:
Der uralte Traum, alles Wissen und alle Kultur der Menschheit zusammenzutragen, zu speichern und heute und in der Zukunft verfügbar zu machen, ist durch die rasante technische Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte in greifbare Nähe gerückt.

Super, das hört sich ganz toll an, (zumindest aber, solange das einen nichts kostet, nur die anderen und man nicht fragt, was hier mit 'allem Wissen' genau gemeint ist).

Aber wie passt das dazu:

Piraten-Parteiprogramm hat folgendes geschrieben:
Der Schutz der Privatsphäre und der Datenschutz gewährleisten Würde und Freiheit des Menschen. [...] Jedem Bürger muss das Recht auf Anonymität garantiert werden, das unserer Verfassung innewohnt. Die Weitergabe personenbezogener Daten vom Staat an die Privatwirtschaft hat in jedem Falle zu unterbleiben. [...] Das Briefgeheimnis soll erweitert werden zu einem generellen Kommunikationsgeheimnis. Zugriff auf die Kommunikationsmittel oder die Überwachung eines Bürgers darf der Regierung nur im Falle eines sicheren Verdachts erlaubt werden, dass dieser Bürger ein Verbrechen begehen wird. [...] Flächendeckende Videoüberwachung öffentlicher Räume, fragwürdige Rasterfahndungen, zentrale Datenbanken mit unbewiesenen Verdächtigungen sind Mittel, deren Einsatz wir ablehnen.

Fragezeichen?

Die schlichte Antwort ist: es passt überhaupt nicht dazu, das widerspricht sich. Ent- oder weder. Entweder "alles Wissen" oder "nicht alles Wissen, sondern nur bestimmtes Wissen". Was dann aber genauer spezifiziert werden müsste. Möchte man aber anscheinend nicht, es kommt ja auch viel besser, wenn man unspezifizierte Phrasen mal einfach so in den Raum stellt.

Und hier:
Piraten-Parteiprogramm hat folgendes geschrieben:
Systeme, welche auf einer technischen Ebene die Vervielfältigung von Werken be- oder verhindern ("Kopierschutz", "DRM", usw.), verknappen künstlich deren Verfügbarkeit, um aus einem freien Gut ein wirtschaftliches zu machen. Die Schaffung von künstlichem Mangel aus rein wirtschaftlichen Interessen erscheint uns unmoralisch, daher lehnen wir diese Verfahren ab.

stellt sich die Frage, wieso man auf das schmale Brett kommt, die geistige Arbeit anderer als 'freies Gut' anzusehen. Und wieso geistige Arbeit per se kein wirtschaftliches Gut sein könne, sondern ein 'freies Gut' sein müsse.

Meine Arbeit, (auch wenn die 'nur' geistig ist), ist ein wirtschaftliches Gut, ebenso wie die Arbeit eines Maurers oder eines beliebigen anderen. Ich mein': Wein trinken und aber von anderen zu verlangen, Wasser zu trinken, kommt ganz schön heuchlerisch rüber.

Auch die ganzen anderen Argumente:

- die GEMA ist scheiße, also brauchen wir nix für Deine Leistung zu bezahlen, also muss Du kostenlos für uns arbeiten
- jeder, auch wenn er nichts bezahlen kann, hat einen Anspruch auf eine angemessene Versorgung von Informationen/Daten, also musst Du kostenlos für uns arbeiten
- aber wir müssen nicht kostenlos für Dich arbeiten, weil unsere Arbeit was ganz anderes ist, irgendwie besser und wertvoller, weil wir 'echte Werte' (oder was oder wie auch immer - sagt man nicht) schaffen
- Du bist böse, wenn Du Deine Software schützt, also darfst Du sie nicht schützen, also musst Du kostenlos für uns arbeiten
- weil wir mit Deiner Software (Deinem Song, Deinem Text) machen können, was immer uns beliebt, denn Deine Software (Deinem Song, Deinem Text) ist unser Besitz und mit unserem Besitz können wir machen, was immer wir wollen
- weil das sonst unsere Freiheit unangemessen einschränken würde
- es darf keine Software-Lizenzen geben, die die Nutzung der Software einschränken, also muss alle Software unter der GNU GPL (Anmerkung: 'L' steht hier für License, also: Lizenz) veröffentlicht werden
- würde man die Freiheit des Filesharings irgendwie einschränken, wäre das Orwell/Überwachungsstaat. Also darf man das nicht und also ist es moralisch völlig in Ordnung, wenn Deine Programme per Filesharing verbreitet werden
- und außerdem ist Filesharing mit völlig Unbekannten dasselbe wie eine Privatkopie, wie wenn ich eine Kopie an einen persönlich bekannten Freund weitergeben würde, und eine Privatkopie ist erlaubt, also auch Filesharing, Du bist böse, wenn Du mir dieses verbriefte Recht nehmen willst
- einschränken darf man aber Filesharing, wenn das andere Rechte betrifft, z.B. das Persönlichkeitsrecht oder bei kommerziellem Interesse (was auch immer das genau bedeuten mag) Dritter (bzw. dann wäre es zumindest unmoralisch, nicht wünschenswert, schlecht)

finde ich philosophisch wenig überzeugend. Tut mir leid. Widersprüche, wohin man auch immer schaut. Einfach nur katastrophal, philosophisch gesehen, von vorne bis hinten.


Zuletzt bearbeitet von AgentProvocateur am 21.05.2012, 23:41, insgesamt einmal bearbeitet
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