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alte/neue Rechtschreibung
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matthias
Gefährder



Anmeldungsdatum: 10.05.2005
Beiträge: 1386
Wohnort: Rechts der Böhme

Beitrag(#336077) Verfasst am: 28.08.2005, 22:08    Titel: Antworten mit Zitat

joy hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Im übrigen enthält der Text des BMI einen weit verbreiteten Grammatikfehler: "Ab 1. August diesen Jahres …". Zeit für eine Grammatikreform.


Ich glaube, beides geht. diesen und dieses.

Im Ggs. zu Adjektiven heißt es: dieses Jahres, jenes Tages usw.
Aber man sagt: nächsten/letzten Jahres.
Nach meiner Meinung ist jedoch die Verwendung von "diesen Jahres" tolerabel und könnte auch als zulässig deklariert werden.

Matthias

[Edit: Was klingt besser: Der Vater dieses Kindes oder der Vater diesen Kindes?]
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2008 – Jahr der Mathematik


Zuletzt bearbeitet von matthias am 28.08.2005, 22:13, insgesamt einmal bearbeitet
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impius
registrierter User



Anmeldungsdatum: 27.04.2005
Beiträge: 16

Beitrag(#336079) Verfasst am: 28.08.2005, 22:11    Titel: Antworten mit Zitat

joy hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Im übrigen enthält der Text des BMI einen weit verbreiteten Grammatikfehler: "Ab 1. August diesen Jahres …". Zeit für eine Grammatikreform.


Ich glaube, beides geht. diesen und dieses.


Tja, sowas ist schwer, nachzugucken (wo denn auch?)
Aber diesen kann doch eigtl. nur Akkusativ Singular (m) sein oder Dativ Plural (m,f,n)
also:
Wen siehst du? diesen Mann
Wem gehört es? diesen Männern, diesen Frauen und diesen Tieren

Wen siehst du? dieses Jahr (ja gut, die Frage ist bescheuert)
Wem gehört es? diesen Jahren

also kein "diesen Jahres", deshalb müsste es doch eigtl. falsch sein, denk ich?
Ah, hat schon jmd. vor mir was dazu geschrieben zwinkern
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Shadaik
evolviert



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 26377
Wohnort: MG

Beitrag(#336423) Verfasst am: 29.08.2005, 14:59    Titel: Antworten mit Zitat

matthias hat folgendes geschrieben:
joy hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Im übrigen enthält der Text des BMI einen weit verbreiteten Grammatikfehler: "Ab 1. August diesen Jahres …". Zeit für eine Grammatikreform.


Ich glaube, beides geht. diesen und dieses.

Im Ggs. zu Adjektiven heißt es: dieses Jahres, jenes Tages usw.
Aber man sagt: nächsten/letzten Jahres.
Nach meiner Meinung ist jedoch die Verwendung von "diesen Jahres" tolerabel und könnte auch als zulässig deklariert werden.

Matthias

[Edit: Was klingt besser: Der Vater dieses Kindes oder der Vater diesen Kindes?]

Mna muss es nicht als Genitiv klassifizieren, das hat nur im deutschen Tradition. Vergleiche auch "des Nachts".

Man kann auch einen Temporalfall interpretieren, das hören die Germanisten abe rnicht gerne...
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Fische schwimmen nur in zwei Situationen mit dem Strom: Auf der Flucht und im Tode
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Tassilo
Deaktiviert



Anmeldungsdatum: 17.05.2004
Beiträge: 7361

Beitrag(#379522) Verfasst am: 28.11.2005, 13:15    Titel: Antworten mit Zitat

Mal was Neues und Vernünftiges von der Rechtschreibfront:

Es wurde beschlossen, dass einzelne Vokale nicht mehr abgetrennt werden dürfen.

Nicht mehr zulässig sind künftig also Trennungen wie:

Seee-
lefant

Seeu-
fer

Uro-
ma

oder

alla-
bendlich
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Komodo
Maggots!



Anmeldungsdatum: 27.05.2005
Beiträge: 4588
Wohnort: 2Fort

Beitrag(#379538) Verfasst am: 28.11.2005, 14:04    Titel: Antworten mit Zitat

Das war erlaubt? Lachen
Gab es denn Leute die so unleserlich trennten?
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lupus
registrierter User



Anmeldungsdatum: 07.02.2005
Beiträge: 586

Beitrag(#379543) Verfasst am: 28.11.2005, 14:16    Titel: Antworten mit Zitat

Wygotsky hat folgendes geschrieben:
Raphael hat folgendes geschrieben:
Die Regel für "ß" und "ss" der alten Rechtschreibung war die klarste und einfachste, die es in der deutschen Rechtsschreibung je gab, da sie sich unmittelbar und kompromisslos aus der Aussprache ableitete: "Doppel-S wird nur geschrieben, wenn der scharfe S-Laut zwischen zwei Konsonanten steht, von denen der vordere kurz gesprochen wird." Eine Ausnahme gab es nur bei manchen Familiennamen, die aus historischen Gründen regelwidrig geschrieben werden durften, z.B. bei dem Komponisten Richard Strauss, der sich anders schrieb als Johann Strauß. Diese brillanteste Regel der deutschen Rechtschreibung abzuschaffen, war schlicht Idiotenwerk.

Die klarste und einfachste Regel wurde eben durch eine noch klarere und einfachere ersetzt. In meinen Augen ist diese Regel das gelungenste an der Rechtschreibreform. Umso mehr wundert es mich, dass sich die öffentliche Ablehnung der neuen Schreibung so oft gerade an dieser Regel festmacht.

Es war in der Tat Idiotenwerk, "Fluſs" mit ß zu ſchreiben, obwohl "Flüſſe" ja auch nicht "Flüße" geſchrieben wurde. Durch die neue Regel iſt die Rechtſchreibung eindeutig phonetiſcher geworden. Daſs manchmal das ß nebenher auch das Silbenende markierte, wie oft angeführt wird, iſt daneben wirklich kaum von Bedeutung, zumal zwiſchen Vokalen das ß ja auch am Silbenanfang ſteht ("ſchlie-ßen", "Flö-ße"). Dieſelben Leute, die ſich ſo ſehr auf dieſen Vorteil berufen, ſtört es ja auch nicht, daſs in Antiqua anders als früher in Fraktur nicht zwischen langem ſ und Schluſs-s unterſchieden wird (auch wenn ich es jetzt zur Veranſchaulichung mal ſo gemacht habe), obwohl das zur Markierung des Silbenendes noch ſehr viel nützlicher war (man vergleiche "Wachstube" und "Wachſtube", aber auch das "Reichsinnenminiſterium" wollte wohl nicht als "Reichſinnenminiſterium" verstanden werden...).

Im Übrigen halte ich mich weitgehend (<richtig laut neuen Regeln!) an die neue Rechtſchreibung, aber da, wo es gute Gründe für die alte Schreibung gibt ("Das war ihm wohlbekannt.") tue ich mir auch keinen Zwang an.
_________________
They all err — Moslems, Jews,
Christians, and Zoroastrians:
Humanity follows two world-wide sects:
One, man intelligent without religion,
The second, religious without intellect.

Abu 'L-ala Ahmad b. Abdallah al-Ma'arri (973-1057)
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lupus
registrierter User



Anmeldungsdatum: 07.02.2005
Beiträge: 586

Beitrag(#379553) Verfasst am: 28.11.2005, 14:28    Titel: Antworten mit Zitat

Shadaik hat folgendes geschrieben:
matthias hat folgendes geschrieben:
joy hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Im übrigen enthält der Text des BMI einen weit verbreiteten Grammatikfehler: "Ab 1. August diesen Jahres …". Zeit für eine Grammatikreform.


Ich glaube, beides geht. diesen und dieses.

Im Ggs. zu Adjektiven heißt es: dieses Jahres, jenes Tages usw.
Aber man sagt: nächsten/letzten Jahres.
Nach meiner Meinung ist jedoch die Verwendung von "diesen Jahres" tolerabel und könnte auch als zulässig deklariert werden.

Matthias

[Edit: Was klingt besser: Der Vater dieses Kindes oder der Vater diesen Kindes?]

Mna muss es nicht als Genitiv klassifizieren, das hat nur im deutschen Tradition. Vergleiche auch "des Nachts".

Man kann auch einen Temporalfall interpretieren, das hören die Germanisten abe rnicht gerne...

Also hier ist es ganz sicher kein Temporalfall, sondern ein klarer attributiver Genitiv: im Mai diesen Jahres= im Mai von diesem Jahr.
Dass hier ein Demonstrativpronomen wie ein Adjektiv schwach gebeugt wird, liegt einfach an der Analogie zu "letzten/nächsten Jahres". Letzteres war vor 300 Jahren übrigens auch noch ein Grammatikfehler.
Die Entwicklung geht ohnehin weiter: "Kinder diesen Alters" klingt in meinen Ohren auch schon besser als "Kinder dieses Alters" und ersteres kommt laut Google tatsächlich häufiger vor als letzteres.
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Shadaik
evolviert



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 26377
Wohnort: MG

Beitrag(#379673) Verfasst am: 28.11.2005, 21:33    Titel: Antworten mit Zitat

"Diesen Jahres" kann man allerdings auch - ähnlich wie "diesen Alters" - als "in diesem Jahr" auflösen.
Man muss es also nicht als Possesiv (bzw. Genitiv) analysieren.

Dass die neue Regel/Form früher als fehlerhaft galt, ist ein im Sprachwandel normaler Prozess.
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matthias
Gefährder



Anmeldungsdatum: 10.05.2005
Beiträge: 1386
Wohnort: Rechts der Böhme

Beitrag(#379686) Verfasst am: 28.11.2005, 21:52    Titel: Antworten mit Zitat

lupus hat folgendes geschrieben:
Durch die neue Regel iſt die Rechtſchreibung eindeutig phonetiſcher geworden.

1. Die Länge von Vokalen ist regional unterschiedlich: Die "Maß" wird im Hochdeutschen mit langem a, im Bayrischen mit kurzem a ausgesprochen, weswegen dort auch die neue Schreibung "Mass" erlaubt ist, wo sie im ersten Reformschritt aber gar nicht vorgesehen war. Ein anderes Wort ist "Löß", das standardsprachlich sowohl kurz als auch lang erscheint (genauso wie bei "rösten").

Man kann es höchstens als Vorteil ansehen, daß man nun bei der Wiedergabe des gesprochenen Wortes differenzieren kann, sofern das die Wahl von ss oder ß betrifft, bei "rösten" geht das nicht.

2. Diphthonge kennen keine natürliche Länge oder Kürze, viele Sprecher empfinden sie als kurz. Hier haben sich häufige Fehler eingeschlichen, z. B. bei "heiss", "heisser", obwohl die Regel das ß nach Diphthong ausdrücklich vorsieht.

Ob das nun nur falsch abgeleitet wurde oder die ß-Regel gar ignoriert wurde, sei dahingestellt. Möglicherweise sollte man das ß gleich ganz abschaffen.

3. Die neuen Regeln haben sich an phonetische Bereiche gewagt, die zumindest als umstritten gelten müssen und deshalb durch neue künstliche (und in der Regel einzig erlaubte) Schreibungen nicht zementiert werden sollten: Schlegel --> Schlägel (das lange ä ist in vielen Dialekten tatsächlich eines und wird so sogar der Hochsprache zugeordnet (bei Tagesschausprechern, im Aussprache-Duden); das h in "rauh, rauher" halten einige für phonetisch relevant.

4. Der Unterschied zwischen "daß" und "das" (eine Quelle häufiger Fehler) wurde zudem nur verschoben auf "dass" und "das"; meinem Eindruck nach wird jetzt häufiger die jeweils falsche Variante gewählt als vorher.

lupus hat folgendes geschrieben:
Daſs manchmal das ß nebenher auch das Silbenende markierte, wie oft angeführt wird, iſt daneben wirklich kaum von Bedeutung, zumal zwiſchen Vokalen das ß ja auch am Silbenanfang ſteht ("ſchlie-ßen", "Flö-ße"). [Hervorhebung von mir]

Es geht bei dem ß um ein Silbengelenk, das schließt Anfang und Ende mit ein: grü-_ßen, au-_ßer, aß_, Roß_, Fluß_-sand. In allen diesen Fällen würde ss nicht getrennt.

lupus hat folgendes geschrieben:
Dieſelben Leute, die ſich ſo ſehr auf dieſen Vorteil berufen, ſtört es ja auch nicht, daſs in Antiqua anders als früher in Fraktur nicht zwischen langem ſ und Schluſs-s unterſchieden wird (auch wenn ich es jetzt zur Veranſchaulichung mal ſo gemacht habe), obwohl das zur Markierung des Silbenendes noch ſehr viel nützlicher war (man vergleiche "Wachstube" und "Wachſtube", aber auch das "Reichsinnenminiſterium" wollte wohl nicht als "Reichſinnenminiſterium" verstanden werden...).

Wenn das mal keine ignoratio elenchi ist.

Zudem funktioniert das Argument in meinen Augen nur dann, wenn wir uns von vornherein auf die Antiqua beschränken. Wer heute ernsthaft (!) noch Fraktur oder, wie ich gelegentlich, Sütterlin benutzt, für den ist die neue ss-Regel nicht oder nur bedingt praktikabel.

lupus hat folgendes geschrieben:
Im Übrigen halte ich mich weitgehend (<richtig laut neuen Regeln!) an die neue Rechtſchreibung, aber da, wo es gute Gründe für die alte Schreibung gibt ("Das war ihm wohlbekannt.") tue ich mir auch keinen Zwang an. [Hervorhebung von mir]


Erste Frage: An welche der neuen Rechtschreibungen hältst Du Dich bevorzugt: die Urform von 1998, die Revision von 2004, oder beobachtest Du auch noch, was mit den "strittigen" und "unstrittigen" Bereichen geschieht? Folgst Du der Presse-, vielleicht sogar der Zeit-Schreibung?
Zweite Frage: Inwieweit wirst Du Dich am Ende dieses Prozesses an die Empfehlungen/Entscheidungen des undemokratischen und deswegen in meinen Augen gänzlich unlegitimierten Rechtschreibrates (dasselbe gilt für seine Vorgänger) halten?

Ich mache es genau umgekehrt. Ich verurteile vor allem die Art und Weise, wie in großem Maße völlig künstliche und willkürliche, teils sprachwidrige neue Regeln erfunden werden, die nicht mit dem Gebrauch im "Rechtschreibvolk" in Einklang stehen, aber dennoch über den Umweg der Schule (weil da die Kultusminister eine klare Hoheit haben) installiert werden sollen. Hältst Du, halten andere Befürworter der Neuschreibung hier diesen Vorgang für gerechtfertigt? Von wem leiten sich die Befugnisse des Rechtschreibrates ab?

Die Entscheidung über die Ausdehnung auf außerschulische Bereiche, insbesondere den Öffentlichen Dienst, wird, wenn es so weit kommt, eine juristische sein. Für den universitären Bereich, wo ich derzeit arbeite, wird man sicherlich (oder hoffentlich!) auf die Freiheit der Forschung und Lehre bauen können, soll heißen, hier entfalten die neuen Regeln ohnehin keine Gültigkeit, außer vielleicht in den Lehramtsstudiengängen. Zum jetzigen Zeitpunkt darf man feststellen, daß die neuen Regeln keineswegs so amtlich und so offiziell sind, wie häufig dargestellt wird.

----

Noch ein Wort zur Sprachwidrigkeit einiger neuer Schreibweisen (trotz nachgewiesenen Gebrauchs bei den schreibenden Menschen, auch hier im FGH): Zum Beispiel gebieten die neuen Regeln die Schreibung "Recht/Unrecht haben/tun" und verbieten die alte Schreibung "recht/unrecht haben/tun". Ich habe schon die Begründung gelesen, daß "Recht haben" als Äquivalent zu "Angst haben" zu verstehen sei. Ich will darauf hinweisen bzw. dafür streiten, daß dies eine falsche Einschätzung ist.

Man sagt (meine Unterstellung):
1. Ich habe recht. Ich habe Angst. Ich habe große Angst. Ich habe Angst vor Spinnen.
2. Ich habe nicht recht. Ich habe keine Angst.
3. Wie recht Du hast! Was für eine Angst Du hast!
3. Du hast so recht. Du hast solche Angst.

Wie wir sehen, kann das Wort "Angst" noch durch allerlei Attribute erweitert werden, während "recht" nur noch um Adverbien ergänzt werden kann. Mir erschließt sich damit sehr wohl der substantivische Gebrauch bei "Angst", aber kein solcher mehr bei "recht".

Ich betrachte dieses Beispiel nicht nur für meinen privaten Gebrauch als relevant, sondern gerade auch für den Bereich der Schule, vor allem jenen mit besonderer fremdsprachlicher Ausbildung. Nach dreizehn Jahren Fremdsprachenausbildung (zwei Jahre davon an der Uni) halte ich mich für eine Meinung zu diesem Thema nicht für völlig unqualifiziert. In fast jeder Fremdsprachenausbildung wird man zwangsläufig mit fremden Satz- oder Grammatikkonstruktionen, die im Deutschen nicht mehr treu nachvollzogen werden können, konfrontiert. Um die fremdsprachliche Konstruktion dennoch zu verstehen und ggf. sowohl passend übersetzen als auch selbst bilden zu können, benötigt man selbstverständlich sowohl ein gewisses Gefühl für die fremde Sprache als auch bestimmte Kenntnisse der zugehörigen Grammatik. Beispiele:

Die Partizipial- bzw. Gerundiumskonstruktionen des Englischen, des Lateinischen (hier der berüchtigte ablativus absolutus und das participium coniunctum) und der neueren romanischen Sprachen können im Deutschen von Fall zu Fall mit Partizipialkonstruktionen, mit adverbialen Fügungen, mit (adverbialen) Nebensätzen oder mit zwei Hauptsätzen übersetzt werden:
1. Having finished the meal, Peter tidied up the kitchen. Nachdem er sein Mahl beendet hatte,/Nach Beendigung seiner Mahlzeit reinigte Peter die Küche. Oder: Peter beendete (erst) seine Mahlzeit und reinigte (dann) die Küche.
Not knowing the address, Peter missed his girlfriend. Weil er die Adresse nicht kannte, verpaßte Peter seine Freundin/konnte sich Peter nicht mit seiner Freundin treffen. (Ist jetzt vielleicht nicht so aus dem Leben gegriffen, oder doch?)
2. Ponte facto milites flumen transierunt. Nachdem die (od. eine) Brücke fertiggebaut worden war, überquerten die Soldaten den Fluß.
3. Le chemin se fait en marchant. Der Weg entsteht (erst), wenn (oder: indem) man ihn geht. (frei übersetzt)

Im Französischen gibt es den subjonctif, das ist ein Modus des Verbs. (In anderen romanischen Sprachen gibt es einen analogen Modus.) Teils ist sein Gebrauch recht genau festgelegt (vor allem bei bestimmten Konjunktionen und unpersönlichen Ausdrücken), teils kann sein Gebrauch recht subtil sein. Eine französische Grammatik gab etwa folgendes Beispiel:
Le père ne croit pas que son fils ait (subjonctif) volé la parure. Der Vater glaubt nicht, daß sein Sohn den Schmuck gestohlen habe/hat.
Im Ggs. zu: Le père ne croit pas que son fils a (indicatif) volé la parure. --> Der Vater weigert sich zu glauben, daß sein Sohn den Schmuck gestohlen hat.

Cäsars Werk "De bello gallico" beginnt mit den berühmten Worten "Gallia omnia divisa est in partes tres …". In der Schule habe ich gelernt, daß es sich bei dem Wort "omnia" nicht um ein Attribut, sondern um ein Prädikativum handelt: "Gallien ist als Ganzes in drei Teile gegliedert …" statt "Ganz Gallien ist in drei Teile gegliedert …".

Warum erzähle ich das alles? Nun, die Beispiele sollen zeigen, daß die Fremdsprachenausbildung (auf die die Rechtschreibreform keinen Einfluß hat) durchsetzt ist mit sprachlichen Feinheiten und Raffinessen, die sich oftmals erst nach langem und intensivem Studium erschließen. Dasselbe gilt natürlich und vor allem für die deutsche Sprache. Als Muttersprachler reagiere ich aber besonders sensibel, wenn ich Schreibweisen begegne, die ich als ungrammatisch, als syntaktisch unkorrekt oder einfach nur als unästhetisch empfinde, nicht nur, weil ich aus mir heraus übermäßig penibel wäre (das kann durchaus sein), sondern überwiegend deshalb, weil ich es in all den Jahren so gelernt habe und so gebrauche.

In meinen Augen haben die neuen Regeln neben wenig Sinnvollem sehr viel Unhaltbares produziert:

- eigenartige und überflüssige Trennregeln (denen sich ein Schüler schon immer leicht dadurch entziehen konnte, daß er gar nicht mehr trennte)

- der Zwang, in vielen Fällen Partizipien und Objekt getrennt zu schreiben (Stahl verarbeitend, eine Aufsehen erregende Geschichte; daß es "eine großes Aufsehen erregende Geschichte" heißen muß, ist klar), eine der häufigsten Fehlerquellen, die die neuen Regeln produziert haben, überhaupt: *Atem beraubend, *Sinn entstellend

- komplizierte und verkomplizierende Regeln für die Zusammen- und Getrenntschreibung, die denen im Grad der Verwirrung den alten in keiner Weise nachstehen (kundtun, kundgeben, aber bekannt geben (?) und bekannt machen (wg. "etw. noch bekannter machen" [Wie macht man zwei Personen miteinander noch bekannter?])

- auf Pseudoetymologien aufbauende Schreibungen (das wäre nicht so schlimm, wenn die ursprünglichen Formen wenigstens erlaubt blieben), teilweise mit willkürlichen Setzungen, was eine Grundform ist (eine Regel also, die nur mit Metaregel verständlich ist; aufwendig oder aufwändig, aber nur auswendig, gräulich (!) etc.)

- allzu großzügige Freistellung in der Kommasetzung

- Fremdworteindeutschungen mit dem Anspruch, daß sich diese durchsetzen würden (das hat schon beim "Schofför" nicht geklappt) (Ich spreche zum Beispiel eher "Portmonnee mit offenem o und halte deswegen die Neuschreibung "Portmonee" nicht für die einzig mögliche Setzung.)

Während zum Beispiel die Neuschreibung "in Bezug auf" (alt: "in bezug auf") meine Zustimmung findet ("Bezug" wird wieder als Substantiv gedeutet, wie übrigens auch von vielen Schreibern vor der Reform), wundere ich mich im Gegenzug über die Schreibung "an Eides/Kindes statt", weil es sich der Konstruktion nach um das Substantiv "die Statt" wie noch in "Statthalter" handelt und nicht um die Präposition "statt", weswegen ich weiterhin "an Eides/Kindes Statt" schreiben würde, was jetzt als falsch gilt.

Meine Hinweise auf die Fremdsprachen und die Ärgernisse, die ich unter anderem mit den neuen Regeln haben, sollen deutlich machen, daß ich nicht hinnehmen kann, wie leichtfertig hier mit der deutschen Sprache umgegangen wird (wegen oder trotz des Anspruches, alles besser und einfacher zu machen), wie man versucht, Fallstricke der alten Rechtschreibung (waren es immer welche?) durch neue Ungereimtheiten zu ersetzen, wie viele herkömmliche und auch tatsächlich gebräuchliche Schreibweisen (dazu gehört auch "recht haben") als falsch deklariert und für die Schule nicht mehr zugelassen werden, wie selbst private Dinge wie das "Du" in Briefen und in schriftlichen Anreden an Personen, die man duzt, von der Neuregelung nicht ausgenommen werden.

Kein Mensch käme auf die ernsthafte Idee, nun auch noch die Fremdsprachen neu zu regeln, nein, es wird weiterhin zu Recht verlangt, daß Schüler in der Fremdsprachenausbildung auch die vom Deutschen aus gesehen subtilen und schwierigen Fälle beherrschen, was im Zuge einer Internationalisierung unseres Lebens auch nicht vermieden werden kann und darf. Gleiches gilt für die deutsche Sprache im allgemeinen und die neuen Rechtschreibregeln im besonderen. Ihre Befürworter werden es sich gefallen lassen müssen, daß ihre Kritiker auf diejenigen Fälle hinweisen, wo sie Ungrammatisches und syntaktisch Falsches sehen. Man darf wohl so viel Sprachgefühl für das Deutsche verlangen wie auch für andere Sprachen, daß man nicht auf eigensinnige, willkürliche und teilweise falsche Neulösungen zurückgreifen muß.

Ebenso schlimm an der Entwicklung der Rechtschreibreform ist, daß es nie ein wirklich demokratisch legitimierter Prozeß war und noch immer nicht ist. Die Kultusminister maßen sich an, die Sprache selbst für die Fälle zu regeln, die weit über ihren Kompetenzbereich hinausgehen — Kompetenz darf man hier ruhig doppeldeutig lesen. Es gibt keine oder nur wenige und davon kaum brauchbare wissenschaftliche Untersuchungen zu dem Thema. Es gibt noch nicht einmal aussagekräftige vergleichende Untersuchungen. Trotzdem macht man die neuen Regeln zum Ausgangspunkt aller weiteren Entscheidungen. Das ist unredlich, und zwar nicht zuletzt auch deshalb, weil der Rechtschreibrat der reinste Tendenzbetrieb ist. Bei so weitreichenden Entscheidungen aber, zu denen sich der Rat und die Kultusminister berechtigt sehen, darf es keine einseitigen Vorfestlegungen geben. Schlimm ist auch, daß sich fast alle Kultusminister das Recht genommen haben, den Rat öffentlich dadurch zu desavouieren, daß sie die Regeln willkürlich in "strittige" und "unstrittige" eingeteilt haben, um wenigsten einen Teil verbindlich durchsetzen zu können, dabei den Rat aber genau derjenigen Unabhängigkeit beraubt haben oder dies zu tun sich angeschickt haben, die sie ihm zuvor noch unbedingt zugestanden haben.

Warum sitzen im Rat keine ausländischen Germanisten bzw. Fremdsprachendidaktiker für die deutsche Sprache, warum keine Vertreter der jeweiligen Fachsprachen an den Hochschulen, warum keine Schriftsteller und Journalisten in hinreichender Zahl, während es von bekannten Befürwortern der Reform und Wörterbuchverlagsvertretern nur so wimmelt? Warum gibt es dafür keinen umfassenden parlamentarischen Entscheidungsprozeß — das Mindeste, was man hier verlangen kann? Geht nicht vieles im Kompetenzgerangel zwischen Bund und Ländern und den übrigen beteiligten Staaten unter? Muß man nicht auch nach einer gesamtdeutschsprachigen Legitimation fragen? Kann und darf das überhaupt alles über die Bühne gehen mit der Prämisse, überhaupt irgend etwas neu zu entscheiden? Warum passiert alles hinter verschlossenen Türen?

Abschließend möchte ich nur bemerken, daß ich selbst einen ganz schönen Irrweg mit den neuen Regeln, von denen ich inzwischen fast alle ignoriere, gegangen bin. Zur Zeit der verfrühten Einführung (1996) und auch danach bin ich in Niedersachsen zur Schule gegangen. Nach einigem juristischen Hin und Her (bis Ende 1997 waren die neuen Regeln die bevorzugten, die alten wurden entsprechend markiert) setzte Gerhard Schröder per Ministerpräsidentenentscheid die neuen Regeln aus, so daß ich meine Abiturprüfung wieder nach den alten ablegte. Ich frage mich bis heute, ob es für den Fall, daß ich die neuen beibehalten hätte, eine gesetzliche Grundlage gegeben hätte, traten die neuen Regeln sicher ja erst am 1. August 1998 in Kraft. Später griff ich durchaus wieder auf die neuen zurück, jedoch niemals vollständig, schon gar nicht bei Schreibweisen, die ich schlichtweg als falsch empfand. Mittlerweile bin ich nahezu vollständig zu den alten Regeln zurückgekehrt, die in meinen Augen zumindest niemals sprachwidrig waren. Es ist nicht so, daß ich neue Regeln grundsätzlich ablehnen würde, aber sie sollten auf einem breiten (!!) demokratischen (!!) Fundament stehen, und alle (!!) Beteiligten und Betroffenen sollten gehört werden, begleitet von einer breiten und öffentlichen Debatte.

Matthias

Ich glaube, das ist mein "longest posting ever".
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2008 – Jahr der Mathematik


Zuletzt bearbeitet von matthias am 28.11.2005, 22:02, insgesamt 8-mal bearbeitet
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Shadaik
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Beitrag(#379690) Verfasst am: 28.11.2005, 22:00    Titel: Antworten mit Zitat

matthias hat folgendes geschrieben:
2. Diphthonge kennen keine natürliche Länge oder Kürze, viele Sprecher empfinden sie als kurz. Hier haben sich häufige Fehler eingeschlichen, z. B. bei "heiss", "heisser", obwohl die Regel das ß nach Diphthong ausdrücklich vorsieht.

*einhak* Doch, sie sind per Definition kurz.
Definition von Diphtong hat folgendes geschrieben:
Verbindung zweier Vokale, die zusammen eine Vokallänge einnehmen.

Gibt es eigentlich Wort mit einem ß/ss nach einem Triphtong im Deutschen? Mir fallen grade keine ein.

Zitat:
Möglicherweise sollte man das ß gleich ganz abschaffen.

Bin dabei.


Zitat:
Ich glaube, das ist mein "longest posting ever".
Japp
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matthias
Gefährder



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Beitrag(#379694) Verfasst am: 28.11.2005, 22:06    Titel: Antworten mit Zitat

Ups, jetzt steht da, ich hätte den Text achtmal bearbeitet, dabei hatte ich nur einen kleinen Fehler korrigiert. Dauert das Abschicken längerer Texte immer so lange? Aus lauter Ungeduld habe ich den Text dann wohl mehrmals versendet.
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nocquae
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Beitrag(#379696) Verfasst am: 28.11.2005, 22:11    Titel: Antworten mit Zitat

Komodo hat folgendes geschrieben:
Das war erlaubt? Lachen
Gab es denn Leute die so unleserlich trennten?
Als ich las, dass das ehemalige

Ak-
ker

nunmehr

A-
cker

getrennt werden solle, bin ich hinten rübergefallen ....
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In Deutschland gilt derjenige, der auf den Schmutz hinweist, als viel gefährlicher, als derjenige, der den Schmutz macht.
-- Kurt Tucholsky
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matthias
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Beitrag(#379698) Verfasst am: 28.11.2005, 22:15    Titel: Antworten mit Zitat

Shadaik hat folgendes geschrieben:
matthias hat folgendes geschrieben:
2. Diphthonge kennen keine natürliche Länge oder Kürze, viele Sprecher empfinden sie als kurz. Hier haben sich häufige Fehler eingeschlichen, z. B. bei "heiss", "heisser", obwohl die Regel das ß nach Diphthong ausdrücklich vorsieht.

*einhak* Doch, sie sind per Definition kurz.

Deswegen schrieb ich: natürliche Länge oder Kürze.
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Shadaik
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Beitrag(#379702) Verfasst am: 28.11.2005, 22:26    Titel: Antworten mit Zitat

matthias hat folgendes geschrieben:
Shadaik hat folgendes geschrieben:
matthias hat folgendes geschrieben:
2. Diphthonge kennen keine natürliche Länge oder Kürze, viele Sprecher empfinden sie als kurz. Hier haben sich häufige Fehler eingeschlichen, z. B. bei "heiss", "heisser", obwohl die Regel das ß nach Diphthong ausdrücklich vorsieht.

*einhak* Doch, sie sind per Definition kurz.

Deswegen schrieb ich: natürliche Länge oder Kürze.

Was heißt denn natürliche Länge oder Kürze? Wenn es lang ist ist es per definition kein Diphtong, sondern zwei Vokale.
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matthias
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Beitrag(#379711) Verfasst am: 28.11.2005, 22:41    Titel: Antworten mit Zitat

Shadaik hat folgendes geschrieben:
matthias hat folgendes geschrieben:
Shadaik hat folgendes geschrieben:
matthias hat folgendes geschrieben:
2. Diphthonge kennen keine natürliche Länge oder Kürze, viele Sprecher empfinden sie als kurz. Hier haben sich häufige Fehler eingeschlichen, z. B. bei "heiss", "heisser", obwohl die Regel das ß nach Diphthong ausdrücklich vorsieht.

*einhak* Doch, sie sind per Definition kurz.

Deswegen schrieb ich: natürliche Länge oder Kürze.

Was heißt denn natürliche Länge oder Kürze? Wenn es lang ist ist es per definition kein Diphtong, sondern zwei Vokale.

Man kann ja zumindest fragen, warum ein Diphthong in seiner Gesamtheit nicht auch als lang gelten könnte, immerhin hat ein Diphthong eine andere phonetische Qualität als das bloße Aneinanderreihen seiner Bestandteile.

Bezeichnet man auch einen Triphthong wie in "Feuer" als kurz? (Frage an den Linguisten)
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Komodo
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Beitrag(#379728) Verfasst am: 28.11.2005, 23:14    Titel: Antworten mit Zitat

NOCQUAE hat folgendes geschrieben:
Komodo hat folgendes geschrieben:
Das war erlaubt? Lachen
Gab es denn Leute die so unleserlich trennten?
Als ich las, dass das ehemalige

Ak-
ker

nunmehr

A-
cker

getrennt werden solle, bin ich hinten rübergefallen ....
Also, an einem Wortanfang in einem nicht zusammengesetzen Wort ist es so oder so ein Stolperstein. Ändert also nichts am Lesefluss so kurzer Wörter, bei See-
elefant hingegen schon. Finde ich.
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Tassilo
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Beitrag(#379895) Verfasst am: 29.11.2005, 13:45    Titel: Antworten mit Zitat

Komodo hat folgendes geschrieben:
NOCQUAE hat folgendes geschrieben:
Komodo hat folgendes geschrieben:
Das war erlaubt? Lachen
Gab es denn Leute die so unleserlich trennten?
Als ich las, dass das ehemalige

Ak-
ker

nunmehr

A-
cker

getrennt werden solle, bin ich hinten rübergefallen ....
Also, an einem Wortanfang in einem nicht zusammengesetzen Wort ist es so oder so ein Stolperstein. Ändert also nichts am Lesefluss so kurzer Wörter, bei See-
elefant hingegen schon. Finde ich.


Rübena-
cker

Kartoffela-
cker

etc.
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lupus
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Beitrag(#379901) Verfasst am: 29.11.2005, 14:08    Titel: Antworten mit Zitat

Shadaik hat folgendes geschrieben:
"Diesen Jahres" kann man allerdings auch - ähnlich wie "diesen Alters" - als "in diesem Jahr" auflösen.
Man muss es also nicht als Possesiv (bzw. Genitiv) analysieren.

Müssen vielleicht nicht, aber diese Interpretation ist doch sehr weit hergeholt. Der Adverbialgenitiv, den du als Temporal bezeichnest, würde hier alleine ja auch nicht stehen. Es müsste dort ggf. ein Adverbialakkusativ stehen: "letzes Jahr".

matthias hat folgendes geschrieben:
lupus hat folgendes geschrieben:
Durch die neue Regel iſt die Rechtſchreibung eindeutig phonetiſcher geworden.

1. Die Länge von Vokalen ist regional unterschiedlich: Die "Maß" wird im Hochdeutschen mit langem a, im Bayrischen mit kurzem a ausgesprochen, weswegen dort auch die neue Schreibung "Mass" erlaubt ist, wo sie im ersten Reformschritt aber gar nicht vorgesehen war. Ein anderes Wort ist "Löß", das standardsprachlich sowohl kurz als auch lang erscheint (genauso wie bei "rösten").

Na und? "Kucken" steht auch seit ewigen Zeiten als richtig im Duden, weil es im Norden halt so ausgesprochen wird. Es stört mich auch nicht, dass ein Österreicher "Geschoß" sagt, wo ich "Geschoss" sage. Warum sollte es mich also stören, dass er es anders schreibt?

matthias hat folgendes geschrieben:
2. Diphthonge kennen keine natürliche Länge oder Kürze, viele Sprecher empfinden sie als kurz. Hier haben sich häufige Fehler eingeschlichen, z. B. bei "heiss", "heisser", obwohl die Regel das ß nach Diphthong ausdrücklich vorsieht.

Ich empfinde sie eindeutig als lang, aber entscheidend ist wohl, dass es eben keine zwei Sorten gibt (lange und kurze); deswegen ist eine allgemeine Festlegung sinnvoll.

matthias hat folgendes geschrieben:
Möglicherweise sollte man das ß gleich ganz abschaffen.

Die Bemerkung habe ich auch schon bei anderen Anhängern der alten Rechtschreibung gehört. Aber wenn das ß so einfach abgeschafft werden kann, dann kann fragt man sich, was an der neuen Regelung so schrecklich sein soll. (Idiotisch finde ich übrigens, dass ich in Blockschrift "GRÖS-SE" statt "GRÖ-SSE" trennen soll.)
Mir scheint hier eher der krampfhafte Versuch von Neuschreibungsgegnern deutlich zu werden, auf keinen Fall an der neuen Rechtschreibung irgendetwas Gutes zu lassen.

matthias hat folgendes geschrieben:
Es geht bei dem ß um ein Silbengelenk, das schließt Anfang und Ende mit ein: grü-_ßen, au-_ßer, aß_, Roß_, Fluß_-sand. In allen diesen Fällen würde ss nicht getrennt.

Das Problematische an der alten Regelung war, dass ß für zwei verschiedene Zwecke verwendet wurde, nämlich zur Markierung der Vokallänge und als "Silbengelenk", wie du sagst. Da man bei anderen Doppelkonsonanten auch ohne Sonderzeichen gut zurechtkam, war die Abschaffung dieser Funktion naheliegend. Bei der vollständigen Abschaffung des ß hingegen würde ss in eine Doppelrolle gedrängt, nämlich zur Kennzeichnung der Stimmlosigkeit und zur Kennzeichnung der Vokalkürze. Gerade deswegen erscheint mir die neue Regelung als einzig logische.

matthias hat folgendes geschrieben:
lupus hat folgendes geschrieben:
Dieſelben Leute, die ſich ſo ſehr auf dieſen Vorteil berufen, ſtört es ja auch nicht, daſs in Antiqua anders als früher in Fraktur nicht zwischen langem ſ und Schluſs-s unterſchieden wird (auch wenn ich es jetzt zur Veranſchaulichung mal ſo gemacht habe), obwohl das zur Markierung des Silbenendes noch ſehr viel nützlicher war (man vergleiche "Wachstube" und "Wachſtube", aber auch das "Reichsinnenminiſterium" wollte wohl nicht als "Reichſinnenminiſterium" verstanden werden...).

Wenn das mal keine ignoratio elenchi ist.

Das ist der Hinweis auf das krampfhafte Festhalten an einer Norm, nur weil man sie halt mal so gelernt hat.

matthias hat folgendes geschrieben:
Zudem funktioniert das Argument in meinen Augen nur dann, wenn wir uns von vornherein auf die Antiqua beschränken. Wer heute ernsthaft (!) noch Fraktur oder, wie ich gelegentlich, Sütterlin benutzt, für den ist die neue ss-Regel nicht oder nur bedingt praktikabel.
Wieso? Wo in Antiqua ß am Silbenende zu ss wird, schreibt man ſs (hab ich mir nicht ausgedacht, steht im Duden und war auch im 19. Jahrhundert schonmal üblich), und die neuen Trennungsregeln sind auch kein Problem (wenn ich "Wiſſen" als "Wiſ-ſen" trennen kann, dann auch "Liſte" als "Liſ-te").

matthias hat folgendes geschrieben:
An welche der neuen Rechtschreibungen hältst Du Dich bevorzugt: die Urform von 1998, die Revision von 2004, oder beobachtest Du auch noch, was mit den "strittigen" und "unstrittigen" Bereichen geschieht? Folgst Du der Presse-, vielleicht sogar der Zeit-Schreibung?

Soviel Zwang tue ich mir nicht an. Wenn ich mir eine Frage stelle, dann schaue ich schonmal nach, was Rechtschreibkommission/-rat so zu sagen haben. Aber wie gesagt: Wenn ich es für Schwachfug halte, mache ich's auch anders. (Da ich viel FAZ lese, halte ich mich sowieso nicht an das, was ich in der Zeitung sehe.)

matthias hat folgendes geschrieben:
Inwieweit wirst Du Dich am Ende dieses Prozesses an die Empfehlungen/Entscheidungen des undemokratischen und deswegen in meinen Augen gänzlich unlegitimierten Rechtschreibrates (dasselbe gilt für seine Vorgänger) halten?

Die Frage kannst du mir nochmal stellen, wenn es soweit ist.

matthias hat folgendes geschrieben:
Ich mache es genau umgekehrt. Ich verurteile vor allem die Art und Weise, wie in großem Maße völlig künstliche und willkürliche, teils sprachwidrige neue Regeln erfunden werden, die nicht mit dem Gebrauch im "Rechtschreibvolk" in Einklang stehen, aber dennoch über den Umweg der Schule (weil da die Kultusminister eine klare Hoheit haben) installiert werden sollen. Hältst Du, halten andere Befürworter der Neuschreibung hier diesen Vorgang für gerechtfertigt?

Na klar ist das gerechtfertigt, eben weil der "Gebrauch im Rechtschreibvolk" auch nur auf dem beruht, was die Kultusminister zu Schulzeiten vorgeschrieben haben.
Dein Argument läuft letztlich darauf hinaus, dass Rechtschreibreformen überhaupt unzulässig sind (auch die, die aus "Heirath" "Heirat" gemacht hat z.B.), denn vom deutschdiktattraumatisierten Rechtschreibvolk werden sie niemals ausgehen.

matthias hat folgendes geschrieben:
Die Entscheidung über die Ausdehnung auf außerschulische Bereiche, insbesondere den Öffentlichen Dienst, wird, wenn es so weit kommt, eine juristische sein.

Nö, das werden die jungen Schulabgänger ganz langsam durchsetzen.

Im Übrigen noch dieses: Dass man bei der Reform der Reform von der neuen Schreibung ausgeht, ist die strategisch richtige Entscheidung, weil nur so dem natürlichen Beharrungsvermögen etwas entegegengesetzt werden kann. Dass im Moment etwas Chaos herrscht, ist normal aber in einer Übergangsphase gesund. Vernünftige Regeln werden sich durchsetzen, unsinnige werden sich nicht halten können. Und das ist auch gut so. Aber dafür mussten es ein paar Kultusminister einfach erstmal wagen.

Tassilo hat folgendes geschrieben:
Komodo hat folgendes geschrieben:
NOCQUAE hat folgendes geschrieben:
Komodo hat folgendes geschrieben:
Das war erlaubt? Lachen
Gab es denn Leute die so unleserlich trennten?
Als ich las, dass das ehemalige

Ak-
ker

nunmehr

A-
cker

getrennt werden solle, bin ich hinten rübergefallen ....
Also, an einem Wortanfang in einem nicht zusammengesetzen Wort ist es so oder so ein Stolperstein. Ändert also nichts am Lesefluss so kurzer Wörter, bei See-
elefant hingegen schon. Finde ich.


Rübena-
cker

Kartoffela-
cker

etc.

So einen Schwachsinn schreibt kein Mensch sondern höchstens ein Textverarbeitungsprogramm. Warum "A-cker" nicht erlaubt sein soll, nur weil "Rübena-cker" unleserlich ist, kann ich nicht nachvollziehen. Wenn die Softwareentwickler bessere Arbeit leisten würden, gäbe es kein Problem.

Das Beispiel zeigt ein anderes Problem jeder Reform: Man kann den Leuten nicht zuviel zumuten, also verzichtet man auf das einzig logische "Akker" (es heißt ja auch nicht "Ackusativ"...) und murkst bei der Trennung weiter. (Was spricht eigentlich gegen "Ac-ker", wenn man schon das ck beibehalten will?)

"Potenzial" darf ich zum Glück jetzt schreiben, aber warum ist "Emozion" falsch? Die Italiener haben uns das doch sehr schön vorgemacht.
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They all err — Moslems, Jews,
Christians, and Zoroastrians:
Humanity follows two world-wide sects:
One, man intelligent without religion,
The second, religious without intellect.

Abu 'L-ala Ahmad b. Abdallah al-Ma'arri (973-1057)


Zuletzt bearbeitet von lupus am 29.11.2005, 14:11, insgesamt einmal bearbeitet
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Komodo
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Beitrag(#379903) Verfasst am: 29.11.2005, 14:10    Titel: Antworten mit Zitat

Tassilo hat folgendes geschrieben:

Rübena-
cker

Kartoffela-
cker

etc.
Was lernen wir daraus? Silbentrennung ist immer blöde.
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matthias
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Beitrag(#380005) Verfasst am: 29.11.2005, 18:53    Titel: Antworten mit Zitat

lupus hat folgendes geschrieben:
matthias hat folgendes geschrieben:
lupus hat folgendes geschrieben:
Durch die neue Regel iſt die Rechtſchreibung eindeutig phonetiſcher geworden.

1. Die Länge von Vokalen ist regional unterschiedlich: Die "Maß" wird im Hochdeutschen mit langem a, im Bayrischen mit kurzem a ausgesprochen, weswegen dort auch die neue Schreibung "Mass" erlaubt ist, wo sie im ersten Reformschritt aber gar nicht vorgesehen war. Ein anderes Wort ist "Löß", das standardsprachlich sowohl kurz als auch lang erscheint (genauso wie bei "rösten").

Na und? "Kucken" steht auch seit ewigen Zeiten als richtig im Duden, weil es im Norden halt so ausgesprochen wird. Es stört mich auch nicht, dass ein Österreicher "Geschoß" sagt, wo ich "Geschoss" sage. Warum sollte es mich also stören, dass er es anders schreibt?

Die Frage ist dann, wann die eine Schreibung noch erlaubt ist (vor allem in der Schule) und wann nicht mehr. Könnte "Spass" erlaubt werden?

lupus hat folgendes geschrieben:
matthias hat folgendes geschrieben:
Möglicherweise sollte man das ß gleich ganz abschaffen.

Die Bemerkung habe ich auch schon bei anderen Anhängern der alten Rechtschreibung gehört. Aber wenn das ß so einfach abgeschafft werden kann, dann kann fragt man sich, was an der neuen Regelung so schrecklich sein soll. (Idiotisch finde ich übrigens, dass ich in Blockschrift "GRÖS-SE" statt "GRÖ-SSE" trennen soll.)
Mir scheint hier eher der krampfhafte Versuch von Neuschreibungsgegnern deutlich zu werden, auf keinen Fall an der neuen Rechtschreibung irgendetwas Gutes zu lassen.

Du hättest ruhig auch noch den vorhergehenden Satz zitieren können. Ich erwog die Abschaffung des ß zunächst im Hinblick auf einen häufigen Fehler seit der Reform: heiss, Strasse.

Aber auch grundsätzlich kann ich mir eine Abschaffung vorstellen, wie dies in der Schweiz schon lange (immer?) praktiziert wurde. Die neuen Regeln beseitigen ja nicht den Umstand, daß das ß teils noch im Gebrauch, teils dies nicht mehr ist. Nur: Es sollte einen überwiegenden Konsens darüber geben.

lupus hat folgendes geschrieben:
matthias hat folgendes geschrieben:
Es geht bei dem ß um ein Silbengelenk, das schließt Anfang und Ende mit ein: grü-_ßen, au-_ßer, aß_, Roß_, Fluß_-sand. In allen diesen Fällen würde ss nicht getrennt.

Das Problematische an der alten Regelung war, dass ß für zwei verschiedene Zwecke verwendet wurde, nämlich zur Markierung der Vokallänge und als "Silbengelenk", wie du sagst. Da man bei anderen Doppelkonsonanten auch ohne Sonderzeichen gut zurechtkam, war die Abschaffung dieser Funktion naheliegend. Bei der vollständigen Abschaffung des ß hingegen würde ss in eine Doppelrolle gedrängt, nämlich zur Kennzeichnung der Stimmlosigkeit und zur Kennzeichnung der Vokalkürze. Gerade deswegen erscheint mir die neue Regelung als einzig logische.

Bei Wegfall des ß käme dem ss nur noch die Rolle des scharfen s zu, dann wäre es zunächst so zu behandeln wie die durch ch, sch gegebenen Phoneme, die auch keine Länge oder Kürze des vorangegangenen Vokals bezeichnen: ach, Lache (Pfütze); Dusche, husche, Nische, wische. Aus der Eigenschaft als Doppelkonsonant ergäben sich natürlich andere Trennregeln. Warum soll es speziell für das Phonem [s] eine Sonderregelung hinsichtlich der Kürze des vorangehenden Vokals geben?

Die Kürze des Vokals wird zudem nach den neuen Regeln auch nicht konsequent angezeigt: bis, Bus (trotz Busse), Geheimnis, Verdammnis; jetzt aber Ass (trotz engl. ass Lachen).

Die Funktion, die Länge eines Vokals anzuzeigen, hatte das ß nur, wenn gleichzeitig auch ein Silbengelenk vorlag: Floß, Flö-ße; Fluß, Flüs-se. Ohne Silbengelenk stand immer ß: Baß, Faß, Haß; maß, saß, Spaß (auch kurz). So ist auch erklärlich, daß es im Nominativ Singular Geschoß hieß (ob nun lang oder kurz), während im Genitiv (Geschosses, auch: Geschoßes) und Plural (Geschosse, auch: Geschoße) beide Schreibweisen — je nach Vokallänge — möglich waren und sind. Hinzugekommen ist jetzt noch die (Standard-)Schreibweise Geschoss.

lupus hat folgendes geschrieben:
matthias hat folgendes geschrieben:
lupus hat folgendes geschrieben:
Dieſelben Leute, die ſich ſo ſehr auf dieſen Vorteil berufen, ſtört es ja auch nicht, daſs in Antiqua anders als früher in Fraktur nicht zwischen langem ſ und Schluſs-s unterſchieden wird (auch wenn ich es jetzt zur Veranſchaulichung mal ſo gemacht habe), obwohl das zur Markierung des Silbenendes noch ſehr viel nützlicher war (man vergleiche "Wachstube" und "Wachſtube", aber auch das "Reichsinnenminiſterium" wollte wohl nicht als "Reichſinnenminiſterium" verstanden werden...).

Wenn das mal keine ignoratio elenchi ist.

Das ist der Hinweis auf das krampfhafte Festhalten an einer Norm, nur weil man sie halt mal so gelernt hat.

Ich habe Dein Argument kritisiert, weil sich das Lang-ſ in der Antiqua nie wirklich durchgesetzt hat, während es geradezu charakteristisch für die Fraktur- und die Sütterlinschrift ist, weswegen das Argument zunächst ohne Belang ist.

lupus hat folgendes geschrieben:
matthias hat folgendes geschrieben:
Zudem funktioniert das Argument in meinen Augen nur dann, wenn wir uns von vornherein auf die Antiqua beschränken. Wer heute ernsthaft (!) noch Fraktur oder, wie ich gelegentlich, Sütterlin benutzt, für den ist die neue ss-Regel nicht oder nur bedingt praktikabel.
Wieso? Wo in Antiqua ß am Silbenende zu ss wird, schreibt man ſs (hab ich mir nicht ausgedacht, steht im Duden und war auch im 19. Jahrhundert schonmal üblich), und die neuen Trennungsregeln sind auch kein Problem (wenn ich "Wiſſen" als "Wiſ-ſen" trennen kann, dann auch "Liſte" als "Liſ-te").

Für die Frakturschrift gab es (vor allem im 19. Jh.) zwei konkurrierende Regelsysteme für die Verwendung der Ligatur ß bzw. der Kombination ſs: Floß, aber Fluß oder Fluſs. (Ich glaube, für ſs gab es sogar eine spezielle Ligatur, die sich vom ß unterschied.)

Genau für den Fall Fluß bzw. Fluſs finde ich im Duden (20. (alt) bzw. 21. (erste neue) Auflage) kein Beispiel. Kannst Du mir sagen, an welcher Stelle im Duden Du das gefunden hast?

Von der Trennung von st war gar nicht die Rede. Die findet — bis auf Superlative: am schöns-ten — sogar meine Zustimmung.

Und noch was: War die alte ß/ss-Regelung wirklich schwer? Gab es bei geübten Schreibern Probleme damit, so sehr, daß eine Neuregelung überhaupt in Erwägung gezogen werden mußte? Wenn man den Befürwortern der alten Regel schon Starrköpfigkeit vorwirft, sollte man zumindest einen triftigen Anlaß für die Neuregelung angeben, zumal die neue ss-Regel die mit Abstand durchschlagendste ist.

lupus hat folgendes geschrieben:
matthias hat folgendes geschrieben:
An welche der neuen Rechtschreibungen hältst Du Dich bevorzugt: die Urform von 1998, die Revision von 2004, oder beobachtest Du auch noch, was mit den "strittigen" und "unstrittigen" Bereichen geschieht? Folgst Du der Presse-, vielleicht sogar der Zeit-Schreibung?

Soviel Zwang tue ich mir nicht an. Wenn ich mir eine Frage stelle, dann schaue ich schonmal nach, was Rechtschreibkommission/-rat so zu sagen haben. Aber wie gesagt: Wenn ich es für Schwachfug halte, mache ich's auch anders. (Da ich viel FAZ lese, halte ich mich sowieso nicht an das, was ich in der Zeitung sehe.)

Darf ich Dich dann Teilbefürworter nennen?

lupus hat folgendes geschrieben:
matthias hat folgendes geschrieben:
Inwieweit wirst Du Dich am Ende dieses Prozesses an die Empfehlungen/Entscheidungen des undemokratischen und deswegen in meinen Augen gänzlich unlegitimierten Rechtschreibrates (dasselbe gilt für seine Vorgänger) halten?

Die Frage kannst du mir nochmal stellen, wenn es soweit ist.

Ich komme vielleicht darauf zurück.

lupus hat folgendes geschrieben:
matthias hat folgendes geschrieben:
Ich mache es genau umgekehrt. Ich verurteile vor allem die Art und Weise, wie in großem Maße völlig künstliche und willkürliche, teils sprachwidrige neue Regeln erfunden werden, die nicht mit dem Gebrauch im "Rechtschreibvolk" in Einklang stehen, aber dennoch über den Umweg der Schule (weil da die Kultusminister eine klare Hoheit haben) installiert werden sollen. Hältst Du, halten andere Befürworter der Neuschreibung hier diesen Vorgang für gerechtfertigt?

Na klar ist das gerechtfertigt, eben weil der "Gebrauch im Rechtschreibvolk" auch nur auf dem beruht, was die Kultusminister zu Schulzeiten vorgeschrieben haben.
Dein Argument läuft letztlich darauf hinaus, dass Rechtschreibreformen überhaupt unzulässig sind (auch die, die aus "Heirath" "Heirat" gemacht hat z.B.), denn vom deutschdiktattraumatisierten Rechtschreibvolk werden sie niemals ausgehen.

Nein, mein Argument läuft nicht darauf hinaus. Ich kritisiere hier vor allem die Art und Weise, wie die neuen Regeln a) zustande gekommen sind (still und heimlich unter Ausschluß der Öffentlichkeit) und b) in Umlauf gebracht wurden.

Zudem zweifle ich stark die Notwendigkeit bzw. klare Überlegenheit der neuen Regeln an. Fälle wie "Aufsehen erregend", "äußerst aufsehenerregend" hätte man vorher breit diskutieren müssen. Dies ist jedoch nicht geschehen und stellt damit eine eklatante Verletzung des demokratischen Prinzips dar.

Neu erfundene Schreibweisen bedürfen aber insbesondere der Legitimation des Volkes, z. B. aufgrund eines Volksentscheides. Es gab einen solchen in Schleswig-Holstein, der zuungunsten der neuen Regeln ausfiel. Das Kieler Parlament hat es sich aber nicht nehmen lassen, qua Gesetz diesen Volksentscheid zu torpedieren. Nun: Wer ist der Souverän?

lupus hat folgendes geschrieben:
matthias hat folgendes geschrieben:
Die Entscheidung über die Ausdehnung auf außerschulische Bereiche, insbesondere den Öffentlichen Dienst, wird, wenn es so weit kommt, eine juristische sein.

Nö, das werden die jungen Schulabgänger ganz langsam durchsetzen.

Nö, genau das war eben nicht so vorgesehen. Die neuen Regeln sollten sich flugs und ohne weiteres Zutun in der Gesamtbevölkerung verbreiten (was sie nie getan haben), so daß sich daraus eine Legitimation für die Verwendung in der Schule ergeben hätte können. Nur unter Annahme eines solchen Prozesses hat das BVG überhaupt die Durchsetzung an den Schulen abgesegnet.

Heute (was für ein Zufall!) bekomme ich ein Rundschreiben, das die neuen Regeln (bis auf die bekannten "strittigen" Fälle) für die Landesverwaltung für verbindlich erklärt. Puh, noch einmal Glück gehabt, der Bereich der Forschung und Lehre wird zunächst (?) nicht angetastet. Dies zeigt, daß es nun auch die Innenminister durchaus darauf anlegen, die neuen Regeln auch außerhalb der Schule verbindlich zu machen.

lupus hat folgendes geschrieben:
Im Übrigen noch dieses: Dass man bei der Reform der Reform von der neuen Schreibung ausgeht, ist die strategisch richtige Entscheidung, weil nur so dem natürlichen Beharrungsvermögen etwas entegegengesetzt werden kann. Dass im Moment etwas Chaos herrscht, ist normal aber in einer Übergangsphase gesund. Vernünftige Regeln werden sich durchsetzen, unsinnige werden sich nicht halten können. Und das ist auch gut so. Aber dafür mussten es ein paar Kultusminister einfach erstmal wagen.

Aber wie sie es gewagt haben! Und was heißt "Beharrungsvermögen" oder "strategisch richtige Entscheidung"? Ich frage: Was heißt Demokratie? Einen Testlauf ungefragt einfach so hinnehmen, soll das der Weisheit letzter Schluß sein?

Ich sehe, Du setzt ja auch auf die Durchsetzbarkeit innerhalb des Volkes. Wenn sich dieses aber weigert (siehe oben), darf man die neuen Regeln dann trotzdem durchsetzen?

Hätte zunächst nicht die Abschaffung des Duden-Privilegs gereicht? Danach hätte man auch einen Rat für Rechtschreibung einrichten können. Dieser hätte sich aus allen Bereichen rekrutieren können, nein: müssen. Es hätte kein Tabu geben müssen und dürfen, alles wäre auf den Tisch gekommen. Und: Das Volk hätte natürlich von Anfang an dabei sein können. Eine gute Rechtschreibreform verkraftet so viel Neugier. zwinkern

Matthias
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Wendor
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Beitrag(#380026) Verfasst am: 29.11.2005, 20:08    Titel: Antworten mit Zitat

.
<center>"Kein größerer Schaden kann einer Nation zugefügt werden,
als wenn man ihr den Nationalcharakter, die Eigenschaften ihres Geistes
und ihrer Sprache nimmt."


Immanuel Kant (1724-1804)</center>
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Beiträge: 44706

Beitrag(#380027) Verfasst am: 29.11.2005, 20:12    Titel: Antworten mit Zitat

<center>Nie sah ich eine rote Kuh.
Nie glaubt' ich eine zu seh'n.
Doch ich sag' es dir in aller Ruh'.
Besser keine sein und eine seh'n.
</center>
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"Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustand, in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Shadaik
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Beitrag(#380047) Verfasst am: 29.11.2005, 21:52    Titel: Antworten mit Zitat

matthias hat folgendes geschrieben:
Shadaik hat folgendes geschrieben:
matthias hat folgendes geschrieben:
Shadaik hat folgendes geschrieben:
matthias hat folgendes geschrieben:
2. Diphthonge kennen keine natürliche Länge oder Kürze, viele Sprecher empfinden sie als kurz. Hier haben sich häufige Fehler eingeschlichen, z. B. bei "heiss", "heisser", obwohl die Regel das ß nach Diphthong ausdrücklich vorsieht.

*einhak* Doch, sie sind per Definition kurz.

Deswegen schrieb ich: natürliche Länge oder Kürze.

Was heißt denn natürliche Länge oder Kürze? Wenn es lang ist ist es per definition kein Diphtong, sondern zwei Vokale.

Man kann ja zumindest fragen, warum ein Diphthong in seiner Gesamtheit nicht auch als lang gelten könnte, immerhin hat ein Diphthong eine andere phonetische Qualität als das bloße Aneinanderreihen seiner Bestandteile.

Bezeichnet man auch einen Triphthong wie in "Feuer" als kurz? (Frage an den Linguisten)

Ja, das ist einfach messbar: Er dauert in etwa so lang wie ein kurzer Vokal (frag mich jetzt nicht nach der genauen Millisekundenzahl, es müssten so ungefähr 200 sein).
Das Diph- und Triphtonge was anderes sind als normale Vokale und auch gedehnt werden können (dann sogar in einer Gesamtheit) ist bekannt, leider gibt es aber noch kein Notationssystem, das dies erfasst. Momentan nutzt man Diakritia, die die beiden beteiligten Vokale verbinden, das ist aber mE eher behelfsmäßig.

Wobei ich die Annahme von Triphtongen etwas seltsam finde, treten sie doch nur mit Vokalen in der Mitte auf, die Halbvokalen ähneln (im Deutschen also e und i -> j)
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Shadaik
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Beitrag(#380048) Verfasst am: 29.11.2005, 21:54    Titel: Antworten mit Zitat

lupus hat folgendes geschrieben:
Shadaik hat folgendes geschrieben:
"Diesen Jahres" kann man allerdings auch - ähnlich wie "diesen Alters" - als "in diesem Jahr" auflösen.
Man muss es also nicht als Possesiv (bzw. Genitiv) analysieren.

Müssen vielleicht nicht, aber diese Interpretation ist doch sehr weit hergeholt. Der Adverbialgenitiv, den du als Temporal bezeichnest, würde hier alleine ja auch nicht stehen. Es müsste dort ggf. ein Adverbialakkusativ stehen: "letzes Jahr".

Das allerdings bedeutet etwas anderes.
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matthias
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Beitrag(#380051) Verfasst am: 29.11.2005, 21:58    Titel: Antworten mit Zitat

Shadaik hat folgendes geschrieben:
matthias hat folgendes geschrieben:
Shadaik hat folgendes geschrieben:
matthias hat folgendes geschrieben:
Shadaik hat folgendes geschrieben:
matthias hat folgendes geschrieben:
2. Diphthonge kennen keine natürliche Länge oder Kürze, viele Sprecher empfinden sie als kurz. Hier haben sich häufige Fehler eingeschlichen, z. B. bei "heiss", "heisser", obwohl die Regel das ß nach Diphthong ausdrücklich vorsieht.

*einhak* Doch, sie sind per Definition kurz.

Deswegen schrieb ich: natürliche Länge oder Kürze.

Was heißt denn natürliche Länge oder Kürze? Wenn es lang ist ist es per definition kein Diphtong, sondern zwei Vokale.

Man kann ja zumindest fragen, warum ein Diphthong in seiner Gesamtheit nicht auch als lang gelten könnte, immerhin hat ein Diphthong eine andere phonetische Qualität als das bloße Aneinanderreihen seiner Bestandteile.

Bezeichnet man auch einen Triphthong wie in "Feuer" als kurz? (Frage an den Linguisten)

Ja, das ist einfach messbar: Er dauert in etwa so lang wie ein kurzer Vokal (frag mich jetzt nicht nach der genauen Millisekundenzahl, es müssten so ungefähr 200 sein).
Das Diph- und Triphtonge was anderes sind als normale Vokale und auch gedehnt werden können (dann sogar in einer Gesamtheit) ist bekannt, leider gibt es aber noch kein Notationssystem, das dies erfasst. Momentan nutzt man Diakritia, die die beiden beteiligten Vokale verbinden, das ist aber mE eher behelfsmäßig.

Wobei ich die Annahme von Triphtongen etwas seltsam finde, treten sie doch nur mit Vokalen in der Mitte auf, die Halbvokalen ähneln (im Deutschen also e und i -> j)

Danke sehr! Sehr glücklich
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Rene Hartmann
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Beitrag(#380077) Verfasst am: 29.11.2005, 22:54    Titel: Antworten mit Zitat

Shadaik hat folgendes geschrieben:
"Diesen Jahres" kann man allerdings auch - ähnlich wie "diesen Alters" - als "in diesem Jahr" auflösen.
Man muss es also nicht als Possesiv (bzw. Genitiv) analysieren.


Im Mai diesen Jahres ergibt nur als Genitiv Sinn.

Zitat:

Dass die neue Regel/Form früher als fehlerhaft galt, ist ein im Sprachwandel normaler Prozess.


Ich finde, das ist ein interessanter Fall, wo man den Sprachwandel gewissermaßen "live" mitbeobachten kann.
Offenbar greift die schwache Beugung von den Adjektiven auf die Pronomen über.
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Shadaik
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Beitrag(#380080) Verfasst am: 29.11.2005, 22:57    Titel: Antworten mit Zitat

Rene Hartmann hat folgendes geschrieben:
Shadaik hat folgendes geschrieben:
"Diesen Jahres" kann man allerdings auch - ähnlich wie "diesen Alters" - als "in diesem Jahr" auflösen.
Man muss es also nicht als Possesiv (bzw. Genitiv) analysieren.


Im Mai diesen Jahres ergibt nur als Genitiv Sinn.

Stimmt. Ursprünglich erstreckte sich meine Annahme nur auf Tageszeiten. Evt. funktioniert die Übertragung auf größre Zeiten nicht wirklich.

Zitat:
Zitat:

Dass die neue Regel/Form früher als fehlerhaft galt, ist ein im Sprachwandel normaler Prozess.


Ich finde, das ist ein interessanter Fall, wo man den Sprachwandel gewissermaßen "live" mitbeobachten kann.
Offenbar greift die schwache Beugung von den Adjektiven auf die Pronomen über.

Als Sprecher eines Dialekts, in dem Pronomen und Präpositionen ohnehin als Adjektive verwendet werden können halt ich mich da mal raus. Lachen
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Fische schwimmen nur in zwei Situationen mit dem Strom: Auf der Flucht und im Tode
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lupus
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Anmeldungsdatum: 07.02.2005
Beiträge: 586

Beitrag(#380187) Verfasst am: 30.11.2005, 11:10    Titel: Antworten mit Zitat

matthias hat folgendes geschrieben:
Die Frage ist dann, wann die eine Schreibung noch erlaubt ist (vor allem in der Schule) und wann nicht mehr. Könnte "Spass" erlaubt werden?

Ich hab mich früher auch schon gefragt, ob man im Plural nicht auch "Spässe" schreiben kann. Da hat sich nicht wirklich etwas geändert.

matthias hat folgendes geschrieben:
Bei Wegfall des ß käme dem ss nur noch die Rolle des scharfen s zu, dann wäre es zunächst so zu behandeln wie die durch ch, sch gegebenen Phoneme, die auch keine Länge oder Kürze des vorangegangenen Vokals bezeichnen: ach, Lache (Pfütze); Dusche, husche, Nische, wische.

Dass bei ch und sch die Vokallänge nicht angezeigt wird, ist ein Mangel. Ich würde auch gerne zwischen Hochzeit (Heirat) und Hochzeit (Blütezeit) unterscheiden (in diesem Fall aber eher duch Vokalverdoppelung, da ja nach dem Konsonanten kein Vokal mehr folgt, s.u.). Wenn ein Vokal folgt, könnte man z.B. so unterscheiden: Ich lacche über die Lache.

matthias hat folgendes geschrieben:
Die Kürze des Vokals wird zudem nach den neuen Regeln auch nicht konsequent angezeigt: bis, Bus (trotz Busse), Geheimnis, Verdammnis; jetzt aber Ass (trotz engl. ass Lachen).

Ja, leider. Das wäre wohl etwas für die nächste Reform. Die Niederländer und die Schweden haben das (auf jeweils andere Weise) auch geschafft.

matthias hat folgendes geschrieben:
Genau für den Fall Fluß bzw. Fluſs finde ich im Duden (20. (alt) bzw. 21. (erste neue) Auflage) kein Beispiel. Kannst Du mir sagen, an welcher Stelle im Duden Du das gefunden hast?

Ich meine es auch in einem Rechtschreibduden gesehen zu haben, aber was ich gerade zur Hand habe ist ein Band 9, Richtiges und gutes Deutsch (4. Aufl.). Dort steht unter "s-Laute"/"2 Die s-Laute im Fraktursatz" (S. 673) Folgendes:
Für -ss im Auslaut wird [Fraktur]-ſs[/Fraktur] empfohlen:
[Fraktur]daſs, laſs[/Fraktur]"
Allerdings ist da schludrig gearbeitet worden, denn etwas weiter oben steht das Beispiel "[Fraktur]Abſzeß[/Fraktur]", obwohl am Ende ja stimmigerweise -ſs stehen müsste (außerdem ist das einer der wenigen Fälle, wo mich die neue Trennung ins Zweifeln bringt: "Abſzeſs" oder "Abszeſs"?).

Nicht ausdrücklich geregelt ist der Fall "sst", aber hier scheint mir in jedem Fall (na ja, außer bei Komposita natürlich: "Haſstirade") "ſſt" angezeigt, denn bei "du musst" ergibt ſs keinen Sinn, dann sollte man es bei "du müsstest" auch so belassen (also "du muſſt", "du müſſteſt").

matthias hat folgendes geschrieben:
Ich glaube, für ſs gab es sogar eine spezielle Ligatur, die sich vom ß unterschied.

Sowas habe ich auch mal gelesen. Diese Ligatur wäre natürlich in der neuen Rechtschreibung wieder sehr angemessen.

matthias hat folgendes geschrieben:
Darf ich Dich dann Teilbefürworter nennen?

So könnte man das audrücken, klar.

matthias hat folgendes geschrieben:
Nein, mein Argument läuft nicht darauf hinaus. Ich kritisiere hier vor allem die Art und Weise, wie die neuen Regeln a) zustande gekommen sind (still und heimlich unter Ausschluß der Öffentlichkeit) und b) in Umlauf gebracht wurden.

Dass hier Einiges reichlich suboptimal gelaufen ist, sehe ich auch so, aber "still und heimlich" war es nicht. In den 90ern (und sogar früher) habe ich regelmäßig und auch ausführlich von den Überlegungen zur Rechtschreibreform gelesen. Die meisten derjenigen, die dazu etwas Konstruktives hätten beitragen können, haben das schlicht und ergreifend ignoriert. Auch hier sehe ich eine Verantwortung für so manche Dinge, die schief gelaufen sind.

matthias hat folgendes geschrieben:
lupus hat folgendes geschrieben:
matthias hat folgendes geschrieben:
Die Entscheidung über die Ausdehnung auf außerschulische Bereiche, insbesondere den Öffentlichen Dienst, wird, wenn es so weit kommt, eine juristische sein.

Nö, das werden die jungen Schulabgänger ganz langsam durchsetzen.

Nö, genau das war eben nicht so vorgesehen. Die neuen Regeln sollten sich flugs und ohne weiteres Zutun in der Gesamtbevölkerung verbreiten (was sie nie getan haben), so daß sich daraus eine Legitimation für die Verwendung in der Schule ergeben hätte können. Nur unter Annahme eines solchen Prozesses hat das BVG überhaupt die Durchsetzung an den Schulen abgesegnet.

Heute (was für ein Zufall!) bekomme ich ein Rundschreiben, das die neuen Regeln (bis auf die bekannten "strittigen" Fälle) für die Landesverwaltung für verbindlich erklärt. Puh, noch einmal Glück gehabt, der Bereich der Forschung und Lehre wird zunächst (?) nicht angetastet. Dies zeigt, daß es nun auch die Innenminister durchaus darauf anlegen, die neuen Regeln auch außerhalb der Schule verbindlich zu machen.

Schon, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sie es drauf anlegen werden, einem Verweigerer mit disziplinarischen Konsequenzen zu drohen - das wäre reichlich dumm. Ich denke, dass sie auf die Schulabgänger setzen werden und es im Übrigen vermeiden, Beamten die Gelegenheit zum Führen von Prozessen zu geben.

matthias hat folgendes geschrieben:
Hätte zunächst nicht die Abschaffung des Duden-Privilegs gereicht?

Gute Frage, aber ich fürchte, das hätte nicht gereicht, weil es trotzdem eine "richtige" Schulschreibung gegeben hätte (zuviel orthografischen Spielraum für die Kids hätten die Eltern kaum akzeptiert). Alles was davon abweicht, hätten die obrigkeitshörigen Deutschen dann wohl für "falsch" gehalten.
Unter der Voraussetzung, dass meine diesbezügliche Einschätzung falsch ist, wäre ich für deine Anregung aber durchaus zu haben. Das Volk experimentieren lassen und in Qualitätszeitungen eine extra Leserbriefseite nur für Rechtschreibfragen. Das hätte durchaus Charme.
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Abu 'L-ala Ahmad b. Abdallah al-Ma'arri (973-1057)
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Anmeldungsdatum: 17.05.2004
Beiträge: 7361

Beitrag(#389824) Verfasst am: 24.12.2005, 13:52    Titel: Antworten mit Zitat

Es gibt noch eine sinnvolle Neuregelung der Rechtschreibreform: Sinnverfälschende Trennungen werden nicht mehr zugelassen.

Also gibt es in Zukunft nicht mehr:

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Urin-
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