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Hoffnung für Schrödingers Katze
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
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Beitrag(#2182647) Verfasst am: 05.07.2019, 10:51    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
... Ich würde sagen, an dem "grundlegend" stört mich, daß keine Implementation, kein Mechanismus dieses Zufalls bekannt ist.
Das stört mich auch. Aber woher wissen wir, daß das kein Artefakt unserer makroskopischen Anschauung ist?

Bin mir nicht sicher zu verstehen, was genau das Artefakt sein sollte. Wie könnte der Zufall ein Artefakt sein?
1. Es ist Pseudozufall, dann muß es einen Mechanismus geben
2. Es ist gar kein Zufall, sondern eine Stichprobe --> VWI
3. ??

smallie hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Er hätte etwas Göttliches, das paßt mir nicht. Es erschiene mir gemogelt oder ontologisch gefräßig zwinkern
Umgekehrt hat Determinismus etwas dämonisches, da lauert der Laplacesche Dämon oder der Maxwellsche Dämon hinter dem Vorhang.

Nicht wirklich. Vollständige Berechenbarkeit wäre ja vermutlich trotzdem nicht gegeben.

smallie hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
[Die SG] ist vor allem unitär.
Wurde das bereits nachgemessen?

Na klar, das liegt in ihrer mathematischen Natur. Sollte die Wellenfunktion in der Realität nicht unitär zeitentwickeln, wäre die SG falsch bzw. unvollständig.

smallie hat folgendes geschrieben:
Das ist ernster gemeint, als es daherkommt. Unter Unitär kann ich mir zwei Dinge vorstellen:
1) bei der Verrechnung zweier Zustandsvektoren kommt das Kreuzprodukt U x V heraus.
2) bei der Verrechnung zweier Zustandsvektoren kommt mit Wahrscheinlichkeit 1 ein Ergebnis heraus.

Äh ... eher nicht. Wenn schon, dann Skalarprodukt (Erhaltung der Norm). Gemeint ist, daß der Zeitentwicklungsoperator U für jeden Zustand seine Norm erhält: Û(t,t0)† Û(t,t0) = 1, und wegen der Linearität der Differentialgleichung kann ih d/dt Û(t,t0) = ^HÛ(t,t0) immer gelöst werden, und aus der Form der allgemeinen Lösung folgt die Deterministik.

smallie hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Die (komplexwertige) Wellenfunktion ...
Mit dem komplexwertigen wird etwas in die Wellenfunktion hineingeheimnist, das gar nicht geheimnisvoll ist. Das ist nur die Eulersche Darstellung für Wellen, wie sie ebenso in akustischer Signalverarbeitung auftritt. Den Hinweis auf die Komplexwertigkeit lese ich in vielen Darstellungen. Was die Kritik Maudlins bestätigt, Quantenmechanik werde als Rezept verstanden, anstatt darüber nachzudenken, was der Formalismus bedeutet.

Ich habe da nichts hereingeheimnisst. Erwähnt habe ich es deshalb, weil die Wellenfunktion selbst deswegen keine Observable sein kann. Das ist übrigens meiner Ansicht nach im Gegenteil ein weiteres Indiz dafür, daß Observablen bzw. der ganze Meßprozess zu stark am klassischen Bild hängt.

smallie hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Die (komplexwertige) Wellenfunktion entwickelt sich lupenrein deterministisch, sie erlaubt weder mehrere Zukünfte noch enthält sie einen magischen Kollaps. Trotzdem kann man für die dekohärierten Erwartungswerte der Observablen nur Wahrscheinlichkeiten berechnen.
Semantischer Einwand: Wie passt Determinismus dazu, nur Wahrscheinlichkeiten berechnen zu können?

Das liegt daran, daß die Observablem am Meßprozess hängen und dieser (zumindest in seiner üblichen Formulierung) einen Teil des Geschehens ausblendet.

smallie hat folgendes geschrieben:
Semantik beiseite. Für meine pragmatischen Zwecke ist die Welt deterministisch und gleichzeitig voll von quantenmechanischen Erscheinungen. Wir haben Quantenphysik direkt vor unserer Nase und übersehen sie mitunter. Die Sonne scheint, weil Atomkerne in ihrem Inneren zuverlässig fusionieren, was ohne QM-Tunneleffekt seltener passierte.

Ich habe schon mal erklärt, daß selbst in indeterministischen Interpretationen der QM die Eigenwerte determiniert sind.
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Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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step
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Beitrag(#2182649) Verfasst am: 05.07.2019, 11:07    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
1. Was bedeutet "real"?
2. Was ist real?

Die Ontologie der Physik befasst sich mit 2: Welche Realitäten oder Entitäten bilden die Basis der physischen Realität?

Dazu muß die Ontologie aber eine Definition von "real", und damit so etwas wie (1.), voraussetzen. Und da kommt dann meist eine ARt naiver Realismus.

Myron hat folgendes geschrieben:
Die Existenz der deterministischen Bohmschen Mechanik ist ja ein Beleg dafür, dass die Quantenmechanik einen keineswegs dazu zwingt, ontologische Indeterminertheit anzuerkennen.

Soso ... nehmen wir mal eine konkrete Aussage der Unbestimmtheitsrelation: Es ist unmöglich, einen Zustand zu präparieren, in dem Ort und Impuls gleichzeitig festgelegt sind. Jetzt erklär mir mal, wie Du das trotzdem hinkriegst, indem Du an die Bohm-Interpretation glaubst.
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step
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Beitrag(#2182654) Verfasst am: 05.07.2019, 13:32    Titel: Antworten mit Zitat

Noch zu den speziellen Eigenschaften der dB/B-Ansatzes:

- ist nicht wegen der essentiellen Quantengleichgewichtshypothese letztlich auch bei dB/B die Undefiniertheit fundamental? Die Unkenntnis über die Anfangsbedingungen ist ja eben nicht nur ein behebbarer Mangel, sondern eine prinzipielle Bedingung.

- durch die Auszeichnung bestimmter Ortskoordinaten stelle ich es mir eher schwierig vor, den dB/B Formalismus relativitisch tauglich zu machen. Vermutlich geht es irgendwie, aber es wird immer häßlicher bzw. der Ort ist nicht mehr der Ort usw.

- habe gerade nachgelesen, wie bei dB/B der Spin eingeführt wird, da ich mir dachte, daß er ja eben keine Teilcheneigenschaft ist (sondern eine der Wellenfunktion), und das daher schwierig werden könnte. In der Tat sprechen die Burschen idZ von "Kontextualisierung", sie rechnen die Spineigenschaft einfach nicht dem Teilchen zu, sondern der Führungswelle. Wenn man das weiterspinnt, sind am Ende alle interessanten Eigenschaften der Quantenfeldtheorie Eigenschaften der Führungswelle, die bekommt immer mehr Ähnlichkeit mit der Wellenfunktion und der Schwanz wackelt mit einem riesigen Hund.
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zelig
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Beitrag(#2182666) Verfasst am: 05.07.2019, 15:06    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
...Da wir allerdings intuitiv in klassischen Körpern, personalen Identitäten usw. denken, scheint es Vielen, daß dabei Massen, Individuen usw. verdoppelt würden, obwohl es aus Sicht des Gesamthilbertraums eher eine Art Aufspaltung ist.


Danach existiert im Gesamthilbertraum etwas, das einen sehr sehr winzigen Katzenanteil hat, der durch Dekohärenz zur (wahrnehmbaren) Realität gerinnt: Die Katze selber. Kann man das so sagen, selbst wenn es sich schräg anhört?
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step
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Beitrag(#2182683) Verfasst am: 05.07.2019, 16:03    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
...Da wir allerdings intuitiv in klassischen Körpern, personalen Identitäten usw. denken, scheint es Vielen, daß dabei Massen, Individuen usw. verdoppelt würden, obwohl es aus Sicht des Gesamthilbertraums eher eine Art Aufspaltung ist.
Danach existiert im Gesamthilbertraum etwas, das einen sehr sehr winzigen Katzenanteil hat, der durch Dekohärenz zur (wahrnehmbaren) Realität gerinnt: Die Katze selber. Kann man das so sagen, selbst wenn es sich schräg anhört?

Ja, allerdings ist es gefährlich, Größenordnungen zu bemühen. Ich würde dieses Gerinnen zuerst noch durch ein paar einfache Formeln konkretisieren:

Vor der Messung / Dekohärenz hat man einen überlagerten Katzenzustand (Linearkombination aus 2 orthogonalen Zuständen) verschränkt mit dem Rest der Welt:

psi(t0) = (|tot> + |leb>) x |Rest gespannt>

Dieser Zustand entwickelt unitär mit dem Zeitentwicklungsoperator U. Danach hat man eine Überlagerung aus zwei verschränkten Zuständen:

psi(t1) = U psi(t0) = |tot> x |Rest traurig> + |leb> x |Rest fröhlich>

Da die zwei Zustände von "Rest" ebenfalls wieder orthogonal sind, können sie nicht kommunizieren ("viele Welten").

Aufgrund der Unitarität bleibt der "Betrag" von psi immer 1 bzw. kostant (oben fehlen die Normierungsfaktoren). Deswegen wird hier nichts "mehr", jedenfalls nicht im Hilbertraum, es wird nur anders kombiniert.

Zu Deinem Ausdruck "winziger Katzenanteil": Man könnte sagen, daß die meisten Quantenzustände innerhalb von |Rest> anfangs nicht mit der Katze verschränkt sind, und sich daher |Rest traurig> und |Rest fröhlich> anfangs nur in relativ wenigen Quantenzahlen unterscheiden. Wenn das anders wäre, hätten wir auch ein makroskopisches Stabilitätsproblem. Etwa wenn eine Messung |tot> ergibt, würde gleichzeitig das weltweite Wetter umschlagen oder so. So wie bei manchen Bibelfilmen.
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zelig
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Beitrag(#2182693) Verfasst am: 05.07.2019, 17:47    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
...Da wir allerdings intuitiv in klassischen Körpern, personalen Identitäten usw. denken, scheint es Vielen, daß dabei Massen, Individuen usw. verdoppelt würden, obwohl es aus Sicht des Gesamthilbertraums eher eine Art Aufspaltung ist.
Danach existiert im Gesamthilbertraum etwas, das einen sehr sehr winzigen Katzenanteil hat, der durch Dekohärenz zur (wahrnehmbaren) Realität gerinnt: Die Katze selber. Kann man das so sagen, selbst wenn es sich schräg anhört?

Ja, allerdings ist es gefährlich, Größenordnungen zu bemühen. Ich würde dieses Gerinnen zuerst noch durch ein paar einfache Formeln konkretisieren:

Vor der Messung / Dekohärenz hat man einen überlagerten Katzenzustand (Linearkombination aus 2 orthogonalen Zuständen) verschränkt mit dem Rest der Welt:

psi(t0) = (|tot> + |leb>) x |Rest gespannt>

Dieser Zustand entwickelt unitär mit dem Zeitentwicklungsoperator U. Danach hat man eine Überlagerung aus zwei verschränkten Zuständen:

psi(t1) = U psi(t0) = |tot> x |Rest traurig> + |leb> x |Rest fröhlich>

Da die zwei Zustände von "Rest" ebenfalls wieder orthogonal sind, können sie nicht kommunizieren ("viele Welten").

Aufgrund der Unitarität bleibt der "Betrag" von psi immer 1 bzw. kostant (oben fehlen die Normierungsfaktoren). Deswegen wird hier nichts "mehr", jedenfalls nicht im Hilbertraum, es wird nur anders kombiniert.

Zu Deinem Ausdruck "winziger Katzenanteil": Man könnte sagen, daß die meisten Quantenzustände innerhalb von |Rest> anfangs nicht mit der Katze verschränkt sind, und sich daher |Rest traurig> und |Rest fröhlich> anfangs nur in relativ wenigen Quantenzahlen unterscheiden. Wenn das anders wäre, hätten wir auch ein makroskopisches Stabilitätsproblem. Etwa wenn eine Messung |tot> ergibt, würde gleichzeitig das weltweite Wetter umschlagen oder so. So wie bei manchen Bibelfilmen.


Danke für die Erläuterung. Darüber muss ich nachdenken.
Ich möchte zudem ein mögliches Missverständnis ausräumen. Ich habe den Eindruck, daß Du aufgrund meiner vorangegangenen Einlassung den Eindruck hast, daß ich eine etwaige Vermehrung der Masse problematisiert habe. Das war aber nicht mein Ansinnen. Ich habe dagegen problematisiert, daß das intuitiv leicht zu verstehende Bild einer Vervielfachung der Welten verbreitet wird, obwohl wir es tatsächlich mit einer Art Meta-Realität zu tun hätten, die Entitäten aufweist, die fern jeder Eingebung wären. Zum Beispiel im Hilbertraum die Sache, aus der unsere Katze gerinnt. Es ist dann aus meiner Sicht eben nicht die Vervielfachung dieser Katze, die mind twisting ist, sondern die Sache, die das Gesamt aller Katzen darstellt.
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step
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Beitrag(#2182696) Verfasst am: 05.07.2019, 18:18    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Ich habe den Eindruck, daß Du aufgrund meiner vorangegangenen Einlassung den Eindruck hast, daß ich eine etwaige Vermehrung der Masse problematisiert habe. Das war aber nicht mein Ansinnen.

OK, soll für alle Interessierten sein. Der Einwand "ontologischer Gefräßigkeit" kam schon von Vielen, manchmal in bezug auf Masse, manchmal in bezug auf Zahl der Welten oder Kopien.

zelig hat folgendes geschrieben:
Ich habe dagegen problematisiert, daß das intuitiv leicht zu verstehende Bild einer Vervielfachung der Welten verbreitet wird, obwohl wir es tatsächlich mit einer Art Meta-Realität zu tun hätten, die Entitäten aufweist, die fern jeder Eingebung wären. Zum Beispiel im Hilbertraum die Sache, aus der unsere Katze gerinnt. Es ist dann aus meiner Sicht eben nicht die Vervielfachung dieser Katze, die mind twisting ist, sondern die Sache, die das Gesamt aller Katzen darstellt.

"gerinnt" kling ein bißchen nach langsamem Kollaps ... aber ja, wenn man das oben ernst nimmt, dann bedeutet das in der Tat, daß man Hilbertraum und Wellenfunktion eher "real" nennen könnte als unsere intuitive Realität. Zumindest in dem Endzustand macht der Begriff "Katze" über alle Welten hinweg nicht mehr viel Sinn, da sich die Welten durch Dekohärenz bzw. weitere Verschränkungsketten auseinanderentwickeln. Selbst aus unserer klassischen Erfahrung kennen wir ja zumindest den Fall, daß eine "Katze" stirbt, zerfällt usw. und irgendwann der Begriff "Katze" oder "Ex-Katze" keinen Sinn mehr macht.
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zelig
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Beiträge: 25404

Beitrag(#2182701) Verfasst am: 05.07.2019, 19:21    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
...aber ja, wenn man das oben ernst nimmt, dann bedeutet das in der Tat, daß man Hilbertraum und Wellenfunktion eher "real" nennen könnte als unsere intuitive Realität. Zumindest in dem Endzustand macht der Begriff "Katze" über alle Welten hinweg nicht mehr viel Sinn, da sich die Welten durch Dekohärenz bzw. weitere Verschränkungsketten auseinanderentwickeln. Selbst aus unserer klassischen Erfahrung kennen wir ja zumindest den Fall, daß eine "Katze" stirbt, zerfällt usw. und irgendwann der Begriff "Katze" oder "Ex-Katze" keinen Sinn mehr macht.


Es ist angenehm verstanden zu werden.
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Myron
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Beitrag(#2182709) Verfasst am: 05.07.2019, 20:37    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
1. Was bedeutet "real"?
2. Was ist real?
Die Ontologie der Physik befasst sich mit 2: Welche Realitäten oder Entitäten bilden die Basis der physischen Realität?

Dazu muß die Ontologie aber eine Definition von "real", und damit so etwas wie (1.), voraussetzen. Und da kommt dann meist eine ARt naiver Realismus.


"Realism is a compulsory topic in quantum metaphysics. We cannot go far without considering realism about particles or waves. Basically, I believe, realism is a simple matter, one of whether, say, particles exist.

So when I talk of realism, I mean realism about Xs, for suitable X, as it might be realism about particles, or about properties. And, as a first approximation, a realist about Xs is just someone who believes in Xs, or, more precisely, believes there is at least one X."

(p. 1)

"The insistence that realist speculations should be neo-classical is, I suspect, as responsible as anything else for the widespread abandonment of realist speculations about quantum theory."
(pp. ix-x)

(Forrest, Peter. Quantum Metaphysics. Oxford: Blackwell, 1988.)
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step
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Beiträge: 22767
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Beitrag(#2182711) Verfasst am: 05.07.2019, 20:46    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Dazu muß die Ontologie aber eine Definition von "real", und damit so etwas wie (1.), voraussetzen. Und da kommt dann meist eine Art naiver Realismus.
"... Basically, I believe, realism is a simple matter, one of whether, say, particles exist." (Forrest, Peter. ...)

Genau, sowas meinte ich.
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Myron
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Beiträge: 3458

Beitrag(#2182712) Verfasst am: 05.07.2019, 20:49    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
"The insistence that realist speculations should be neo-classical is, I suspect, as responsible as anything else for the widespread abandonment of realist speculations about quantum theory."
(pp. ix-x)
(Forrest, Peter. Quantum Metaphysics. Oxford: Blackwell, 1988.)


Denn für den quantenphysikalischen Realismus ist es an sich unerheblich, ob die postulierten Entitäten "klassischer" oder "nichtklassischer" Art sind.
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Myron
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Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3458

Beitrag(#2182713) Verfasst am: 05.07.2019, 20:52    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
"... Basically, I believe, realism is a simple matter, one of whether, say, particles exist." (Forrest, Peter. ...)

Genau, sowas meinte ich.


Was genau meintest du?
Wo ist hier ein Problem?
Real ist, was existiert. Existenz ist Existenz, und Nichtexistenz ist Nichtexistenz. So einfach ist das!

Ebenfalls gilt: Existenz ist Dasein, und Dasein ist Existenz. Es gibt keine anderen Arten von Dasein außer Existenz (wie Alexius Meinongs "Bestand" oder "Subsistenz").
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22767
Wohnort: Germering

Beitrag(#2182716) Verfasst am: 05.07.2019, 21:05    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Real ist, was existiert. Existenz ist Existenz, und Nichtexistenz ist Nichtexistenz. So einfach ist das!

Das ist doch pure Selbstbezüglichkeit. Ich meine mich zu erinnern, daß Du schon mal eine konkretere Definition von "real" gepostet (oder zitiert) hast, und ich habe dann Gegenbeispiele genannt, ist schon ne Weile her.

Man könnte z.B. mal so anfangen: Ich halte mein Fahrrad naiv für real/existent, die Zahnfee jedoch nicht. Warum, was ist der dafür relevante Unterschied?
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Myron
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Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3458

Beitrag(#2182719) Verfasst am: 05.07.2019, 21:23    Titel: Antworten mit Zitat

Noch einmal:

"A physical theory should clearly and forthrightly address two fundamental questions: what there is, and what it does. The answer to the first question is provided by the ontology of the theory, and the answer to the second by its dynamics. The ontology should have a sharp mathematical description, and the dynamics should be implemented by precise equations describing how the ontology will, or might, evolve."

"Eine physikalische Theorie sollte klar und geradeheraus zwei grundlegende Fragen anpacken: Was es gibt [Was gibt es?], und was es tut [was tut es?]. Die Antwort auf die erste Frage liefert die Ontologie der Theorie, und die Antwort auf die zweite deren Dynamik. Die Ontologie sollte eine detailgenaue mathematische Beschreibung haben, und die Dynamik sollte von präzisen Gleichungen ausgeführt werden, die beschreiben, wie sich die Ontologie entwickeln wird oder könnte."

[© meine Übers.]

(Maudlin, Tim. Philosophy of Physics: Quantum Theory. Princeton, NJ: Princeton University Press, 2019. p. xi)

Niemand sagt, dass die Ontologie einer (quanten-)physikalischen Theorie nur aus "klassischen" oder "traditionellen" Entitäten bestehen darf!
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Marcellinus
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Anmeldungsdatum: 27.05.2009
Beiträge: 7429

Beitrag(#2182724) Verfasst am: 05.07.2019, 21:29    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Noch einmal:

"A physical theory should clearly and forthrightly address two fundamental questions: what there is, and what it does. The answer to the first question is provided by the ontology of the theory, and the answer to the second by its dynamics. The ontology should have a sharp mathematical description, and the dynamics should be implemented by precise equations describing how the ontology will, or might, evolve."

"Eine physikalische Theorie sollte klar und geradeheraus zwei grundlegende Fragen anpacken: Was es gibt [Was gibt es?], und was es tut [was tut es?]. Die Antwort auf die erste Frage liefert die Ontologie der Theorie, und die Antwort auf die zweite deren Dynamik. Die Ontologie sollte eine detailgenaue mathematische Beschreibung haben, und die Dynamik sollte von präzisen Gleichungen ausgeführt werden, die beschreiben, wie sich die Ontologie entwickeln wird oder könnte."

[© meine Übers.]

(Maudlin, Tim. Philosophy of Physics: Quantum Theory. Princeton, NJ: Princeton University Press, 2019. p. xi)

Niemand sagt, dass die Ontologie einer (quanten-)physikalischen Theorie nur aus "klassischen" oder "traditionellen" Entitäten bestehen darf!

Sind es nicht eher die zwei Fragen: "Was können wir beobachten?" und "Wie hängen diese Beobachtungen nachprüfbar zusammen?", Fragen, die übrigens nicht nur auf die Physik beschränkt sind.
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"Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."

Friedrich Nietzsche
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Myron
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Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3458

Beitrag(#2182727) Verfasst am: 05.07.2019, 22:04    Titel: Antworten mit Zitat

Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Sind es nicht eher die zwei Fragen: "Was können wir beobachten?" und "Wie hängen diese Beobachtungen nachprüfbar zusammen?", Fragen, die übrigens nicht nur auf die Physik beschränkt sind.


Physik ist nicht Beobachtungs-/Wahrnehmungspsychologie!

"A precisely defined physical theory, in this sense, would never use terms like 'observation', 'measurement', 'system', or 'apparatus' in its fundamental postulates. It would instead say precisely what exists and how it behaves."

"Eine genau definierte physikalische Theorie in diesem Sinn würde niemals Ausdrücke wie 'Beobachtung', 'Messung', 'System' oder 'Apparat' in ihren grundlegenden Postulaten verwenden. Sie würde stattdessen genau angeben, was existiert und wie es sich verhält."

[© meine Übers.]

(Maudlin, Tim. Philosophy of Physics: Quantum Theory. Princeton, NJ: Princeton University Press, 2019. p. 5)

Ich weiß allerdings nicht, warum der Begriff "System" nicht verwendet werden soll; denn die Physik handelt ja nicht nur von einfachen Elementen, sondern auch von komplexen Systemen. Andererseits spricht Maudlin nur von den "fundamental postulates".
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Myron
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Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3458

Beitrag(#2182728) Verfasst am: 05.07.2019, 22:11    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
Real ist, was existiert. Existenz ist Existenz, und Nichtexistenz ist Nichtexistenz. So einfach ist das!

Das ist doch pure Selbstbezüglichkeit. Ich meine mich zu erinnern, daß Du schon mal eine konkretere Definition von "real" gepostet (oder zitiert) hast, und ich habe dann Gegenbeispiele genannt, ist schon ne Weile her.
Man könnte z.B. mal so anfangen: Ich halte mein Fahrrad naiv für real/existent, die Zahnfee jedoch nicht. Warum, was ist der dafür relevante Unterschied?


Auf einem nichtexistenten/nichtrealen Fahrrad kannst du beispielsweise nicht fahren. Im Gegensatz zu einem existenten/realen Fahrrad ist es an und in sich nichts. Es ist nichts weiter als ein bloßes, bloß gemeintes Gedanken- oder Vorstellungsobjekt; und reines Gedacht- oder Vorgestelltsein ist keine Art von Sein.

"The notion of existence is one of the primitive concepts with which we must begin as given. It is the clearest concept we have."

"Der Begriff der Existenz ist einer derjenigen einfachen Grundbegriffe, mit denen wir als gegebenen [Begriffen] beginnen müssen."

[© meine Übers.]

(Gödel, Kurt. Quoted in: Wang, Hao. A Logical Journey: From Gödel to Philosophy. Cambridge, MA: MIT Press, 1996. p. 150)

"What, then, is it to exist? I am inclined to think that to exist is to engage in causal processes, or at least, to have the ability to do so. But this is not an analysis of the meaning of 'exist': the claim that there are objects that take no part in causal interactions is not self-contradictory. I suspect that it is impossible to provide any analysis of 'exist.' Some concepts are so fundamental that it appears impossible to say anything much about their meaning, except give simple paraphrases. (The notion set is like this – collection, bunch, group.) And concepts don’t come much more fundamental than existence."

"Was bedeutet es dann zu existieren? Ich neige zu der Annahme, dass existieren bedeutet, an kausalen Vorgängen teilzuhaben oder zumindest dazu fähig zu sein. Aber das ist keine Bedeutungsanalyse von 'existieren': Die Behauptung, dass es Objekte gibt, die nicht an kausalen Interaktionen teilhaben, ist nicht selbstwidersprüchlich. Ich meine, dass es wohl unmöglich ist, eine Analyse von 'existieren' vorzulegen. Manche Begriffe sind derart fundamental, dass es unmöglich erscheint, über einfache Paraphrasen hinaus etwas Gehaltvolles über ihre Bedeutung zu sagen. (Der Begriff der Menge ist so einer – Ansammlung, Haufen, Gruppe.) Und viel fundamentaler als 'Existenz' kann ein Begriff nicht sein."

[© meine Übers.]

(Priest, Graham. "Not to be." In The Routledge Companion to Metaphysics, edited by Robin Le Poidevin, Peter Simons, Andrew McGonigal, and Ross P. Cameron, 234-245. Abingdon: Routledge, 2009. p. 234)

"The concept of existence is probably basic and primitive in the sense that it is not possible to produce an informative definition of it in terms that are more clearly understood and that would tell us something important and revealing about what it is for something to exist."

"Der Begriff der Existenz ist wohl fundamental und primitiv in dem Sinne, dass es nicht möglich ist, eine informative Definition desselben mithilfe anderer Begriffe hervorzubringen, die wir besser verstehen und die uns etwas Wichtiges und Aufschlussreiches darüber mitteilen würden, was es bedeutet, dass etwas existiert."

[© meine Übers.]

(Kim, Jaegwon, and Ernest Sosa, eds. Metaphysics: An Anthology. Oxford: Blackwell, 1999. p. 3)
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Marcellinus
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Anmeldungsdatum: 27.05.2009
Beiträge: 7429

Beitrag(#2182735) Verfasst am: 05.07.2019, 23:02    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Sind es nicht eher die zwei Fragen: "Was können wir beobachten?" und "Wie hängen diese Beobachtungen nachprüfbar zusammen?", Fragen, die übrigens nicht nur auf die Physik beschränkt sind.


Physik ist nicht Beobachtungs-/Wahrnehmungspsychologie!

Nein, sondern der Wechsel von Tatsachenbeobachtung und Theoriebildung. Ohne Tatsachen keine realistischen Modelle, ohne Modelle keine realistischen Beobachtungen. Es ist ein wechselseitiger Prozeß, ohne bestimmbaren Anfang oder Ende, und auch selbst nur als Prozeßmodell, als vierdimensionales Modell zu verstehen.
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es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."

Friedrich Nietzsche
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Myron
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Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3458

Beitrag(#2182736) Verfasst am: 05.07.2019, 23:04    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
Die Existenz der deterministischen Bohmschen Mechanik ist ja ein Beleg dafür, dass die Quantenmechanik einen keineswegs dazu zwingt, ontologische Indeterminertheit anzuerkennen.

Soso ... nehmen wir mal eine konkrete Aussage der Unbestimmtheitsrelation: Es ist unmöglich, einen Zustand zu präparieren, in dem Ort und Impuls gleichzeitig festgelegt sind. Jetzt erklär mir mal, wie Du das trotzdem hinkriegst, indem Du an die Bohm-Interpretation glaubst.


Das können andere erklären:

"In Bohmian mechanics a particle always has a well-defined position and velocity. How can this be compatible with Heisenberg’s uncertainty principle?"
(p. 11)

"In a universe governed by Bohmian mechanics there are sharp, precise, and irreducible limitations on the possibility of obtaining knowledge, limitations which can in no way be diminished through technological progress leading to better means of measurement.
This absolute uncertainty is in precise agreement with Heisenberg’s uncertainty principle. But while Heisenberg used uncertainty to argue for the meaninglessness of particle trajectories, we find that, with Bohmian mechanics, absolute uncertainty arises as a necessity, emerging as a remarkably clean and simple consequence of the existence of trajectories. Thus quantum uncertainty, regarded as an experimental fact, is explained by Bohmian mechanics, rather than explained away as it is in orthodox quantum theory."

(p. 25)

(Dürr, Detlef, Sheldon Goldstein, and Nino Zanghi. Quantum Physics Without Quantum Philosophy. Berlin: Springer, 2013.)

"Isn’t the Heisenberg uncertainty relation in contradiction to the existence of trajectories?

The predictions of Heisenberg’s uncertainty relation are in accord with the existence of trajectories, there is no contradiction. Heisenberg’s uncertainty relation reads

dxdp >= h/2

where dx and dp are the position and momentum variances respectively. Take the position variance for example, what does it tell us? It is a measure for how much a series of position measurements on identically prepared systems will fluctuate around the mean position <x>. Thus dx is not an uncertainty in the sense that the position of a single particle is uncertain or blurry. But it is an uncertainty in the sense that repeated position measurements will not yield the same results (not even when experimental measurement inaccuracies are taken into account). Instead repeated position measurements yield a position distribution centered around <x> with width dx. Single position measurements yield single values and single particles move along well defined trajectories. The same holds for dp.

Now having understood this you might ask, why repeated position measurements made by a perfectly accurate experimentator yield a distribution at all. Single particles move along well defined trajectories. Particles starting at different initial positions move along different well defined trajectories. Hence, the distribution obtained in repeated position measurements arises, because the particles start at different initial positions. Since we assumed that the experimentator works perfectly accurate, there must be another reason behind those differing initial conditions. BM gives such a reason and proves how the distribution of measurement results as well as Heisenberg’s uncertainty relation arises from it. So BM – a theory about particles and their trajectories – proves Heisenberg’s uncertainty relation."


Quelle: Frequently Asked Questions about Bohmian Mechanics (PDF)

Die "Unschärfe" ist in der BM also lediglich epistemologischer Natur. Sie besteht in Ungewissheit oder Unwissenheit, und sie betrifft die Grenzen des Wissens/Wissbaren und nicht das Sein selbst.
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step
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Beitrag(#2182761) Verfasst am: 06.07.2019, 11:44    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
... Es ist unmöglich, einen Zustand zu präparieren, in dem Ort und Impuls gleichzeitig festgelegt sind. Jetzt erklär mir mal, wie Du das trotzdem hinkriegst, indem Du an die Bohm-Interpretation glaubst.
"... with Bohmian mechanics, absolute uncertainty arises as a necessity, emerging as a remarkably clean and simple consequence of the existence of trajectories."

Das stimmt so nicht ganz, in Wahrheit wird die Unschärfe axiomatisch hineingesteckt (in Form der sogenannten Quantengleichgewichtshypothese), um überhaupt zu begründen, warum es unterschiedliche Trajektorien gibt.

Myron hat folgendes geschrieben:
"... it is an uncertainty in the sense that repeated position measurements will not yield the same results ..."

Die Unschärferelation bezieht sich nicht nur auf die Statistik wiederholter Messungen, sie ist fundamentaler Natur (= sie ist eine Welleneigenschaft): Es ist nicht möglich, einen quantenmechanischen Zustand zu präparieren, bei dem der Ort und der Impuls beliebig genau definiert sind. Wie ich schon mehrfach schrieb, ist das gewissermaßen bereits bei klassischen Wellen / Oszillationen so.

Myron hat folgendes geschrieben:
"... the distribution obtained in repeated position measurements arises, because the particles start at different initial positions. Since we assumed that the experimentator works perfectly accurate, there must be another reason behind those differing initial conditions. BM gives such a reason ..."

Genau, und zwar indem sie die Unschärfe axiomatisch hineinsteckt, in Form der Quantengleichgewichtshypothese.

Myron hat folgendes geschrieben:
Die "Unschärfe" ist in der BM also lediglich epistemologischer Natur. Sie besteht in Ungewissheit oder Unwissenheit, und sie betrifft die Grenzen des Wissens/Wissbaren und nicht das Sein selbst.

Das ist meines Erachtens unwahr. Es geht letztlich in der BM nicht um Unwissen, sondern um fundamentale Unmöglichkeit der Kenntnis der Anfangsbedingungen, also um fundamentale Unschärfe.
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step
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Beitrag(#2182763) Verfasst am: 06.07.2019, 11:52    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
"I am inclined to think that to exist is to engage in causal processes, or at least, to have the ability to do so."

Immerhin ein Versuch. Aber auch Kausalität als Fundament wird sich als zu eng gefaßt herausstellen. Man müßte schon etwas noch Fundamentaleres in den Ring werfen, z.B. eine nichttriviale Ausdehnung im Phasenraum oder so.

Myron hat folgendes geschrieben:
"I suspect that it is impossible to provide any analysis of 'exist.' Some concepts are so fundamental that it appears impossible to say anything much about their meaning, except give simple paraphrases. (The notion set is like this – collection, bunch, group.) And concepts don’t come much more fundamental than existence."

Er gibt immerhin zu, daß er an dieser Stelle aufgibt und eine letzlich rein intuitive Setzung vornimmt. Ich bin aber wie gesagt anderer Ansicht, ich denke, man kann (oder wird können) eine reduktive Analyse von "Realität" vorzulegen.

Myron hat folgendes geschrieben:
"The concept of existence is probably basic and primitive in the sense that it is not possible to produce an informative definition of it in terms that are more clearly understood and that would tell us something important and revealing about what it is for something to exist."

Dito.
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Myron
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Beitrag(#2182813) Verfasst am: 06.07.2019, 18:47    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
Die "Unschärfe" ist in der BM also lediglich epistemologischer Natur. Sie besteht in Ungewissheit oder Unwissenheit, und sie betrifft die Grenzen des Wissens/Wissbaren und nicht das Sein selbst.

Das ist meines Erachtens unwahr. Es geht letztlich in der BM nicht um Unwissen, sondern um fundamentale Unmöglichkeit der Kenntnis der Anfangsbedingungen, also um fundamentale Unschärfe.


Der entscheidende Punkt ist und bleibt, dass es in der BM keine ontologischen Unbestimmtheiten gibt!
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smallie
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Beitrag(#2182814) Verfasst am: 06.07.2019, 18:48    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
Dass eine räumlich ausgedehnte Welle zugleich an verschiedenen Orten sein kann (in Teilen, nicht als Ganzes natürlich), ist klar. Dasselbe von einem Teilchen, insbesondere einem räumlich unausgedehnten Punktteilchen zu behaupten, ist widersinnig.

... Das laßt sich im Experiment zeigen: Elektronen durch einen Kristall geschossen zeigen wellentypische Ablenkungs- und Interferenzmuster. Davisson–Germer Experiment.

Wie baust du das in dein physikalisches Weltbild ein?


Ich will die Bohmsche Mechanik gar nicht auf Gedeih und Verderb verteidigen (was ich mangels ausreichenden Fachwissens eh nicht tun könnte);

Ach, bei dem Thema sind auch die Experten unterschiedlicher Meinung. Soweit sie sich überhaupt auf das Thema einlassen.


Myron hat folgendes geschrieben:
... aber sie liefert zweifellos eine kohärente und empirisch adäquate Interpretation, d.h. sie ist mit den Ergebnissen aller quantenphysikalischen Experimente vereinbar, ...

So wie Kopenhagen und VWI auch.


Myron hat folgendes geschrieben:
... sodass es einfach falsch ist, dass der Welle-Teilchen Dualismus experimentell nachgewiesen wurde. Denn der BM zufolge haben Teilchen nur Teilcheneigenschaften und keine Welleneigenschaften.

Es ist nicht in Stein gemeißelt, was ein "Teilchen" ist.

Nur weil die Wissenschaft bisher in Teilaspekten falsch über Teilchen dachte, muß man die "Existenz" von Teilchen nicht in Frage stellen. Wenn Teilchen keine Welleneigenschaften haben - warum passt das mathematische Vokabular für Wellen dennoch auf diese Teilchen?


Myron hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Die Quantenwelt erscheint mitunter widersinnig

Das hängt davon ab, durch welche metaphysische/ontologische Brille man sie betrachtet.

Schiefes Bild. Mit einer Brille sieht man schärfer. Darf ich statt Brille "Scheuklappen" einsetzen?

Ein historisches Beispiel, wie sich eigentlich folgerichtige Argumente als Scheuklappe oder blinder Fleck herausstellen können.

smallie hat folgendes geschrieben:
Kurzer Exkurs: der Fleck von Arago.

    Bei Newton hat das Licht Teilchennatur. Später wurde das in Zweifel gezogen, also hat die Französische Akademie der Wissenschaften einen Wettbewerb [dazu] ausgeschrieben. Fresnel hat eine Wellentheorie des Lichtes eingereicht. Poisson, einer aus der Jury, hat Fresnels Theorie durchdacht und kam zum Ergebnis: "So ein Blödsinn, dann würde ein kreisförmiges Objekt einen Schatten werfen, mit einem Lichtpunkt in der Mitte." Der Leiter der Akademie, Arago, hat den Versuch gemacht: den Lichtpunkt im Schatten gibt es tatsächlich.



Myron hat folgendes geschrieben:
Zugegeben, das globale (nichtklassische) Wellenfeld, das alle Teilchenbewegungen im 3D-Raum holistisch und nichtlokal koordiniert, ist eine mysteriöse Sache, über deren ontologischen Status unter den Fachleuten Uneinigkeit herrscht.

Im letzten Jahrhundert kam man zum Schluß, Quantenmechanik sei entweder nicht-lokal oder nicht-realistisch. Seit einer Weile lese ich Meinungen, die die "Nichtlokalität" in Frage stellen.

Ohne groß darüber nachzudenken hielt ich die "nicht-lokale" Auslegung für richtig. Weil - "nicht-realistisch" - was soll das den sein? Real ist real ist real. Inzwischen denke ich anders. Kommt ja darauf an, was man unter "realistisch" versteht.

Wir haben uns damit abgefunden, daß 1 + 1 nicht 2 ist, sondern nur 1,999...8 soweit ich Geschwindigkeiten addiere. Nicht die Welt ist unrealistisch, auch nicht die Quantenmechanik, sondern nur unsere Vorstellung davon.

Warum sich nicht damit abfinden, daß sich Wahrscheinlichkeiten in der Quantenwelt ebenfalls anders addieren? Das halte ich für einen fruchtbaren Ansatz: wie geht das genau? Im Gegensatz zum Kollaps, zu VWI oder DBB, die sich tiefergehenden Fragen verweigern.

Wenn Kopenhagen oder Viele-Welten oder Führungswellen bereits alles erklären - hey, wo sind dann eigentlich noch offene Fragen?
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step
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Beitrag(#2182823) Verfasst am: 06.07.2019, 20:18    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
Die "Unschärfe" ist in der BM also lediglich epistemologischer Natur. Sie besteht in Ungewissheit oder Unwissenheit, und sie betrifft die Grenzen des Wissens/Wissbaren und nicht das Sein selbst.
Das ist meines Erachtens unwahr. Es geht letztlich in der BM nicht um Unwissen, sondern um fundamentale Unmöglichkeit der Kenntnis der Anfangsbedingungen, also um fundamentale Unschärfe.
Der entscheidende Punkt ist und bleibt, dass es in der BM keine ontologischen Unbestimmtheiten gibt!

Und wieso ist die (axiomatische) Quantengleichgewichtshypothese keine ontologische Unbestimmtheit? Aus meiner Sicht ist sie eine.
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smallie
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Beitrag(#2182827) Verfasst am: 06.07.2019, 21:21    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
... Ich würde sagen, an dem "grundlegend" stört mich, daß keine Implementation, kein Mechanismus dieses Zufalls bekannt ist.
Das stört mich auch. Aber woher wissen wir, daß das kein Artefakt unserer makroskopischen Anschauung ist?

Bin mir nicht sicher zu verstehen, was genau das Artefakt sein sollte. Wie könnte der Zufall ein Artefakt sein?

Das "Artefakt" ist unser Verstand, der annimmt, daß hinter allen Zufälligkeiten eine Regelmäßigkeit steckt, wie beim Würfel oder beim Rouletterad.

Beim Würfeln ist die Wahrscheinlichkeit für einen bestimmten Wurf 1/6. Weil der Würfel regelmäßig 6-seitig geformt ist. Sollte nach einigen Würfen etwas anderes herauskommen, dann ist der Würfel gezinkt. Dauert es länger, sind es Fertigungstoleranzen des Würfels.

"Zufälliges schreit nach Erklärung." So empfinde ich es.

step hat folgendes geschrieben:
1. Es ist Pseudozufall, dann muß es einen Mechanismus geben
2. Es ist gar kein Zufall, sondern eine Stichprobe --> VWI
3. ??

4. Zwischen 1 und 2 läßt sich nicht unterscheiden. Außer jemand kommt auf ein gutes Argument bei Punkt 3. zwinkern



step hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Er hätte etwas Göttliches, das paßt mir nicht. Es erschiene mir gemogelt oder ontologisch gefräßig zwinkern
Umgekehrt hat Determinismus etwas dämonisches, da lauert der Laplacesche Dämon oder der Maxwellsche Dämon hinter dem Vorhang.

Nicht wirklich. Vollständige Berechenbarkeit wäre ja vermutlich trotzdem nicht gegeben.

Natürlich nicht. Damit der Dämon die Zustände in einem kleinräumigen System immer genauer feststellen kann, muß er die Zustände außerhalb des Systems durcheinanderbringen.

Das scheitert, sobald der Dämon das ganze beobachtbare Universum für sich in Anspruch nimmt. Mit anderen Worten: in einem geschlossenen System ist kein Dämon möglich. Falls man das nicht schon vorher wußte, weiß man es jetzt durch Quantenmechanik.


step hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
[Die SG] ist vor allem unitär.
Wurde das bereits nachgemessen?

Na klar, das liegt in ihrer mathematischen Natur.

Ist die Wellenfunktion eine Observable?

Falls nicht, läßt sich nicht nachmessen, ob sie unitär evolviert.
Falls doch, ist die Wellenfunktion real.



step hat folgendes geschrieben:
Sollte die Wellenfunktion in der Realität nicht unitär zeitentwickeln, wäre die SG falsch bzw. unvollständig.

Es fällt mir schwer, mir ein Experiment auszudenken, mit dem sich die Unitarität überprüfen ließe. Wie sähe eine Welt aus, in der sie verletzt ist? Drei Mal Würfeln und nur Augensumme 2 erhalten?


step hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Das ist ernster gemeint, als es daherkommt. Unter Unitär kann ich mir zwei Dinge vorstellen:
1) bei der Verrechnung zweier Zustandsvektoren kommt das Kreuzprodukt U x V heraus.
2) bei der Verrechnung zweier Zustandsvektoren kommt mit Wahrscheinlichkeit 1 ein Ergebnis heraus.

Äh ... eher nicht. Wenn schon, dann Skalarprodukt (Erhaltung der Norm).

Jetzt wirds interessant. Sollte ich da etwas komplett falsch verstanden haben?

Ich dachte an N Zustände, die bei Verrechnung 2^N Kombinationen ergeben. Deine Lösung für U alleine ist ja in Ordnung, aber wo ist mein V geblieben?

step hat folgendes geschrieben:
Gemeint ist, daß der Zeitentwicklungsoperator U für jeden Zustand seine Norm erhält: Û(t,t0)† Û(t,t0) = 1, und wegen der Linearität der Differentialgleichung kann ih d/dt Û(t,t0) = ^HÛ(t,t0) immer gelöst werden, und aus der Form der allgemeinen Lösung folgt die Deterministik.

Sei U die Schrödingerkatze und V die Schrödingermaus.

Es ergeben sich vier Fälle:

    Katze tot, Maus tot
    Katze lebt, Maus tot
    Katze tot, Maus lebt
    Katze lebt, Maus lebt


Nur daß sich diese rechnerischen 1/4-Wahrscheinlichkeiten im Experiment nicht bestätigen. Es ist, als hätte die Katze die Maus gefressen.


step hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Die (komplexwertige) Wellenfunktion ...
Mit dem komplexwertigen wird etwas in die Wellenfunktion hineingeheimnist, das gar nicht geheimnisvoll ist. Das ist nur die Eulersche Darstellung für Wellen, wie sie ebenso in akustischer Signalverarbeitung auftritt. Den Hinweis auf die Komplexwertigkeit lese ich in vielen Darstellungen. Was die Kritik Maudlins bestätigt, Quantenmechanik werde als Rezept verstanden, anstatt darüber nachzudenken, was der Formalismus bedeutet.

Ich habe da nichts hereingeheimnisst. Erwähnt habe ich es deshalb, weil die Wellenfunktion selbst deswegen keine Observable sein kann.

Du machst es gerade wieder, etwas hineingeheimnissen. Pfeifen Die Wellenfunktion kann keine Observable sein, weil sie komplexwertig ist?

Tja, wenn die Wellenfunktion keine Observable ist, woher weißt du dann, daß sie nach 1 evolviert? Ich persönlich stelle die Unitarität nicht in Frage. Das heißt nur, irgend ein Ergebnis kommt heraus. Du sagst, Kopenhagen verletzt die Unitarität.

step hat folgendes geschrieben:
Sie ist vor allem unitär. Die (komplexwertige) Wellenfunktion entwickelt sich lupenrein deterministisch, sie erlaubt weder mehrere Zukünfte noch entält sie einen magischen Kollaps.

Der Kollaps ist keine unitäre Lösung? Falls du recht hast, habe ich wirklich etwas komplett falsch verstanden.


step hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Semantik beiseite. Für meine pragmatischen Zwecke ist die Welt deterministisch und gleichzeitig voll von quantenmechanischen Erscheinungen. Wir haben Quantenphysik direkt vor unserer Nase und übersehen sie mitunter. Die Sonne scheint, weil Atomkerne in ihrem Inneren zuverlässig fusionieren, was ohne QM-Tunneleffekt seltener passierte.

Ich habe schon mal erklärt, daß selbst in indeterministischen Interpretationen der QM die Eigenwerte determiniert sind.

Aha. Und was folgt daraus?

Fakt: wenn ich ein Teilchen durch einen Spalt schicke, kann ich nicht sagen, wo genau es auf einem Schirm dahinter auftrifft. Die Verteilung des Auftreffens läßt sich vorhersagen.

Interpretation 1: das Auftreffen ist deterministisch, weil in den vielen Welten jedes Auftreffen realisiert ist.
Interpretation 2: das Auftreffen ist zufällig. Oder durch unbekanntes determiniert, wobei das Unbekannte der üblichen Hausmacherlogik widerspricht.
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Myron
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Beitrag(#2182834) Verfasst am: 06.07.2019, 22:07    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
"I suspect that it is impossible to provide any analysis of 'exist.' Some concepts are so fundamental that it appears impossible to say anything much about their meaning, except give simple paraphrases. (The notion set is like this – collection, bunch, group.) And concepts don’t come much more fundamental than existence."

Er gibt immerhin zu, daß er an dieser Stelle aufgibt und eine letzlich rein intuitive Setzung vornimmt. Ich bin aber wie gesagt anderer Ansicht, ich denke, man kann (oder wird können) eine reduktive Analyse von "Realität" vorzulegen.


Wenn du die begriffliche Gleichsetzung von "Realität" und "Existenz" als eine "reduktive Analyse" betrachtest, dann ist das möglich. Dies ist der "dünne" Realitätsbegriff: Real ist, was existiert.

Es gibt aber auch einen "dicken" Realitätsbegriff; denn oft wird bloße Existenz als notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für Realität erachtet. Was fehlt ist der Aspekt der Unabhängigkeit. Aber Unabhängigkeit wovon?

Bei Charles Peirce finden sich mehrere sehr gute Definitionen des dicken Realitätsbegriffs: http://www.commens.org/dictionary/term/real

Entsprechend ist die fragliche Unabhängigkeit Unabhängigkeit von Repräsentationen, vom Repräsentiertsein/-werden: Real ist, was da ist und soundso ist, und nicht davon abhängt, als daseiend und soundsoseiend bezeichnet, vorgestellt oder wahrgenommen zu werden.

Hermann Ulrici definiert den dicken Realitätsbegriff wie folgt:

"Real ist nur, was unabhängig vom menschlichen Denken und Gedanken, gleichgültig gegen sein Gedachtwerden, also unserem Denken und Gedanken, ein An-sich-seiendes, Selbständiges ist."

Quelle: http://www.textlog.de/4991.html


"There are two general aspects to realism, illustrated by looking at realism about the everyday world of macroscopic objects and their properties. First, there is a claim about existence. Tables, rocks, the moon, and so on, all exist, as do the following facts: the table's being square, the rock's being made of granite, and the moon's being spherical and yellow. The second aspect of realism about the everyday world of macroscopic objects and their properties concerns independence. The fact that the moon exists and is spherical is independent of anything anyone happens to say or think about the matter. Likewise, although there is a clear sense in which the table's being square is dependent on us (it was designed and constructed by human beings after all), this is not the type of dependence that the realist wishes to deny. The realist wishes to claim that apart from the mundane sort of empirical dependence of objects and their properties familiar to us from everyday life, there is no further (philosophically interesting) sense in which everyday objects and their properties can be said to be dependent on anyone's linguistic practices, conceptual schemes, or whatever.

In general, where the distinctive objects of a subject-matter are a, b, c, … , and the distinctive properties are F-ness, G-ness, H-ness and so on, realism about that subject matter will typically take the form of a claim like the following:

Generic Realism:
a, b, and c and so on exist, and the fact that they exist and have properties such as F-ness, G-ness, and H-ness is (apart from mundane empirical dependencies of the sort sometimes encountered in everyday life) independent of anyone's beliefs, linguistic practices, conceptual schemes, and so on."


Realism: https://plato.stanford.edu/entries/realism/

step hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
"The concept of existence is probably basic and primitive in the sense that it is not possible to produce an informative definition of it in terms that are more clearly understood and that would tell us something important and revealing about what it is for something to exist."
Dito.


Hast du eine gehaltvolle Definition von "existieren" anzubieten? Existenz ist Dasein, aber hier endet die Begriffsanalyse bereits; denn "Dasein" ist zweifellos einer unserer einfachsten Grundbegriffe.
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Myron
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Beitrag(#2182836) Verfasst am: 06.07.2019, 22:29    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
Der entscheidende Punkt ist und bleibt, dass es in der BM keine ontologischen Unbestimmtheiten gibt!

Und wieso ist die (axiomatische) Quantengleichgewichtshypothese keine ontologische Unbestimmtheit? Aus meiner Sicht ist sie eine.


Das muss ein Experte beantworten:

"Die Wellenfunktion Psi, von der in [der Quantengleichgewichtshypothese] die Rede ist, ist eine bedingte bzw. die effektive, und die statistische Verteilung ist die empirische eines Ensembles von Systemen mit der 'gleichen' bedingten Wellenfunktion. Und das ist alles, mehr gibt Bohmsche Mechanik nicht her. Die Quantengleichgewichtshypothese verkörpert damit eine absolute Ungewissheit: ein Untersystem wird, wenn es dynamisch eine eigene Identität besitzt, durch eine (bedingte) Wellenfunktion phi beschrieben, und über die Teilchenkoordinaten können wir dann nicht mehr wissen als durch die |phi|^2-Verteilung bestimmt. Umgekehrt können wir aus dem (sicheren) Wissen über den ungefähren Ort eines Teilchens auf den Träger der Wellenfunktion (falls sie existiert) schließen; der Träger wird mit der Eingrenzung des ungefähren Ortes übereinstimmen."

(Dürr, Detlef. Bohmsche Mechanik als Grundlage der Quantenmechanik. Berlin: Springer, 2001. S. 200-1)

Wie gesagt, es geht in der BM lediglich um epistemische Ungewissheit und nicht um ontische Unbestimmtheit.
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Beitrag(#2182862) Verfasst am: 07.07.2019, 13:59    Titel: Antworten mit Zitat

@Myron, das überzeugt mich nicht! Die QGH ist eben keine nur epistemische Ungewißheit, die man durch bessere Kenntnis der Anfangsbedingungen lösen könnte. Sondern es muß axiomatisch hineingesteckt werden, daß es "absolut" (wie Dürr es etwas verwischend formuliert) unmöglich ist.

Das muß auch so sein, damit die Voraussagen zumindest in der nichtrelativistischen QM äquivalent zur CI oder MWI sind. Nochmal: Ort und Impuls können nicht gleichzeitig genau festgelegt werden, das ist keine rein statistische Aussage, und es ist unabhängig von der Interpretation, da es bereits aus der SG allein folgt, man könnte sagen auch schon eine klassische Welleneigenschaft ist.
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Beitrag(#2182864) Verfasst am: 07.07.2019, 14:38    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
"Zufälliges schreit nach Erklärung." So empfinde ich es.

Geht mir ebenso.

smallie hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
1. Es ist Pseudozufall, dann muß es einen Mechanismus geben
2. Es ist gar kein Zufall, sondern eine Stichprobe --> VWI
3. ??

4. Zwischen 1 und 2 läßt sich nicht unterscheiden. ...

Ja, wenn der Pseudozufall (aka verborgene Variablen) extrem gut wäre. Irgendjemand hat mal ausgerechnet, wie komplex ein Simulator mindestens sein müßte, um ein ein Universum vorzugaukeln, daß auch bei fies ausgedachten Experimenten immer "echten" Zufall vorgaukelt. Es sind mosntröse Zahlen.

smallie hat folgendes geschrieben:
Damit der Dämon die Zustände in einem kleinräumigen System immer genauer feststellen kann, muß er die Zustände außerhalb des Systems durcheinanderbringen. Das scheitert, sobald der Dämon das ganze beobachtbare Universum für sich in Anspruch nimmt. Mit anderen Worten: in einem geschlossenen System ist kein Dämon möglich. Falls man das nicht schon vorher wußte, weiß man es jetzt durch Quantenmechanik.

Yep.

smallie hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
[Die SG] ist vor allem unitär.
Wurde das bereits nachgemessen?
Na klar, das liegt in ihrer mathematischen Natur.
Ist die Wellenfunktion eine Observable? Falls nicht, läßt sich nicht nachmessen, ob sie unitär evolviert.

Hab es ungenau ausgedrückt: Die Wellenfunktion ist keine Observable, die Unitarität folgt mathematisch aus der Annahme, daß die SG des Gesamtsystems vollständig ist.

smallie hat folgendes geschrieben:
Falls doch, ist die Wellenfunktion real.

Die WF kann man für real halten, selbst wenn sie keine Observable ist. Das ist aber eine ontologische und daher müßige Diskussion, solange man "real" nicht reduziert hat.

smallie hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Gemeint ist, daß der Zeitentwicklungsoperator U für jeden Zustand seine Norm erhält: Û(t,t0)† Û(t,t0) = 1, und wegen der Linearität der Differentialgleichung kann ih d/dt Û(t,t0) = ^HÛ(t,t0) immer gelöst werden, und aus der Form der allgemeinen Lösung folgt die Deterministik.
Sei U die Schrödingerkatze und V die Schrödingermaus. ...

Ich versteh kein Wort - Û und ^V sind doch Zeitentwicklungsoperatoren, keine WF-Anteile.

smallie hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Erwähnt habe ich [die Komplexwertigkeit der WF] deshalb, weil die Wellenfunktion selbst deswegen keine Observable sein kann.
... Tja, wenn die Wellenfunktion keine Observable ist, woher weißt du dann, daß sie nach 1 evolviert?

Das folgt aus der Schrödingergleichung.

smallie hat folgendes geschrieben:
Der Kollaps ist keine unitäre Lösung? Falls du recht hast, habe ich wirklich etwas komplett falsch verstanden.

Genau. Der Kollaps verletzt die SG, es kann für ein beliebiges Gesamtsystem, dessen Wellenfunktion eine Lösung der SG des Gesamtsystems ist, keinen Kollaps geben, weil man diesen nicht als unitären Zeitenwicklungsoperator darstellen könnte. Das hat u.a. mit der Linearität der Differentialgleichung zu tun, für die man die allgemeine Form sämtlicher Lösungen angeben kann - grob gesagt ne komplexwertige e-Funktion mit Phase. In der Kopenhagener Deutung gilt daher die SG nur vor dem Kollaps (für die Gesamtwellenfunktion) und nach dem Kollaps (für den übriggebliebenen Teil), nicht aber während des Kollaps. Daher ist die Unitarität hier verletzt, der Kollaps selbst ist keine Lösung der SG. Das wird bei der VWI (und ich denke auch bei Bohm) vermieden.

smallie hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
... Wir haben Quantenphysik direkt vor unserer Nase und übersehen sie mitunter. Die Sonne scheint, weil Atomkerne in ihrem Inneren zuverlässig fusionieren, was ohne QM-Tunneleffekt seltener passierte.
Ich habe schon mal erklärt, daß selbst in indeterministischen Interpretationen der QM die Eigenwerte determiniert sind.
Aha. Und was folgt daraus? Fakt: wenn ich ein Teilchen durch einen Spalt schicke, kann ich nicht sagen, wo genau es auf einem Schirm dahinter auftrifft. ...

Ich hatte so geantwortet, weil in den meisten Fällen, in denen wir "die Quantenphysik direkt vor unserer Nase" haben, nur die Eigenwerte sichtbar sind, etwa bei Spektrallinien. Echte, kohärente Quantenexperimente wie etwa Doppelspalt treten natürlicherweise nicht sehr oft auf.
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Marcellinus
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Beitrag(#2182867) Verfasst am: 07.07.2019, 14:54    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:

Beim Würfeln ist die Wahrscheinlichkeit für einen bestimmten Wurf 1/6.

Es sei den, man hat einen 12seitigen Würfel. Sehr glücklich
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