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Sprache und Diskriminierung
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Hatiora
sukkulent



Anmeldungsdatum: 16.09.2012
Beiträge: 4896
Wohnort: Frankfurt

Beitrag(#1809793) Verfasst am: 22.01.2013, 16:41    Titel: Antworten mit Zitat

Critic hat folgendes geschrieben:
Im letzten Jahr wurden daneben auch die "Tim und Struppi"-Comics kritisiert, sie würden zum Beispiel rassistische oder auch koloniale Klischees transportieren:....

Und sie werden verfilmt. Oder denk mal an einiges aus den Wilhelm-Busch-Büchern. Eine grafische Darstellung politik korrekt anzupassen wird um einiges schwieriger.

Critic hat folgendes geschrieben:
Es kommt vielleicht auch darauf an, wie stark da insgesamt gewertet wird. Bildet die Aussage "Negerkönigin" ab, daß die "Neger" bräuchten die Führung einer Weißen, oder das sei irgendwie naturgemäß, oder haben die potentiellen Untertanen damit, daß sie Pippis Vater zu ihrem Herrscher machten, ihr Recht auf Selbstbestimmung ausgeübt?


Ich würde vermuten, letzteres. Und Pippi ist ja im Original (ein Dank an bernard fürs Zitieren) dann keine Weiße mehr:

Zitat:
„Bedenkt mal — Negerprinzessin!“ sagte Pippi träumerisch. „Es gibt nicht viele Kinder, die das werden. Und fein werde ich sein! In allen Ohren werde ich Ringe haben und in der Nase einen noch größeren Ring.“
„Was wirst du sonst noch anhaben?“ fragte Annika.
„Nichts weiter“, sagte Pippi. „Nicht eine Spur mehr! Aber ich werde einen eigenen Neger haben, der mir jeden Morgen den ganzen Körper mit Schuhcreme putzt. Damit ich ebenso schwarz werde wie die anderen Neger. Ich stelle mich jeden Abend zum Putzen raus, gleichzeitig mit den Schuhen.“

fett von mir

Tja, wie wärs mit zwei Versionen solcher Bücher, einer für Kinder und einer für antiquariatische Zwecke, um das Original zu erhalten? Die Hauptaufgabe dieser Kinderbücher ist ja nicht nur und ausschließlich, den Kindern ein genaues Sittenbild der damaligen Zeit zu präsentieren. Viele Bücher gibt es in zwei Versionen, meist einer abgespeckten, bebilderten für Kinder, um der geringeren Aufmerksamkeitsspanne gerecht zu werden (zB die Bibel.... Auf den Arm nehmen ).

Schließlich kann man (um mal ein Extrem anzubringen) auch Hitlers "Mein Kampf" lesen, wenn man will, und die meisten Leute würden wohl mit mir übereinstimmen, daß man solche Bücher verfügbar halten muß, um sie analysieren und diskutieren zu können.
_________________
"Daß alles immer schlimmer wird, versteht sich auch im neuen Jahr von selbst und hat noch immer nichts mit Verschwörung zu tun, sondern mit allen, die ihre Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen verrichten." Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück.
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Desperadox
Nischenprodukt



Anmeldungsdatum: 18.01.2012
Beiträge: 2246
Wohnort: Hamburg

Beitrag(#1809794) Verfasst am: 22.01.2013, 16:43    Titel: Antworten mit Zitat

vrolijke hat folgendes geschrieben:
Desperadox hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:

Wer sich dagegen wehrt, das Vokabular bestehender Literatur nach der jeweilig gerade herrschenden PC zu "korrigieren", schreibt nicht Sprache fest, sondern lässt die Literatur im Original....
fwo

Daumen hoch!


Und kann spätestens nach 100 Jahr, das Buch nicht mehr lesen.

Das Problem habe ich wirklich manchmal, aber wenn beim "modernisieren" was verfälscht oder weg gelassen wird, stört mich das auch. skeptisch
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SUUM CUIQUE
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Hatiora
sukkulent



Anmeldungsdatum: 16.09.2012
Beiträge: 4896
Wohnort: Frankfurt

Beitrag(#1809795) Verfasst am: 22.01.2013, 16:47    Titel: Antworten mit Zitat

vrolijke hat folgendes geschrieben:
Desperadox hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:

Wer sich dagegen wehrt, das Vokabular bestehender Literatur nach der jeweilig gerade herrschenden PC zu "korrigieren", schreibt nicht Sprache fest, sondern lässt die Literatur im Original....
fwo

Daumen hoch!


Und kann spätestens nach 100 Jahr, das Buch nicht mehr lesen.


An heutigen Maßstäben gemessen, ist Jules Verne schon nicht mehr lesbar.
Die ausufernden Beschreibungen von Landschaften. Ich meine, wirklich ausufernd. Die endlosen Monologe. Die Sprache an sich.

"5 Wochen im Ballon" war mein erstes Jules-Verne-Buch, und ich war wie gefangen, irgendwann war das Buch total zerfleddert.
_________________
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fwo
Caterpillar D9



Anmeldungsdatum: 05.02.2008
Beiträge: 25829
Wohnort: im Speckgürtel

Beitrag(#1809803) Verfasst am: 22.01.2013, 17:14    Titel: Antworten mit Zitat

vrolijke hat folgendes geschrieben:
Desperadox hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:

Wer sich dagegen wehrt, das Vokabular bestehender Literatur nach der jeweilig gerade herrschenden PC zu "korrigieren", schreibt nicht Sprache fest, sondern lässt die Literatur im Original....
fwo

Daumen hoch!


Und kann spätestens nach 100 Jahr, das Buch nicht mehr lesen.

Ich habe mit beiden Kindern die Abenteuer von Tom Sawyer und Huckkleberry Finn gelesen. Das habe ich am Anfang kurz mit einer Beschreibung der Zustände eingeleitet, und dann haben wir gelesen. Ohne irgendwelche Schwierigkeiten. Gerade der Prozess, den Twain in Huckkleberry Finn stattfinden lässt, würde sich völlig verändern, wenn Du dem Jungen statt seiner Bezeichnung Nigger da andauernd Maximalpigmentierter einsetzt, oder was jetzt gerade erlaubt ist. Es wäre eine wesentliche Dimension der Handlung zerstört.

Und eine neue Übersetzung, die auch in meinen Augen sinnvoll sein kann, ist etwas völlig anderes als das Austauschen des PC-Vokabulares.

fwo
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Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.

The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.

Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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Alchemist
registrierter User



Anmeldungsdatum: 03.08.2004
Beiträge: 27888
Wohnort: Hamburg

Beitrag(#1809806) Verfasst am: 22.01.2013, 17:26    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
vrolijke hat folgendes geschrieben:
Desperadox hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:

Wer sich dagegen wehrt, das Vokabular bestehender Literatur nach der jeweilig gerade herrschenden PC zu "korrigieren", schreibt nicht Sprache fest, sondern lässt die Literatur im Original....
fwo

Daumen hoch!


Und kann spätestens nach 100 Jahr, das Buch nicht mehr lesen.

Ich habe mit beiden Kindern die Abenteuer von Tom Sawyer und Huckkleberry Finn gelesen. Das habe ich am Anfang kurz mit einer Beschreibung der Zustände eingeleitet, und dann haben wir gelesen. Ohne irgendwelche Schwierigkeiten. Gerade der Prozess, den Twain in Huckkleberry Finn stattfinden lässt, würde sich völlig verändern, wenn Du dem Jungen statt seiner Bezeichnung Nigger da andauernd Maximalpigmentierter einsetzt, oder was jetzt gerade erlaubt ist. Es wäre eine wesentliche Dimension der Handlung zerstört.

Und eine neue Übersetzung, die auch in meinen Augen sinnvoll sein kann, ist etwas völlig anderes als das Austauschen des PC-Vokabulares.

fwo


Ich halte wenig davon, eine solche Diskussion als PC-konform anzutun. Das hat den gleichen Beigeschmack, wie den Gegenüber als "Gutmenschen" zu titulieren

Diesen Kommentar finde ich gut:
http://www.zeit.de/kultur/literatur/2013-01/kinderbuecher-kommentar

Zitat:
Worin der Verlust in den aktuellen Büchern überhaupt bestehen soll, bleibt nach der Lektüre der inkriminierten Stellen kaum erkennbar. Die Streichung des Worts "Negerlein" in Preußlers Die kleine Hexe hat keine ästhetischen Konsequenzen. Auch bei Pippi Langstrumpfs "Negerkönig", der fürderhin als Südseekönig herrscht, ist der literarische Verlust, freundlich gesagt, null. An die Stelle einer überkommenen exotischen Vorstellung tritt eine andere. Wo ist also das Problem, wenn offenbar kein literarisches vorliegt? Will sich die Hälfte von Deutschland wirklich nicht von diesem Wort trennen?
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tillich (epigonal)
hat Spaß



Anmeldungsdatum: 12.04.2006
Beiträge: 21760

Beitrag(#1809811) Verfasst am: 22.01.2013, 17:52    Titel: Antworten mit Zitat

Alchemist hat folgendes geschrieben:
Diesen Kommentar finde ich gut:
http://www.zeit.de/kultur/literatur/2013-01/kinderbuecher-kommentar

Zitat:
Worin der Verlust in den aktuellen Büchern überhaupt bestehen soll, bleibt nach der Lektüre der inkriminierten Stellen kaum erkennbar. Die Streichung des Worts "Negerlein" in Preußlers Die kleine Hexe hat keine ästhetischen Konsequenzen. Auch bei Pippi Langstrumpfs "Negerkönig", der fürderhin als Südseekönig herrscht, ist der literarische Verlust, freundlich gesagt, null. An die Stelle einer überkommenen exotischen Vorstellung tritt eine andere. Wo ist also das Problem, wenn offenbar kein literarisches vorliegt? Will sich die Hälfte von Deutschland wirklich nicht von diesem Wort trennen?

Ich auch.

Anders liegt der Fall allerdings beim von fwo angeführten Huckleberry Finn/Tom Sawyer. Da gehört der herabwürdigende Begriff "Nigger" zum entsprechenden Umgang mit den schwarzen Sklaven, der dann ja durch die Handlung in Frage gestellt wird. Da gäbe es dann also einen literarischen Verlust. EDIT: Steht ja im Kommentar auch explizit so drin.
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astarte
Foren-Admin
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Anmeldungsdatum: 13.11.2006
Beiträge: 46483

Beitrag(#1809814) Verfasst am: 22.01.2013, 18:02    Titel: Antworten mit Zitat

Alchemist hat folgendes geschrieben:

Ich halte wenig davon, eine solche Diskussion als PC-konform anzutun. Das hat den gleichen Beigeschmack, wie den Gegenüber als "Gutmenschen" zu titulieren

Diesen Kommentar finde ich gut:
http://www.zeit.de/kultur/literatur/2013-01/kinderbuecher-kommentar

Zitat:
Worin der Verlust in den aktuellen Büchern überhaupt bestehen soll, bleibt nach der Lektüre der inkriminierten Stellen kaum erkennbar. Die Streichung des Worts "Negerlein" in Preußlers Die kleine Hexe hat keine ästhetischen Konsequenzen. Auch bei Pippi Langstrumpfs "Negerkönig", der fürderhin als Südseekönig herrscht, ist der literarische Verlust, freundlich gesagt, null. An die Stelle einer überkommenen exotischen Vorstellung tritt eine andere. Wo ist also das Problem, wenn offenbar kein literarisches vorliegt? Will sich die Hälfte von Deutschland wirklich nicht von diesem Wort trennen?

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Alchemist hat folgendes geschrieben:
Diesen Kommentar finde ich gut:
http://www.zeit.de/kultur/literatur/2013-01/kinderbuecher-kommentar

Zitat:
Worin der Verlust in den aktuellen Büchern überhaupt bestehen soll, bleibt nach der Lektüre der inkriminierten Stellen kaum erkennbar. Die Streichung des Worts "Negerlein" in Preußlers Die kleine Hexe hat keine ästhetischen Konsequenzen. Auch bei Pippi Langstrumpfs "Negerkönig", der fürderhin als Südseekönig herrscht, ist der literarische Verlust, freundlich gesagt, null. An die Stelle einer überkommenen exotischen Vorstellung tritt eine andere. Wo ist also das Problem, wenn offenbar kein literarisches vorliegt? Will sich die Hälfte von Deutschland wirklich nicht von diesem Wort trennen?

Ich auch.

Anders liegt der Fall allerdings beim von fwo angeführten Huckleberry Finn/Tom Sawyer. Da gehört der herabwürdigende Begriff "Nigger" zum entsprechenden Umgang mit den schwarzen Sklaven, der dann ja durch die Handlung in Frage gestellt wird. Da gäbe es dann also einen literarischen Verlust. EDIT: Steht ja im Kommentar auch explizit so drin.

ich war bisher unsicher, wie ich das beurteilen soll, diese Argumente finde ich aber überzeugend.
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Tja
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Heizölrückstoßabdämpfung
Hedonist
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Anmeldungsdatum: 26.07.2007
Beiträge: 17529
Wohnort: Stralsund

Beitrag(#1809827) Verfasst am: 22.01.2013, 18:35    Titel: Antworten mit Zitat

astarte hat folgendes geschrieben:
Alchemist hat folgendes geschrieben:

Ich halte wenig davon, eine solche Diskussion als PC-konform anzutun. Das hat den gleichen Beigeschmack, wie den Gegenüber als "Gutmenschen" zu titulieren

Diesen Kommentar finde ich gut:
http://www.zeit.de/kultur/literatur/2013-01/kinderbuecher-kommentar

Zitat:
Worin der Verlust in den aktuellen Büchern überhaupt bestehen soll, bleibt nach der Lektüre der inkriminierten Stellen kaum erkennbar. Die Streichung des Worts "Negerlein" in Preußlers Die kleine Hexe hat keine ästhetischen Konsequenzen. Auch bei Pippi Langstrumpfs "Negerkönig", der fürderhin als Südseekönig herrscht, ist der literarische Verlust, freundlich gesagt, null. An die Stelle einer überkommenen exotischen Vorstellung tritt eine andere. Wo ist also das Problem, wenn offenbar kein literarisches vorliegt? Will sich die Hälfte von Deutschland wirklich nicht von diesem Wort trennen?

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Alchemist hat folgendes geschrieben:
Diesen Kommentar finde ich gut:
http://www.zeit.de/kultur/literatur/2013-01/kinderbuecher-kommentar

Zitat:
Worin der Verlust in den aktuellen Büchern überhaupt bestehen soll, bleibt nach der Lektüre der inkriminierten Stellen kaum erkennbar. Die Streichung des Worts "Negerlein" in Preußlers Die kleine Hexe hat keine ästhetischen Konsequenzen. Auch bei Pippi Langstrumpfs "Negerkönig", der fürderhin als Südseekönig herrscht, ist der literarische Verlust, freundlich gesagt, null. An die Stelle einer überkommenen exotischen Vorstellung tritt eine andere. Wo ist also das Problem, wenn offenbar kein literarisches vorliegt? Will sich die Hälfte von Deutschland wirklich nicht von diesem Wort trennen?

Ich auch.

Anders liegt der Fall allerdings beim von fwo angeführten Huckleberry Finn/Tom Sawyer. Da gehört der herabwürdigende Begriff "Nigger" zum entsprechenden Umgang mit den schwarzen Sklaven, der dann ja durch die Handlung in Frage gestellt wird. Da gäbe es dann also einen literarischen Verlust. EDIT: Steht ja im Kommentar auch explizit so drin.

ich war bisher unsicher, wie ich das beurteilen soll, diese Argumente finde ich aber überzeugend.


Ja, dem kann ich mich auch anschließen.
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Religionskritik-Wiesbaden
homo est creator Dei



Anmeldungsdatum: 03.11.2008
Beiträge: 10333
Wohnort: Wiesbaden

Beitrag(#1809864) Verfasst am: 22.01.2013, 20:01    Titel: Re: Badesalz - Moderne Märchen Antworten mit Zitat

Sticky hat folgendes geschrieben:
Religionskritik-Wiesbaden hat folgendes geschrieben:
(...)
Auf YouTube suchte ich die passende Antwort von Badesalz - denn bei uns im hessischen wird der Neger 'Necher' ausgesprochen - was ja viel heimeliger ist - als zum Beispiel 'Pfälzer Kartoffel'.

(...)

Hier gibt es ein bitter böses Märchen von Badesalz - leider wird hier der Begriff Neger nicht hessisch ausgesprochen, sondern im KKK-Hochdeutschsprech zwinkern
passend zur Diskussion ist er aber dennoch:

Badesalz - Moderne Märchen

(...)


Badesalz - Folklore

http://www.youtube.com/watch?v=m7qcJylOqwI

gleich zu Beginn "Neecher" uff hessisch
Danke Sticky
Smilie
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Derzeit ohne Untertitel
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beachbernie
male Person of Age and without Color



Anmeldungsdatum: 16.04.2006
Beiträge: 45792
Wohnort: Haida Gwaii

Beitrag(#1809892) Verfasst am: 22.01.2013, 21:32    Titel: Antworten mit Zitat

AdvocatusDiaboli hat folgendes geschrieben:
beachbernie hat folgendes geschrieben:
bernard hat folgendes geschrieben:
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Das Kinderbücher sprachlich angepasst werden, ist absolut üblich.


Es wird nicht nur die Sprache angepasst, sondern auch der Inhalt ändert sich damit. Wenn Pippi sagt, sie werde eine Negerprinzessin, ist das etwas anderes als wenn sie sagt, sie werde eine Südseeprinzessin.

....


Bloss was macht das fuer "Endkonsumenten", die Kinder, fuer einen Unterschied? Schulterzucken

Ich glaube nicht, dass der Spasswert fuer die Kinder unter der "Suedseeprinzessin" leiden wird.


Ich persoenlich habe hier grosse Probleme mich auf die Seite irgendeiner der beiden Parteien zu schlagen. Einerseits sehe ich nicht, was so furchtbar schlimm daran sein soll, wenn der Neger von der Pipi durch die Suedsee ersetzt wird, andererseits sehe ich auch keine dringende Notwendigkeit solches nun unbedingt zu tun. Aus kleinen Kindern werden nicht etwa dadurch erwachsene Rassisten, dass sie das Wort "Neger" in einem Kinderbuch lesen.


Ich beobachte eigentlich vor allem mit leichtem Amusement wie man ueber solche Dinge ueberhaupt grosse Debatten anfangen kann.


Der Anlass mag amüsant erscheinen - der alltägliche Rassismus als Erfahrung für Schwarze ist es nicht. Noch einmal - du bist doch zu Empathie fähig - was wäre, wenn du selbst ein Schwarzer wärst, immer wieder vom "Neger" lesen müsstest...? Neger ist kein positiv besetzter Begriff, nicht unbedingt schmutzig beleidigend, eher verniedlichend aber dadurch auch abwertend. Das Wort "Neger" macht aber auch nicht unsensibel für späteren Rassismus - wenn man bereits Kindern beibringt, dass es eben keine "Neger" sind, sondern Menschen mit schwarzer Haut, wäre unser globalisierenden Welt schon mehr gedient...


Hier geht's aber nicht um "Alltagsrassismus", sondern buchstaeblich um Wortklauberei.


Der Gebrauch des Wortes "Neger" in Pipi Langstrumpf ist halt mal nicht das gleiche, als wenn ein Haufen spottender Kinder um einen schwarzen Mitschueler rumtanzt und "Neger, Neger!" singt.

Und ja, ich denke auch Kinder sollten in der Lage sein dies zu erkennen.
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Defund the gender police!! Let's Rock


Zuletzt bearbeitet von beachbernie am 22.01.2013, 22:47, insgesamt einmal bearbeitet
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smallie
resistent!?



Anmeldungsdatum: 02.04.2010
Beiträge: 3613

Beitrag(#1809909) Verfasst am: 22.01.2013, 22:38    Titel: Antworten mit Zitat

AdvocatusDiaboli hat folgendes geschrieben:
Warum ist der Schwarze immer der andere und wird über seine Hautpigmentierung zu einer Gruppe definiert? Das wird mit Weißen nicht gemacht. Es wird nicht einmal erwähnt.


Ach, einem meiner Lieblingsmusikern wurde der Vorwurf gemacht, dieser Text sei rassistisch:

Zitat:
Gil Scott-Heron - Whitey on the Moon

A rat done bit my sister Nell.
(with Whitey on the moon)

Her face and arms began to swell.
(and Whitey's on the moon)

I can't pay no doctor bill.
(but Whitey's on the moon)

Ten years from now I'll be payin' still.
(while Whitey's on the moon)

The man jus' upped my rent las' night.
('cause Whitey's on the moon)

[...]

How come there ain't no money here?
(Hmm! Whitey's on the moon)

Y'know I jus' 'bout had my fill
(of Whitey on the moon)

I think I'll sen' these doctor bills,
Airmail special
(to Whitey on the moon)

http://www.gilscottheron.com/lywhitey.html


Dabei hat Gil Scott-Heron doch nur Karl Mays Bleichgesichter rückübersetzt. zwinkern
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smallie
resistent!?



Anmeldungsdatum: 02.04.2010
Beiträge: 3613

Beitrag(#1809910) Verfasst am: 22.01.2013, 22:41    Titel: Antworten mit Zitat

Alchemist hat folgendes geschrieben:
Diesen Kommentar finde ich gut:
http://www.zeit.de/kultur/literatur/2013-01/kinderbuecher-kommentar

Zitat:
Worin der Verlust in den aktuellen Büchern überhaupt bestehen soll, bleibt nach der Lektüre der inkriminierten Stellen kaum erkennbar. Die Streichung des Worts "Negerlein" in Preußlers Die kleine Hexe hat keine ästhetischen Konsequenzen. Auch bei Pippi Langstrumpfs "Negerkönig", der fürderhin als Südseekönig herrscht, ist der literarische Verlust, freundlich gesagt, null. An die Stelle einer überkommenen exotischen Vorstellung tritt eine andere. Wo ist also das Problem, wenn offenbar kein literarisches vorliegt?

Nein. Da geht's ums Prinzip.

Wenn ein "herumpfuschen" in den Worten anderer in manchen Fällen angebracht ist, wo ist die Grenze?

Ein Beispiel aus einer ganz anderen Ecke: Hitchcocks How to catch a thief. In der deutschen Fassung bringt Cary Grants Haushälterin einen Löwen mit bloßen Händen zur Strecke. In der englischen Fassung ist es ein Nazi-General.

Hat diese Änderung ästhetische Konsequenzen? Nur der Autor kann berechtigter Weise sagen, ob ein Austausch von Worten ein literarischer Verlust wäre. Für alle anderen gilt es, Werktreue zu erhalten - oder die Nacherzählung zu erwähnen.

Alchemist hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Will sich die Hälfte von Deutschland wirklich nicht von diesem Wort trennen?

Das verstehe ich nicht. Praktisch ganz Deutschland hat sich von dem Wort getrennt. Wer heute noch "Neger" sagt, disqualifiziert sich selbst.

Aber warum sollten heutige Maßstäbe für Bücher gelten, die fünfzig Jahre alt sind?
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tillich (epigonal)
hat Spaß



Anmeldungsdatum: 12.04.2006
Beiträge: 21760

Beitrag(#1809928) Verfasst am: 23.01.2013, 00:36    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
Wenn ein "herumpfuschen" in den Worten anderer in manchen Fällen angebracht ist, wo ist die Grenze?

Die Grenze muss man halt von Fall zu Fall neu diskutieren, und zwar sowohl was den Inhalt des Buches als auch die Zielgruppe angeht.

Scheinbar ganz banales Beispiel: Rechtschreibung/ Zeichensetzung. Kinderbücher werden üblicherweise ganz selbstverständlich in der jeweils gerade gültigen Rechtschreibung und Zeichensetzung herausgebracht. Eine veraltete Rechtschreibung würde Kinder, die die gültige ja erstmal lernen müssen, verwirren; an der alten hängt keine besondere Bedeutung; also sieht darin kaum einer ein Problem.
Ganz anders läge der Fall natürlich bei Schriftstellern, die eine ganz bewusst eigene, nicht immer an der gültigen Orthografie orientierte Schreibung benutzen - da verbieten sich solche Eingriffe eher.
Aber: Wie geht man nun mit Klassikern um? Einerseits haben die natürlich einen sehr bewussten Umgang mit Sprache, zb auch Zeichensetzung; andererseits haben die sich um Rechtschreibung oft selbst überhaupt nicht gekümmert und Drucker angewiesen, nach dem von diesen für am besten gehaltenen Wörterbüchern zu drucken - also warum nicht auch das anpassen?

So - warum sollten jetzt analoge Diskussionen im Bereich der Lexik ein Problem sein?
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(Death / Susan, in: Pratchett, Hogfather)
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fwo
Caterpillar D9



Anmeldungsdatum: 05.02.2008
Beiträge: 25829
Wohnort: im Speckgürtel

Beitrag(#1809942) Verfasst am: 23.01.2013, 04:54    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
....
So - warum sollten jetzt analoge Diskussionen im Bereich der Lexik ein Problem sein?

Weil um der "Lexik" Willen regelmäßig Inhalte vergewaltigt werden müssen:

Der ZEIT-Kommentar weist - witzigerweise mit dem selben Beispiel wie ich, ich fühle mich geehrt - auf die Problematik der inhaltlichen Veränderung hin, die man beachten sollte, um dann - in meinen Augen sehr leichtfertig - auf der fehlende Problematik andernorts zu bestehen:

ZEIT hat folgendes geschrieben:
Auch bei Pippi Langstrumpfs "Negerkönig", der fürderhin als Südseekönig herrscht, ist der literarische Verlust, freundlich gesagt, null. An die Stelle einer überkommenen exotischen Vorstellung tritt eine andere. Wo ist also das Problem, wenn offenbar kein literarisches vorliegt?

bernard war so freundlich, uns die Texte zur Verfügung zu stellen:
bernard hat folgendes geschrieben:
....
Davor:
Zitat:

„Bedenkt mal — Negerprinzessin!“ sagte Pippi träumerisch. „Es gibt nicht viele Kinder, die das werden. Und fein werde ich sein! In allen Ohren werde ich Ringe haben und in der Nase einen noch größeren Ring.“
„Was wirst du sonst noch anhaben?“ fragte Annika.
„Nichts weiter“, sagte Pippi. „Nicht eine Spur mehr! Aber ich werde einen eigenen Neger haben, der mir jeden Morgen den ganzen Körper mit Schuhcreme putzt. Damit ich ebenso schwarz werde wie die anderen Neger. Ich stelle mich jeden Abend zum Putzen raus, gleichzeitig mit den Schuhen.“


Danach:
Zitat:

„Bedenkt mal — Südseeprinzessin!“ sagte Pippi träumerisch. „Es gibt nicht viele Kinder, die das werden. Und fein werde ich sein! In allen Ohren werde ich Ringe haben und in der Nase einen noch größeren Ring.“
„Was wirst du sonst noch anhaben?“ fragte Annika.
„Nichts weiter“, sagte Pippi. „Nicht eine Spur mehr!“ [Version von Anatol Stefanowitsch]


Das mit der Schuhcreme ist ganz weggefallen. Wenn man eine Negerprinzessin werden will, und nicht nur eine Südseeprinzessin, muss man ja auch noch irgendwie die Hautfarbe ändern. Und den Bediensteten haben sie Pippis Fantasie ebenfalls geraubt,...

edit: Oettinger lässt ihr momentan anscheinend noch die Schuhputzcreme, aber der eigene Neger ist verschwunden. Sie wird Taka-Tuka-Prinzessin,...

Ich gehe davon aus, dass Lindgren im Grab rotieren würde, wenn sie noch als Seele existierte. Die neue "Übersetzung" ist einfach ein argloses Wegwischen jeder Rassenproblematik, die Lindgren anspricht aber von Pippi ganz einfach zur reinen Farbsache erklären lässt, die sich entsprechend beheben lässt. Auch passt das Bild mit dem Ringschmuck nicht in die Südsee.

Da stimmt also nichts mehr und zum Thema Rassenproblematik fällt die neue Übersetzung hinter Lindgren zurück.

@tillich: Es geht eben nicht um die einfache Ausführung der Änderung eines abstrakten Regelwerkes wie das zur Zeichensetzung oder Rechtschreibung. Dieses regelhafte Austauschen unwillkommener Wörter durch andere wird im Ergebnis regelmäßig auf eine hirnlose PC-Erfüllung hinauslaufen, die den Charakter des Textes / der Übersetzung wesentlich verändert. Was hier als literarisch verlustfrei dargestellt wird, ist in meinen Augen keine Übersetzung mehr, sondern eine Verstümmelung. - Und da Pippi ein Mädchen ist, ist das auch bei uns noch nicht erlaubt.

Übersetzen ist mehr als ein hantieren mit Vokabeln und der ZEIT-Redakteur Hugendick hat wahrscheinlich geahnt, warum er sein"literarisch verlustfreies" Beispiel nicht wirklich zitiert. Und wir können davon ausgehen, dass die Leute, die das machen sollen, ähnlich arglos sind, wie dieser Hugendick, dem bereits die gescheite Anarchie der Figur Pippi zu hoch ist.

fwo
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Anmeldungsdatum: 12.04.2006
Beiträge: 21760

Beitrag(#1809978) Verfasst am: 23.01.2013, 11:20    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
bernard war so freundlich, uns die Texte zur Verfügung zu stellen:

Nur dass Stefanowitsch, den bernard zitiert, gar nicht der neue Übersetzer ist, sondern schlicht ein Sprachwissenschaftler, der vorgestellt hat, wie er das Buch seinen Kindern vorgelesen hat. Wie die neue Übersetzung des Verlags aussieht, weiß ich nicht.

In zwei neueren Beiträgen meint Stefanowitsch, dass das Buch - unabhängig von den Absichten seiner Autorin - "von Anfang bis Ende von einem tiefgreifenden Rassismus durchdrungen" sei. Seine Argumente klingen zumindet bedenkenswert. Da er das Buch selbst für nicht so doll hält, würde er es gar nicht mehr vorlesen und stattdessen andere wählen.
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(Death / Susan, in: Pratchett, Hogfather)
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Alchemist
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Anmeldungsdatum: 03.08.2004
Beiträge: 27888
Wohnort: Hamburg

Beitrag(#1809983) Verfasst am: 23.01.2013, 11:40    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:

Alchemist hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Will sich die Hälfte von Deutschland wirklich nicht von diesem Wort trennen?

Das verstehe ich nicht. Praktisch ganz Deutschland hat sich von dem Wort getrennt. Wer heute noch "Neger" sagt, disqualifiziert sich selbst.

Das deckt sich nicht mit meiner Erfahrung Schulterzucken
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Zoff
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Anmeldungsdatum: 24.08.2006
Beiträge: 21668

Beitrag(#1809986) Verfasst am: 23.01.2013, 11:57    Titel: Antworten mit Zitat

Was wird denn jetzt aus Othello, dem Mohr von Venedig?

Pigmentierter Lagunenmigrant?
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Hatiora
sukkulent



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Beitrag(#1809990) Verfasst am: 23.01.2013, 12:14    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Pigmentierter Lagunenmigrant
klingt irgendwie viel schlimmer als Mohr.

Bitte nicht!
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"Daß alles immer schlimmer wird, versteht sich auch im neuen Jahr von selbst und hat noch immer nichts mit Verschwörung zu tun, sondern mit allen, die ihre Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen verrichten." Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück.
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esme
lebt ohne schützende Gänsefüßchen.



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Beitrag(#1809992) Verfasst am: 23.01.2013, 12:33    Titel: Antworten mit Zitat

1)
fwo hat folgendes geschrieben:
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
....
So - warum sollten jetzt analoge Diskussionen im Bereich der Lexik ein Problem sein?

Weil um der "Lexik" Willen regelmäßig Inhalte vergewaltigt werden müssen:


Interessanterweise sind es meist Leute, die die Wichtigkeit der exakten Bedeutung jedes einzelnen Wortes betonen, die mit dem Wort "vergewaltigt" herumwerfen müssen, wenn es um Texte geht.

2)
Selbstverständlich ist es vorzuziehen, Werke im Original zu belassen. Die Konsequenz ist, dass Kinderbücher eben ein Ablaufdatum haben, wenn sie in ein Jahrhundert durchaus positiver gesellschaftlicher Weiterentwicklung fallen. Aus diesem Grund sind es ja eben die Verlage, die diese Änderungen vornehmen wollen, weil die Rechte an den neuen Kinderbuchbestsellern unter Umständen eben andere Verlage haben.
Ich sehe bei der ganzen Diskussion nicht, was (außer für die Verlage und Copyrighthalter) das Problem ist, wenn zeitgenössische Kinder hauptsächlich zeitgenössische Kinderbücher konsumieren. Ja, Astrid Lindgrens Bücher sind sehr gut, aber das heißt doch nicht, dass es nach ihr keine anderen guten Kinderbuchautoren gibt.


3)
Zur zensierten Schuhcremeszene:
Die Vorstellung von den "anderen" als mit Farbe angeschmiert bzw. ausgebleicht ist sehr verbreitet und daher für Kinder natürlich ganz normal. Sie hat auch eine lange Tradition (siehe Blackface in den USA), und es ist eben die dominante Mehrheit, die entscheidet, wer normal ist und wer anders ist. Es ist kein Zufall, dass die Gaudi über den stereotypen Schwarzen (gespielt von angemalten Weißen) mit der Bürgerrechtsbewegung in den USA verschwunden ist.
Das Anmalen mit schwarzer Farbe ist *keine* Dekonstruktionsleistung der Rassenproblematik, sondern gute lange Tradition von Leuten, bei denen wir uns wahrscheinlich alle einigen können, dass sie sehr rassistisch waren.

Die Bücher von Mark Twain und Astrid Lindgren richten sich ganz klar an weiße Kinder, die in einer "weiß ist die Norm"-Umgebung aufwachsen. Hier in diesem Thread reden einige davon, dass man den Kindern zuerst den Kontext erklärt und dann das Buch liest. Ich habe aber eben nicht den Eindruck, dass irgendeines der erwähnten Kinder nicht weiß ist, und diese Kinder kommen in dieser Diskussion eben überhaupt nicht vor (abgesehen von dem erwähnten Brief).
Denn für diese Kinder kommen alle diese Dinge bereits mit einem sehr klaren Kontext: Dass die weißen Kinder fragen können "Bist du angemalt?" während sie selbst nicht fragen können "Bist du ausgebleicht?", weil es bereits ganz selbstverständlich ist, wer hier normal ist.

Und nein, ich bin nicht für die Textänderung, aber ich bin eben überhaupt nicht der Meinung, dass diese Bücher vollkommen unproblematisch sind, und die Insistenz, dass die Nachkommen in jungen Jahren alle Bücher brauchen, nur weil sie einem selbst ja nichts geschadet haben, ist ein Argument, dass langsam fad wird. Ich würde da im übrigen auch von keinem einzelnen Buch völlig abraten, aber eben den Schwerpunkt bei der Buchauswahl woanders legen.

4)

fwo hat folgendes geschrieben:

Was hier als literarisch verlustfrei dargestellt wird, ist in meinen Augen keine Übersetzung mehr, sondern eine Verstümmelung. - Und da Pippi ein Mädchen ist, ist das auch bei uns noch nicht erlaubt.


Weil Vergewaltigung ja nicht soo schlimm ist, muss für den Connoisseur der Aussagekraft jedes einzelnen Wortes jetzt noch Genitalverstümmelung herhalten, sonst könnte ja wer mißverstehen, dass du Urtextveränderungen echt schlecht findest.
Vielleicht solltest du deine eigene Literaturauswahl erweitern, damit du deine Argumente auch ohne Metaphern zu sexueller Gewalt hinüberbringen kannst (und sie nicht auch noch total witzig und geistreich findest).
Oder du versuchst mal, ein Jahr lang nur Vergleiche mit sexueller Gewalt gegen Männer zu verwenden, damit du glaubwürdiger argumentieren kannst, dass dich Worte auch dann nicht stören, wenn sie nicht nur gegen andere gerichtet sind. Aber alleine dieser Vorschalg ist jetzt wohl ganz, ganz böse PC-Zensierung deiner Worte, wenn du auch mal dich selbst in die betroffene Gruppe einschließen sollst.
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fwo
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Beitrag(#1810006) Verfasst am: 23.01.2013, 13:39    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
bernard war so freundlich, uns die Texte zur Verfügung zu stellen:

Nur dass Stefanowitsch, den bernard zitiert, gar nicht der neue Übersetzer ist, sondern schlicht ein Sprachwissenschaftler, der vorgestellt hat, wie er das Buch seinen Kindern vorgelesen hat. Wie die neue Übersetzung des Verlags aussieht, weiß ich nicht.

In zwei neueren Beiträgen meint Stefanowitsch, dass das Buch - unabhängig von den Absichten seiner Autorin - "von Anfang bis Ende von einem tiefgreifenden Rassismus durchdrungen" sei. Seine Argumente klingen zumindet bedenkenswert. Da er das Buch selbst für nicht so doll hält, würde er es gar nicht mehr vorlesen und stattdessen andere wählen.

Das hältst Du für bedenkenswert?
Zitat:
Das Problem an dieser Passage (und an den Büchern insgesamt) ist tatsächlich gar nicht die Sprache. Es ist die Idee, dass es sinnvoll ist, Menschen nach ihrer Hautfarbe zu kategorisieren, dass man Menschen (mit bestimmten Hautfarben) besitzen kann, dass man Hautfarben mit der Einfärbung durch Schuhcreme vergleichen kann. Diese Ideen bleiben auch bei einer guten Übersetzung Teil des Textes.

Ich finde es reichlich gehetzt, und zwar aus folgenden Gründen:
Dass Menschen verschiedene Hautfarben haben, sieht jedes Kind, genauso wie jedes Kind alles, was sich zwecks Unterteilung und Differenzierung nutzen lässt, auch benutzt. Als Paul das erste mal von einem Eryn aus der Nachbarschaft erzählt hat, kam er sofort auf die Hautfarbe, weil damit klar war, wen er meinte - wir haben in der direkten Nachbarschaft nur eine schwarze Familie. Diese Angst, sichtbare Unterschiede zu benennen kommt mir erheblich schlimmer vor, als das Wort Neger.

Das zweite ist, dass die Prinzessin, um die es hier geht, tatsächlich eine Mischung aus Klischees der Kolonialzeit mit denen anderer Märchen darstellt: Schwarz, Ring durch die Nase aber Prinzessin. Aber wie steht Pippi dazu? Sie sagt ganz einfach, dass der ganze Unterschied nur in Folklore (=Ringe) und Farbe besteht. Ist das rassistisch? Sie will selbst an die Stelle dieser Prinzessin. Ist das rassistisch? Und da sie mit den entsprechenden Hilfsmitteln (Ringe und Farbe) selbst in die Rolle der Prinzessin schlüpft, bekommt sie selbstverständlich einen aus ihrem Volk als Diener - der Besitz ergibt sich aus der neuen Rolle und nicht aus der Farbe des Dieners.

Wenn man sich also ansieht, was wirklich passiert, dann wird in diesem Märchen eben genau das nicht transportiert, was Stefanowitsch sieht, wenn er dumpf nach der offiziellen Liste der unerwünschten Vokabeln interpretiert. Dazu bedarf es schon des Missbrauchs einer höheren Bildung, über die kleinere Kinder noch nicht verfügen.

Es ist ja schön, wenn Stefanowitsch auf seine eigene Sprache achtet, aber er soll doch bitte nicht allen anderen die Aussagen unterstellen, die er zu vermeiden trachtet.

fwo
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Ralf Rudolfy
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Beitrag(#1810009) Verfasst am: 23.01.2013, 13:50    Titel: Antworten mit Zitat

Kramer hat folgendes geschrieben:
AdvocatusDiaboli hat folgendes geschrieben:
Wenn wir schon im Kleinen, im vermeintlich Harmlosen wie dem "Neger", den dahintersteckenden Unterdrückungsmechanismus erkennen, dann ist der Sprache und der Psyche geholfen!


Was ist denn das für ein Blödsinn? "Neger" ist ein Wort. Vor einigen Jahrzehnten war es ein ganz normales Wort. In frühen Auflagen Joachim-Ernst Berendts Jazzbuch - einem Buch, das nun wirklich nicht unter Verdacht steht, die Kultur der Farbigen oder Schwarzen (was für bekloppte Wortschöpfungen) zu unterschätzen - in frühen Auflagen dieses Buches wurden die afroamerikanischen Musiker, um die es da hauptsächlich geht, völlig selbstverständlich als Neger bezeichnet. Vor einigen Wochen habe ich anlässlich des 95. Geburtstages von Thelonious Monk eine Dokumentation über ihn aus den späten 60er Jahren gesehen, ein richtiges Fernsehjuwel, solche Dokus werden heute gar nicht mehr gemacht. Das Wort "Neger" wurde darin mehrfach völlig selbstverständlich verwendet.

Was kommt als nächstes? Streicht man aus Huckleberry Finn die "Nigger" raus?

Ich bin durchaus der Meinung, daß es auf den Kontext ankommt, nicht auf das Wort.

Welche Aussage ist denn problematischer?

"Guck mal die Schwarzen da, lungern den ganzen Tag nur faul rum!"

Oder:

"Hast du den Neger im Bus gesehen, was der für geile Klamotten hatte?"

Die Vermeidung des Begriffs "Neger" mach die erste Aussage nicht besser, die Verwendung die zweite nicht problematisch.

Wenn irgendein Holzkopp Ressentiments gegen Menschen anderer Hautfarbe hat, wird der seine Meinung nicht deswegen ändern, weil ihm bestimmte Begriffe verwehrt sind, sondern wird stets Wege finden, seine Ablehnung zum Ausdruck zu bringen.

Durch eine Manipulation der Sprache mit dem Ziel, die soziale Realität zu verändern, wird nicht nur ein Problem nicht gelöst, es wird auch ein neues geschaffen: nämlich, indem ein gesellschaftliche Klima entsteht, in dem Leute nicht wegen des Inhalts ihrer Äußerungen, sondern allein, weil sie sich nicht an eine vorgeschriebene Diktion halten, Verdächtigungen und Anfeindungen ausgesetzt sind. Gerade die Tage las ich eine Geschichte über den Schriftsteller Axel Hacke, der wegen seines Buchs "Der weiße Neger Wumbada" (in dem es übrigens keineswegs um Menschen anderer Hautfarbe geht, sondern um sprachliche Mißverständnisse), das keinerlei rassistische Intention enthält, neuerdings in Lesungen von selbsternannten antirassistischen Moralaposteln massiv angepöbelt und bedroht wird, was selbstverständlich völlig inakzeptabel ist.
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Dadurch, daß ein Volk nicht mehr die Kraft oder Willen hat, sich in der Sphäre des Politischen zu halten, verschwindet das Politische nicht aus der Welt. Es verschwindet nur ein schwaches Volk. (Carl Schmitt)
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Ralf Rudolfy
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Beiträge: 26674

Beitrag(#1810014) Verfasst am: 23.01.2013, 14:00    Titel: Antworten mit Zitat

Alchemist hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:

Alchemist hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Will sich die Hälfte von Deutschland wirklich nicht von diesem Wort trennen?

Das verstehe ich nicht. Praktisch ganz Deutschland hat sich von dem Wort getrennt. Wer heute noch "Neger" sagt, disqualifiziert sich selbst.

Das deckt sich nicht mit meiner Erfahrung Schulterzucken

Und genau solche Zustände sind mir suspekt, wenn sich jemand allein durch die Verwendung eines Wortes disqualifiziert.
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Shadaik
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Beitrag(#1810126) Verfasst am: 23.01.2013, 21:51    Titel: Antworten mit Zitat

AdvocatusDiaboli hat folgendes geschrieben:
Sprache wird immer und nur durch Menschen geändert - unbewusst UND bewusst. Ohne Eingriffe in die Sprache z. B. durch Adelung sähe unsere Sprache anders aus. Man darf auch über Sprache und ihre Nutzung streiten. Ich schütze nicht die Sprache, sondern Menschen. Du willst Sprache festmeisseln.
Ich verstehe nicht einmal annähernd, wovon du sprichst, wenn du "Adelung" ansprichst.
Davon ab: Wen schützt du denn vor was genau, wenn du Begriffe austauschst?
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Fake
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Beitrag(#1810179) Verfasst am: 24.01.2013, 10:30    Titel: Antworten mit Zitat

Ich unterscheide zwei Fallgruppen:

1. Modernisierung
Beispiel: "Der kleine Hobbit". Davon gibt es zwei Übersetzungen. Die neue Übersetzung ändert nichts am Inhalt, sie transportiert lediglich die Sprache in die Gegenwart und macht sie damit für Kinder leichter verständlich. Das ist aus Sicht derer, die damit Geld verdienen wollen, ein legitimes Motiv und für die Kinder ein echter Gewinn. Keine Bedenken!

2. Geschichtsfälschung (finde ich als Begriff gelungener als "Vergewaltigung")
Wenn Rassismus herausgestrichen wird, ändert sich der Inhalt. Die Botschaft des Autors wird eine andere. Das halte ich zum einen für unzulässig. Es ist feige und unsportlich einem Toten etwas in den Mund zu legen, das er nie sagen wollte. Das ist nicht, was ich unter Streitkultur verstehe.

Zum anderen halte ich es für für schädlich. Eine freie Gesellschaft lebt nicht davon, ihre Mitglieder von allem Übel fern zu halten. Wer seinen Kindern beibringen möchte, dass sie keine Rassisten werden, der darf auch Angst davor haben sie mit Rassismus zu konfrontieren. Ohne Konfrontation erreicht man nicht Verständnis sondern nur Nachplappern.

Mir drängt sich der Vergleich zu Fahrenheit 451 auf. Politische Texte zu "begradigen" ist nicht weit davon entfernt sie zu verbrennen. Man muss Bertholt Brecht nicht zustimmen, aber kommunistische Elemente aus seinen Werken zu entfernen darf keine Option sein. Genauso wenig wie man Thomas Mann seine Spießbürgerlichkeit nehmen darf. Gefährlich wird die Sache spätestens, wenn man aus "Man Kampf" den Rassismus entfernt. Denn das wäre eine dramatische Verharmlosung.

Fazit: es gibt genug Bücher. Eltern können auch einfach darauf achten, was sie ihren Kindern zu lesen geben. Und Erwachsene sollten ohnehin lesen dürfen was sie wollen.
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Telliamed
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Beitrag(#1810185) Verfasst am: 24.01.2013, 11:02    Titel: Antworten mit Zitat

Heizölrückstoßabdämpfung hat folgendes geschrieben:
astarte hat folgendes geschrieben:
Alchemist hat folgendes geschrieben:

Ich halte wenig davon, eine solche Diskussion als PC-konform anzutun. Das hat den gleichen Beigeschmack, wie den Gegenüber als "Gutmenschen" zu titulieren

Diesen Kommentar finde ich gut:
http://www.zeit.de/kultur/literatur/2013-01/kinderbuecher-kommentar

Zitat:
Worin der Verlust in den aktuellen Büchern überhaupt bestehen soll, bleibt nach der Lektüre der inkriminierten Stellen kaum erkennbar. Die Streichung des Worts "Negerlein" in Preußlers Die kleine Hexe hat keine ästhetischen Konsequenzen. Auch bei Pippi Langstrumpfs "Negerkönig", der fürderhin als Südseekönig herrscht, ist der literarische Verlust, freundlich gesagt, null. An die Stelle einer überkommenen exotischen Vorstellung tritt eine andere. Wo ist also das Problem, wenn offenbar kein literarisches vorliegt? Will sich die Hälfte von Deutschland wirklich nicht von diesem Wort trennen?

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Alchemist hat folgendes geschrieben:
Diesen Kommentar finde ich gut:
http://www.zeit.de/kultur/literatur/2013-01/kinderbuecher-kommentar

Zitat:
Worin der Verlust in den aktuellen Büchern überhaupt bestehen soll, bleibt nach der Lektüre der inkriminierten Stellen kaum erkennbar. Die Streichung des Worts "Negerlein" in Preußlers Die kleine Hexe hat keine ästhetischen Konsequenzen. Auch bei Pippi Langstrumpfs "Negerkönig", der fürderhin als Südseekönig herrscht, ist der literarische Verlust, freundlich gesagt, null. An die Stelle einer überkommenen exotischen Vorstellung tritt eine andere. Wo ist also das Problem, wenn offenbar kein literarisches vorliegt? Will sich die Hälfte von Deutschland wirklich nicht von diesem Wort trennen?

Ich auch.

Anders liegt der Fall allerdings beim von fwo angeführten Huckleberry Finn/Tom Sawyer. Da gehört der herabwürdigende Begriff "Nigger" zum entsprechenden Umgang mit den schwarzen Sklaven, der dann ja durch die Handlung in Frage gestellt wird. Da gäbe es dann also einen literarischen Verlust. EDIT: Steht ja im Kommentar auch explizit so drin.

ich war bisher unsicher, wie ich das beurteilen soll, diese Argumente finde ich aber überzeugend.


Ja, dem kann ich mich auch anschließen.


In literarischen Werken, sogar in Werken der Weltliteratur, herumzuschreiben, halte ich nicht für statthaft. Sollte man etwas aus heutiger Sicht zu bemerken haben, kann man das in ein Vorwort oder Nachwort schreiben. Auch Kinder und Jugendliche sollten sich daran gewöhnen, dass man sich manchen historischen Text erst mit derartigen Hilfen erschließen muss, dass Lesen nicht immer nur leichtes Vergnügen, sondern auch mit einiger Gedankenanstrengung und Sucharbeit verbunden ist.

Du liebe Güte, was haben wir uns 1963/64 über den "Huckleberry Finn" amüsiert, etwa über seine Diskussion mit Jim über die Sprachunterschiede. Wir verstanden dabei, weshalb es Jim bei seinem Bildungsstand nicht besser wissen konnte
und haben doch deshalb nicht im entferntesten an eine geistige Minderbegabung der Schwarzen gedacht, auch und gerade, wenn wir gleichzeitig "Onkel Toms Hütte" lasen! Unsere Eltern erzählten uns dann von der Sklaverei in den Südstaaten, lange bevor wir das in der Schule hatten.

Ich bin dann in die Stadtbibliothek losgedackelt und habe die einzige neuere Geschichte der USA ausgeliehen:
William Zebulon Foster: Abriss der politischen Geschichte beider Amerika. Berlin: Dietz, 1957.

Jetzt könnte jemand kommen und sagen: Das war doch nicht typisch für alle Kinder! Sicher nicht, aber wer wirklich dieses Werk der Weltliteratur gelesen hat (und damals gab es noch keine Computer und kaum private Fernseher, nur Kinofilme), der wird doch nicht durch den Ausdruck "Nigger" ein verdrehtes Geschichtsbild bekommen haben!
skeptisch
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vrolijke
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Beitrag(#1810187) Verfasst am: 24.01.2013, 11:19    Titel: Antworten mit Zitat

Fake hat folgendes geschrieben:
Ich unterscheide zwei Fallgruppen:

1. Modernisierung
Beispiel: "Der kleine Hobbit". Davon gibt es zwei Übersetzungen. Die neue Übersetzung ändert nichts am Inhalt, sie transportiert lediglich die Sprache in die Gegenwart und macht sie damit für Kinder leichter verständlich. Das ist aus Sicht derer, die damit Geld verdienen wollen, ein legitimes Motiv und für die Kinder ein echter Gewinn. Keine Bedenken!

2. Geschichtsfälschung (finde ich als Begriff gelungener als "Vergewaltigung")
Wenn Rassismus herausgestrichen wird, ändert sich der Inhalt. Die Botschaft des Autors wird eine andere. Das halte ich zum einen für unzulässig. Es ist feige und unsportlich einem Toten etwas in den Mund zu legen, das er nie sagen wollte. Das ist nicht, was ich unter Streitkultur verstehe.

Zum anderen halte ich es für für schädlich. Eine freie Gesellschaft lebt nicht davon, ihre Mitglieder von allem Übel fern zu halten. Wer seinen Kindern beibringen möchte, dass sie keine Rassisten werden, der darf auch Angst davor haben sie mit Rassismus zu konfrontieren. Ohne Konfrontation erreicht man nicht Verständnis sondern nur Nachplappern.

Mir drängt sich der Vergleich zu Fahrenheit 451 auf. Politische Texte zu "begradigen" ist nicht weit davon entfernt sie zu verbrennen. Man muss Bertholt Brecht nicht zustimmen, aber kommunistische Elemente aus seinen Werken zu entfernen darf keine Option sein. Genauso wenig wie man Thomas Mann seine Spießbürgerlichkeit nehmen darf. Gefährlich wird die Sache spätestens, wenn man aus "Man Kampf" den Rassismus entfernt. Denn das wäre eine dramatische Verharmlosung.

Fazit: es gibt genug Bücher. Eltern können auch einfach darauf achten, was sie ihren Kindern zu lesen geben. Und Erwachsene sollten ohnehin lesen dürfen was sie wollen.


Sehe ich genauso.
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fwo
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Beitrag(#1810193) Verfasst am: 24.01.2013, 11:45    Titel: Antworten mit Zitat

esme hat folgendes geschrieben:
1)
fwo hat folgendes geschrieben:
....


Interessanterweise sind es meist Leute, die die Wichtigkeit der exakten Bedeutung jedes einzelnen Wortes betonen, die mit dem Wort "vergewaltigt" herumwerfen müssen, wenn es um Texte geht.
....
Weil Vergewaltigung ja nicht soo schlimm ist, muss für den Connoisseur der Aussagekraft jedes einzelnen Wortes jetzt noch Genitalverstümmelung herhalten, sonst könnte ja wer mißverstehen, dass du Urtextveränderungen echt schlecht findest.
Vielleicht solltest du deine eigene Literaturauswahl erweitern, damit du deine Argumente auch ohne Metaphern zu sexueller Gewalt hinüberbringen kannst (und sie nicht auch noch total witzig und geistreich findest).
Oder du versuchst mal, ein Jahr lang nur Vergleiche mit sexueller Gewalt gegen Männer zu verwenden, damit du glaubwürdiger argumentieren kannst, dass dich Worte auch dann nicht stören, wenn sie nicht nur gegen andere gerichtet sind. Aber alleine dieser Vorschalg ist jetzt wohl ganz, ganz böse PC-Zensierung deiner Worte, wenn du auch mal dich selbst in die betroffene Gruppe einschließen sollst.

Nö. Das empfinde ich nicht als PC, nur als überzogen.

Das Wort vergewaltigen hat eine lange Tradition in der "übertragenen" Bedeutung, ich weiß gar nicht, welche Bedeutung ich zuerst kennengelernt habe, oder welche die ursprüngliche ist - von rein Sprachlichen ist die Sexualität darin nicht enthalten, da heißt es einfach mit Gewalt unterwerfen, den eigenen Willen aufzwingen. Es ist auf jeden Fall richtig, dass es heute häufiger im sexuellen Kontext gebraucht wird, aber eben nicht nur.

Auch Verstümmelungen kommen nicht nur im sexuellen Kontext vor (eigentlich sogar seltener), mein Bezug hier entsteht durch die zeitliche (und im Forum auch "örtliche") Nähe zur Beschneidungsdiskussion, bei der es übrigens um Gewalt gegen Jungen ging - nur so zur Info.

fwo
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tillich (epigonal)
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Beitrag(#1810200) Verfasst am: 24.01.2013, 12:48    Titel: Antworten mit Zitat

Shadaik hat folgendes geschrieben:
AdvocatusDiaboli hat folgendes geschrieben:
Sprache wird immer und nur durch Menschen geändert - unbewusst UND bewusst. Ohne Eingriffe in die Sprache z. B. durch Adelung sähe unsere Sprache anders aus. Man darf auch über Sprache und ihre Nutzung streiten. Ich schütze nicht die Sprache, sondern Menschen. Du willst Sprache festmeisseln.
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caballito
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Beitrag(#1810210) Verfasst am: 24.01.2013, 13:32    Titel: Antworten mit Zitat

beachbernie hat folgendes geschrieben:

Der Gebrauch des Wortes "Neger" in Pipi Langstrumpf ist halt mal nicht das gleiche, als wenn ein Haufen spottender Kinder um einen schwarzen Mitschueler rumtanzt und "Neger, Neger!" singt.

Doch doch doch, ist es ...

Harmlos ist es agegen, wenn sie um den schwarzen Mitschüler rumtanzen und "Schwarzer, Schwarzer!" oder "Maximalpigmentierter, Maximalpigmentierter" singen, oder was sonst grade PC ist... Weil ja nicht das Tanzen und Singen problematisch ist, sondern einzig das Wort ...

Aber klar, ich will ja nur das Wort benutzen, um Spaß draus zu ziehen ...
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Kramer
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Beiträge: 30878

Beitrag(#1810229) Verfasst am: 24.01.2013, 14:59    Titel: Antworten mit Zitat

AdvocatusDiaboli hat folgendes geschrieben:
Schon die Aussage "Neger ist nur ein Wort" zeigt, dass du von Sprache und ihrer Wirkung keine Ahnung hast.


Ach Dickerchen, Du willst mir was über Sprache erzählen? Du befindest Dich mit Deiner Pseudokorrektheit auf einem hoffnungslosen Rückzugsgefecht, bei dem Du Wort für Wort Deine Muttersprache an die Idioten veräusserst, die Dir irgendwann den letzten Buchstaben rauben werden, mit dem Du sie hättest festmachen können.
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