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Kein Denkmal für Deserteure
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Jolesch
Freund des kleineren Übels



Anmeldungsdatum: 11.07.2004
Beiträge: 7390
Wohnort: Omicron Persei VIII

Beitrag(#292205) Verfasst am: 06.05.2005, 12:01    Titel: Antworten mit Zitat

Mautpreller hat folgendes geschrieben:
Tante Jolesch hat folgendes geschrieben:
Man kann durchaus kritisieren wie dieser Krieg geführt wurde, aber IMHO nicht dass er geführt wurde.

Doch.


Nein.





nicht so ausführlich bitte Lachen das IMHO sollte andeuten, dass es sich um eine Meinungsäußerung handelt, und nicht um ein Diskussionsverbot zwinkern
_________________
Storm by Tim Minchin
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Kunigunde
Seltsam



Anmeldungsdatum: 10.08.2003
Beiträge: 655
Wohnort: zu Hause

Beitrag(#292273) Verfasst am: 06.05.2005, 15:35    Titel: Antworten mit Zitat

annox hat folgendes geschrieben:
Cirsium hat folgendes geschrieben:
Georg Elser war ein einfacher Tischlergeselle, und seine Handlung wiederlegt die Aussage vieler, man habe nicht gewusst, was die Nazis vorhatten. Wenn ein Tischlergeselle das zu merken imstande war, dann muss es doch auch anderen aufgefallen sein.

Er war nicht nur Tischlergeselle, sondern auch im Rotfrontkaempferbund. Das koennte durchaus dazu beigetragen haben, dass "man" sich hierzulande etwas schwer tut mit seiner Rehabilitierung, oder?


Ja, da stimme ich zu.

Zitat:
Zitat:
Und nochmals, meine Aussagen zu Desserteuren beziehen sich ausschließlich auf Angriffskriege, damit Du mich richtig verstehst. zwinkern

Somit akzeptierst Du meinen Differenzierungswunsch? *aufderLauerlieg*


Ich habe es explizit nicht so ausgedrückt, aber meinetwegen. Aber bezüglich einer Befürwortung/Ablehnung eines Denkmals wirst du hier keine Aussage von mir finden, nur daß ich Verständnis dafür habe, daß jemand dessertiert und damit u.U. sein Leben retten will (Was allzu oft mit dem Gegenteil endete).

Aber die Wehrmacht führte einen Angriffskrieg, oder *auch-auf-der-Lauer-lieg*?
[/quote]
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Leony
gottlos



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 3674
Wohnort: Aufklärung und Kritischer Rationalismus

Beitrag(#292672) Verfasst am: 07.05.2005, 22:47    Titel: Antworten mit Zitat

Ein Blick nach Österreich:
Eberhard Nembach, ARD-Hörfunkstudio Wien, hat folgendes geschrieben:
Deserteure der deutschen Wehrmacht seien "zum Teil Kameradenmörder" gewesen. Das sagte der Kärntner Siegfried Kampl vor knapp drei Wochen. Und er schob noch hinterher: Diese angeblichen "Mörder" seien "keine Einzelfälle" gewesen, da habe es "katastrophale Zustände" gegeben. Kampl ist nicht irgendwer und er sagte das auch nicht irgendwo: Der 68-jährige ist Mitglied im Bundesrat, der in Österreich vor allem symbolische Funktionen hat. Und Kampl hat seine Ansichten bei einer Diskussion ebendort, im Bundesrat, zum besten gegeben. Anlass war eine dringliche Anfrage der Grünen, die Rehabilitierung von Opfern der Nazi-Justiz fordern, zu denen ihrer Meinung nach eben auch die Wehrmachts-Deserteure gelten.

Über die Kameradenmörder, die in eigener Regie desertierte Kameraden "hingerichtet" haben,
redete Herr Kampl vermutlich nicht ...

Auf derselben Webseite gibt es einen Hinweis darauf, was aus Herrn Kampl geworden ist:

Tagesschau hat folgendes geschrieben:
Seine Kritik an der "brutalen Verfolgung" von Nationalsozialisten nach dem Krieg hat den österreichischen BZÖ-Politiker Siegfried Kampl für die neue Partei des Rechtspopulisten Jörg Haider untragbar gemacht: Ein BZÖ-Sprecher gab bekannt, Kampl habe sein Bundesratsmandat niedergelegt.
Kampl hatte vergangene Woche Empörung ausgelöst, als er die "brutale Verfolgung" von Nazis nach dem Zweiten Weltkrieg in Österreich kritisierte und Wehrmachtsdeserteure als "Kameradenmörder" bezeichnete.

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Gruß, Leony (Gott losgeworden vor vielen Jahren Sehr glücklich)
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Sermon
panta rhei



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 18430
Wohnort: Sine Nomine

Beitrag(#292684) Verfasst am: 07.05.2005, 23:34    Titel: Antworten mit Zitat

Die Juden haben ihr Mahnmal schon, Schwule und Sinti und Roma werden ihre "Orte der Erinnerung" bekommen. Nur die Deserteure, Kriegsdienstverweigerer und Wehrkraftzersetzer, die sich dem Mordapparat des Dritten Reiches verweigert haben, sterben weg, ohne dass ihrer gedacht wird.
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"Der Typ hat halt so seine Marotten" (Sermon über Sermon) Der Typ hat so seine Macken
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Sermon
panta rhei



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 18430
Wohnort: Sine Nomine

Beitrag(#292687) Verfasst am: 07.05.2005, 23:37    Titel: Antworten mit Zitat

Shadaik hat folgendes geschrieben:
Deserteure wurden mW standrechtlich erschossen oder gehängt, Feigheit ist was anderes.


http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,355081,00.html

Zitat:
"Über 30.000 so genannte Wehrkraftzersetzer wurden zum Tode verurteilt, über 20.000 hingerichtet. Tausende kamen in Konzentrationslagern und Strafbataillonen ums Leben."


Zitat:
60 Jahre lang galt Ludwig Baumann als "rechtskräftig vorbestraft", von einem ordentlichen Gericht zu einer verdienten Strafe verurteilt, bis der Bundestag im Mai 2002 nach endlosen Debatten und gegen den Widerstand von Sachsen und Bayern im Bundesrat die Urteile der NS-Militärjustiz durch einen Beschluss aufhob. Für die meisten Deserteure, die das Dritte Reich wie Baumann überlebt hatten, kam die Ehrenrettung zu spät. Im Jahre 2002 war ihre Zahl auf etwa 40 geschrumpft, heute sind es noch weniger. "Fast alle sind entwürdigt gestorben", sagt Baumann, der seit vielen Jahren vergeblich darum kämpft, dass die "Deserteure" einen eigenen "Ort des Gedenkens" bekommen - oder wenigstens eine Ausstellung, die diesen Teil der deutschen Kriegs- und Nachkriegsgeschichte dokumentiert.


Zitat:
Torgau in Sachsen wäre dafür der geeignete Ort. Hier urteilte von 1943 bis Kriegsende das Reichskriegsgericht, nachdem es den NS-Juristen in Berlin zu ungemütlich geworden war, hier wurden über 1000 Todesurteile verhängt, hier gab es zwei Wehrmachtsgefängnisse, in denen Zehntausende von Gefangenen festgehalten und gequält wurden. Es gibt im Torgauer Fort Zinna, "dem zentralen Ort unserer Verfolgung" (Baumann), seit 1992 eine Gedenkstätte. Aber nicht für die Opfer der NS-Militärjustiz, sondern für die nach 1945 von den sowjetischen Besatzern inhaftierten Deutschen, unter ihnen ehemalige Kriegsrichter, Mitglieder der NSDAP, der SA, der SS, der Gestapo und des SD.

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Eifellady
Weiße Haifelbestie



Anmeldungsdatum: 19.11.2003
Beiträge: 14403
Wohnort: Wildnis der Eifel

Beitrag(#292689) Verfasst am: 07.05.2005, 23:41    Titel: Antworten mit Zitat

Sermon hat folgendes geschrieben:
Die Juden haben ihr Mahnmal schon, Schwule und Sinti und Roma werden ihre "Orte der Erinnerung" bekommen. Nur die Deserteure, Kriegsdienstverweigerer und Wehrkraftzersetzer, die sich dem Mordapparat des Dritten Reiches verweigert haben, sterben weg, ohne dass ihrer gedacht wird.


Mehr als skandalös ist das Handeln unserer *demokratischen* Bundesregierung, die diese Ungerechtigkeiten gegenüber den Deserteuren aufrecht erhalten hat.
Es ist irgendwie noch verständlich, wenn ein kriegsführender Staat, Deserteure verurteilt- auch wenn dies eine schreiende Ungerechtigkeit ist- doch das ein Staat, diese Verurteilung jahrzehntelang im Grunde aufrecht erhält, diese Menschen mit einem *Makel* behaftet, welches gar keiner ist, ist so menschenverachtend, wie man es eigentlich sonst nur von diktatorischen Regierungen erwarten könnte.
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Jolesch
Freund des kleineren Übels



Anmeldungsdatum: 11.07.2004
Beiträge: 7390
Wohnort: Omicron Persei VIII

Beitrag(#292711) Verfasst am: 08.05.2005, 01:52    Titel: Antworten mit Zitat

Sermon hat folgendes geschrieben:
Die Juden haben ihr Mahnmal schon, Schwule und Sinti und Roma werden ihre "Orte der Erinnerung" bekommen. Nur die Deserteure, Kriegsdienstverweigerer und Wehrkraftzersetzer, die sich dem Mordapparat des Dritten Reiches verweigert haben, sterben weg, ohne dass ihrer gedacht wird.


Ich pack es noch immer nicht, dass jeder "sein eigenes" Mahnmal hat .... Jedem das seine Nein
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Storm by Tim Minchin
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Leony
gottlos



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 3674
Wohnort: Aufklärung und Kritischer Rationalismus

Beitrag(#292719) Verfasst am: 08.05.2005, 02:17    Titel: Antworten mit Zitat

Tante_Jolesch hat folgendes geschrieben:
Ich pack es noch immer nicht, dass jeder "sein eigenes" Mahnmal hat .... Jedem das seine Nein

Tja, was will man machen, nachdem sich diejenigen durchgesetzt haben,
die für die größte Opfergruppe ein eigenes Mahnmal wollten? Schulterzucken
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Ihno
Interlektuäler



Anmeldungsdatum: 31.01.2005
Beiträge: 368

Beitrag(#292730) Verfasst am: 08.05.2005, 09:57    Titel: Antworten mit Zitat

Leony hat folgendes geschrieben:
Tante_Jolesch hat folgendes geschrieben:
Ich pack es noch immer nicht, dass jeder "sein eigenes" Mahnmal hat .... Jedem das seine Nein

Tja, was will man machen, nachdem sich diejenigen durchgesetzt haben,
die für die größte Opfergruppe ein eigenes Mahnmal wollten? Schulterzucken


Natürlich ist es notwendig, dass verschiedene Opfergruppe auch verschiedener Erinnerung bedürfen und dass deshalb auch verschiedene Gedenkstätten/Plätze der Erinnerung notwendig sind.
Das sind verschiedene paar Schuh und wenn man möchte, dass sie alle einzeln wahrgenommen werden, darf man sie nicht in einen Topf werfen.
_________________
"In der Welt der Wissenschaft ist alles perfekt!" (Dexter, Dexters Labor)
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Jolesch
Freund des kleineren Übels



Anmeldungsdatum: 11.07.2004
Beiträge: 7390
Wohnort: Omicron Persei VIII

Beitrag(#292736) Verfasst am: 08.05.2005, 11:03    Titel: Antworten mit Zitat

Ihno hat folgendes geschrieben:
Natürlich ist es notwendig, dass verschiedene Opfergruppe auch verschiedener Erinnerung bedürfen und dass deshalb auch verschiedene Gedenkstätten/Plätze der Erinnerung notwendig sind.
Das sind verschiedene paar Schuh und wenn man möchte, dass sie alle einzeln wahrgenommen werden, darf man sie nicht in einen Topf werfen.


Ich versteh das Argument nicht: Wer mehr Opfer hat bekommt das größere Mahnmal? Ws hat das mit "einzelner Wahrnehmung" zu tun?

Die Initiatorin des Mahnmals in Berlin,Lea Rosh, begründet das so: "Nicht wir haben die Opfer hierachisiert, wie man uns immer wieder vorwirft, sondern die Nazis haben das getan."

Und die Vertreter bzw. die Erben der Opfer übernehmen einfach diese Hierachisierung - das ist mir einfach unbegreiflich. Das ist doch ein besonderes Merkmal des 3. Reiches gewesen: Menschen nach willkürlichen Kriterien, wie Konservendosen, zu sortieren und edikitieren (und entsorgen). Nicht umsonst stand in großen Lettern über dem KZ Buchenwald "Jedem das seine".
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Storm by Tim Minchin
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Ralf Rudolfy
Auf eigenen Wunsch deaktiviert.



Anmeldungsdatum: 11.12.2003
Beiträge: 26674

Beitrag(#292738) Verfasst am: 08.05.2005, 11:41    Titel: Antworten mit Zitat

Tante_Jolesch hat folgendes geschrieben:
Ihno hat folgendes geschrieben:
Natürlich ist es notwendig, dass verschiedene Opfergruppe auch verschiedener Erinnerung bedürfen und dass deshalb auch verschiedene Gedenkstätten/Plätze der Erinnerung notwendig sind.
Das sind verschiedene paar Schuh und wenn man möchte, dass sie alle einzeln wahrgenommen werden, darf man sie nicht in einen Topf werfen.


Ich versteh das Argument nicht: Wer mehr Opfer hat bekommt das größere Mahnmal? Ws hat das mit "einzelner Wahrnehmung" zu tun?

Die Initiatorin des Mahnmals in Berlin,Lea Rosh, begründet das so: "Nicht wir haben die Opfer hierachisiert, wie man uns immer wieder vorwirft, sondern die Nazis haben das getan."

Und die Vertreter bzw. die Erben der Opfer übernehmen einfach diese Hierachisierung - das ist mir einfach unbegreiflich. Das ist doch ein besonderes Merkmal des 3. Reiches gewesen: Menschen nach willkürlichen Kriterien, wie Konservendosen, zu sortieren und edikitieren (und entsorgen). Nicht umsonst stand in großen Lettern über dem KZ Buchenwald "Jedem das seine".

Ich fürchte, ich verstehe nicht ganz: warum ist es eine Hierarchisierung wenn diverse Opfergruppen je eine eigene Gedenkstätte haben?
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Dadurch, daß ein Volk nicht mehr die Kraft oder Willen hat, sich in der Sphäre des Politischen zu halten, verschwindet das Politische nicht aus der Welt. Es verschwindet nur ein schwaches Volk. (Carl Schmitt)
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Shadaik
evolviert



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 26377
Wohnort: MG

Beitrag(#292753) Verfasst am: 08.05.2005, 13:49    Titel: Antworten mit Zitat

Sermon hat folgendes geschrieben:
Die Juden haben ihr Mahnmal schon, Schwule und Sinti und Roma werden ihre "Orte der Erinnerung" bekommen. Nur die Deserteure, Kriegsdienstverweigerer und Wehrkraftzersetzer, die sich dem Mordapparat des Dritten Reiches verweigert haben, sterben weg, ohne dass ihrer gedacht wird.

Auja, reden wir über den Sinn und Zweck der anderen Mahnmale und inwieweit sie ihn erfüllen. Cool
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Ihno
Interlektuäler



Anmeldungsdatum: 31.01.2005
Beiträge: 368

Beitrag(#292800) Verfasst am: 08.05.2005, 17:54    Titel: Antworten mit Zitat

Tante_Jolesch hat folgendes geschrieben:
Ihno hat folgendes geschrieben:
Natürlich ist es notwendig, dass verschiedene Opfergruppe auch verschiedener Erinnerung bedürfen und dass deshalb auch verschiedene Gedenkstätten/Plätze der Erinnerung notwendig sind.
Das sind verschiedene paar Schuh und wenn man möchte, dass sie alle einzeln wahrgenommen werden, darf man sie nicht in einen Topf werfen.


Ich versteh das Argument nicht: Wer mehr Opfer hat bekommt das größere Mahnmal? Ws hat das mit "einzelner Wahrnehmung" zu tun?


Wie RalfR schon angemerkt hat, von der Größe dieser Stätten habe ich nicht gesprochen. Ich habe auch nicht einzelne Opfergruppen hierarchisiert.

Zitat:
Die Initiatorin des Mahnmals in Berlin,Lea Rosh, begründet das so: "Nicht wir haben die Opfer hierachisiert, wie man uns immer wieder vorwirft, sondern die Nazis haben das getan."

Und die Vertreter bzw. die Erben der Opfer übernehmen einfach diese Hierachisierung - das ist mir einfach unbegreiflich. Das ist doch ein besonderes Merkmal des 3. Reiches gewesen: Menschen nach willkürlichen Kriterien, wie Konservendosen, zu sortieren und edikitieren (und entsorgen). Nicht umsonst stand in großen Lettern über dem KZ Buchenwald "Jedem das seine".


Das Problem ist ein anderes. Wenn man von verschiedenen Opfergruppen spricht, so spricht man jeweils über eine ganz eigene Verfolgungsgeschichte, die sich eben nicht über einen Kamm scheren lässt. Die Geschichte der Schwulen im "Dritten Reich" ist eine andere als die Geschichte der Juden oder die Geschichte von "Arbeitsscheuen".

Ich kann natürlich nun, wie es in der DDR z.B. üblich war, ein großes Monument hinstellen und darunter setzen "den Opfern der Gewaltherrschaft" oder "den Opfern des Faschismus", aber damit nehme ich den einzelnen Opfergruppen und somit auch den individuellen Opfern ihre Einzigartigkeit und Würde und habe stattdessen eine undefinierbare "Opfersuppe", so dass alle sich ihr eigenes Bild zurechtmachen können, wie sie gerade lustig sind.

Eine Auseinandersetzung mit der Geschichte einzelner Opfergruppen kann nur stattfinden, wenn man sich konkrekt mit der Geschichte dieser Gruppe auseinandersetzt. Wenn Gedenken mehr sein soll, als nur ein "schlimm schlimm", dann muss ich mir die Mühe machen und ein bisschen genauer gucken. Ansonsten kann ich es gleich lassen.
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Nordseekrabbe
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Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 31152
Wohnort: Dresden

Beitrag(#292829) Verfasst am: 08.05.2005, 19:17    Titel: Antworten mit Zitat

Es ist bezeichnend, an dem Tag des Gedenkens des 60. Jahrestages des Kriegsendes, das unsere Gesellschaft, unsere Politiker nicht den Mumm, die Courage zeigen, sich eindeutig für ein Denkmal für Deserteure auszusprechen und dieses umzusetzen.

Vor diesem Hintergrund muss einem die Gedenkens- und Trauerbekundungen irgendwie ein wenig wie hohles Geschwafel vorkommen.
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Jolesch
Freund des kleineren Übels



Anmeldungsdatum: 11.07.2004
Beiträge: 7390
Wohnort: Omicron Persei VIII

Beitrag(#292953) Verfasst am: 09.05.2005, 10:07    Titel: Antworten mit Zitat

Ralf Rudolfy hat folgendes geschrieben:

Ich fürchte, ich verstehe nicht ganz: warum ist es eine Hierarchisierung wenn diverse Opfergruppen je eine eigene Gedenkstätte haben?

Ja wenn es danach geht wie „wichtig“ die einzelne Gruppe ist und davon dann abhängt wie groß das Mahnmal ist, wo es steht und ob sie überhaupt eines bekommen.


Ihno hat folgendes geschrieben:
Wie RalfR schon angemerkt hat, von der Größe dieser Stätten habe ich nicht gesprochen. Ich habe auch nicht einzelne Opfergruppen hierarchisiert.

Nein hast du natürlich nicht. Ich hab das nicht auf dich bezogen rose – hätte gründlicher formulieren sollen. Mir ist das einfach auf der Zunge gelegen, nachdem ich vorgestern die ARD Doku zum Mahnmal und dann das Interview mit Fr. Rosh zu Gesicht bekommen habe.

Ihno hat folgendes geschrieben:

Eine Auseinandersetzung mit der Geschichte einzelner Opfergruppen kann nur stattfinden, wenn man sich konkrekt mit der Geschichte dieser Gruppe auseinandersetzt. Wenn Gedenken mehr sein soll, als nur ein "schlimm schlimm", dann muss ich mir die Mühe machen und ein bisschen genauer gucken. Ansonsten kann ich es gleich lassen.


Auch in den KZ Gedenkstätten wird allen Opfergruppen gleichzeitig gedacht – und ich habe nicht den Eindruck dass das nur ein „schlimm schlimm“ auslöst
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Ihno
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Anmeldungsdatum: 31.01.2005
Beiträge: 368

Beitrag(#292970) Verfasst am: 09.05.2005, 12:58    Titel: Antworten mit Zitat

Tante_Jolesch hat folgendes geschrieben:

Ihno hat folgendes geschrieben:

Eine Auseinandersetzung mit der Geschichte einzelner Opfergruppen kann nur stattfinden, wenn man sich konkrekt mit der Geschichte dieser Gruppe auseinandersetzt. Wenn Gedenken mehr sein soll, als nur ein "schlimm schlimm", dann muss ich mir die Mühe machen und ein bisschen genauer gucken. Ansonsten kann ich es gleich lassen.


Auch in den KZ Gedenkstätten wird allen Opfergruppen gleichzeitig gedacht – und ich habe nicht den Eindruck dass das nur ein „schlimm schlimm“ auslöst


Das Problem mit der "Erinnerungskultur" ist folgendes: Erinnerung basiert nicht auf Fakten, sondern sie entsteht in den Köpfen und basiert deswegen auf individuellen Vorstellungen.
Wenn ich ein Konzentrationslager besuche und dort keine Anhaltspunkte auf die konkrete Lagergeschichte vorfinde [die Dauerausstellungen werden erfahrungsgemäß oft igoniert oder nur ungenügend wahrgenommen etc.], dann setze ich mich nicht mit den tatsächlichen Geschehnissen auseinander, sondern ich setze mich mit den Vorstellungen in meinem Kopf auseinander.

Als ich 1993 in Sachenhausen war, hat dort nichts an die schwulen Opfer erinnert, obwohl Schwule "bevorzugt" nach Sachsenhausen „geschickt“ wurden. Wenn ich Sachsenhause besuche und dort nichts zur Homosexuellenverfolgung finde, wenn ich gleichzeitig diese Opfergruppe nicht "auf dem Schirm" habe, dann werde ich diesen Aspekt dieses Lagers nicht wahrnehmen. Das kann aber nicht der Sinn einer Gedenkstätte sein.

„Zentrale“ Mahnmale für "alle Opfer" führen dazu, dass Besucher nur diejenigen Aspekte wahrnehmen, die ihnen gefallen oder „genehm sind“. So sind ja die Mahnmale in der ehemaligen DDR ja von der damaligen DDR-Regierung ganz bewußt so gestaltet worden, dass nur der "antifaschistischen" Opfer gedacht werden sollte, was wiederum einen ganz konkreten politischen Bezug zur damaligen Gegenwart hatte. Die DDR bediente sich gewissermaßen selbst [selbiges hat es ohne Zweifel natürlich auch in der BRD gegeben, aber nicht ganz so monumental wie z.B. auf dem Ettersberg bei Buchenwald]. Erinnerung / Gedenken / Auseinandersetzung wurde zu einem Vorgang, bei dem man sich seine eigene „Opfersuppe“ zusammenkochte, um sich dann selbst in die Tradition der „Antifaschisten“ zu stellen.

Es kann – wie gesagt – nicht der Sinn einer vernünftigen Aufarbeitung einer Lagergeschichte sein, die Besucher zu „bedienen“, der Sinn muss die weitgehende Konfrontation mit Tatsachen sein, damit Besucher für sich auch einen Gewinn aus dem Lagerbesuch ziehen können.
Tatsachen lassen sich nur durch konkrektes Gedenken an konkreten Plätzen realisieren. Die Stelle, an der ein Block stand, in dem Menschenversuche stattgefunden haben, muss möglichst genau und detailliert gekennzeichnet werden etc.

Eine Auseinandersetzung kann nur dann stattfinden, wenn man konkrekt wird, wenn man sich spezialisiert. Ansonsten werden Besucher nur dessen gedenken, dessen sie ohnehin gedenken – fromme Katholiken gedenken der ermordeten Priester, Schwule den Schwulen etc.
Wichtig ist jedoch, z.B. die strengen Katholiken dazu zu bringen, die Schwulenverfolgung zu registrieren, um sie dazu zu bringen, über das „schlimm schlimm“ hinauszuwachsen.

Selbiges lässt sich auch auf andere Mahnmale übertragen, auch auf die Diskussion um Berlin (wobei ich die nicht detailliert verfolge). Nur wenn ich einem konkreten Faktum gedenke, mache ich es bewußt. Wenn ich für das Faktum kein Mahnmal habe, dann laufe ich Gefahr, dass es vergessen wird.
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