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Wieso wird gesamt nicht gesammt geschrieben!
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matthias
Gefährder



Anmeldungsdatum: 10.05.2005
Beiträge: 1386
Wohnort: Rechts der Böhme

Beitrag(#307593) Verfasst am: 23.06.2005, 11:14    Titel: Antworten mit Zitat

Raphael hat folgendes geschrieben:
Der unbekannte Gott hat folgendes geschrieben:
Vor der Rechtschreibreform 1901 schrieb man "gesamt" noch "gesammt", also als man noch viele Worte mit "th" schrieb und solche Sachen. Da wurde das zweite "m" weggekickt, ebenso wie das "ß" am Ende von Worten wie "Ergebnis", es hieß also wirklich einmal "Ergebniß" oder "Verhältniß". Dadurch ging manches an althergebrachter Logik in der Sprache verloren, anderes wurde logischer, und jetzt stehen wir wieder vor einer neuen Rechtschreibung, die ähnliche Folgen hat, aber nichts einfacher machte. Dann lieber die "alterthümlichen" Schreibweisen...


Dass man einmal "Ergebniß", "Verhältniß", "Bewandtniß" usw. schrieb, erweist sich noch heute in der Mehrzahl. Hätte da immer nur "s" gestanden, müsste die nämlich z.B. "Ergebnise" heißen und nicht "Ergebnisse".


Vor der Reform 1901 schrieb man sowohl "gesammt" als auch "gesamt".

Das Grimmsche Wörterbuch verzeichnet "Ergebnis" und "Verhältnis". Letzteres wird als "neues Wort" bezeichnet, für das sowohl Varianten wie "Verhältniß" als auch schwankender Gebrauch des Genus angegeben werden.

Vor 1901 war bereits das einfache "t" statt "th" im Gebrauch, wenn auch nicht so stark. Die weitgehende Fixierung auf die Variante ohne "h" war -- hier wohl aus Gründen der Vereinfachung --
eine der größten Auffälligkeiten der Reform, aber eben keine revolutionäre Neuerung.

Die eindeutige Kennzeichnung von Kürze und Länge eines Vokals ist im Deutschen bis heute -- auch nach der Neuregelung -- nicht frei von Widersprüchen, Gegensätzen und Inkonsistenzen, zumal es keine einheitliche Aussprache selbst in der Hochsprache gibt.

Beispiele: "gesamt", aber "besamt"; "weg", aber "Weg"; "rösten" kann mit kurzem oder langem "ö" gesprochen werden; "Lache" (Gelächter) und "Lache" (Pfütze); "Nische" und "Dusche", aber "wische" und "Husche"; "hin", "hinauf", "wir", drei verschiedene Aussprachen des "i", alles vor einfachem Konsonanten usw.

(Im Italienischen kennt man so etwas wie die Länge eines Konsonanten: "capello" (Haar) =/= "cappello" (Hut).)

Konsistente Lösungen wären hier nur mit radikalen Eingriffen möglich, Vorschläge gab es hierzu reichlich. Das Herumdoktern der neuen Regeln wie bei "Tipp" (aber "Slip") und "Ass" (aber nicht "Buss") sind lächerlich. Bei "Tipp" geht zudem die Differenzierung zwischen "(Lotto)tipp" (alt und neu) und "Tip" (= Hinweis, alt) verloren (im Gegensatz zu "Lied", "Lid" oder "Seite", "Saite"), bei "Ass" drängen sich Assoziationen mit einem buchstabengleichen Wort einer anderen germanischen Sprache auf. Radikale Änderungen sind glücklicherweise so unbehutsam, daß sie sich in Diskussionen nie durchgesetzt haben.

Matthias
_________________
2008 – Jahr der Mathematik
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Shadaik
evolviert



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 26377
Wohnort: MG

Beitrag(#307598) Verfasst am: 23.06.2005, 11:25    Titel: Antworten mit Zitat

Dass sich Dinge nicht mehr schriftlich unterscheiden lassen, die sich sprachlich ohnehin nicht unterscheiden ist kein Handycap, immerhin kommt die gesprochene Sprache ja auch ziemlich problemlos mit solchen Homophonen klar.

Dass die deutsche Rechtschreibung allerdings hochgradig inkosistent ist (eine Ursache dafür ist die Verwendung einer Alphabet- statt einer ideografischen Schrift) ist noch eine andere Baustelle, bei der eine radikale Reform angebracht erscheint.
_________________
Fische schwimmen nur in zwei Situationen mit dem Strom: Auf der Flucht und im Tode
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Sanne
gives peas a chance.



Anmeldungsdatum: 05.08.2003
Beiträge: 12088
Wohnort: Nordschland

Beitrag(#307625) Verfasst am: 23.06.2005, 12:35    Titel: Antworten mit Zitat

Rechtschreibreform und Nationalsozialismus (Buchrezension)

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Zitat:
Der Anspruch, Deutsch durch die Reform besser zu einer Weltsprache zu machen, war im Dritten Reich eine weiteres Hauptargument. Nach dem siegreichen Ausgang des Krieges würde ja Deutsch in ganz Europa die Sprache der Sieger sein und sollte für die Besiegten vereinfacht werden.

_________________
Ich will das Internet doch nicht mit meinen Problemen belästigen! (Marge Simpson)
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Shadaik
evolviert



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 26377
Wohnort: MG

Beitrag(#307626) Verfasst am: 23.06.2005, 12:39    Titel: Antworten mit Zitat

Sanne hat folgendes geschrieben:
Rechtschreibreform und Nationalsozialismus (Buchrezension)

Pfeifen

Zitat:
Der Anspruch, Deutsch durch die Reform besser zu einer Weltsprache zu machen, war im Dritten Reich eine weiteres Hauptargument. Nach dem siegreichen Ausgang des Krieges würde ja Deutsch in ganz Europa die Sprache der Sieger sein und sollte für die Besiegten vereinfacht werden.

Diese Bestrebungen sind weit älter als der Nationalsozialismus.

Allerdings fällt die Abschaffung der alten Frakturschriften zu Gunsten der für Ausländer besser lesbaren Antiqua-Variante der lateinischen Schrift tatsächlich in die Verantwortung Heinrich Himmlers.

Das Buch steht allerdings schonmal auf meiner Liste "Beim nächsten besuch eines Buchladens das Portmonnee überprüfen und schaun"
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Fische schwimmen nur in zwei Situationen mit dem Strom: Auf der Flucht und im Tode
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matthias
Gefährder



Anmeldungsdatum: 10.05.2005
Beiträge: 1386
Wohnort: Rechts der Böhme

Beitrag(#307628) Verfasst am: 23.06.2005, 12:49    Titel: Antworten mit Zitat

Shadaik hat folgendes geschrieben:
Dass sich Dinge nicht mehr schriftlich unterscheiden lassen, die sich sprachlich ohnehin nicht unterscheiden ist kein Handycap, immerhin kommt die gesprochene Sprache ja auch ziemlich problemlos mit solchen Homophonen klar.

Ja und nein.

Gar nicht so seltene Fehler wie "wer zuerst kommt, malt zuerst", "andere Seiten aufziehen", "jm. etw. weißmachen" zeigen, daß Homophonien nicht immer so leicht unterschieden oder als solche erkannt werden. Offenbar denkt mancher Schreiber und Hörer zuweilen an die falschen Ableitungen.

Vor einer Lateinstunde mußte ich mich mal meiner Mitschülerinnen erwehren, die auf "ihr ward" (von dem Verb "sein") bestanden, bis endlich unsere Lehrerin kam und für Klarheit sorgte. Ich behaupte, daß die Sätze "Ihr ward schlecht." und "Ihr wart schlecht." schon zu Mißverständnissen führen können, auch wenn in diesem Fall der erste Satz veraltetes Deutsch ist und man den Gesamtkontext berücksichtigen muß.

Neben vielen Teekesselchen haben sich in der deutschen Sprache erstaunlich viele Differenzschreibungen gehalten. Sie erlauben ja auch interessante Sprachspielereien (wie Heinz Erhardts "Drei Bären" für Leute, die "Bären" und "Beeren" gleich aussprechen) durch bewußte Wahl der eigentlich falschen Schreibvariante. Solange wir keine französischen Verhältnisse (vair, ver, verre, vers, vert, verts) haben, kann man sicherlich hier und da an den Abbau von Differenzschreibungen denken, aber ich halte zum Beispiel die Vorschrift, "greulich" jetzt als "gräulich" zu schreiben, für verfehlt, das mögen deutsche Kultusminister (nocnocnocnocnocnocnocnocnocnocnocnocnocnocnocnoc) noch so unstrittig nennen. zwinkern
_________________
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Shadaik
evolviert



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 26377
Wohnort: MG

Beitrag(#307632) Verfasst am: 23.06.2005, 13:04    Titel: Antworten mit Zitat

matthias hat folgendes geschrieben:
Shadaik hat folgendes geschrieben:
Dass sich Dinge nicht mehr schriftlich unterscheiden lassen, die sich sprachlich ohnehin nicht unterscheiden ist kein Handycap, immerhin kommt die gesprochene Sprache ja auch ziemlich problemlos mit solchen Homophonen klar.

Ja und nein.

Gar nicht so seltene Fehler wie "wer zuerst kommt, malt zuerst", "andere Seiten aufziehen", "jm. etw. weißmachen" zeigen, daß Homophonien nicht immer so leicht unterschieden oder als solche erkannt werden. Offenbar denkt mancher Schreiber und Hörer zuweilen an die falschen Ableitungen.

Einezlwörter verlieren in Sprichwörtern ja auch ihre semantische Bedeutung.
Offensichtlich falsch ist keine der Schreibeweisen (wer käme da eigentlich auf die Idee schreibender alter Männer?), immehrin kann man Seiten aufziehen, als Ereigentlich alles zuerst tun, auch malen und etwas weißmachen kann man auch - es passt sogar ebensogut wie weismachen.

Zitat:
Vor einer Lateinstunde mußte ich mich mal meiner Mitschülerinnen erwehren, die auf "ihr ward" (von dem Verb "sein") bestanden, bis endlich unsere Lehrerin kam und für Klarheit sorgte. Ich behaupte, daß die Sätze "Ihr ward schlecht." und "Ihr wart schlecht." schon zu Mißverständnissen führen können, auch wenn in diesem Fall der erste Satz veraltetes Deutsch ist und man den Gesamtkontext berücksichtigen muß.

Ich würde vermuten, das ist mit ein grund, warum "ward" nicht mehr produktiv existiert.

"Gräulich" finde ich auch greulich, das ist ein Farbton und kommt von "grau", "greulich" dagegen von "Greuel", nicht von "Grauen".
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Raphael
auf Wunsch deaktiviert



Anmeldungsdatum: 01.02.2004
Beiträge: 8362

Beitrag(#307644) Verfasst am: 23.06.2005, 13:44    Titel: Antworten mit Zitat

Er verschwand und ward nie mehr gesehen. - Mir ward keine Antwort.

Das Wort ist glaube ich nur noch in diesen Redewendungen lebendig.



Soll "Greuel" inzwischen nicht "Gräuel" geschrieben werden mit der seltsam anmutenden Begründung, es sei eine Verkleinerungsform von "Grauen"?
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matthias
Gefährder



Anmeldungsdatum: 10.05.2005
Beiträge: 1386
Wohnort: Rechts der Böhme

Beitrag(#307723) Verfasst am: 23.06.2005, 16:52    Titel: Antworten mit Zitat

Shadaik hat folgendes geschrieben:
matthias hat folgendes geschrieben:
Shadaik hat folgendes geschrieben:
Dass sich Dinge nicht mehr schriftlich unterscheiden lassen, die sich sprachlich ohnehin nicht unterscheiden ist kein Handycap, immerhin kommt die gesprochene Sprache ja auch ziemlich problemlos mit solchen Homophonen klar.

Ja und nein.

Gar nicht so seltene Fehler wie "wer zuerst kommt, malt zuerst", "andere Seiten aufziehen", "jm. etw. weißmachen" zeigen, daß Homophonien nicht immer so leicht unterschieden oder als solche erkannt werden. Offenbar denkt mancher Schreiber und Hörer zuweilen an die falschen Ableitungen.

Einezlwörter verlieren in Sprichwörtern ja auch ihre semantische Bedeutung.
Offensichtlich falsch ist keine der Schreibeweisen (wer käme da eigentlich auf die Idee schreibender alter Männer?), immehrin kann man Seiten aufziehen, als Ereigentlich alles zuerst tun, auch malen und etwas weißmachen kann man auch - es passt sogar ebensogut wie weismachen.


Ob das der Weißheit, pardon: Weisheit letzter Schluß ist? Das mit dem Verschwinden der semantischen Bedeutung bestreite ich. In den ersten beiden Beispielen haben "mahlen" und "Saiten" ihre Bedeutung nicht vollends eingebüßt. Gerade weil sich auch "weißmachen" denken läßt, muß es eine Existenzberechtigung für "weismachen", was etwas ganz anderes, auch sprachgeschichtlich, ist, geben. Und wer andere Seiten aufzieht (wie immer er das macht), zieht eben keine Saiten auf.

Wer in idiomatischen Wendungen ein anderes Wort schreibt, benutzt auch ein anderes Idiom, ja er kreiert es sogar erst, der reine Gleichklang tut da nichts zur Sache, denn Homophonien sind ja mitunter zufällig entstanden und können zu völlig fremden Wortfamilien gehören. Das ist also nicht immer eine Frage zwischen "falsch" und "richtig", sondern zwischen "so" oder "anders", entsprechend relativ ist der von mir benutzte Begriff "Fehler" zu verstehen (der noch immer einer ist, wenn ganz klar etwas anderes geschrieben wird, als gemeint ist). Bei verschieden klingenden Wörtern fällt uns eine Änderung sofort auf, etwa bei "jn. über den Tisch hauen/übers Ohr ziehen". Im Grunde wollte ich nur darauf aufmerksam machen, daß Homophonien nicht ganz so problemlos sind, also Dein "ziemlich" etwas mehr betonen.

Verrätst Du mir noch, an welche alten Männer Du gedacht hast? Aber schön zu wissen, daß wir uns bei "greulich" einig sind.Prost

Raphael hat folgendes geschrieben:
Soll "Greuel" inzwischen nicht "Gräuel" geschrieben werden mit der seltsam anmutenden Begründung, es sei eine Verkleinerungsform von "Grauen"?


Richtig. Die Logik der neuen Regeln ist: "gräulich" wegen "Gräuel" wegen "Grauen". Letzteres ist dann die Grundform (§ 16).

Für mich gehört "ward" auch in eine längst vergangene Zeit:
Zitat:
Nun war es eine Zeitlang bei der Frau Holle, da ward es traurig und wußte anfangs selbst nicht, was ihm fehlte, endlich merkte es, daß es Heimweh war. (Frau Holle)

Das Fest ward mit aller Pracht gefeiert, und als es zu Ende war, beschenkten die weisen Frauen das Kind mit ihren Wundergaben: die eine mit Tugend, die andere mit Schönheit, die dritte mit Reichtum, und so mit allem, was auf der Welt zu wünschen ist. (Dornröschen)

Dann ward es in die Küche geschickt, da trug es Holz und Wasser, schürte das Feuer, rupfte das Federvieh, belas das Gemüs', kehrte die Asche und tat alle schlechte Arbeit. (Allerleirauh)

"belas das Gemüs'" -- Früher war eben alles lyrischer.
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Shadaik
evolviert



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 26377
Wohnort: MG

Beitrag(#307725) Verfasst am: 23.06.2005, 16:59    Titel: Antworten mit Zitat

matthias hat folgendes geschrieben:
Shadaik hat folgendes geschrieben:
matthias hat folgendes geschrieben:
Shadaik hat folgendes geschrieben:
Dass sich Dinge nicht mehr schriftlich unterscheiden lassen, die sich sprachlich ohnehin nicht unterscheiden ist kein Handycap, immerhin kommt die gesprochene Sprache ja auch ziemlich problemlos mit solchen Homophonen klar.

Ja und nein.

Gar nicht so seltene Fehler wie "wer zuerst kommt, malt zuerst", "andere Seiten aufziehen", "jm. etw. weißmachen" zeigen, daß Homophonien nicht immer so leicht unterschieden oder als solche erkannt werden. Offenbar denkt mancher Schreiber und Hörer zuweilen an die falschen Ableitungen.

Einezlwörter verlieren in Sprichwörtern ja auch ihre semantische Bedeutung.
Offensichtlich falsch ist keine der Schreibeweisen (wer käme da eigentlich auf die Idee schreibender alter Männer?), immehrin kann man Seiten aufziehen, als Ereigentlich alles zuerst tun, auch malen und etwas weißmachen kann man auch - es passt sogar ebensogut wie weismachen.


Ob das der Weißheit, pardon: Weisheit letzter Schluß ist? Das mit dem Verschwinden der semantischen Bedeutung bestreite ich. In den ersten beiden Beispielen haben "mahlen" und "Saiten" ihre Bedeutung nicht vollends eingebüßt. Gerade weil sich auch "weißmachen" denken läßt, muß es eine Existenzberechtigung für "weismachen", was etwas ganz anderes, auch sprachgeschichtlich, ist, geben. Und wer andere Seiten aufzieht (wie immer er das macht), zieht eben keine Saiten auf.

Ob er was anderes tut ist egal, die Aussage ist die gleiche. Seiten aufziehen tut man in der Papierindustrie aus der Rohmasse, in der Druckerei durch Auflegen eines neuen negativs - was für einen unmusikalischen menschen für mich, der dafür aus einer Druckerfamilie stammt sogar viel plastischer ist als "Saiten aufziehen".
Was alleridngs für eine semantische Veränderung spräche. Am Kopf kratzen

Zitat:
kreiert

Ich hasse dieses Wort. Ich lese es beim ersten Mal immer "krei-ert", stocke und lese es dann nochmal richtig als "kre-iert" Lachen

Zitat:
Im Grunde wollte ich nur darauf aufmerksam machen, daß Homophonien nicht ganz so problemlos sind, also Dein "ziemlich" etwas mehr betonen.

Gut gut, allerdings sind Homographien auch nicht problembehafteter als Homophonien.

Zitat:
Verrätst Du mir noch, an welche alten Männer Du gedacht hast?

Schreibweise = schreibende Weise, daraus Weise = erfahrene, zumeist alte Männer

Zitat:
Aber schön zu wissen, daß wir uns bei "greulich" einig sind.Prost

Jau! Dringe mer us ein - *hicks*
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matthias
Gefährder



Anmeldungsdatum: 10.05.2005
Beiträge: 1386
Wohnort: Rechts der Böhme

Beitrag(#307744) Verfasst am: 23.06.2005, 17:35    Titel: Antworten mit Zitat

Shadaik hat folgendes geschrieben:

Zitat:
kreiert

Ich hasse dieses Wort. Ich lese es beim ersten Mal immer "krei-ert", stocke und lese es dann nochmal richtig als "kre-iert" Lachen

Interessanterweise habe ich schon beim Schreiben an dieses Problem gedacht, es ist mir nicht fremd.

Zitat:

Zitat:
Im Grunde wollte ich nur darauf aufmerksam machen, daß Homophonien nicht ganz so problemlos sind, also Dein "ziemlich" etwas mehr betonen.

Gut gut, allerdings sind Homographien auch nicht problembehafteter als Homophonien.

Zu Homonymien nerv habe ich bei http://wortschatz.uni-leipzig.de folgendes gefunden:
Zitat:
Durch terminologische Kontrolle sollen vor allem die sich aus Synonymie und Homonymie natürlicher Sprachen ergebenden Probleme bei der Indexierung und beim Information Retrieval gelöst werden. (Quelle: Schneider: Lexikon Informatik)

Aha, jetzt wissen wir Bescheid! Übrigens gibt es in Mark Twains "The awful German language" einen interessanten Exkurs über die deutschen Homonymien "Zug" und "Schlag". Trotz der Schwierigkeiten beim Übersetzen lobt Twain diese Wörter für ihre vielen Einsatzmöglichkeiten.

Zitat:

Zitat:
Verrätst Du mir noch, an welche alten Männer Du gedacht hast?

Schreibweise = schreibende Weise, daraus Weise = erfahrene, zumeist alte Männer

Danke!
Zitat:

Zitat:
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Jau! Dringe mer us ein - *hicks*

Heute abend gibt's Vino. Alla salute!
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Komodo
Maggots!



Anmeldungsdatum: 27.05.2005
Beiträge: 4588
Wohnort: 2Fort

Beitrag(#307779) Verfasst am: 23.06.2005, 19:19    Titel: Antworten mit Zitat

Mhm, wie würdet ihr eine Reform machen?
Insbesondee im Fall der Vokallängenangabe, ist die Konsonantenverdoppelung, zum Beispiel bei Hochzeit im Vergleich zu hoch, relativ schwierig, finde ich. Wie bringt man das ch dazu, doppelt zu sein?

Am Kopf kratzen
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Raphael
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Anmeldungsdatum: 01.02.2004
Beiträge: 8362

Beitrag(#307812) Verfasst am: 23.06.2005, 20:41    Titel: Antworten mit Zitat

Komodo hat folgendes geschrieben:
Mhm, wie würdet ihr eine Reform machen?
Insbesondee im Fall der Vokallängenangabe, ist die Konsonantenverdoppelung, zum Beispiel bei Hochzeit im Vergleich zu hoch, relativ schwierig, finde ich. Wie bringt man das ch dazu, doppelt zu sein?

Am Kopf kratzen


Bei der Hochzeit ist schlicht die gängige Aussprache falsch. Das Nibelungenlied schreibt in seinen ersten Versen von vreuden und hochgeziten, von Freuden und Festlichkeiten. Mit der Beschränkung der Wortbedeutung auf eine einzige Festlichkeit, die Heirat nämlich, ist im Laufe der Zeit das Bewusstsein verloren gegangen, dass dieses Wort in der Tat mit langem o ausgesprochen werden muss (hohe Zeit). Aber das Problem ist natürlich evident z.B. bei "Lache", worauf hier schon hingewiesen wurde - eine Art, seine Heiterkeit zu äußern, oder eine Pfütze? Bei der Lachmöwe ist der Irrtum weit verbreitet, sie heiße so, weil sie gelächterähnliche Laute ausstoße. In Wirklichkeit zieht sie zum Brüten feuchten Untergrund vor, muss also mit langem a ausgesprochen werden. Angesichts der gerade im Deutschen großen regionalen Unterschiede bei der Aussprache (entgegen den phonetischen Regeln des Deutschen sprechen z.B. die Bayern das anlautende ch vor hellen Vokalen italienisch aus, d.h. als k, und wir Pfälzer z.B. sprechen das Vordergaumen-ch stets als Zischlaut sch), hat es aber wohl keinen Sinn, solche Ausspracheprobleme durch eine klärende Schreibweise beheben zu wollen.
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Shadaik
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 26377
Wohnort: MG

Beitrag(#308074) Verfasst am: 24.06.2005, 17:56    Titel: Antworten mit Zitat

Hochzeit und Hohchzeit (mal nach-reformativ geschrieben) deuten heutzutage übrigens wirklich verschiedene Dinge aus.

Zitat:
und wir Pfälzer z.B. sprechen das Vordergaumen-ch stets als Zischlaut sch

Ach, ihr auch? Winke - Winke


Zur reform: Ich habe mich darauf verlegt, komplett neue Sprachen zu konstruieren zu versuchen. Das Deutsche ist historisch zu verworren für eine Reform.
Allerdings ignoriere ich einzelne Duden-Vorgaben weitgehend, etwa "Statt kk schreibt man ck, statt zz tz".
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