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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26253
Wohnort: im Speckgürtel
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(#2308550) Verfasst am: 20.11.2024, 11:29 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | fwo hat folgendes geschrieben: | Das grundsätzliche Problem, das die anderen nach sich zieht, ist die Neigung zur Konzentration |
Nein, das halte ich selbst bereits für eine sekundäre Konsequenz des grundsätzlichen Problems.
Den "freien Markt", der dadurch angeblich "vernichtet" wird, halte ich übrigens überhaupt für eine ahistorische Schimäre. |
Über den "freien Markt" brauchen wir uns nicht zu streiten. Ich wollte nur auf das Paradoxon aufmerksam machen, das entsteht, wenn ausgerechnet die Beinahemonopolisten, die jede Marktfreiheit durch ihre Macht zerstören, auf dieser Freiheit bestehen. Dass die berühmte unsichtbare Hand auch seit den Zeiten des Beginns jedes Warenverkehrs nicht in der Lage war, das Allmendeproblem zu lösen, weder auf lokaler, noch auf nationaler und schon gar nicht auf internationaler Ebene, sollte eigentlich jedem der hochintelligenten Wirtschaftspolitiker klar sein, die auch heute noch für einen "Nachtwächterstaat" plädieren.
Wenn der "Markt" dauerhaft wettbewerbsfreundlich werden und dann bleiben soll, wird das nicht ohne eine Regulierung mit internationalen Standards möglich sein. Man wird dem nicht mit nationaler Wirtschaftspolitik begegnen können.
_________________ Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.
The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.
Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44474
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(#2308558) Verfasst am: 21.11.2024, 11:26 Titel: |
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fwo hat folgendes geschrieben: | Dass die berühmte unsichtbare Hand auch seit den Zeiten des Beginns jedes Warenverkehrs nicht in der Lage war, das Allmendeproblem zu lösen, weder auf lokaler, noch auf nationaler und schon gar nicht auf internationaler Ebene, sollte eigentlich jedem der hochintelligenten Wirtschaftspolitiker klar sein, die auch heute noch für einen "Nachtwächterstaat" plädieren. |
Die Allmende und vergleichbare Formen von Gemeinbesitz haben als gesellschaftliche Institution über Jahrtausende bestanden, sehr viel länger als der Kapitalismus. Das "Allmende-Problem" ist kein Universal menschlicher Gesellschaft, sondern besteht überhaupt nur in modernen (kapitalistischen) Klassengesellschaften, in denen es eine herrschende Klasse gibt, die sich daran macht, absichtlich und mit Gewalt alles Gemeineigentum in ihr Privateigentum und alle anderen Gesellschaftsteile in eigentumslose Lohnarbeiter zu verwandeln. Genauer gesagt: Die Zerstörung der Allmende ist das, was Marx "ursprüngliche Akkumulation" nennt. Und als man damit in Europa fertig war, ging man kolonialistisch in den Rest der Welt und machte dort das selbe.
fwo hat folgendes geschrieben: | Wenn der "Markt" dauerhaft wettbewerbsfreundlich werden und dann bleiben soll, wird das nicht ohne eine Regulierung mit internationalen Standards möglich sein. |
Hier ist mal ein Hot Take (so hot, dass er über 150 Jahre alt und offenbar immer noch ungegessen ist): Kapitalistischer Wettbewerb ist für den Großteil der Bevölkerung, der kein Kapital besitzt, kaum weniger kacke als Oligopole.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44474
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(#2308559) Verfasst am: 21.11.2024, 12:10 Titel: |
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Dieser Teil des Wiki-Artikels ist für die Diskussion vielleicht besonders interessant:
https://de.wikipedia.org/wiki/Allmende#Der_Begriff_der_Allmende_im_%C3%BCbertragenen_Sinn
Zitat: | Die Tragik der Allmende (the tragedy of the commons) führt zur Übernutzung einer Ressource, wenn zu viele Eigner das (faktische) Recht haben, die Ressource zu nutzen, keine wirksamen Nutzungsregeln bestehen und keiner das (faktische) Recht hat, andere von der Nutzung auszuschließen.[17] |
Das ist schon ein großes "Wenn".
Zitat: | Der Mikrobiologe und Ökologe Garrett Hardin erweiterte den Begriff 1968 in einem Essay für die Zeitschrift Science, ebenfalls unter dem Titel The Tragedy of the Commons.[21] Die (deutsch) Tragik der Allmende wäre nach Hardin ein unvermeidliches Schicksal der Menschheit, würde man nur nach technologischer Lösung suchen. Um diesem Schicksal zu entgehen, muss man vielmehr seine Perspektive ändern und das Problem nicht mehr nur als einzelne Individuen, sondern auch als eine Gemeinschaft betrachten und angehen. Ob für die Gemeinschaft eine Privatisierung oder staatliche Regelung der Allmende die bessere Lösung ist, lässt Hardin in diesem Essay erstmal offen.[22][23] Hardin, der sich selbst in die Tradition Robert Malthus stellt,[24] sah den Begriff als Metapher für Überbevölkerung und forderte eine globale Geburtenkontrolle und rigide internationale Beschränkungen etwa des Fischfangs. 1994 relativierte Hardin seine Kritik der Allmende in dem Artikel The Tragedy of the Unmanaged Commons.[25]
Radkau sieht bei Hardin eine deutlich veränderte Verwendung des Allmendebeispiels.[20] Hardin fordere damit nicht mehr den privaten Zugriff auf ehemals gemeinsam verwaltete Güter. Es ging umgekehrt um eine vermehrte staatliche oder internationale Regulation von Gemeingütern auf globaler Ebene (eine „Ökodiktatur“ bei Radkau[20]:S. 92). |
Vielleicht wird es Zeit, den Begriff Ökodiktatur affirmativ zu wenden.
[Edit] Nachtrag: Eine weitere Sache, die an vielen Theoretikern der "Tragödie der Allmende" auffällt, ist die Nichtzurkenntnusnahme des empirischen Datenmaterials über wirklich existierende Allmenden.
Zitat: | Auf die tatsächliche Allmendewirtschaft gehe die Modellvorstellung in beiden Ausprägungen kaum ein. Diese sei (gerade auch bei einer gewissen Überweidung) ökologisch sehr interessant und von einem großen Artenreichtum geprägt. Die Allmendewirtschaft geht mittlerweile mit wissenschaftlich begründeten Strategien nachhaltig vor. Die wahre 'Tragik der Allmende' bestand Radkau zufolge im Aufruf zu einer „ökonomischen“, sprich ungehemmten Nutzung der Allmendebestände, was in der Neuzeit auch eingetreten sei und im Sinne einer 'self fulfilling prophecy' zeitweise krisenhafte Auswirkungen hatte. |
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44474
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(#2308560) Verfasst am: 21.11.2024, 12:21 Titel: |
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Weitere Bemerkung: Übrigens ließe sich im heutigen Internetzeitalter recht einfach eine nahezu unerschöpfliche wissenschaftliche und kulturelle Allmende erschaffen - nämlich durch die Abschaffung oder erneute scharfe Begrenzung des privaten Urheberrechts. Man könnte das als "Entdisneyfizierung der Gesellschaft" bezeichnen.
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26253
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(#2308561) Verfasst am: 21.11.2024, 13:56 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | ....
Vielleicht wird es Zeit, den Begriff Ökodiktatur affirmativ zu wenden.
... |
Jein. Eigentlich sollte es darum gehen, die Ökodiktatur soweit wie möglich abzuwehren. Wir sollten uns nur vorher darüber einigen, was das ist.
Ökodiktatur ist ja nicht eine Herrschaft der Grünen, sondern eine der Biosphäre: So wie wir im Moment arbeiten, laufen wir ziemlich unweigerlich auf einen Zustand zu, in dem jede Entscheidungsfreiheit verschwindet, weil die Natur uns immer weniger Wahl lässt, wenn wir überhaupt überleben wollen. Die Natur wird uns zwingen, den Umgang mit ihr nach bestem ökologischen Wissen technokratisch zu entscheiden - Demokratie hat sich dann zumindest in diesem Thema erledigt.
Wir könnten uns nur - zumindest theoretisch - früher entscheiden, den Umgang mit der Erde alle gemeinsam in dieser Weise zu organisieren, mit dem Ziel, mehr von der Erde für uns alle übrig zu lassen. Dafür sehe ich aber momentan in unserer Politik nicht einmal national eine Chance. Nötig wäre es aber international.
Gesellschaftlich das selbe Thema, aber ein anderer Gegenstand: Denk während der glücklicherweise im Endeffekt ziemlich milde verlaufenen Corona-Pandemie an die Aufregung darüber, dass bestimmte Maßnahmen nicht mehr oder viel zu wenig demokratisch abgestimmt würden und plötzlich Mikrobiologen das Sagen hatten, von denen man vorher noch nie etwas gehört hatte.
Es geht nicht nur darum, wie lange wir uns den Kapitalismus noch leisten können, sondern auch darum, wie lange bzw. auf welchen Gebieten wir uns die Demokratie noch leisten können.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44474
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(#2308562) Verfasst am: 21.11.2024, 14:34 Titel: |
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fwo hat folgendes geschrieben: | Ökodiktatur ist ja nicht eine Herrschaft der Grünen, sondern eine der Biosphäre: |
Eine Diktatur der Grünen (im Sinne grüner parlamentarischer Parteien) hatte ich damit auch nun wirklich nicht im Sinn. Herrschaft der Biosphäre trifft's schon. Und ja, das ist affirmativ zu wenden. Die Neoliberalen kriegen jetzt einfach die Alternativlosigkeits-Formel, die sie seit den Achtzigern dem Rest der Welt entgegengeschleudert haben, von besagtem Rest der Welt retour. Was sie als eine schreckliche Vernichtung der Freiheit beschreiben, ist eigentlich nur die Biosphäre, die sich den ihr mit Gewalt geraubten, verprivatisierten und verschacherten Teil zurückholt. Vielleicht sollten diejenigen großen Teile der Menschheit, die bei diesem Raub, dieser Privatisierung und dieser Verschacherung immer schon den Kürzeren gezogen haben, sich überlegen, auf welcher Seite sie dabei eigentlich stehen wollen - was übrigens die wenigen verbliebenen indigenen Völker der Welt zum Teil besser wissen als wir. Du beschreibst deine Lösung dahingehend, dass wir uns jetzt schon frei dafür entscheiden müssten, was uns später sowieso aufgezwungen wird - wofür wir uns also in Wirklichkeit jetzt schon nicht mehr frei entscheiden. Das ist vom Gedanken her richtig, aber mit deinem Begriff der "früheren freien Entscheidung" irreführend beschrieben. Der richtige Begriff dafür ist vorauseilender Gehorsam.
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26253
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(#2308563) Verfasst am: 21.11.2024, 15:48 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | ..... aber mit deinem Begriff der "früheren freien Entscheidung" irreführend beschrieben. Der richtige Begriff dafür ist vorauseilender Gehorsam. |
Das sehe ich anders. Der vorauseilender Gehorsam ist bei uns bereits historisch belegt. Der Gehorsam, der da gemeint war, war der gegenüber einer zuerst kaiserlichen, dann diktatorischen Regierung. Dieses Zitat: | Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat. Denn es ist keine Obrigkeit ohne von Gott; wo aber Obrigkeit ist, die ist von Gott verordnet. | ist nicht nur ein biblisches, sondern auch ein neutestamentliches Thema, ist aber vorher nicht gleichzeitig mit scheinbarer Freiheit verknüpft gewesen. Ich hoffe, dieser Teil unserer christlichen Kultur ist inzwischen etwas gedämpft.
Wo ich da von einer freien Entscheidung spreche, handelt es sich nicht um den Gehorsam gegenüber einer menschlichen Herrschaft sondern um Entscheidungen aus Einsicht in natürliche Gesetzlichkeiten, genaugenommen ist es ein Gebot der Vernunft.
Es existiert noch ein weiterer Unterschied zum historischen vorauseilenden Gehorsam: Der nahm nur vorweg, wovon man ausgehen konnte, dass der Befehl noch kommen würde.
Wenn wir uns heute entschieden, im Sinn der Vernunft und der Nachhaltigkeit mit der Natur umzugehen, dann täten wir das im heutigen Zustand der Natur, der ein anderer ist, als der sein wird, in dem wir keine Wahl mehr haben. Die Entscheidungen heute führten also zu anderen Handlungen als sie uns die Natur in der Zukunft diktieren wird - auch die Natur in der Zukunft würde anders aussehen.
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26253
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(#2308564) Verfasst am: 21.11.2024, 16:05 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | fwo hat folgendes geschrieben: | Ökodiktatur ist ja nicht eine Herrschaft der Grünen, sondern eine der Biosphäre: |
Eine Diktatur der Grünen (im Sinne grüner parlamentarischer Parteien) hatte ich damit auch nun wirklich nicht im Sinn..... |
Der Begriff Diktatur ist bei uns - nicht ganz zu Unrecht - negativ belegt. Das ist doch der Hintergrund dafür, wenn unsere konservativen Parteien bei einer Aufforderung zu mehr Vernunft im Umgang mit der Natur, also im Prinzip beim Programm der Grünen, von Ökodiktatur sprechen. Deshalb auch "Verbotspartei". Der Ausdruck ist schon lange in Benutzung, den bekommst Du nicht geändert. Insofern plädiere ich eher dafür, zu erklären, was Ökodiktatur im Sinn einer echten Diktatur wirklich bedeutet, und dass das das unausweichliche Ziel konservativer und neoliberaler Politik ist.
Dass das tendenziell so ist, kann man inzwischen sogar in wirtschaftsfreundlichen Medien nachlesen:
Ein Bericht des Fokus über die Klimafreundlichkeit Deutschlands im internationalen Ranking einschließlich der Gründe, warum wir inzwischen nicht mehr gut dastehen.
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44474
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(#2308565) Verfasst am: 21.11.2024, 16:24 Titel: |
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fwo hat folgendes geschrieben: | Wenn wir uns heute entschieden, im Sinn der Vernunft und der Nachhaltigkeit mit der Natur umzugehen, dann täten wir das im heutigen Zustand der Natur, der ein anderer ist, als der sein wird, in dem wir keine Wahl mehr haben. Die Entscheidungen heute führten also zu anderen Handlungen als sie uns die Natur in der Zukunft diktieren wird - auch die Natur in der Zukunft würde anders aussehen. |
Okay, dann mal deutlicher: Vielleicht irre ich mich, aber dein Diskurs hört sich so an, als wolltest du, das heute "vernünftige" Maßnahmen ergriffen werden, um sowohl die Biosphäre als Lebensraum menschlichen Lebens als auch die kapitalistische ("liberale") Gesellschaft mitsamt ihrer existierenden politischen Formen zu erhalten. Ich halte diese beiden Zwecke für inkompatibel. Und zwar werden sie nicht erst durch die Zerstörung inkompatibel, die die kapitalistische Gesellschaft der Biosphäre zufügt, sondern diese Zerstörung ist lediglich Anzeige ihrer Inkompatibilität immer schon und von Anfang an. Wir sehen heute lediglich das Ende einer Entwicklung, die bereits vor Jahrhunderten anfing.
fwo hat folgendes geschrieben: | Deshalb auch "Verbotspartei". |
Ohne die Rehabilitation des Verbots als politisches Mittel werden sich die Probleme der Menschheit überhaupt nicht lösen lassen - gerade das Umweltproblem nicht. Aber du siehst das ja auch an Corona. Wie Kleinkinder rasten die Leute angesichts absolut sachangemessener Verbote aus. Eine Menschheit, die auf dem geistigen Niveau von Kleinkindern stehen geblieben ist, wird aber nunmal solcher Probleme nicht Herr. Wir müssen endlich aufhören, in Verboten als solchen unabhängig von ihrem Inhalt etwas Negatives zu sehen. [Addendum:] Ich hatte ja auch schon die Passagen aus dem Wikipedia-Artikel zitiert, laut denen das "Problem der Allmende" überhaupt nur durch das Fehlen verbindlicher Nutzungsregeln besteht.
fwo hat folgendes geschrieben: | Insofern plädiere ich eher dafür, zu erklären, was Ökodiktatur im Sinn einer echten Diktatur wirklich bedeutet, und dass das das unausweichliche Ziel konservativer und neoliberaler Politik ist. |
Es ist natürlich nicht das Ziel, sondern die Folge dieser Art von Politik. Die Annahme, dass das das Ziel (also Absicht) wäre, verwandelt Neoliberale und Konservative in Captain-Planet-Schurken. Aber der Absicht nach wollen zumindest die Neoliberalen (bei Konservativen bin ich mir da zugegebenermaßen nicht mehr ganz so sicher) "Freiheit" und liberale "Demokratie" genauso erhalten wie du.
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26253
Wohnort: im Speckgürtel
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(#2308567) Verfasst am: 21.11.2024, 19:11 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | fwo hat folgendes geschrieben: | Wenn wir uns heute entschieden, im Sinn der Vernunft und der Nachhaltigkeit mit der Natur umzugehen, dann täten wir das im heutigen Zustand der Natur, der ein anderer ist, als der sein wird, in dem wir keine Wahl mehr haben. Die Entscheidungen heute führten also zu anderen Handlungen als sie uns die Natur in der Zukunft diktieren wird - auch die Natur in der Zukunft würde anders aussehen. |
Okay, dann mal deutlicher: Vielleicht irre ich mich, aber dein Diskurs hört sich so an, als wolltest du, das heute "vernünftige" Maßnahmen ergriffen werden, um sowohl die Biosphäre als Lebensraum menschlichen Lebens als auch die kapitalistische ("liberale") Gesellschaft mitsamt ihrer existierenden politischen Formen zu erhalten. Ich halte diese beiden Zwecke für inkompatibel. Und zwar werden sie nicht erst durch die Zerstörung inkompatibel, die die kapitalistische Gesellschaft der Biosphäre zufügt, sondern diese Zerstörung ist lediglich Anzeige ihrer Inkompatibilität immer schon und von Anfang an. Wir sehen heute lediglich das Ende einer Entwicklung, die bereits vor Jahrhunderten anfing. |
Wie das aussieht, was entsteht, wenn wir uns aus Doofheit in die Ökokratie bewegen, habe ich genauso wenig eine Vorstellung wie davon, in welcher Form wir unser demokratisches System erhalten können. Ansonsten sehe ich eine historische Erfahrung darin, dass eine über Eigentum geschaffene persönliche Verantwortung die effektivste Form ist, unsere Leistung auch im Sinne unserer Gesellschaft abzurufen. Allerdings müssen da sehr früh Grenzen für eine Akkumulation von Eigentum gesetzt werden, auch dahin, dass da viel vererbt werden kann.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: |
....
fwo hat folgendes geschrieben: | Insofern plädiere ich eher dafür, zu erklären, was Ökodiktatur im Sinn einer echten Diktatur wirklich bedeutet, und dass das das unausweichliche Ziel konservativer und neoliberaler Politik ist. |
Es ist natürlich nicht das Ziel, sondern die Folge dieser Art von Politik. Die Annahme, dass das das Ziel (also Absicht) wäre, verwandelt Neoliberale und Konservative in Captain-Planet-Schurken. Aber der Absicht nach wollen zumindest die Neoliberalen (bei Konservativen bin ich mir da zugegebenermaßen nicht mehr ganz so sicher) "Freiheit" und liberale "Demokratie" genauso erhalten wie du. |
Ziel, Folge .... Es ist das Bild einer Reise, das ich da benutze. Dass die Leute nicht zu diesem Ziel wollen, davon gehe ich auch aus. Dass sie da aber konsequent drauf lossteuern, ist offensichtlich. Denen schwebt anscheinend vor, dass man noch eine Weile neoliberalen Kapitalismus spielen könne, um dann abzubiegen, wenn es ernst wird. Die haben keine Ahnung von der Dynamik so komplexer Systeme wie die der Biosphäre und hüten sich auch, sich da schlau zu machen, weil das ihr Weltbild gefährdet. In der Hinsicht sind sie dann wieder völlig "normal".
Aber an dieser Stelle steige ich aus der Diskussion aus, weil mich das Thema nun schon ca 40 Jahre ankotzt. Deshalb vermeide ich auch, da viel zu zu lesen. Die Informationen, die mich treffen, ohne dass ich ihnen hinterherlaufe, stinken mir schon genug.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44474
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(#2308568) Verfasst am: 21.11.2024, 19:23 Titel: |
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fwo hat folgendes geschrieben: | Ansonsten sehe ich eine historische Erfahrung darin, dass eine über Eigentum geschaffene persönliche Verantwortung die effektivste Form ist, unsere Leistung auch im Sinne unserer Gesellschaft abzurufen. |
In welcher historischen Zeitperiode willst du denn bitte die Erfahrung gemacht haben!?
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26253
Wohnort: im Speckgürtel
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(#2308569) Verfasst am: 22.11.2024, 11:54 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | fwo hat folgendes geschrieben: | Ansonsten sehe ich eine historische Erfahrung darin, dass eine über Eigentum geschaffene persönliche Verantwortung die effektivste Form ist, unsere Leistung auch im Sinne unserer Gesellschaft abzurufen. |
In welcher historischen Zeitperiode willst du denn bitte die Erfahrung gemacht haben!? |
Das mit der Erfahrung ist nicht direkt sondern eine Interpretation.
Wenn wir nicht davon ausgehen, dass wir die Weltbevölkerung auf nur einen kleinen Bruchteil ihrer heutigen Anzahl reduzieren, dann bedeutet das, wir weiterhin eine hoch arbeitsteilige Bevölkerung haben werden, die wesentlich und vor allem in den wichtigsten Positionen aus Spezialisten bestehen wird, so dass man nicht mal so eben von einem Job in den anderen wechseln können wird, wie heute auch. Man wird also eine Leistungsgesellschaft haben, und Leistung will belohnt werden. (Das ist übrigens auch eine Folge der Konzentration und der damit entstehende Monetokratie: Die Leistungsgesellschaft wird teilweise aufgehoben. Eine FDP, die mit "Leistung soll sich wieder lohnen" wirbt, müsste eigentlich den Rückbau der Kapitalkonzentration im Programm haben.)
Nenn mir einen überzeugende Alternative für eine so stark arbeitsteilige Bevölkerung wie unsere.
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tillich (epigonal) hat Spaß
Anmeldungsdatum: 12.04.2006 Beiträge: 22019
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(#2308570) Verfasst am: 22.11.2024, 13:16 Titel: |
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fwo hat folgendes geschrieben: | Man wird also eine Leistungsgesellschaft haben, und Leistung will belohnt werden. |
Ist das so?
Als naiver Pädagoge halte ich es eher mit intrinsischer als mit extrinsischer Motivation. Sprich: Ich denke, dass - bei einer entsprechend organisierten Gesellschaft, die Güter fair verteilt - die meisten Leute von sich aus bei einer sinnvollen Arbeit einen guten Job machen wollen.
_________________ "YOU HAVE TO START OUT LEARNING TO BELIEVE THE LITTLE LIES." -- "So we can believe the big ones?" -- "YES."
(Death / Susan, in: Pratchett, Hogfather)
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44474
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(#2308571) Verfasst am: 22.11.2024, 15:19 Titel: |
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fwo hat folgendes geschrieben: | Man wird also eine Leistungsgesellschaft haben, und Leistung will belohnt werden. |
Selbst wenn wir davon ausgehen, dass wir hier ausschließlich über materielle Belohnungen zu reden brauchen, reden wir damit über etwas völlig anderes als über Privateigentum in dem Sinne, um den es hier im Kontext einer Diskussion über Kapitalismus geht. Es gibt überhaupt keinen Grund dafür, Leistung mit exklusiver Verfügungsgewalt über gesellschaftliche Produktivkräfte und fremde Arbeitskraft zu belohnen. Gegen "Privateigentum" an Whisky und Schokolade hat niemand was. Gegen Privateigentum an Brennereien und Kakaoplantagen schon eher.
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Critic oberflächlich
Anmeldungsdatum: 22.07.2003 Beiträge: 16158
Wohnort: Arena of Air
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(#2308573) Verfasst am: 22.11.2024, 22:01 Titel: |
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Weiß nicht, ob das aktuell in den Stand des Fadens paßt, aber:
Ist nicht das "herrschende Wirtschaftssystem" nicht sogar in gewisser Weise ein "perfektes faschistisches System"?
(Mindestens doch für diejenigen "am unteren Ende der Hackordnung", die gar keine Marktmacht haben, und diejenigen "am oberen Ende", die letztlich über das entscheiden, "was es gibt"?)
Erstmal stimmen ja viele Annahmen der Theorie schon nicht, etwa die "perfekte Information" oder die "gleiche Marktmacht der Marktteilnehmer". Und der Typ "am untersten Ende der Hackordnung", der im Kongo in Handarbeit Coltanerz aus der Erde klaubt, kann sich ja nicht einen anderen Abnehmer suchen, er hat nur die Wahl, den Hungerlohn anzunehmen oder zu verhungern. Und wer am Verhungern ist, kann auch die Preise nicht wirklich bestimmen, das können nur die großen Akteure.
Andererseits integriert unser Wirtschaftssystem fast alle auf viel perfektere Weise als jedes diktatorische System das je konnte: Viele dieser Regimes haben versucht, die Leute "zu mobilisieren". Selbst im NS-Reich als auch in kommunistischen Regimes "mußte" man aber in der Regel nicht Mitglied irgendeiner Massenorganisation (was weiß ich, "Betriebskampfgruppen", "Kraftfahrerbund", "Frauenschaft" o.ä.) sein, nicht der Partei beitreten. Gewisse Berufszweige vielleicht schon, aber halt nicht die allgemeine Bevölkerung. Das hat zwar gewisse Vorteile mit sich gebracht. Aber wer nicht im KdF- oder VDGB-Ferienheim urlauben wollte, gewisse Dienstleistungen nicht in Anspruch nehmen wollte o.ä., sich aber auch nicht muckste - und natürlich auch nicht zu den Leuten gehörte, die das jeweilige Regime aus ideologischen Gründen haßte, konnte ja prinzipiell so leben. Insofern haben die Regimes letztlich nie "fast alle Menschen" erreicht, mit der Pareto-Regel würde ich als Arbeitsthese so "20% gar nicht involviert" schätzen wollen.
Wer natürlich "teilnahm", kam in den Genuß gewisser "Wohltaten", wer ein bißchen "aktiver" war, konnte in der Hierarchie aufsteigen und qua Machtaufteilung auch ein bißchen an der Macht des Regimes über die Menschen teilhaben. Das Wirtschaftssystem ködert die Leute natürlich auch: Wer mehr von den bedruckten Zetteln hat, denen die Menschen soviel Tauschwert zumessen, kann ja mehr konsumieren -- aber auch Andere unter ihm Stehende drangsalieren.
Hier im Wirtschaftssystem ist aber vielleicht auch kaum möglich, sich rauszuziehen - letztlich "muß" man ja auf irgendeine Weise am Wirtschaftsleben teilnehmen, um überleben zu können. Also ich weiß nicht, irgendwo in einer Holzhütte ohne Strom im Wald leben und da meine Rüben und Kartoffeln selbst ziehen, meine Kleidung selbst nähen oder irgendwie über Tausch oder Containern oder sonstwie an die benötigten Ressourcen kommen o.ä. kann ein bißchen mühsam sein. Man wird zwar auch nicht direkt gezwungen, aber zu 99% stößt man ja irgendwann im Leben auf eine Situation, in der man Geld braucht.
Man kann das zwar vielleicht "aus ethischen Gründen" auf ein "gewisses Maß" reduzieren, sich aber ganz davon zu befreien erscheint schwierig: Man würde ja annehmen, daß z.B. die Globalisierungskritiker relativ konsumkritisch sind. Aber selbst bei globalisierungskritischen Demos tragen die Demonstranten auch in Pakistan zusammengenähte Jeans, stehen zwischendurch in der Schlange bei McDoof, telefonieren mit ihren Handies etc.. (Tja, weil das halt irgendwo Grundbedürfnisse sind: man kann ja in hiesigen Breiten nicht nackt rumlaufen, was essen muß man auch - man kann natürlich auch beim lokalen Bäcker was kaufen -, und irgendwie kommunizieren ist auch ein Grundbedürfnis etc.. Und selbst gewisse Komfortbedürfnisse werden auch die Globalisierungs- und Konsumkritischsten sich nicht komplett versagen wollen.)
Andererseits gibt es natürlich die 20%, die in der Hackordnung "unten" stehen. Diese Leute werden vom System drangsaliert, indem ständig versucht wird, ihnen möglichst wenig Ressourcen an die Hand zu geben(*). Aber auch die Meisten von denen wollen/müssen ja daran teilhaben und unterwerfen sich dafür dem Regime, das sie gleichzeitig drangsaliert. (In einem z.B. DLF-Essay würde das dann vielleicht so illustriert: "Wenn man sich einmal ansieht, wieviele von denen, die am Grenzzaun von Ceuta liegenbleiben, nachdem die Polizei auf sie geschossen hat, - wenn auch gebrauchte - Kleidung mit westlichen Markenaufdrucken trägt, ... ." Und natürlich das hiesige "Prekariat"...) Was ja die "20%" in den anderen Regimes vielleicht so gar nicht unbedingt getan haben?
(Späterer Edit: Also - Kein diktatorisches Regime hat es je geschafft, daß 90+x% der Leute Kommunisten oder Faschisten werden wollten, selbst diejenigen, die es drangsaliert hat.)
________
(*) Oder ist das nicht auch eine falsche Vorstellung, sind das nicht eher 80%? Das System verschafft den Teilnehmern ja die Illusion, daß man irgendeine "Marktmacht" habe, daß man auch die Möglichkeit habe, über das Schicksal der o.g. NäherInnen in Pakistan mitzubestimmen. Andererseits gibt es eben auch nur Wenige, die nicht zu ihrem Lebensunterhalt auf externe Quellen angewiesen sind. Und da gibt es Mechanismen, die bestrebt sind, die Ressourcen möglichst zu reduzieren, die man in die Hand bekommt. Sieht man z.B. bei Tarifverhandlungen oder Berichten über "krisenhafte Entwicklungen" - die Gewinne von VW sind zurückgegangen, da sind wir schon in der zweiten Ableitung -, aber z.B. auch bei Diskussionen über die Rente, die Manche sogar reduzieren wollen, was gemäß der geltenden Gesetze gar nicht möglich ist etc.
Und analog dazu richtet sich ja ein diktatorisches Regime nicht "bloß" gegen die Minderheiten, "die es nicht mag", sondern gegen alle Menschen. Es versucht aber die Illusion zu erwecken, "volksnützig" zu sein.
_________________ "Die Pentagon-Gang wird in der Liste der Terrorgruppen geführt"
Dann bin ich halt bekloppt.
"Wahrheit läßt sich nicht zeigen, nur erfinden." (Max Frisch)
Zuletzt bearbeitet von Critic am 23.11.2024, 20:18, insgesamt einmal bearbeitet |
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Bravopunk Sugoi Dekai :D
Anmeldungsdatum: 08.03.2008 Beiträge: 32104
Wohnort: Woanders
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(#2308574) Verfasst am: 23.11.2024, 09:37 Titel: |
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Der Kapitalismus hat die Dubai-Schokolade () hervorgebracht. Das sollte die Titelfrage hinreichend beantworten. Ich weiß fasst gar nicht, was das überhaupt ist, aber alles, was mit diesem Ort zu tun hat, und sei es nur dem Namen nach, kann nur scheiße sein.
Außerdem: E-Rezepte. Dahinter steckt doch bestimmt die Klientelpartei FDP. Weil: Spart den Potheken (ich sah neulich in der Nähe des Würzburger Hauptbahnhofs nachts ein Schild, wo das Apotheken-A nicht leuchtete, seitdem nenn ich die so) 0,05 Cent Verwaltungskosten pro Zettel. "Jau. Dann sind wir dafür. Lass mal einführen den Schmonsens und dann können die Trottel (so nennen wir Apotheker unsere Kunden) zu uns hinrennen, ihre Karte abgeben, dann gesagt bekommen, dass das Medikament nicht da ist, bestellt werden muss und morgen abgeholt werden kann, und wenn die dann auftauchen es abzuholen scannen wir die Karte erneut, sehen, dass das Rezept am Vortag schon abgegeben wurde und sagen denen dann rehäugig ins Gesicht 'Tumirleid. Ist kein aktives Rezept drauf. Dürfen wir nicht rausgeben die Bestellung. Müssensenomalwiederkom'.' " (Exakt so eben gerade passiert.)
Und dann das Gejammer auf den Plakaten und Flugblättern: Apothekensterben.
Ja. ... Gut so. Bedankt euch beim Kapitalismus.
_________________ "Hier spricht Ramke. Wer jetzt allein ist, kriegt nur noch den Abschaum!"
Meine Freiheit, deine Freiheit
Kaguya-hime
Kanashikute Yarikirenai
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Critic oberflächlich
Anmeldungsdatum: 22.07.2003 Beiträge: 16158
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(#2308580) Verfasst am: 23.11.2024, 21:19 Titel: |
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Bravopunk hat folgendes geschrieben: | Der Kapitalismus hat die Dubai-Schokolade () hervorgebracht. Das sollte die Titelfrage hinreichend beantworten. Ich weiß fasst gar nicht, was das überhaupt ist, aber alles, was mit diesem Ort zu tun hat, und sei es nur dem Namen nach, kann nur scheiße sein. |
Um das auszumultiplizieren:
Pistaziencreme kann ja auch schmecken, und die Frau, die sich mit der Sorte (jedenfalls laut einem dieser CNN-Businessclips) derzeit "dumm und dämlich verdient", weil ihr Betrieb gar nicht so schnell produzieren kann wie die Leute ihr das wegkaufen, scheint ja eine Nette zu sein. In China sagt man wohl: "Wer ein Geschäft eröffnen will, sollte ein freundliches Gesicht haben."
Aber man google mal, was die Schokolade kostet, selbst noch beim Discounter. Ja, gut, 4 Euro oder 6 Euro oder so pro 100 Gramm, wenn die jetzt super-lecker ist, dann kauft man vielleicht ab und zu mal eine Tafel. Man ißt ja auch nicht die billigsten Pralinen für umgerechnet 69 Cent oder so pro 100 Gramm .
Aber die Sorten von einigen Herstellern (dann "Original und limitiert!") werden sogar mit edlen Metallen aufgewogen (z.B. Silber kostet heute ziemlich genau einen Euro pro Gramm). Und das ginge bei meinem Schokokonsum dann doch ins Geld.
Man fragt sich: Kann die soviel wert sein? So super kann eigentlich gar nichts schmecken. "Wert" ist aber eben in diesem System "das, was der Andere einem dafür zu geben bereit ist": Was heute noch der Hype ist, kriegt man morgen nachgeschmissen, auch wenn sich quasi nix daran verändert hat.
Kann man vielleicht auch bei Hummer oder Austern sehen, oder bei Grünkohl. Hummer und Austern waren mal "Arme-Leute-Essen" - heute tafelt damit die Schickeria. Und "Omas Grünkohl" ist heute in Nordamerika "Trendgemüse". (Das bringt mir vielleicht aber auch was: Ich weiß doch nie so richtig, wie ich das Zeug würzen soll. Das bringt mir insofern ein paar neue Rezepte.)
Andererseits gibt es auch in ein paar Läden Schokolade, die damit beworben wird, daß Kakao und Rohrzucker erst in Lateinamerika fair produziert würden, das Ganze mit dem Segelschiff übers Meer transportiert werde, zu einer Schokoladenmanufaktur in Amsterdam, die das dann so schonend wie möglich nicht in Portionen von Tonnen, sondern von wenigen Kilo produziert habe, "für das besondere Schoko-Erlebnis". Und dann werde die Schokolade per Lastenrad zu ausgewählten Ladengeschäften in Deutschland transportiert. Dafür kostet die Tafel nachher auch sieben Euro.
Also: Fairer Handel ist sinnvoll. Containerschiffe und LKWs produzieren eine Menge Schadstoffe, aber damit kann man eben auch Massen von Waren, mit denen moderne Gesellschaften arbeiten, in einem Schuß von A nach B schaffen. Dadurch wird die Ware pro Kilo immens billiger. Aber es geht eben auch anders, es gibt prinzipiell auch umweltfreundlichere Antriebe, am Land auch die Schiene etc.. Massenproduktion ist auch nicht nur negativ. Solche Dinge machen Ware ja prinzipiell auch für "weniger Betuchte" erschwinglich(er).
Andererseits wissen wir auch: Die Industrieländer exportieren Waren, die sich hier nicht absetzen lassen, in Entwicklungsländer. Wo sie dann den lokalen Markt dominieren - immer noch billiger sind als die lokal produzierten gleichen Produkte, und damit die lokalen Produzenten aus dem Markt drängen. So etwa die schon notorischen Hühnerfüße.
Also ist natürlich die Frage: Ist das System per se grausam und diktatorisch, oder liegt es eigentlich "nur" am Gebaren der Akteure? Oder ist das nicht "eigentlich" dasselbe? (Denn das "System" ist ja kein Selbstläufer, es sind ja die Menschen, die agieren - eben auch mit ihren weniger gutwilligen Intentionen.)
_________________ "Die Pentagon-Gang wird in der Liste der Terrorgruppen geführt"
Dann bin ich halt bekloppt.
"Wahrheit läßt sich nicht zeigen, nur erfinden." (Max Frisch)
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tillich (epigonal) hat Spaß
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(#2308582) Verfasst am: 24.11.2024, 11:44 Titel: |
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Critic hat folgendes geschrieben: | Andererseits gibt es auch in ein paar Läden Schokolade, die damit beworben wird, daß Kakao und Rohrzucker erst in Lateinamerika fair produziert würden, das Ganze mit dem Segelschiff übers Meer transportiert werde, zu einer Schokoladenmanufaktur in Amsterdam, die das dann so schonend wie möglich nicht in Portionen von Tonnen, sondern von wenigen Kilo produziert habe, "für das besondere Schoko-Erlebnis". Und dann werde die Schokolade per Lastenrad zu ausgewählten Ladengeschäften in Deutschland transportiert. Dafür kostet die Tafel nachher auch sieben Euro. |
So was finde ich richtig abstoßend. Erst macht man die Sachen durch völlig überflüssigen Aufwand künstlich teuer, sodass es sich nur reiche Leute leisten können, und dann strickt man irgendeine Geschichte drumherum, die das Ganze erstens moralisch und zweitens als besonderes Erlebnis überhöhen (hier angeblicher "Klimaschutz"), auf dass die Reichen sich nicht nur durchs zusätzliche Geldausgeben distanzieren, sondern auch noch moralisch und als Leute mit besseren "Erlebnissen" auf den Plebs herunterblicken können.
Klimaschutz ist ja eine feine Sache, aber es muss für die Massen funktionieren, sonst funktioniert er gar nicht. Das heißt, man sollte nicht irgendwelche Schickimicki-Waren mit künstlichem Aufwand wie Segelschiffe durch die Weltgeschichte transportieren, sondern Containerschiffe CO2-ärmer machen. Das nötige Geld soll man sich durch Umverteilung von da holen, wo es ist.
_________________ "YOU HAVE TO START OUT LEARNING TO BELIEVE THE LITTLE LIES." -- "So we can believe the big ones?" -- "YES."
(Death / Susan, in: Pratchett, Hogfather)
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Critic oberflächlich
Anmeldungsdatum: 22.07.2003 Beiträge: 16158
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(#2308585) Verfasst am: 24.11.2024, 20:07 Titel: |
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tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Critic hat folgendes geschrieben: | Andererseits gibt es auch in ein paar Läden Schokolade, die damit beworben wird, daß Kakao und Rohrzucker erst in Lateinamerika fair produziert würden, das Ganze mit dem Segelschiff übers Meer transportiert werde, zu einer Schokoladenmanufaktur in Amsterdam, die das dann so schonend wie möglich nicht in Portionen von Tonnen, sondern von wenigen Kilo produziert habe, "für das besondere Schoko-Erlebnis". Und dann werde die Schokolade per Lastenrad zu ausgewählten Ladengeschäften in Deutschland transportiert. Dafür kostet die Tafel nachher auch sieben Euro. |
So was finde ich richtig abstoßend. Erst macht man die Sachen durch völlig überflüssigen Aufwand künstlich teuer, sodass es sich nur reiche Leute leisten können, und dann strickt man irgendeine Geschichte drumherum, die das Ganze erstens moralisch und zweitens als besonderes Erlebnis überhöhen (hier angeblicher "Klimaschutz"), auf dass die Reichen sich nicht nur durchs zusätzliche Geldausgeben distanzieren, sondern auch noch moralisch und als Leute mit besseren "Erlebnissen" auf den Plebs herunterblicken können.
Klimaschutz ist ja eine feine Sache, aber es muss für die Massen funktionieren, sonst funktioniert er gar nicht. Das heißt, man sollte nicht irgendwelche Schickimicki-Waren mit künstlichem Aufwand wie Segelschiffe durch die Weltgeschichte transportieren, sondern Containerschiffe CO2-ärmer machen. Das nötige Geld soll man sich durch Umverteilung von da holen, wo es ist. |
Es scheint ja einen Bedarf nach "umweltfreundlich" und "fair" o.ä. zu geben(*). Und dann gibt es Leute, die versuchen, das zu vermarkten.
Andererseits: Was für ein System, in dem man extra dafür bezahlen muß, daß die Erzeuger fair bezahlt werden und der Transport umweltfreundlich geregelt wird. Ein System, in dem es "sich nicht rechnet", wenn man nur so wirtschaften würde(#). (Denn wie Du schrubst, ist das Volumen ja nicht da. Der Gag mag insofern selbst diesen einen kleinen Hersteller nicht komplett finanzieren.)
Das System ist demnach letztlich gerade auf unfairen Wirtschaftsbeziehungen und ökologischem Raubbau aufgebaut - nämlich allem, was man tun kann, um seine eigene Gewinnmarge zu vergrößern.
Und das hat es ironischerweise auch im Zeitalter der Segelschiffe schon gegeben. Als man noch ineffizienter gewirtschaftet hat, hat man das (mit teilweise noch härteren) Bandagen durchgesetzt - das nannte sich dann Sklaverei, Produktion in "Billiglohnländern", "Manchester-Kapitalismus" etc..
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(*) Wie gesagt, das ist ein dialektisches Problem: Es gibt ja auch Produkte, von denen man gar nicht wußte, daß man sie je gebraucht hätte, bevor man davon erfuhr.
(#) Und das auch: Man kann dann sehen, was Schokolade kosten würde, wenn man sie so produzierte. Klar ist auch, das könnte mit dem Volumen auch ökonomisch attraktiver für andere Firmen - und über die Größendegression oder über den Wettbewerb - billiger werden. Aber die Psychologie sagt eben oft auch, daß man das auch nicht bezahlen will, wenn jede weitere Tafel dafür z.B. zehn Cent billiger wäre (klar, optimistisch). Zuimal wenn es die billigere Alternative gibt, blendet man halt die negativen Seiten des Preises dann auch aus.
(Aber auch klar, die Leute möchten Schokolade ja auch nicht in den Kleinstmengen essen wie Oma und Opa im Jahr 1950. Andererseits, wenn ich mich so erinnere, "faire Schokolade" kenne ich schon seit Jahrzehnten, die hat ja inzwischen ein Volumen erreicht, daß sie auch erschwinglich ist. Da ist es aber vielleicht auch nicht so teuer losgegangen. Halt "umweltfreundlich transportierte" (und nicht nur "grün-gewaschene") Schokolade aber noch nicht.)
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26253
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(#2308595) Verfasst am: 26.11.2024, 21:11 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | fwo hat folgendes geschrieben: | Man wird also eine Leistungsgesellschaft haben, und Leistung will belohnt werden. |
Selbst wenn wir davon ausgehen, dass wir hier ausschließlich über materielle Belohnungen zu reden brauchen, reden wir damit über etwas völlig anderes als über Privateigentum in dem Sinne, um den es hier im Kontext einer Diskussion über Kapitalismus geht. Es gibt überhaupt keinen Grund dafür, Leistung mit exklusiver Verfügungsgewalt über gesellschaftliche Produktivkräfte und fremde Arbeitskraft zu belohnen. Gegen "Privateigentum" an Whisky und Schokolade hat niemand was. Gegen Privateigentum an Brennereien und Kakaoplantagen schon eher. |
Ich habe auch gegen letzteres nichts, wenn die nicht zu groß und AGs werden. Familienbetriebe funktionieren auch tatsächlich besser als Staatsbetriebe und AGs. Die gehen zumindest in unserer Gesellschaft auch besser mit ihren Leuten um.
Es gibt ein gutes Beispiel für das, was ich meine:
Die Messer-Firmen Viktorinox und Wenger gehören der selben Familie (Wenger fand innerfamiliär keinen Nachfolger und hat dann an Viktorinox verkauft, weil er sichergehen wollte, dass der Umgang mit den Arbeitnehmern so bleibt). Das sind zwei Betriebe, von denen die beiden Dörfer abhängen, in denen sie sind.
Mit der Nachricht von 9/11 war dem Viktorinox-Vorstand sofort klar, dass ein großer Teil ihres Umsatzes wegbrechen würde, der Verkauf von Taschenmessern auf Flugplätzen als Souvenir von Auslandsflügen würde verboten werden. Die setzten sich sofort mit den beiden kompletten Dörfern zusammen, um zu beratschlagen, wie sie alle gemeinsam, also auch die Eigner, den Gürtel enger schnallen könnten, um diesen Einbruch zu überleben. Das haben sie auch geschafft.
Die Zahlen,, die man da finden kann, variieren zu stark, als dass ich sie zitieren möchte, es war auf jeden Fall auch in der SU so, dass der Ertrag der privat bewirtschafteten Flächen bezogen auf die Fläche zu allen Zeiten erheblich höher war als auf den staatlich / kommunal bewirtschafteten Flächen. Und sie hatten diesen Ertrag auch bitter nötig.
Dass auch China erst nach der Privatisierung der Produktionsmittel anfing zu boomen, ist auch offensichtlich - die haben allerdings auch unterlassen, da einen wirksamen Bremsmechanismus einzubauen, sondern bewerkstelligen das, indem die großen Kapitalisten regelmäßig einfach verschwinden.
_________________ Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.
The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.
Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26253
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(#2308596) Verfasst am: 26.11.2024, 21:40 Titel: |
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tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | fwo hat folgendes geschrieben: | Man wird also eine Leistungsgesellschaft haben, und Leistung will belohnt werden. |
Ist das so?
Als naiver Pädagoge halte ich es eher mit intrinsischer als mit extrinsischer Motivation. Sprich: Ich denke, dass - bei einer entsprechend organisierten Gesellschaft, die Güter fair verteilt - die meisten Leute von sich aus bei einer sinnvollen Arbeit einen guten Job machen wollen. |
Das halte ich tatsächlich auch für naiv. Du möchtest die Methodik, die entwickelt wurde, um die Neugierphase von Kindern nicht durch "schwarze Pädagogik" zu stören, um sie im Unterricht zu nutzen, auf erwachsene Menschen anwenden, damit die in einem Beruf bleiben und Leistung bringen, den sie sich zum großen Teil nicht wirklich ausgesucht haben - das kann ja nur eine Minderheit - sondern in den sie hineingeschwätzt wurden.
Ich habe selbst zweimal "Arbeitsverhältnisse" gehabt, das als Freilandbiologe, in dem ich als freier Mitarbeiter eines alten Studienfreundes arbeite, hält sogar noch an, bei denen es nicht einmal einen Vertrag oder auch nur Verhandlungen über die Entlohnung gegeben hat. Und in dem zweiten Fall ging es um SAP-Beratung / Entwicklung, bei der ich z.T. alleine beim Kunden war, mit hoher Verantwortung und Aufgaben, in denen ich auch mal mit der Berechtigung SAP-all auf der Produktivmaschine arbeiten musste. Das ist etwas, was es im "richtigen Leben" eigentlich alles nicht gibt, ich kenne auch keinen zweiten, der soetwas erzählen kann. Hier ging/ geht es auch nicht im "intrinsische Motivation, sondern um Freundschaft und Vertrauen, etwas, das es im Geschäftsleben auch nicht gibt. Das Vertrauen, um das es da ging, war meines, dass man mich für eine Arbeit, die ich eigentlich nicht mochte, entsprechend bezahlen würde, und auf der anderen Seite, dass ich die Leute, die mich an ihre Auftraggeber schickten, nicht im Stich lassen würde. Die hatten einen Spezialisten versprochen, der die Aufgabe in der vorgegebenen Zeit lösen konnte.
Die normale Arbeitsumwelt habe ich dann als SAP-Berater in den den Firmen vorgefunden, in die ich geschickt wurde: Missgunst, Rivalität, Intrigen usw. Wenn Du jemanden etwas fragst, bekommst Du keine Antwort, weil jeder Angst hat, etwas von der Qualifikation, die er mühsam erworben hat und von der er lebt, zu teilen. Ich bin ja als kompletter Autodidakt da reingerutscht und habe mit dem Fragen aufgehört, nachdem ich herausgefunden hatte, wie man das System selbst befragt. Dauert in manchen Sachen etwas länger, aber das System belügt einen nicht.
Die Leute sind aber auch in niedrigeren Ebenen unserer Wirtschaft nicht freundlicher zueinander, und arbeiten da auch nicht aus "intrinsischer Motivation", sondern weil sie nicht schlechter dastehen wollen als ihre Nachbarn, oder das dauernde Gemecker von den (Schwieger-)Eltern satt sind usw. Dass jemand seinen Beruf als Berufung erlebt, ist ein immer wieder gerne gebrachtes Klischee, aber die große Ausnahme: Es können halt nicht alle Lokomotivführer oder Zirkus- oder Fabrikdirektor werden. Du brauchst Dir nur anzusehen, wo die ganzen Leute landen, die ihr Studium, das sie wahrscheinlich nach Neigung gewählt haben, ordentlich abgeschlossen haben. Sie können Glück haben, wenn sie ein Studium gemacht haben, bei dessen Abschluss sie noch anderer Fähigkeiten verdächtig sind. So kommen Physiker regelmäßig als Informatiker unter, wenn sie sich trauen, sich zu bewerben.
Aber was ist mit den Leuten, die egal, mit welcher Ausbildung, am Fließband landen oder bei der Müllabfuhr oder als Sachbearbeiter am Schreibtisch sitzen? Wir sind glücklicherweise Gewohnheitstiere, aber damit bekommst Du keine hohen Leistungen oder gar Innovation, wenn Du sie nicht extra belohnst. Es sind nur ein paar Ausnahmefälle in Forschung und Entwicklung, in denen die kindliche Neugier noch hilft und dafür irgendwie am Leben erhalten werden muss. Aber auch die Plätze sind selten und brauchen auch noch zusätzliche Fähigkeiten, die nicht erlernbar sind.
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Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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