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Shadaik evolviert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 26377
Wohnort: MG
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(#286434) Verfasst am: 17.04.2005, 15:52 Titel: |
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Tante_Jolesch hat folgendes geschrieben: | ein öffentlich-rechtlicher Sender hat eine Studie in Auftrag gegeben, das ist ja nichts a priori verwerfliches, oder? |
Wenn ein öffentlich-rechtlicher Sender eine Studie über eine öffenbtlich-rechtliche sendung in Auftrag gibt schon. Solche Studien gelten meistens der Werbung. Oder, um es sinngemäß mit Churchill zu sagen: "Glaube keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast!"
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#286436) Verfasst am: 17.04.2005, 15:57 Titel: |
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Othilic hat folgendes geschrieben: | hefe hat folgendes geschrieben: | Warum aber MUSS man das (mit/nach)spielen, was vorgegeben wird/ist? | MUSS man natürlich nicht. Kinder tun das aber. Ob nun Karl May oder irgendwelche Serien. Das, was Kinder als "Normalität" kennen, spielen sie nach. Dein Argument brachten auch meine Eltern ständig dafür, uns Kindern einiges zu verweigern. Ich kann Dir sagen, es hat mich nicht überzeugt. |
Kein Wunder, es ist ja auch gar kein Argument gegen das DARF.
Ich meine zu erkennen, daß die Breite und Tiefe der nachgespielten Charaktere bei den typischen TV- und Playstation-Kindern sehr gering ist. Selbst mit 8 oder 10 spielen und argumentieren sie oft in primitivsten und schemenhaften Kategorien. Ich vermute, das liegt weniger an der Menge des TV-Konsum selbst, sondern eher an der Schemenhaftigkeit der seriellen Inhalte dort. Wer mal erlebt hat, zu welch geistigem Tiefgang und zu welcher Kreativität ein Kind dieses Alters fähig ist ...
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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hefe registrierter User
Anmeldungsdatum: 15.01.2004 Beiträge: 113
Wohnort: Wendelstein
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(#286557) Verfasst am: 17.04.2005, 23:10 Titel: |
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Hej Othilic,
Othilic hat folgendes geschrieben: | [...] Wir leben nunmal in einer Welt, in der TV "normal" ist und für einen großen Teil der "normalen" Sicht der Welt verantwortlich ist, bei Kindern wie bei Erwachsenen. |
Treffend formuliert - wirklich: TV ist grossteils verantwortlich fuer die "normale" Sicht der Dinge....
Diesen Satz lass ich mir genuesslich auf der Zunge zergehen (ohne Zynismus).
Der Satz impliziert: Entweder lebt man so, wie es in Summe - egal von wem; Religion, TV, Politik(er), Konzernchef, usw. - vorgegeben wird, oder man gilt als Querdenker, gar als Querulant, mindestens aber als Seperatist, Eigenbroetler, Aussenseiter. Und da Andersartigkeit schon immer mit einem gewissen Makel behaftet war, sieht man sich ploetzlich selbst damit konfrontiert. "Was? Ihr habt kein Fernsehgeraet zuhause? Da koennt ihr euch doch gar nicht informieren und bilden? Ihr wisst ja gar nicht, was in der Welt passiert [als ob das lebensrelevant waere]. Und erst die armen Kinder.... Na wartet nur ab, bis diese in den KiGa kommen und Kontakt zu MEHR Gleichaltrigen haben. Euere Kinder machen euch dann das Leben solange zur Hoelle, bis ihr einen Fernsehapparat anschafft...".
Fatal ist dann nur, wenn man nicht mit "beiden Beinen fest am Boden steht" und seine Sicht der Dinge lediglich irgendwelchen Quaksalbern oder Schwaetzern zu verdanken hat, respektive nur Anderen nach dem Mund geredet hat.
"Nein, nein, bloß nicht auffallen...". "Letztlich koennten die Kinder darunter leiden...", usw.
Frau Dr. Ursula Neumann beschrieb dazu in ihrem Vortrag zur Erwin-Fischer-Preisverleihung im Herbst 2000, “Wie werde ich ein guter Außenseiter - Tipps einer Insiderin”, folgendes (sinngemaess):
"Alles andere wäre die Botschaft: Man muss mit den Wölfen heulen und zu einer eigenen Überzeugung steht man besser erst nach Klärung der Mehrheitsverhältnisse!"
Weiteres aus http://www.ibka.org/artikel/rundbriefe00/preisverleihung.html
Sie schilderte ihre leidvollen Erfahrungen als Bürgerin eines vorwiegend katholischen Tausendseelendorfes. Dort musste sie sich anhören, ihr Kampf gegen das Kreuz hätte das Dorf bundesweit in den Schmutz gezogen. Ursula Neumann stellte deshalb in ihrer Rede mehrere Merksätze für Außenseiterinnen auf:
Die Angst vor dem Gerede ist irrational, aber trotzdem vorhanden. Wer aber aus Angst schweigt, verliert die Selbstachtung. Der eigene Kampf sei auch ein Gebot der Solidarität mit denjenigen, die in einer schwächeren Position sind. Dazu schilderte Ursula Neumann einige Beispiele aus dem prallen christlichen Leben.
Weitere Merksätze sind: Die Gegenpartei hat mindestens genauso Angst. Und: Außenseiter brauchen andere Außenseiter, um Außenseiter bleiben zu können.
Aus ihrer Erfahrung mit dem verlorenen Prozess um das Fach Ethik kam Ursula Neumann zu einem weiteren Merksatz: Eine Niederlage ist wie ein Unfall. Erste Priorität hat die Versorgung der Opfer.
Die Psychologin sieht aber auch Kritik in der hauptsächlichen Beschäftigung mit dem Thema Kirche, denn dieser Bereich hätte aus ihrer Erfahrung nur sehr begrenzte wirkliche Bedeutung. Sorgen machen ihr zur Zeit der Machbarkeitswahn der Gentechnik und der Jugendlichkeitswahn. Auch dies wären ideologiegesteuerte Dummheiten und somit Aufgaben für Nicht-Religiöse.
Othilic hat folgendes geschrieben: | Und die Standard-Pädagogik ist nun einmal an der "Normalität" orientiert. Die Frage lautet nicht, ob diese unsere "normale" Welt ohne TV besser wäre, sondern ob man als Eltern seinen Kindern den Zugang zu dieser nun einmal vorhandenen "Normalität" komplett verweigert. Da muß man abwägen zwischen dem Schaden, den "Normalität" anrichten kann und dem Schaden, den die Verweigerung der "Normalität" anrichten kann. |
Genau. Siehe oben: z.B. Jugendlichkeitswahn, der ueber Medien an Kids herangetragen wird. Brust-Schoenheitsoperationen gehoeren heute in Brasilien mindestens genauso zur "NORMalitaet", wie der Gang zum Zahnarzt. Sollte man sich selbst dieser Normalitaet verschliessen oder den Kids diese "Normalitaet" vorenthalten? Oder soll man die Kinder schon jetzt in einem "altersgemaessen paedagogisch Rahmen" darauf vorbereiten, dass das in 20 Jahren (wenn sie selbst 25 sind) zum "normalen Leben" gehoert, respektive sie das fuer sich selbst eines Tages als Alternative in Erwaegung ziehen sollten?
Othilic hat folgendes geschrieben: | Die Abwägung wird sicherlich je nach Aspekt der "Normalität" anders ausfallen. Im Falle des Fernsehens denke ich, daß moderater, kontrollierter TV-Konsum keine größeren Schäden anrichtet, andererseits aber TV so sehr unsere Welt prägt, daß Verweigerung größere Schäden anrichten kann. |
Das Problem sehe ich eher anders gelagert. Die heeren Ziele der Eltern, den Kindern nur ausgewaehlte Sendungen zugaenglich zu machen, sind faktisch bestenfalls Theorie, wenn nicht gar eine Illusion. Die Praxis zeigt, dass nur eine vernachlaessigbare Minderheit es schafft, konsequenten und verantwortlich beschraenkten Umgang der Kinder mit diesem Medium zu realisieren. Mal schleichen die Kids sonntags frueh um 7:00 Uhr ins Wohnzimmer, um "heimlich" fernzusehen (und mal ehrlich: als dreifache Mutter ist man auch mal froh, am Sonntag Morgen ein oder zwei Stunden laenger seine Ruhe haben zu koennen), oder die Kids verbringen ein (Fernseh-)Wochenende bei den Grosseltern oder sind nach der Schule bei Freunden (deren Eltern Fernsehkonsum eher egal ist) usw.
Da hielte ich den absoluten Verzicht auf die Anschaffung eines Fernsehapparates fuer das kleinere Uebel.
hefe hat folgendes geschrieben: | Thema Schluempfe, Winnetou, etc.. Das tat der (Spiele-)Phantasie keinen Abbruch. Natuerlich setzt das voraus, dass die Spielpartner eine gewisse Ahnung von den Romanfiguren haben. |
Othilic hat folgendes geschrieben: | Ja, genau. Exakt darum geht es mir... |
Vor 20 Jahren spielte man als Kind Knight Rider, vor zehn Jahren spielte man vielleicht Darth Vader und Skywalker, heute Popstars, Dschungelcamp oder andere Filmhandlungen nach.
Othilic hat folgendes geschrieben: | Ob nun Karl May oder irgendwelche Serien. Das, was Kinder als "Normalität" kennen, spielen sie nach. Dein Argument brachten auch meine Eltern ständig dafür, uns Kindern einiges zu verweigern. Ich kann Dir sagen, es hat mich nicht überzeugt. |
Fernsehen ist heute sicherlich die Normalitaet. Realitaet wird damit aber sicherlich nicht vermittelt.
Othilic hat folgendes geschrieben: | Was mich interessieren würde: Spielen Deine Kinder auch mit Kindern, die "normale" Kindergärten besuchen und zuhause TV schauen? Wenn ja, welchen Eindruck hast Du, erschweren die unterschiedlcihen Erlebenswelten das gemeinsame Spiel? |
Da gibt es keinerlei Probleme. Gerade die 5-jaehrige erfaehrt durch die besondere Form der von ihr besuchten Kindertagesstaette (den Wald-KiGa) eine enorme Staerke und Festigung ihrer Persoenlichkeit. Vielleicht durch die dortig Reduzierung auf das Wesentliche? Pippi Langstrumpf (auf DVD) ist ihr Hit und mittlerweile uebernimmt sie diese Rolle auch ab und zu beim Spiel. Am liebsten aber sind alle drei Kinder draussen in der Natur (wir wohnen am Dorfrand) - egal, ob im Wald oder im Garten, egal, ob alleine oder mit Freunden.
Othilic hat folgendes geschrieben: | Ich gehe an diese Thematik mit der Erinnerung an meine eigene Kindheit heran. Meine Eltern haben mir alles mögliche "normale" komplett oder fast komplett verweigert, u.a. TV. |
Wieso waren Deine Eltern so zu Dir? Gab es da ideologische Gruende oder erklaerten sie Dir, warum dies und jenes - was die anderen eben als "normal" betrachten - negative Auswirkungen auf Dich haben koennte?
Othilic hat folgendes geschrieben: | Kann und sollte. Die Realität sieht in den öffentlichen Kindergärten und Schulen leider anders aus. Zudem stellt sich die Frage, ob man das Anderssein der Kinder künstlich um ein Vielfaches steigern sollte. |
Nicht steigern, sondern festigen. Lernen, Andersartigkeit als festen Lebens-Bestandteil wahrzunehmen und damit umgehen zu koennen. Unser 8-jaehriger besucht eine Privatschule. Da gibt es auch so genannte integrative Kinder. Die "normalen" Kinder lernen, dass eben nicht alles soooo "normal" im Leben ist, waehrend die Integrativen mit ihrer Andersartigkeit in die "Normalitaet" mit aufgenommen werden.
Othilic hat folgendes geschrieben: | Es sind ja meist auch nur die Erwachsenen, die in der Verschiedenheit der Kinder einen Wert sehen. Anderssein wird von den Kindern selbst negativ gesehen. Erst für Jugendliche gewinnt die Frage "wer bin ich" und Streben nach Individualität an Bedeutung. Für das Ausleben und Entwickeln der Individualität ist Selbstbewußtsein nötig, und das ist als "Außenseiter" schwerer zu entwickeln. |
Klar. Kinder koennen grausam sein (insbesondere zu Behinderten). Wo aber faengt Verschiedenheit/ Andersartigkeit an? Der eine hat schon Probleme mit seinem etwas kuerzeren Sommerhaarschnitt, der andere damit, dass seine Eltern einen Bogen um McDoof machen.
Herbert hat folgendes geschrieben: | Sorry, aber ausserdem erinnern mich solche Saetze auch immer an die (teils medialen?) Massenphaenomene Hitler,... |
Othilic hat folgendes geschrieben: | Das Thema Hitler sollten wir aus dieser Diskussion lieber heraushalten.
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Herbert hat folgendes geschrieben: | Dina oder Religion: Etwas tun, NUR weil man opportun wirken moechte!?
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Othilic hat folgendes geschrieben: | Es geht mir nicht um's wirken, und schon gar nicht um Opportunität. Sondern um's Sein. Um die Möglichkeit, "normal" zu sein. Um die Möglichkeit, sich in der "normalen" Welt zuhause und geborgen zu fühlen, um sich dann in manchen Dingen bewußt gegen die "Normalität" zu entscheiden. Um die Möglichkeit, sich als Jugendlicher in allen möglichen Punkten für ein "normales", angepaßtesVerhalten zu entscheiden oder für ein individualistisches. Diese Möglichkeit hatte ich nicht, hätte sie aber gerne gehabt (Okay, das lag nicht nur am fehlenden TV, das hat aber eine große Rolle gespielt). |
Mmmmh... sich in der Normalitaet geborgen fuehlen. Sorry nochmal, aber das hat mit Hitler auch ein wenig zu tun. Natuerlich ebenso mit der Beerdigung des Papstes oder Mooshammers, mit dem Run auf Fussballstadien (besonders bei der WM), mit dem Tragen von Markenkleidung bestimmter Labels, mit Urlaubszielen der Touri-Massen, Fast-Food, usw, also mit dem Wunsch/ Verlangen (bei bestimmten Trends?) dabeizusein; nicht draussen vor zu sein. Dort zu sein, wo angebliche Normalitaet stattfindet.
Othilic hat folgendes geschrieben: | Ich selbst verweigere mittlerweile auch eine ganze Menge: ich lebe vegetarisch, bin nicht gläubig, lagere meinen Fernseher im Karton verpackt im Keller und noch manches andere. Ich verweigere andere Dinge als die, die meine Eltern mir verweigert haben. Aus Überzeugung. Dennoch werde ich diese Dinge meinen Kindern nicht komplett verweigern. Die Fehler meiner Eltern möchte ich nicht wiederholen. Meine Kinder sollen sich selbst entscheiden, aus welcher Überzeugung heraus sie was verweigern. |
Hast Du Dir schon mal ueberlegt, dass Du von Deinen Eltern gelernt hast, Dich bestimmten Dingen zu verweigern? Viele Menschen bekommen diese Moeglichkeit doch erst gar nicht beigebracht. ...und heute aus Ueberzeugung? Und Deine Eltern - waren die nicht ueberzuegt? Oder konnten sie nur Dich nicht ueberzeugen? Wie war es mit Deinen Geschwistern - wenn Du welche hast?
Othilic hat folgendes geschrieben: | Bis auf die Impfkritik sind Deine Beispiele ja alles solche, die nicht nur schwarz und weiß zulassen. |
Na ja - Impfkritik laesst ja ein "bischen Impfen" auch zu. DPT zum Beispiel.
Wobei ich persoenlich ueberzeugter Impfgegner bin.
Othilic hat folgendes geschrieben: | Den Kindern moderat viel Fleisch zu essen geben. Biblische Geschichten erzählen und säkulare Versionen von Weihnachten und Ostern feiern, ohne Glauben zu vermitteln, bei Interesse die Kinder den Religionsunterricht besuchen lassen. Moderat und kontrolliert TV schauen lassen. |
Ich persoenlich halte es anders damit. Die Gattin ist eher wie Du eingestellt. Die Kinder suchen natuerlich nach einem Osternest und wissen, dass die Mami es versteckt hat. Ich saehe noch Sinn darin, z.B. wie in Schweden Midsommar zu feiern (was ich sogar mache). Aber irgendwelche tradierten Feste ohne jeglichen tieferen Sinn... - ausser dem Sinn der Geschenke oder des Feierns? Nein, dem verweigere ich mich. Wenn ich nicht an die Geburt des Herrn GLAUBE, ja den ganzen religioesen KlimBim fuer erlogen und erstunken halte, dann sehe ich auch keinen Sinn darin, am angeblichen Geburtstag des Herrn was zu feiern. Die vergangenen Weihnachtsfeiertage seit 1999 waren wir immer im Urlaub. da gab`s weder Geschenke noch Baum, weder Lieder noch Christmette. Die Kids waren froh, dass wir mal eine Woche im Jahr richtig Zeit fuereinander hatten und vermissten gar nichts. An Silvester gab`s nicht mal ein Feuerwerk, weil in dem kleinen Dorf in der Schweiz dies schon immer so war und die Bewohner groessten Wert darauf legen, dass es so bleibt. Dafuer machten die Kids die wundervolle Erfahrung des "Silvester-Singens". Andersartigkeit und Verschiedenheit kennenlernen und respektieren.
Othilic hat folgendes geschrieben: | (Ich sollte darauf hinweisen, daß ich noch keine Kinder habe und das nur Pläne sind) |
Darf ich fragen, wie alt Du bist?
Herbert hat folgendes geschrieben: | ... Spielen im Garten, Radtour machen, ...u.v.a.m. ist fuer die Kids (zumindest noch) in der Regel tausendmal interessanter, als die Glotze. |
Othilic hat folgendes geschrieben: | Mag ja sein, aber das ist kein Argument dafür, den Kindern das Fernsehen komplett zu verweigern. |
Ich selbst gucke nicht fern und mir fehlt auch nichts. Wir hatten viele Jahre ueberhaupt keine Flimmerkiste. Wir machten stattdessen wesentlich mehr gemeinsame Spiele waehrend der Zeit vor und nach dem Abendessen als heute. Natuerlich ist dieser geaenderte Umstand auch auf die mangelnde Konsequenz meinerseits zurueckzufuehren.
Wenn der bundesdeutsche Schnitt beim Fernsehkonsum bei mehr als 200 Minuten pro Kopf und Tag liegt, geht auch viel gemeinsame Zeit der Kinder mit den Eltern verloren. Irgendwann "muessen" ja auch die Erwachsenen "ihren Schnitt" erfuellen....
Gruesse
Herbert
_________________ "Die Skepsis breitet zu spät ihre Segnungen über uns aus, über unsere von Überzeugungen verwüsteten Gesichter" - E. M. Cioran
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Critic oberflächlich
Anmeldungsdatum: 22.07.2003 Beiträge: 16354
Wohnort: Arena of Air
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(#286578) Verfasst am: 18.04.2005, 00:07 Titel: |
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caballito hat folgendes geschrieben: | Im übrigen, Stichwort Amish: Ihr wisst, dass die Amish auch bekannt dafür sind, die wildesten und zügellostesten Partys Amerikas zu feiern - während des "Rumspringa", wenn dir Jugendlichen auf die Welt losgelassen werden, um sich ein Bild zu machen und dann frei zu entscheiden, ob sie freiwillig bei den Amish bleiben. Da sind sie dann, losgelassen, und einer Welt ausgesetzt, die sie nicht kennen, mit Möglichkeiten, mit denen umzugehen sie nie gelernt haben - udn was passiert: sie flippen total aus, schlagen über alle Stränge, ohbe Maß und Ziel, kommen letzlich damit nicht klar, und kehren zurück in den Schoß der Gemeinde. Schöne freie Entscheidung. |
Das nennt sich dann wohl "umgekehrte Psychologie": wenn das Kind nicht auf Mama hören will, dann sagt die Mama "Dann mach was Du willst", auch wenn Mama genau weiß, daß das Kind auf die Nase fallen wird. Wenn es dann auf die Nase gefallen ist, dann weiß es, daß man es so machen sollte wie Mama gesagt hat.
Es gibt aber andererseits natürlich auch Amishe, die sich für die Welt der "Engländer" entschieden haben. Ist vielleicht blauäugig, aber nachdem man gewisse Sachen bis zu einem Grade gemacht hat und dabei über die Stränge geschlagen ist, lernt man dann auch meistens einen verantwortlichen Umgang damit. (Immerhin besser als ihnen alles zu verbieten.)
Beispiele:
1. "Greedy Lebensplanung" hieße, daß man jeden Tag das machen würde, das einem im allgemeinen am meisten Spaß macht, also wenn man gerne feiert, jeden Tag Party. "Kundige Lebende" behaupten allerdings, daß die greedy Lebensplanung nicht optimal ist, daß man also z.B. nicht jeden Tag nicht feiern kann, weil man auch Geld braucht, und wenn man nicht gerade einen reichen Papa hat, dafür arbeiten muß. Unter der Maßgabe der Arbeitszeit kann man nicht beliebig lange aufbleiben etc. . Sowas kennt man ja: "Zukunftsplanung" heißt das wohl, oder etwa, daß man Aktivitäten auf sich nimmt, die eher unangenehm sind, damit angenehme Sachen möglich werden.
2. Das Internet ist gut und schön, aber ich erinnere mich an die Zeit, da ich noch ein 56K-Modem und keine Flatrate hatte. Da kamen dann im Monat schonmal 150 Märker zusammen. Irgendwann sind wir dann auf eine (gar DSL -)Flatrate übergegangen, weil mein Vater Telefonrechnungen von über 100 Euro leid war. Heute benutze ich es immer noch gerne, aber oft im Sinne der "Arbeit", nämlich als phänomenales Informationsmedium. (Vielleicht habe ich mit der Flatrate auch nur Augenwischerei betrieben, und denke, ich ginge "verantwortlich" damit um, aber eine solche Argumentation wäre ja geradezu "katholisch-fundamentalistisch", wie die Kritik an der Denke "wenn Du eine Kondomfabrik besitzt, kannst Du unbegrenzt gefahrlos vögeln, jederzeit aufhören und wirst Dir nie was holen".)
Aber die Ami-Gesellschaft als Ganze nehmen wir (medien-bedingt?) ohnehin als recht extrem wahr. Nicht nur was RTL2 und Konsorten über den berüchtigten "Spring Break" vorsetzen, daß während dieser paar Tage in bestimmten Orten an der See praktisch die Hemmungen fallen gelassen werden und man danach wieder in seine Mormonen-Uni in Utah oder sonstwo zurückkehrt, wo tatsächlich das Privatleben der Studenten kontrolliert wird, sondern auch gesellschaftlich und politisch gesehen. Aber das ist schon wieder ein anderes Thema...
_________________ "Die Pentagon-Gang wird in der Liste der Terrorgruppen geführt"
Dann bin ich halt bekloppt.
"Wahrheit läßt sich nicht zeigen, nur erfinden." (Max Frisch)
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caballito zänkisches Monsterpony
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 12112
Wohnort: Pet Sematary
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(#286586) Verfasst am: 18.04.2005, 02:58 Titel: |
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hefe hat folgendes geschrieben: | Hej Caballito,
caballito hat folgendes geschrieben: | Dann war da noch die Mutter, die nie zugelassen hätte, dass ihr Sohn einen aus der Kirche ausgetretenen Lehrer bekäme, weil der Sohn sich doch später frei entscheiden können sollte ...[...] |
Wie ich schon weiter oben ausfuehrte:
Um sich ueberhaupt fuer oder gegen etwas entscheiden zu koennen, bedarf es erstens der vorhandenen Moeglichkeiten dazu (bei nur einer Auswahl besteht keine Wahlmoeglichkeit); und zweitens das Wissen um das Vorhandensein dieser Alternativen und drittens bedarf es differenzierter inhaltlicher Informationen (wenn moeglich rational und verifizierbar) dieser Moeglichkeiten.
Gruesse
Herbert |
Ich hab mir mal erlaubt, das Zitat in eine lesbare Farbe zu konvertieren ...
Die Möglichkeit, nicht fernzusehen, ist immer gegeben. Die Möglichkeit, mit dieser Möglichkeit etwas anzufangen, möglicherweise nicht. Aber dieses Problem wird weder durch die Verfügbarkeit des Fernsehers erzeugt noch durch seine Nichtverfügbarkeit behoben. Um beides uzu sehen, muss der Fernseher verfügbar sein, ist er es nicht, ist eine Möglichkeit vorenthalten.
Was das Übermaß angeht: Das ist immer schädlich. aber eben um das zu verhindern, muss der Umgang damit gelernt werden. Fünf Liter Schnaps am Tag sind auch gefährlich. Trotzdem ist keiner hier für ein Alkoholverbot, und vielleicht gäbe es weniger versoffene Kiddies, wenns nicht den Reiz des Verbotenen hätte und amn stattdessen den Maßvollen Konsum fördern würde. Und das ist 1:1 auf so ziemlich alles zu übertragen.
_________________ Die Gedanken sind frei.
Aber nicht alle Gedanken wissen das.
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hefe registrierter User
Anmeldungsdatum: 15.01.2004 Beiträge: 113
Wohnort: Wendelstein
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(#286819) Verfasst am: 18.04.2005, 21:40 Titel: |
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Passend zum Thema:
"Die Gesellschaft für Konsumforschung hat das gerade ermittelt:
Arbeitslose sehen im Schnitt täglich 5 Stunden und 17 Minuten fern,
anderthalb Stunden mehr als der Durchschnitt der Bevölkerung."
Deutschland von unten.
Das Leben vor und in der Glotze
Das Drama ist der Alltag: Hartz IV, Furz Drei und die Geheimnisse des so genannten Unterschichtenfernsehens, in dem es nur bedingt um Bildung geht.
http://www.sueddeutsche.de/deutschland/artikel/534/51483
_________________ "Die Skepsis breitet zu spät ihre Segnungen über uns aus, über unsere von Überzeugungen verwüsteten Gesichter" - E. M. Cioran
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Heike N. wundert gar nix mehr
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 26138
Wohnort: Bottrop
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(#286822) Verfasst am: 18.04.2005, 21:44 Titel: |
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hefe hat folgendes geschrieben: | Passend zum Thema:
"Die Gesellschaft für Konsumforschung hat das gerade ermittelt:
Arbeitslose sehen im Schnitt täglich 5 Stunden und 17 Minuten fern,
anderthalb Stunden mehr als der Durchschnitt der Bevölkerung."
Deutschland von unten.
Das Leben vor und in der Glotze
Das Drama ist der Alltag: Hartz IV, Furz Drei und die Geheimnisse des so genannten Unterschichtenfernsehens, in dem es nur bedingt um Bildung geht.
http://www.sueddeutsche.de/deutschland/artikel/534/51483 |
Du kannst sehr schön mit Farbe und Schriftgröße umgehen.
_________________ God is Santa Claus for adults
Front Deutscher Äpfel (F.D.Ä.) - Nationale Initiative gegen die Überfremdung des deutschen Obstbestandes und gegen faul herumlungerndes Fallobst
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lemonstar registrierter User
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 1004
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(#286824) Verfasst am: 18.04.2005, 21:48 Titel: |
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Könnte man die Farben auf dem Standardlayout lesen, wär's noch schöner.
Zitat: | Brandt, 44, war Werbekaufmann, selbständiger Unternehmensberater, er hat viel Fernsehen gemacht, als Programmdirektor bei Pro Sieben, jetzt bei Endemol Deutschland. Endemol produziert "Big Brother", die berühmte Brandt, 44, war Werbekaufmann, selbstständiger Unternehmensberater, er hat viel Fernsehen gemacht, als Programmdirektor bei Pro Sieben, jetzt bei Endemol Deutschland. Endemol produziert "Big Brother", die berühmte Sendung, in der sich Menschen bei praktisch allem, was sie tun, abfilmen lassen. Brandt ist seit 2001 bei Endemol Geschäftsführer. Er hat viel Fernsehen gemacht, und neuerdings hat sein Fernsehen auch einen Namen: Unterschichtenfernsehen. |
Was ist denn das für ein Schwachsinn?
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eindrucksvolles
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hefe registrierter User
Anmeldungsdatum: 15.01.2004 Beiträge: 113
Wohnort: Wendelstein
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(#286838) Verfasst am: 18.04.2005, 22:39 Titel: |
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Zitat: | Brandt, 44, war Werbekaufmann, selbständiger Unternehmensberater, er hat viel Fernsehen gemacht, als Programmdirektor bei Pro Sieben, jetzt bei Endemol Deutschland. Endemol produziert "Big Brother", die berühmte Brandt, 44, war Werbekaufmann, selbstständiger Unternehmensberater, er hat viel Fernsehen gemacht, als Programmdirektor bei Pro Sieben, jetzt bei Endemol Deutschland. Endemol produziert "Big Brother", die berühmte Sendung, in der sich Menschen bei praktisch allem, was sie tun, abfilmen lassen. Brandt ist seit 2001 bei Endemol Geschäftsführer. Er hat viel Fernsehen gemacht, und neuerdings hat sein Fernsehen auch einen Namen: Unterschichtenfernsehen. |
lemonstar hat folgendes geschrieben: | Was ist denn das für ein Schwachsinn? |
Sieht man doch. Ein "Drueckfehler!
(Lass einfach das Kursive weg.)
_________________ "Die Skepsis breitet zu spät ihre Segnungen über uns aus, über unsere von Überzeugungen verwüsteten Gesichter" - E. M. Cioran
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lemonstar registrierter User
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 1004
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(#286842) Verfasst am: 18.04.2005, 22:55 Titel: |
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hefe hat folgendes geschrieben: |
Sieht man doch. Ein "Drueckfehler! :-)
(Lass einfach das Kursive weg.) |
Selbst dann ist die Hälfte doppelt(gut normalerweise nicht so schlimm aber wenn der erste Satz zweimal abgedruckt ist...).
Zitat: | Brandt, 44, war Werbekaufmann, selbstständiger Unternehmensberater, er hat viel Fernsehen gemacht, als Programmdirektor bei Pro Sieben, jetzt bei Endemol Deutschland. Endemol produziert "Big Brother", die berühmte Sendung, in der sich Menschen bei praktisch allem, was sie tun, abfilmen lassen. Brandt ist seit 2001 bei Endemol Geschäftsführer. Er hat viel Fernsehen gemacht, und neuerdings hat sein Fernsehen auch einen Namen: Unterschichtenfernsehen. |
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eindrucksvolles
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Othilic Gast
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(#286855) Verfasst am: 18.04.2005, 23:36 Titel: |
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hefe hat folgendes geschrieben: |
Othilic hat folgendes geschrieben: | [...] Wir leben nunmal in einer Welt, in der TV "normal" ist und für einen großen Teil der "normalen" Sicht der Welt verantwortlich ist, bei Kindern wie bei Erwachsenen. |
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Der Satz impliziert: Entweder lebt man so, wie es in Summe - egal von wem; Religion, TV, Politik(er), Konzernchef, usw. - vorgegeben wird, oder man gilt als Querdenker, gar als Querulant, mindestens aber als Seperatist, Eigenbroetler, Aussenseiter.
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Nein, ich denke nicht, daß der Satz das impliziert und das meine ich auch nicht. Ich argumentierte gegen das eine Extrem und zwar beim Thema TV, das heißt aber noch lange nicht, daß ich das andere Extrem und zwar bei jedem Thema befürworte. Zudem mache ich einen Unterschied zwischen Erwachsenen, die bewußt die Querdenkerrolle... einnehmen und Kindern, die künstlich zu eigenbrötlern gemacht werden.
Im selben Beitrag habe ich auch etwas von Abwägen zwischen Nutzen und Schaden von verschiedenen Aspekten von Normalität geschrieben.
hefe hat folgendes geschrieben: |
"Nein, nein, bloß nicht auffallen...". "Letztlich koennten die Kinder darunter leiden...", usw.
Frau Dr. Ursula Neumann beschrieb dazu in ihrem Vortrag zur Erwin-Fischer-Preisverleihung im Herbst 2000, “Wie werde ich ein guter Außenseiter - Tipps einer Insiderin”, folgendes (sinngemaess):
"Alles andere wäre die Botschaft: Man muss mit den Wölfen heulen und zu einer eigenen Überzeugung steht man besser erst nach Klärung der Mehrheitsverhältnisse!"
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Nein, das beschreibt nicht meine Position. Erstens, wie schon gesagt: gegen das eine Extrem zu sein bedeutet noch lange nicht, für das andere Extrem zu sein. Zweitens gibt es einen Unterschied zwischen Erwachsenen, die zu ihrer selbst gewählten Außenseiter-Überzeugung stehen und Kindern, die von ihren Eltern zum Außenseitertum gezwungen werden. Drittens geht es mir eigtnlich gar nicht so sehr um Außenseitertum, sondern darum, daß man als TV-loses Kind bestenfalls einen total unüblichen Zugang zur Welt hat, schlimmstenfalls gar keinen, völlig unabhängig davon, ob man Außenseiter ist oder nicht (ich zum Beispiel hatte immer Freundinnen, die mich als so verwirrt und seltsam akzeptiert haben, wie ich es war).
hefe hat folgendes geschrieben: |
Othilic hat folgendes geschrieben: | Und die Standard-Pädagogik ist nun einmal an der "Normalität" orientiert. Die Frage lautet nicht, ob diese unsere "normale" Welt ohne TV besser wäre, sondern ob man als Eltern seinen Kindern den Zugang zu dieser nun einmal vorhandenen "Normalität" komplett verweigert. Da muß man abwägen zwischen dem Schaden, den "Normalität" anrichten kann und dem Schaden, den die Verweigerung der "Normalität" anrichten kann. |
Genau. Siehe oben: z.B. Jugendlichkeitswahn, der ueber Medien an Kids herangetragen wird. Brust-Schoenheitsoperationen gehoeren heute in Brasilien mindestens genauso zur "NORMalitaet", wie der Gang zum Zahnarzt. Sollte man sich selbst dieser Normalitaet verschliessen oder den Kids diese "Normalitaet" vorenthalten? Oder soll man die Kinder schon jetzt in einem "altersgemaessen paedagogisch Rahmen" darauf vorbereiten, dass das in 20 Jahren (wenn sie selbst 25 sind) zum "normalen Leben" gehoert, respektive sie das fuer sich selbst eines Tages als Alternative in Erwaegung ziehen sollten?
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Natürlich nicht, das geht klar aus dem nächsten Absatz meines von Dir zitierten Beitrags hervor. Das ist ein Fall, wo die Abwägung bei mir gegen die Normalität ausfallen würde. Außerdem argumentiere ich in diesem Thread gegen Fernseh-Verweigerung, nicht für Jugendwahn und Schönheits-OPs.
hefe hat folgendes geschrieben: |
Othilic hat folgendes geschrieben: | Die Abwägung wird sicherlich je nach Aspekt der "Normalität" anders ausfallen. Im Falle des Fernsehens denke ich, daß moderater, kontrollierter TV-Konsum keine größeren Schäden anrichtet, andererseits aber TV so sehr unsere Welt prägt, daß Verweigerung größere Schäden anrichten kann. |
Das Problem sehe ich eher anders gelagert. Die heeren Ziele der Eltern, den Kindern nur ausgewaehlte Sendungen zugaenglich zu machen, sind faktisch bestenfalls Theorie, wenn nicht gar eine Illusion. Die Praxis zeigt, dass nur eine vernachlaessigbare Minderheit es schafft, konsequenten und verantwortlich beschraenkten Umgang der Kinder mit diesem Medium zu realisieren.
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Ich bin mir nicht sicher, ob das vielleicht auch nur einer kleinen Minderheit wirklich wichtig genug ist? Ich kenne Leute, bei denen hat das im Prinzip geklappt. Der Fernseher war in einem abschließbaren Teil des Wohnzimmerschranks. Ob es nun Dauerstreit um die Anschaffung eines Fernsehers gibt oder darum, wer was und wieviel schaut ...
hefe hat folgendes geschrieben: |
Othilic hat folgendes geschrieben: | Ob nun Karl May oder irgendwelche Serien. Das, was Kinder als "Normalität" kennen, spielen sie nach. Dein Argument brachten auch meine Eltern ständig dafür, uns Kindern einiges zu verweigern. Ich kann Dir sagen, es hat mich nicht überzeugt. |
Fernsehen ist heute sicherlich die Normalitaet. Realitaet wird damit aber sicherlich nicht vermittelt.
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Doch. Erstens ist TV und die wichtigsten Serien, Shows, Fußballereignisse etc Teil der Realität.
Zweitens vermittelt das TV den üblichen, viel kritisierten aber faktisch vorhandenen Zugang zur Realität über ausgewählte Bilder (siehe Nachrichtensendungen). Und dieser Zugang ist auch derjenige, den die Schule bei den Kindern als vorhanden vermutet und worauf sie aufbaut.
Natürlich ist es wünschenswert, daß möglichst viele Menschen über die Bilder-Medien-Realitätssicht hinauswachsen. Dazu ist aber beim Einzelnen eine Menge Engagement, Zeit und vor allem wohl auch intellektuelle Fähigkeit erforderlich. Wenn man einem Kleinkind/Schulkind den üblichen Bilder-Zugang zur Welt vorenthält, setzt man im Grunde voraus, daß es später diese Fähigkeit und Engagement auch an den Tag legt. Vermutlich fördert man es auch bestmöglich, um das zu erreichen. Doch wer kann schon sagen, wie sich ein Kind im Jugendlichen-Alter selbst weiterentwickelt? Im schlimmsten Fall besteht die Gefahr, daß das Kind gar keinen Zugang zur Realität hat.
Auch aus einem anderen Grund plädiere ich für "Hinauswachsen über normale Weltsicht" statt "individuelle Weltsicht erwerben, ohne die normale durchlebt zu haben": Weil man als über die Normalität hinausgewachsener immer noch Kontakt zur Normalität hat, ganz genau weiß, wie die Normalität funktioniert und dadurch effektiv in der Lage ist, die normal funktionierende Gesellschaft zu beeinflussen oder zu ändern. Sei es als Lehrer, Elternteil oder Intellektueller, oder auch am Stammtisch.
Über seine Zeit hinauswachsen: eindeutiges ja. Nie in seiner Zeit gelebt haben: eher nein, (abhängig davon, wie die jeweilige Zeit aussieht). Nicht einmal als Kind seine Zeit ein wenig kennengelernt haben: nein.
hefe hat folgendes geschrieben: |
Othilic hat folgendes geschrieben: | Ich gehe an diese Thematik mit der Erinnerung an meine eigene Kindheit heran. Meine Eltern haben mir alles mögliche "normale" komplett oder fast komplett verweigert, u.a. TV. |
Wieso waren Deine Eltern so zu Dir? Gab es da ideologische Gruende oder erklaerten sie Dir, warum dies und jenes - was die anderen eben als "normal" betrachten - negative Auswirkungen auf Dich haben koennte?
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Meine Mutter empfand Vieles (oft ohne es zu kennen) als bedrohlich, da sie sich davon unterdrückt und ihrer Freiheit beraubt fühlte. Mein Vater hatte zu Vielem (oft ohne es zu kennen) eine elitäre, überhebliche Einstellung. Bei beiden paßt das Wort Ideologie. Sie haben mir ihre Gründe erklärt oder besser gesagt ihre Ideologien vermittelt, die ich als Kind - leider - zum Großteil auch geglaubt habe.
hefe hat folgendes geschrieben: |
Othilic hat folgendes geschrieben: | Kann und sollte. Die Realität sieht in den öffentlichen Kindergärten und Schulen leider anders aus. Zudem stellt sich die Frage, ob man das Anderssein der Kinder künstlich um ein Vielfaches steigern sollte. |
Nicht steigern, sondern festigen. Lernen, Andersartigkeit als festen Lebens-Bestandteil wahrzunehmen und damit umgehen zu koennen. Unser 8-jaehriger besucht eine Privatschule. Da gibt es auch so genannte integrative Kinder. Die "normalen" Kinder lernen, dass eben nicht alles soooo "normal" im Leben ist, waehrend die Integrativen mit ihrer Andersartigkeit in die "Normalitaet" mit aufgenommen werden.
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Daß man Kindern eine Möglichkeit gibt, normal zu sein und die normale Welt kennenzulernen, bedeutet doch nicht, daß man all diejenigen ausgrenzt, die nicht dem Normstandard entspricht.
Integrative Schulen finde ich wirklich gut. Behinderte (ich nehme mal an, das meinst Du mit den so genannten integrativen Kindern?) sind ein Teil der Normalität. Genauso Alte und Kranke. Kinder künstlich von diesen Menschen fernzuhalten halte ich für genauso verkehrt wie Kinder künstlich von der normalen Welt fernzuhalten.
Zitat: |
Othilic hat folgendes geschrieben: | Es sind ja meist auch nur die Erwachsenen, die in der Verschiedenheit der Kinder einen Wert sehen. Anderssein wird von den Kindern selbst negativ gesehen. Erst für Jugendliche gewinnt die Frage "wer bin ich" und Streben nach Individualität an Bedeutung. Für das Ausleben und Entwickeln der Individualität ist Selbstbewußtsein nötig, und das ist als "Außenseiter" schwerer zu entwickeln. |
Klar. Kinder koennen grausam sein (insbesondere zu Behinderten). Wo aber faengt Verschiedenheit/ Andersartigkeit an? Der eine hat schon Probleme mit seinem etwas kuerzeren Sommerhaarschnitt, der andere damit, dass seine Eltern einen Bogen um McDoof machen.
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Ja, stimmt alles. Ich argumentiere gegen eine künstlich und unnötig erzeugte sehr extreme Andersartigkeit. Andersartigkeit, die von Natur aus oder aus wichtigen Gründen besteht, sowie Haarschnitte oder McDonalds' Verweigerung würde ich anders beurteilen.
hefe hat folgendes geschrieben: |
Herbert hat folgendes geschrieben: | Sorry, aber ausserdem erinnern mich solche Saetze auch immer an die (teils medialen?) Massenphaenomene Hitler,... |
Othilic hat folgendes geschrieben: | Das Thema Hitler sollten wir aus dieser Diskussion lieber heraushalten.
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Herbert hat folgendes geschrieben: | Dina oder Religion: Etwas tun, NUR weil man opportun wirken moechte!?
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Othilic hat folgendes geschrieben: | Es geht mir nicht um's wirken, und schon gar nicht um Opportunität. Sondern um's Sein. Um die Möglichkeit, "normal" zu sein. Um die Möglichkeit, sich in der "normalen" Welt zuhause und geborgen zu fühlen, um sich dann in manchen Dingen bewußt gegen die "Normalität" zu entscheiden. Um die Möglichkeit, sich als Jugendlicher in allen möglichen Punkten für ein "normales", angepaßtesVerhalten zu entscheiden oder für ein individualistisches. Diese Möglichkeit hatte ich nicht, hätte sie aber gerne gehabt (Okay, das lag nicht nur am fehlenden TV, das hat aber eine große Rolle gespielt). |
Mmmmh... sich in der Normalitaet geborgen fuehlen. Sorry nochmal, aber das hat mit Hitler auch ein wenig zu tun.
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Noch einmal: könnten wir Hitler hier herauslassen? So wie Du weiterschreibst, habe den Eindruck, daß es Dir bei der Erwähnung Hitlers um das Phänomen des Dabeiseins bei Trends ging, was man auch bei vielen anderen Gelegenheiten finden kann. Sprechen wir dann doch lieber über die anderen Beispiele...
hefe hat folgendes geschrieben: |
Natuerlich ebenso mit der Beerdigung des Papstes oder Mooshammers, mit dem Run auf Fussballstadien (besonders bei der WM), mit dem Tragen von Markenkleidung bestimmter Labels, mit Urlaubszielen der Touri-Massen, Fast-Food, usw, also mit dem Wunsch/ Verlangen (bei bestimmten Trends?) dabeizusein; nicht draussen vor zu sein. Dort zu sein, wo angebliche Normalitaet stattfindet.
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... und auch bei den anderen Beispielen muß ich Dir widersprechen. Es geht mir nicht um so oberflächliches wie Dabeisein bei Trends. Es geht mir um das Verweigern eines hier und heute subkulturübergreifend üblichen Aspekts der Normalität, der zusätzlich den üblichen Zugang zur Welt darstellt und bei moderatem Konsum weniger schadet als nutzt.
Nun gut, im Nachhinein kommt mir die Formulierung "in Normalität geborgen" auch mißverständlich vor. Ich meinte damit: die Welt, die man als Kind kennengelernt hat und in der man sich als Kind (bei aller Kritik der Eltern daran) geborgen und zuhause gefühlt hat, die man als Jugendlicher kritisch durchleuchtet, ist "Normalität". Wie soll man als Jugendlicher zu einer tiefgehenden Kritik der "Normalität" kommen, wenn man sie nicht kennt?
Es handelt sich IMO auch nicht um ein erstrebenswertes Ziel für einen erwachsenen Menschen. Wohl aber um ein wichtiges Durchgangsstadium für Kinder, aus verschiedenen Gründen.
hefe hat folgendes geschrieben: |
Othilic hat folgendes geschrieben: | Ich selbst verweigere mittlerweile auch eine ganze Menge: ich lebe vegetarisch, bin nicht gläubig, lagere meinen Fernseher im Karton verpackt im Keller und noch manches andere. Ich verweigere andere Dinge als die, die meine Eltern mir verweigert haben. Aus Überzeugung. Dennoch werde ich diese Dinge meinen Kindern nicht komplett verweigern. Die Fehler meiner Eltern möchte ich nicht wiederholen. Meine Kinder sollen sich selbst entscheiden, aus welcher Überzeugung heraus sie was verweigern. |
Hast Du Dir schon mal ueberlegt, dass Du von Deinen Eltern gelernt hast, Dich bestimmten Dingen zu verweigern? Viele Menschen bekommen diese Moeglichkeit doch erst gar nicht beigebracht. ...und heute aus Ueberzeugung? Und Deine Eltern - waren die nicht ueberzuegt? Oder konnten sie nur Dich nicht ueberzeugen? Wie war es mit Deinen Geschwistern - wenn Du welche hast?
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Ja, das habe ich mir schon mal überlegt. Natürlich habe ich durch meine Eltern die Fähigkeit gelernt, die "Normalität" kritisch zu sehen. Das hätte ich aber auch dann gelernt, wenn sie mir die Möglichkeit gegeben hätten, "Normalität" kennenzulernen, einfach durch die kritische Einstellung meiner Eltern zur Normalität.
Und natürlich waren sie von ihrer Verweigerung überzeugt, das wollte ich auch gar nicht in Frage stellen. Weshalb ich betonte, ich selbst verweigere heute "aus Überzeugung": Weil es zwei Arten von Verweigern gibt: Verweigern, weil man das Verweigern von den Eltern unreflektiert übernommen hat. Und Verweigern, weil man selbst nachgedacht hat und dadurch zu einer Überzeugung gekommen ist. Auch beim Verweigern gilt Goethes Spruch: " Was du ererbt von deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen."
(Übrigens haben meine Eltern mittlerweile durch uns eine andere Einstellung zum Fernsehen bekommen).
Meinen Bruder habe ich gefragt, er denkt noch darüber nach, evtl kommt seine Meinung also später.
hefe hat folgendes geschrieben: |
Othilic hat folgendes geschrieben: | (Ich sollte darauf hinweisen, daß ich noch keine Kinder habe und das nur Pläne sind) |
Darf ich fragen, wie alt Du bist?
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Alt genug, um gleichaltrige Freunde und ihre Kinder beim Streit ums Fernsehen zu erleben. Jung genug, um die biologische Uhr nur leise ticken zu hören.
hefe hat folgendes geschrieben: |
...
Ich selbst gucke nicht fern und mir fehlt auch nichts. Wir hatten viele Jahre ueberhaupt keine Flimmerkiste. Wir machten stattdessen wesentlich mehr gemeinsame Spiele waehrend der Zeit vor und nach dem Abendessen als heute. Natuerlich ist dieser geaenderte Umstand auch auf die mangelnde Konsequenz meinerseits zurueckzufuehren.
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Ach so, Ihr habt einen Fernseher? Das hatte ich ganz anders verstanden.
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Othilic Gast
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(#287244) Verfasst am: 19.04.2005, 21:59 Titel: |
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Sermon hat folgendes geschrieben: | [...]
waere es sinnvoll, Kindern und Jugendlichen den angemessenen Umgang mit Medien beizubringen.
Zitat: | (zu Aufsatzthemen wie "welche Regeln gelten bei euch zuhause fürs Fernsehen?" kann man als TV-loses Kind nunmal nicht die gewünschten 10 Sätze schreiben; ...) |
[...] ich halte die von der Lehrkraft gewaehlte Fragestellung fuer illegitim, da sie eine Ausforschung von Privatleben darstellt. Und dagegen sollten Eltern immer protestieren!
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Es war damals (3.Klasse, glaube ich) Teil von einem größeren Unterrichts-Thema über Fernsehen (wie es funktioniert, wie man damit umgeht, Probleme, Vorteile) und sollte wahrscheinlich genau auf das abzielen, was Du oben fordertest: den Kindern den angemessenen Umgang mit Medien beizubringen. Dazu mußte natürlich erstmal erreicht werden, daß die Kinder sich bewußt machen, wie bei ihnen zuhause der Umgang mit Fernsehen abläuft.
Das lief bei uns in der Grundschule übrigens immer so ab: Es wurde bei neuen Themen immer wenn es möglich war, angeknüpft an Erlebnisse und Erfahrungen, die wir Kinder schon hatten. Die Kinder dort abholen, wo sie stehen. Das finde ich grundsätzlich ideal, nur war es eben oft der Fall, daß ich nicht dort stand, wo die anderen standen und also auch nicht abgeholt werden konnte. Natürlich erfährt die Lehrerin dadurch einiges über das Privatleben. Das würde ich aber nicht als illegitime Ausforschung von Privatleben bezeichnen.
Sermon hat folgendes geschrieben: |
Zitat: | In meiner Kindheit hat sich eine starke Sehnsucht nach "Normalität" aufgebaut. |
Wer ist schon gerne Aussenseiter? Es gibt aber doch fuer Schueler nicht nur Erwartungshaltungen von Eltern und Lehrern, sondern einen Konformitaetsdruck der Altersgenossen. |
Die Sehnsucht, Zugang zur "Normalität" zu haben, ist eine ganz andere Sehnsucht als diejenige, kein Außenseiter zu sein. Ich war eigentlich kein Außenseiter, kannte aber einen sehr großen Teil der normalen Lebenswelt meiner Freundinnen einfach nicht. Dieses Nichtkennen der Normalität, das ständige Verwirrtsein, war für mich der Normalzustand, weshalb ich kein Vertrauen in meine Sicht der Welt hatte. Ich habe die Kinderwelt nicht beurteilt, sondern einfach nur verwirrt / überfordert / sehnsüchtig angeschaut und mich dann wieder in meine mir bekannte Ecke zurückgezogen.
Später wuchs ich in die Erwachsenenwelt hinein, behielt aber den verwirrten, nicht kritisch urteilenden Blick bei. Es hat ganz schön lang gedauert (bis jenseits der 20), bis ich so viel Vertrauen hatte in meine Fähigkeit, die Realität erkennen zu können, daß ich mir selbst das Recht zugestand und zutraute, sie zu beurteilen.
Sicherlich lag das nicht nur am Aufwachsen ohne Fernseher, aber das war ein sehr wichtiger Faktor.
Sermon hat folgendes geschrieben: |
Zitat: | Erst für Jugendliche gewinnt die Frage "wer bin ich" und Streben nach Individualität an Bedeutung. Für das Ausleben und Entwickeln der Individualität ist Selbstbewußtsein nötig, und das ist als "Außenseiter" schwerer zu entwickeln. |
Das Maedchen mit Kopftuch kann auf ihre schamlos unverhuellt dahergehenden Mitschuelerinnen moralisch erhaben veraechtlich hinabblicken. Stigmatisierungsprozesse und Selbstentwuerfe treten ja in Beziehung zueinander. [...]
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Möglicherweise. Andere würden sagen, daß dieses Mädchen ihr Selbstbewußtsein aus ihrer Zugehörigkeit zur "Normalität" ihrer "Parallelgesellschaft" bezieht. Aber das ist ein anderes Thema.
Sermon hat folgendes geschrieben: |
Zitat: | Um die Möglichkeit, sich als Jugendlicher in allen möglichen Punkten für ein "normales", angepaßtesVerhalten zu entscheiden oder für ein individualistisches. |
In unserer Warenwelt wird doch jede neue Bewegung innerhalb kuerzester Zeit kommerzialisiert. Man kann sich auch eine aeuszerlich dissidente Individualitaetskostuemierung - und gerade Jugendliche definieren sich und andere ueber derartige Merkmale - von der Stange kaufen.
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Ich sehe das eher als eine Chance, zumindest habe ich nichts dagegen einzuwenden, wenn ein Jugendlicher sich die äußeren Anzeichen einer Identität von der Stange kauft, solange er sich auch in diese Identität einfühlt und einlebt. Es ist auch nichts dagegen einzuwenden, wenn ein Jugendlciher auf diese Weise verschiedene Identitäten nacheinander ausprobiert. Doch auch das ist ein anderes Thema.
Sermon hat folgendes geschrieben: |
Zitat: | Die Fehler meiner Eltern möchte ich nicht wiederholen. Meine Kinder sollen sich selbst entscheiden, aus welcher Überzeugung heraus sie was verweigern. |
Das sind zweifellos gute Absichten.
Du wirst aber nicht umhinkommen, als Erziehende Entscheidungen zu treffen. Du wirst Kindern Grenzen setzen muessen. Du wirst auch nicht alles immer zur egozentrisch limitierten Einsichtsfaehigkeit des Kindes dieses befriedigend erklaeren koennen. |
Ja, sicherlich. Ich meinte auch nicht, daß meine Kinder mit 5 oder 7 Jahren aus Überzeugung heraus etwas verweigern sollen. Ändern wir meinen Satz so ab: meine Kinder sollen sich später, wenn sie älter sind, selbst entscheiden, aus welcher Überzeugung heraus sie was verweigern.
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