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"Ich bin falsch verstanden worden": Falsche Entschuldigungen
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tillich (epigonal)
hat Spaß



Anmeldungsdatum: 12.04.2006
Beiträge: 21760

Beitrag(#2247001) Verfasst am: 06.04.2021, 03:28    Titel: "Ich bin falsch verstanden worden": Falsche Entschuldigungen Antworten mit Zitat

Ich bringe für eine Diskussion, die sich in diesem Thread entwickelt hat, einige Beispiele. Da die Beispiele mit dem Thema des Threads nichts zu tun haben, eröffne ich lieber einen neuen Thread. Das erleichtert vielleicht auch eine frischere Diskussion anhand der konkreten Beispiele.

Grundthema der Diskussion war, ob es für die Bedeutung einer beleidigenden Aussage, eines herabsetzenden Begriffs, einer größeren herabsetzenden Aussage u.Ä. "darauf ankommt", was tatsächlich gesagt wurde, oder darauf, was derjenige "gemeint" hat.

Entzündet hatte sich die inzwischen sehr lange Diskussion am Wort "Weib":
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Bravopunk hat folgendes geschrieben:
Außerdem meine ich es [EDIT: das Wort "Weib"] ja nie abwertend in diesen Kontexten. Und wie ich etwas meine ist der entscheidende Faktor. Nicht was evtl. andere oder die Lexika dazu meinen.

So funktioniert Sprache aber nicht. Um verstanden zu werden, brauchst du einen Rezipienten, der die Wörter in der gleichen Bedeutung benutzt wie du. Entscheidend sind beide, Sprecher und Empfänger, und wenn die Bedeutung bei beiden unterschiedlich ist, gibt's Verständigungsprobleme.


Meine Meinung war: Es kommt für die Bedeutung auf das tatsächlich Gesagte an, da das dem Empfänger - im Gegensatz zu dem (tatsächlich oder angeblich) nur Gemeinten - zugänglich ist. Vorausgesetzt ist bei dieser Frage natürlich, dass es einen Unterschied zwischen der Bedeutung des Gesagten und dem Gemeinten gibt. Wenn es einen solchen Unterschied nicht gibt, der Sender (Sprecher) also tatsächlich gesagt hat, was er meint, stellt sich das Problem gar nicht erst.

Die Bedeutung des Gesagten ergibt sich meiner Meinung nach a) aus der konkreten Äußerung, b) der Semantik der von Sender und Empfänger gemeinsam verwendeten Sprache und c) dem Kontext, aus dem man ermitteln kann (oder es zumindest versuchen kann), welche Bedeutung mehrdeutiger Wörter zutrifft, ob die Aussage evtl nicht wörtlich gemeint ist, u.Ä. Sowohl die Semantik als auch der Kontext können dabei sehr vielschichtig sein und dadurch ein weites Feld der möglichen Bedeutung einer Aussage eröffnen.

Wenn sich so eine klare Bedeutung feststellen lässt, dann ist das auch die Bedeutung der Aussage. Wenn eine eindeutige Bedeutung nicht feststellbar ist, aber umgekehrt eine (später behauptete) Bedeutung der Aussage mit der Semantik und dem Kontext nicht vereinbar ist, dann ist das auch nicht die Bedeutung der Aussage.

Für die Bedeutung der Aussage spielt dabei weder das, was der Sender "gemeint" hat, eine Rolle, noch das, was der Empfänger "verstanden" hat (da beides dem jeweils anderen nicht zugänglich ist), sondern die Bedeutung der Aussage ergibt sich im Feld zwischen Sender und Empfänger sowie Semantik der Sprache und Kontext. Wenn diese Bedeutung mit dem Gemeinten und Verstandenen übereinstimmt, ist die Kommunikation gelungen und es gibt kein Problem. Wenn es aber eine Differenz gibt, ist ein Fehler bei der Äußerung und/oder beim Verstehen passiert; und je nachdem, wo die Differenz ist, liegt auch die Verantwortung für das Misslingen der Kommunikation.
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tillich (epigonal)
hat Spaß



Anmeldungsdatum: 12.04.2006
Beiträge: 21760

Beitrag(#2247002) Verfasst am: 06.04.2021, 03:32    Titel: Antworten mit Zitat

Zwischenzeitlich ging es auch um nicht wörtlich gemeinte Aussagen (dabei gab es auch eine Diskussion darum, was Ironie ist; das ist für meinen Punkt aber nicht wichtig):

Auch ob eine Aussage nicht die wörtliche Bedeutung hat, sondern z.B. eine ironische, metaphorische o.Ä., kann dann mE nur der konkreten Aussage, der Semantik und dem Kontext entnommen werden. ZB kann es in der Äußerung Signale für eine nicht wörtliche (zB ironische) Bedeutung geben: Tonfall, Übertreibungen, Widersprüche ... es gibt sehr viele Möglichkeiten. Oder aber es gibt Widersprüche zwischen der Aussage und dem Kontext (gemeinsames Wissen, gemeinsame konkrete Kenntnisse, bekannte Meinungen von Sender oder Empfänger ...) oder andere Auffälligkeiten im Verhältnis von Aussage und Kontext, die ein Signal für eine nicht wörtliche Bedeutung sein können.

Aber auch hier gilt: Wenn es solche Signale für eine nicht wörtliche Bedeutung nicht gibt, dann hat die Aussage eben eine wörtliche Bedeutung.

Ein Beispiel aus der Diskussion (ob der Begriff "Ironie" hier richtig verwendet ist, ist für meinen Punkt, wie gesagt, irrelevant):
schtonk hat folgendes geschrieben:
Ein Beispiel aus meinem realen Leben:

Wir waren vor Jahren zum Essen bei einem meiner besten Freunde eingeladen, dessen Frau (eine geschätzte Ex-Kollegin von mir) als penibel, akkurat und ordnugsliebend bekannt ist.
Beim Tischdecken unterlief ihr ein kleiner fauxpas.
Ich: "Na du bist aber eine Schlampe"
Sie: "Na du bist aber ein Arsch."

Großes Gelächter aller Anwesenden, der Vorfall trug den Abend über zu dauerhafter Heiterkeit bei. Natürlich hatte jeder verstanden, wie das gemeint war.

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Bei Ironie zB müssen, damit sie erkannt werden kann, entweder entsprechende Signale vorhanden sein oder ein geteiltes Wissen, aus denen der Empfänger erkennen kann, dass die Aussage nicht wörtlich gemeint ist. Wenn es beides nicht gibt, liegt es nicht am Empfänger, dass die (angebliche) Ironie nicht ankommt, sondern am Sender.

Als Beispiel greife ich auf schtonks Anekdote zurück. Darin ist aus dem Kontext (dem Tischdecken) zunächst klar, dass beim Wort "Schlampe" auf die Bedeutung "unordentliche Person" Bezug genommen wird. Damit, dass das aber für einen kleinen Fauxpas beim Tischdecken aber offensichtlich übertrieben ist, hat man als Empfänger schon ein deutliches Signal, dass das nicht wörtlich gemeint ist. (Vielleicht signalisiert auch der Tonfall Ironie, aber das wissen wir aus der schriftlichen Wiedergabe natürlich nicht.) Außerdem kennen sich alle Anwesenden und teilen das gemeinsame Wissen, dass die Kollegin eigentlich ganz im Gegenteil penibel und ordnungsliebend ist. Damit ist für jeden klar, dass schtonk die Kollegin nicht wirklich als "Schlampe" bezeichnet, sondern sie mit dem Stilmittel der Ironie frotzelt.

Anderes Beispiel: Ein nicht einer Firma angehörender Mann sucht eine bestimmte, ihm unbekannte Mitarbeiterin: "Wer ist denn Frau Müller?" Ein Mitarbeiter überlegt kurz und antwortet: "Ah, Sie meinen Laura. Das ist die Schlampe da drüben mit dem kurzen Rock und dem tiefen Ausschnitt." Hier wird auf die sexuell-moralisch abwertende Bedeutung Bezug genommen, und es gibt kein geteiltes Wissen (etwa über einen merkwürdigen Umgangston an diesem Arbeitsplatz) und keine Signale, dass das nicht wörtlich geteilt sein könnte. Ergo: Wenn der Mann das als üble sexistische Herabwürdigung auffasst, hat er das völlig richtig verstanden (und nicht etwa zu wenig versucht "herauszufinden", wie die Aussage "gemeint" sei); und wenn der Mitarbeiter sich mit "Aber ich habe das doch nicht so gemeint!" verteidigt, ist das keine legitime Rechtfertigung, sondern eine billige Ausrede.

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tillich (epigonal)
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Anmeldungsdatum: 12.04.2006
Beiträge: 21760

Beitrag(#2247003) Verfasst am: 06.04.2021, 03:36    Titel: Antworten mit Zitat

Warum nannte ich die Verteidigung "Aber ich habe das doch nicht so gemeint!" im letzten Beispiel eine "billige Ausrede"? Nun, weil das Gemeinte als solches (!) dem Empfänger eben nicht zugänglich ist.

Wenn es für das, was der Sender mit der Aussage im Nachhinein gemeint haben will, in der Semantik oder dem Kontext plausible Anhaltspunkte gibt (wie in schtonks Ankekdote), gibt es kein Problem: die nicht-wörtliche Bedeutung ist nachvollziehbar.

Wenn es solche Anhaltspunkte aber nicht gibt, dann ist die Aussage eben wörtlich zu nehmen. Würde man dann einen Rückzug darauf akzeptieren, dass die Aussage angeblich "anders gemeint" gewesen sei, ohne dass das aber irgendwie an der Aussage oder ihrem Kontext erkennbar ist, wäre ein solcher Rückzug immer möglich. Man könnte sich damit aus jeder beliebigen, noch so eindeutigen beleidigenden, unsinnigen oder sonstwie abzulehnenden Äußerung herausreden, weil das angeblich Gemeinte als solches (!) ja nicht überprüft werden kann (sondern nur das Gesagte und der Kontext).

Wenn dann noch implizit so getan oder explizit behauptet wird, man sei „falsch verstanden“ worden, ist die Verantwortung für die eigene Aussage auf einmal auf den Empfänger abgeschoben. Das hat dann – auch das war in der Diskussion umstritten – mE geradezu die Qualität von Gaslighting, jedenfalls wenn es öfter vorkommt: Person A beleidigt, aber als Problem dargestellt wird Person B, die es angeblich „falsch verstanden“ hat, wenn sie sich beleidigt fühlt.
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tillich (epigonal)
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Beitrag(#2247004) Verfasst am: 06.04.2021, 03:39    Titel: Antworten mit Zitat

Dafür die angekündigten Beispiele. Gesucht habe ich nach „Entschuldigung“ und „falsch verstanden“ und dann Ereignisse rausgesucht, die zu dem passen, was ich meine. Ähnlich Ereignisse mit anderen Worten gäbe es sicher zahlreich; wem etwas einfällt, der kann es ja vielleicht hier posten.
Ich vermute ein solches Spiel aus Beleidigungen und falschen Entschuldigungen eigentlich besonders häufig bei Rechtsextremen; dass in den Beispielen keiner dabei ist, ist Zufall.

A) Ein linker Politiker vergleicht die Bundespräsidentenwahl zwischen Wulff und Gauck mit einer Wahl zwischen Hitler und Stalin: „Was würden Sie denn machen, sie hätten die Wahl zwischen Stalin und Hitler?“ Der Vergleich dieser Wahlen impliziert natürlich auch einen Vergleich der Personen und ist somit einfach unsäglich. Dass er Gründe nennt, warum er beide ablehnt, ändert am beleidigenden Charakter des Vergleichs überhaupt nichts.
Er „entschuldigt“ sich nach der absehbaren Empörung so:
„Wenn Herr Wulff oder Herr Gauck sich von mir in die Nähe von Hitler und Stalin gerückt fühlen sollten, entschuldige ich mich ausdrücklich bei ihnen“, […]. „Sollte ich falsch verstanden worden sein, entschuldige ich mich in aller Form.“
Er hat sie mit seiner Aussage aber tatsächlich in die Nähe von Hitler und Stalin gerückt. Wenn man das so auffasst, hat man die Aussage nicht „falsch verstanden“. Mit seiner scheinbaren Entschuldigung tut er aber so, als wäre nicht sein beleidigender Vergleich das Problem, sondern die Empörung darüber.
https://www.morgenpost.de/politik/article104289674/Linke-Politiker-Diether-Dehm-entschuldigt-sich.html

B) Eine Erklärung aus dem israelischen Verteidgungsminister vergleicht das Atomabkommen mit dem Iran mit dem Münchner Abkommen 1938. Bei aller Kritik am iranischen Regime ist es aber absurd, dieses mit dem NS-Regime zu vergleichen, da ja jeder heutig Zuhörer weiß, was nach dem Münchner Abkommen passiert ist. Und nur mit diesem Wissen ist der Vergleich ja auch als Warnung sinnvoll. Und auch für die heutigen Verhandlungspartner ist der Vergleich mit der Nachgiebigkeit gegenüber Hitler natürlich beleidigend.
Hier sollen es nun die Medien sein, die den Text angeblich „falsch verstanden“ hätten.
https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/israels-verteidigungsminister-lieberman-entschuldigt-sich-14379562.html

C) Ein Polizeipräsidium postet auf Twitter „ein Foto mit einem großen Plastiksack“ und stellt den Nutzern die „Schätzfrage […], wieviele Pfandflaschen darin enthalten seien. Diese seien bei einem Obdachlosen gefunden worden, der einen Wohnwagen aufgebrochen und darin übernachtet habe. Die Flaschen habe er geklaut.“ Viele Leser finden das lustige Spiel mit der Armut eines Obdachlosen nicht so prall.
Auch hier will es die Polizei nachher nicht so gemeint haben: „Es tut uns Leid, wenn unsere #Schätzfrage falsch verstanden wurde. Wir hatten nicht vor #Wohnsitzlose zu diskreditieren oder in anderer Form zu verunglimpfen. Selbstverständlich ist die #Not dieser Menschen kein Spaß für uns.“
Die scheinbare Entschuldigung „Es tut uns Leid“ ist in Verbindung mit der Abwälzung dieses „Spaßes“ auf ein angeblich „falsches Verstehen“ reine Heuchelei.
https://www.merkur.de/bayern/nuernberg/nuernberg-polizei-mittelfranken-tweet-twitter-shitstorm-kritik-entschuldigung-bayern-zr-90030086.html

D) Der Finanzminister stellt im Steueroasenstreit verschiedene europäische Länder in eine Reihe mit Ouagadougou: "Sie hätten ja kommen können. Und selbstverständlich werde ich sie zur Nachfolgekonferenz im Juni in Berlin auch einladen: Luxemburg, Liechtenstein, die Schweiz, Österreich und Ouagadougou." Er sagt im Nachhinein selbst (!), dazu gebe es „lautmalerisch keine Steigerung“ (eine Alternative sei Taka-Tuka-Land gewesen) und hält das wohl für eine Entschuldigung. Für Burkina Faso ist es aber natürlich beleidigend, rein lautmalerisch und wie eine Fantasieinsel als Stellvertreter für sinngemäß „jedes beliebige Pissland“ (was er inhaltlich wohl sagen wollte) zu dienen und dabei noch im Zusammenhang mit Problemen genannt zu werden, mit denen es nichts zu tun hat.
https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/ouagadougou-statt-takatukaland-steinbrueck-hatte-angst-vor-astrid-lindgren-lesern-a-668462.html

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So … irgendwie ist das geringfügig länger geworden, als ich es am Anfang gedacht hätte.
Ich würde mich über eine sachliche Diskussion über die Beurteilung der Beispiele und des Grundproblems freuen. Gerne auch weitere Beispiele. Wie gesagt, die rechtsextremen Beispiele fehlen noch.
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Babyface
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 11518

Beitrag(#2247014) Verfasst am: 06.04.2021, 09:25    Titel: Antworten mit Zitat

Bei der Frage "worauf es ankommt" sollte man drei Punkte auseinanderhalten:

1. Bedeutung einer Aussage
2. Gelingen einer Kommunikation
3. Prüfkriterien dafür inwiefern etwas so gemeint war wie es verstanden wurde

1. Bedeutung ist stets subjektgebunden. Eine Aussage hat damit keinen objektiv bestimmbaren Bedeutungsgehalt, sondern immer nur eine Bedeutung für jemanden. Theoretisch wären damit für eine Aussage so viele Bedeutungen möglich wie Subjekte existieren. "Meinen" und "Verstehen" sind dabei prinzipiell dasselbe:

"Meinen": wie der Sender die Aussage versteht, d.h. welche Bedeutung sie für den Sender hat
"Verstehen": wie der Rezipient die Aussage versteht, d.h. welche Bedeutung sie für den Rezipienten hat

Darüber hinaus gibt es auch die Bedeutung einer Aussage i.d.S. wie sie gemeinhin verstanden wird (wird gerne mit einer objektiven Bedeutung verwechselt).

2. Für eine erfolgreiche Kommunikation kommt es selbstverständlich nicht nur auf das Verstehen des Senders an, sondern auch auf das Verstehen des Rezipienten.

3. Da hat Tillich schon Vorarbeit geleistet: Suche nach plausiblen Anhaltspunkten in Semantik und Kontext einer Aussage. Leitfrage an den Sender: "Wie war es dann gemeint?"
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Zuletzt bearbeitet von Babyface am 06.04.2021, 09:27, insgesamt einmal bearbeitet
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jdf
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Anmeldungsdatum: 30.05.2007
Beiträge: 25579
Wohnort: Nekropole E|B

Beitrag(#2247015) Verfasst am: 06.04.2021, 09:27    Titel: Antworten mit Zitat

"War nicht so gemeint", ist eine Sonderform von Schrödingers Douchebag.

https://www.urbandictionary.com/define.php?term=Schr%C3%B6dinger%27s%20Douchebag

Wer mit sowas kommt, will sich wie ein Arschloch benehmen, aber nicht so genannt werden. Schulterzucken
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RuZZen, die: Der Teil der russischen Bevölkerung, der den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine billigt bzw unterstützt bzw durchführt.

Ceterum censeo Iulianem esse liberatum.
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44089

Beitrag(#2247057) Verfasst am: 06.04.2021, 20:55    Titel: Antworten mit Zitat

jdf hat folgendes geschrieben:
"War nicht so gemeint", ist eine Sonderform von Schrödingers Douchebag.

Außerdem riecht es nach Gaslighting. "War nicht so gemeint" wohnt ja quasi Tür an Tür mit "War doch nur Spaß".
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tillich (epigonal)
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Anmeldungsdatum: 12.04.2006
Beiträge: 21760

Beitrag(#2247069) Verfasst am: 06.04.2021, 22:24    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Wenn da aber jemand mit "Heil Hitler" in ein Geschäft kommt, dann kann man ihn getrost achtkantig rauswerfen. Und bei so was interessiert dann auch kein "Habe ich nicht so gemeint, ich wollte nur einen Witz machen."

Das ist ein gutes Beispiel für das, worum es mir die ganze Zeit geht - wenn die Diskussion auch nicht mit so krassen Beispielen angefangen hat. Das kann man noch differenzieren um erkennbar nicht wörtlich gemeinte Aussagen, Fälle von Doppeldeutigkeiten usw, aber das haben wir ja inzwischen gemacht.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Aber es gibt eben auch Nazis, die sich äußerlich und sprachlich verstecken können und sogar in der einen oder anderen Regierung sitzen. Hier fällt dann die Benimm- und Wortwahl-Kritik leider aus. Was machst du dann, tillich?

Dann fällt die "Benimm- und Wortwahlkritik" nicht aus, sondern muss nur genauer sein. Das ist in der Praxis dann natürlich viel mühsamer, aber im Prinzip nichts anderes.

Wenn da etwas Nazimäßiges versteckt ist, ist es ja immer noch da und kann aufgedeckt werden. Nazis sind ja nicht dadurch Nazis, dass sie in einem unerreichbaren inneren "Wesen" Nazis wären (gewissermaßen eine "braune Seele" hätten), sondern dadurch, dass sie etwas Nazimäßiges tun ("Benimm") oder sagen ("Wortwahl").



Skeptiker hat folgendes geschrieben:
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Für die Bewertung - und dazu gehört natürlich die juristische Beurteilung - ist die Intention natürlich wichtig. Aber das ist eine andere Kategorie.
Wenn zB ein Tourettekranker aufgrund seiner Krankheit jemanden als "Arschloch" tituliert, ist das natürlich nicht strafbar, weil der Vorsatz fehlt (subjektiver Tatbestand). Das ändert aber nichts daran, dass es sich inhaltlich um eine Beleidigung handelt (objektiver Tatbestand). [...]

Nun ist aber der juristische Tatbestand aus objektiven und subjektiven Bestandteilen dennoch eine Einheit. Und letzten Endes gilt:

Zitat:
Die Beleidigung ist ein Vorsatzdelikt, der Täter muss das Bewusstsein besitzen, dass die Äußerung nach ihrem objektiven Sinn eine Missachtung darstellt und das Opfer die Äußerung wahrnimmt. Der Vorsatz muss daher den sozialen Sinn der Äußerung als Herabsetzung umfassen. [...]
Oder anders formuliert: Ein Täter gilt der Beleidigung als schuldig, wenn er den objektiven Tatbestand der Ehrverletzung per subjektivem Vorsatz herbeiführt.

Ja, richtig. Aber wer a) weiß, was das Wort "Arschloch" bedeutet, b) in seiner Wortwahl frei ist (und nicht zB psychisch eingeschränkt) und c) sich nicht sicher ist, dass das Wort in der Situation keine Beleidigung wäre (sondern etwa eine Neckerei unter Freunden), der hat mE mindestens den bedingten Vorsatz, die "Herabsetzung [...] billigend in Kauf nehmen". Das reicht juristisch, Vorsatz im Sinne einer klaren Absicht ist nicht nötig.
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Anmeldungsdatum: 12.04.2006
Beiträge: 21760

Beitrag(#2247071) Verfasst am: 06.04.2021, 23:06    Titel: Antworten mit Zitat

Babyface hat folgendes geschrieben:
Bei der Frage "worauf es ankommt" sollte man drei Punkte auseinanderhalten:

1. Bedeutung einer Aussage
2. Gelingen einer Kommunikation
[...
]
1. Bedeutung ist stets subjektgebunden. Eine Aussage hat damit keinen objektiv bestimmbaren Bedeutungsgehalt, sondern immer nur eine Bedeutung für jemanden. Theoretisch wären damit für eine Aussage so viele Bedeutungen möglich wie Subjekte existieren. "Meinen" und "Verstehen" sind dabei prinzipiell dasselbe:

"Meinen": wie der Sender die Aussage versteht, d.h. welche Bedeutung sie für den Sender hat
"Verstehen": wie der Rezipient die Aussage versteht, d.h. welche Bedeutung sie für den Rezipienten hat

Darüber hinaus gibt es auch die Bedeutung einer Aussage i.d.S. wie sie gemeinhin verstanden wird (wird gerne mit einer objektiven Bedeutung verwechselt).

2. Für eine erfolgreiche Kommunikation kommt es selbstverständlich nicht nur auf das Verstehen des Senders an, sondern auch auf das Verstehen des Rezipienten.[...]

Bei 1. gehst du psychologisch an die Sache heran (wie kommt's ... zwinkern ). Das hat in diesem Bereich sicher seine Berechtigung; aber wenn ich nach der Bedeutung eines Kommunikationsakts frage (dein 2.), kann die subjektive Bedeutung, die die Aussage für einen der Beteiligten hat, mMn gar keine Rolle spielen, sondern nur das, was ihnen aufgrund von Sprache und Kontext gemeinsam zugänglich ist (bzw. was in Bezug darauf vernünftigerweise anzunehmen wäre).
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Babyface
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 11518

Beitrag(#2247077) Verfasst am: 07.04.2021, 08:22    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Babyface hat folgendes geschrieben:
Bei der Frage "worauf es ankommt" sollte man drei Punkte auseinanderhalten:

1. Bedeutung einer Aussage
2. Gelingen einer Kommunikation
[...
]
1. Bedeutung ist stets subjektgebunden. Eine Aussage hat damit keinen objektiv bestimmbaren Bedeutungsgehalt, sondern immer nur eine Bedeutung für jemanden. Theoretisch wären damit für eine Aussage so viele Bedeutungen möglich wie Subjekte existieren. "Meinen" und "Verstehen" sind dabei prinzipiell dasselbe:

"Meinen": wie der Sender die Aussage versteht, d.h. welche Bedeutung sie für den Sender hat
"Verstehen": wie der Rezipient die Aussage versteht, d.h. welche Bedeutung sie für den Rezipienten hat

Darüber hinaus gibt es auch die Bedeutung einer Aussage i.d.S. wie sie gemeinhin verstanden wird (wird gerne mit einer objektiven Bedeutung verwechselt).

2. Für eine erfolgreiche Kommunikation kommt es selbstverständlich nicht nur auf das Verstehen des Senders an, sondern auch auf das Verstehen des Rezipienten.[...]

Bei 1. gehst du psychologisch an die Sache heran (wie kommt's ... zwinkern ). Das hat in diesem Bereich sicher seine Berechtigung; aber wenn ich nach der Bedeutung eines Kommunikationsakts frage (dein 2.), kann die subjektive Bedeutung, die die Aussage für einen der Beteiligten hat, mMn gar keine Rolle spielen, sondern nur das, was ihnen aufgrund von Sprache und Kontext gemeinsam zugänglich ist (bzw. was in Bezug darauf vernünftigerweise anzunehmen wäre).

Mein Einwand war mehr von philosophischer als psychologischer Natur. Es gibt keine objektiven Bedeutungen. Das ist ebenso ein Widerspruch in sich selbst wie "objektive Meinung". Es gibt nur das Meinen des Senders, das Verstehen des Rezipienten und das worauf sich beides bezieht: die direkt beobachtbare Aussage. Es gibt darüber hinaus keinen objektiven Bedeutungsgehalt der irgendwie dazwischen oder darüber schwebt. Zu behaupten, das Gemeinte spiele in der Kommunikation keine Rolle, kommt deshalb dem Ausschütten des Kindes mit dem Bade gleich. Ein nicht unwesentlicher Teil von Kommunikation besteht gerade darin herauszufinden was der andere meint oder verstanden hat. Was Du suchst ist eine Klärung der Verantwortungsfrage, d.h. auf wessen Kapp zb ein Missverständnis geht, oder inwiefern sich jemand der (strafrechtlichen) Verantwortung entziehen kann indem er sich auf Subjektivität beruft. Da ist die Vorstellung einer objektiv bestimmbaren Bedeutung natürlich attraktiv, weil dann automatisch der "verliert" dessen subjektives Verstehen am weitesten davon entfernt liegt.
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Beitrag(#2247097) Verfasst am: 07.04.2021, 11:17    Titel: Antworten mit Zitat

Babyface hat folgendes geschrieben:
Es gibt nur das Meinen des Senders, das Verstehen des Rezipienten und das worauf sich beides bezieht: die direkt beobachtbare Aussage.

Also du meinst, Sprache sei keine erlernte und regelgeleitete kollektive Praxis des Ausdrucks und der Verständigung, sondern voneinander völlig gesonderte einzelne Sprechakte, die individuelle Sender und Empfänger irgendwie gewissermaßen im leeren Raum miteinander praktizieren? Wenn man Sprache als erlernte und regelgeleitete gemeinsame Praxis auffasst, erledigt sich damit ja auch deine Behauptung, es gäbe dafür angeblich keine überindividuellen Normen, an denen sie gemessen werden könnte.

(Was bitte lernt man denn beim Erlernen einer Sprache, wenn nicht von der individuellen Willkür des Erlernenden unabhängige Bedeutungen, d.h. Normen des Gebrauchs?)
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Babyface
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Beitrag(#2247098) Verfasst am: 07.04.2021, 11:57    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Babyface hat folgendes geschrieben:
Es gibt nur das Meinen des Senders, das Verstehen des Rezipienten und das worauf sich beides bezieht: die direkt beobachtbare Aussage.

Also du meinst, Sprache sei keine erlernte und regelgeleitete kollektive Praxis des Ausdrucks und der Verständigung, sondern voneinander völlig gesonderte einzelne Sprechakte, die individuelle Sender und Empfänger irgendwie gewissermaßen im leeren Raum miteinander praktizieren? Wenn man Sprache als erlernte und regelgeleitete gemeinsame Praxis auffasst, erledigt sich damit ja auch deine Behauptung, es gäbe dafür angeblich keine überindividuellen Normen, an denen sie gemessen werden könnte.

(Was bitte lernt man denn beim Erlernen einer Sprache, wenn nicht von der individuellen Willkür des Erlernenden unabhängige Bedeutungen, d.h. Normen des Gebrauchs?)

Nein, so habe ich das nicht gemeint. Die sog. überindividuellen Normen sind genau das was ich oben als „Bedeutung i.d.S. wie eine Aussage gemeinhin verstanden wird“, bezeichnet hatte. Diese Normen sind gelernt und wirken sowohl auf das subjektive Verstehen des Senders als auch des Rezipienten. Ändert nichts an der Tatsache, dass an der Kommunikation zwischen zwei Personen unmittelbar nur zwei Gehirne beteiligt sind und das was diese produzieren.
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Beitrag(#2247101) Verfasst am: 07.04.2021, 12:39    Titel: Antworten mit Zitat

Babyface hat folgendes geschrieben:
Ändert nichts an der Tatsache, dass an der Kommunikation zwischen zwei Personen unmittelbar nur zwei Gehirne beteiligt sind und das was diese produzieren.

Angesichts der Tatsache, dass die "mittelbare" Involviertheit weiterer Gehirne notwendige Bedingung dafür ist, dass überhaupt eine Sprache zustandekommt: In welchem Sinne genau ist der Unterschied zwischen unmittelbarer und vermittelter Beteiligung für diese Diskussion relevant? Gerade angesichts der Tatsache, dass die meisten Äußerungen, um die es hier geht, öffentliche Äußerungen wie z.B. Forenposts sind und gar nicht unbedingt nur einen einzelnen individuellen Addressaten haben.

Es ist ja nicht so, als wäre die Bedeutungsdimension der Sprachäußerungen der Sprechergemeinschaft im Ganzen an irgendeinem Punkt tatsächlich entzogen.
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 11518

Beitrag(#2247106) Verfasst am: 07.04.2021, 13:57    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Babyface hat folgendes geschrieben:
Ändert nichts an der Tatsache, dass an der Kommunikation zwischen zwei Personen unmittelbar nur zwei Gehirne beteiligt sind und das was diese produzieren.

Angesichts der Tatsache, dass die "mittelbare" Involviertheit weiterer Gehirne notwendige Bedingung dafür ist, dass überhaupt eine Sprache zustandekommt: In welchem Sinne genau ist der Unterschied zwischen unmittelbarer und vermittelter Beteiligung für diese Diskussion relevant? Gerade angesichts der Tatsache, dass die meisten Äußerungen, um die es hier geht, öffentliche Äußerungen wie z.B. Forenposts sind und gar nicht unbedingt nur einen einzelnen individuellen Addressaten haben.

Es ist ja nicht so, als wäre die Bedeutungsdimension der Sprachäußerungen der Sprechergemeinschaft im Ganzen an irgendeinem Punkt tatsächlich entzogen.

Warum das relevant sein soll, müsstest eher Du erklären. Mein Punkt ist immer noch der, dass es bei der Kommunikation sehr wohl auf das subjektive Meinen bzw. Verstehen ankommt, weil sich Kommunikation im wesentlichen um die Entschlüsselung eben dieser Aspekte dreht.
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44089

Beitrag(#2247110) Verfasst am: 07.04.2021, 14:34    Titel: Antworten mit Zitat

Babyface hat folgendes geschrieben:
Warum das relevant sein soll, müsstest eher Du erklären. Mein Punkt ist immer noch der, dass es bei der Kommunikation sehr wohl auf das subjektive Meinen bzw. Verstehen ankommt, weil sich Kommunikation im wesentlichen um die Entschlüsselung eben dieser Aspekte dreht.

Wie kommt es denn darauf an? Wie drückt sich das "subjektive Meinen" in Sprache aus? Beziehungsweise in diesem Kontext stellt sich die Frage, was überhaupt berechtigterweise als "Meinen" gelten kann. Die hier diskutierten Extrembeispiele (wie z.B. das mit dem Hitlergruß) sind da ja recht instruktiv. Was man überhaupt sinnvollerweise meinen kann, ist eben nicht subjektiv im Sinne von willkürlich, sondern muss sich selbst wieder sprachlich konstruieren und rechtfertigen lassen. Damit erklärt sich auch, "warum das relevant ist" (ich nehme an, du meinst damit das, was ich geschrieben habe): Die Regeln der Sprache stammen nicht alleine von den unmittelbar Sprechenden, aber in ihnen bestimmt sich, was von diesen gesagt, d.h. gemeint werden kann.
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Beitrag(#2247125) Verfasst am: 07.04.2021, 17:38    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Wenn da etwas Nazimäßiges versteckt ist, ist es ja immer noch da und kann aufgedeckt werden. Nazis sind ja nicht dadurch Nazis, dass sie in einem unerreichbaren inneren "Wesen" Nazis wären (gewissermaßen eine "braune Seele" hätten), sondern dadurch, dass sie etwas Nazimäßiges tun ("Benimm") oder sagen ("Wortwahl").

Nicht wenn sich Formen ändern, aber weniger der Inhalt.

Oder wie müsste ein Neo-Faschismus aussehen das du die nicht mehr erkennen könntest? Würdest du die immer als Faschismus identifizieren können?
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Tarvoc
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Beitrag(#2247126) Verfasst am: 07.04.2021, 17:53    Titel: Antworten mit Zitat

sehr gut hat folgendes geschrieben:
Oder wie müsste ein Neo-Faschismus aussehen das du die nicht mehr erkennen könntest?

Das wüsstest du wohl gern, was? Mit den Augen rollen
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tillich (epigonal)
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Beitrag(#2247128) Verfasst am: 07.04.2021, 18:19    Titel: Antworten mit Zitat

sehr gut hat folgendes geschrieben:
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Wenn da etwas Nazimäßiges versteckt ist, ist es ja immer noch da und kann aufgedeckt werden. Nazis sind ja nicht dadurch Nazis, dass sie in einem unerreichbaren inneren "Wesen" Nazis wären (gewissermaßen eine "braune Seele" hätten), sondern dadurch, dass sie etwas Nazimäßiges tun ("Benimm") oder sagen ("Wortwahl").

Nicht wenn sich Formen ändern, aber weniger der Inhalt.

Oder wie müsste ein Neo-Faschismus aussehen das du die nicht mehr erkennen könntest? Würdest du die immer als Faschismus identifizieren können?

Da natürlich immer am konkreten Fall diskutiert werden muss, ob etwas faschistische / nationalsozialistische / rechtsextreme Züge trägt oder nicht, ist die Frage in der Allgemeinheit relativ sinnlos.

Die Frage, ob ich einen "Neo-Faschismus", der so aussieht, das ich ihn "nicht mehr erkennen" könnte, "immer als Faschismus identifizieren" könne, ist ja unmittelbar selbstwidersprüchlich.

Und vorsichtshalber: Eine Diskussion, ob X [= gefällt "sehr gut" nicht] faschistisch ist, gehört hier nicht hin.
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Beitrag(#2247129) Verfasst am: 07.04.2021, 18:34    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Aber es gibt eben auch Nazis, die sich äußerlich und sprachlich verstecken können und sogar in der einen oder anderen Regierung sitzen. Hier fällt dann die Benimm- und Wortwahl-Kritik leider aus. Was machst du dann, tillich?


Dann fällt die "Benimm- und Wortwahlkritik" nicht aus, sondern muss nur genauer sein. Das ist in der Praxis dann natürlich viel mühsamer, aber im Prinzip nichts anderes.


Das bleibt aber ein sehr formalistisches Vorgehen, weil weiterhin orientiert an dem was man sieht/hört/wahrnimmt. Also auch ein positivistischer Ansatz.

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Wenn da etwas Nazimäßiges versteckt ist, ist es ja immer noch da und kann aufgedeckt werden. Nazis sind ja nicht dadurch Nazis, dass sie in einem unerreichbaren inneren "Wesen" Nazis wären (gewissermaßen eine "braune Seele" hätten), sondern dadurch, dass sie etwas Nazimäßiges tun ("Benimm") oder sagen ("Wortwahl").


Durch "nazimäßiges" Tun und Sagen entstehen aber kausal gesehen keine Nazis, sondern umgekehrt: Aus den intentionellen Nazis entsteht ein entsprechendes Tun und Sagen.

Letzteres entfaltet sich auch nur unter bestimmten gesellschaftlichen Bedingungen und zeitigt das Phänomen des Biedermanns, des potentiellen Nazis, der sich ohne jene Bedingungen vielleicht nie als solcher äußert, jedoch schon vorher so denkt.

Ich sage nur: Diederich Häßling.
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Beitrag(#2247130) Verfasst am: 07.04.2021, 18:50    Titel: Antworten mit Zitat

Na der Postillon passt doch

Laschet: ich wurde falsch verstanden
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Beitrag(#2247131) Verfasst am: 07.04.2021, 18:51    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Aber es gibt eben auch Nazis, die sich äußerlich und sprachlich verstecken können und sogar in der einen oder anderen Regierung sitzen. Hier fällt dann die Benimm- und Wortwahl-Kritik leider aus. Was machst du dann, tillich?

Dann fällt die "Benimm- und Wortwahlkritik" nicht aus, sondern muss nur genauer sein. Das ist in der Praxis dann natürlich viel mühsamer, aber im Prinzip nichts anderes.

Das bleibt aber ein sehr formalistisches Vorgehen, weil weiterhin orientiert an dem was man sieht/hört/wahrnimmt. Also auch ein positivistischer Ansatz.

Es geht ja nicht nur darum, wie jemand etwas sagt oder handelt, sondern darum, genau zu betrachten, was er inhaltlich sagt oder tut. Insofern verstehe ich nicht, inweifern das "formalistisch" sein soll.

Und, äh: An was soll man sich denn orientieren, wenn nicht "an dem was man sieht/hört/wahrnimmt"? Über übersinnliche Einsichten, wer Nazi ist, verfüge ich ja nun nicht.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Wenn da etwas Nazimäßiges versteckt ist, ist es ja immer noch da und kann aufgedeckt werden. Nazis sind ja nicht dadurch Nazis, dass sie in einem unerreichbaren inneren "Wesen" Nazis wären (gewissermaßen eine "braune Seele" hätten), sondern dadurch, dass sie etwas Nazimäßiges tun ("Benimm") oder sagen ("Wortwahl").

Durch "nazimäßiges" Tun und Sagen entstehen aber kausal gesehen keine Nazis, sondern umgekehrt: Aus den intentionellen Nazis entsteht ein entsprechendes Tun und Sagen.

Nun, das ist die Frage, ob das, was eine Person ausmacht, in ihrem Inneren entsteht, nur passiv durch Beeinflussung von außen, oder durch aktive Interaktion mit der Umwelt. Ich vertrete eher letzteres.

Es ist aber für unsere Diskussion auch egal - erkennen kann ich den Nazi erst an dem, was er tut oder sagt.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Ich sage nur: Diederich Häßling.

Es ist lange her, dass ich das Buch gelesen habe, aber ... ich denke doch, dass man an Heßlings Handeln und Sprechen doch recht gut den autoritären, potenziell nazimäßigen Charakter erkennen kann.
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Beitrag(#2247136) Verfasst am: 07.04.2021, 19:51    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Aber es gibt eben auch Nazis, die sich äußerlich und sprachlich verstecken können und sogar in der einen oder anderen Regierung sitzen. Hier fällt dann die Benimm- und Wortwahl-Kritik leider aus. Was machst du dann, tillich?

Dann fällt die "Benimm- und Wortwahlkritik" nicht aus, sondern muss nur genauer sein. Das ist in der Praxis dann natürlich viel mühsamer, aber im Prinzip nichts anderes.

Das bleibt aber ein sehr formalistisches Vorgehen, weil weiterhin orientiert an dem was man sieht/hört/wahrnimmt. Also auch ein positivistischer Ansatz.

Es geht ja nicht nur darum, wie jemand etwas sagt oder handelt, sondern darum, genau zu betrachten, was er inhaltlich sagt oder tut. Insofern verstehe ich nicht, inweifern das "formalistisch" sein soll.

Und, äh: An was soll man sich denn orientieren, wenn nicht "an dem was man sieht/hört/wahrnimmt"? Über übersinnliche Einsichten, wer Nazi ist, verfüge ich ja nun nicht.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Wenn da etwas Nazimäßiges versteckt ist, ist es ja immer noch da und kann aufgedeckt werden. Nazis sind ja nicht dadurch Nazis, dass sie in einem unerreichbaren inneren "Wesen" Nazis wären (gewissermaßen eine "braune Seele" hätten), sondern dadurch, dass sie etwas Nazimäßiges tun ("Benimm") oder sagen ("Wortwahl").

Durch "nazimäßiges" Tun und Sagen entstehen aber kausal gesehen keine Nazis, sondern umgekehrt: Aus den intentionellen Nazis entsteht ein entsprechendes Tun und Sagen.

Nun, das ist die Frage, ob das, was eine Person ausmacht, in ihrem Inneren entsteht, nur passiv durch Beeinflussung von außen, oder durch aktive Interaktion mit der Umwelt. Ich vertrete eher letzteres.

Es ist aber für unsere Diskussion auch egal - erkennen kann ich den Nazi erst an dem, was er tut oder sagt.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Ich sage nur: Diederich Häßling.

Es ist lange her, dass ich das Buch gelesen habe, aber ... ich denke doch, dass man an Heßlings Handeln und Sprechen doch recht gut den autoritären, potenziell nazimäßigen Charakter erkennen kann.


Heinrich Manns Roman handelt eigentlich nicht vom sich entpuppenden Diederich Heßling, sondern von der Gesellschaft und Kultur, in der er sich entpuppt.

Es geht dem Autor nicht primär um den Benimm und die Wortwahl von Heßling.

Insofern ist Heinrich Mann nicht ad-hominem-/personen-orientiert, sondern betreibt Gesellschafts- und Kulturkritik.

Das sollte man verstehen.

Heinrich Heines "Religionsgespräche" sind aktueller denn je
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Beitrag(#2247138) Verfasst am: 07.04.2021, 20:02    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Das bleibt aber ein sehr formalistisches Vorgehen, weil weiterhin orientiert an dem was man sieht/hört/wahrnimmt. Also auch ein positivistischer Ansatz.

Die Empirie ist "dem Kritiker" natürlich ein Gräuel. Das war schon bei Bruno Bauer so und ist bei der Verkörperung "der Kritik" im Freigeisterhaus natürlich nicht anders. Woran man sich anstatt der Empirie orientieren wolle.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Durch "nazimäßiges" Tun und Sagen entstehen aber kausal gesehen keine Nazis, sondern umgekehrt:

Goebbels, der Mit-Erfinder der modernen reaktionären Propagandatechnik, lacht sich gerade noch im Grab über deine Naivität in die Hucke, und mit ihm alle heute lebenden Alt-Right-Faschisten, die im Gegensatz zu dir sehr wohl darum wissen, wie die Normalisierung faschistischer Sprüche und Verhaltensweisen in der Tat Faschisten erzeugt, weil sie diese Erzeugung jeden Tag selbst praktizieren und erleben.
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Beitrag(#2247140) Verfasst am: 07.04.2021, 20:05    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Das bleibt aber ein sehr formalistisches Vorgehen, weil weiterhin orientiert an dem was man sieht/hört/wahrnimmt. Also auch ein positivistischer Ansatz.

Die Empirie ist dem Kritiker natürlich ein Gräuel. Das war schon bei Bruno Bauer so und ist bei der Verkörperung "der Kritik" im Freigeisterhaus nicht anders.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Durch "nazimäßiges" Tun und Sagen entstehen aber kausal gesehen keine Nazis, sondern umgekehrt:

Goebbels, der Mit-Erfinder der modernen reaktionären Propagandatechnik, lacht sich gerade noch im Grab über deine Naivität in die Hucke, und mit ihm alle heute lebenden Alt-Right-Faschisten, die im Gegensatz zu dir sehr wohl darum wissen, wie die Normalisierung faschistischer Sprüche und Verhaltensweisen in der Tat Faschisten erzeugt, weil sie diese Erzeugung jeden Tag selbst praktizieren und erleben.


Erzeugt? Hast du geschrieben "erzeugt"?

Wohl postmodern wie?
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Beitrag(#2247141) Verfasst am: 07.04.2021, 20:06    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Erzeugt? Hast du geschrieben "erzeugt"?

Ja genau, erzeugt und nicht wie du sagst "entstehen lässt". Im Sinne von: Durch die Normalisierung faschistischer Reden und Verhaltensweisen werden Menschen Faschisten, die vorher keine waren (im selben Sinne, in dem z.B. durch eine religiöse Konvertierung Menschen religiös werden, die dies vorher nicht waren) - was übrigens überhaupt der Zweck faschistischer Propaganda ist. Man muss kein Postmoderner sein, um das zu verstehen. Genauer gesagt: Postmoderne verstehen das üblicherweise falsch.

Dass es dem "Kritiker" nicht schmeckt, dass Menschen nicht als Faschisten geboren werden und dass auch der Faschismus kommuniziert werden muss, sich also nicht etwa wie ein Virus durch die Luft verbreitet, ist aber auch kein Wunder.
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Zuletzt bearbeitet von Tarvoc am 07.04.2021, 20:17, insgesamt einmal bearbeitet
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Beitrag(#2247144) Verfasst am: 07.04.2021, 20:17    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Erzeugt? Hast du geschrieben "erzeugt"?

Entstehen lässt. Im Sinne von: Durch die Normalisierung faschistischer Reden und Verhaltensweisen werden Menschen Faschisten, die vorher keine waren (so wie durch eine religiöse Konvertierung Menschen religiös werden, die vorher keine waren) - was übrigens überhaupt der Zweck faschistischer Propaganda ist. Man muss kein Postmoderner sein, um das zu verstehen. Genauer gesagt: Postmoderne verstehen das falsch. Tatsächlich zeigt deine Assoziation meiner Aussage mit Postmodernismus, dass du derjenige bist, der das "verdinglichend" versteht.


Das ist postmoderne Philosophie, nach der die Sprache die Basis für das Bewusstsein ist.

Nun ich sage nur: das ist wiederum ein undialektisches Verständnis von Sprache.
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Beitrag(#2247145) Verfasst am: 07.04.2021, 20:19    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Das ist postmoderne Philosophie, nach der die Sprache die Basis für das Bewusstsein ist.

Die Sprache ist eins der fünf Momente, aus denen Marx und Engels zufolge das gesellschaftliche Sein bzw. die Totalität der Produktionsverhältnisse zusammensetzt (s. MEW 3, S. 30-31), und als solches den anderen Momenten weder über- noch untergeordnet (s. MEW 3, S. 29). Die Sprache ist auch nicht die "Basis" des Bewusstseins, sondern "die Sprache ist das praktische, auch für andre Menschen existierende, also auch für mich selbst erst existierende wirkliche Bewußtsein, und die Sprache entsteht, wie das Bewußtsein, erst aus dem Bedürfnis, der Notdurft des Verkehrs mit andern Menschen" (MEW 3, S. 30). Deiner außerordentlich kuriosen Definition von Postmodernismus zufolge ist die Deutsche Ideologie ein postmoderner Text.
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Zuletzt bearbeitet von Tarvoc am 07.04.2021, 20:25, insgesamt einmal bearbeitet
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Beitrag(#2247147) Verfasst am: 07.04.2021, 20:25    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Das ist postmoderne Philosophie, nach der die Sprache die Basis für das Bewusstsein ist.

Sprache ist eins der fünf Momente, aus denen Marx zufolge das gesellschaftliche Sein bzw. die Totalität der Produktionsverhältnisse zusammensetzt (MEW 3, S. 30-31). Die Sprache ist auch nicht die "Basis" des Bewusstseins, sondern "die Sprache ist das praktische, auch für andre Menschen existierende, also auch für mich selbst erst existierende wirkliche Bewußtsein, und die Sprache entsteht, wie das Bewußtsein, erst aus dem Bedürfnis, der Notdurft des Verkehrs mit andern Menschen" (MEW 3, S. 30).

Deiner Definition von Postmodernismus zufolge ist die Deutsche Ideologie ein postmoderner Text. Außerordentlich kurios.


Marx sagt nur ganz was anderes als du.

Schon gar nicht ist bei Marx die Sprache dem Bewusstsein vor- oder übergeordnet wie bei dir und den Postmodernen.
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Beitrag(#2247150) Verfasst am: 07.04.2021, 20:27    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Schon gar nicht ist bei Marx die Sprache dem Bewusstsein vor- oder übergeordnet wie bei dir und den Postmodernen.

Die Sprache ist dem Bewusstsein nicht vor- oder übergeordnet, sondern "die Sprache ist das praktische, auch für andre Menschen existierende, also auch für mich selbst erst existierende wirkliche Bewußtsein, und die Sprache entsteht, wie das Bewußtsein, erst aus dem Bedürfnis, der Notdurft des Verkehrs mit andern Menschen" (s.o.).

Das steht da. Also in der Deutschen Ideologie. Und ich frage mich wirklich, welches dieser Worte du nicht verstehst. "Wirklich"? "Existiert"? "Ist"?

Du behauptest einen Unterschied zwischen Sprache und Bewusstsein, in dem das Bewusstsein der Sprache vor- oder übergeordnet ist. Marx hingegen behauptet diesen Unterschied nicht nur nicht, sondern er negiert ihn explizit. Denn: "Wie die Individuen ihr Leben äußern, so sind sie." (MEW 3, S. 21) Die Sprache ist eins der fünf Momente der Produktionstätigkeit des Menschen, also ein Moment davon, wie sie ihr Leben äußern.
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Zuletzt bearbeitet von Tarvoc am 07.04.2021, 20:35, insgesamt einmal bearbeitet
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Beitrag(#2247153) Verfasst am: 07.04.2021, 20:34    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Schon gar nicht ist bei Marx die Sprache dem Bewusstsein vor- oder übergeordnet wie bei dir und den Postmodernen.

Die Sprache ist dem Bewusstsein nicht vor- oder übergeordnet, sondern die Sprache ist das wirkliche Bewusstsein, wie es für andere und daher auch für mich erst existiert.

Das steht da. Also in der Deutschen Ideologie. Und ich frage mich wirklich, welches dieser Worte du nicht verstehst. "Wirklich"? "Existiert"? "Ist"?


Das ist etwas anders als das, was du schreibst:

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
... Durch die Normalisierung faschistischer Reden und Verhaltensweisen werden Menschen Faschisten, die vorher keine waren ...


Hier, nach deiner Aussage ist die Sprache der Prior des (faschistischen) Bewusstseins.

Und - "die vorher keine waren": Beim besten Willen: Ohne vorherige gesellschaftliche und kulturelle Disposition ist die Basis für den Faschismus gar nicht gegeben.

Antifaschismus ist nicht bloß Sprachkritik. Ich kann mich nur wundern.
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