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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5490
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5490
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(#2309921) Verfasst am: 28.03.2025, 21:19 Titel: |
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Günter Bechly ist tot. Am 06.01. war er mit seinem Wagen vermutlich in suizidaler Absicht unterwegs, steuerte mit hoher Geschwindigkeit in den Gegenverkehr und riss dabei einen völlig Unbeteiligten mit in den Tod. Den Motorblock riss es komplett aus dem Fahrzeug.
Zwei Tage zuvor war auf seiner Facebook-Seite folgendes zu lesen:
Zitat: | Dear friends! Prayers for my health would be very much appreciated. I‘m in the hospital and feel pretty miserable. Thank you! |
Normalerweise sollte man über Tote nur Gutes sagen. Seine "Fellows" vom Disco-Institute tun das auch über Gebühr. Aber die Todesumstände hinterlassen einen komischen Beigeschmack.
[Nachtrag, 30.03.: Was mich auch nachdenklich stimmt, ist ein Zitat von Dietrich Bonhoeffer, das für Christen eigentlich verbindlich sein dürfte:
Zitat: | »Es gibt keinen anderen zwingenden Grund, der den Selbstmord verwerflich macht als die Tatsache, dass es über den Menschen einen Gott gibt. Diese Tatsache wird durch den Selbstmord geleugnet.« - |
Das würde erst recht für einen erweiterten Suizid gelten. Das wirft die spannende Frage auf, ob er sich - falls es Suizid gewesen sein sollte - seiner metaphysischen Illusion am Lebensende selbst bewusst geworden ist, "Gott" also als Lebenslüge erkannte. Das könnte ich mir gut vorstellen, aber wir werden es leider nie erfahren.]
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
www.ag-evolutionsbiologie.de
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5490
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(#2310056) Verfasst am: 09.04.2025, 11:45 Titel: |
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Wer sehen möchte, wie sich Dave Farina gegen einen rhetorisch versierten Muslim schlug, kann das in dieser Debatte verfolgen:
https://www.youtube.com/watch?v=g5ah-nPrmPU
Leider habe ich sehr gemischte Gefühle, da er über weite Strecken keine gute Figur machte. Diesem Subboor gelangt es ganz passabel zu zeigen, dass Dave in vielen Bereichen zu wenig Ahnung hat. Fast schon peinlich, dass er nicht wusste, was "genetische Assimilation" bedeutet und worauf Waddington mit seinem "epigenetischen System" hinauswollte. Dass das für die eigentliche "Diskussion" gar keine Rolle spielte, geriet dabei in den Hintergrund.
Was ich besonders schade finde, ist, dass Dave nicht hinreichend klarstellte, warum Subboor seine Thema falsch wählte und dass dessen wissenschaftstheoretisches Verständnis gegen Null geht. Zunächst: Die Frage "Ist die Darwinsche Evolution eine Tatsache?" ist ebenso unsinnig wie die Frage, ob "Newtons Physik" eine Tatsache ist. Worüber wir sprechen, sind Theorien, die Sachverhalte mehr oder weniger allgemein und mehr oder weniger (un-) vollständig beschreiben und erklären. Natürlich muss das allgemeine Erklärungsschema "zufällige Mutation + Selektion" durch weitere Faktoren ergänzt werden, um Spezifika zu erklären.
Einiges davon, wie epigenetische / entwicklungsbiologische Aspekte der Evolution, hat Subboor grob angedeutet. Waddington konnte punkten, indem er darauf hinwies, dass die "Standardtheorie" diesen Aspekten zu wenig Beachtung schenkt. Leider ist Dave in die Falle getappt, solche Aspekte als Unsinn abzutun, ohne zu erwähnen, dass sie im Kontext der Evo-Devo-"Theorie" diskutiert werden. Es war auch nicht zielführend, ad hominem gegen Denis Nobel zu argumentieren. All das lenkte nur vom Wesentlichen ab – nämlich davon, dass die Evolutionstheorie (ob "moderne Synthese", Evo-Devo oder was auch immer spielt keine Geige) ebenso wenig verworfen werden muss wie die Newtonsche Mechanik aufgrund ihrer Unvollständigkeit und (partiellen!) Falschheit.
Dieser Subboor betrieb ein perfides Begriffsverwirrspiel und versuchte, Zweifel an der Evolution als Ganzes zu wecken, nur um durch die Hintertür seinen ominösen Designer ins Spiel zu bringen. Das Unehrliche ist, dass er das nicht sagte, denn dann wäre sofort klar gewesen, dass die Unvollständigkeit einer theoretischen Beschreibung nicht Intelligent Design stärkt. Wie die Kontrahenten gegenseitig aufeinander eingedroschen und sich als überlegen gegenüber dem jeweils anderen dargestellt haben, hatte eher komödiantischen als didaktischen Wert.
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5490
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(#2310089) Verfasst am: 14.04.2025, 10:18 Titel: |
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Übersichtsartikel
Hat die Evolution ein Wartezeitproblem?
Biologische Komplexität und der Gipfel des Unwahrscheinlichen
https://www.ag-evolutionsbiologie.de/html/2025/evolution-wartezeit-problem.html
Ob Bakteriengeißel, Vogelflügel oder Wirbeltierauge – das Leben strotzt nur so vor Merkmalen, deren Komplexität und Anpassungsfähigkeit uns in ihren Bann ziehen. DARWIN hatte Recht, als er bemerkte, dass sich aus einfachen Anfängen eine endlose Reihe der wundervollsten Formen entwickelt hat und noch immer entwickelt. Naturgemäß stößt diese Erkenntnis auf den Widerstand von Evolutionsgegnern. Häufig bringen sie bestimmte Versionen des sogenannten Wartezeitproblems ins Spiel, um gegen Evolution zu argumentieren. Da es sich um einen gängigen Einwand gegen das handelt, was sie unter Makroevolution verstehen, wollen wir dieses Argument genauer unter die Lupe nehmen.
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
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VanHanegem Weltmeister
Anmeldungsdatum: 24.04.2006 Beiträge: 3179
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(#2310098) Verfasst am: 16.04.2025, 09:55 Titel: |
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mit den Begriffen Komplexität und Wahrscheinlichkeit wird allgemein wild um sich geworfen, ohne dass dafür quantitative Maßzahlen entwickelt würden.
In allen mir bekannten Texten bleibt es bei einer subjektiv gefärbten, rein intuitiven Definition.
_________________ Hup Holland Hup, Oranje winnt de cup (2022)
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5490
Wohnort: Tief im Süden
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(#2310101) Verfasst am: 16.04.2025, 13:32 Titel: |
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VanHanegem hat folgendes geschrieben: | mit den Begriffen Komplexität und Wahrscheinlichkeit wird allgemein wild um sich geworfen, ohne dass dafür quantitative Maßzahlen entwickelt würden.
In allen mir bekannten Texten bleibt es bei einer subjektiv gefärbten, rein intuitiven Definition. |
Man kann "Komplexität" schon quantitativ definieren, beispielsweise als Zahl verschiedenartiger Elemente in einem System, die miteinander interagieren und dabei eine bestimmte emergente Eigenschaft erzeugen. Formal lassen sich in der Evolution auch irgendwelche Apriori-Wahrscheinlichkeiten ausrechnen. Das wird durchaus auch seriös gemacht, z.B. im Rahmen von Moran-Modellen. Das setzt voraus, dass man die Grenzen der Modelle kennt und nicht Voraussetzungen hineinpackt, die mit Evolution nicht mehr zu tun haben. Das Problem ist, dass sich die Anti-Evolutionisten, die mit "Wartezeitmodellen" operieren, nicht im Klaren darüber sind, was sie eigentlich ausrechnen, und dann sind wir bei GIGO.
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26363
Wohnort: im Speckgürtel
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(#2310102) Verfasst am: 16.04.2025, 14:59 Titel: |
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Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | VanHanegem hat folgendes geschrieben: | mit den Begriffen Komplexität und Wahrscheinlichkeit wird allgemein wild um sich geworfen, ohne dass dafür quantitative Maßzahlen entwickelt würden.
In allen mir bekannten Texten bleibt es bei einer subjektiv gefärbten, rein intuitiven Definition. |
Man kann "Komplexität" schon quantitativ definieren, beispielsweise als Zahl verschiedenartiger Elemente in einem System, die miteinander interagieren und dabei eine bestimmte emergente Eigenschaft erzeugen. Formal lassen sich in der Evolution auch irgendwelche Apriori-Wahrscheinlichkeiten ausrechnen. Das wird durchaus auch seriös gemacht, z.B. im Rahmen von Moran-Modellen. Das setzt voraus, dass man die Grenzen der Modelle kennt und nicht Voraussetzungen hineinpackt, die mit Evolution nicht mehr zu tun haben. Das Problem ist, dass sich die Anti-Evolutionisten, die mit "Wartezeitmodellen" operieren, nicht im Klaren darüber sind, was sie eigentlich ausrechnen, und dann sind wir bei GIGO. |
Ein weiteres Problem ist, dass VanHanegem die Angewohnheit hat, Gemeinplätze abzusondern, die ganz allgemein seinen großen Überblick belegen sollen, die aber i.A. nicht mehr belegen, als dass er den Beitrag, um den es geht, nicht gelesen hat.
_________________ Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.
The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.
Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44599
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(#2310109) Verfasst am: 17.04.2025, 10:06 Titel: |
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fwo hat folgendes geschrieben: | Ein weiteres Problem ist, dass VanHanegem die Angewohnheit hat, Gemeinplätze abzusondern, die ganz allgemein seinen großen Überblick belegen sollen, die aber i.A. nicht mehr belegen, als dass er den Beitrag, um den es geht, nicht gelesen hat. |
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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VanHanegem Weltmeister
Anmeldungsdatum: 24.04.2006 Beiträge: 3179
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(#2310137) Verfasst am: 18.04.2025, 16:52 Titel: |
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Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | Man kann "Komplexität" schon quantitativ definieren, beispielsweise als Zahl verschiedenartiger Elemente in einem System, die miteinander interagieren und dabei eine bestimmte emergente Eigenschaft erzeugen. ...
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kommt darauf an, ob Du mit "Zahl verschiedenartiger Elemente" nun die Zahl aller kombinatorisch möglichen Elemente, oder die Größe einer Polulation meinst. Als "Komplexität" ist mir eher ersteres bekannt. Das kannst du dann aber nicht einfach "definieren", sondern das würde sich aus einem Systemmodell ergeben. Die Größe Deiner Population (so Du eine stochastische Simulation bevorzugst) wirst Du natürlich schon unter Berücksichtigung Deiner comutational resources definieren da dürfte aber auch die kombinatorische Komplexität eine Rolle spielen.
_________________ Hup Holland Hup, Oranje winnt de cup (2022)
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smallie resistent!?
Anmeldungsdatum: 02.04.2010 Beiträge: 3722
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(#2310193) Verfasst am: 23.04.2025, 22:48 Titel: |
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Hab's gesehen. Kein weiterer Kommentar, deiner reicht.
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben: | Es war auch nicht zielführend, ad hominem gegen Denis Nobel zu argumentieren. |
Denis Nobel kannte ich nicht. (Dachte ich.) Hab mich umgesehen.
Der Punkt geht an Noble.
Was in 10 000 Jahren machbar sein wird, ist nicht absehbar. Für heute läßt sich feststellen: wenn Mammute auferstehen sollen, werden sie von Elefanten ausgetragen werden müssen. Falls das biologisch möglich ist.
Creativity? Wie stellt man die fest? Als Zahl, bitte. Nee, ich persönlich würde solche Begriffe vermeiden, außer ich hätte etwas handfestes zu nennen.
Mit manchem, was Noble sagt kann ich nichts anfangen. Oft weiß ich nicht mal, wovon er spricht, weil er schwammige Wörter nutzt. Einiges fällt unter "Interpretation" und "Auslegungssache". Dennoch kann ich mir einen Reim darauf machen, was Noble meinen könnte. Folgendes kommt bei Fisher, Haldane, Wright nicht vor:
mtDNA
Mitochondrale DNA kommt zum allergrößten Teil von der mütterlichen Seite. Zusätzlich zur herkömmlichen DNA, gibt es eine zweite Erblinie.
Horizontaler Gentransfer
Vor zehn oder fünzehn Jahren hat der New Scientist mit der Schlagzeile "Darwin was wrong" aufgemacht. Weil horizontaler Gentransfer angeblich Darwin widerlegt. Horizontalen Gentransfer gibt es auch bei Pflanzen. Bei Tieren nicht.
Horizontaler Genraub aka CRISPR
Die Genschere hat man gefunden, nach dem aufgefallen war, dass in Bakteriengenom fremde DNA steckt. Das Bakterium hat fremde Sequenzen ausgeschnitten und bei sich eingebaut. Möglicherweise zum Zweck der Wiedererkennung eines Viruses.
Das ist ein erstaunlicher Vorgang. Niemand hat das kommen sehen.
Wieder kann man streiten, ob das Darwin oder die ES aushebelt. Diese Vorgänge betreffen meines Wissens nur Einzeller.
Aktive Mutation bestimmter Genregionen
Dazu habe ich mindestes zwei Mal etwas gelesen, das genau das behauptet. Und es war nicht die Mutation von Immunzellen, von der Noble spricht. Eher so: in kargen Zeiten wird die Mutation bestimmter Genregionen betrieben. Vielleicht vergleichbar mit Arten, die in kargen Zeiten auf sexuelle Vermehrung umstellen.
Das ist, was mir zu dem wenigen einfällt, das ich von Noble (und auch Laland) gelesen habe. Wie weit sich das mit dem deckt, was die Herren wirklich sagen, kann ich nicht sagen.
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Wieso taugt Denis Noble als Kronzeuge gegen Evolution?
Ich kenne Denis Noble doch. Jerry Coyne hat mehrmals über ihn geschrieben. Ich konnte den netten alten Herrn aus den Videos allerdings nicht mit dem überzogenen Evolutionsleugner zusammenbringen, als den Coyne ihn dargestellt hat.
Yet another misguided attempt to revise evolution - February 12, 2024
Famous physiologist embarrasses himself by claiming that the modern theory of evolution is in tatters - August 25, 2013
Coyne fasst Noble so zusammen:
Coyne 2013 hat folgendes geschrieben: | 1. Mutations are not random
2. Acquired characteristics can be inherited
3. The gene-centered view of evolution is wrong [This is connected with #2.]
4. Evolution is not a gradual gene-by-gene process but is macromutational.
5. Scientists have not been able to create new species in the lab or greenhouse, and we haven’t seen speciation occurring in nature. |
Das ist erstmal ziemlich abschreckend.
Jerry Coynes Antworten überzeugen mich allerdings auch nicht immer. Die Arbeit von Noble ist frei verfügbar. Ich werd' sie mir ansehen, bin gespannt.
Mein vorläufiger Eindruck: Man muß keine neue Evolutionstheorie ausrufen, wenn etwas Neues gefunden wird. Denis Noble scheint das zu tun. Man sollte neue Aspekte aber nicht rundheraus als "ist doch offensichtlich" und "haben wir immer schon gewußt" abkanzeln. Dawkins und Coyne scheinen das zu tun.
Sabboor ist der lachende Dritte, der diesen Streit für seine Zwecke nutzt.
_________________ "There are two hard things in computer science: cache invalidation, naming things, and off-by-one errors."
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