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Können Tiere denken?
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beachbernie
male Person of Age and without Color



Anmeldungsdatum: 16.04.2006
Beiträge: 45792
Wohnort: Haida Gwaii

Beitrag(#2154021) Verfasst am: 10.10.2018, 17:49    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Könnte es womöglich sein, dass "denken" einfach kein scharfer Begriff ist?


Es ist vor allem ein anthropozentrischer Begriff.
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Defund the gender police!! Let's Rock
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fwo
Caterpillar D9



Anmeldungsdatum: 05.02.2008
Beiträge: 25830
Wohnort: im Speckgürtel

Beitrag(#2154024) Verfasst am: 10.10.2018, 18:28    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Könnte es womöglich sein, dass "denken" einfach kein scharfer Begriff ist?

Wenn man ihn so unscharf formuliert, wie zelig es gemacht hat, mit Sicherheit.

Deshalb bezieht sich das Denken, von dem ich hier geschrieben hat, immer auf das bewusste, abstrakte Denken mit dem Vehikel Sprache. Nur mit diesem Vehikel ist es auch in der Lage, das gesammelte Wissen vieler Generationen zu akkumulieren, um damit genetisches Handlungswissen zu verdrängen. Nur deshalb stellt es überhaupt diesen evolutionären Sprung dar.

Insofern ist mir zeligs absichtliche oder unabsichtliche Verwässerung des Denkbegriffs auch ziemlich egal. Da kann man dann auch ruhig sagen, dass Kälber, Forellen und auch Spinnen, alles Lebewesen, die wahrnehmen und auch gewisse Formen der Konditionierung zeigen, also in dieser Form auf alte Wahrnehmungen "zurückgreifen" also "sich erinnern", denken. Man sollte sich aber bewusst bleiben, dass es etwas anderes ist als das bewusste menschliche Denken, auch wenn das der reine Speziezismus ist, die Forellen diskriminiert und sich deshalb nicht gehört.
_________________
Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.

The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.

Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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narr
workingglass
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Anmeldungsdatum: 02.01.2009
Beiträge: 3786

Beitrag(#2154035) Verfasst am: 10.10.2018, 20:52    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
...Verwässerung des Denkbegriffs ...Kälber, Forellen ..., denken. ... bewusste menschliche Denken, ...


menschliches Denken ist sicher nur bei Menschen zu erwarten. Finde ich nicht so erstaunlich. Wie sollte eine andere Spezies menschlich Denken (wobei ich bei Hunden manchmal zweifle) Aber es gibt doch noch etliche Tiere die logisch denken? Sogar welche ohne Neo-cortex. Oktopusse denken sicher nicht "menschlich" - leben ja in gänzlich anderem Milieu, aber die von "Verwässerung des Denkbegriffs" kann man imo nicht sprechen, wenn man auch bei Tieren ohne Lautsprache und Schrift von "Denken" ausgeht.
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Critic
oberflächlich



Anmeldungsdatum: 22.07.2003
Beiträge: 15976
Wohnort: Arena of Air

Beitrag(#2154053) Verfasst am: 11.10.2018, 00:12    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Könnte es womöglich sein, dass "denken" einfach kein scharfer Begriff ist?

Wenn man ihn so unscharf formuliert, wie zelig es gemacht hat, mit Sicherheit.

Deshalb bezieht sich das Denken, von dem ich hier geschrieben hat, immer auf das bewusste, abstrakte Denken mit dem Vehikel Sprache. Nur mit diesem Vehikel ist es auch in der Lage, das gesammelte Wissen vieler Generationen zu akkumulieren, um damit genetisches Handlungswissen zu verdrängen. Nur deshalb stellt es überhaupt diesen evolutionären Sprung dar.

Insofern ist mir zeligs absichtliche oder unabsichtliche Verwässerung des Denkbegriffs auch ziemlich egal. Da kann man dann auch ruhig sagen, dass Kälber, Forellen und auch Spinnen, alles Lebewesen, die wahrnehmen und auch gewisse Formen der Konditionierung zeigen, also in dieser Form auf alte Wahrnehmungen "zurückgreifen" also "sich erinnern", denken. Man sollte sich aber bewusst bleiben, dass es etwas anderes ist als das bewusste menschliche Denken, auch wenn das der reine Speziezismus ist, die Forellen diskriminiert und sich deshalb nicht gehört.


Vor einiger Zeit hatten wir ja auch schon die Frage, ob Tiere Schmerzen empfinden können. Es mag sein, daß es mit dem Bewußtsein bei der Forelle oder beim Hausschwein noch eine Ecke komplizierter ist: Man müßte ja erst einmal bestimmen, was "Bewußtsein" überhaupt ist. Und dann müßte noch jemand zeigen, wie ein Versuch aussehen sollte, der definitiv zeigt, ob ein Lebewesen bewußt handelt.

(Mir erinnerlich ist etwa ein Versuch, bei dem Versuchspersonen einfach entscheiden sollten, ob sie den linken oder den rechten Knopf drücken. Und es habe schon Aktivitätsmuster im Gehirn gegeben, bevor die Versuchspersonen überhaupt entschieden haben. War das Knopfdrücken also eine bewußte Handlung?)
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Dann bin ich halt bekloppt. Mit den Augen rollen

"Wahrheit läßt sich nicht zeigen, nur erfinden." (Max Frisch)
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fwo
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Anmeldungsdatum: 05.02.2008
Beiträge: 25830
Wohnort: im Speckgürtel

Beitrag(#2154079) Verfasst am: 11.10.2018, 12:37    Titel: Antworten mit Zitat

narr hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
...Verwässerung des Denkbegriffs ...Kälber, Forellen ..., denken. ... bewusste menschliche Denken, ...


menschliches Denken ist sicher nur bei Menschen zu erwarten. Finde ich nicht so erstaunlich. Wie sollte eine andere Spezies menschlich Denken (wobei ich bei Hunden manchmal zweifle) Aber es gibt doch noch etliche Tiere die logisch denken? Sogar welche ohne Neo-cortex. Oktopusse denken sicher nicht "menschlich" - leben ja in gänzlich anderem Milieu, aber die von "Verwässerung des Denkbegriffs" kann man imo nicht sprechen, wenn man auch bei Tieren ohne Lautsprache und Schrift von "Denken" ausgeht.

Denken Tiere logisch? Es gibt einzelne Versuche bei Schimpansen und Papageien, die - aber nur bei diesen Tieren - in diese Richtung zeigen, sicher bin ich mir da nicht.

Um mal auf die anthropozentrischen Fallstricke hinzuweisen, über die wir regelmäßig stolpern. Du wirst in jedem Lehrbuch finden, dass Tiere bei Gefahr Warnrufe ausstoßen. Wenn Du Dir die Situation genau ansiehst, stellst Du fest, dass man da einfach nie versucht hat, Ockhams Rasiermesser anzuwenden, denn es gibt eine viel einfachere Interpretation.

Zur Illustration die Erfahrung eines Urlaubers, dass Fische sehr schnell lernen, dass mit Harpunenjägern (ich meine die Geräte mit Abschuss, keine einfache Lanze) nicht gut Kirschen essen ist. Der war in ein Gebiet gekommen, in dem noch nie, oder sehr lange nicht mehr mit Harpunen gejagt worden war und hatte am ersten Tag x Abschüsse. Ein paar Tage später reichte ein Schuss und dann war kein Fisch mehr zu sehen.

Aus der Sicht des Zoologen sieht das etwas anders aus: Das "Warnsystem" bei Fischen ist schon sehr lange bekannt: Verletzte Fische verlieren Stoffe, die von anderen Fischen als "Schreckstoff" "interpretiert" werden. Es ist eine angeborene Reaktion, bei der Wahrnehmung dieser Stoffe zu flüchten - es leuchtet auch sofort ein, dass eine derartige Reaktion bei nicht wehrhaften Tieren positiv selektioniert wird - da ist kein Verstehen oder Denken oder irgendeine derartige Tätigkeit nötig. Wenn ich ein bestimmtes Geräusch mache und jedesmal kommt anschließend sofort eine Schreckstoffwolke, verursache ich den Effekt, der bedingte Konditionierung genannt wird: Das Schussgeräusch wird assoziativ mit dem Schreckstoff verknüpft. Es handelt sich also nicht um eine logische Folgerung - wir brauchen auch kein Bewusstsein dafür. Ich kann das zwar als Lernen beschreiben, aber es ist etwas anderes, als wir es normalerweise unter Lernen verstehen.

Gleichzeitig sind wir mit dem Schreckstoff auch bei einer Erklärung des "Warnrufes", die von geringeren Voraussetzungen ausgeht: Es ist evolutionär von Vorteil, eine Angst- oder Erregungsäußerung eines Artgenossen mit der selben Erregung zu beantworten. Nach Ockham ist es deshalb wahrscheinlicher, dass hier also gar keine Warnabsicht vorliegt, sondern der Warnruf einfach wie Balzlaute, Schmerzäußerungen usw. eine Äußerung der eigenen Erregung oder der Gestimmtheit ist, für die sich evolutionär sinnvolle Reaktionen auf der Empfängerseite etabliert haben. Und wenn z.B. das Murmeltier verschiedene "Warnrufe" kennt, bedeutet das nichts anderes, als dass hier verschiedene Erregungen signalisiert werden, die auf der Empfängerseite unterschiedliche Erregungen auslösen.

Wenn Du übrigens nach "Logisches Denken bei Tieren" googelst, findest Du Berichte von einigen unvorsichtig interpretierten Experimenten, aber auch die distanzierten Zusammenfassungen zweier Philosophen, die komischerweise eine Auffassung vertreten, die meiner sehr ähnelt.
Können Tiere denken? Haben sie einen Geist? Und was unterscheidet sie vom Menschen?
Der Hund fühlt, aber denkt nicht

@ Critic
Was ich gerade beschrieben habe, ist auch eine Antwort auf Deine Frage. Lautäußerungen zu einer Verletzungen lassen sich evolutionstheoretisch genauso erklären wie das Aussenden von Schreckstoffen oder die Enstehung von Warnrufen und sind nicht notwendigerweise mit dem Gefühl verbunden, wie wir es als Schmerz kennen, auch wenn sie von uns natürlich so interpretiert werden. Das heißt nicht, dass ich davon ausgehe, dass Tiere kein Schmerzgefühl kennen. Ich gehe aber davon aus, dass es erst relativ spät einsetzt. Und ich gehe nicht davon aus, dass ein unbewusster Schmerz vergleichbar mit einem bewussten ist, oder dass jeder bewusste Schmerz wirklich vergleichbar mit dem eines Tieres ist, für das Zukunft vorstellbar ist. Da bin ich in der Diskussion, auf die Du Dich beziehst aber näher drauf eingegangen.
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Grey
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Beitrag(#2154085) Verfasst am: 11.10.2018, 13:15    Titel: Antworten mit Zitat

narr hat folgendes geschrieben:
Wie sollte eine andere Spezies menschlich Denken (wobei ich bei Hunden manchmal zweifle)


https://www.infranken.de/ueberregional/nicht-schlauer-als-andere-tiere-intelligenz-von-hunden-wird-ueberschaetzt;art55462,3735811

Zitat:
Nicht schlauer als andere Tiere: Intelligenz von Hunden wird überschätzt

Der "beste Freund des Menschen" ist im Vergleich zu anderen Tieren nicht herausragend schlau. Eine neue Studie zeigt: Die Intelligenz von Hunden wird überschätzt.
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vrolijke
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Wohnort: Stuttgart

Beitrag(#2154088) Verfasst am: 11.10.2018, 13:40    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:

Um mal auf die anthropozentrischen Fallstricke hinzuweisen, über die wir regelmäßig stolpern. Du wirst in jedem Lehrbuch finden, dass Tiere bei Gefahr Warnrufe ausstoßen. Wenn Du Dir die Situation genau ansiehst, stellst Du fest, dass man da einfach nie versucht hat, Ockhams Rasiermesser anzuwenden, denn es gibt eine viel einfachere Interpretation.



Gerade bei den Warnrufe gibt es Tiere die Warnrufe ausstoßen, obwohl keine Gefahr vorhanden ist.
In der Voraussicht, dass alle andere in den Bäumen verschwinden, und der Rufer das Leckerlie für sich allein hat.
Quasi eine "Lüge". Um zu lügen, muß man schon ein bisschen kombinieren.
_________________
Glück ist kein Geschenk der Götter; es ist die Frucht der inneren Einstellung.
Erich Fromm

Sich stets als unschuldiges Opfer äußerer Umstände oder anderer Menschen anzusehen ist die perfekte Strategie für lebenslanges Unglücklichsein.

Grenzen geben einem die Illusion, das Böse kommt von draußen
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vrolijke
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Anmeldungsdatum: 15.03.2007
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Wohnort: Stuttgart

Beitrag(#2154090) Verfasst am: 11.10.2018, 13:46    Titel: Antworten mit Zitat

Grey hat folgendes geschrieben:
narr hat folgendes geschrieben:
Wie sollte eine andere Spezies menschlich Denken (wobei ich bei Hunden manchmal zweifle)


https://www.infranken.de/ueberregional/nicht-schlauer-als-andere-tiere-intelligenz-von-hunden-wird-ueberschaetzt;art55462,3735811

Zitat:
Nicht schlauer als andere Tiere: Intelligenz von Hunden wird überschätzt

Der "beste Freund des Menschen" ist im Vergleich zu anderen Tieren nicht herausragend schlau. Eine neue Studie zeigt: Die Intelligenz von Hunden wird überschätzt.

Katzen sind viel schlauer.

Kleine Scherz am Rande:
Falls es den einen oder andere nicht als solches erkennt.



Man sieht ganz deutlich, dass unser Raudi genau überlegt, was Spiegelbilder sind, und wie sie zustande kommen.
Eine Lösung hat er allerdings noch nicht gefunden. zwinkern
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fwo
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Beitrag(#2154100) Verfasst am: 11.10.2018, 15:07    Titel: Antworten mit Zitat

vrolijke hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:

Um mal auf die anthropozentrischen Fallstricke hinzuweisen, über die wir regelmäßig stolpern. Du wirst in jedem Lehrbuch finden, dass Tiere bei Gefahr Warnrufe ausstoßen. Wenn Du Dir die Situation genau ansiehst, stellst Du fest, dass man da einfach nie versucht hat, Ockhams Rasiermesser anzuwenden, denn es gibt eine viel einfachere Interpretation.



Gerade bei den Warnrufe gibt es Tiere die Warnrufe ausstoßen, obwohl keine Gefahr vorhanden ist.
In der Voraussicht, dass alle andere in den Bäumen verschwinden, und der Rufer das Leckerlie für sich allein hat.
Quasi eine "Lüge". Um zu lügen, muß man schon ein bisschen kombinieren.

Dabei gehst Du davon aus, dass das Tier zwischen wahr und unwahr unterscheiden kann - schon eine ziemlich abstrakte Angelegenheit, die z.B. von den beiden Philosophen, die ich verlinkt habe, bestritten wird. Auch hier kann Ockhams Razor helfen.

Das einfachere Erklärungsmodell sagt, dass die diese Unterscheidung nicht kennen, aber ein paar mal erfahren haben, dass sie nach einem echten Warnruf alleine mit der Nahrung waren. Dann haben wir eine ganz schlichte bedingte Konditionierung, um diese Situation zu erklären.

Genau solche Dinge meinte ich, als ich geschrieben habe, dass man beim Googeln auch Beobachtungen mit unvorsichtigen Interpretationen finden kann - sogar in Fachbüchern, wie ich oben gezeigt habe, in denen als Warnruf bezeichnet wird, was viel wahrscheinlicher ein Schreckruf ist: Eine Warnung wäre ein beabsichtigtes Signal über eine externe Gefahrenlage - bei dem, was wir sonst von diesen Tieren und ihrem Verhalten wissen, sehr wahrscheinlich eine Überschätzung ihrer Möglichkeiten.
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swifty
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Beitrag(#2154103) Verfasst am: 11.10.2018, 15:52    Titel: Antworten mit Zitat

Critic hat folgendes geschrieben:


(Mir erinnerlich ist etwa ein Versuch, bei dem Versuchspersonen einfach entscheiden sollten, ob sie den linken oder den rechten Knopf drücken. Und es habe schon Aktivitätsmuster im Gehirn gegeben, bevor die Versuchspersonen überhaupt entschieden haben. War das Knopfdrücken also eine bewußte Handlung?)

Das ist mE der springende Punkt. Menschen treffen - glaub ich weit über 90% ihrer Entscheidungen ebenfalls unbewusst und rationalisieren sie hinterher einfach. Mir ist etwas mit 7 Sekunden erinnerlich bevor eine getroffene Entscheidung ins Bewusstsein dringt.

Und es gibt sehr wohl Tiere, die sich im Spiegel erkennen können, kleine Kinder können das nicht.
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fwo
Caterpillar D9



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Beitrag(#2154105) Verfasst am: 11.10.2018, 16:17    Titel: Antworten mit Zitat

worse hat folgendes geschrieben:
....
Das ist mE der springende Punkt. Menschen treffen - glaub ich weit über 90% ihrer Entscheidungen ebenfalls unbewusst und rationalisieren sie hinterher einfach. Mir ist etwas mit 7 Sekunden erinnerlich bevor eine getroffene Entscheidung ins Bewusstsein dringt.
...

Dieser Formulierungsunsinn stammt wahrscheinlich nicht von Dir, aber ich möchte doch auf ihn hinweisen: Wenn sie die Entscheidungen unbewusst träfen, wüssten sie sie nachher nicht.

Gemeint ist, dass sie ihre Entscheidung "aus dem Gefühl" fällen und hinterher rationalisieren. Dieses Gefühl hat aber nur wenig mit Instinkt zu tun, ist also anders als viele Entscheidungen anderer Tiere. Dieses Gefühl ist normalerweise eine Funktion früherer Erfahrungen, die nicht mehr einzeln zur Verfügung stehen, sondern nur noch summarisch.
Sach ich mal so, als forenamtlicher Küchenpsychologe.
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Beitrag(#2154110) Verfasst am: 11.10.2018, 16:50    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
worse hat folgendes geschrieben:
....
Das ist mE der springende Punkt. Menschen treffen - glaub ich weit über 90% ihrer Entscheidungen ebenfalls unbewusst und rationalisieren sie hinterher einfach. Mir ist etwas mit 7 Sekunden erinnerlich bevor eine getroffene Entscheidung ins Bewusstsein dringt.
...

Dieser Formulierungsunsinn stammt wahrscheinlich nicht von Dir, aber ich möchte doch auf ihn hinweisen: Wenn sie die Entscheidungen unbewusst träfen, wüssten sie sie nachher nicht.

Gemeint ist, dass sie ihre Entscheidung "aus dem Gefühl" fällen und hinterher rationalisieren. Dieses Gefühl hat aber nur wenig mit Instinkt zu tun, ist also anders als viele Entscheidungen anderer Tiere. Dieses Gefühl ist normalerweise eine Funktion früherer Erfahrungen, die nicht mehr einzeln zur Verfügung stehen, sondern nur noch summarisch.
Sach ich mal so, als forenamtlicher Küchenpsychologe.

Nein, gemeint ist, dass die Entscheidung vom zuständigen Hirnareal bereits getroffen ist und erst sieben Sekunden später ins Bewusstsein tritt. Das ist durchaus eine 'unbewusste' Entscheidung.

Wenn dus genau wissen willst, lies Metzinger oder wo das steht, ich habe keine Lust mit dir darüber zu diskutieren, weil du sowieso daran glauben willst dass Tiere nicht zu denken imstande sind.
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fwo
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Beitrag(#2154113) Verfasst am: 11.10.2018, 17:13    Titel: Antworten mit Zitat

worse hat folgendes geschrieben:
....
Wenn dus genau wissen willst, lies Metzinger oder wo das steht, ich habe keine Lust mit dir darüber zu diskutieren, weil du sowieso daran glauben willst dass Tiere nicht zu denken imstande sind.

Sehr glücklich Aber Du musst zugeben, dass ich es sehr gut zu rationalisieren weiß.

Hast Du einen Linkt zu den Aussagen von Metzinger, auf die Du Dich beziehst?
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swifty
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Beiträge: 5000

Beitrag(#2154114) Verfasst am: 11.10.2018, 17:19    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
worse hat folgendes geschrieben:
....
Wenn dus genau wissen willst, lies Metzinger oder wo das steht, ich habe keine Lust mit dir darüber zu diskutieren, weil du sowieso daran glauben willst dass Tiere nicht zu denken imstande sind.

Sehr glücklich Aber Du musst zugeben, dass ich es sehr gut zu rationalisieren weiß.

Sehr lustig. Da geht nur noch Baumwollepflücken drüber Coole Sache, das...


fwo hat folgendes geschrieben:

Hast Du einen Linkt zu den Aussagen von Metzinger, auf die Du Dich beziehst?

Möglicherweise wars im egotunnel oder in irgendeinem interview. google
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Beitrag(#2154115) Verfasst am: 11.10.2018, 17:20    Titel: Antworten mit Zitat

vielleicht wars auch gar nicht metzinger? Am Kopf kratzen
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Beitrag(#2154153) Verfasst am: 11.10.2018, 20:24    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
In Haynes’ Studie förderte die Mustererkennung zunächst zwei Hirnbereiche zutage, in denen die Entscheidung vorbereitet wurde (das Brodmann-Areal 10 im frontopolaren Kortex und eine Region im parietalen Kortex). Aus den Aktivitätsmustern dieser Areale ließ sich mit einer 60-prozentigen Wahrscheinlichkeit ableiten, welchen der beiden Knöpfe eine Versuchsperson später drücken wird – und zwar bereits sieben Sekunden bevor die Versuchsperson eine bewusste Entscheidung traf!

Hinkt das Bewusstsein also um sieben Sekunden hinterher? Nein, um noch viel mehr. »Der Kernspintomograf zeigt die Hirnaktivitäten mit einer Verzögerung von drei bis vier Sekunden«, erklärt Haynes, »tatsächlich also sind diese Areale bereits etwa zehn Sekunden aktiv, bevor die Entscheidung als bewusst erlebt wird.«

...

So leicht lässt sich an Haynes’ Ergebnis nicht rütteln. Der Befund von Libet ist damit nicht nur bestätigt, sondern sogar noch mächtig verschärft: Das Gehirn wird nicht erst 0,3, sondern volle 10 Sekunden vor einer als bewusst erlebten Entscheidung aktiv.

...

»Was uns bewusst wird, ist nur dessen Spitze. Neunzig Prozent liegen unter Wasser – das sind die unbewussten Prozesse in unserem Gehirn. Aber die Spitze gehört ja zum Eisberg dazu, beide bilden eine Einheit.«


https://www.zeit.de/2008/17/Freier-Wille/seite-2
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Beitrag(#2154155) Verfasst am: 11.10.2018, 20:30    Titel: Antworten mit Zitat

worse hat folgendes geschrieben:
Zitat:
In Haynes’ Studie förderte die Mustererkennung zunächst zwei Hirnbereiche zutage, in denen die Entscheidung vorbereitet wurde (das Brodmann-Areal 10 im frontopolaren Kortex und eine Region im parietalen Kortex). Aus den Aktivitätsmustern dieser Areale ließ sich mit einer 60-prozentigen Wahrscheinlichkeit ableiten, welchen der beiden Knöpfe eine Versuchsperson später drücken wird – und zwar bereits sieben Sekunden bevor die Versuchsperson eine bewusste Entscheidung traf!

Hinkt das Bewusstsein also um sieben Sekunden hinterher? Nein, um noch viel mehr. »Der Kernspintomograf zeigt die Hirnaktivitäten mit einer Verzögerung von drei bis vier Sekunden«, erklärt Haynes, »tatsächlich also sind diese Areale bereits etwa zehn Sekunden aktiv, bevor die Entscheidung als bewusst erlebt wird.«

...

So leicht lässt sich an Haynes’ Ergebnis nicht rütteln. Der Befund von Libet ist damit nicht nur bestätigt, sondern sogar noch mächtig verschärft: Das Gehirn wird nicht erst 0,3, sondern volle 10 Sekunden vor einer als bewusst erlebten Entscheidung aktiv.

...

»Was uns bewusst wird, ist nur dessen Spitze. Neunzig Prozent liegen unter Wasser – das sind die unbewussten Prozesse in unserem Gehirn. Aber die Spitze gehört ja zum Eisberg dazu, beide bilden eine Einheit.«


https://www.zeit.de/2008/17/Freier-Wille/seite-2


In der Tat findet der überwiegende Teil des Denkens - beim Menschen wie bei höherentwickelteren Tieren - unbewusst statt.

Die Forschungsergebnisse von Haynes beziehen sich auf das von Freud so genannte Vorbewusste, d.h. auf Antriebe, Gefühle oder Gedanken, die ins Bewusstsein vordringen, aber schon zuvor als nicht bewusste Vorgänge vorhanden waren.

Im Unterschied bzw. Gegensatz dazu spricht Freud vom Unbewussten. Dies sind Inhalte, die unbewusst bleiben, etwa, weil sie der Verdrängung unterliegen.
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Beitrag(#2156434) Verfasst am: 05.11.2018, 11:48    Titel: Antworten mit Zitat


Kann der Fifi offenbar besser als seine Herrin.
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narr
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Beiträge: 3786

Beitrag(#2156436) Verfasst am: 05.11.2018, 12:14    Titel: Antworten mit Zitat

Lachen clever!
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Beitrag(#2156512) Verfasst am: 05.11.2018, 22:49    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
worse hat folgendes geschrieben:
....
Das ist mE der springende Punkt. Menschen treffen - glaub ich weit über 90% ihrer Entscheidungen ebenfalls unbewusst und rationalisieren sie hinterher einfach. Mir ist etwas mit 7 Sekunden erinnerlich bevor eine getroffene Entscheidung ins Bewusstsein dringt.
...

Dieser Formulierungsunsinn stammt wahrscheinlich nicht von Dir, aber ich möchte doch auf ihn hinweisen: Wenn sie die Entscheidungen unbewusst träfen, wüssten sie sie nachher nicht.


Ja, es gibt in dem Feld eine Reihe interessanter Versuche: Auch, daß man Menschen mit einer Art externer Stimulation dazu gebracht hat, einen der Knöpfe zu drücken - also nicht aus einer bewußten oder unbewußten eigenen Entscheidung heraus -, und sie danach gefragt hat, warum sie denn jetzt gerade diesen Knopf gedrückt hätten. Und oft genug hätten die Versuchsteilnehmer versucht, eine Erklärung zu formulieren, warum sie sich so entscheiden hätten... Am Kopf kratzen.

Ja, natürlich interpretiert man da viel hinein: Das Tier reagiert auf einen, wenn man es anspricht, piepst zurück oder spitzt die Ohren. Manchmal wirkt es sogar, als ob das Tier verstünde, was man sagte: Stellt man eine Frage, kommt die Antwort "pieps", oder es schüttelt den Kopf (was man dann als "Nein" interpretiert, aber das ist ja schon bei menschlichen Kulturen unterschiedlich) oder so etwas. Oder wenn man z.B. traurig ist, erzählt man dem Tier von seinen Sorgen, liebkost der Papagei einen oder schmatzt - sinnigerweise nachdem man erst einmal erzählt hat und jetzt gerade still ist - das Kaninchen, und das wirkt ja dann auch so, als ob es sagen wollte, "Ist doch nicht so schlimm" oder "Egal was du für Sorgen hast, ich habe dich jedenfalls lieb". Man glaubt, daß das Tier einen versteht. Dabei kann es durchaus sein, daß da kein Unterschied im Verhalten gewesen wäre, wenn man mit dem Tier Latein oder Klingonisch gesprochen hätte, das es nie im Leben gehört hat, oder ihm in freundlichem Ton irgendetwas Negatives gesagt hätte?! Aber in dem Moment tut das zumindest gut, wenn man denkt, das Tier verstehe einen.

(Dabei "weiß" man aber auch, daß Tiere ja durchaus lernen können, was Worte bedeuten. Eine "Hundeschule" würde ja z.B. nicht funktionieren, wenn das Tier die Laute nicht mit Inhalt füllen würde, und die Tiere wissen durchaus, wer gemeint ist, wenn man sie mit ihrem Namen anspricht. Neulich hörte ich auch in einem Bericht mal etwas von einem Bauern, der das Gedränge bei der Abfütterung seiner Schweine dadurch aufgelöst habe, indem er die Tiere in Schichten zum Essen bitte - die Namen würden aufgerufen, die Damen und Herren würden dann gesittet zur Tafel schreiten und sich dort beköstigen. Zumindest müssen die Tiere ja wissen, wer sie sind und zumindest wissen und darauf vertrauen, daß alle drankommen, auch wer hier noch nicht aufgerufen wurde. Wobei der Biologe da womöglich wieder sagen würde, "Klar, sie sind ja auch gut konditioniert".)

Gleichzeitig gibt es aber auch Situationen, in denen man durchaus davon ausgeht, daß das Tier z.B. versucht, dem Menschen etwas mitzuteilen. Mein Kaninchen damals wußte natürlich auch genau, wo die Leckerli "versteckt" waren, die er so liebte, und ist dann auch hingesprungen und hat drauf gezeigt, wollte sogar in die Papiertüte reinklettern. Erst einmal mußte er dafür ja "gelernt" haben, daß die Dinger lecker sind, dann beobachtet haben, wo ich das Päckchen hergeholt habe und wo ich es wieder hinstellte, und dann auch in soweit logisch gedacht haben, daß ein Gegenstand immer noch existiert, auch wenn er im Moment nicht zu sehen ist? Oder hat er die Leckerli bloß gerochen (*)?

Oder eine Beobachtung einer anderen Halterin: Sie hielt ein Kaninchen und ein Meerschweinchen zusammen. (Gut, das stand in einem 30 Jahre alten Buch noch als valide Möglichkeit drin, heute ist man eher der Auffassung, daß man das nicht tun sollte, weil man damit beiden nicht gerecht werde.) Das Kaninchen hatte bemerkt, daß wenn das Meerschweinchen quietschte, der Mensch kam und nachsah. Die Möglichkeit hat das Kaninchen ja nicht, also hat es, wenn es was vom Menschen wollte, das Meerschweinchen angestupst, das dann quietschte...


(*): Man kann natürlich auch so argumentieren: Es gibt häufig eine "einfachere Erklärung", die kein ausgeprägtes Denken oder die Intelligenz wenigstens eines Kleinkindes voraussetzt. Das berührt aber womöglich sogar die Sphäre der Künstlichen Intelligenz: Angenommen, es wäre möglich, eine Kopie eines menschlichen Gehirns zu erstellen, die dann in einem Computer existiert, sich 1:1 so verhält wie der Mensch, dessen Gehirn man da gescannt hat. Man läßt beide dieselben Fragen beantworten und erhält dieselben Antworten. Könnte man der Kopie dennoch das Denken absprechen Am Kopf kratzen?
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step
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Beitrag(#2156534) Verfasst am: 06.11.2018, 09:10    Titel: Antworten mit Zitat

Critic hat folgendes geschrieben:
Angenommen, es wäre möglich, eine Kopie eines menschlichen Gehirns zu erstellen, die dann in einem Computer existiert, sich 1:1 so verhält wie der Mensch, dessen Gehirn man da gescannt hat. Man läßt beide dieselben Fragen beantworten und erhält dieselben Antworten. Könnte man der Kopie dennoch das Denken absprechen Am Kopf kratzen?

Eine 1:1-Kopie kann ja p.d. keine abweichenden funktionalen Eigenschaften haben. Wer also so etwas trotzdem erwägt, muß annehmen, daß zu der Originalperson außer dem Gehirn noch etwas anderes gehört, das zum Denkprozeß wesentlich beiträgt, und das die 1:1 Kopie nicht hat. Was sollte das sein?

PS: Mir ist natürlich klar, daß die Computerkopie keine 1:1 Kopie (und erst recht keine Verhaltenskopie) sein kann, und zwar wegen der realen biologischen Anbindung des Gehirns. Aber ich gehe mal davon aus, daß dieser Punkt in bezug auf die o.g. Frage vernachlässigbar ist.
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zelig
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Beitrag(#2156539) Verfasst am: 06.11.2018, 09:41    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Critic hat folgendes geschrieben:
Angenommen, es wäre möglich, eine Kopie eines menschlichen Gehirns zu erstellen, die dann in einem Computer existiert, sich 1:1 so verhält wie der Mensch, dessen Gehirn man da gescannt hat. Man läßt beide dieselben Fragen beantworten und erhält dieselben Antworten. Könnte man der Kopie dennoch das Denken absprechen :hmm:?

Eine 1:1-Kopie kann ja p.d. keine abweichenden funktionalen Eigenschaften haben. Wer also so etwas trotzdem erwägt, muß annehmen, daß zu der Originalperson außer dem Gehirn noch etwas anderes gehört, das zum Denkprozeß wesentlich beiträgt, und das die 1:1 Kopie nicht hat. Was sollte das sein?

PS: Mir ist natürlich klar, daß die Computerkopie keine 1:1 Kopie (und erst recht keine Verhaltenskopie) sein kann, und zwar wegen der realen biologischen Anbindung des Gehirns. Aber ich gehe mal davon aus, daß dieser Punkt in bezug auf die o.g. Frage vernachlässigbar ist.


Es macht aber das Gedankenspiel insofern wertlos, als daß implizit ein lebendes Gehirn vorausgesetzt wird, das überhaupt denken kann. Gegen den Vergleich mit einem isolierten, sprich toten Gehirn, hätte ich nichts einzuwenden, da das die 1:1 - Kopie wäre. Beide, das Original als auch die Kopie können nicht denken.
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fwo
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Beitrag(#2156554) Verfasst am: 06.11.2018, 11:04    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Critic hat folgendes geschrieben:
Angenommen, es wäre möglich, eine Kopie eines menschlichen Gehirns zu erstellen, die dann in einem Computer existiert, sich 1:1 so verhält wie der Mensch, dessen Gehirn man da gescannt hat. Man läßt beide dieselben Fragen beantworten und erhält dieselben Antworten. Könnte man der Kopie dennoch das Denken absprechen Am Kopf kratzen?

Eine 1:1-Kopie kann ja p.d. keine abweichenden funktionalen Eigenschaften haben. Wer also so etwas trotzdem erwägt, muß annehmen, daß zu der Originalperson außer dem Gehirn noch etwas anderes gehört, das zum Denkprozeß wesentlich beiträgt, und das die 1:1 Kopie nicht hat. Was sollte das sein?

PS: Mir ist natürlich klar, daß die Computerkopie keine 1:1 Kopie (und erst recht keine Verhaltenskopie) sein kann, und zwar wegen der realen biologischen Anbindung des Gehirns. Aber ich gehe mal davon aus, daß dieser Punkt in bezug auf die o.g. Frage vernachlässigbar ist.

Ja. Das lässt sich nicht anders beantworten. Das einzige, was wir dazusagen sollten, damit keiner meint, wir würden hier von so etwas wie einem PC sprechen, ist, dass wir noch keine Ahnung davon haben, wie diese biologische Dose Gehirn wirklich funktioniert, weder von der Repräsentation der Daten, noch von ihrem Abruf, noch von der Weise der Prozessierung. Das ist keine Von-Neumann-Architektur.

Zu den Libet-Experimenten: Es war in den 80ern Benjamin Libet, der damals den freien Willen dadurch ad Absurdum führen wollte, dass er von außen Hirneaktivitäten messen konnte, an denen er eine Entscheidung erkannte, bevor der Proband selbst von ihr wusste.

Ich habe das schon damals für überinterpretiert gehalten: Wenn wir uns unsere täglichen Entscheidungen ansehen, verläuft davon ganz viel "automatisiert", was nichts anderes bedeutet, als dass sie nicht mehr unsere bewusste Aufmerksamkeit besitzen - als Beispiel mag das Verhalten eines Autofahrers dienen, der richtig reagiert, obwohl er sich anschließend größte Mühe geben müsste, um sich überhaupt an alle Signale zu erinnern, auf die er reagiert hat. Gleichwohl haben wir da einen so hochgradig künstlichen, d.h. kulturell bestimmten Ablauf vor uns, dass wir den nicht anders als bewusst bezeichnen können.

Ein zweites Beispiel für "unbewusst" ablaufende Prozesse des Bewusstseins sind logische Entscheidungen auf fachlich hohem Nieveau: Wenn step auf eine Gleichung schaut, kann er mit hoher Wahrscheinlichkeit ziemlich schnell sagen, ob die unsinnig oder richtig ist. Wenn wir uns ansehen, was da alles spätestens seit der Grundschule für Bewusstseinsinhalte in ihn hineingeschaufelt wurden, damit er diese Entscheidung treffen kann, dann sind die Strukturen, die er aufgebaut hat, um heute diese Bewertung einer Gleichung leisten zu können, mit Sicherheit in irgendeiner Form hierarchisch aufgebaut worden. Das muss in irgendeiner Form abgearbeitet werden, wenn er diese Gleichung bewertet, aber nur die oberste Ebene davon hat seine direkte Aufmerksamkeit, ist "im Bewusstsein", obwohl der ganze Rest dieser rein kulturellen Prozedur auch kaum anders als zum Bewusstsein gehörig zu bezeichnen ist, auch, wenn er nicht permanent wirklich an der Oberfläche prozessiert wird, sondern automatisiert, d.h. ohne eine direkte Aufmerksamkeit abläuft. Aber natürlich brauchen auch diese automatisierten Abläufe ohne direkte Aufmerksamkeit Zeit, die gemessen werden kann. Dass man Zustände dieser Verarbeitung abgreifen und von außen interpretieren kann, bevor der Prozess in seiner Hierarchie wieder "oben angekommen" ist, halte ich nicht für einen Grund, ihn vom Bewusstsein abzukoppeln.

Die eigentliche Frage, die hier zu stellen ist, ist also, was Bewusstsein wirklich bedeutet und wie wir uns seine Prozesse vorzustellen haben. (Für Leute mit einem etwas weiter reichenden Informatikhintergrund: Ich stelle mir da strukturell so etwas ähnliches vor wie ein Forth-Dictionary).
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fwo
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Beitrag(#2156556) Verfasst am: 06.11.2018, 11:20    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Critic hat folgendes geschrieben:
Angenommen, es wäre möglich, eine Kopie eines menschlichen Gehirns zu erstellen, die dann in einem Computer existiert, sich 1:1 so verhält wie der Mensch, dessen Gehirn man da gescannt hat. Man läßt beide dieselben Fragen beantworten und erhält dieselben Antworten. Könnte man der Kopie dennoch das Denken absprechen Am Kopf kratzen?

Eine 1:1-Kopie kann ja p.d. keine abweichenden funktionalen Eigenschaften haben. Wer also so etwas trotzdem erwägt, muß annehmen, daß zu der Originalperson außer dem Gehirn noch etwas anderes gehört, das zum Denkprozeß wesentlich beiträgt, und das die 1:1 Kopie nicht hat. Was sollte das sein?

PS: Mir ist natürlich klar, daß die Computerkopie keine 1:1 Kopie (und erst recht keine Verhaltenskopie) sein kann, und zwar wegen der realen biologischen Anbindung des Gehirns. Aber ich gehe mal davon aus, daß dieser Punkt in bezug auf die o.g. Frage vernachlässigbar ist.


Es macht aber das Gedankenspiel insofern wertlos, als daß implizit ein lebendes Gehirn vorausgesetzt wird, das überhaupt denken kann. Gegen den Vergleich mit einem isolierten, sprich toten Gehirn, hätte ich nichts einzuwenden, da das die 1:1 - Kopie wäre. Beide, das Original als auch die Kopie können nicht denken.

Das ist jetzt allerdings ein fürchterlich schräges Bild, weil wir - völlig unabhängig davon, dass wir nicht wirklich wissen, wie das Gehirn als Datenverarbeitungsmaschine funktioniert, wissen, dass es Teil eines biologischen Apparates ist, dessen Energieversorgung nicht einfach an oder ausgeschaltet werden kann, sondern nur von seinem Primärstatus quasi als Bootprozess hochgefahren werden kann und unwiederbringlich zerstört wird, wenn ich ihn einmal angehalten habe.

Dass dieser Bootvorgang auch eine informatische Ebene hat, darauf will ich jetzt gar nicht eingehen.

Ich übersetze Dein Bild mal in eine geringfügig andere Umgebung:

Stelle Dir einfach einen modernen Computer in den Händen von Steinzeitmenschen vor, die ihn nicht mit Strom versorgen können und schon ist klar, dass Datenverarbeitung in denen nie und nimmer funktionieren kann. Zumindest läuft Deine Argumentation so.

Implizit gehst Du davon aus, dass wir uns zwar an alte Reizmuster erinnern können, aber dass das nichts mit Daten zu tun hat. Denn wenn Denken etwas mit Daten zu tun hat, stellt es eine Art Datenverarbeitung dar, die zumindest theoretisch auch 1:1 nachbildbar sein muss, auch auf einer anderen Architektur und einem anderen System.
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Marcellinus
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Beitrag(#2156557) Verfasst am: 06.11.2018, 11:22    Titel: Antworten mit Zitat

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step
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Beitrag(#2156558) Verfasst am: 06.11.2018, 11:51    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Es macht aber das Gedankenspiel insofern wertlos, als daß implizit ein lebendes Gehirn vorausgesetzt wird, das überhaupt denken kann. Gegen den Vergleich mit einem isolierten, sprich toten Gehirn, hätte ich nichts einzuwenden, da das die 1:1 - Kopie wäre. Beide, das Original als auch die Kopie können nicht denken.

Wenn man ein natürlich ausgebildetes Gehirn insofern isolieren könnte, daß die für den Betrieb notwendigen Funktionen durch entsprechende Schnittstellen (z.B. Blutzu-/abfuhr) eine Zeitlang gewährleistet wären, würde es dann Deiner Ansicht nach weiterdenken?
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narr
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Beitrag(#2156565) Verfasst am: 06.11.2018, 12:40    Titel: Antworten mit Zitat

Eine Weile würde das Gehirn wahrscheinlich weiter denken. Es wurden Versuche mit Guillotinierten Personen gemacht:

"...waren nach vereinzelten Überlieferungen noch Reaktionen des abgetrennten Hauptes zu erkennen. So .... mutmaßliche Sprechversuche abgetrennter Köpfe überliefert. .... Versuche ... reflexartig die Augen schließen, wenn eine Hand sich schnell auf das Gesicht zubewegt oder der Kopf hellem Licht ausgesetzt wurde. ...noch etwa 30 Sekunden auf Zurufe reagiert. ..." https://de.wikipedia.org/wiki/Guillotine

Und jeder der Roald Dahls "William und Mary" gelesen hat... Lachen
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step
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Beitrag(#2156568) Verfasst am: 06.11.2018, 13:21    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Wenn wir uns unsere täglichen Entscheidungen ansehen, verläuft davon ganz viel "automatisiert", was nichts anderes bedeutet, als dass sie nicht mehr unsere bewusste Aufmerksamkeit besitzen - als Beispiel mag das Verhalten eines Autofahrers dienen, der richtig reagiert, obwohl er sich anschließend größte Mühe geben müsste, um sich überhaupt an alle Signale zu erinnern, auf die er reagiert hat. Gleichwohl haben wir da einen so hochgradig künstlichen, d.h. kulturell bestimmten Ablauf vor uns, dass wir den nicht anders als bewusst bezeichnen können.

Ja, wir haben einen kulturell bestimmten, gelernten Ablauf vor uns, aber mit welchem Argument sollte man allein das schon als Kriterium für "bewußt" heranziehen? Das ginge nur über den kompatibilistischen Trick, einfach die Summe aller Abläufe als "bewußt" zu definieren, die zu einer Entscheidung beitragen, die uns bewußt wird. In Deinem zweiten Beispiel wird das noch deutlicher:

fwo hat folgendes geschrieben:
... Das muss in irgendeiner Form abgearbeitet werden, wenn er diese Gleichung bewertet, aber nur die oberste Ebene davon hat seine direkte Aufmerksamkeit, ist "im Bewusstsein", obwohl der ganze Rest dieser rein kulturellen Prozedur auch kaum anders als zum Bewusstsein gehörig zu bezeichnen ist, auch, wenn er nicht permanent wirklich an der Oberfläche prozessiert wird, sondern automatisiert, d.h. ohne eine direkte Aufmerksamkeit abläuft. Aber natürlich brauchen auch diese automatisierten Abläufe ohne direkte Aufmerksamkeit Zeit, die gemessen werden kann. Dass man Zustände dieser Verarbeitung abgreifen und von außen interpretieren kann, bevor der Prozess in seiner Hierarchie wieder "oben angekommen" ist, halte ich nicht für einen Grund, ihn vom Bewusstsein abzukoppeln.

Nun bezeichnet man aber als "Bewußtsein" typischerweise nur die mental erlebten Teile, bzw. die mit Aufmerksamkeit. Man könnte natürlich sagen, daß das nur eine Definitionsfrage ist. Aber man muß hier aufpassen, welche weiteren Behauptungen kommen. Typischerweise führen Dein Argumennt ja Leute an, die die Vorstellung retten wollen, daß zumindest "wichtige" Entscheidungen in freier, aufmerksamer Abwägung und freier "top-Level"-Wahl stattfinden. Hier nützt es also nichts, einfach die Definition von "bewußt" künstlich zu erweitern, wenn man gleichzeitig messen kann, daß die Entscheidung bereits durch Präferenzen festliegen bzw. durch Hirnvorgänge, die vor der Aufmerksamkeitsstufe liegen.

fwo hat folgendes geschrieben:
Die eigentliche Frage, die hier zu stellen ist, ist also, was Bewusstsein wirklich bedeutet und wie wir uns seine Prozesse vorzustellen haben. (Für Leute mit einem etwas weiter reichenden Informatikhintergrund: Ich stelle mir da strukturell so etwas ähnliches vor wie ein Forth-Dictionary).

Ja, das ist sicherlich eine sehr interessante Frage. Aber wie auch immer die Antwort ausfällt, sie wird den Freien Willen nicht retten.

Übrigens meine ich, daß, auch wenn ein Gehirn völlig anders als ein Computer funktioniert, letzterer dennoch so etwas wie Bewußtsein, ein Selbstmodell, letztlich sogar eine Person ausprägen könnte, auch wenn es antürlich ganz anders aussähe als beim Menschen. Aus ethischer Sicht denke ich, daß wir die Grundeignung für Personenrechte u.ä. nicht nur deshalb auf Menschen beschränken können, weil wir typisch menschliche Eigenschaften überbewerten - zB. die starke Anbindung ans Hormonsystem, die starke Ausprägung körperlicher Abhängigkeiten, seine generelle Wehleidigkeit, genetische Fortpflanzung usw.
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Beitrag(#2156570) Verfasst am: 06.11.2018, 13:25    Titel: Antworten mit Zitat

narr hat folgendes geschrieben:
...noch etwa 30 Sekunden auf Zurufe reagiert. ...

"OK, sagen wir Unentschieden".
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Beitrag(#2156582) Verfasst am: 06.11.2018, 17:57    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Wenn wir uns unsere täglichen Entscheidungen ansehen, verläuft davon ganz viel "automatisiert", was nichts anderes bedeutet, als dass sie nicht mehr unsere bewusste Aufmerksamkeit besitzen - als Beispiel mag das Verhalten eines Autofahrers dienen, der richtig reagiert, obwohl er sich anschließend größte Mühe geben müsste, um sich überhaupt an alle Signale zu erinnern, auf die er reagiert hat. Gleichwohl haben wir da einen so hochgradig künstlichen, d.h. kulturell bestimmten Ablauf vor uns, dass wir den nicht anders als bewusst bezeichnen können.

Ja, wir haben einen kulturell bestimmten, gelernten Ablauf vor uns, aber mit welchem Argument sollte man allein das schon als Kriterium für "bewußt" heranziehen? Das ginge nur über den kompatibilistischen Trick, einfach die Summe aller Abläufe als "bewußt" zu definieren, die zu einer Entscheidung beitragen, die uns bewußt wird. In Deinem zweiten Beispiel wird das noch deutlicher:

fwo hat folgendes geschrieben:
... Das muss in irgendeiner Form abgearbeitet werden, wenn er diese Gleichung bewertet, aber nur die oberste Ebene davon hat seine direkte Aufmerksamkeit, ist "im Bewusstsein", obwohl der ganze Rest dieser rein kulturellen Prozedur auch kaum anders als zum Bewusstsein gehörig zu bezeichnen ist, auch, wenn er nicht permanent wirklich an der Oberfläche prozessiert wird, sondern automatisiert, d.h. ohne eine direkte Aufmerksamkeit abläuft. Aber natürlich brauchen auch diese automatisierten Abläufe ohne direkte Aufmerksamkeit Zeit, die gemessen werden kann. Dass man Zustände dieser Verarbeitung abgreifen und von außen interpretieren kann, bevor der Prozess in seiner Hierarchie wieder "oben angekommen" ist, halte ich nicht für einen Grund, ihn vom Bewusstsein abzukoppeln.

Nun bezeichnet man aber als "Bewußtsein" typischerweise nur die mental erlebten Teile, bzw. die mit Aufmerksamkeit. Man könnte natürlich sagen, daß das nur eine Definitionsfrage ist. Aber man muß hier aufpassen, welche weiteren Behauptungen kommen. Typischerweise führen Dein Argumennt ja Leute an, die die Vorstellung retten wollen, daß zumindest "wichtige" Entscheidungen in freier, aufmerksamer Abwägung und freier "top-Level"-Wahl stattfinden. Hier nützt es also nichts, einfach die Definition von "bewußt" künstlich zu erweitern, wenn man gleichzeitig messen kann, daß die Entscheidung bereits durch Präferenzen festliegen bzw. durch Hirnvorgänge, die vor der Aufmerksamkeitsstufe liegen. ...

Wenn Du dieses vor zeitlich meinst, dann liegen sie nicht nur vor, sondern auch nach der Aufmerksamkeitsstufe - sie sind der eigentliche Prozess dessen, was wir als Entscheidung erleben. Ich habe diese beiden Beispiele genommen und lege Wert auf die kulturelle Herkunft, um zu zeigen, dass es sich hier um Vorgänge handelt, die in dieser Komplexität nur dem Tier Mensch eigen sind - derart komplexe Strukturen in der Kultur benötigen zwingend eine komplexe Sprache mit Simulationsmöglichkeiten als Denkzeug, auch wenn dann letztlich ein Teil davon "automatisiert im Unbewussten" abläuft. Es hat von seinem Charakter nichts mit instinktiven oder vorbewussten Entscheidungswegen anderer Tiere gemein.

Um das festzuhalten, brauchen wir auch das Fass mit dem freien Willen nicht aufzumachen.
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